POSITIONSPAPIER ZUR KINDERTAGESBETREUUNG - KEG Deutschlands Ihr Berufsverband für Lehrkräfte und Pädagogen
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POSITIONSPAPIER ZUR KINDERTAGESBETREUUNG KEG Deutschlands Ihr Berufsverband für Lehrkräfte und Pädagogen
20 22 Attraktivität des Erzieherberufes 24 26 28 30 4 6 31 8 32 10 Daher fordert die KEG für den Kindertagesbetreuungsbereich 33 12 35 16 18 PRÄAMBEL Die Situation der Kindertageseinrichtungen in und Betreuung Tätigen, sondern alle Beteiligten in Deutschland hat sich drastisch geändert. Seit 1991 den Blick. gibt es den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab dem 3. Lebensjahr, seit 2013 den Rechtsanspruch Die Sicht der Kinder, der Eltern und der engagierten auf einen Krippenplatz ab dem 1. Lebensjahr und Kolleginnen und Kollegen werden in diesem Papier ab 2022 ist der Rechtsanspruch auf Betreuung jedes gewürdigt, um daraus Anregungen, Wünsche und 4 Kindes im Grundschulalter geplant. Forderungen zu formulieren. Dabei werden alle Themen immer im Lichte der unterschiedlichen Ge- Die Ansprüche an eine qualitativ hochwertige Bil- gebenheiten in der föderalen Struktur Deutschlands dung, Erziehung und Betreuung sowie Dokumenta- gesehen. tion der pädagogischen Arbeit sind weiter gewach- sen. Dies sind gewaltige Veränderungen im So ergibt sich ein für ganz Deutschland gültiges sozialpädagogischen Arbeitsfeld unserer Fachkräfte, Bild. für die die Rahmenbedingungen nicht angepasst wurden. Der eklatante Fachkräftemangel, große Wir geben dieses Papier in die Hände unserer Vor- Fluktuationen in den Teams, steigende Krankenstän- stände im Bund und in den Ländern, der sozialpäd- de, Ausgebranntsein und vorzeitiger Ausstieg aus agogischen Referate und aller in unserem Verband dem Beruf sowie das ganz normale Erreichen des organisierten Mitglieder. Rentenalters verschärfen die Situation. Es soll eine fundierte, allgemein gültige Handrei- Das vorliegende Positionspapier der KEG Deutsch- chung für Gespräche mit Entscheidungsträgern in lands benennt die hochaktuellen Fragen und zeigt Politik, Kirchen, Wirtschaft und Gesellschaft sein, Lösungsmöglichkeiten auf. Als christlicher Verband die wir als KEG führen. engagierter Pädagoginnen und Pädagogen nehmen wir aber nicht nur die in der Bildung, Erziehung
UND ER STELLTE EIN KIND IN IHRE MITTE Markus 9,36 IM MITTELPUNKT DAS KIND Die KEG fordert bestmögliche Bedingungen frühkind- ersten Lebensjahr jedem Kind die Chance auf Bildung, licher Bildung, Erziehung und Betreuung. Erziehung und Betreuung durch eine institutionelle Begleitung familienergänzend bietet. Gleichzeitig Kindertageseinrichtungen haben in den vergange- sieht die KEG aber auch, dass dieser Rechtsanspruch nen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Länder, Kommunen, Träger, insbesondere aber auch Einerseits, weil durch wissenschaftliche Forschun- das pädagogische Fachpersonal in den Einrichtungen 6 gen die Wichtigkeit der frühkindlichen Entwicklung vor große Herausforderungen stellt. und Bildung belegt und anerkannt werden konnte, andererseits aber auch, weil Kinder immer jünger in Die Nachfrage nach Betreuungsplätzen steigt weiter Kindertagesbetreuungseinrichtungen kommen und an und die Bereitstellung von Plätzen nimmt zu. dort auch einen immer längeren Zeitraum des Tages Ausreichend fachliches Personal und die notwendige verbringen. Qualität stehen jedoch nicht im erforderlichen Maße zur Verfügung. Die KEG, ein Berufsverband für engagierte