PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE - Über medizinonline.ch
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Ausgabe 1 · Februar 2021 · www.medizinonline.ch PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE Ärztliches Magazin für interdisziplinäre Fortbildung CME-FORTBILDUNG Subsegmentale Lungenembolien Therapiebedürftig oder klinisch irrelevant? Thoraxchirurgische Operationen Vermeidung und Behandlung von respiratorischen und kardialen Störungen Medizin Mittelschweres Asthma Was den Arzt bei der Therapie entscheidung bewegt Zystische Fibrose Im Schweisse der CF Reflux Auch für den Pneumologen von Interesse Morbus Parkinson Was tun bei respiratorischen Störungen? Alpha-1-Antitrypsinmangel Es muss nicht immer Obstruktion sein COPD-Therapie Je weniger eosinophil der COPDler, desto unnötiger das ICS Praxismanagement Burnout und Depression Auswirkungen der Pandemie verschärfen psychische Belastung der Ärzte COVID-19 Schutz vor Ansteckung in der Arztpraxis
gemeinsam + kompetent ensemble + compétent insieme + con competenza Was ist der Wert von Palliative Care? Quelle est la valeur des soins palliatifs? Qual è il valore delle cure palliative? 24.-25.11.2021 Kongresshaus Biel Palais des Congrès de Bienne Nationaler Palliative Care Kongress Congrès National des Soins Palliatifs Congresso Nazionale delle Cure Palliative www.palliative-kongresse.ch 24.11.2021 Anmeldung, Hotelbuchung und detaillierte Informationen Schwerpunktthema: Palliative Care Inscription, réservation d‘hôtel et informations détaillées und Lebensqualität – Für Alle? www.palliative-kongresse.ch/2021 Thème principal: Soins palliatifs et Abstracts – tragen Sie inhaltlich zum Kongress bei qualité de vie – pour tous ? Abstracts – contribuez au contenu du congrès Informationen und Einreichung/Informations et soumission: www.palliative-kongresse.ch/2021/abstracts 25.11.2021 Einsendeschluss: 25. Mai 2021 / Date limite pour la soumission: 25 mai 2021 Schwerpunktthema: Palliative Care und Lebensqualität – Wie Umsetzen? Administrative Organisation/Organisation administrative Thème principal: Soins palliatifs et Medworld AG, 6312 Steinhausen, qualité de vie – comment mettre en œuvre ? T: 041 748 23 00, E-Mail: registration@medworld.ch
InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2021; Vol. 3, Nr. 1 EDITORIAL Korrelationen Über den Tellerrand schauen ■ Als Vertreter einer anderen Fachrichtung ist man Über diese und weitere Themen – ja, natürlich mit einem Urteil schnell bei der Hand: Der gemeine auch Asthma und COPD – können Sie sich in dieser Durchschnitts-Pneumologe hat es mit Asthma und Ausgabe informieren. Zudem haben Sie wie immer die COPD zu tun. Oder umgekehrt. Oder mit beidem Möglichkeit, Fortbildungspunkte zu sammeln: gleichzeitig. Irgendwas mit Lunge halt, ist doch immer In unseren CME-Artikeln schreiben Dr. Matthias dasselbe. Dass es natürlich alles andere als derart Hansen und Prof. Dr. Christian Wunder aus Stutt- monoton zugeht und man stets weit über den Teller- gart über thoraxchirurgische Operationen und deren rand hinausschauen sollte, können sich auf Pulmolo- postoperative Komplikationen, die neben respiratori- gie Spezialisierte wie Aussenstehende gleichermassen schen auch Herz-Kreislauf-Probleme mit sich ziehen schnell vor Augen führen, wenn sie einen Blick in die können. Und über die Bedeutung von subsegmenta- aktuelle Ausgabe der InFo Pneumologie & Allergolo- len Lungenembolien können Sie in dem Beitrag von gie werfen: Beispielsweise kann eine gastroösophage- Dr. Christine Baumgartner und Prof. Dr. Aujesky aus ale Refluxkrankheit (GERD) auch für den Pneumo- Bern lesen. Herausforderungen bei der Diagnose und logen von grossem Interesse sein, da sich Speiseröhre das Pro und Contra einer Antikoagulationstherapie und Luftröhre in Höhe des Larynx kreuzen. stehen hier im Mittelpunkt. Der Morbus Parkinson ist ebenfalls eine Erkran- Die Redaktion der InFo P neumologie & kung, die man nicht automatisch mit dem Bedarf nach Allergologie wünscht Ihnen viel Vergnügen beim pulmologischer Expertise in Verbindung bringt. Und Lesen. doch können Atemwegssymptome bei diesen Patien ten direkt mit den neurologischen Dysfunktionen Bleiben Sie gesund! korrelieren. Eine Aspirationspneumonie z.B. stellt eine dramatische Komplikation dar, weswegen ein angemessenes Management für die Prävention von besonderer Bedeutung ist. Lungenfachärzte sollten sich immer bewusst sein, dass Atemprobleme bei Par- kinson-Patienten eine direkte Folge des Fortschreitens der Erkrankung sein können. Und nach einer hämatopoetischen Stammzell- transplantation (HSZT) treten bei bis zu einem Drittel der Patienten Lungenkomplikationen wie das idiopa- thische Pneumonie-Syndrom (IPS), eine kryptogene organisierende Lungenentzündung (COP) oder ein Peri-Engraftment-Atemnotsyndrom (PERDS) auf. Es lohnt also für Pneumologen, sich mit den Risiken von nicht-infektiösen Lungenerkrankungen in dieser Patientengruppe vertraut zu machen. Jens Dehn, Redaktion Die Fortbildungsthemen in dieser Ausgabe: Subsegmentale Lungenembolien.......................................................................................... Seite 4 Thoraxchirurgische Operationen............................................................................................ Seite 9 CME-Fortbildungsfragen.......................................................................................................... Seite 14 Credits auf medizinonline.ch Einloggen, Fragen beantworten und direkt CME-Zertifkat downloaden. 1
INHALTSVERZEICHNIS medizinonline.ch PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE Ärztliches Magazin für interdisziplinäre Fortbildung EDITORIAL MEDIZIN 1 Korrelationen 18 COPD-Therapie Über den Tellerrand schauen Je weniger eosinophil der COPDler, Jens Dehn, Redaktion desto unnötiger das ICS 22 Nicht-infektiöse Komplikationen nach HSZT Lunge stark gefährdet! CME-FORTBILDUNG 25 Mittelschweres Asthma 4 Subsegmentale Lungenembolien Was den Arzt bei der Therapieentscheidung Therapiebedürftig oder klinisch irrelevant? bewegt PD Dr. med. Christine Baumgartner, MAS; Prof. Dr. med. Drahomir Aujesky, M.Sc., Bern 26 GINA-Leitlinie 2020 Neue Waffe auf Stufe 5 9 Thoraxchirurgische Operationen Vermeidung und Behandlung von 28 Morbus Parkinson respiratorischen und kardialen Störungen Was tun bei respiratorischen Störungen? Dr. med. Matthias Hansen, Prof. Dr. med. Christian Wunder, Stuttgart (D) 30 Alpha-1-Antitrypsinmangel Es muss nicht immer Obstruktion sein 14 CME-Fortbildungsfragen 33 eflux R 15 Credits auf medizinonline.ch Auch für den Pneumologen von Interesse Anleitung zur Online-Fortbildung 36 Zystische Fibrose Im Schweisse der CF 38 Nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom PRAXISMANAGEMENT Aktuelles Therapiemanagement des NSCLC im Fokus 17 Burnout und Depression Auswirkungen der Pandemie verschärfen 39 Lungenembolie psychische Belastung der Ärzte Hämodynamisch Instabile schon bei Verdacht antikoagulieren 34 COVID-19 Schutz vor Ansteckung in der Arztpraxis WEITERE RUBRIKEN 13 Impressum 16, 32 News 40 Titelbild: Robert-Bosch-Krankenhaus 2
