PR0GRAMMZEITUNG Das Kulturmagazin für den Raum Basel - Getrübtes Jubiläum: Kultkinos Rabenklänge mit Zehnder & Friends Collage-Meisterin Hannah ...

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PR0GRAMMZEITUNG Das Kulturmagazin für den Raum Basel - Getrübtes Jubiläum: Kultkinos Rabenklänge mit Zehnder & Friends Collage-Meisterin Hannah ...
PR0GRAMMZEITUNG
Das Kulturmagazin für den Raum Basel

Januar 2008                                               Getrübtes Jubiläum: Kultkinos
Nr. 225 | 21. Jahrgang | CHF 6.90 | Euro 5 | Abo CHF 69
                                                          Rabenklänge mit Zehnder & Friends
                                                          Collage-Meisterin Hannah Höch
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HAUSKULTUR                                         POETISCH INS NEUE JAHR!
                                                   Editorial

db. Was für ein Jahr, dieses 2007! Bescherte       ‹Imagine› sang John Lennon 1971 und gab Anregungen für eine bessere Welt, die
uns die tollste Überraschung kurz vor Schluss:     immer noch gelten. Auch auf lokaler Ebene lässt sich manche Verbesserung vorstellen,
den grandiosen Bundesratscoup. Das Bewusst-        die sich nicht in neuen Formen erschöpft. Über neue Inhalte machen sich z.B. die
sein, einen historischen Moment zu erleben,        InitiantInnen von ‹Kulturstadt-Jetzt› Gedanken. Seit fünf Jahren plädieren und kämp-
wirkte beflügelnd. Nun ist der Alltag zurück       fen sie auch politisch für eine lebendige, menschen-, kultur- und wirtschaftsfreund-
und unser verrücktes Jubiläumsjahr vorbei.
                                                   liche Stadt. Nun wollen sie noch einen Zacken zulegen, nicht nur Missstände auf-
Finanziell wird es uns freilich noch eine Weile
                                                   zeigen, sondern weiterhin Vorschläge ausarbeiten und zu Aktionen anstiften. Jeden
beschäftigen ...
                                                   Monat wird 2008 im Parlament ein neuer Vorstoss in Sachen Kultur deponiert, nach
Die Abopreise im Inland bleiben wie bereits
angekündigt unverändert, obwohl die Pro-           dem Motto: Visionen statt Kritik. Zum Beispiel zum Münsterplatz, einem der schöns-
grammZeitung von der drastisch reduzierten         ten Orte der Stadt, viel zu lange als Parkplatz missbraucht. Wie kann er bespielt und
Presseförderung des Bundes betroffen ist und       belebt werden, ohne seine Erhabenheit zu verlieren?
dadurch massiv höhere Postgebühren in Kauf         ‹Kulturstadt Jetzt› mit seinem Kapitän Tino Krattiger schlägt nun vor, diesem Platz das
nehmen muss. Dass jedes Vereinsblatt hier          ‹Wort› zu widmen, die Poesie. Denn eigentlich ist dieses Element schon vielgestaltig
bessere Chancen hat, ist allerdings ein ärgerli-   vorhanden: die Pfalz und der Panoramablick von dort, die Bäume und das historische
cher Systemfehler.                                 Ambiente, das Münster und sein Kreuzgang – reine Poesie. Dazu vor Ort die Allge-
Neu ist die ProgrammZeitung am Sonntagvor-         meine Lesegesellschaft und das Museum der Kulturen und in der Nähe das Erasmus-
mittag neben den grossen Sonntagszeitungen
                                                   haus, das Literaturhaus, die Kulturzeitung der Stadt etc. Genügend Komponenten und
des Landes an vier Standplätzen zu erwerben:
                                                   potenzielle Partner für mehr als ein festliches Wochenende des Wortes. Auch an
beim SBB Haupteingang, bei der Heiliggeist-
                                                   Programmideen fehlt es nicht: Liebesbriefe sollen in den Bäumen hängen, Lyrik von
kirche (vor Sutterbegg), beim Schützenhaus
(vor dem Kiosk) und am Claraplatz. Die private     den Münstertürmen schallen, Verseschmiede und Liedsängerinnen zirkulieren, eine
Initiative von Mickael Eriksson, City Hotspot      Predigt in Reimen erklingen, Hörspiele, Erzählcafé, Buchtauschbörse, Café Philo,
Monitoring, fördert die Tradition des Strassen-    Zeitungs-Workshops usw. angeboten werden. Kurz: Kulturelle Belebung statt Deko-
verkaufs und die soziale Funktion des Ver-         ration heisst die Devise, die natürlich auch für andere öffentliche Plätze, das Rhein-
kaufspersonals.                                    bord, das Kasernenareal oder die sogenannten Boulevards gilt. Um solche ‹Feste des
Unsere Tramwerbung wird mit neuen Sujets           Geistes und der Sinne› würden andere Städte die ‹Wortstadt› Basel beneiden, ist Tino
weitergeführt und ist im Baselbiet ebenso zu       Krattiger überzeugt.
finden wie in der Stadt.                           Dem Wort, genauer der Lyrik ist auch die aktuelle Ausgabe der ‹Gazzetta› von Pro Lit-
Sowohl AbonnentInnen als auch ‹nur› Lesen-
                                                   teris gewidmet. Zweimal pro Jahr gibt die schweizerische Urheberrechtsgesellschaft
de der ProgrammZeitung können an unseren
                                                   für Literatur und bildende Kunst diese Zeitschrift heraus, die jeweils über die Tätigkeit
Verlosungen teilnehmen, es gibt Kinotickets
                                                   der Organisation informiert sowie Texte und Bilder zu einem speziellen Thema ab-
zu Trigon-Filmen und Museums-Jahrespässe
zu gewinnen. Beachten Sie bitte S. 71 und un-      druckt. Das neue Heft enthält neben einigen Porträts u.a. Artikel zu Schweizer Lyrik
sere Website.                                      und Politik, zu SMS-Gedichten, Poesie im Internet, Kinderlyrik und Slam Poetry.
Last but not least betreut ab sofort Roman         Zudem haben über 40 AutorInnen ihr Lieblingsgedicht mit Kommentar beigesteuert.
Benz im Wechsel mit Oliver Lüdi die redaktio-      Damit wird ein spannender Einblick in die Lyrik der Gegenwart geboten.
nelle Seite ‹Buchbesprechung› (S. 12), derweil     Jeden Tag des neuen Jahres poetisch beginnen kann man übrigens mit dem von
Corina Lanfranchi an einem Buchprojekt             Michael Braun zusammengestellten Lyrikkalender 2008 des Deutschlandfunks ( DLF ),
arbeitet.                                          der vor einem Jahr erstmals erschien und reissenden Absatz fand. Es ist eine so ori-
Bleibt noch zu danken. Für alle Wertschätzung      ginelle wie aufwändige Sammlung; jedes Gedicht ist rückseitig mit erhellenden
und Unterstützung, für Anregungen und Kon-
                                                   Erläuterungen zu Text und AutorIn versehen. Der Mix der (deutschsprachigen)
takte. Wir wünschen Ihnen einen guten Start
                                                   Gedichte ist bunt, Barockes folgt auf Heutiges, Bekanntes auf Entlegenes, Düsteres auf
ins neue Jahr!
                                                   Humoriges. Wer DLF hört, kommt zudem dreimal täglich in den Genuss der von nam-
Abb. Foto-Impressionen aus Buenos Aires, er-       haften Theaterprofis gesprochenen Texte. Eine Prise Poesie pro Tag macht das Leben
scheinen im Frühjahr in Buchform im Verlag La
                                                   einfach erträglicher! | Dagmar Brunner
Marca Editora. Fotos: Daniel Spehr, Kathrin
Schulthess, Guido Indij. Infos: www.spehr.ch       www.kulturstadt-jetzt.ch, www.prolitteris.ch
                                                   Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008. Für jeden Tag ein Gedicht, ausgewählt von Michael Braun.
                                                   Verlag das Wunderhorn, CHF 41

