Plötzliches Unvermögen durch Myokardinfarkt: Kamerabasierte Erkennung, Einflussfaktoren und Anwendungsgrenzen - Hochschule ...

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Plötzliches Unvermögen durch Myokardinfarkt: Kamerabasierte Erkennung, Einflussfaktoren und Anwendungsgrenzen - Hochschule ...
Plötzliches Unvermögen durch Myokardinfarkt:
   Kamerabasierte Erkennung, Einflussfaktoren und
                Anwendungsgrenzen

            Vasiliy Seibert                              Sarah Moser                                    Alexander Garkawyj
       Hochschule Furtwangen                        Hochschule Furtwangen                              Hochschule Furtwangen
          Fakultät Informatik                         Fakultät Informatik                                Fakultät Informatik
       Furtwangen, Deutschland                     Furtwangen, Deutschland                            Furtwangen, Deutschland
 vasiliy.sviyazov@hs-furtwangen.de              sarah.moser@hs-furtwangen.de                    alexander.garkawyj@hs-furtwangen.de

                 D                                              D

    Abstract— Plötzliches Unvermögen ist strategisches Thema          autonom ohne verbaute Pedalerie/Lenkrad) sehen diese
und Meilenstein auf der Euro-NCAP Roadmap für das Jahr                Aufforderung nicht vor.
2025. Diese Arbeit widmet sich der Frage nach der
Umsetzbarkeit     und      rechtlichen   Rahmenbedingungen                Advanced Driver Assistance Systems (ADAS) tragen
kamerabasierter Innenraumüberwachung im Hinblick auf die              durch Überwachung des Fahrzeugumfelds durch Lidar (light
Erkennung plötzlichen Unvermögens durch Myokardinfarkt.               imaging, detection and ranging)-, Radar (radio detection and
Nach einleitender Definition des Terminus „Plötzliches                ranging) und Ultraschallsensoren zur Senkung von
Unvermögen/Sudden Sickness“ erfolgt eine Übersicht der                Unfallraten bei. In den meisten Fällen sind diese Unfälle durch
NCAP Anforderungen sowie ein Überblick über den aktuellen             externe Einflüsse und Fehlverhalten des Fahrzeugführers
Forschungs- und Entwicklungsstand. Im Folgenden wird auf              begründet. Wie in Abb. 1 dargestellt, entfallen rund 4% aller
Anforderungen aus Verbraucher- und Datenschutzsicht                   Unfälle auf medizinisch begründete Ursachen. Vergleicht
eingegangen. Schwerpunkt dieses Papers bildet die Erstellung,         man diesen Wert mit dem Wert für unangepasste
Umsetzung und Bewertung von Use Cases zur Erkennung einer             Geschwindigkeit, erscheint dieser als gering. Betrachtet man
Sudden Sickness durch Myokardinfarkt. Abschließend werden             die Tatsache, dass eine Überalterung der Gesellschaft zu
offene Forschungsfragen erläutert. Ein experimentelles                erwarten ist [8] in Kombination mit gleichbleibender, oder
Beispielsystem wurde exemplarisch umgesetzt und evaluiert.            steigender, aktiven Teilnahme am Verkehrsgeschehen durch
Die wesentlichen Erkenntnisse dieses Prototypen waren, dass
                                                                      ältere Personen, ist eine Häufung von medizinischen
besonderer Fokus/Aufmerksamkeit gelegt werden muss auf die
                                                                      Insuffizienzen       als   Unfallursache       wahrscheinlich.
Leistungsfähigkeit der Zielhardware, insbesondere im Hinblick
auf Echtzeitanforderungen.
                                                                      Hochrechnungen [8] gehen davon aus, dass bis 2050 etwa
                                                                      30% der Bevölkerung über 65 Jahre oder älter sein werden.
   Keywords—ADAS, Sudden Sickness, Driver Monitoring                  Mit zunehmendem Alter steigt die Gefahr von multiplen
Systems, Plötzliches Unvermögen, Innenraumüberwachung,                Insuffizienzen, deren Symptome häufig allein durch
Myokardinfarkt, Euro NCAP Anforderungen, kamerabasierte               Kamerasysteme nicht eindeutig voneinander zu unterscheiden
Systeme, Use Cases, StvG                                              sind. Risiken und Auswirkungen solch gefährlicher
                                                                      Situationen, die durch plötzliches Unvermögen entstehen,
                                                                      können durch die zuvor genannte Sensorik erkannt und
                       I. MOTIVATION                                  teilweise auch gemildert, jedoch nicht vollständig verhindert
                                                                      werden. Genannt sei hier das Stichwort „Predictability“, einer
    Mit zunehmendem Ausbau von Netzwerkinfrastruktur                  noch weitestgehend unbehandelten Forschungsfrage.
(5G) und technischem Fortschritt auf den Gebieten
akustischer, optischer und haptischer Sensorik werden                 ADAS Systeme sollen potenzielle Unfallgefahren erkennen
Nutzungsszenarien im Bereich der Überwachung von                      und den Fahrer warnen bzw. bei Nichtreaktion des Fahrers
Personen im Fahrzeuginnenraum (PKW bis 3,5t) zunehmend                entsprechende Reaktionen einleiten. Um diese (Sicherheits-)
präziser. Dies ist von immanenter Bedeutung zur Erreichung            Lücke zu schließen, wurde „Sudden Sickness/ Plötzliches
der festgelegten Ziele und Anforderungen der Euro-NCAP                Unvermögen“ als strategisches Ziel in die Euro-NCAP
Roadmap sowie zur Umsetzung von autonomen Fahren                      Roadmap für 2025 aufgenommen [1]. Potenzielle
gemäß SAE J3016 („Society of Automotive Engineers“)                   Lösungsansätze zur multisensorischen Erkennung von
Level 3 bis 5. Für Level 1 (z.B. Spurhalteassistent oder ACC)         Plötzlichem Unvermögen sind: Gesten-, Gesichts-, und
und Level 2 Systeme gilt, dass der Fahrer jederzeit in das            Positionserkennung, Puls- und Blutdruckmessung, cEKG,
System eingreifen können muss und das System aktiv den                wireless EEG, sowie Müdigkeitserkennung. Weitere relevante
Fahrer informiert. Level 3 Systeme (z.B. Staupilot) erfordert         Daten zur späteren Fusion mit den Kameradaten stammen
keine grundsätzliche Interaktion des Fahrers, es sei denn, er         i.d.R. aus Sensoren zur Lenkwinkelbestimmung, Straßenlage,
wird aktiv dazu aufgefordert. Level 4 Systeme                         Geschwindigkeit und Umfeldsensorik.
(situationsabhängig autonom Pedalerie/Lenkrad optional
verbaut) und Level 5 Systeme (situationsunabhängig