© KKL Luzern GEGENSÄTZE Irrtum Wahrheit 24.– 25. Juni 2021 – KKL Luzern 23. Fortbildungstagung des Kollegiums für Hausarztmedizin (KHM) Programm Keynote Lectures – 27 Seminare Irrtum und Wahrheit in der Orthopädie – 18 Module: Geriatrie, Gynäkologie, Psychiatrie, Mazda Farshad, Zürich Pädiatrie, Strahlenschutz Irrtum und Wahrheit im Wandel – 1 Standespolitisches Roundtable Ludwig Heuss, Zollikerberg – 1 Award Symposium Irrtum und Wahrheit in der Ernährung – 12 Satelliten-Symposien Reinhard Imoberdorf, Winterthur Irrtum und Wahrheit in der Kardiologie Credits Franz Eberli, Zürich SAPPM / SFGG / SGSM / SGP / SGAIM 13 Information und Registrierung www.khm-kongress.ch
CME-FORTBILDUNG medizinonline.ch Subsegmentale Lungenembolien Therapiebedürftig oder klinisch irrelevant? Christine Baumgartner, Drahomir Aujesky, Bern Lungenembolie | Lungenzirkulation | Antikoagulation ■ Lungenembolien (LE) werden zusammen mit tie- tektor-CTA ermöglicht die bessere Visualisierung von fen Venenthrombosen als venöse Thromboembolien kleinen Lungengefässen wie z.B. den subsegmentalen zusammengefasst. Während die Diagnose vor 50 Lungenarterien, was die Sensitivität für die Diagnose Jahren aufgrund der eingeschränkten diagnostischen von LE erhöht. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit Möglichkeiten meist erst post mortem oder bei ein- der CT-Geräte und der starken Zunahme der Multi- deutigen klinischen Befunden wie Dyspnoe, Thorax- detektor-CTA Untersuchungen kam es zu einem rele- schmerzen oder obstruktivem Schock gestellt wurde, vanten Anstieg der LE-Diagnosen: in den USA nahm hat sich das Krankheitsspektrum der LE in den letzten die Inzidenz der LE in den 8 Jahren nach Einführung Jahrzehnten gewandelt. Dank der raschen Verfügbar- der Multidetektor-CTA um 80% zu. Im Gegensatz keit von sensitiven diagnostischen Tests werden auch dazu nahm die Mortalität im gleichen Zeitraum um oligosymptomatische LE bei unspezifischen Beschwer- 3% leicht ab, ohne dass sich die Prävalenz der Risi- den oder asymptomatische Zufallsbefunde diagnosti- kofaktoren verändert oder die Therapie der LE rele- ziert, und nicht nur Embolien in den zentralen Antei- vant verbessert hätte. Zeitgleich kam es jedoch auch len des pulmonalen Gefässsystems können visualisiert zu einem Anstieg der Antikoagulations-assoziierten werden, sondern auch Kontrastmittelaussparungen in Komplikationen wie gastrointestinalen und intrakrani- den kleinen subsegmentalen Lungenarterien – soge- ellen Blutungen oder sekundären Thrombozytopenien nannte subsegmentale LE (Abb. 1). Die klinische Sig- um 70%. Die weitgehend stabile Mortalität bei rele- nifikanz der subsegmentalen LE wurde in den letzten vanter Zunahme der LE-Diagnosen ist hinweisend auf Jahren vermehrt hinterfragt, und demzufolge auch das eine Überdiagnose von klinisch nicht relevanten LE. gängige Paradigma infrage gestellt, dass alle LE einer Eine Erklärung dafür ist die vermehrte Diagnose von Antikoagulationstherapie bedürfen. Im Folgenden kleinen Embolien wie beispielsweise den subsegmen- erörtern wir die klinische Relevanz der subsegmenta- talen LE durch die sensitiveren diagnostischen Verfah- len LE und fassen die aktuelle Evidenz zur Therapie ren. In einem systematischen Review wurde gezeigt, zusammen. dass sich der Prozentsatz der subsegmentalen LE mit Multidetektor-CTA im Vergleich zur älteren Einzel- Überdiagnose von klinisch nicht relevanten detektor-CTA verdoppelt hat (9,4% im Vergleich Lungenembolien? zu 4,7%). Während mit den 4-Zeilen Multidetektor- Mit der Einführung der Multidetektor CT-Angio- CTA die subsegmentalen 7,1% aller LE ausmachten, grafie (CTA) Ende der 1990er-Jahre wurde die Dia- waren es mit 64-Zeilen-Multidetektor-CTA bereits gnostik der LE revolutioniert und andere diagnosti- 15%. Diese Ergebnisse untermauern die Hypothese, sche Verfahren nach und nach verdrängt. Die höhere dass der technische Fortschritt bei den bildgebenden Auflösung von Multidetektor-CTA im Vergleich zur Verfahren für die höhere Anzahl an diagnostizierten Ventilations-/Perfusionsszintigrafie oder zur Einzelde- subsegmentalen LE verantwortlich ist und zur beob- achteten Zunahme der Inzidenz von LE beigetraten hat. Es ist davon auszugehen, dass die subsegmentalen PD Dr. med. LE mit der immer besseren Auflösung der neuen CT- Christine Baumgartner, MAS Geräte noch häufiger werden. Leitende Ärztin Universitätsklinik für Herausforderungen bei der Diagnose von Allg. Innere Medizin Inselspital, Universitätsspital Bern subsegmentalen Lungenembolien Freiburgstrasse, 3010 Bern Die korrekte Diagnose einer subsegmentalen LE ist christine.baumgartner@insel.ch schwierig und die Unterscheidung zwischen einer echten subsegmentalen LE und einem Artefakt nicht immer eindeutig. Dies wurde anhand einer Studie Prof. Dr. med. illustriert, welche die Übereinstimmung zwischen Drahomir Aujesky, M.Sc. Radiologen bei der Diagnosestellung von LE in Klinikdirektor und Chefarzt Abhängigkeit von deren Lokalisation untersucht hat. Universitätsklinik für Im Gegensatz zur hohen Übereinstimmung zwischen Allg. Innere Medizin Radiologen bei der Diagnosestellung einer proximalen Inselspital, Universitätsspital Bern LE (kappa=0,83) war sie bei den subsegmentalen LE drahomir.aujesky@insel.ch schlecht (kappa=0,23). In einer anderen Studie wur- 4
InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2021; Vol. 3, Nr. 1 CME-FORTBILDUNG A B Abbildungen: Prof. Dr. med. Lukas Ebner * Abb. 1: Befund einer subsegmentalen Lungenembolie in der CT-Angiografie. A) Kontrastmittelaussparung in einer subsegmentalen Lungenarterie im rechten Unterlappen im Sinne einer subsegmentalen Lungenembolie (Pfeil) und Infarkt (Pfeilspitze) auf axialer Schicht; B) umflossener, akuter subsegmentaler Thrombus (Pfeil) auf coronarer Schicht. den die mittels CTA diagnostizierten subsegmentalen einer CTA gilt, werden weniger subsegmentale LE LE mit einem Referenzstandard aus mehreren Unter- diagnostiziert als mit einem Algorithmus basierend suchungsmodalitäten verglichen: der positive prädik- auf dem üblichen D-Dimer Cut-off von 500 µg/l. Die tive Wert der CTA zur Diagnose einer Embolie in Anwendung von altersadaptierten D-Dimer-Grenz- den subsegmentalen Lungenarterien betrug lediglich werten führt ebenso zur Reduktion der Diagnose von 25%. Rund 10–15% der diagnostizierten subsegmen- subsegmentalen LE. talen LE werden bei einer Zweitbeurteilung als falsch positiv interpretiert. Während eine kürzlich publizierte Die Lungenzirkulation als physiologischer Filter? Studie gar eine falsch-positive Rate von über 50% Einzelne Experten haben die Hypothese geäussert, gezeigt hat, wurden bei 8% der vermeindlich negati- dass die Lungenzirkulation als physiologischer Filter ven CTA-Befunden eine subsegmentale LE verpasst die Aufgabe hat zu verhindern, dass kleine Gerinnsel (falsch-negative