Pädago- ginnen und Pädagogen, sorgt sich um das einzelne Die hier aufgeführten Themenbereiche beschreiben Kind. Sie sorgt sich aber auch um die zukünftige die Gegebenheiten und Voraussetzungen, welche die Tragfähigkeit des gesamten Kindertagesbetreuungs- KEG für unabdingbar hält, wenn frühkindliche, fami- systems in Deutschland. Dieses Positionspapier lienergänzende Bildungs- und Erziehungsarbeit zum beschreibt den Handlungsbedarf, wenn Kinderta- Wohle des Kindes gelingen soll. geseinrichtungen die große Verantwortung weiter- hin tragen und den stetig neuen Aufgaben gerecht Die Forderungen der KEG nach einheitlichen Mindest- werden sollen. standards orientieren sich an den Empfehlungen der Bertelsmann-Stiftung und des Deutschen Jugend- Die KEG schätzt sehr hoch, dass der gesetzliche An- instituts. spruch auf einen Betreuungsplatz ab dem vollendeten
KINDER SIND WIE BLUMEN. MAN MUSS SICH ZU IHNEN NIEDERBEUGEN, WENN MAN SIE ERKENNEN WILL. Friedrich Fröbel DIE SICHT AUF DAS KIND Kinder brauchen als verlässliche Basis für ihre • eine Atmosphäre erlebt, die ihm Geborgenheit, Entwicklung und Bildung sichere Bindungen. Diese Sicherheit und Zuwendung vermittelt, in der es finden sie in ihrer Familie, mit Eintritt in eine Kin- sich zugehörig fühlen kann. dertageseinrichtung aber auch in Erzieherinnen und • Teilhabe erfährt und Mut und Zutrauen Erziehern und anderen Kindern. entwickeln kann, um eigene Standpunkte zu vertreten. 8 Sichere Bindungen und Beziehungen sind die besten Voraussetzungen für gesundes und gedeihliches Aufwachsen der Kinder. Sie bilden die Grundlage Voraussetzungen hierfür sind: für selbstständiges Handeln und Selbstbestimmt- heit. Pädagogische Fachkräfte sind Kindern wichtige • verlässliche Bezugspersonen, kein ständiger Bindungs- und Beziehungspersonen. Sie bieten Personalwechsel neben einfühlsamer professioneller Nähe indivi- • zugewandte, achtende Wertschätzung duelle Begleitung und Förderung der einzelnen • strukturierte Tagesabläufe und Rituale Entwicklungsschritte und bejahen das Kind in seiner • eine anregende und entwicklungsfördernde individuellen Persönlichkeit. Umgebung • ein ganzheitliches Bildungsverständnis, das sich an der Persönlichkeit des Kindes orientiert Für jedes Kind muss sichergestellt sein, dass es • Gelegenheiten der Partizipation und Teilhabe, um Selbstvertrauen zu entwickeln. • neben der Befriedigung seiner Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, Ruhen usw. wahrgenommen, gesehen und bejaht wird.
ZWEI DINGE SOLLTEN KINDER VON IHREN ELTERN BEKOMMEN, WURZELN UND FLÜGEL Johann Wolfgang von Goethe DIE SICHT AUF DIE ELTERN Eltern sind die wichtigsten Bezugspersonen für ein und Unsicherheiten fachliche Unterstützung und Kind! Das Zuhause und das familiäre Umfeld sollten Hilfe bekommen. die primären Orte für Erziehung und Bildung sein. Dies erleben Eltern, wenn Kindertageseinrichtungen ergänzen dies heute in zunehmendem Maße, letztendlich auch, weil der • sie ihr Kind in guten Händen wissen und sie 10 Wunsch oder die Notwendigkeit der Vereinbarkeit Vertrauen und Zutrauen in die Tagesbetreuung von Familie und Beruf zunimmt. setzen können. • sie Fachkräfte erleben, die ihre Bedürfnisse Lange Arbeitszeiten der Eltern bedingen auch lange ernst nehmen und auf ihre Vorstellungen und Aufenthaltszeit der Kinder in der Tageseinrichtung. Anregungen eingehen. Dies hat Auswirkungen auf die verbleibende ge- • die Zusammenarbeit von Familie und meinsame Zeit in und mit der Familie. Eltern