PJ an der Nelson Mandela School of Medicine in Durban
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bvmd-Austausch-Bericht: PJ in Durban, Südafrika PJ an der Nelson Mandela School of Medicine in Durban Motivation Schon vor der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika wollte ich schon immer mal nach Afrika. Besonders interessant finde ich die vielfach beschriebene freundliche, offene, lebenslustige Art der Afrikaner, aber auch die kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede, die man erst durch einen Aufenthalt vor Ort erleben kann. Nach längerer Internetrecherche und Umhören bei Leuten, die schon in Afrika waren, fiel meine Wahl bald auf Südafrika. Zum einen fällt hier die Kommunikation mit Englisch als Landessprache leicht. Zum anderen ist es ein Schwellenland, das recht weit entwickelt ist und somit sowohl im Krankenhaus als auch im Alltag viele Dinge erleichtert. Doch neben diesen Aspekten verspricht Südafrika auch aus fachlicher Sicht ein außergewöhnliches PJ-Tertial. Wie in anderen afrikanischen Ländern hat man hier die Möglichkeit, die fortgeschrittenen Stadien von Krankheiten, vor allem von Infektionskrankheiten, in der Praxis zu erleben. Desweiteren erhoffte ich mir, viel an praktischen Fähigkeiten bei der Untersuchung und bei Operationen zu erlernen. Vorbereitung Da ich meine Zusage für die PJ-Stelle relativ spät bekommen habe, beschränkte ich meine Informationssuche auf ein paar Internetseiten, die sich unter Literatur finden. Über Plakate an unserer Uni und die Seite des DAAD bin ich auf die des bvmd gestoßen, durch die ich einen Fahrtkostenzuschuss erhielt. Dieser hat etwa die Hälfte des Flugpreises abgedeckt und somit wesentlich zur Realisierung meines Auslandsaufenthaltes beigetragen. Visum Für ein PJ-Tertial in Südafrika ist ein sogenannter Study-Permit, ein Visum mit Studienerlaubnis, erforderlich. Dieses lässt sich bei der Südafrikanischen Botschaft in Berlin beantragen. Für Studenten aus Bayern und Baden- Württemberg ist das Konsulat in München der Ansprechpartner. Die Bearbeitungszeit betrug bei mir etwa 2 Wochen, kann aber gerade im Sommer mehr sein. Das Visum an sich kostet etwa 50 EUR Bearbeitungsgebühr und für die Zeit des Aufenthalts ist eine Kaution von circa 770 EUR zu hinterlegen, die bei fristgerechter Ausreise komplett erstattet wird. Die genauen Formalitäten werden auf der Homepage der Botschaft http://www.suedafrika.org/konsular/befristete-aufenthaltsgenehmigung.html angegeben. Zu beachten ist, dass für die Beantragung des Visums ein Nachweis für die Unterkunft in Südafrika vorliegen muss. Die erforderlichen Gesundheitsuntersuchungen sind unter dem Punkt „Gesundheit“ beschrieben. Neben den Gesundheitsuntersuchungen ist auch der Abschluss einer von der Botschaft anerkannte Auslandskrankenversicherungen nötig. Gesundheit Da Reisemediziner davon abraten, Medikamente in Afrika zu kaufen, habe ich mich zuhause mit der normalen Reiseapotheke inkl. Mückenspray eingedeckt. Als Malariaprophylaxe habe ich aus Deutschland das recht teure, aber gut verträgliche Malarone für Reisen nördlich von Durban mitgenommen. Meine Impfprophylaxe bestand aus der Überprüfung meines Impfpasses mit Auffrischung der Hep.