Befunde). Diese Erkenntnisse unter- in den arteriellen Kreislauf gelangen. Gemäss dieser streichen die Wichtigkeit einer guten Bildqualität zur Hypothese könnten kleine LE wie diejenigen in den korrekten Interpretation der CTA-Befunde, denn subsegmentalen Lungenarterien als Resultat dieser suboptimale Kontrastierung, Atemartefakte, Adipo- physiologischen Filterfunktion auch bei Gesunden sitas oder Schleimpfropfen können die Bildqualität auftreten. In einer Studie mit gesunden Probanden negativ beeinflussen und somit zu falschen Befunden hatten 16% Perfusionsdefekte in der Lungenszinti- und Überdiagnosen von subsegmentalen LE führen. grafie. Ältere angiographische Beobachtungen zum Eine falsch-positive LE-Diagnose hat nicht nur eine natürlichen Verlauf von LE zeigen, dass auch grössere unnötige, oft lebenslange, Antikoagulationstherapie Embolien spontan durch körpereigene fibrinolytische mit den bekannten Nebenwirkungen zur Folge, son- Prozesse innerhalb von Wochen resorbiert werden dern kann auch andere negative Auswirkungen haben können. wie emotionaler Stress oder unnötige Folgeuntersu- chungen. Antikoagulationstherapie: Nutzen und Risiken Es gibt Hinweise darauf, dass die Sensitivität der Basierend auf den Hinweisen auf eine Überdiagnose D-Dimere bei subsegmentalen im Vergleich zu den von LE, dem Risiko von falsch positiven Befunden proximaler gelegenen LE tiefer ist. In einer diagnosti- und der unsicheren klinischen Relevanz von subseg- schen Studie waren bei Patienten mit tiefer klinischer mentalen LE ist es unklar, ob alle – auch die subseg- Vortestwahrscheinlichkeit und D-Dimeren
CME-FORTBILDUNG medizinonline.ch TAKE-HOME-MESSAGES Klinischer Verlauf bei subsegmentalen LE mit und ohne Antikoagulation ― Mit der Zunahme der CT-Untersuchungen und dem technischen Fortschritt Ob sich die Prognose bei subsegmentalen oder wei- nahm die Inzidenz von subsegmentalen Lungenembolien (LE) über die Jahre ter proximal gelegenen LE unterscheidet, wird in der zu; sie machen aktuell ca. 15% aller LE aus. Literatur kontrovers diskutiert. Daten aus prospekti- ― Die klinische Signifikanz von isolierten subsegmentalen LE ist unklar. ven Studien zeigten ein ähnliches Risiko für Throm- ― Die optimale Behandlungsstrategie von isolierten subsegmentalen LE boembolierezidive, Mortalität und Blutungen bei (ohne gleichzeitige tiefe Venenthrombose) ist aufgrund der ungenügenden unselektierten antikoagulierten Patienten unabhän- Evidenzlage umstritten. gig von der anatomischen Lokalisation der LE. Auch ― Aktuelle Richtlinien schlagen bei Patienten mit subsegmentalen LE eine wenn diese Studien keine Unterschiede im klinischen Behandlungsstrategie ohne Antikoagulation vor, sofern eine gleichzeitige Verlauf bei therapierten Patienten mit subsegmenta- tiefe Beinvenenthrombose ausgeschlossen wird und ein tiefes Rezidiv- und len oder weiter proximalen LE suggerieren, liefern Komplikationsrisiko vorliegt. sie keine Antwort auf die Frage, ob sich die Prognose bei subsegmentalen LE mit oder ohne Antikoagula- tionstherapie unterscheidet. Zudem wurde in diesen chen, führen zu relevanter Morbidität mit potenziell Studien nicht systematisch nach tiefen Beinvenen- lebenslanger Behinderung. Leichtere Blutungen treten thrombosen gesucht; da undiagnostizierte tiefe Bein- in fast der Hälfte aller Patienten unter einer Antiko- venenthrombosen das Risiko für Thromboembolie- agulationstherapie auf und sind nicht nur ursächlich rezidive erhöhen können, liefern sie keine robusten für Stress und eine reduzierte Lebensqualität, sondern Daten zur Prognose bei isolierten subsegmentalen LE stellen durch vermehrte Arztvisiten, medizinische (ohne gleichzeitige Beinvenenthrombose). Interventionen, und Mehrkosten auch eine Belastung Subsegmentale LE werden in vielen Fällen durch für das Gesundheitssystems dar. gewisse diagnostische Verfahren verpasst, ohne Aufgrund der Auswirkungen der Blutungskompli- dass es (untherapiert!) zu negativen Auswirkungen kationen müssen Nutzen und Risiken einer Antiko- kommt. In einer randomisierten Studie wurden Pati- agulationstherapie stets sorgfältig abgewogen werden, enten mit Verdacht auf LE entweder mittels Multide- was besonders für Thromboembolien von unklarer tektor-CTA, Einzeldetektor-CTA oder Ventilations-/ klinischer Relevanz gilt. Am Beispiel der isolierten Perfusionsszintigrafie abgeklärt. Obwohl mittels Mul- distalen tiefen Beinvenenthrombosen konnte gezeigt tidetektor-CTA im Vergleich zu den anderen beiden werden, dass nicht alle Patienten mit kleinen venösen Modalitäten mehr LE diagnostiziert und somit auch Thromboembolien einer Antikoagulationstherapie therapiert wurden, zeigte sich bei den untherapier- bedürfen. In >90% der isolierten distalen Beinve ten Patienten kein Unterschied in den 3 Gruppen in nenthrombosen kommt es ohne Behandlung weder Bezug auf das Risiko von Thromboembolierezidiven zu einer Extension in die weiter proximal gelegenen nach 3 Monaten. Die zusätzlichen LE, welche mittels Venenabschnitte im Sinne einer proximalen Beinve Multidetektor-CTA diagnostiziert wurden, waren nenthrombose noch zu anderen Komplikationen. In somit klinisch unbedeutend. Diese Beobachtung einer randomisierten Placebo-kontrollierten Studie liefert indirekte Evidenz dafür, dass nicht alle klei- bei Tiefrisikopatienten mit symptomatischen isolier- nen, subsegmentalen LE klinisch relevant sind und ten distalen Beinvenenthrombosen war eine Anti- einer Antikoagulationstherapie bedürfen. So zieht koagulationstherapie dem Placebo nicht überlegen die American Society of Hematology in ihren 2018 zur Vermeidung von venösen Thromboembolien, sie publizierten Richtlinien in gewissen Situationen die führte jedoch zu einem signifikant erhöhten Blutungs- Durchführung einer planaren Ventilations-/Perfusi- risiko. onsszintigrafie der CTA zur Diagnostik der LE vor, Auch bei Patienten mit subsegmentalen LE wurde da letztere nicht nur mit einer erhöhten Strahlenbe- in den letzten Jahren das Nutzen-Risiko-Verhältnis lastung einhergeht, sondern auch zu mehr Diagno- einer Antikoagulationstherapie zunehmend infrage sen von subsegmentalen LE mit unklarer klinischer gestellt, da in kleinen Beobachtungsstudien bei Patien Signifikanz führt. ten mit subsegmentalen LE auch ohne Antikoagula- Verschiedene kleine, meist retrospektive Beob- tion unkomplizierte Verläufe beschrieben wurden. achtungsstudien haben bei Patienten mit subseg- Tab. 1 Klinischer Verlauf von Patienten mit subsegmentalen Lungenembolien mit und ohne Antiko agulation: Resultate einer systematischen Review mit Meta-Analyse*(basierend auf [9]) Klinische Ereignisse nach 90 Tagen Ohne Antikoagulation Mit Antikoagulation (n=126) (n=589) Rezidiv einer venösen Thromboembolie 3,9% 5,3% Mortalität 3,0% 2,1% Blutungen (nicht näher definiert) nicht bekannt 8,1% * aten aus 17 Beobachtungsstudien mit Daten zu klinischen Endpunkten bei Patienten mit subsegmentalen Lungenembolien mit oder D Antikoagulationstherapie 6
InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2021; Vol. 3, Nr. 1 CME-FORTBILDUNG mentalen LE den klinischen Verlauf mit und ohne Risikoprofil des Patienten. Die European Society Antikoagulation verglichen. Vor Kurzem wurden 14 of Cardiology (ESC) empfiehlt, die Diagnose einer dieser Studien in einer systematischen Review und subsegmentalen LE von einem erfahrenen Thorax- Meta-Analyse zusammengefasst. Bei 715 Patien- radiologen zu bestätigen. Bei ambulanten Patienten ten mit subsegmentalen LE unterschieden sich die ohne Krebserkrankung und ohne gleichzeitige Bein- Thromboembolierezidive wie auch die Mortalität mit venenthrombose wird eine Strategie mit klinischer oder ohne Antikoagulation nicht signifikant (Tab. 1). Überwachung ohne Antikoagulation empfohlen, Diese Resultate suggerieren, dass Patienten mit sub- sofern nur eine einzelne subsegmentale LE vorliegt, segmentalen LE auch ohne Antikoagulationsthera- während bei allen anderen (inkl. Patienten mit meh- pie eine ähnliche Prognose haben wie diejenigen mit reren subsegmentalen LE) eine Antikoagulation vor- einer Therapie. Die eingeschlossenen Studien wei- geschlagen wird. Für diese unterschiedlichen Behand- sen jedoch relevante methodologische Limitationen lungsempfehlungen in Abhängigkeit von der Anzahl auf (kleine Stichprobengrösse, meist retrospektives der subsegmentalen LE gibt es keine Evidenz, und Studiendesign), die eingeschlossenen Studienpopu- diese Unterscheidung wird in anderen Richtlinien und lationen waren sehr heterogen und die Kriterien für Expertenempfehlungen nicht gemacht. den Therapieentscheid meist unbekannt, weshalb die Trotz diesen Richtlinienempfehlungen werden Gruppen der Patienten mit und ohne Antikoagulation heutzutage die meisten Patienten mit isolierten sub- kaum vergleichbar sind. Daten aus randomisierten segmentalen LE antikoaguliert, und die Therapie Studien zur Sicherheit einer Therapiestrategie ohne dauer unterscheidet sich nicht von Patienten mit proxi- Antikoagulation gibt es aktuell keine. maler lokalisierten LE. Ein möglicher Grund dafür ist Das Antikoagulations-assoziierte Blutungsrisiko die limitierte Evidenz für eine Therapiestrategie ohne verdient in Anbetracht der fraglichen Relevanz der Antikoagulation – bis anhin fehlen Daten aus ausrei- subsegmentalen LE besondere Beachtung. Das Risiko chend grossen, qualitativ hochstehenden prospektiven für relevante Blutungen ist bei antikoagulierten Pati- oder randomisierten Studien. enten mit subsegmentalen LE sehr variabel und wird abhängig von Patientencharakteristika und Blutungs- Ausblick definition zwischen 1,7% und 34% angegeben. Eine laufende internationale prospektive Manage- ment-Studie untersucht eine Therapiestrategie ohne Management von Patienten mit subsegmentalen Antikoagulation bei Tiefrisikopatienten mit sub- Lungenembolien: Was sagen die Richtlinien? segmentalen LE, bei welchen mittels serieller Kom- Basierend auf der limitierten aktuell vorhandenen pressionssonografie eine proximale tiefe Beinve Evidenz haben verschiedene Fachgesellschaften und nenthrombose ausgeschlossen wurde (ClinicalTrials. Expertengruppen in den letzten Jahren Empfehlungen gov NCT01455818). In der Schweiz ist vor Kurzem zur Behandlung von Patienten mit subsegmentalen LE die SAFE-SSPE Studie angelaufen, eine randomi- publiziert. Die Richtlinien des American College of sierte nicht-inferioritäts-Studie, in welcher Tiefrisi- Chest Physicians (ACCP) schlagen bei ausgewählten kopatienten mit isolierter subsegmentaler LE (d.h. Tiefrisikopatienten mit subsegmentalen LE eine kli- ohne tiefe Beinvenenthrombose) zu einer Antiko- nische Verlaufsbeobachtung ohne Antikoagulations- agulationstherapie oder Placebo randomisiert wer- therapie vor, falls eine gleichzeitig vorhandene tiefe den (ClinicalTrials.gov NCT04263038). Die beiden Venenthrombose ausgeschlossen ist (schwache Emp- Behandlungsgruppen werden für 90 Tage klinisch fehlung mit tiefer Evidenz). Falls mittels Kompres- überwacht und in Bezug auf das Risiko für Thrombo- sionssonografie lediglich die proximalen Beinvenen embolierezidive, Blutungen, Mortalität sowie Lebens- auf das Vorhandensein einer tiefen Venenthrombose qualität und ökonomische Endpunkte verglichen. Die evaluiert werden, sind eine oder mehrere Verlaufsso- Studie wird Auskunft geben, ob bei ausgewählten nografien zum Ausschluss einer sich nach proximal Patienten mit LE unnötige Behandlungen mit Blutver- ausbreitenden Thrombose nötig. Bei Hochrisikopati- dünnern vermieden und so das Blutungsrisiko gesenkt enten (definiert als diejenigen ohne reversible Risiko- werden kann. Wenn sich eine Therapiestrategie ohne faktoren, immobile oder hospitalisierte Patienten oder Antikoagulation als sicher erweist, könnte die Studie diejenigen mit einer aktiven Krebserkrankung oder eine Abkehr vom gängigen Paradigma der Antikoagu- ungenügenden kardiopulmonalen Reserven) soll eine lationstherapie bei allen LE einleiten. Antikoagulationstherapie bevorzugt werden. Es wird Bis zum Erhalt von robusten Studienresultaten zur darauf hingewiesen, das Blutungsrisiko in die Thera- optimalen Therapie von Patienten mit subsegmenta- pieentscheidung mit einzubeziehen. Ebenso empfiehlt len LE gilt es, Überdiagnosen und Übertherapie zu das American College of Emergency Physicians eine vermeiden. Unnötige CTA Untersuchungen können individualisierte Therapiestrategie basierend auf dem vermieden werden, indem validierte diagnostische Algorithmen mit Bestimmung der klinischen Vor- testwahrscheinlichkeit und D-Dimer Tests angewen- det werden. Bei den hochsensitiven D-Dimer Tests können alters-adaptierte Cut-offs, welche sich in ran- domisierten Studien als sicher erwiesen haben, noch weiter zur Reduktion von CT-Untersuchungen bei- > Fortbildungsfragen auf Seite 14 tragen, was wiederum zur Reduktion der Prävalenz von subsegmentalen LE führt. Das gleiche gilt für 7
CME-FORTBILDUNG medizinonline.ch Abb. 2 Vorschlag zum Vorgehen bei Verdacht auf eine subsegmentale Lungenembolie Diagnose einer symptomatischen oder inzidentellen subsegmentalen Lungenembolie Beurteilung der CTA Bilder durch zweiten erfahrenen Radiologen Bestätigung der Diagnose nein ja Beurteilung des Rezidiv- und Komplikationsrisikos Bilaterale Kompressionssonografie der ungenügende kardiopulmonale Antikoagulation unteren Extremitäten zur Suche nach TVT Reserven, Hospitalisation/Krebserkrankung/ Schwangerschaft/unprovozierte venöse proximale TVT Thromboembolie in der Vorgeschichte nein ja basierend auf [5] und [11] Therapiestrategie ohne Antiko Antikoagulation agulation unter Berücksichtigung der Patientenpräferenzen (shared decision making) und Planen von klinischen Verlaufskontrollen Die Therapiestrategie bei Patienten mit subsegmentalen Lungenembolien soll stets unter Berücksichtigung des Blutungsrisikos sowie der Patientenpräferenzen festge legt werden. Zum Ausschluss einer TVT kann entweder eine einmalige beidseitige Kompressionssonografie der proximalen und distalen Beinvenen