                                                                                                   JANUAR 2008    | PROGRAMM ZEITUNG | 3
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IMPRESSUM

                                                        Herausgeberin                                     ProgrammZeitung Nr. 225
                                                        ProgrammZeitung Verlags AG                        Januar 2008, 21. Jahrgang, ISSN 1422-6898
                                                        Gerbergasse 30, Postfach 312, 4001 Basel          Auflage: 5000, erscheint 11 Mal pro Jahr
                                                        T 061 262 20 40, F 061 262 20 39
                                                                                                          Abonnemente
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                                                        www.programmzeitung.ch
                                                                                                          CHF 69, Ausland CHF 79
                                                                                                          Ausbildungsabo: CHF 49 (mit Ausweiskopie)
                                                        Verlagsleitung
                                                                                                          Förderabo: ab CHF 169 *
                                                        Roland Strub, strub@programmzeitung.ch
                                                                                                          abo@programmzeitung.ch
                                                        Redaktionsleitung                                 Abobestelltalon ÞS. 40
                                                        Dagmar Brunner, brunner@programmzeitung.ch        Online-Tagesagenda gratis

                                                        Redaktion | Korrektur                             Redaktionsschluss Februar 2008
                                                        Christopher Zimmer, zimmer@programmzeitung.ch     Veranstalter-Beiträge ‹Kultur-Szene›: Mi 2.1.
                                                                                                          Redaktionelle Beiträge: Mo 7.1.
                                                        Kultur-Szene                                      Agenda: Do 10.1.
                                                        Barbara Helfer, helfer@programmzeitung.ch         Inserate: Mo 14.1.
                                                        Agenda                                            Erscheinungstermin: Do 31.1.
                                                        Ursula Correia, agenda@programmzeitung.ch         Verkaufsstellen ProgrammZeitung
                                                        Inserate                                          Ausgewählte Kioske, Buchhandlungen und
                                                        Claudia Schweizer, schweizer@programmzeitung.ch   Kulturhäuser im Raum Basel

Cover: Ökomedien                                        Abo | Administration                              Für unverlangt eingesandte Manuskripte und
db. Klimaerwärmung, Luftverschmutzung, Was-             Philipp Brugger, brugger@programmzeitung.ch       Fotos übernimmt die Redaktion keine Haftung;
serknappheit etc. sind globale Bedrohungen ge-                                                            für Fehlinformationen ist sie nicht verantwort-
                                                        Projekte                                          lich. Textkürzungen und Bildveränderungen
worden. Eine zweiteilige Ausstellung im Plug-in         Roman Benz, benz@programmzeitung.ch               behält sie sich vor. Die AutorInnen verantworten
zeigt, wie MedienkünstlerInnen mit den bren-
                                                        Gestaltung                                        den Inhalt ihrer Beiträge selbst. Abos verlängern
nenden Umweltfragen umgehen. Sie präsentiert                                                              sich nach Ablauf eines Jahres automatisch.
                                                        Anke Häckell, haeckell@programmzeitung.ch
Projekte, die auf progressiven Vorstellungen
                                                        Livie Davatz, liviedavatz@gmx.ch                  * Die ProgrammZeitung ist als gemeinnützig
von Ökologie beruhen und dabei utopische Hori-
                                                                                                          anerkannter Kulturbetrieb auf finanzielle
zonte entwerfen. Sie wird von zahlreichen Ver-          Druck
                                                                                                          Unterstützung angewiesen. Beiträge von mindes-
anstaltungen begleitet.                                 Schwabe AG, Farnsburgerstrasse 8, Muttenz
                                                                                                          tens CHF 100 über den Abo-Betrag hinaus
: ab Fr 18.1., 18.00, bis So 23.3.,          T 061 467 85 85, www.schwabe.ch
                                                                                                          sind als Spenden vom steuerbaren Einkommen
www.iplugin.org. Projekt: Insa Winkler, Eichel-         Visuelles Konzept                                 abziehbar. Helfen auch Sie uns durch ein Förder-
schweinrennen, 2007. Foto: Bernd Eylers                 Susan Knapp, Karo Grafik und Verlag               abo (ab CHF 169).

        4OP  (yRB~CHER                                                                     5NSER (yRBUCH 4IPP
         #HOCOLAT                                                                                             ,IEBE 3ABINE $AS MEHR ODER
           *OANNE (ARRIS  -AUD !CKERMANN GELESEN                                                               WENIGER TRAGISCHE %NDE
             -IN \ 'EK~RZTE ,ESUNG \ #(&                                                                EINER TOTAL TOLLEN "EZIEHUNG

                                                                                                                 *AN 7EILER  !NNETTE &RIER
         5NVERGiSSLICHI 'SCHICHTE                                                                             U! GELESEN
           %MIL 3TEINBERGER
                                                                                                                  -IN \ (yRSPIEL \ #(& 
             -IN \ +ABARETT \ #(& ¯
                                                                                                                 )3".     