wollen pädagogischem Personal durch gegenseitiges diese Zeit optimal nutzen. Gleichzeitig müssen sie Vertrauen und Verständnis zum Wohle des aber auch vieles andere „rund um die Familie“ Kindes geprägt ist. leisten. Eltern geraten unter Druck, befinden sich während der wichtigen frühkindlichen Entwicklung Voraussetzungen hierfür sind: ihres Kindes in der Rush-Hour ihres Lebens, haben dabei oft das Gefühl, keiner Aufgabe wirklich in • gute Kindertagesbetreuungseinrichtungen vollem Umfang gerecht werden zu können. • professionelles Fachpersonal • ausreichend Zeit für Austausch und Beratung Um alles gut koordinieren zu können, brauchen • eine angemessene Eingewöhnung für Kinder Eltern flexible Betreuungsangebote. Sie müssen sich und Eltern in der Kindertageseinrichtung. darauf verlassen können, dass es ihrem Kind in der Fremdbetreuung gut geht und dass sie bei Fragen
DAS LEBEN ANREGEN UND ES SICH FREI ENTFALTEN LASSEN – HIER LIEGT DIE ERSTE AUFGABE DES ERZIEHERS Maria Montessori DIE SICHT AUF DIE FACHKRÄFTE Die KEG zollt der Arbeit der pädagogischen Fach- Viele Pädagoginnen und Pädagogen setzten in das kräfte allerhöchsten Respekt! Trotz hoher Belastun- „Gute-Kita-Gesetz“ die Hoffnung und Erwartung, gen und nicht ausreichender Rahmenbedingungen dass Qualitätsstandards deutschlandweit endlich leisten sie täglich hervorragende pädagogische verbindlich festgeschrieben und auch umgesetzt Arbeit. Sie sind bereit über manche Unzulänglich- werden. keiten hinweg zu sehen und versuchen diese zum 12 Wohle der Kinder so gut wie möglich zu kompen- Enttäuscht hat sie, dass genau das nicht geschah, sieren. sondern die Verwendung der bereitgestellten Bun- desmittel den einzelnen Bundesländern überlassen Wenn belastende Situationen aber dauerhaft an- wurde. halten, sich weiter zuspitzen und jede und jeder permanent über die eigene Kraft hinaus tätig sein Dies führte vielerorts dazu, dass man sich für eine muss, dann ist Gefahr im Verzug – für die Einzel- Ausweitung der Beitragsfreiheit für Eltern entschied nen, aber auch für das ganze System. und somit auch zukünftig wichtige Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Qualitätsweiterentwicklung Andauernd hohe Belastungen von Mitarbeiterinnen auf der Strecke bleiben. und Mitarbeitern führen nicht nur zu häufigeren und längeren Erkrankungen. Sie gefährden mittel- und langfristig auch die Qualität der praktischen Arbeit mit den Kindern. Wer ständig selbst ange- spannt und überlastet ist, dem fehlt langfristig die nötige Geduld und Gelassenheit, die dieser Beruf unbedingt braucht, will man jedem Kind das eigene Lerntempo und die individuellen Entwicklungsschrit- te ermöglichen.
Entlastung erleben Pädagoginnen und Pädagogen Voraussetzungen hierfür sind: in ihrer Arbeit, wenn • ihnen für die Aufgabenvielfalt und die große • gut ausgebildete Fachkräfte Verantwortung adäquate Rahmenbedingungen • eine gute Fachkraft-Kind-Relation (siehe zugestanden und verbindlich festgeschrieben Bertelsmann-Studie und die sich daran werden. anschließenden Empfehlungen) 13 • mehr Fachkräfte zur Verfügung stehen, um sich • überschaubare Gruppengrößen austauschen und ergänzen zu können und um • ausreichende Verfügungszeit mit klar durch Fehlzeiten, die durch Urlaub, Fortbildung strukturierter Aufteilung in der Umsetzung und Krankheit entstehen, zu kompensieren. • Fort- und Weiterbildungsmöglichkeit, • ihre Tätigkeit in der Gesellschaft anerkannt und kollegiale Beratung, Supervision. wertgeschätzt wird.