                                                                103
Plötzliches Unvermögen durch Myokardinfarkt: Kamerabasierte Erkennung, Einflussfaktoren und Anwendungsgrenzen - Hochschule ...
Maßnahmen führt. Vertreter plötzlich                 auftretender
                                                                            Dysfunktionen sind unter anderem:
                                                                                -    0,02-0,63% Hypoglykämie [5]
                                                                                -    Herzinfarkt (Myokardinfarkt) [1]
                                                                                -    0,2%/Jahr Wahrscheinlichkeit durch Fehlfunktion
                                                                                     implantierter Defibrillatoren / Herzschrittmacher [4]
                                                                                -
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Steigerung der Systemsensitivität. “Emergency Stop                      von Aufzeichnung oder Verarbeitung nicht notwendiger
Manoeuvre” – Kontrolliertes Verzögern des Fahrzeugs bis                 Daten. Basierend auf zuvor genannter Erschließung erarbeitet
V(current) = 0km/h am Fahrbahnrand mit gleichzeitigem                   der VDA (Verband der Automobilindustrie) gemeinsam mit
Absetzen eines Notrufes sowie Betätigung der                            dem Bundesdatenschutzbeauftragten eine Erklärung [13],
Warnblinkanlage.                                                        welche die Begriffe Personenbezogenheit, Verantwortliche
                                                                        Stelle (gem. § 3 Abs. 7 BDSG), Datenhoheit präzisiert sowie
    Für eine Zulassung zum NCAP Test muss das Vehicle                   Angaben zum Zeitpunkt der Datenerhebung („online“ gem. §
under Test (VuT) über einen Anschnallassistenten sowie eine             3 Abs. 3 BDSG bzw. „offline“ gem. § 6c BDSG),
Erkennung von Insassen auf mindestens einem Rücksitz                    Auskunftsrecht (gem. § 34 BDSG) und Zulässigkeit der
verfügen. Zusätzlich muss das VuT über AEB (Autonomous                  Datenerhebung macht (gem. 28 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 oder 2
Emergency Braking), LSS (Lane Support Systems) und/oder                 BDSG, §§ 11 ff. Telemediengesetz).
SAS (Speed Assist Systems) verfügen.
                                                                           Die uns vorliegende Gesetzesnovelle der StVG nennt in
    Weiterhin muss der Hersteller ausreichend Details zur               §1g verpflichtend zu speichernde Daten, die nach Meinung
Implementierung und bereits durchgeführter Testfälle des                der Autorin dieses Kapitels im Kontrast zum Gebot der
DMS zur Verfügung stellen, sowie etwaige Simulationen und               Datensparsamkeit stehen. Im Folgenden sind dies [15]:
Testdaten deutlich zur Unterscheidung kennzeichnen. Das
DMS muss während jedes Fahrzyklus standardmäßig                            • Fahrzeugidentifizierungsnummer, Positionsdaten
betriebsbereit und aktiv sein. Ein versehentliches Abschalten
ist nicht zulässig (z.B. durch falsche Positionierung der Taste            • Anzahl und Zeiten der Nutzung sowie der Aktivierung
im Cockpit). Im Rating für 2020 können nach erfolgreicher                    und der Deaktivierung der autonomen Fahrfunktion
NCAP Prüfung maximal 3.0 Punkte (1 Punkt für DMS sowie                     • Anzahl und Zeiten der Freigabe von alternativen
2 Punkte für vorhandene Gurtwarner) angerechnet werden.                      Fahrmanövern
   Für dieses Paper relevant ist der Ansatz einer zeitlichen               • Systemüberwachungsdaten einschließlich Daten zum
Begrenzung, wann von einem plötzlichem Unvermögen                            Softwarestand,
ausgegangen werden kann.
                                                                           • Umwelt- und Wetterbedingungen
B. Datenschutz
   Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener                         • Vernetzungsparameter        wie      beispielsweise
Daten unterliegt europäischem Datenschutz EU-2016/679                        Übertragungslatenz und verfügbare Bandbreite
sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Hierzu                           • Name der aktivierten und deaktivierten passiven und
gehören auch Daten, die im Zuge der Fahrerüberwachung                        aktiven Sicherheitssysteme, Daten zum Zustand dieser
erhoben und gesammelt werden. Von personenbezogenen                          Sicherheitssysteme sowie die Instanz, die das
Daten ist die Rede, sobald Daten einer „bestimmten Person“                   Sicherheitssystem aus-gelöst hat
zugeordnet werden können oder Bezug zu einer
„bestimmbaren“ Person nehmen. Sobald ein Fahrzeug                          • Fahrzeugbeschleunigung in Längs- und Querrichtung
zugelassen wird, ist der Halter über die Fahrgestellnummer
identifizierbar. Diese und ähnlich eindeutige Daten „gehören“              • Geschwindigkeit, Spannungsversorgung
somit dem Halter, nicht etwa dem Fahrzeughersteller oder                   • Status der lichttechnischen Einrichtungen
Zulieferbetrieben. Sog. Event-Data-Recorder sind als closed-
loop Systeme anzulegen, die eine Zuordnung oder                            • Von extern an das Kraftfahrzeug gesendete Befehle
Identifikation des Fahrzeugführers verhindern sollen. Eine                   und Informationen
beabsichtige Manipulation oder eine unbeabsichtigte                        Die zuvor genannten Daten sind bei Eingriffen durch die
Verbreitung soll damit verhindert werden. Für Systeme zur               Technische Aufsicht, Konfliktszenarien, nicht-planmäßigen
Müdigkeitserkennung gilt, dass sie nicht kontinuierlich Daten           Spurwechseln sowie Störungen im Betriebsablauf
aufzeichnen sollen, was für eine lückenlose Diagnostik zur              aufzuzeichnen. Nach Abs.4 werden ebenfalls Vor- und
Erkennung plötzlichen Unvermögens so nicht tragbar ist.                 Nachname sowie Qualifikation der technischen Aufsicht
Diese Systeme leben von der Aktualität ihrer Daten und der              erhoben. Der so entstehende Datensatz ist dem
Verarbeitung in Echtzeit. Von Interesse ist in diesem                   Kraftfahrtbundesamt auf Verlagen vorzulegen. Die Daten
Zusammenhang die Frage der Datenvorhaltung zur weiteren                 beim KbA werden 3 Jahre nach Einstellung (= Abmeldung)
Verarbeitung (z.B. im nichtflüchtigen Speicher). Wörtlich ist           des Fahrzeuges gelöscht. Anonymisierte Daten werden vom
von „should not continuously record nor retain any data“1 die           KbA zu Zwecken der Forschung zur Verfügung gestellt.
Rede. Gleich wie es im Jahr 2015 eine EU Verordnung zur
Erhebung       und     Verarbeitung     der    Daten    durch
Notrufassistenten2 (sog. eCalls) gab, ist dies auch für Driver
                                                                        C. StVG (Straßenverkehrsgesetz)
Monitoring Systeme zu erwarten.
                                                                             Plötzliches Unvermögen, zeichnet sich vor allem durch die
   In einer Entschließung [12] aus dem Jahr 2014 forderte der           Unabwendbarkeit und Unvorhersehbarkeit des Auftretens
Bundesbeauftragte für Datenschutz und Sicherheit die                    aus. Dies ist von großer juristischer Bedeutung von Unfällen
Automobilindustrie dazu auf, den Endkunden/Nutzer über alle             mit Schadensfolge. So kann ein Fahrer zum Zeitpunkt der
gesammelten Daten und Schnittstellen zur Übertragung dieser             Vertragsunterzeichnung vollkommen Fahrtüchtig gewesen
Daten aufzuklären und dies schriftlich zu fixieren (gemäß § 4           sein. Eine Arglist oder Täuschung des Versicherers ist hiermit
Abs. 1 BDSG). Zudem fordert dieses Schreiben „Privacy by                auszuschließen. Ist folglich eine grundsätzliche Fahreignung
Design“ (die Systemkonzeption unter Datenschutzaspekten)                gegeben, ist ein potenzieller Schaden über Haftpflicht-, Teil-,
sowie     „Privacy     by     default“      (nutzerfreundliche          und Vollkasko zu regeln. Eine Veränderung der Haftungslage
Grundeinstellungen im Hinblick auf Datenschutz). Zudem gilt             ist ebenfalls auszuschließen, wenn in Folge eines plötzlichen
der Grundsatz der Datensparsamkeit, also der Vermeidung