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                                                                                        SPRICHT HiTTE EIGENTLICH NUR IN DER GEK~RZTEN "RIEFFORM
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                                                                                        )NNEN DANACH 5WES UNZENSIERTEN 7UT UND 'EF~HLS
                                                                                        AUSBR~CHEN UNTERBROCHEN VON 3ABINES BISSIGEN
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4   | PROGRAMM ZEITUNG | JANUAR 2008
PR0GRAMMZEITUNG Das Kulturmagazin für den Raum Basel - Getrübtes Jubiläum: Kultkinos Rabenklänge mit Zehnder & Friends Collage-Meisterin Hannah ...
INHALT

REDAKTION     Warum ist Basel ein hartes Kinopflaster? Zum Jubiläum und zur (Schief-)Lage der Kultkinos | Alfred Schlienger         8|9
              Klangvolles Krächzen Christian Zehnder präsentiert mit Freunden seine neue Produktion  | Alfred Ziltener         11
              Ein Höchstmass an Freiheit Die Collage-Meisterin Hannah Höch im Museum Tinguely | Sibylle Ryser                        16

              Solider Einstieg in die zweite Spielzeit Schauspiel am Theater Basel – ein Rück- und Ausblick | Dominique Spirgi          7
              Notizen Kurzmeldungen, Tipps und Hinweise | Dagmar Brunner (db), Christopher Zimmer (cz), Pia Zeugin (pz)            8—19
              Emotionen pur Michael Fingers erster Film  erzählt vom Umgang mit Verlusten | Alfred Schlienger                  9
              Intime Grösse Der Bird’s Eye Jazz Club startet mit vielseitigem Programm ins neue Jahr | Christopher Zimmer              10
              Geheimnisvoll Die Basel Sinfonietta führt eine Komposition von A.L. Scartazzini auf | Alfred Ziltener                     11
              Ménage à trois Arnold Stadlers neuer (Liebes-)Roman  | Roman Benz                                       12
              Wiederverzauberte Welt Rüdiger Safranski stellt sein reichhaltiges Buch über die Romantik vor | Alexandra Stäheli        13
              Reisen in Kopf und Welt Die -Lesungen berichten vom Unterwegssein | Christopher Zimmer                      14
              Mit realistischem Blick Die US-amerikanische Jugendbuchautorin Coe Booth gastiert im Laurenz-Haus | Martin Zingg         15
              Verbarium Kleine Ausflüge ins Wesen der Verben, z.B.  | Adrian Portmann                                          15
              Attraktive Archive An der 8. Basler Museumsnacht geben über 30 Häuser Einblick in ihre Schätze | Pia Zeugin              17
              Humor hilft! Die Ausstellung  im Karikatur & Cartoon Museum thematisiert Tabus | Dagmar Brunner              18
              Patente Schwestern und Tanten Wie lebten ledige Frauen vor 50 bis 100 Jahren in der Schweiz? | Dagmar Brunner            19
              Rocknews Newsletter des RFV, Rockfördervereins der Region Basel | Lisa Mathys                                       20 | 21

KULTURSZENE   Gastseiten der Veranstaltenden             22—48     Off Beat & Jazzschule Basel                  31
              Plattform.bl                               33—40     Parterre                                    30

                                                                                                                                    Bally Schuhfabrik A.G., Schönenwerd, um 1920/30
                                                                                                                                          Ausstellung ‹Che Bandoneón›, Tangoschuhe,
                                                                   Paul Giger | Uraufführung                   32
              Film
              Kultkino Atelier | Camera | Club | Movie       43    Kunst
              Landkino                                       37    Aargauer Kunsthaus Aarau                    46
              Stadtkino Basel                                42    Ausstellungsraum Klingental                 47
                                                                   Fondation Beyeler                           44
              Theater | Tanz
                                                                   Karikatur- und Cartoon Museum Basel         48
              Galli Theater Basel                            24
                                                                   Kunsthalle Basel                            47
              Goetheanum-Bühne                               34
                                                                   Kunsthalle Palazzo Liestal                  38
              Neues Theater am Bhf Dornach | NTaB            34
                                                                   Kunsthaus Baselland                         47
              Theater auf dem Lande                          33
                                                                   Kunstmuseum Basel                           44
              Theater Basel                                  23
                                                                   Museum Tinguely                             45
              Theater Roxy                                   35
              Theater im Teufelhof                           24    Kinder
              Vorstadttheater Basel                          22    Basler Marionetten Theater                  33
                                                                   K-Werk — Bildschule bis 16                  27
              Literatur
              Lyrik im Od-Theater                             25   Diverse
              Wintergäste 2008                           36 | 37   Burghof Lörrach                             25
                                                                   Feldenkrais — Bewegung — Raum               29
              Musik
                                                                   Forum für Zeitfragen                        27
              Asasello Quartett                              41
                                                                   Imprimerie Basel                            46
              Basel Sinfonietta                              39
                                                                   Kaserne Basel                               23
              The Bird’s Eye Jazz Club                       30
                                                                   Kulturforum Laufen                          38
              Ensemble Erzsebet Basel                        32
                                                                   Kulturraum Marabu Gelterkinden              38
              Gare du Nord                                   39
                                                                   Kulturscheune Liestal                       38
              Heiliggeistkirche Basel                        41
                                                                   Naturhistorisches Museum Basel              48
              Kammermusik Basel                              42
                                                                   Nellie Nashorn                              24
              Kammermusik um halb acht                       42
                                                                   Offene Kirche Elisabethen                   32
              Kuppel                                         30
                                                                   Théâtre La Coupole St-Louis                 25
              Mimiko                                         30
                                                                   Theater Palazzo Liestal                     33
              Music Now & All Blues                           31
                                                                   Unternehmen Mitte                      28 | 29
              Musique des Lumières 07—08                     39
                                                                   Volkshochschule beider Basel                29
                                                                   Werkraum Warteck pp                         26

AGENDA                                                   49—63
                                                                        Mehr Kulturanlässe in der kostenlosen Tagesagenda
SERVICE       Abobestellung                                  40         www.programmzeitung.ch|heute
              Verlosung Kultkinos                             71

              Museen | Kunsträume                         64—67
              Veranstalteradressen                       68 | 69
              Restaurants, Bars & Cafés                       70
                                                                                                JANUAR 2008   | PROGRAMM ZEITUNG | 5
PR0GRAMMZEITUNG Das Kulturmagazin für den Raum Basel - Getrübtes Jubiläum: Kultkinos Rabenklänge mit Zehnder & Friends Collage-Meisterin Hannah ...
THIERRY LANG
   LYOBA

LYOBA
Traditionelle Musik aus Freiburg – arrangiert von Thierry Lang
Le Ranz des vaches (J. Bovet)              Thierry Lang, Piano (Steinway Modell D)
Nouthra Dona di Maortsè (J. Bovet)         Matthieu Michel, Jagdhorn, Trompete
                                           Heiri Känzig, Kontrabass, Perkussion
Chante en mon cœur pays aimé (P. Kaelin)
                                           Daniel Pezzotti, Violoncello
Adyu mon bi payi (P. Kaelin)               Andy Plattner, Violoncello
L’Immortelle de Jean (J. Bovet)            Daniel Schaerer, Violoncello
Nan (T. Lang)                              Ambrosius Huber, Violoncello

                           www.musiques-suisses.ch

                                                                                     Weiterbildung, die bewegt!