-A- und -B-Impfung und einer Meningokokken-Impfung. Auf Anraten meines Reisemediziners habe ich auf eine Gelbfieberimpfung verzichtet. Für das Visum sind zwei ärztliche Atteste nötig: (z.B.) Von dem Hausarzt braucht man ein Attest, dass man sich in einem guten Gesundheitszustand befindet und an keinen ansteckenden Krankheiten leidet. Ein Radiologe muss durch die Befundung eines Röntgen-Thorax-Bildes attestieren, dass es keinen Hinweis auf Tuberkulose gibt. Sicherheit Durch die kurz zuvor zu Ende gegangene Fußballweltmeisterschaft standen relativ viele Informationen zu Südafrika zur Verfügung. Die Sicherheit hat sich wohl durch eine höhere Polizeipräsenz und das „Herausputzen“ vieler Städte deutlich gebessert. Ängste, dass man sich nur im Auto fortbewegen kann haben schon Kommilitonen zerstreut, die vor mir ebenfalls in Durban waren. Natürlich sollte man sich an gewisse Regeln halten: In größeren Menschenmengen seine Wertsache nahe bei sich tragen und wachsam sein, das Auto in der Stadt verriegeln und je nach Gegend auch die Fenster geschlossen halten. Nach kurzer Zeit bekommt man ein Seite 1
bvmd-Austausch-Bericht: PJ in Durban, Südafrika Gefühl dafür, welche Gegenden generell und welche abends zu meiden sind. Hingegen gilt z.B. das Viertel unserer Unterkunft am Bluff als so sicher, dass man hier auch nach Einbruch der Dunkelheit alleine vor die Tür gehen kann. An Versicherungen habe ich eine Auslandskrankenversicherung, die allein schon fürs Visum nötig ist, eine Reiserücktritts- und Gepäckversicherung und eine Hausratsversicherung abgeschlossen. Für diese Versicherungen sollte man auf jeden Fall DÄF und MLP kontaktieren, da diese besondere Angebote für Medizinstudenten haben Geld Die Währung Südafrikas ist Rand und hat zurzeit einen Wechselkurs von etwa 1:10, was das Umrechnen recht einfach macht. In manchen Läden in der Innenstadt kann man – gerade nach der WM – auch mit Dollar bezahlen. Meiner Meinung nach sind jedoch Bargeld in Landeswährung oder eine geläufige Kreditkarte zu empfehlen. Manche kleinere Unterkünfte auf Reisen haben kein Kreditkartenterminal, sodass man beim Buchen einfach nach den Zahlungsmöglichkeiten fragen sollte. Vor Ankunft in Südafrika sollte man schon etwas Geld zuhause wechseln, um nach Ankunft am Flughafen z.B. eine Telefonkarte kaufen zu können und die Mautgebühren auf der Autobahn bzw. das Taxi bezahlen zu können. Der Einsatz von Kreditkarten ist ähnlich geläufig und akzeptiert wie in Amerika (und damit häufiger als in Deutschland), jedoch sollte man darauf achten, ob die heimische Bank bei der Nutzung im Ausland Gebühren erhebt. Zu empfehlen ist somit eine Kreditkarte, mit der man kostenlos an Geldautomaten im Ausland Geld abheben und im Geschäft bezahlen kann. Eine gute Alternative stellt die SparCard der Postbank dar, mit der man im Ausland insgesamt bis zu zweitausend Euro pro Monat gebührenfrei abheben kann. Geldautomaten gibt es in Südafrika in jeder Bank und nahezu an jedem Supermarkt und jeder Tankstelle. Die Preise im Supermarkt und bei anderen alltäglichen Einkäufen sind vergleichbar zu Deutschland. Im Vergleich zu Deutschland sind jedoch Freizeitaktivitäten, Restaurants oder Unterkünfte auf Reisen deutlich günstiger. Die Mieten sind relativ günstig, jedoch kommt man kaum ohne Auto aus. So muss man etwa 150 EUR pro Monat Zimmermiete einplanen, während fürs Automieten mindestens 350 EUR pro Monate fällig werden. Die Spritpreise sind mit umgerechnet etwa 80 EUR Cent pro Liter wiederum sehr günstig. Somit sind die Lebenshaltungskosten alles in allem günstiger als Deutschland. Sprache Südafrika hat insgesamt elf offizielle Landessprachen. Das normale Schulenglisch reicht für den Alltag und in der Klinik aus. Die meisten lateinischen Fachbegriffe sind im Englischen identisch, sodass sich nur die Aussprache ändert. Mit etwas Glück hat man auch einen Afrikaans-sprechenden Arzt im Team, der sogar– wenn langsam ausgesprochen - die meisten deutschen Wörter für Krankheiten versteht. Im Krankenhaus werden viele Abkürzungen verwendet, die man sich jedoch schnell aneignet. Während die traditionellen Stammessprachen für Deutsche vollkommen fremd und teilweise schwer auszusprechen sind, ähnelt das Afrikaans stark dem Niederländischen. Wird dies langsam gesprochen, versteht man zumindest, worum es