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Unvermögens       das     Fahrzeug     durch     vorhandene            Kombiinstrument verbaute Infrarotkamera zur Überwachung
Assistenzsysteme an den Fahrbahnrand überführt und zum                 des Fahrers verwendet. Beim nicht auf den Verkehr
Stillstand gebracht wird. Ein zum Stillstandbringen auf dem            gerichteten Blick (durch Ausrichtung des Kopfes,
eigenen Fahrstreifen erscheint weder sinnvoll noch                     Körperhaltung und verschlossenen Augen) und einer vom
erstrebenswert (Urteil des BGH, NZV 1995, 145 und Urteil               ADAS vernommenen Kollisionsgefahr, benachrichtigt das
des OLG Brandenburg, BeckRS 2008, 14677). Etwaige                      Fahrzeug den Fahrer durch mehrere Alarmmöglichkeiten
Schadenersatzforderungen müssen durch den Verursacher                  (visuell, akustisch, Bremsstöße). Erhält das Fahrzeug keine
jedoch nach § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz) nicht geleistet           Reaktion vom Fahrer führt es selbstständig eine Notbremsung
werden; eine Gefährdungshaftung wird aufgrund der                      durch, siehe auch „Toyota Enhanced Pre-Crash Safety
Unabwendbarkeit des Ereignisses ausgeschlossen.                        System“ [16]. Neben Kamerabasierten Detektionsmethoden
                                                                       werden auch Lenkräder mit Induktionssensoren verwendet,
Im Februar 2021 wurde ein Gesetzentwurf der CSU                        um festzustellen, ob der Fahrer das Fahrzeug führt. Die
vorgestellt, wonach §1c um die §§1d bis 1l erweitert werden            darauffolgenden Maßnahmen des Fahrzeugs auf einen nicht
sollten. Dies schließt auch eine Definition von autonom                reagierenden Fahrer sind identisch zu kamerabasierten
fahrenden Fahrzeugen ein. Von besonderem Interesse ist (3):            Varianten [17].
„Technische Aufsicht eines Kraftfahrzeugs mit autonomer
Fahrfunktion im Sinne dieses Gesetzes ist diejenige natürliche
Person, die dieses Kraftfahrzeug während des Betriebs gemäß
§ 1e Absatz 2 Nummer 8 deaktivieren und für dieses
Kraftfahrzeug gemäß § 1e Absatz 2 Nummer 4 und Absatz 3
Fahrmanöver freigeben kann. [15]“, da dies bei absichtlicher
Deaktivierung des ADAS Systems vermutlich (zum Zeitpunkt
dieser Arbeit liegen noch keine entsprechenden Quellen vor)
eine Haftung durch den Hersteller ausschließt. Systeme,
welche sich nicht deaktivieren lassen, müssen gem. (2),
Absatz 7 selbstständig ihre Systemgrenzen erkennen und bei
Bedarf/Störung in einen risikominimierenden Zustand
gelangen, indem die Warnblinkanlage gestartet und das
Fahrzeug an einer sicheren Stelle zum Halten gebracht wird             Abb. 3. Erkennbarkeit medizinisch begründeter Fahruntauglichkeiten [7]
[15].
                                                                          Um die Frage nach möglicher und vor allem zuverlässiger
                 IV. FORSCHUNGSSTAND                                   Detektion eines Myokardinfarktes hinsichtlich Machbarkeit
   BMW forscht an einem Autobahn-Notfallpiloten, der das               zu beantworten, ist eine Bewertung verfügbarer,
Fahrzeug sicher an den Fahrbahnrand bringen soll.                      minimalinvasiver oder drahtloser Sensorik notwendig. Zur
Entsprechende           Funktionsarchitekturen          und            Betrachtung kamen bei [7]: cEKG (Capacitve EKG,
Entscheidungsbäume wurden vorgestellt [10]. Eine zentrale              Verbauung einer Elektrode in der Sitzfläche sowie einer
Forschungsfrage war, wie man andere Verkehrsteilnehmer zu              Referenz in der Lehne), Ballistokardiografie (BCG, indirekte
rücksichtsvollem und kooperativen Verhalten im                         Messung durch Drucksensoren parallel zur Wirbelsäule),
medizinischen Ernstfall anregen kann [11]. Abbildung 2 zeigt           kamerabasierte Verfahren, Magnetisch-Induktive Verfahren,
die Erkennbarkeit möglicher Ursachen für plötzliches                   radarbasierte Verfahren, Elektroenzephalographie (EEG auch
Unvermögen, wie bereits durch Mirwaldt, Bartels, Thanh-                kontaktlos in Kopfnähe möglich). Abbildung 3 (entnommen
Binh To und Pascheka dargelegt. In derzeitig verfügbaren               aus [7]) stellt die zuvor genannten Möglichkeiten in
Ausstattungsvarianten       aktueller      Fahrzeugmodelle             Zusammenhang mit einem potenziellen Verbauort im
verschiedener Autohersteller wird das Fahrzeug auf der                 Fahrzeug dar.
momentan befahrenen Fahrbahnspur durch das “Emergency
Stop Manoeuvre” zum Stillstand gebracht. Alarmierende
akustische und visuelle Signale machen andere
Verkehrsteilnehmer auf einen Notfall im Fahrzeug
aufmerksam, wie der neue Volkswagen Golf 8 demonstrieren
kann [17].

                                                                       Abb. 4. Verbauorte und Detektierbarkeit nach [7]

Abb. 2. Toyota Driver-monitoring Function [16]

   Im Kontext der Erkennung, ob der Fahrer seine
Aufmerksamkeit auf den Verkehr gerichtet hat, wird eine im

                                                                 106
V. FORSCHUNGSFRAGE/-METHODIK                                                -    Thonny Python IDE
   Dieses Paper stellt sich der Frage, nach zuverlässiger                              -    TensorFlow
Erkennung der eine Myokardinfarktes durch das vorliegende
und in Unterkapitel B beschriebene System.                                             -    Kabel etc.

A. Strategischer Literatur-Review                                                      -    Versuchslaptop
    Zur Beantwortung der Forschungsfrage kamen einerseits                   VI. USE CASE 1: ERKENNUNG UND MÖGLICHE REAKTION AUF
ein strategischer Literatur-Review nach Kitchenham [14] zur                    PLÖTZLICHES UNVERMÖGEN DURCH MYOKARDINFARKT
Anwendung, zum anderen die prototypische Umsetzung des
Use Cases „Plötzliches Unvermögen“. Zur Eingrenzung der                         A. Beschreibung
Literatur wurden, absteigend nach Relevanz, folgende                                Die Autoren dieses Papers wollen sich mit theoretisch
Kriterien erarbeitet:                                                           realitätsnahen Use Cases, beim Eintreten von
                                                                                Myokardinfarkten am Fahrer, befassen und diesen
             TABELLE II.         LITERATURAUSWAHLKRITERIEN
                                                                                Anwendungsfall prototypisch umsetzen.
                             Literatur                             Kat
   Bücher/Artikel zum Thema Plötzliches Unvermögen
   UND klinischer Symptomatik mit Bezug auf
                                                                    A
   Herzinfarkt, aktue respiratorische Insuffizienz und
   Hypoglykämie
   Bücher/Artikel zum Thema Plötzliches Unvermögen
   ODER klinischer Symptomatik mit Bezug auf
                                                                    B
   Herzinfarkt ODER aktue respiratorische Insuffizienz
   ODER Hypoglykämie
   Artikel zu Euro NCAP Anforderungen/ Roadmap                      C
   Konferenz-Paper, Interviews oder Artikel zu
                                                                    D
   aktuellen ADAS Systemen
Tabelle 2 – Kriterien

Basierend auf o.g. Kriterien konnten primär die in Tabelle 3
Literaturauswahl
genannten Quellen in Betracht gezogen werden.