           Wo Kreativität                                                            Wo Kultur Kultur bleibt –
           Gestalt annimmt.                                                          und Management der Sache dient:

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           (Bachelor of Arts) an einer Informations-
                                                                                     Masterprogramm
           veranstaltung kennen:                                                     Kulturmanagement
           Studienort Basel
           Kunst | HyperWerk | Innenarchitektur
                                                                                     Informationsveranstaltung
           und Szenografie | Lehrberufe für                                          Studiengang 2008 - 2010: Beginn Oktober 2008
           Gestaltung und Kunst | Mode-Design
           Visuelle Kommunikation                                                    Donnerstag, 24. Januar 2008, 18.30 bis 20 Uhr
           Mittwoch, 16. Januar 2008, 19.00 Uhr
           Dienstag, 19. Februar 2008, 19.00 Uhr                                     Die Studienleitung informiert über das berufsbe-
           in der Aula, Vogelsangstrasse 15, 4058 Basel                              gleitende Weiterbildungsangebot:
                                                                                     Ziele, Studieninhalte, Dozierende, Methoden,
           Studienort Aarau                                                          Zulassung, Arbeitsaufwand, Zertifizierung usw.
           Industrial Design | Medienkunst                                           Anmeldung nicht erforderlich.
           Freitag, 22. Februar 2008, 16.00 Uhr
           im Vortragssaal, 3. Stock,                                                www.kulturmanagement.org
           Bahnhofstrasse 102, 5000 Aarau

                                                                                     SKM Studienzentrum              Rheinsprung 9
                                                                                         Kulturmanagement            CH-4051 Basel
                                                                                         Universität Basel           Tel. ++41 61 267 34 74

           Weitere Informationen über uns finden Sie auf
           www.fhnw.ch/hgk
PR0GRAMMZEITUNG Das Kulturmagazin für den Raum Basel - Getrübtes Jubiläum: Kultkinos Rabenklänge mit Zehnder & Friends Collage-Meisterin Hannah ...
KULTURPOLITIK

                   GBK
                   GENOSSENSCHAFT
                   BASLER
                   KLEINTHEATER
                                                   SOLIDER EINSTIEG IN DIE ZWEITE SPIELZEIT
                                                   Theater-Rück- und Ausblick
WWW.BASLERKLEINTHEATER.CH
                                                   Ein Jugend- und ein Kinderstück sind die zwei vorläufigen Höhepunkte der Schau-
                                                   spielsaison am Theater Basel.
                                                   Nicht grade wenig Druck lastete nach der ersten Spielzeit auf den Schultern der neuen
                                                   Mannschaft des Theater Basel. Mit weniger Geld in der Kasse sollten Georges Delnon
 WIR BIETEN NICHT                                  und seine Crew das grösste Dreispartenhaus der Schweiz auf Erfolgskurs trimmen

 NUR SPANNENDE                                     ohne dabei das internationale Renomee aufs Spiel zu setzen. Ein Beginn unter schwie-
                                                   rigen Vorzeichen: Die neue Theatermannschaft probierte einerseits aus, wagte Bühnen-
     KULTUR,                                       experimente, wie die Saisoneröffnung mit Anna Viebrocks Laederach-Projekt, und
                                                   scheiterte auf hohem Niveau; sie biederte sich auf der anderen Seite z.B. mit einer
  SONDERN AUCH                                     banalen Musicalproduktion an, was ebenfalls nicht gelang.
                                                   Alles in allem hinterliessen die Neuen am Theater Basel inhaltlich aber keinen
  ÜBER 100 VOLL-                                   schlechten Eindruck, was auf die zweite Spielzeit hoffen liess. Diese ist nun knapp vier

   ZEITSTELLEN.                                    Monate alt und weist bislang keine gescheiterten Experimente und keine anbiedern-
                                                   den Grossproduktionen vor. Es ist ein relativ mutiger Spielplan mit wenig vorder-
                                                   gründig ‹sicheren› Spielplanwerten – sogar beim obligaten Shakespeare hat man mit
                                                   dem selten gespielten Stück ‹Antonius und Cleopatra› tief in die Mottenkiste gegriffen
   IHRE BASLER                                     – und mit vielen Ur- und Erstaufführungen.
                                                   Der Auftakt im Schauspiel war bezeichnend für den bisherigen Eindruck: Auf die im
  KLEINTHEATER.                                    deutschsprachigen Raum weitgehend unbekannte, aber leichtfüssig inszenierte End-
                                                   zeit-Tragikomödie ‹Ein Morgen gibt es nicht› von Julien Green folgten mit dem sperri-
                                                   gen ‹Bambiland›-Text von Elfriede Jelinek und einer leider nur halbwegs mutigen
                                                   Interpretation von Lessings ‹Minna von Barnhelm› zwei markante Kontraste.
                                                   Junges Publikum ernst genommen
                                                   Am meisten zu überzeugen vermochte Schauspielchef Perrig, der mit seiner Inszenie-
    FAUTEUIL & N EUES TABOURETTLI                  rung von ‹Ein Morgen gibt es nicht› einmal mehr seine Fähigkeiten als ausserordent-
                          WWW.FAUTEUIL.CH
                                                   lich präziser Meister der Schauspieler-Führung mit einem feinen Sensorium für das
     BASLER MARIONETTEN THEATER                    richtige Timing und für bildstarke Bühnenmomente unter Beweis stellen konnte. Per-
                       WWW.BMTHEATER.CH
                                                   rig und das beherzt aufspielende Ensemble holten aus dem Stoff, der im dramatur-
                  BASELDYTSCHI BIHNI
           WWW.BASELDYTSCHIBIHNI.CH                gischen Aufbau irgendwo zwischen Ibsen und Goldoni liegt, das Beste heraus – ein
            BASLER KINDERTHEATER                   vergnüglicher Abend, nicht weniger, aber auch nicht mehr.
        WWW.BASLERKINDERTHEATER.CH
                                                   Die oben angeführten Adjektive treffen auch für Perrigs zweite aktuelle Inszenierung
          VORSTADTTHEATER BASEL                    zu, die Kinderproduktion ‹Die Brüder Löwenherz› nach dem gleichnamigen Roman
       WWW.VORSTADTTHEATERBASEL.CH
             T H E A T E R IM T E U F E L H O F    von Astrid Lindgren, die mit ihrer poetischen und bildlichen Kraft das ältere Publikum
                      WWW.TEUFELHOF.COM            beinahe noch mehr begeistert(e) als das ganz junge. Hier wird das Kinderstück ein-
          A T E L I E R -T
                         T HEATER RIEHEN           deutig als A-Produktion behandelt – ein Beweis dafür, dass es den Theaterleuten
             WWW.ATERLIERTHEATER.CH
                                                   wirklich ernst ist mit der erklärten Absicht, alles dafür zu tun, um mehr Jungvolk ins
           JUNGES THEATER BASEL
         WWW.JUNGESTHEATERBASEL.CH                 Haus zu locken. Dies gelingt auch mit ‹Next Level Parzival› von Tim Staffel, mit dem
          FIGURENTHEATER VAGABU                    Sebastian Nübling sein in Basel bereits hinlänglich bekanntes Talent als Brückenbauer
        WWW.THEATER.CH/VAGABU.HTML
                                                   zwischen jugendlichen Laien und erwachsenen Profis beweisen konnte. Die Kopro-
                          KASERNE BASEL            duktion mit der Ruhr-Triennale und dem Jungen Theater Basel führt auf mitreissend
                WWW.KASERNE-BASEL.CH
                                                   rasant-fetzige Art und Weise in eine ebenso hippe wie geheimnisvolle Aura zwischen
                        H A E B S E -T
                                     T HEATER
              WWW.HAEBSE-THEATER.CH                realer und virtueller Existenz.
                                D IE K U P P E L   Solide, aber wenig aufregend
                            WWW.KUPPEL.CH
              S U D H A U S W A R T E C K PP       Weniger geglückt als die Eröffnungsproduktion waren die Folgestücke: Regieneuling
                          WWW.SUDHAUS.CH           Marie Bues hat sich mit dem sperrigen Jelinek-Textungetüm ‹Bambiland› etwas gar
          KLEINKUNSTBÜHNE RAMPE                    viel vorgenommen. Ihre Inszenierung beginnt ungemein stark, flacht dann aber rasch
                     WWW.RAMPE-BASEL.CH
                                                   ab. Vielversprechend ist auch der Einstieg in Alexander Nerlichs Inszenierung von
                                   PARTERRE
                        WWW.PARTERRE.NET           Lessings ‹Minna von Barnhelm›, der die Bühnenfiguren als völlig kaputte Existenzen
                THEATER ARLECCHINO                 präsentiert, die vom langen Krieg zu brutalen Untoten entstellt sind. Leider vermag
         WWW.THEATER-ARLECCHINO.CH                 das Ensemble diesen Mut zur Hässlichkeit nicht lange genug zu halten, so dass der
                                    R A U M 33     Theaterabend mit der Zeit etwas holprig und papieren wird.
                           WWW.RAUM33.CH
                                                   Das bislang Gezeigte und ein Blick auf den restlichen Spielplan lassen weiter hoffen –
                THEATERFALLE BASEL
                   WWW.THEATERFALLE.CH             darauf, dass die neue Schauspielcrew einen Weg finden wird, der über den soliden und
                                                   vordergründig befriedigenden Stadttheaterhorizont hinausreicht. | Dominique Spirgi
SEKRETARIAT: RHEINGASSE 13                         Programm Theater Basel ÞS. 23
4058 BASEL | 061 683 28 28
BASLERKLEINTHEATER@BLUEWIN.CH