oder eine wiederholte Sonografie der proximalen Beinvenen (z.B. im Abstand von 7 Tagen) erfolgen. Der Vorteil der Kompressionssonografie der kombiniert proximalen und distalen Beinvenen besteht darin, dass eine einmalige Untersuchung ausreicht, sofern bei einer distalen TVT der Entscheid zur Antikoagulation gefällt wird. Gleichzeitig ist die mögliche Dia gnose der distalen TVT auch ein Nachteil der Modalität, da deren Signifikanz und somit Therapiebedürftigkeit unklar ist. Zur Häufigkeit der klinischen Nachkontrollen gibt es keine klaren Empfehlungen. CTA = CT-Angiografie; TVT = tiefe Venenthrombose den oben erwähnten YEARS-Algorithmus, welcher segmentalen LE zu reduzieren. Wird die subsegmen- einfacher in der Anwendung ist und somit auch die tale LE bestätigt, kann bei ausgewählten Patienten Adhärenz zum korrekten diagnostischen Vorgehen mit einem tiefen Rezidiv- und Komplikationsrisiko bei Verdacht auf LE verbessern kann. Eine weitere nach Ausschluss einer tiefen Beinvenenthrombose Möglichkeit zur Reduktion von einer Überdiagnose eine Therapiestrategie ohne Antikoagulation eva- ist die Anwendung des PERC-Algorithmus basierend luiert werden, insbesondere unter Berücksichtigung auf 8 klinischen Kriterien bei Patienten mit geringem der Patientenpräferenzen und des Blutungsrisikos klinischen Verdacht auf eine LE. Falls keines der 8 (Abb. 2). Dies bedingt die Durchführung einer Kom- Kriterien positiv ist, kann in dieser Tiefrisikopopula- pressionssonografie der Beinvenen beidseits, wobei tion auf weitere Diagnostik verzichtet werden, ohne die optimale Strategie nicht bekannt ist (einmalige dass relevante LE verpasst würden, wie eine kürzlich Kompressionssonografie der gesamten proximalen publizierte randomisierte Studie gezeigt hat. Aufgrund und distalen Beinvenen vs. serielle Kompressionsso- der oben erläuterten Herausforderungen bei der Dia- nografie lediglich der proximalen Beinvenen). gnosestellung von subsegmentalen LE soll vor einer Zusammengefasst ist die klinische Signifikanz der Therapieentscheidung die Diagnose von einem zwei- subsegmentalen LE unklar, und aufgrund der schlech- ten, erfahrenen Radiologen bestätigt werden – nicht ten Evidenzlage zur optimalen Therapie wird diese alle vermuteten subsegmentalen LE sind echt! Der kontrovers diskutiert. In Anbetracht des unsicheren diagnostischen Schwierigkeit von subsegmentalen Nutzens der Antikoagulationstherapie bei Patienten LE wurde kürzlich mit der Publikation von radiolo- mit subsegmentalen LE und tiefem Rezidiv- und Kom- gischen Kriterien Rechnung getragen, welche bei der plikationsrisiko werden die Resultate aus qualitativ Diagnosestellung mittels CTA berücksichtigt werden hochstehenden prospektiven und randomisierten Stu- sollten. Gemäss American Society of Hemtology soll dien von besonderer Wichtigkeit sein, um potenziell ausserdem – lokale Verfügbarkeit und Expertise vor- unnötige Antikoagulations-assoziierte Blutungskom- ausgesetzt – die planare Ventilations-/Perfusionsszin- plikationen zu vermeiden und zur Verbesserung der tigrafie der CTA als diagnostische Modalität der Wahl Behandlungsqualität beizutragen. bei Patienten mit niedriger oder moderater Vortest- wahrscheinlichkeit und hoher Wahrscheinlichkeit für einen konklusiven Befund vorgezogen werden, unter anderem um das Risiko für die Diagnose einer sub- Literaturliste bei Verlag 8
InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2021; Vol. 3, Nr. 1 CME-FORTBILDUNG Thoraxchirurgische Operationen Vermeidung und Behandlung von respiratorischen und kardialen Störungen Matthias Hansen, Christian Wunder, Stuttgart (D) Thoraxchirurgie | Pneumektomie | ECMO ■ Jede Operation kann postoperativ zu Problemen A B mit dem Kreislauf, dem Herz oder an der Lunge füh- ren. Die Vermeidung solcher Komplikationen und deren Behandlung kommt eine grosse Bedeutung zu, denn sonst erhöht sich das perioperative Risiko deutlich. Dazu ist es erforderlich, dass ein Behand- lungsteam in der Thoraxchirurgie die intra- und post- operativen Risiken kennt und die Behandlung der dabei auftretenden Komplikationen beherrscht. Quelle: Robert-Bosch-Krankenhaus C D Selbst ein relativ kleiner Eingriff, wie die Anlage eines Tracheostomas, kann nach dem Eingriff zu einer vitalen Gefährdung eines Patienten führen: Bei einem 66 Jahre alten Patienten wurde zuerst eine dilatative Tracheotomie versucht. Da dies nicht gelang, erfolgte eine plastische Tracheotomie. Kurz darauf wurde der Patient in ein anderes Krankenhaus verlegt. In den nächsten Tagen kam es immer wieder zu Schwierig- Abb. 1: CT-Schnittbilder im Abstand von 3mm von kranial keiten bei der Beatmung und einer Hyperkapnie. Als (A) nach kaudal (D), man sieht den Verlauf der Tracheal Ursache wurde eine Bronchospastik und eine stress- kanüle (TK) senkrecht zur Trachealhinterwand und dass bedingte Dekompensation durch die Reduktion der die TK am kaudalen Rand des Tracheostomas nicht mehr Sedierung zum Weaning vom Beatmungsgerät ange- sichtbar ist (D). nommen. Es wurde mehrfach eine bildgebende Diag- nostik durchgeführt. Die Ursache war eine nicht kor- rekt liegende Trachealkanüle. Die Kanüle war zu kurz Dies führte intermittierend zu einer Obstruktion der und lag deshalb nur mit der Spitze intratracheal und Atemwege. Im Röntgen – Thorax Bild und CT-Scan mit der Öffnung direkt an der Trachealhinterwand. des Thorax sieht man, wenn man die Zeichen kennt, diese Fehllage. Es ist auf den Bildern in Abbildung 1 und 2 die Lage der Trachealkanülenöffnung direkt an der Trachealwand mit der nur kurzen Strecke intra- Dr. med. Matthias Hansen tracheal zu sehen und nach Korrektur durch eine längere Trachealkanüle in Abbildung 3. Am einfachs- Oberarzt ten ist dieses Problem durch eine tracheoskopische Abteilung für Anästhesie Kontrolle mit einem Bronchoskop zu erkennen. In so matthias.hansen@rbk.de einer Situation kann auch ein leicht zu korrigierendes Problem zu einer gravierenden Störung mit Hypoxie und Hyperkapnie führen, wenn nicht mit Sorgfalt Prof. Dr. med. Christian Wunder auf die Details in der Diagnostik geachtet und somit das eigentliche Problem der Atemwegsstörung nicht Chefarzt erkannt wird. Facharzt für Anästhesie und Spezielle Um das Risiko von postoperativen Komplikatio- Anästhesiologische Intensivmedizin, nen zu verringern, sollten bei der Übernahme eines christian.wunder@rbk.de Patienten nach einer Operation auf eine Überwa- chungs- oder Intensivstation immer die folgenden Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart und Punkte kontrolliert werden: das Bewusstsein, ggf. die Klinik Schillerhöhe Gerlingen Tiefe der Sedierung, bei extubierten Patienten, ob Auerbachstrasse 110 Schutzreflexe vorhanden sind, die Spontanatmung D-70376 Stuttgart oder die Beatmungsparameter, die Lage des Tubus oder der Trachealkanüle, die seitengleiche Belüf- Autorenfotos: Robert-Bosch-Krankenhaus, Fotograf: Christoph Schmidt tung der Lungen, die Lage und die Fördermenge der 9