                 TABELLE III.            LITERATURAUSWAHL

                             Literatur                             Kat.
  - P. Waldmann, N. Kaempchen, M. Ardelt, F. Homm, „Der
  Nothalteassistent – abgesichertes Anhalten bei plötzlicher                    Abb. 5. Use Case    Diagramm   –   Plötzliches   Unvermögen   [Eigene
  Fahrunfähigkeit des Fahrzeugführers“, 2010                                         Darstellung]
  - Mirwaldt, P., Bartels, A., To T.-B., Pascheka P. „Gestaltung    A
  eines Notfallassistenzsystems bei medizinisch bedingter                           In diesem UML Diagramm sind die Akteure Fahrer,
  Fahrunfähigkeit“
                                                                                „Driver State Monitoring“ und „Advanced Driver Assistant
  Klein, H., Krämer, A., Pieske, B. et al. „Fahreignung bei                     Systems“ zu erkennen. Außerdem lässt sich die
  kardiovaskulären Erkrankungen. (2010)                             B
                                                                                Systemgrenze „Plötzliches Unvermögen“ in die Bereiche
  https://www.euroncap.com/en/for-engineers/technical-
  papers/
                                                                    C           „Erkennung“ (Überwachung des Fahrers durch das „Driver
  - H. Ehmen „Fahrleistungsrelevante Parameter im Alter“,                       State Monitoring“) und „Eingriff“ (Initialisierung von
  2010                                                                          Maßnahmen durch das „Driver State Monitoring“ und der
  . “Datenschutz im Kraftfahrzeug – Automobilindustrie ist          D           Ausführung durch das „Advanced Driver Assistant System“)
  gefordert“ 88. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des
  Bundes und der Länder, 2014                                                   unterteilen. Innerhalb der Erkennung befinden sich die Use
Tabelle 3 Literaturauswahl                                                      Cases:
                                                                                    • Fahrzeug bedienen
B. Versuchsaufbau/Prototyp                                                         • Fahrerstatus beobachten
   Zur prototypischen Umsetzung des Use Cases kam zur                              • Unvermögen erkennen
Anwendung:
                                                                                   Innerhalb des Eingriffs befinden sich die Use Cases mit
         -      Raspberry Pie 4, 4 GB RAM (Raspebian                            Extension Points:
                [Raspberry Pi OS])
                                                                                   • Warnung
         -      Speicherkarte Kingston 16 GB
                                                                                   • Abstand- und Spurkontrolle
         -      Logitech USB Webcam
                                                                                   • Warnsignale
         -      XboX® One S Controller
         -      JBL®Lautsprecher mit AUX Verbindung                                • Milder Eingriff

         -      1 x Powerbank (6000 mAh, 5 V, 2 A)                                 • Gurtanziehen

         -      VNC Viewer/Server                                                  • Brems- und Lenkmanöver

                                                                          107
• Harter Eingriff                                                                             - Körper vom Fahrer verweilt in einer ungeeigneten
                                                                                                 Position
   • Warnblinklicht und Hupe                                                                     - Fahrer Lenkverhalten stimmt nicht mit Spurstreifen
                                                                                                 überein
   • Nothaltemanöver                                                                             - Fahrer Beschleunigungs- und Bremsverhalten
                                                                                                 stimmt nicht mit zulässiger Geschwindigkeit überein
                                                                             Ablauf              1. ADAS greift ein (hält Fahrzeug auf der Spur,
                                                                                                 vermeidet Auffahrunfälle und Kollisionen) und ein
Von Interesse innerhalb dieser Ausarbeitung sind die Use                                         Signalton (je Sekunde) und Gelbe Signalfarbe am
Cases „Unvermögen Erkennen“, „Warnung“, „Milder                                                  Tacho und Benachrichtigung (Achtung, fahren)
Eingriff“ und „Harter Eingriff“ (siehe Abb. 6., Abb. 7.,                                         2. Warte auf Bestätigung des Fahrers (wieder
                                                                                                 Fahrtüchtig)
Abb.8. und Abb. 9.).                                                                             3. 3 Sekunden nach Start „Warnung“ Übergang in
B. Anforderungen an die Use-Cases                                                                „Milder Eingriff“
                                                                             Alternativen        2a1. Der Fahrer legt die Hände ans Lenkrad und
   Mit Berücksichtigung der Euro-NCAP Anforderungen                                              steuert das Fahrzeug
und dem Ziel der Erkennung eines Myokardinfarktes wurden                                         2a2. Der Fahrer schaut wieder auf die Straße
zum Entwurf des Use Case „Unvermögen Erkennen“                                                   2b1. Der Fahrer richtet seinen Körper auf die
mehrere Überlegungen getroffen. Diese beinhalten die                                             gewohnte fahr Position
Herannahme von Tabelle 1 – Klinische Symptome und                                                2b2. Der Fahrer schaut wieder auf die Straße
dessen Identifikationsmerkmale eines Myokardinfarktes. Es
                                                                                                 2c1. Der Fahrer schaut wieder auf die Straße
wird herausgeleitet, dass Kopfposition (Fall nach vorne, nach
                                                                                                 2c2. Der Fahrer bestätigt seine Fahrtüchtigkeit
unten sehend, nach hinten lehnend, nach hinten gebogen,                     Tabelle 4 Textueller Use Case – Warnung [Eigene Darstellung]
Blickrichtung), Augen (Zeit offener Augen, Zeit
geschlossener Augen, Pupillenerweiterung), Mimik                                       TABELLE V.             USE CASE – MILDER EINGRIFF
(Augenbrauen Position, Mundwinkel), Körperhaltung (nach                      Textuelle           Milder Eingriff
vorne lehnend, nach hinten lehnend, seitlich lehnend,                        Beschreibung
Position Hände) und Fahrverhalten (Lenkverhalten,                            von Use Case
Pedalbedienung, Hände am Lenkrad, Einhaltung der                             Vorbedingung        Eingabeanforderung aus Warnung nicht erfolgt, alle
                                                                                                 ADAS Einheiten aktiv, Fahrzeug fahrtüchtig
Fahrspur) zu identifizierende Eingabedaten für die Detektion
                                                                             Nachbedingung       - Übergang in „Harter Eingriff“
des plötzlichen Unvermögens sind. Erweiterbar sind die                       im Erfolgsfall      - Fahrer bestätigt seine Teilnahme
Eingabedaten         bei      Überwindung         technischer                Nachbedingung       - Fahrer bestätigt seine Teilnahme
Herausforderungen auf Körpertemperatur, Puls und Sprache.                    im Misserfolg
Kompromisse wurden jedoch in der Umsetzung des                               Akteure             Fahrer, ADAS, DSM
                                                                             Auslösendes         - Fehlende Fahrbeteiligung vom Fahrer
Prototyps vorgenommen und zur Erhöhung der Stabilität der                    Ereignis            - Fehlende Bestätigung zur Fahrtüchtigkeit vom
Erfassung (fehlerfreie Erfassung eines Unvermögens) die                                          Fahrer
Qualität (Menge an zu identifizierenden Daten) reduziert.                                        - Erfassung des plötzlichen Unvermögens
Somit entschieden sich die Autoren die Kopfposition, Augen                                       (Systemgrenze Myokardinfarkt)
und Mimik in der Umsetzung nicht zu berücksichtigen, was                     Ablauf              1. Passagieranschnallgurte werden gestrafft und
                                                                                                 Alarmsignal wird lauter und Rote Alarmfarbe und
nicht die Bedeutsamkeit dieser Daten ausschließt. Durch die                                      Benachrichtigung (Notfall Stopp wird eingeleitet)
Limitierung der zur Verfügung stehenden Hardware (wie in                                         2. Fahrzeug kann nicht mehr beschleunigen
B. Versuchsaufbau/Prototyp ersichtlich) verzichten die                                           3. Fahrzeug tätigt zwei Bremsstöße
Autoren auf Eingabedaten der Kategorie Fahrverhalten.                                            4. „Harter Eingriff“ wird eingeleitet
                                                                             Alternativen        1a1. Der Fahrer schaut wieder auf die Straße
C. Beschreibung theoretisch realitätsnaher Use-Cases                                             1a2. Der Fahrer richtet seinen Körper auf die
                                                                                                 gewohnte fahr Position
   Durch die Überlegungen der Autoren wurden mit den                                             1a3 Der Fahrer legt die Hände ans Lenkrad und
gesammelten Informationen die drei nennenswerten Use                                             steuert das Fahrzeug
                                                                                                 1a4. Der Fahrer bestätigt seine Fahrtüchtigkeit
Cases innerhalb des Use Case „Plötzliches Unvermögen“
herausgearbeitet, um eine detailliertere Übersicht zum DSM                                       (Für 2, 3 und 4 wiederholen)
System im Fall eines Plötzlichen Unvermögens zu                             Tabelle 5 Textueller Use Case – Milder Eingriff [Eigene Darstellung]
beschreiben.
                                                                                       TABELLE VI.            USE CASE – HARTER EINGRIFF
            TABELLE IV.           USE CASE - WARNUNG
                                                                             Textuelle           Harter Eingriff
 Textuelle        Warnung                                                    Beschreibung
 Beschreibung                                                                von Use Case
 von Use Case                                                                Vorbedingung        Eingabeanforderung aus Warnung und Milder
 Vorbedingung     Funktionsfähigkeit aller ADAS Einheiten, Fahrzeug                              Eingriff nicht erfolgt, alle ADAS Einheiten aktiv,
                  fahrtüchtig, Fahrer fahrfähig                                                  Fahrzeug fahrtüchtig, Myokardinfarkt detektiert
 Nachbedingung    - Übergang in „Milder Eingriff“                            Nachbedingung       - Fahrzeug Startbereit
 im Erfolgsfall   - Fahrer bestätigt seine Teilnahme                         im Erfolgsfall
 Nachbedingung    - Fahrer bestätigt seine Teilnahme                         Nachbedingung       - Fahrzeug Startbereit
 im Misserfolg                                                               im Misserfolg
 Akteure          Fahrer, ADAS, DSM                                          Akteure             Fahrer, ADAS, DSM
 Auslösendes      - Fahrer hat die Hände nicht am Lenkrad                    Auslösendes         - Fehlende Fahrbeteiligung vom Fahrer
 Ereignis         - Fahrer dreht den Kopf weg von der Straße                 Ereignis            - Fehlende Bestätigung zur Fahrtüchtigkeit vom
                  - Fahrer hat geschlossene Augen                                                Fahrer
                  - Kopf vom Fahrer verweilt in einer ungeeigneten           Ablauf              1. Warnblinklicht und Hupe und Auffahrt- und
                  Position                                                                       Kollisionsassistent aktiv bis zum Stillstand