WAS MICH ANBETRIFFT, SO ZAHLE ICH FÜR DIE FÄHIGKEIT MIT MENSCHEN UMGEHEN ZU KÖNNEN, MEHR ALS FÜR IRGENDEINE ANDERE AUF DER WELT. John D. Rockefeller DIE SICHT AUF DIE FÜHRUNG/LEITUNG VON KINDERTAGESEINRICHTUNGEN Der Leitung und Führung von Kindertageseinrich- Darüber hinaus ist die Leitung noch im Erzie- tungen kommt eine große Bedeutung zu, da sie hungsdienst eingesetzt. Bedingt durch personelle sehr hohen Ansprüchen und Herausforderungen Engpässe gewinnt dies zunehmend an Priorität. Die gerecht werden muss. Die Aufgabenvielfalt einer Einrichtungsleitung muss von Aufgaben, z.B. im Kita-Leitung ist vergleichbar mit der einer Leitung Verwaltungsbereich, entlastet werden, damit sie für eines mittelständischen Betriebes. ihre eigentlichen Arbeitsschwerpunkte in der päda- 16 gogischen Ausrichtung und der Qualitätsumsetzung Die Leitung trägt Budgetverantwortung und hat mehr Zeit zur Verfügung hat. Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse, ist aber gleichzeitig dem Träger gegenüber weisungsgebun- den. Voraussetzungen hierfür sind: • eine pädagogische Grundausbildung Zu den Aufgaben einer Kita-Leitung gehören u.a.: • Berufserfahrung in der Arbeit mit Kindern • Erfahrung in der Erwachsenenarbeit • fachliche und persönliche Mitarbeiterführung • Zusammenarbeit mit dem Träger • impulsgebende Konzepterarbeitung • Erhöhung der Leitungsstunden bzw. • Qualitätsentwicklung und Qualitätskontrolle Freistellung von der Gruppenarbeit • Verwaltungstätigkeiten, Dienstplanerstellung, • Supervision und kollegiale Beratung Arbeitszeitkontrolle, Urlaubsplanung • Entlastung von administrativer Arbeit • Zusammenarbeit mit Träger, Elternschaft und • leistungsgerechte Bezahlung anderen Bildungs- und Sozialeinrichtungen • Fort- und Weiterbildungsmöglichkeit. • Gesamtverantwortung für Ablauf, Struktur und Organisation.
NICHTS MACHT EINEN ZARTEREN UND TIEFEREN EINDRUCK AUF DEN GEIST DES MENSCHEN ALS DAS BEISPIEL John Locke FACHKRÄFTEAUSBILDUNG UND ERZIEHER-/ERZIEHERINNENAUSBILDUNG Die Erzieherausbildung in Deutschland obliegt den • Dozentinnen und Dozenten einsetzt, die einzelnen Bundesländern! Die KEG begrüßt, dass Persönlichkeitsbildung und berufliche es inzwischen eine Vielfalt von Ausbildungsformen Handlungskompetenz im Auge haben; dabei ist gibt. Eine Erzieherausbildung im Schnellverfahren Voraussetzung, dass diese auch die darf es aber aus Sicht der KEG in keinem Bundes- Praxisrealität, für die sie ausbilden, kennen. land geben. • alle Tätigkeitsfelder des Erzieherberufes bedient 18 und ausbildet (Breitbandausbildung). Der hohe Anspruch, Qualität in der Bildungs- und • eine gute Verzahnung zwischen Praxisstellen Erziehungsarbeit zu sichern, Verbesserungen und und Ausbildungsstätte gewährleistet. Weiterentwicklung zu ermöglichen, aber auch die steigende Nachfrage nach Tagesbetreuungsplätzen Voraussetzungen hierfür sind: bedienen zu können, erfordert sehr gut ausgebilde- tes Fachpersonal. Hierfür braucht es Mindeststan- • Ausbildungsvergütung, keine dards, die bundeseinheitlich festgeschrieben und in Eigenkostenbeteiligung für die den einzelnen Ländern verbindlich umzusetzen sind. Fachschulabsolventinnen und -absolventen • keine Erzieherausbildung im Schnellverfahren Die Erzieherausbildung ist dann gut, wenn sie • bundesweite Mindeststandards (KMK) • Gewährleistung der Breitbandausbildung • zur Voraussetzung für die Ausbildungsaufnahme • Schwerpunktsetzung Spracherwerb und nicht nur den Notendurchschnitt der Sprachförderung Schulabsolventinnen und -absolventen • ein differenziertes Auswahlverfahren zur berücksichtigt, sondern ein differenziertes Ausbildung. Auswahlverfahren praktiziert, persönliche Eignung und eine fundierte Allgemeinbildung prüft.