geht. Die meisten Patienten im King Edward VIII Hospital sprechen die in dieser Region übliche Stammessprache Zulu. Ein Teil davon spricht zusätzlich Englisch, bei allen anderen Patienten helfen einem – wenn man nett fragt – gerne die Schwestern oder Ärzte weiter, die Zulu sprechen können. Verkehrsverbindungen Die einfachste und schnellste Möglichkeit nach Südafrika ist natürlich das Flugzeug. Um nach Durban zu kommen, gibt es zwei Hauptrouten. Die eine Option ist, z.B. mit Lufthansa oder KLM nach Johannesburg oder Kapstadt zu fliegen. Von dort kam man entweder übers Reisebüro oder das Internet einen Anschlussflug nach Durban buchen. Die andere Möglichkeit ist die Verbindung mit Emirates über Dubai. Dubai wird von vielen deutschen Städten angeflogen und von dort gibt es einen Direktflug nach Durban. Wenn man sich in diesem Fall noch für einen längeren Aufenthalt in Dubai (und damit oft günstigeren Flug) entscheidet, kann man sogar mit einem deutschen Reisepass ohne Probleme 72 Stunden nach Dubai einreisen und auf dem Weg noch diese faszinierende Wüstenstadt besichtigen. Hin- und Rückflug kosten je nach Airline und Buchungszeitpunkt etwa zwischen 500 und 1000 EUR. Inlandflüge in Südafrika sind bei frühzeitiger Buchung recht günstig. Am besten geht dies über www.saflights.co.za oder www.travelstart.co.za, wo es meistens noch günstiger als über deutsche Anbieter ist. Eine weitere gute Option ist www.flightcentre.co.za, die auch internationale Flüge vermitteln und oft günstige Angebote haben. Egal wie man sich entscheidet, meiner Meinung nach sollte man ein paar Euro oben drauf legen und eine Reiserücktrittsversicherung abschließen. Zum einen gibt es Studentenangebote, die im Seite 2
bvmd-Austausch-Bericht: PJ in Durban, Südafrika Falle von Nachschreibklausuren o.ä. einen anderen Flug bezahlen, zum anderen gibt es Versicherungen, die z.B. im Krankheits- oder Todesfall eines nahen Angehörigen die Kosten für Hin- und Rückflug übernehmen. Wie unter Geld erwähnt, kann ich nur jedem PJler in Südafrika empfehlen, ein Auto zu mieten. Einen guten Vergleich aller Mietwagenfirmen bieten z.B. www.billigermietwagen.de oder www.economycarrentals.com. Zum einen kommt man so jeden Tag sicher und pünktlich zur Arbeit, zum anderen ist man wesentlich flexibler, kann Tag und Nacht was unternehmen und die Wochenenden verreisen. Als Alternative bieten sich noch die Minitaxis an, also Kleinbusse, die hauptsächlich von Einheimischen genutzt werden und sehr günstig sind. Die Fahrer stehen jedoch oft unter Zeitdruck und überladen ihre Fahrzeuge, sodass es immer wieder zu teils schweren Unfällen kommt. Zurzeit versuchen die großen Städte (wie z.B. auch Durban) ein besseres öffentliches Nahverkehrssystem mit Stadtbussen zu etablieren, wobei dies vermutlich noch dauern wird. Beide Busse sind für afrikanische Busse relativ pünktlich, jedoch nicht wirklich so zuverlässig, dass man damit jeden Morgen pünktlich ins Krankenhaus kommen kann. Für größere Strecken im Land gibt es drei Möglichkeiten: Den sogenannten Baz-Bus, ein Backpackerbus, Überlandbusse von z.B. Greyhound oder das Flugzeug, das, wie oben geschrieben, bei rechtzeitiger Buchung Flüge um die 50 EUR ermöglicht. Kommunikation Noch zuhause habe ich versucht, über einen der vielen online-Anbieter eine günstige Einwahlnummer für Südafrika zu finden, was jedoch nicht gut geklappt hat. Zudem habe ich aus Deutschland zwei schon ausrangierte Handys eingepackt. So hatte ich eines für die deutsche Simkarte zum Empfang von Nachrichten, während in das zweite Handy eine afrikanische Simkarte kam. Diese Prepaidkarten sind hier mit wenigen Cent sehr günstig, SMS kosten ab 0,05 EUR, eine Gesprächsminute ab 0,14 EUR. Zum Telefonieren von den hier noch weit verbreiteten Telefonzellen