                                                                      108
2. Spur halten                                           Sicherheitsmaßnahmen. Parallel zur Benachrichtigung über
                    3. Spurwechsel Richtung Fahrbahnrand                     die mangelnde Aufmerksamkeit werden die notwendigen
                    4. Am Fahrbahnrand halten
                                                                             ADAS Systeme (Abstandstempomat, Spurhalteassistent,
 Alternativen       2a1. Gefahrensituation zwingt zum sofortigen             Kollisionsnotfallassistent) aktiviert, um Gefahren während
                    Nothalt                                                  der Ablenkung zu vermeiden. Reagiert der Fahrer nicht,
                                                                             festgestellt durch Daten vom DSM oder fehlender
                    3a1. Gefahrensituation zwingt zum sofortigen
                    Nothalt                                                  Knopfdruckbestätigung und fehlender korrekter Führung des
                                                                             Fahrzeugs und Ablauf der Abfragezeit wird in die 2.
                                                                             Eskalationsstufe übergegangen und der Use Case „Milder
                    3b1. Spurwechsel nicht möglich                           Eingriff“ gestartet.
                    3b2. Auf freie Spur warten
                    3b3. Keine Möglichkeit zum Spurwechsel
                    3b4. Auf der Spur halten                                     In der 2. Eskalationsstufe werden Benachrichtigungstöne
                                                                             und visuelle Nachrichten auf dem Tacho deutlicher (Lauterer
                    3c1. Spurwechsel nicht möglich                           Ton, aufblinkende Anzeige). Angelegte Passagiergurte
                    3c2. Auf freie Spur warten
                    3c3. Weiter mit 3.                                       werden gestrafft, um die Passagiere bei einer möglichen
                                                                             Kollision zu schützen und den Fahrer, wenn möglich, zu
                    4a1. Gefahrensituation zwingt zum sofortigen             warnen. Anschließend führt das Fahrzeug Bremsstöße durch,
                    Nothalt                                                  um den Fahrer gegebenenfalls wach zu rütteln und andere
Tabelle 6 Textueller Use Case – Harter Eingriff [Eigene Darstellung]
                                                                             Verkehrsteilnehmer über eine ungewöhnliche Situation zu
                                                                             informieren. Reagiert der Fahrer nicht, festgestellt durch
D. Beschreibung theoretisch realitätsnaher                                   Daten vom DSM oder fehlender Knopfdruckbestätigung und
   Eskalationsstufen                                                         fehlender Eingriff und korrekter Führung des Fahrzeugs geht
                                                                             das Fahrzeug in die 3. Eskalationsstufe über und der Use Case
                                                                             „Harter Eingriff“ tritt ein und der Myokardinfarkt des Fahrers
                                                                             bestätigt. Des Weiteren beschleunigt das Fahrzeug in dieser
                                                                             Stufe nicht weiter.