CME-FORTBILDUNG medizinonline.ch Thoraxdrainagen, die Sogeinstellung an den Draina- gen und die Kreislaufparameter. Ein Vorgehen nach einem Standard ist hierbei sinnvoll, z.B. ein Ablauf anhand des ABCDE–Schemas zur Kontrolle der Vital- parameter. Eine Übergabe mit schriftlich dokumen- tierten operativen Massnahmen, den intraoperativen Besonderheiten und den aufgetretenen Problemen ist ebenfalls zu empfehlen. Hierbei wird ein Überga- beprotokoll mit dem SBAR-Konzept zur Fehlerver- meidung empfohlen [1]. Der Sogeinstellung an den Thoraxdrainagen kommt eine besondere Bedeutung zu. Bei Luftverlusten am Lungenparenchym ist ein negativer Druck an den Drainagen der Thoraxhöhle zur Vermeidung eines Pneumothorax notwendig, ein zu hoch eingestellter Sog kann jedoch die Luftver- Quelle: Robert-Bosch-Krankenhaus luste verstärken. Bei einer Pneumektomie ist die Ein- stellung eines negativen Sogs (stärker als minus fünf mbar) kontraindiziert, da dieser Unterdruck sonst zu einer Verlagerung des Mediastinums (ähnliche Wir- kung wie bei einem Spannungspneumothorax) und damit zu schwerwiegenden kardiopulmonalen Kom- plikationen führen kann. Eine postoperative Blutung Abb. 2: Röntgen-Thorax-Bild anterior/posterior: Es ist die kurze Strecke der Tracheal kann über die Menge der Drainageverluste, über eine kanüle intratracheal zu erkennen. Hämoglobinbestimmung im Patientenblut und ggf. in der Drainageflüssigkeit, über eine sonografische Darstellung des Pleuraraums und im fortgeschritte- nen Stadium über eine Kreislaufreaktion durch den Volumenmangel detektiert werden. Falls diese Mass- nahmen zu keiner ausreichenden Information führen, hilft häufig eine CT-Untersuchung des Thorax. Es ist neben der Kontrolle der Gerinnungsparameter und ggf. gerinnungsverbessernden Massnahmen eine Information der operativen Abteilung /Thoraxchir- urgie über eine möglicherweise notwenige operative Revision sinnvoll. Andere, seltenere operativ bedingte Komplikationen wie eine Bronchusstumpfinsuffizienz (erkennbar an höheren Luftfistelvolumen über die Thoraxdrainagen) oder eine Lappentorsion (erstes Zeichen oft eine Atelektase im Röntgenthorax-Bild) lassen sich oft mit einer Bronchoskopie und ggf. zusätzlich einer CT-Untersuchung (mit Kontrastmittel Quelle: Robert-Bosch-Krankenhaus zur Gefässdarstellung) verifizieren und benötigen eine operative Revision. Pneumektomie mit höchstem Risiko perioperativ Bei grossen thoraxchirurgischen Operationen kommt es perioperativ häufiger zu respiratorischen und kardi- alen Störungen. So ist zum Beispiel nach einer Pneu- Abb. 3: Mit einer längeren Trachealkanüle ist hier eine korrekte Lage mit einem län monektomie das Risiko für einen Myokardinfarkt geren intratrachealen Verlauf erkennbar, zusätzlich zeigt die Tracheal-Kanülen-Öff oder für ein kardiovaskuläres Versterben innerhalb nung nun richtigerweise nach kaudal. der ersten 30 Tage nach der Operation über 5% [2]. Es ist deshalb sinnvoll, den Patienten vor der Operation auf seine kardiopulmonalen Risikofaktoren abzuklä- ren und immer eine Risikoabwägung durchzuführen. Für die videothorakoskopisch assistierte Lobektomie ist hierbei die ASA Klassifikation als hilfreiches Ver- fahren beschrieben [3]. Zur allgemeinen Abschätzung des Risikos präoperativ ist die Anamnese, eine körper- liche Untersuchung, Laborwerte (mit Blutgasanalyse) und eine Bildgebung (Röntgenthorax oder CT) hilf- reich. Ein Ruhe-EKG bringt präoperativ selten neue > Fortbildungsfragen auf Seite 14 Erkenntnisse, kann jedoch als Vergleich bei postope- rativen durch Herzrhythmusstörungen oder Ischämie 10
InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2021; Vol. 3, Nr. 1 CME-FORTBILDUNG bedingten Problemen sehr hilfreich sein. Funktionelle TAKE-HOME-MESSAGES Untersuchungen wie ein Belastungselektrokardio- ― Eine Abschätzung des perioperativen Risikos für Mortalität gramm, eine Spiroergometrie, ein 6-Minuten-Gehtest, und Letalität hilft bei den grossen thoraxchirurgischen die Abschätzung des metabolischen Äquivalents und Operationen, postoperative Komplikationen zu vermeiden. die Angabe, wie viele Stockwerke beim Gehen mög- Hierbei sind systematische Funktionstestungen hilfreich. lich sind, haben eine deutlich bessere Aussagekraft als gemessene sog. Ruhewerte. Die geplante Operation, ― Respiratorische und kardiale Komplikationen treten bei diesen videothorakoskopischer Eingriff oder Thorakotomie Eingriffen in relevanter Häufigkeit auf. und wie viele Segmente der Lunge reseziert werden, ― Bei instabilen Herz-Kreislauf-Zuständen sind eine semiinvasive sind weitere Faktoren zur Beurteilung des periopera- oder invasive Kreislaufüberwachung zu empfehlen; die Werte tiven Risikos. Die postoperative Lungenfunktion nach des Blutdrucks und der Herzfrequenz sind allein oft nicht aus- Resektionen kann nach der folgenden Formel abge- reichend. schätzt werden: präoperativer Funktionswert (z.B. ― Mobilisation, Oberkörperhochlage, Atem- und Physiotherapie FEV1) × Anzahl der Lungensegmente postoperativ / sind neben der Beatmungsgeräteeinstellung Grundpfeiler der Anzahl der Lungensegmente präoperativ [4]. Vermeidung und Behandlung von respiratorischen Komplika Vorhofflimmern tritt mit einer Häufigkeit von tionen. Meist sind eine frühzeitige S pontanatmung und rasche 13 – 46% bei grösseren thorakalen Operationen auf Extubation für diese Patienten sinnvoll. [5]. In Bezug auf den Eingriff besteht die höchste ― In einzelnen Situationen kann postoperativ eine ECMO- Inzidenz bei einer Pneumektomie. Es ist zudem ein Therapie notwendig sein. Faktor, der das Gesamtrisiko einer Operation erhöht. Die Therapie hängt von der Auswirkung auf den Pati- entenkreislauf ab. Je instabiler der Kreislauf ist, desto einem vorhandenen Sinusrhythmus die Schlagvolu- eher ist bei neu aufgetretenem Vorhofflimmern eine menvarianz zur Volumenbeurteilung herangezogen Kardioversion sinnvoll und notwendig. Medikamentös werden [6]. Ein einfacher Laborwert zur Abschätzung ist Amiodaron am effektivsten für eine Konversion eines ausreichenden Sauerstoffangebots ist die Mes- des Herzrhythmus. Ist eine reine Frequenzkontrolle sung der zentralvenösen Sättigung, dieser Wert sollte das Ziel, sind Betablocker und Digitalis eine Thera- (bei einem normalen Hämoglobinwert) möglichst pieoption. Zusätzlich ist immer eine Kontrolle der über 70% liegen. Postoperativ ist der Volumensta- Elektrolyte (vor allem des Kaliumspiegels), ggf. eine tus durch eine Bilanzierung der Ein- und Ausfuhr zu Substitution von Kalium und Magnesium sinnvoll. Es überwachen. Zuviel Volumen beeinträchtigt vor allem gibt verschiedene Ansätze prophylaktischer, medika- die Lungenfunktion, zu wenig intravasales Volumen mentöser Therapien, dabei zeigten sich Betablocker führt zu Problemen mit dem Kreislauf und sekundär und Amiodaron als die effektivsten Massnahmen. zu Organdysfunktionen. Meist sind zuerst die Nieren betroffen und in ausgeprägten Volumenmangelsitu- Zentralvenöse Sättigung möglichst über 70% ationen kommt es zu einem Anstieg des Laktatwerts Eine