                                                                                                 JANUAR 2008   | PROGRAMM ZEITUNG | 7
PR0GRAMMZEITUNG Das Kulturmagazin für den Raum Basel - Getrübtes Jubiläum: Kultkinos Rabenklänge mit Zehnder & Friends Collage-Meisterin Hannah ...
FILM

     Team Kultkinos

                                                   WARUM IST BASEL EIN HARTES KINOPFLASTER?
NOTIZEN                                            30 Jahre Kultkino

                                                   Ein Gespräch zur aktuellen Lage mit den beiden Geschäftsleiterinnen Romy Gysin und
Heimisches Filmschaffen                            Suzanne Schweizer.
db. Zum 43. Mal zeigen die Solothurner Film-       Natürlich, ein Jubiläumsjahr würde man gerne anders feiern. Aber das erfahrene
tage eine repräsentative Auswahl neuer             Frauen-Duo, das die Geschicke der Kultkinos nun seit über 17 Jahren gemeinsam
Schweizer Produktionen verschiedener Gen-
                                                   lenkt, macht keine langen Umschweife: Das vergangene Jahr ist finanziell das schlech-
res und Längen. Die Werkschau 2007 wird mit
                                                   teste ihrer ganzen dreissigjährigen Geschichte. Nachdem schon 2006 ein Rückgang
dem Animationsfilm ‹Max & Co.› eröffnet, der
                                                   zu verzeichnen war, werden für 2007 nochmals um die 18 Prozent weniger Einnahmen
als teuerster Schweizer Film aller Zeiten schon
vor seiner Fertigstellung Lorbeeren kassierte.     in der Kasse erwartet. Das geht ans Lebendige. Und natürlich hat man nach Gründen
Insgesamt sind rund 300 Filme zu sehen,            gesucht. Liegts am zu schönen Wetter? Am vor einem Jahr eröffneten Multiplex? Am
darunter auch Musikclips, die zudem speziell       Konkurrenten DVD -Heimkino? Oder doch vor allem an den fehlenden Zugpferden im
juriert und an einem Podium diskutiert wer-        2007, mit denen man sonst die vielen kleineren Filme querfinanzieren konnte? Es
den. Die Retrospektive ist dem Zuger Theater-      spielt wohl alles zusammen, darin sind sich die beiden Geschäftsführerinnen einig.
und Filmschauspieler Walo Lüönd gewidmet.          Unklarheit herrscht aber darüber, ob der massive Rückgang als momentane Baisse
Im Programm sind auch etliche aktuelle Filme       oder als genereller, mit den bisherigen Mitteln nicht aufzuhaltender Abwärtstrend zu
aus dem benachbarten Ausland, und alle             interpretieren ist.
Begleitveranstaltungen finden erstmals im
Stadttheater Solothurn statt. Es werden zahl-      Mehr Brainstream
reiche Preise und Auszeichnungen verliehen.        2007 war für die ganze Kinobranche ein miserables Jahr. Das kann man aus den
43. Solothurner Filmtage: Mo 21. bis So 27.1.,     wöchentlich veröffentlichten Publikumszahlen aller Filme leicht ablesen. Aber anders
Programm: www.solothurnerfilmtage.ch               als die übrigen Kinobetreiber auf dem Platz Basel, die gern geschönte Berichte ver-
                                                   breiten, sich ganz bedeckt halten oder ihren Hauptumsatz mit Barbetrieb und Popcorn
Wissen weitergeben                                 machen, spielen Romy Gysin und Suzanne Schweizer auch hier mit offenen Karten.
db. Filme können die Welt verändern, davon
                                                   Sie überlegen sich konkret zwei gegensätzliche Strategien. Die eine nennen sie augen-
ist jedenfalls der Verein ‹Filme für die Erde›
                                                   zwinkernd ‹Glaube, Liebe, Hoffnung!›, will sagen: Geduld, das ist eine Durststrecke,
überzeugt. Der Ableger eines erfolgreichen
                                                   wie wir sie früher auch schon erlebt haben; die Leute kommen wieder, wenn die richti-
Projektes der Winterthurer Klimabewegung
‹myblueplanet› macht ausgewählte Dokumen-          gen Filme kommen! Die andere Strategie heisst ‹Klein, aber fein!› und bedeutet im
tarfilme, die sich mit globalen Problemen be-      Klartext, dass man ein bis zwei Säle zumacht. Schliessungskandidat Nummer eins:
fassen und zu nachhaltigem Handeln inspirie-       Das Kino Movie am Claraplatz. Kandidat Nummer zwei: Das Kino Club am Marktplatz.
ren, einem breiteren Publikum zugänglich,          Filmfans blutet das Herz.
indem er in Kampagnen gesponserte DVD s            Eines aber ist klar: So oder so wird es bei den Kultkinos keinerlei inhaltliche Abstriche
verteilt, die zum Weitergeben bestimmt sind.       geben. Man hat schliesslich – als wohl einzige Kinobetreiberin in der Schweiz – ein
Damit wird Wissen in Umlauf gebracht und           Leitbild, das besagt, dass Kulturmaximierung vor Profitmaximierung kommt. Kult-
Engagement gefördert. Von der Volkart-Stif-        kino-Filme müssen bestimmten inhaltlichen und ästhetischen Kriterien genügen und
tung anschubfinanziert und von viel Goodwill
                                                   sollen auf sinnliche Weise zur Reflexion anregen: Brainstream statt Mainstream eben.
unterstützt, hat die Idee bereits in verschiede-
                                                   «Und Pausenunterbrechungen, nur um mehr Snacks zu verkaufen, kämen uns nie in
nen Städten Verbündete gefunden. In Basel
                                                   den Sinn», sagt Suzanne Schweizer lachend, «auch wenn das Lokalblatt behauptet, ich
etwa sind das Jugendnetzwerk Idem und Mit-
glieder des Unternehmens Mitte aktiv, wo nun       hätte dies gesagt.» In den letzten Jahren haben die Kultkinos in ihren sieben Sälen
regelmässige Filmabende geplant sind. Nach         jeweils zwischen 150 und 180 Filme pro Jahr gezeigt. Bei der Teilschliessungsvariante
dem ersten Abend mit ‹The Oil Crash› des Bas-      würde dieses breite Angebot drastisch reduziert. Es wäre der sichere Tod für zahlreiche
lers Basil Gelpke ist als Nächstes ‹We Feed The    kleinere Filmperlen, die auf dem Platz Basel nie ins Kino kämen. Þ
World› zu sehen.
                                                   Abb. Romy Gysin, Olaf Kollodzinski, Ruth Grünenfelder, Suzanne Schweizer, Tobias Faust, Roman
‹We Feed The World›: Sa 5.2., 20.30, Mitte
                                                   Weiss (v.l.n.r.), Foto: Verena Moser
8   | PROGRAMM ZEITUNG | JANUAR 2008
PR0GRAMMZEITUNG Das Kulturmagazin für den Raum Basel - Getrübtes Jubiläum: Kultkinos Rabenklänge mit Zehnder & Friends Collage-Meisterin Hannah ...
FILM