                                                                                 In der 3. Eskalationsstufe alarmiert das betroffene
                                                                             Fahrzeug andere Verkehrsteilnehmer durch Hupen und
                                                                             Warnlichtsignale, die bis zum Stillstand fortgeführt werden.
                                                                             Der Stillstand auf der aktuell befahrenen Spur oder am
                                                                             Fahrbahnrand ist abhängig von der Straßenbeschaffenheit.
                                                                             Spurhalte-,      Spurwechsel-,       Notfallbrems-      und
                                                                             Kollisionswarnsysteme werden verwendet, um das führerlose
                                                                             Fahrzeug so zu navigieren, dass Kollisionen mit anderem
                                                                             Verkehrsteilnehmer und der Umgebung vermieden werden.
                                                                             Neben der Geschwindigkeitsverringerung bis zu Stillstand,
                                                                             werden die Systeme das Fahrzeug an den Fahrbahnrand
                                                                             navigieren. Erfolgte der Halt bis zum Stillstand wird die 4.
                                                                             Eskalationsstufe eingeleitet. Andere Verkehrsteilnehmer
                                                                             werden durch die Warnblinklichtanlage und durch akustische
                                                                             und visuelle Benachrichtigungen aufmerksam gemacht und
                                                                             informiert, dass der Fahrer an einem Myokardinfarkt leidet.
Abb. 6. Funktionen in den Eskalationsstufen [Eigene Darstellung]             Das Fahrzeug wird ebenfalls entriegelt. Es folgt ein Notruf
                                                                             bei der vom Fahrzeughersteller hinterlegten Stelle. Der
Das DSM darf nicht deaktivierbar sein und muss mit Beginn                    Beantwortende aus der Notrufstelle wird die Lage
der Fahrzeugbedienung aktiv sein. Ungeachtet des                             analysieren und die notwendigen Notfallkräfte verständigen.
Myokardinfarktes wird das DSM jede Eingabedate auf
Einschränkung der Fahrsicherheit auswerten. Wird eine                        E. Beschreibung der prototypischen Use-Cases
Einschränkung erfasst, greift der Use Case „Warnung“ mit                        Mit dem Kompromiss die Stabilität der Erfassung zu
der ersten Eskalationsstufe. Parallel zur „Warnung“ wird das                 erhöhen, durch Reduzierung der Qualität (Rauswurf der
DSM weiterhin Daten auswerten und diese kategorisieren.                      Eingabedaten Augen, Mimik, Kopfhaltung) und der
Werden alle auf einen Myokardinfarkt hinweisende Daten                       hardwareseitigen Einschränkung des Prototyps (Rauswurf
erfasst und Daten ausgeschlossen, die auf andere                             der Eingabedate Fahrverhalten) haben die Autoren Use-
medizinische Ursachen deuten, dann wird diese Information                    Cases für den realisierten Prototyp entworfen (siehe A).
bei der Verständigung des Rettungsdienstes verwendet.

   Im Use Case „Warnung“ wird der Fahrer darüber
benachrichtigt, dass seine Aufmerksamkeit nicht mehr auf
den Straßenverkehr und der Fahrzeugführung ausgelegt ist
und dieser sich diesen wieder widmen soll. Das DSM ist im
Prozess die Herkunft der Ablenkung zu identifizieren. Für
den Eintritt ist die Herkunft nicht entscheidend, sondern die

                                                                       109
TABELLE VII.            USE CASE - WARNUNG
 Textuelle           Warnung
 Beschreibung
 von Use Case
 Vorbedingung        Abstands-, Spurhalte- und Bremssystem bereit,
                     Fahrzeug fahrtüchtig, Fahrer fahrfähig,
                     Geschwindigkeit > 0 MPH
 Nachbedingung       - Übergang in „Milder Eingriff“
 im Erfolgsfall      - Fahrer bestätigt seine Teilnahme
 Nachbedingung       - Fahrer bestätigt seine Teilnahme
 im Misserfolg
 Akteure             Fahrer, Abstandsassistent, Spurhalteassistent,
                     Bremsassistent, DSM, Fahrzeug
 Auslösendes         - Körper vom Fahrer verweilt in einer ungeeigneten
 Ereignis            Position
 Ablauf              1. DSM beobachtet Fahrer Haltung (Körperhaltung)              Abb. 7. Erfassung des Fahrers in einer fahrzeugführenden Haltung durch
                     2. Fahrer nimmt ungewöhnliche Haltung an (Körper                   den Prototyp [Eigene Darstellung]
                     betritt Warnbereich)
                     3. DSM erfasst Körper des Fahrers im Warnbereich
                     4. Fahrzeug alarmiert (Attention, please!), Spur- und
                                                                                       Betritt der grüne Block einen anderen Block vollständig
                     Abstandsassistent aktiviert                                   (in diesem Beispiel den roten), reagiert der Prototyp darauf.
                     5. Fahrer Reaktion erwartet (Wiedereintritt des
                     Körpers in den normalen Fahrhaltung-Bereich)
                     6. DSM wartet 5 Frames per Second nach Start
                     „Warnung“ Übergang in „Milder Eingriff“
 Alternativen        2b1. Der Fahrer richtet seinen Körper auf die
                     gewohnte fahr Position
                     2b2. Der Fahrer schaut wieder auf die Straße
Tabelle 7 Textueller Use Case – Warnung [Eigene Darstellung]

           TABELLE VIII.         USE CASE – HARTER EINGRIFF
 Textuelle           Harter Eingriff
 Beschreibung
 von Use Case
 Vorbedingung        Abstands-, Spurhaltesystem aktiv, Bremssystem
                     bereit, Fahrzeug fahrtüchtig, Fahrer fahrunfähig,
                     Geschwindigkeit > 0 MPH
 Nachbedingung       - Fahrzeug Startbereit                                        Abb. 8. Erfassung des Fahrers in einer nicht fahrtauglichen Haltung durch
 im Erfolgsfall                                                                         den Prototyp [Eigene Darstellung]
 Nachbedingung       - Fahrzeug Startbereit
 im Misserfolg                                                                        In diesem Zustand aktiviert der Prototyp den Alarm mit
 Akteure             Fahrer, Abstandsassistent, Spurhalteassistent,                „Attention, please!“, um den Fahrer wieder aufmerksam auf
                     Bremsassistent, DSM, Fahrzeug
                                                                                   das Fahrgeschehen zu machen und es aktiviert das Spurhalte-
 Auslösendes         - DSM wartet 3 Frames per Second nach Start
 Ereignis            „Warnung“ Übergang in „Harter Eingriff“                       und den Abstandshalteassistent. Der Fahrer hat je nach
 Ablauf              1. Fahrzeug alarmiert (Attention, Emergency!) und             Geschwindigkeit 3 bis 5 Frames per Second Zeit, um auf den
                     Warnblicklichtanlage aktiviert                                Alarm zu reagieren. Das System kann erkennen, wenn der
                     2. Bremssystem wird aktiviert bis v = 0                       Fahrer wieder eine fahrtaugliche Haltung annimmt und stellt
Tabelle 8 Textueller Use Case – Harter Eingriff [Eigene Darstellung]
                                                                                   den Alarm ein. Geschieht dies nach der festgelegten Zeit
                                                                                   nicht, geht das System in die nächste Eskalationsstufe über.
F. Beschreibung der prototypischen Eskalationsstufen
    Verglichen mit der realitätsnahen Eskalationsstufen aus                           In der Eskalationsstufe „Harter Eingriff“ wird unmittelbar
Kapitel D haben die Autoren beim Prototyp zwei Stufen                              der Alarm „Attention, Emergency!“ ausgegeben und das
gewählt. Der Fokus bestand darin eine Demonstration zur                            Bremssystem aktiviert. Das Bremssystem bleibt aktiv bis die
Machbarkeit eines „Sudden Sickness Detection“ Systems                              Geschwindigkeit v = 0 MPH beträgt und danach deaktiviert
vorzustellen. Die Einschränkung der Hardware und der                               es sich wieder. Ebenso wechselt der Alarm wieder zum
geringere Erfassungsaufwand (siehe B) machen darüber                               „Attention, please!“ Signal über. Damit endet die
hinaus weitere Eskalationsstufen funktionell unzureichend.                         Eskalationsstufe. Der Nutzer kann den Eskalationsprozess
                                                                                   jederzeit durch sein Eingreifen unterbrechen.
   In der Eskalationsstufe „Warnung“ erfasst der Prototyp                          G. Durchführung/Umsetzung des Prototyps
bei einer Geschwindigkeit v > 0 MPH den Körper des
Fahrers. In einer gewöhnlichen, Fahrzeugführenden Haltung                             Das Ziel des Prototyps ist es zu veranschaulichen welchen
des Fahrers erfolgt der Betrieb des Fahrzeugs gewöhnlich                           Mehrwert ein kamerabasiertes Assistenzsystem zur
(der Grüne Block zwischen dem roten und blauen Block).                             Detektion von plötzlichem Unvermögen leisten kann und wie
                                                                                   die grundsätzliche Funktionalität eines solchen Systems
                                                                                   aussehen könnte.