intra- oder postoperative Herzinsuffizienz sollte (meist durch vermehrten anaeroben Stoffwechsel oder rasch diagnostiziert werden. Intraoperativ kann eine seltener durch verminderten Abbau in der Leber). transösophageale Echokardiografie (TEE) hilfreich Intraoperative Blutungen mit einem hämorrhagischen sein, postoperativ sind semi-invasive Systeme, wie ein Schock sind möglichst zu vermeiden. Eine Kenntnis Monitoring mit dem Picco®-System oder eine trans der Risiken und eine Vorbereitung auf diese Prob- thorakale Echokardiografie (TTE) und unter Umstän- leme ist hierbei von grossem Nutzen. Bei einer Medi- den ebenfalls ein TEE-Untersuchung sinnvoll. Durch astinoskopie ist beispielsweise das Risiko für eine die Echokardiografie können ein hämodynamisch gravierende Blutung gering, unter 1% [7]. Kommt es wirksamer Perikarderguss und eine Perikardtampo- jedoch zu einem grösseren Blutverlust, ist die Anlage nade ebenfalls gut erkannt werden. Die Behandlung von 1 bis 2 grosslumigen venösen Zugängen schon vor der schweren Herzinsuffizienz (Cardiac Index unter dem Beginn der Operation ausgesprochen sinnvoll. 1,5 l /min / m2 KÖF) erfolgt mit Katecholaminen, Bei Operationen mit einem höheren Blutungsrisiko Phosphodiestherase-3-Hemmer oder Levosimedan. sollte, abhängig vom Hämoglobinwert vor der Opera- Eine Rechtsherzinsuffizienz ist meist schwieriger tion, eine entsprechende Anzahl an für den Empfänger zu behandeln als eine Linksherzinsuffizienz. Bei der kompatiblen Erythrozytenkonzentraten bereitgestellt Rechtsherzinsuffizienz kann ein erhöhter pulmonaler werden. Ein Konzept für ein «Patient Blood Manage- Gefässwiderstand das Problem sein, hilfreich kann hier ment» ist immer empfehlenswert. eine Therapie z.B. mit Sildenafil oder inhalativ verab- Die Inzidenz einer akuten respiratorischen Insuf- reichtes Epoprostenol sein. Falls der Volumenstatus fizienz nach grösseren thoraxchirurgischen Eingriffen des Patienten nicht eindeutig erkennbar ist, kann eine liegt laut Literaturangaben zwischen 2 –7% [8]. Die TTE-Untersuchung oder eine sonografische Darstel- Mortalität bei einer schweren respiratorischen Insuf- lung der Vena cava inferior notwendig sein. Sonogra- fizienz in den ersten 48 Stunden nach einer Pneum- fische Messungen, TTE- und TEE-Untersuchungen ektomie liegt je nach Literaturangabe zwischen 26% sind von der Erfahrung des Untersuchers abhängige und 80%. Das Hauptproblem liegt in dem nur noch Methoden und sollten bei erweiterten Lungenresekti- auf eine Lunge beschränkten Gasaustausch. Ist diese onen zur Verfügung stehen. Zusätzlich sind mit semi- Funktion eingeschränkt, kommt der Patient sehr rasch invasiven Kreislaufüberwachungsverfahren Aussagen in vital gefährliche Bereiche der Hyperkapnie und zum Volumenstatus möglich, zum Beispiel kann bei Hypoxie. Es ist deshalb wichtig die Volumenzufuhr 11
CME-FORTBILDUNG medizinonline.ch Anwendung eines Doppellumentubus ist postoperativ, um die Reizung durch die endobronchiale Tubuslage zu reduzieren und ein besseres Sekretmanagement zu erreichen, der Wechsel auf einen normalen Tubus empfehlenswert. Besteht oder bestand eine Schwierig- keit bei der orotrachealen Intubation, ist beim Tubus- wechsel die Benutzung eines «Cook-Stabs» (Airway Exchange Catheter) zu empfehlen. Die Lagerung bei intubierten Patienten mit circa 40° erhöhtem Oberkörper senkt die Häufigkeit einer beatmungsassoziierten Pneumonie. Ebenfalls sinnvoll Quelle: Robert-Bosch-Krankenhaus sind eine regelmässige Mundpflege und eine regelmäs- sige Kontrolle des Cuffdrucks. Nach dem Auftreten einer Pneumonie sind mikrobiologische Probenbestim- mungen (aus dem Trachealsekret oder Bronchialse- kret, immer vor dem Beginn der Antibiotikatherapie) und eine suffiziente Antibiotikatherapie notwendig. Es muss mit grampositiven und gramnegativen Erregern Abb. 4: Röntgen-Thorax-Bild bei einem Patienten mit Zustand nach einer Pneum gerechnet werden, seltener sind Pilze oder atypische ektomie links, einer postoperativen Pneumonie der restlichen Lunge rechts und mit Erreger die Auslöser der Pneumonie. Die Antibioti- einer ECMO-Kanüle. katherapie muss gegebenenfalls dem krankenhaus- spezifischen Erregerspektrum angepasst sein. Es muss bei der Therapie auf eine adäquate Dosierung und die genau zu bestimmen und häufig die Volumenzufuhr in richtig gewählte Therapiedauer geachtet werden. In der Menge zu begrenzen. Das Trauma der Operation, den allermeisten Fällen reicht eine Therapiedauer von die Narkose, Schmerzen usw. führen postoperativ zu einer Woche. Vor allem immunsuppressiv oder neo- einer eingeschränkten Lungenfunktion. Bronchokon- adjuvant vorbehandelte Patienten haben ein erhöhtes striktion, Sekretretention und Aspiration begünstigen Infektionsrisiko und sind schwieriger zu behandeln. die Bildung von Atelektasen und Pneumonien. Die Häufig profitieren Patienten mit einer Pneumonie intraoperative Beatmung bei der Einlungenventila- auch von einer medikamentösen Bronchospasmolyse tion mit reduzierten Atemzugvolumen (5 ml/kgKG) und einer systematischen Atemtherapie. und moderatem PEEP (5 – 8 cm H2O) verbessert Falls bei einem Lungenversagen alle konventio- möglicherweise den postoperativen Gasaustausch und nellen Massnahmen misslingen, kann die Therapie mit reduziert die Risiken [9]. Eine frühe Mobilisation (aus einer veno-venösen extrakorporalen Membranoxyge- dem Bett), Atem- und Physiotherapie, sowie eine gute nierung (ECMO) notwendig sein. Bei einem Patien- Schmerztherapie (z.B. mit einem thorakalen Peridu- ten mit Zustand nach einer Pneumektomie kann eine ralkatheter) verbessern die Situation [10]. Nichtinva- Pneumonie in der noch vorhandenen Lunge durch die sive Beatmung, bronchoskopisches Absaugen in Spon- operativ bedingte Reduktion der Gasaustauschfläche tanatmung, invasive Beatmung mit gegebenenfalls rasch lebensbedrohlich werden. Wenn die Rahmenbe- einer Bauchlagerung und bei längerem Verlauf eine dingungen stimmen (keine Kontraindikationen und in Tracheotomie sind zur Behandlung bei einem deutlich den anderen Vitalfunktionen ein ausreichend stabiler eingeschränkten pulmonalen Gasaustausch und bei Patient) kann die ECMO-Therapie in solch einem Atelektasen notwendige Massnahmen. Verlauf deutliche Vorteile bringen. Abbildung 4 zeigt ein Röntgenbild bei einem 44-jährigen Patienten mit Pneumonie-Risiko steigt mit der Beatmungsdauer Pneumonie nach Pneumektomie und einer ECMO- Das Risiko einer Pneumonie steigt proportional zur Kanüle, gelegt über die Vena jugularis interna rechts. Zeitdauer einer invasiven Beatmung [11]. Für die In diesem Fall konnte nach zehn Tagen die Therapie meisten Patienten nach einer thoraxchirurgischen mit der ECMO erfolgreich beendet werden. Da die- Operation sind eine rasche Widerherstellung der ses extrakorporale Verfahren nicht ohne Risiko ist, Spontanatmung und eine frühe Extubation sinn- muss eine eindeutige Indikation für diese Behandlung voll. Ist jedoch eine pH relevante Hyperkapnie, eine bestehen und es sollte im