                                                                                                                               Filmstill aus ‹Bersten›
                                                                                          EMOTIONEN PUR
                                                                                          Michael Fingers Film ‹Bersten›

                                                                                          Achtung: Anschnallen! Nicht physisch, son-
                                                                                          dern psychisch. Denn dieser Film ist eine emo-
                                                                                          tionale Geiselnahme. Michael Finger, bekannt
                                                                                          als vielfach ausgezeichneter Hauptdarsteller
                                                                                          in ‹Utopia Blues›, erzählt in seinem Regie-
                                                                                          Erstling drei Verlustgeschichten. Die allein-
                                                                                          erziehende Mutter Elena (Doro Müggler) ver-
Mehr Hindernisse                                                                          liert bei einem Verkehrsunfall ihren Freund.
Warum aber ist die Kulturstadt Basel für Studiofilme ein derart hartes Pflaster? Zürich   Die Ärztin Biela (Sonja Grüntzig) erleidet eine
                                                                                          Fehlgeburt. Und der junge Bauer Leachim
und Bern etwa melden seit Jahren auch in den Arthouse-Kinos bessere Zahlen. Da
                                                                                          (Kenneth Huber) findet seinen Vater von einem
spielt vieles zusammen. Im Vergleich zu Bern etwa bietet Basel ein bedeutend grösse-
                                                                                          Herzinfarkt niedergestreckt im Stall. Alle rea-
res Gesamtkulturangebot. Ein Überangebot? Zudem spielen die Studiokinos in Zürich
                                                                                          gieren sie äusserst heftig auf den schmerz-
und Bern auch ausgesprochene Mainstream-Filme. In Basel ist der Trend umgekehrt,          lichen Verlust. Und auch als ZuschauerIn wird
hier schnappen die gewinnorientierten Kinoketten den Kultkinos erfolgversprechende        man von der emotionalen Wucht dieser paral-
Filme weg, die klar im Studiokinobereich zu positionieren wären. Jüngstes Beispiel:       lel erzählten Eingangssequenz förmlich über-
der rumänische Cannes-Sieger ‹4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage›. Andere Filme wie            rollt. Für die restlichen 80 Minuten hat man
‹Babel› von Alejandro Gonzales Inarritu muss man, im Gegensatz zum früheren (und          den Würgegriff um den Hals.
eindringlicheren) ‹Amores perros› des gleichen Regisseurs, mit den Grosskinos teilen      Finger lässt die drei Erzählstränge nebenein-
– und macht deshalb kaum die halbe Kasse. Ähnliches wird wohl mit den neuen Fil-          ander herlaufen, sich manchmal streifen,
men von Ang Lee, Wong Kar-Wai oder Sofia Coppola (‹Lost in Translation›) passieren,       manchmal überschneiden und wieder aus-
                                                                                          einanderlaufen. Das erinnert in der Anlage
alles alte Freunde im Studiokinobereich.
                                                                                          und auch in der Emotionalität durchaus an
Hinzu kommt in Basel eine demografische Struktur, die Statistiker mit den sogenann-
                                                                                          ‹Amores perros› des Mexikaners Alejandro
ten vier A’s umschreiben: mehr Alte, Arme, AusländerInnen und Arbeitslose, die nicht
                                                                                          Gonzales Inarritu, allerdings ohne dessen dra-
unbedingt den Weg in ein Studiokino finden. Kein Vorteil für Basel ist unter dem          maturgische Stringenz zu erreichen. Fast
Kino-Aspekt auch die Grenzlage: Der Radius des Einzugsgebiets halbiert sich prak-         ausschliesslich in langen Plansequenzen ver-
tisch, und auch die GrenzgängerInnen gehen wohl eher bei sich zuhause zum Halb-           folgt Finger die Dialogpartien seiner Prota-
preis ins Kino. Und nicht zu vergessen: Zürich und Bern besitzen immer noch mindes-       gonistInnen und zeigt, wie sie mit ihrem Ver-
tens zwei grosse Tageszeitungen, in denen die Filmkultur ausführlich, kompetent und       lust nicht fertig werden. Das hat etwas
manchmal eben auch kontrovers besprochen wird. Allein schon die Existenz eines            Obsessives. Der Regisseur gönnt weder den
zweiten Blattes sorgt oft bereits für mehr Seriosität.                                    Figuren noch dem Publikum eine Atempause.
                                                                                          Jedes Messer, das einer in die Hand nimmt,
Mehr Leidenschaft                                                                         auch wenn er damit nur schnitzen will, lässt
Was hat sich, mit Blick auf die letzten Jahrzehnte, in der Kinobranche verändert? «Das    uns das Schlimmste befürchten.
Geschäft ist härter, hektischer, oberflächlicher geworden», betonen Romy Gysin und        Von der Intensität und Authentizität des
Suzanne Schweizer übereinstimmend. Die Verleiher verhalten sich immer gieriger,           Spiels her gelingen einige Szenen schlicht
kaufen Filme vermehrt schon ab Drehbuch, überbieten Konkurrenten oft mit horren-          grandios. Michael Finger entwickelte die Dia-
den Summen, um an einen erst auf dem Papier existierenden Stoff heranzukommen.            loge gemeinsam mit den theatererfahrenen
Das muss dann natürlich alles mit harten Marketingmethoden an der Kinokasse wie-          SchauspielerInnen aus Improvisationen her-
der eingespielt werden.                                                                   aus. Manchmal holperts, manchmal brennts
                                                                                          lichterloh. Trotz einiger erzähllogischer Unge-
Aber die beiden Frauen wollen alles andere als jammern. Sie sind verliebt ins Kino, in
                                                                                          reimtheiten liefert der Jungregisseur mit sei-
ihren Beruf wie am ersten Tag. Ein Grossteil des Gesprächs dreht sich um Neugier, um
                                                                                          nem Erstlingswerk, das er ganz ohne Beiträge
Leidenschaften, um Lieblingsfilme. «Alles von Kaurismäki und Kusturica!», strahlt
                                                                                          der öffentlichen Filmförderungsgremien reali-
Romy Gysin. Da ist sie, diese so gegensätzliche, so persönlich gestützte Spannbreite,     siert hat, deutlich mehr als nur eine Talent-
die das Programm der Kultkinos ausmacht. Suzanne Schweizer ergänzt: «Ich hab ein-         probe. Seine Weltpremiere erlebte der wir-
fach eine unbändige Lust auf Inhalte, auf Auseinandersetzung. Und dazu braucht es         kungsvoll in die toggenburgische Landschaft
wahrscheinlich auch so etwas wie eine gesellschaftliche Sehnsucht.»                       um Lichtensteig eingebettete Film am World
Wie sieht er denn aus, der ideale Zuschauer, die Wunschzuschauerin? «Jemand, der          Film Festival in Montreal. ‹Bersten› ist auch
sich berühren lässt, der schauen kann, ohne sofort einzuordnen. Jemand, der neugie-       für den Schweizer Filmpreis 2008 nominiert.
rig ist, auch im visuellen Bereich Ungewöhnliches und Vielschichtiges zu entdecken.       | Alfred Schlienger
Letztlich geht es immer um Offenheit und Emotion!» | Alfred Schlienger
                                                                                          Der Film läuft ab Januar in einem der Kultkinos
Programm Kultkinos ÞS. 43
                                                                                          JANUAR 2008      | PROGRAMM ZEITUNG | 9
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MUSIK