                                                                             110
H. Auswertung
                                                                                       Ziel des Prototyps ist es, zu veranschaulichen wie ein
                                                                                   Fahrerassistenzsystem zur kamerabasierten Erkennung von
                                                                                   plötzlichem Unvermögen konzipiert und gestaltet werden
                                                                                   könnte. Dieser Prototyp hat zu Erkenntnissen geführt, die für
                                                                                   die Entwicklung eins seriöseren Systems wichtig sein
                                                                                   könnten:
                                                                                        • Verwendete Hardware
                                                                                        • Harte Echtzeitanforderungen
                                                                                        • Schnittstellen zu anderen Steuergeräten

                                                                                      1) Verwendete Hardware
                                                                                       Im Falle der Autoren wurde ein Raspberry Pi verwendet
Abb. 9. Bildschirmausschnitt aus dem Raspberry Pi, der Prototyp (Driver            an den verschiedenste weitere Geräte angeschlossen wurden.
     State Monitoring) im Normalbetrieb (aktiviert). Fahrer in aufrechter
     Haltung, hohes Tempo durch Eingabe simuliert. [Eigene Darstellung]            Dementsprechend ist es nicht sinnvoll diesen Prototypen als
                                                                                   seriöses System zu betrachten. Die Definition und
                                                                                   Durchführung von Testfällen erübrigten sich der Meinung
                                                                                   der Autoren nach. Es sollte darauf geachtet werden eine
                                                                                   ausreichende Stromversorgung des Rechnerknotens da diese
                                                                                   Anwendung mehrere parallellaufende Prozesse erfordert und
                                                                                   somit die Rechenlast hoch ist.
                                                                                       Der Prototyp verwendet eine gewöhnliche Webcam zur
                                                                                   Detektion der Fahrerhaltung und ob der Fahrer sie einhält.
                                                                                   Umgesetzt wurde dies in einer gut beleuchteten Umgebung.
                                                                                   Für eine verbesserte Iteration des Prototyps kommt in
                                                                                   Betracht für eine stabile und genau Aufzeichnung von
                                                                                   Kopfposition, Augen, Mimik und Köperhaltung eine
                                                                                   Infrarotkamera zu verwenden. Diese kann im Bereich des
                                                                                   Tachos installiert werden, mit dem Risiko von
Abb. 10. Bildschirmausschnitt aus dem Raspberry Pi, der Prototyp (Driver           Lenkradstellungen verdeckt zu werden. Mit minimiertem
     State Monitoring) im Eskalationsscenario (Harter Eingriff). Fahrer            Risiko verdeckt zu werden kann die Kamera im Bereich des
     spielt ein plötzliches Unvermögen vor das erkannt wurde. Der Prototyp         Rückspiegels als Weitwinkelkamera installiert werden, mit
     simuliert den Eingriff von Fahrerassistentzsystemen und bremmst das
     Fahrzeug mit aktivierter Warnblinklichtanlage ab.
                                                                                   dem Vorteil alle Fahrzeug Passagiere zu überblicken.

    Der Prototyp besteht aus einem zentralen Rechnerknoten                             2) Harte Echtzeitanforderungen
(Raspberry Pi), Sensoren (XboX® One S Controller, Logitech                             Kritisch für dieses System ist es, die Zeitvorgaben
USB Webcam) und Aktoren (JBL®Lautsprecher). Über einen                             einzuhalten, da sonst ein negativer Nutzen (Schaden)
Kamerasensor wird mittels einem vortrainierten Machine                             entstehen könnte. Die Verarbeitung der Bilddaten ist
Learning         Algorithmus           bestimmt         welche                     Rechenintensiv. Dementsprechend kamen die Autoren mit
Position/Körperhaltung der Fahrzeugführer in einem Moment                          dem Raspberry Pi nur etwa auf ein Bild pro Sekunde. Die
hat und es wird abhängig von weiteren Faktoren (in diesem                          Verzögerungen, die dadurch entstehen sind für ein solches
Fall Geschwindigkeit des Fahrzeugs) entschieden, ob ein                            System nicht tragbar.
Eingriff erfolgen soll. Erfolgt ein Eingriff wird, abhängig von                        Eine Grundvoraussetzung damit die Daten, welche von
der Geschwindigkeit, beispielsweise Warnsignale gegeben,                           der Kamera aufgezeichnet werden, tatsächlich ausgewertet
Warnblinkanlage eingeschaltet und die Geschwindigkeit                              werden können ist ein Bilderkennungssystem auf der
gedrosselt. Es können in diesem Zuge auch weitere                                  Softwareseite. Hierzu verwendeten die Autoren TensorFlow.
Assistenzsysteme             hinzugenommen              werden                     In der Anwendung identifiziert es ausschließlich Personen
(Spurhalteassistent, Adaptiver Tempomat).                                          und ob diese sich in einem sicheren oder nicht sicheren
    Die Powerbank versorgt den Rechnerknoten mit Strom.                            Bereich aufhalten. Eine Weiterentwicklung des Prototyps
Alle weiteren Elemente erhalten den Strom dann von dem                             muss nicht nur eine Person identifizieren können sondern
Raspberry. Die USB Cam nimmt Bilder auf mit etwa 4                                 auch ihre Bewegung und Position von Schultern, Arme,
Frames/ Sekunde und überträgt diese an den Raspberry über                          Hände und Torso anhand der X und Y-Achse bestimmen. Die
eine USB-Schnittstelle. Der XboX® One S Controller nimmt                           Neigungen vom Kopf müssen ebenfalls bestimmt werden
die Eingaben des Nutzers entgegen und sendet diese über eine                       könne. Dazu kommt die Bestimmung von Augenöffnung,
USB-Schnittstelle an den Raspberry. Aus Sicht des                                  Pupillenposition und Zustand, Augenbraun und idealerweise
Rechnerknotens werden diese Signale mittels eines virtuellen                       Gesichtsfalten (bei verzerrtem Gesichtsausdruck im
CAN Buses weiterverarbeitet. Wenn man noch eine externe                            Schmerzensfall und Körpertemperaturmessung anhand der
Anzeige hinzunehmen möchte, dann werden diese Daten per                            Gesichtsverfärbung mit Infrarot Aufnahme).
HDMI versendet. Die Daten an den Lautsprecher werden
mittels AUX versendet.