WER ALLEIN ARBEITET ADDIERT, WER ZUSAMMEN ARBEITET MULTIPLIZIERT Orientalische Weisheit MULTIPROFESSIONELLE TEAMS Kinder brauchen für ihre Persönlichkeitsentwicklung Voraussetzungen hierfür sind: vielfältige Kompetenzen. Multiprofessionelle Teams und multiprofessionelles Arbeiten in einer Kinderta- • Erweiterung der Bildung zu multiprofessionellen geseinrichtung bieten eine hervorragende Möglich- Teams fördern und unterstützen (Förderung der keit zur Umsetzung des ganzheitlichen Ansatzes in Professionalität) Bildung und Erziehung. • Durchlässigkeit der Ausbildungen anderer 20 Professionen Allerdings fehlt es an übergreifenden Leitlinien für • Aufstiegsmöglichkeiten. die Implementierung und Ausgestaltung. Die Wei- • Die Implementierung multiprofessioneller Teams tung der Kitateams zu multiprofessionellen Teams darf nicht zur Behebung des Fachkräftemangels wird durch die veränderte Lebenswelt der Kinder und somit zu einer Verschlechterung der immer dringlicher. Den Kindern sollen konzeptionell Fachkraft-Kind-Relation führen. ausgerichtet informelle Erfahrungsräume geöffnet werden. Multiprofessionelle Teams erleichtern die Erzie- hungspartnerschaft mit Eltern, die ja auch unter- schiedliche soziokulturelle Bildungsbiographien einbringen. Das setzt hohe kultursensible und reflektierende Haltung und Zusammenarbeit im Team voraus.
NIE HATTEN WIR SO WENIG ZEIT, UM SO VIEL ZU TUN Franklin D. Roosevelt VERFÜGUNGSZEITEN Pädagogische Qualität kann für das einzelne Kind Zeit, in der kindbezogene Planungen und spürbar nur dann erreicht werden, wenn es seinem Reflektionen erledigt werden: Entwicklungsstand entsprechend und seine Persön- • Konzeptionserstellung lichkeit berücksichtigend begleitet und gefördert • regelmäßige Dokumentation und Evaluation zur wird. Um diese anspruchsvolle Aufgabe annähernd Erfassung der Wirksamkeit; evtl. Planung erfüllen zu können, ist es unabdingbar, dass den weiterer Maßnahmen Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen aus- • Gespräche mit den Eltern, Vorbereitung von 22 reichend Verfügungszeit bereitgestellt und verbind- Elterngesprächen und Elternabenden lich festgeschrieben wird. • Erstellung förderungsrelevanter Akten, z.B. Sprachstandserhebungen, Dokumentation der Zeit, in der man mit einem Kind gemeinsam Lern- und Entwicklungsschritte usw. beschäftigt ist: • Anleitung von Praktikanten und Praktikantinnen, • Dokumentation von Lern- und Erstellen von Ausbildungsplänen, Gespräche mit Bildungsgeschichten, zusammen mit dem Kind den Ausbildungsstätten, Praxisberichte • Gestaltung von Portfolios, gemeinsam mit den • Vorbereitung besonderer Angebote wie Feste, Kindern oder auch dem einzelnen Kind gruppenübergreifende Projekte u.a. • Planung der pädagogischen Arbeit unter • Teambesprechungen Einbeziehung der Kinder / des Kindes • interdisziplinäre Arbeit, Vernetzung im • alltägliche Einkäufe und Besorgungen, die mit Sozialraum, Kooperationen mit Grundschulen u.a. den Kindern erledigt werden • Interview mit dem einzelnen Kind Voraussetzungen hierfür sind: und Reflektion seiner Befindlichkeit • Gewährung von zusätzlicher Zeit für mittelbare • systematisches Beobachten der individuellen pädagogische Tätigkeiten für alle Erzieherinnen Lernschritte und Entwicklungsstufen. und Erzieher ohne Anrechnung auf die eigentliche Arbeit mit den Kindern • verbindliche Vereinbarungen und Festschreibung von Verfügungszeiten (Träger, Dienstplan).