gibt es zwei Möglichkeiten Eine Option ist die World-Calling-Card, die man bei dem Telefonanbieter Telkom kaufen und aufladen kann. Mit einer kostenlosen Einwahlnummer kann man so von jedem Telefonanschluss (ob öffentlich oder privat) für etwa 0,2 EUR pro Minute nach Deutschland telefonieren. Die andere Option ist www.worldchat.co.za Dabei erfolgt die Aufladung und Bezahlung entweder in ausgewählten Läden (z.B. Spar) oder mit 10% Rabatt online per Kreditkarte. Hierbei sind die Minutenpreise mit 0,03 EUR pro Minute nach Deutschland sehr günstig, wobei man noch die Verbindungskosten zur lokalen Einwahlnummer dazurechnen muss, was jedoch insgesamt weniger als das Angebot von Telkom ist. Zugang im Internet hat man als Gaststudent in den Computerräumen der Universität, was durch die direkte Nähe zum Krankenhaus schon praktisch ist. Will man jedoch abends auch mal online sein hat einen Laptop dabei, gibt es auch hier Prepaid-Angebote mit UMTS-Sticks. Diesen bringt man sich entweder simlockfrei aus Deutschland mit oder kauft ihn hier für ca. 50-60 EUR. Das Prepaidangebot läuft über Datenbundle, die für 1GB bei ca. 30 EUR, für 2GB bei etwa 40EUR liegen. Dabei ist zu beachten, dass z.B. das Guthaben bei Vodacom bis zum Ende des nächsten Monats gültig ist. Also nicht am Ende des Monats buchen, da man sonst das Guthaben statt bis zu 60 Tagen nur minimal 30 Tage zur Verfügung hat. Als regelmäßigen Kontakt zu allen zuhause habe ich im Abstand von etwa drei Wochen eine Rundmail mit Bildern im Anhang geschrieben. Unterkunft Meine Unterkunft wurde mir sowohl von Kommilitonen, die zuvor in Durban waren, als auch von der südafrikanischen Universität empfohlen. Auf der Homepage der Uni gibt es eine Liste mit Unterkünften für Gaststudenten. Die Avery Lodge, in der ich mit einer Kommilitonin gewohnt habe, liegt etwa 10km vom Krankenhaus entfernt. Luftlinie zum Sandstrand sind 200m, jedoch muss man einen kleinen Bogen laufen und ist in 10 Minuten am Strand. Die Wohnungen werden von einem älteren Ehepaar betreut, die im selben Haus wohnen. Für Miete die 150 - 200 EUR (je nach Wohnung) bekommt man neben der Wohnung noch die Wäsche gewaschen und geputzt. Das Beste jedoch ist die unübertroffene Gastfreundschaft und die regelmäßigen Grillabende auf der Terrasse und der Pool im Garten. Literatur Natürlich sollte man sowohl fürs PJ als auch zum Reisen Bücher einpacken. Fürs PJ in der Chirurgie kann ich die Checkliste Chirurgie oder „den“ Müller empfehlen. Dazu ist ein Medikamentenpocket ratsam. Das „Medizinisches Englisch pocket“ fand ich recht schwach und war das Geld und Gewicht im Gepäck nicht wert. Als Reiseführer hatte ich den „Rough Guide to South Africa“ und meine Kommilitonin den „lonely Planet: Seite 3
bvmd-Austausch-Bericht: PJ in Durban, Südafrika South Africa“ dabei. Mit zwei Reiseführern ist man gut bedient, jedoch sollte man sich die neuesten Auflagen gönnen, um bei den Preisen keine Überraschungen zu erleben. Für Erfahrungsberichte sind www.bvmd.de, www.stethosglobe.de und http://www.thieme.de/viamedici/laender/suedafrika/pj_in_suedafrika.html zu empfehlen. Mitzunehmen Für das Krankenhaus sollte man als Student dunkle Jeans oder Stoffhose und dazu ein ordentliches Hemd (darf gerade an warmen Tagen auch kurzärmlig sein!) tragen, dazu geschlossen Schuhe, jedoch besser keine Turnschuhe. Für Studentinnen gilt ebenfalls ein gepflegter Dresscode. Der Dresscode ist auch bei den Bewerbungsunterlagen beschrieben, wird jedoch in den Teams meistens etwas legerer gehandhabt. Wie schon unter Kommunikation beschrieben, habe ich zwei Handys dabei gehabt um sowohl über meine deutsche als auch südafrikanische Nummer erreichbar zu sein. Zur weiteren Kommunikation, besonders nach Deutschland, ist es nicht schlecht, auch seinen Laptop dabei zu haben. Fast schon ein weiteres Muss ist wohl eine Kamera und ein Reiseführer (Rough Guide South Africa, Lonely Planet South Africa, …) , um für die Reisen gewappnet zu sein. Desweiteren ist noch Sonnencreme mit LSF 30-50 und eine Kopfbedeckung, besonders für den Sommer (Jahreszeiten sind hier entgegengesetzt zu Europa!), zu empfehlen, was man aber auch vor Ort erwerben kann. Natürlich dürfen auch formelle Dinge wie Reisepass, Impfpass, Kreditkarte(n) u.