                                                                                                                                                    Bandonion, Alfred Band, Krefeld, Anfang 20. Jh.
                                                                                                                                              ‹Kraah›, Fotos: Muriel Steiner, Artwork: Benedikt Fürst
INTIME GRÖSSE
Jahresbeginn im Bird’s Eye                                                 den selten gespielten Songbooks von Bill Evans und Enrico Pier-
                                                                           anunzi, ungewohnt klingenden Standards des Great Amercian
Man kann klein sein und dennoch Grosses bewirken – der                     Songbooks oder den Jazztunes eines Wayne Shorter.
Basler Jazz Club Bird’s Eye macht es vor. Seit seiner Gründung             Neben diesem lokalen Stimmungsbild startet das Bird’s Eye
im Jahre 1994 wird hier die Liebe zum Jazz und die regionale               Anfang Jahr eine Zusammenarbeit mit dem Musikmuseum.
wie internationale Szene gepflegt, beharrlich und erfolgreich.             Anlässlich der Ausstellung ‹Che Bandoneón! – Ein Instrument
Kein Wunder also, sondern ein Verdienst, dass das Musiklokal               tanzt Tango› begibt sich der Jazzclub auf die ‹Spuren von Akkor-
im März 2007 vom Szenemagazin Easy Jet an die erste Stelle der             deon und Bandoneón im Jazz und jazzverwandter Musik› – mit
drei besten Jazzclubs Europas gesetzt wurde. Dazu beigetragen              16 Konzerten von Januar bis Juni, die hörbar machen, was
haben die einmalige, bei den MusikerInnen und dem Publikum                 im Musikmuseum zu sehen ist. Neu sind im Club auch die
gleichermassen beliebte Atmosphäre, die kontinuierliche                    Anfangszeiten: Auf vielfachen Wunsch beginnen die Abende
Lobbyarbeit für den Jazz, die Vernetzung im Basler Kulturleben             bereits um 20.30 Uhr, das zweite Set jeweils um 21.45 Uhr. Und
und natürlich die Vielfalt der Programme. Der erste Monat im               wer das alte Jahr mit Wehmut verabschiedet, dem sei die neue
neuen Jahr stellt dies an nicht weniger als 20 Abenden ein-                CD ‹Live at the Bird’s Eye› Vol. 9 mit wunderschönen Jazzballa-
drücklich unter Beweis.                                                    den ans wunde Herz gelegt. | Christopher Zimmer
                                                                           The Bird’s Eye Jazz Club, Kohlenberg 20, Programm ÞS. 30
Den Januar-Schwerpunkt bildet die vierte Auflage einer Rund-
umschau auf die Basler Jazz Tradition: In zehn Konzerten span-             CD Live at Bird’s Eye Vol. 9, ‹Ballads›, CHF 30
nen hiesige Formationen den Bogen vom Swing der Vierziger-
                                                                           Ausstellung ‹Che Bandoneón! — Ein Instrument tanzt Tango›:
und Fünfzigerjahre über den New Yorker Sound der Sechziger                 Fr 18.1., 18.30, bis So 13.7., Musikmuseum, Im Lohnhof 9
bis zu Eigenkompositionen. Begegnen kann man dabei auch