WER FREUDE AN DER ARBEIT HAT, IST IMSTANDE VIELES ZU LEISTEN Marion Gräfin Dönhoff ATTRAKTIVITÄT DES ERZIEHERBERUFES Soziale Berufe sind nicht sehr begehrt! Sie werden • Wahrnehmung fachspezifischer Fort- und in der Regel schlecht vergütet und sorgen wegen Weiterbildungen des gravierenden Fachkräftemangels und der un- • Möglichkeit berufsbegleitend das Studium zureichenden Rahmenbedingungen für permanente „Kindheitspädagogik“ zu absolvieren Überforderung. • größere Durchlässigkeit für Höherqualifizierung. 24 Ob die pädagogische Arbeit in Kindertageseinrich- Mit diesen Maßnahmen würde das Stigma des tungen zukünftig im erforderlichen Maße geleistet „Sackgassenberufes“ aufgehoben. werden kann, wird zunehmend davon abhängen, welche Rahmenbedingungen gegeben sind und wie die Fachkräfte motiviert sind. Gemeint sind hier Darüber hinaus bedarf es: Fachkraft-Kind-Relation, ausreichende, verbindlich festgeschriebene Verfügungszeiten für die mittelba- • entlastender Angebote wie kollegiale Beratung, re pädagogische Arbeit und geregelte Arbeits- und Supervision, die zum Standard gehören müssen Pausenzeiten. • Implementierung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements zur Prävention auf der einen und zur Eindämmung der durch Voraussetzungen zur Steigerung der andauernde Überlastung bedingten Attraktivität sind: Erkrankungen und Langzeitausfälle auf der anderen Seite. • adäquate Rahmenbedingungen (wie an anderen Stellen bereits benannt) • eine der Belastung und Verantwortung, aber auch der Leistung und der Professionalisierung entsprechende Bezahlung
WAS KINDER BETRIFFT, BETRIFFT DIE MENSCHEN Maria Montessori BEDARFE VON ELTERN/WIRTSCHAFT BEDÜRFNISSE DER KINDER Der Bedarf von Eltern ist nicht immer Voraussetzungen: gleichzusetzen mit den Bedürfnissen der Kinder. • Eltern müssen Wahlmöglichkeiten geboten Der Bedarf von Eltern (der sich oft aus den Forde- werden, die es ihnen ermöglichen, trotz rungen der Arbeitgeber ergibt) fordert eine hohe arbeitsbedingter Anforderungen auch den Flexibilität von Betreuungszeiten ein. Bedürfnissen ihrer Kinder gerecht zu werden. 26 • Für das Zustandekommen dieser Die Bedürfnisse von Kindern jedoch sind Sicherheit Wahlmöglichkeiten müssen Politik, Wirtschaft und Verlässlichkeit. Dies geben ihnen feste Bezugs- und die Eltern gleichermaßen Verantwortung personen, regelmäßige Abläufe, Struktur und Kin- übernehmen, ihren Beitrag leisten und dergruppen, in denen sie Freunde und Spielpartner Flexibilität zeigen. finden. Es entspricht nicht ihrem Bedürfnis, täglich • Wahrnehmung und Durchsetzen der Interessen oder wöchentlich zu unterschiedlichen Zeiten die der Kinder erfolgt durch Erwachsene (Eltern, Kindertageseinrichtung zu besuchen. Erzieher und Erzieherinnen usw.). Die Kinder sind auf starke Unterstützung angewiesen. Sie Dazu müssen sie sich immer wieder neu auf andere können ihre Bedürfnisse weder adäquat Betreuungspersonen und andere Kinder einlassen. artikulieren noch durchsetzen. Dies führt u.U. zu unnötigem Vertrauens- und • Es müssen Zeiten gewährt werden, in Bindungsverlust, zu Brüchen, die das Kind verunsi- denen auch Kinder „Urlaub“ von der chern und in seiner Entwicklung beeinträchtigen. Kindertageseinrichtung haben.