Behandlungsteam eine aus- unzureichende Oxygenierung, ein instabiler Kreislauf reichende Erfahrung mit diesem Verfahren vorhanden oder nach einer länger bestehenden Atelektase einer sein. Die notwendige Antikoagulation, die Verletzun- Lunge keine ausreichende Belüftung des betroffenen gen durch die Anlage der grosslumigen Katheter und Lungenabschnitts zu erreichen, ist eine postoperative eine nosokomiale Infektion sind die Hauptrisiken des Beatmung sinnvoll. Bei Patienten mit einer ausgepräg- Verfahrens. ten chronisch obstruktiven Lungenerkrankung kann Ein Re-Expansionsödem der Lunge als weitere es manchmal notwendig sein, trotz erhöhter paCO2- Ursache einer postoperativen Gasaustauschstörung Werte (bei vorhanden Schutzreflexen, ausreichendem kann nach der Entlastung eines grossen Pleuraergus- Bewusstsein und einer vorhandenen Patientenko- ses oder eines ausgeprägten Pneumothorax und auch operation) zu extubieren und frühzeitig eine Unter- nach einer Einlungenventilation (Lungenseparation stützung der Atemmechanik mit einer nichtinvasiven über Doppellumentubus oder Bronchusblocker) über Beatmung durchzuführen. Bei der intraoperativen einen langen Zeitraum auftreten. Als pathophysiologi- 12
InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2021; Vol. 3, Nr. 1 CME-FORTBILDUNG sche Ursache ist ein multifaktorieller Prozess anzuneh- Literatur: men. Für die Entstehung der Flüssigkeitsansammlung 1. von Dossow V, Zwißler B: Strukturierte Patientenübergabe in der perioperativen Phase – Das SBAR Konzept. Anästh Intensivmed im Interstitium und in den Alveolen durch erhöhte 2016; 57: 88–90. Flüssigkeitspermeabilität werden die Freisetzung von 2. Kristensen SD, Knuuti J, Saraste A, et al.: 2014 ESC/ESA Guidelines on non-cardiac surgery: cardiovascular assessment and manage Mediatoren, ein Surfactantverlust und Schäden an ment: The Joint Task Force on non-cardiac surgery: cardiovascular der Alveolarmembran durch Oxidasen angenommen. assessment and management of the European Society of Cardiology Pathophysiologisch ähnlich ist ein Post-Pneumekto- (ESC) and the European Society of Anaesthesiology (ESA). Eur J Anaesthesiol 2014; 31(10): 517–573. mie-Ödem zu werten, dieses tritt 24 –72 Stunden post- 3. Zhang R, Kyriss T, Dippon J, et al.: G. American Society of Anes operativ nach einer Pneumonektomie oder selten nach thesiologists physical status facilitates risk stratification of elderly einer Lobektomie auf. Die Behandlung besteht in patients undergoing thoracoscopic lobectomy. Eur J Cardiothorac Surg 2018; 53(5): 973–979. einer restriktiven Flüssigkeitszufuhr, in einer nichtin- 4. Smulders SA, Smeenk FW, Janssen-Heijnen ML, et al.: Actual and vasiven oder invasiven Beatmung mit PEEP und einer predicted postoperative changes in lung function after pneumonec tomy: A retrospective analysis. Chest 2004; 125: 1735–1741. meist notwendigen erhöhten inspiratorischen Sauer- 5. Zhao BC, Huang TY, Deng QW, et al.: Prophylaxis against Atrial stoffkonzentration. Es ist mit einer signifikanten Mor- Fibrillation after General Thoracic Surgery: Trial Sequential Analysis talität, ähnlich einem schweren ARDS, verbunden und and Network Meta-Analysis. Chest 2017; 151(1): 149–159. 6. Hansen M: Hämodynamisches Monitoring – Erweitertes Monitoring kann leider auch bei einer perioperativ sehr reduzier- [Invasive and minimally invasive hemodynamic monitoring]. ten Flüssigkeitszufuhr auftreten. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2016; 51(10): Insgesamt ist eine engmaschige Überwachung, 616–625. 7. Schirren M, Sponholz S, Oguhzan S, et al.: Intraoperative Blutungen das schnelle und richtige Erkennen und eine rasche in der Thoraxchirurgie: Vermeidungsstrategien und chirurgische Behandlung bei den genannten vital bedrohlichen Therapiekonzepte [Intraoperative bleeding during thoracic surgery: avoidance strategies and surgical treatment concepts]. Chirurg Störungen notwendig. Dadurch lässt sich, auch in dem 2015; 86(5): 453–458. mit einem erheblichen perioperativen Risiko behaf- 8. Kösek V, Wiebe K: Postoperative respiratorische Insuffizienz und teten Eingriffen, ein für die Patienten gutes Ergebnis ihre Behandlung [Postoperative respiratory insufficiency and its treatment]. Chirurg 2015; 86(5): 437–443. erzielen. 9. Marret E, Cinotti R, Berard L, et al.: Protective ventilation during anaesthesia reduces major postoperative complications after lung cancer surgery: A double-blind randomised controlled trial. Eur J Anaesthesiol 2018; 35(10): 727–735. 10. Rogers LJ, Bleetman D, Messenger DE, et al.: The impact of enhan ced recovery after surgery (ERAS) protocol compliance on morbidity from resection for primary lung cancer. J Thorac Cardiovasc Surg 2018; 155(4): 1843–1852. 11. Wunder C: Nosokomiale Infektionen in der Intensivmedizin. Anästh Intensivmed 2020; 61: 215–222. Impressum Verlag und Herausgeber Autorenhinweise und Manuskripteinreichung Bezugspreise PRIME PUBLIC MEDIA AG verlag@primemedic.ch Einzelheft CHF 25.– inkl. Porto. Neugasse 10, 8005 Zürich Jahresbezugspreis CHF 80.–, für Studenten CHF 40.– Tel. 044 250 28 70 Copyright info@primemedic.ch Prime Public Media AG, Zürich. Alle Rechte liegen beim Gerichtsstand und Erfüllungsort: Zürich www.primemedic.ch Verlag. Nachdrucke oder Vervielfältigung von Beiträgen und Abbildungen, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Druck Verleger: Stefan C. Schreiber Genehmigung des Verlags. VVA (Schweiz) GmbH, 9016 St. Gallen 3. Jahrgang Redaktion Hinweis Druckauflage 6000 Tanja Schliebe (Chefredaktorin), Für Preisangaben sowie Angaben zu Diagnose und tanja.schliebe@primemedic.ch (tsk); Therapie, insbesondere Dosierungsanweisungen und ISSN: 2673-7469 Leoni Burggraf, leoni.burggraf@primemedic.ch (lb); Applikationsformen, kann seitens der Redaktion und des Jens Dehn, jens.dehn@primemedic.ch (jd); Verlags keine Garantie/Haftung übernommen werden. 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Katrin Hegemann (heg); PD Dr. med. «Publireportage» oder «Sonderreport» gekennzeichnet. der Redaktion übereinstimmen. Diese Beiträge fallen Jochen Mutschler (jm); Dr. med. Ulrike Novotny (un); somit in den persönlichen Verantwortungsbereich des Regina Scharf (rs); Dr. med. Susanne Schelosky (ssl); Erscheinungsweise Verfassers. Die wiedergegebene M einung deckt sich Dr. Therese S chwender (ts); Dr. med. Anka Stegmeier- InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE erscheint nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers, Petroianu (as); Renate Weber (rw); viermal pro Jahr. sondern dient der Information des Lesers. Mit der Dr. med. Maria Weiß (mw) Übergabe von Manuskripten und Bildern gehen sämtli Abonnement che Nutzungsrechte an Prime Public Media AG über. Für Mediadaten/Marketing /Verkauf Bestellung beim Verlag, beim Buch- und Zeitschriften unverlangt eingereichte Manuskripte und Bilder über Roman Brauchli, roman.brauchli@primemedic.ch handel. 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