                                                                             111
3) Schnittstellen zu anderen Steuergeräten                         sind neben dem Fahrer auch andere Passagiere möglich zu
   Die Autoren sind der Ansicht, dass dieser Prototyp ein            erkennen.
hohes Potenzial besitzt, nicht zuletzt, weil die Ansteuerung         B. Sensorkombinatorik und Ursachebestimmung
und Kommunikation zu anderen Steuergeräten implizit ist. Es
kann schnell und einfach mit anderen Steuergeräten                       Weiterführende Überlegungen sind die Detektion anderer
                                                                     Attribute wie bspw. der Puls, durch weitere Sensoren. Mit der
kommuniziert, um die Systemgrenzen zu erweitern und das
                                                                     Implementation von Apple CarPlay und Android Auto ist die
System zu verbessern. Dazu gehört ein mit Sensoren
                                                                     Zuhilfenahme von Smartwaches denkbar, um ohne Eingreifen
versehenes Lenkrad damit das Lenkverhalten ausgewertet               in den Fahrkomfort den Puls des Fahrers zu ermitteln. Des
werden kann und Hände am Lenkrad detektiert werden                   Weiteren ist im Eskalationsfall bei der Aktivierung des
können. Zuletzt fehlt dem Prototyp die ADAS                          automatischen Notrufs die Verwendung der Kameraaufnahme
Funktionalitäten, die verwendet werden, damit im                     denkbar. Somit kann ein Fachexperte erste Annahme treffen
Eintrittsfall das Fahrzeug autonom und unfallfrei am                 und diese dem Notfallpersonal mitteilen. Die Autoren haben
Fahrbahnrand angehalten werden kann und Hilfe für den                auch die Möglichkeiten der Identifizierung von Arten von
Fahrer sichergestellt wird (Am Fahrbahnrand zum Stopp                plötzlichen Unvermögen aufgezeigt und welche zu
kommen und Fahrzeugtüren entriegeln).                                erfassenden Daten diesen zugewiesen werden können. Bei
                                                                     weiterer Nachforschung können diese theoretischen Ansätze
    Zusammenfassend      erfüllte   der    Prototyp   die            gegebenenfalls realisiert werden können.
Erwartungshaltung und Ziele der Autoren, im Hinblick auf
die prototypischen Use-Cases. In Gegenüberstellung zu den            C. Maßnahmereaktionen des Fahrzeugs
realitätsnahen Use Cases sind die Schwächen ersichtlich.                 Beim Thema der zu umsetzenden Maßnahmen ist das
Begründet ist dies, durch die Einfachheit der verwendeten            DMS System beim Eintreten von plötzlichen Unvermögen des
Hardware. Die gesammelten Erkenntnisse, die durch die                Fahrers      limitiert.   Für    eine     möglichst     hohe
Auswertung und Gegenüberstellung entstanden sind, werden             Gefahrenreduzierung sollte das betroffene Fahrzeug
im nächsten Kapitel vorgestellt.                                     selbstständig den Verkehr verlassen können, ohne selbst zu
                                                                     einer Gefahr oder Hindernis im Straßenverkehr zu werden
        VII. OFFENE FRAGESTELLUNGEN/AUSBLICK                         (Auf dem eigenen Fahrstreifen anhalten, am Fahrbahnrand
    Die Folgen eines plötzlichen Unvermögens während der             anhalten, an einer Autobahnraststätte oder sicheren
freien Fahrt führen zu weitreichenden Gefahren des                   Parkmöglichkeit anhalten). Gleichzeitig lässt sich die Frage
betroffenen Fahrers und anderer Verkehrsteilnehmer. Diese            identifizieren, wie andere Verkehrsteilnehmer informiert und
Gefahren gilt es im Interesse aller zu vermeiden. Die Euro-          motiviert werden können dem temporär autonomen Fahrzeug
NCAP ist mit der Roadmap für 2025 ein weiterer Motivator             und den betroffenen Fahrer zu unterstützen. Aktuelle Use-
für die Realisierung eines funktionsfähigen und                      Cases beschreiben Lenk- und Bremsmanöver, die eine
serienmäßigen “Driver State Monitoring”-Systems mit                  ungewöhnliche Situation für andere Verkehrsteilnehmer
gefahrenreduzierenden Maßnahmen. Durch Erkennen                      schaubar machen können [17]. Besondere Signale durch die
plötzlichen Unvermögens und infolgedessen die Ausführung             Warnblinklichtanlage seien auch Möglichkeiten, um andere
schadensminimierender Aktionen können diese Gefahren                 Verkehrsteilnehmer zu informieren [11]. Diskutierbar ist die
verhindert werden. Die Umsetzung benötigt die aktuellsten            Verwendung des Infotainmentsystem mit visuellen und
“Advanced Driver Assistance Systems” in Kombination mit              auditiven Nachrichten im Fahrzeug. Personen, die dem
dem DSM, das selbst noch in der Entwicklung ist. Die                 Fahrzeug nahe kommen könnten vom Fahrzeug informiert
Erkennung von plötzlichen Unvermögen und die                         werden, dass der Fahrer Erste Hilfe benötigt und welchem
darauffolgenden Aktionen stehen Herausforderungen                    Unvermögen dieser erliegt.
gegenüber, die nachfolgend von den Autoren diskutiert                D. Zulassung/Rechtliches
werden. Die Herausforderungen lassen sich in drei Themen
unterteilen.                                                             Zusammenhängend mit dem Fahrzeug, welches als
                                                                     Maßnahme den Verkehr verlassen muss, sind rechtliche
A. Visuelle erkennung                                                Themen. Nicht auszuschließen ist die Frage der Haftung,
    Die zuverlässige Erkennung von plötzlichen Unvermögen            wenn ein Fahrzeug, dass ohne vom Fahrer geführt wird,
mit dem kamerabasierten System besaßen am vorgestellten              selbstständig am Verkehr teilnimmt. Da auch die Gesundheit
Prototypen Verbesserungspotenziale. Durch die Bewertung              des Fahrers eine entscheidende Rolle spielt und die
des vorgestellten Prototyps haben die Autoren offene Fragen          Identifikation   des   plötzlichen      Unvermögens      ein
identifiziert, deren Nachforschung zu einem zielerfüllenden          medizinisches Themengebiet ist stellt sich die Frage, ob das
und stabilen DSM System führen kann.                                 System als Medizingerät zugelassen werden muss. Hinzu
                                                                     würden weitere Anforderungen aus dem Medizinischen
    Zu einem empfiehlt sich die Verwendung einer                     Bereich kommen.
Infrarotkamera, die theoretisch durch geringere Abhängigkeit
von Beleuchtung sich als effizienter bei der Erfassung von               Als Sonderausstattung oder Serienausstattung sind DSM
Körper und Gesicht herausstellt. Dies ist wichtig bei einer          Systeme bereits in aktuellen Fahrzeugen im Angebot.
Umgebung, wie der Innenraum eines Fahrzeugs. Neben der               Innerhalb ihrer unterschiedlichen Systemgrenzen und
Hardware bedarf es auch ein eingelerntes Erkennungssystem,           Anwendungsfällen funktionieren sie verschieden und erfüllen
welches (wie in Kapitel VI H) die vielen beschriebenen Daten         teils nicht die Euro-NCAP Anforderungen für 2025. Wird eine
zur Körperhaltung und Zustände am Gesicht erfassen kann.             Synergie der bisher existierenden Lösungsansätze geschaffen,
                                                                     die von den Autoren vorgestellt wurden und die offenen
   Ebenfalls Thema ist die Platzierung der Kamera. Bei einer         Fragestellungen erforscht kann von einer Erfüllung der Euro-
Montage nahe des Kombiinstruments ist es möglich, dass die           NCAP Roadmap ausgegangen werden.
Kamera vom Lenkrad verdeckt sein kann. Ist die Platzierung
am Rückspiegel vorteilhafter? Durch eine Weitwinkel Linse

                                                               112
VIII. REFERENCES
                                                                                    [11] F. Schwarz, R. Decke, Kooperatives Verhalten bei Nothalt-Manövern:
[1]  EURO NCAP. (2017, September). Euroncap-roadmap-2025-v4.
                                                                                         Verhaltenswirksamkeit und Verständlichkeit von Anzeigekonzepten
     (Vierte            Auflage)            [Online].            Available:
                                                                                         und Fahrmanövern, BMW Group Forschung und Technik, München,
     https://cdn.euroncap.com/media/30700/euroncap-roadmap-2025-
                                                                                         in: VDI-Berichte, S. 327–336, 2011.
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[2] Klein, H., Krämer, A., Pieske, B. et al. (2010). Fahreignung bei                [12] (2014, Oktober 8. und 9.). Datenschutz im Kraftfahrzeug –
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