NUR EINES IST AUF DAUER TEURER ALS BILDUNG, KEINE BILDUNG John F. Kennedy FINANZIERUNG VON KINDERTAGESEINRICHTUNGEN Bildung braucht vielfältige Investitionen. Konsequenz hieraus ist, dass die Qualität der Kin- Dauerhaft gesichert sind sie gut angelegtes Geld. derbetreuung schlechter ist, als sie alternativ sein Deshalb lehnt die KEG Sparmaßnahmen im Bil- könnte. dungsbereich entschieden ab. Werden Kindertages- einrichtungen nicht auskömmlich finanziert, gefähr- Auch mangelt es an Planungssicherheit, wenn eine det dies die Qualität der pädagogischen Angebote. verlässliche, gerechte, transparente und effektive 28 Finanzierung fehlt. Jahr für Jahr wenden Bund, Län- Es ist allgemeiner politischer Wille, die Qualität der der und Gemeinden Abermillionen von Euro für die Arbeit in den Kindertageseinrichtungen bundesweit Bezuschussung frühkindlicher Bildungsprojekte auf, zu fördern und weiterzuentwickeln. Dies begrüßt jedoch mangelt es an verbindlichen Zusagen an die und unterstützt die KEG ausdrücklich! Sie fordert Träger von Kindertageseinrichtungen auf mittlere Bund, Länder und Gemeinden auf, die Finanzmittel und längere Sicht. Es ist dringend nötig, die Finanz- streng nach Zweckbestimmung effektiv einzusetzen. mittel und Steuergelder dauerhaft, zielgenau und nicht nach dem „Gießkannenprinzip“ einzusetzen. Die Umsetzung des sogenannten „Gute-Kita-Geset- zes“ in den einzelnen Bundesländern zeigt, dass in Aus Sicht der KEG muss der Qualität der Kinderta- der Praxis die Prioritäten höchst fragwürdig gesetzt gesbetreuung höchste Priorität eingeräumt werden! werden. So wird allen, auch finanz-starken Eltern, Die Sicherung der Lebensbedingungen von Kindern die das nicht bräuchten, Beitragsfreiheit der Kita- auf hohem Niveau ist eine gesamtgesellschaftliche nutzung gewährt (siehe Punkt Beitragsfreiheit). Aufgabe. Deren sichere und auskömmliche Finan- zierung ist Aufgabe des Staates. Folge ist, dass für die eigentliche Zweckbestim- mung, nämlich Qualitätssicherung und Weiterent- Die Erfüllung dieser Aufgabe hat sich an den Er- wicklung der Kindertagesbetreuungsangebote, die fordernissen für eine gute Entwicklung und das notwendigen finanziellen Mittel fehlen. Die fatale gesunde Aufwachsen der Kinder zu orientieren.
Eltern, Erzieher und Erzieherinnen, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft sichern deren Qualität in täglichem Engagement. Von höchster Bedeutung für die Qualitätssicherung ist also die Entwicklung und Festschreibung der Kindertagesbetreuungsfinanzierungskonzepte. Diese 29 müssen aus Sicht der KEG als solide und verläss- liche Grundlage für die Träger von Kindertagesein- richtungen geeignet sein. BEITRAGSFREIHEIT Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung! Nach Meinung der KEG ist eine Beitragsfreiheit der Eltern nur dann möglich, wenn qualitativ hochwer- Die KEG unterstützt grundsätzlich Beitragsfreiheit tige Verbesserungen der Rahmenbedingungen für der institutionellen Bildungsangebote! Dies schließt Kinder und Fachkräfte in den Kindertageseinrich- natürlich auch den frühkindlichen Bildungsbereich tungen garantiert und umgesetzt werden. mit ein. 30 Da vor wenigen Jahren die Studiengebühren für Universitäten und Hochschulen abgeschafft wurden, soll jetzt auch die Bildung und Betreuung in Kinder- tageseinrichtungen für Eltern kostenfrei sein. Die KEG unterstützt diese Bemühungen. Nur wenige Bundesländer, die mit dem Bund auf der Grundlage des „Gute-Kita-Gesetzes“ Verträge mit der Bundesregierung abgeschlossen haben, setzen das zur Verfügung gestellte Geld ausschließ- lich für Qualitätssicherung und Qualitätsweiterent- wicklung ein. Die meisten Bundesländer verwenden einen Großteil der finanziellen Mittel zur Beitragssenkung bzw. Beitragsfreiheit der elterlichen Kostenbeteiligung für Kindertagesbetreuung.