ä, nicht fehlen. Reise und Ankunft Die Anreise lief glatt und ohne Probleme. Nachdem ich Mittwochabends angekommen war, hatte ich noch mehrere Tage, bevor das PJ am Montag losging. Man sollte 1-3 Tage einplanen, um sich etwas zurechtzufinden, Lebensmittel einzukaufen und dann zu starten. Nach dem Abschluss der Registrierung als Student wurden wir von einer Mitarbeiterin des Surgical Departements zu den Oberärzten unseres Teams gebracht, die uns dann dem Team bekannt gemacht haben. Tätigkeitsbeschreibung und fachliche Eindrücke Der erste Tag begann nach Registrierung in dem SOPD (Surgical OutPatient Department), wo chirurgische Patienten sowohl ambulant betreut als auch zu stationären Behandlung aufgenommen werden. Nachdem wir recht lange warten mussten, bis die Oberärzte Zeit für uns hatten, wurden wir sehr freundlich aufgenommen, gleich am ersten Tag zum Mittagessen eingeladen und fanden uns schnell zu Recht. Dies erleichterten uns sowohl die Ärzte, die uns als fester Bestandteil ihres Teams ansahen, als auch die Studenten, die sehr freundlich und hilfsbereit waren. Zu beiden entwickelten wir Freundschaften, die über das PJ hinaus gingen und gehen. Auch das Pflegepersonal ist sehr hilfsbereit und freundlich, solange man höflich fragt. Als Geheimtipp ist zu verraten, dass mit einer Begrüßung in Zulu („Sawubona!“) manches viel leichter und schneller klappt… Neben ein bis zwei OP-Tagen pro Woche gab es einen SOPD-Tag und zwei Tage mit kurzer Visite und anschließender normaler Stationsarbeit. Bei OPs in Lokalanästhesie durften wir nach einigen Wochen selbst schneiden. Dies betraf vor allem Circumcisionen und einfache Lymphknotenbiopsien. Jeden 6. Tag war unser Team S3blue mit „Intake“, also Dienst dran. Nach normalem Tagesprogramm waren wir mit dem Team bis zum nächsten Morgen für die Betreuung der chirurgischen Notaufnahme zuständig. Dorts sahen wir sehr viele Verletzungen und Krankheitsbilder, konnten viel nähen und durften selten auch mal einen ZVK oder eine Thoraxdrainagen legen. Die Notaufnahme wurde zur WM komplett neu gebaut und ist der modernste Teil des Krankenhauses. Aufpassen muss man beim Blutabnehmen und Braunülen legen, da die Nadeln noch kein Sicherheitssystem wie in unserer Uni-Klinik haben. Natürlich muss man auch sonst sehr vorsichtig sein und sich mit Mundschutz und Handschuhen gegen Infektionsquellen schützen. Das Gesundheitssystem des Landes ist schlechter als das Deutsche. Wer sich keine private Krankenversicherung und damit eine Behandlung in einem schicken, modernen privaten Krankenhaus leisten kann, ist staatlich versichert. Jedoch gibt es in diesem Fall keine Beiträge wie in unserem System, sondern man zahlt im Falle einer Erkrankung bzw. Behandlung anteilsmäßig von seinem Lohn einen gewissen Betrag. Das fachliche Wissen der allermeisten Ärzte ist auf westlichem Niveau, während die Ausstattung der Krankenhäuser einfach gestrickt ist, aber trotz allem eine erstaunlich gute Versorgung der Patienten ermöglicht. Stationen mit bis zu fünfzig Patienten in einem Saal sind für uns sehr gewöhnungsbedürftig, solange die Patienten nicht infektiös sind, geht jedoch auch dies und die Patienten werden auch ohne Einzel-/Doppelzimmer wieder gesund. Als ausländische Studenten waren wir zur Anerkennung unseres Tertials in Deutschland offiziell an der Nelson Seite 4