DIE KEG BLICKT MIT SORGE IN DIE ZUKUNFT, WEIL » sie trotz des „Gute-Kita-Gesetzes“ eine Ver- » dies eine Absenkung des Erziehungs- und schlechterung im so wichtigen frühkindlichen Bildungsniveaus zur Folge haben wird, was Bildungsbereich und somit negative Auswirkun- negative Auswirkungen vor allem für die Kinder gen auf die Gesellschaft in Deutschland bedeutet, die außerfamiliär auf eine gute Be- befürchtet. gleitung und Förderung angewiesen sind. » viele derzeit im Kindertagesbetreuungsbereich » die KEG befürchtet, dass finanzstarke Eltern – 31 tätigen Erzieherinnen und Erzieher in den ähnlich wie bei den Schulen – eine gute und kommenden Jahren in den Ruhestand gehen teure Betreuung in künftig verstärkt entste- werden und schon für deren jetzige Aufgaben- henden Privatkindertageseinrichtungen ein- bereiche nicht genügend Nachfolgerinnen und kaufen werden, da ihnen die so wichtige Nachfolger zur Verfügung stehen. Qualität pädagogischer Angebote nur dort ge- währleistet scheint. » eine weitere Ausweitung von Betreuungszeiten und Einsatzorten, z.B. durch eine gesetzlich » Kinder aus bildungsfernen Familien haben verankerte Ganztagsbetreuung in den keine Chancen ihr Bildungsniveau zu Schulklassen 1-4, diese Situation zusätzlich steigern und einen höheren Bildungsabschluss verschärfen wird. zu absolvieren, da die geschaffenen Strukturen ihnen den sozialen Aufstieg verhindern und » sie befürchtet, dass die Ausbildung unter die Statusunterschiede eher gefestigt als diesem Druck schlechter wird oder auch beseitigt werden. unausgebildetes Personal zum Einsatz kommen muss, um wenigstens eine Beaufsichtigung der Dies ist ein Makel, der im deutschen Bildungs- betroffenen Kinder gewährleisten zu können. system immer wieder angemahnt wird und sich eigentlich doch ins Positive wandeln sollte. DIE KEG APPELLIERT Kindertageseinrichtungen sind für ein Kind der das Wohl des Kindes in den Vordergrund allen Einstieg in das Bildungs- und Erziehungssystem Bemühens zu stellen! unseres Landes, für manche schon ein Jahr nach ihrer Geburt. » Pädagogische Fachkräfte verdienen eine hohe Anerkennung und Wertschätzung für ihre » Je früher Kinder in Institutionen betreut gesellschaftlich wichtige und zukunftsaus- 32 werden, je länger sich ihr Aufenthalt dort gerichtete Tätigkeit. Dazu gehört auch die gestaltet, umso besser müssen diese angemessene Bezahlung! Institutionen ausgestattet sein – finanziell, materiell, personell und mit ausreichenden » Die KEG warnt davor gleichzeitig Zeitanteilen, die den einzelnen Kindern, den • längere Betreuungszeiten, Eltern und dem pädagogischen Fachpersonal • weniger Schließzeiten, zugute kommen! • eine höhere Fachkraft-Kind-Relation und » Alle Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und • obendrein noch Beitragsfreiheit für Gesellschaft müssen ihre Positionen, Funktionen Eltern zu versprechen, und Verantwortlichkeiten dazu nutzen, das erste weil damit Begehrlichkeiten geweckt werden, Bildungssystem unseres Landes, die frühkind- die unter den jetzigen Rahmenbedingungen liche Bildung, in dem ihnen möglichen Maße zu nicht erfüllt werden können und zu Lasten der unterstützen und zu fördern! Kinder gehen würden! » Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe bedarf » Pädagoginnen und Pädagogen dürfen bei ihrer einer engen Zusammenarbeit aller Professionen wichtigen Aufgabe, Kinder in ihrer Entwicklung und einer guten Kommunikation auf Augenhöhe. zu bilden, zu betreuen und zu erziehen, nicht Es ist eine gemeinsame Anstrengung, immer allein gelassen werden!
DAHER FORDERT DIE KEG FÜR DEN KINDERTAGESBETREUUNGSBEREICH: » Verbesserung der personellen, finanziellen und materiellen Rahmenbedingungen » Qualitätssicherung und Qualitätsweiter- entwicklung als oberste Priorität » Reform der Erzieherausbildung 33 » leistungsgerechte Bezahlung; tarifliche Entlohnungssysteme bundesweit, um Abwanderungen zu vermeiden » politische und gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung der frühkindlichen Bildungs- und Erziehungsarbeit. WIR SIND NICHT NUR FÜR UNSER TUN VERANTWORTLICH, SONDERN AUCH FÜR DAS, WAS WIR NICHT TUN Molière
IMPRESSUM Katholische Erziehergemeinschaft Deutschland Christliche Erziehergemeinschaft Der Verband für Pädagoginnen und Pädagogen aus allen Bildungsbereichen von der Kindertagesein- richtung bis zur Hochschule ist mit seinen CEG- und KEG-Landesverbänden in den Bundesländern vertreten. Katholische Erziehergemeinschaft Herzogspitalstraße 13/IV 80331 München Bundesvorsitzende: Gerlinde Kohl Satz/Layout: ®K-DESIGNBÜRO, Dortmund www.rk-designbuero.de Bilder: stock.adobe.com, unsplash.com Text erarbeitet durch den Sozialpädagogischen Arbeitskreis der KEG Deutschlands und verabschiedet am 14. März 2020 beim Delegiertentag der KEG in Augsburg Aktuelle Informationen zu den Landesverbänden finden Sie unter: www.keg-deutschland.de
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