bvmd-Austausch-Bericht: PJ in Durban, Südafrika Mandela School of Medicine eingeschrieben. So konnten wir an allen Lehrveranstaltungen auf Station oder an der Universität teilnehmen, wofür man sich jederzeit freistellen lassen konnte. Natürlich gibt es im Englischsprachigen teils andere Einteilungen für Krankheiten oder Stadien oder es ist anders benannt, aber alles in allem war die Ausbildung sowohl praktisch als auch theoretisch sehr gut. Es durfte jederzeit nachgefragt werden und selbst die Oberärzte waren sehr interessiert daran, wie Krankheiten bei uns behandelt werden und wie die Evidenzlage aussieht. Somit konnte man auch seine eigenen Erfahrungen und Ansichten einbringen, die dann zur Diskussion gestellt und gegebenenfalls übernommen wurden Land und Leute Ganz kurz gefasst: In den gut vier Monaten haben wir sehr, sehr viel in Südafrika gesehen Kap der guten Hoffnung, Kapstadt, Johannesburg, Soweto, Drakensberg, Lesotho, Swaziland, Nelspruit, Krüger und Hluhluwe- Imfolozie Nationalpark, St. Lucia, North- und South-Coast Durbans, Wild-Coast und natürlich Durban mit einem berühmten indischen Markt, dem WM-Stadion mit Sprung vom stadionüberspannenden Bogen das große Meeresaquarium, Stränden über Strände bei sehr viel Sonne. Bei einer weiteren Woche hätten wir noch die Garden Route gemacht, doch da rief wieder das kalte, verschneite Deutschland. Das kulturelle Angebot des Landes ist insgesamt geringer als in Deutschland. Es werden weniger Theater und Konzerte angeboten, jedoch gibt es genauso Kino und Ausstellungen. Als Ausländer ist es natürlich schwierig, sich in kurzer Zeit einen Überblick darüber zu verschaffen. Die politische Situation wird hauptsächlich durch den ANC und den Präsidenten Jacob Zuma mit seiner Familie geprägt. Es soll viel Klüngelei geben und insgesamt scheint das Land korrupter als nordwesteuropäische Staaten. Die wirtschaftliche Situation ist gerade auch durch die WM verbessert, jedoch muss sich in der Zukunft zeigen, ob dies nicht nur ein kurzfristiger Effekt bleibt. Die Arbeitslosenquote lag 2009 bei 23,5%, jedoch wird die Dunkelziffer wesentlich höher geschätzt. Negativ fiel mir auf, dass immer noch viele „einfache“ Tätigkeiten von Dunkelhäutigen ausgeführt werden, während Führungspositionen meist von Weißen bekleidet werden. Auch die sichtbare Armut auf der Straße bzw. an Kreuzungen mit Bettlern ist belastend und lässt einen über westliche Anspruchshaltungen und Besitz-Denken ins Grübeln kommen. Das Leben mit Ärzten, einheimischen Kommilitonen und neuen Freunden von Reisen war sehr schön und unkompliziert. Bei Besuchen in Townships fiel man als Hellhäutiger direkt auf, wurde aber immer mit offenen Armen und viel Interesse empfangen. Meistens kam es schnell zum Thema Fußball, was besonders der Sport der Dunkelhäutigen ist und wofür sich diese sehr begeistern. Wie weiter oben erwähnt, wurden unsere Gastgeber mehr und mehr zu unseren südafrikanischen Großeltern, was das Leben auf angenehme Weise erleichtert. Fazit Alles in allem war ich mit meinem Auslandstertial sehr zufrieden. Meine Erwartungen, Afrika mit Land und Leuten ein Stück weit kennenzulernen, wurden mehr als erfüllt. Obwohl ich gerne wiederkommen würde, um Freunde zu treffen und Urlaub zu machen, möchte ich hier nicht arbeiten, da es mir – zumindest im öffentlichen Sektor – zu unstrukturiert ist. Nach dem Ende des PJs werde ich sicher wieder ins Ausland gehen, um weitere Eindrücke zu sammeln. Vermutlich wären dies jedoch wenn nur kurze Arbeitsaufenthalte, da man doch auch das westliche, im Besonderen das deutsche Gesundheitssystem zu schätzen lernt und zumindest ich dieses nicht missen möchte. Seite 5
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