NOTIZEN
Schlager & Chansons                               Kammermusik                                       Fantastischer Held
db. Seit über sechs Jahren macht die Kultur-      db. Aus Rumänien, Russland und der Schweiz        db. Er ist eine literarische Figur, die weltbe-
scheune in Liestal regelmässig mit kleinen,       bzw. Basel stammen die MusikerInnen des           kannt wurde und zahlreiche Künstler, Film-
feinen Veranstaltungen von sich reden und er-     Nathan (Streich-)Quartetts aus Hamburg, die       schaffende und Komponisten zu eigenen Wer-
freut sich grossen Zuspruchs. In der sorgfältig   u.a. regelmässig in Basel auftreten. Die Pflege   ken angeregt hat: Don Quixote de la Mancha.
modernisierten ehemaligen Kornscheune sind        der Kammermusik, auch im Zusammenhang             Der zweiteilige Roman von Miguel de Cervan-
Konzerte verschiedener Stilrichtungen sowie       mit anderen Künsten (Malerei, Literatur), ist     tes erzählt von einem verschrobenen kleinen
Theater-, Tanz- und Kabarettdarbietungen zu       ihnen ein besonderes Anliegen. Sie spielen        Landadligen in Spanien, der sich nach der Lek-
erleben, und zweimal jährlich gibt es eine        ein vielfältiges Repertoire in gelegentlich un-   türe von Ritterromanen selber als fahrender
Kunstausstellung; zudem wird der Raum für         terschiedlicher Besetzung, bestreiten eine ei-    Ritter ausgibt und mit seinem Gaul Rosinante
Privatanlässe vermietet. Um Programm und          gene Konzertreihe und erteilen zudem an ver-      sowie dem ‹Schildknappen› Sancho Panza für
Organisation kümmern sich engagiert Esther        schiedenen Orten Kammermusikkurse. Unter          seine imaginierte Herzdame Dulcinea angebli-
und Werner Leupin-Walther. Das Jahr beginnt       dem Titel ‹Klangwelten – Worträume› gastie-       che Heldentaten und Abenteuer besteht. Das
bei ihnen mit leichter Muse: Franziska Badert-    ren sie in dieser Saison fünfmal in Basel und     Buch erschien 1605, wurde als ironische Zeit-
scher (Stimme) und David Wohnlich (Klavier)       führen im Januar sogar ein kleines Kammer-        kritik aufgefasst und zu einem Klassiker, der
treten mit Schlagern aus den Zwanziger- und       musikfestival durch. An drei Abenden sind         heute noch zu inspirieren vermag. So hat etwa
Dreissigerjahren auf. Die Idee eines gemein-      vorwiegend bekanntere Stücke von Haydn,           der in Basel wohnende Komponist José Javier
samen Chansonabends entstand, als die Profi-      Mozart, Schubert, Smetana und Brahms zu           Navarro zehn junge, in der Schweiz lebende
Flötistin Badertscher sich beim Opernsänger       hören, u.a. mit dem elfjährigen Namensgeber       BerufskollegInnen verschiedener Nationalitä-
und Komponisten Wohnlich weiterbildete. Die       Nathan Matchin. Einführungen stimmen je-          ten beauftragt, je ein Kapitel des Romans zu
Lieder werden ohne Genre-Attitüden und mit        weils auf die Konzerte ein.                       vertonen. Die Resultate sind nun mit Sänger,
eigenwilliger Klavierbegleitung präsentiert.      Kammermusik-Festival: Fr 11. bis So 13.1.,        Gitarre, Kontrabass und Elektronik zu hören.
‹Benjamin, ich hab’ nichts anzuziehn›: Sa 5.1.,   Zunftsaal Schmiedenhof, Rümelinsplatz.            ‹Don Qvixote — readymade›: Do 17. bis So 20.1.,
20.30, Kulturscheune Liestal ÞS. 38               Weitere Infos: www.nathanquartett.de              Gare du Nord ÞS. 39

10   | PROGRAMM ZEITUNG | JANUAR 2008
MUSIK

                                                                                                  GEHEIMNISVOLL
                                                                                                  Uraufführung Scartazzini-Komposition

                                                                                                  Zwischen der zweiten Sinfonie von Karl Ama-
                                                                                                  deus Hartmann und Alexander von Zemlins-
                                                                                                  kys ‹Lyrischer Sinfonie› spielt die Basel Sin-
                                                                                                  fonietta in ihrem nächsten Konzert eine
                                                                                                  Uraufführung für hohen Sopran und grosses
                                                                                                  Orchester: ‹Siegel› des jungen Basler Kompo-
                                                                                                  nisten Andrea Lorenzo Scartazzini. Mit die-
                                                                                                  sem Werk setzt das Orchester einen Zyklus
                                                                                                  von Auftragswerken fort, der seine laufende
                                                                                                  Spielzeit prägt.
                                                                                                  Zunächst sollte Scartazzini ein reines Orches-
                                                                                                  terstück schreiben; als er jedoch erfuhr, dass
                                                                                                  die Sopranistin Claudia Barainsky in der ‹Lyri-
                                                                                                  schen Sinfonie› mitwirken würde, entschloss
KLANGVOLLES KRÄCHZEN                                                                              er sich, einen Vokalpart einzufügen. Seit er
‹Kraah› in der Kaserne                                                                            die Sängerin im Konzert gehört hat, ist er
                                                                                                  begeistert von ihrem Können und ihrer «ab-
Christian Zehnder geht mit Michael Pfeuti, Thomas Weiss und Gästen auf Tournee mit                solut schwerelosen, unendlichen Höhe». Sie
seiner neuen Musikproduktion.                                                                     eröffnet seine Komposition; mit wenigen
Mit einem nachgeahmten Rabenschrei beginnt Christian Zehnders aktuelle Compact                    gesungenen Takten stösst sie das musika-
Disc, und ‹kraah› ist denn auch der Titel des Albums. Seit Ende August ist es auf dem             lische Geschehen an – «ihr Gesang ist wie ein
Markt, wird von der Kritik gelobt und vom Publikum gekauft. Nun startet in Basel die              Zauberspruch», sagt Scartazzini.
Konzertournee mit Musik der CD und weiteren neuen Stücken. Zwar gab es zur CD -                   Das Stück besteht aus zwei sehr unterschied-
Veröffentlichung zwei Vorpremieren, eine beim Festival ‹Alpentöne› in Altdorf und                 lichen, nur durch eine Generalpause getrenn-
                                                                                                  ten Teilen. Der erste ist schrundig und rau, mit
eine beim Zürcher Theaterspektakel, doch die Tourneevorbereitungen waren damals
                                                                                                  gewaltigen Klangeruptionen. Er soll an archai-
noch nicht abgeschlossen.
                                                                                                  sche, schamanische Rituale erinnern. Bei der
Warum ein Rabe als Leitfigur? Zehnder war fasziniert vom Symbolgehalt des Tiers.                  Komposition habe er immer wieder an Bilder
Der Rabe wird als Unglücks- und Todesvogel gesehen, früher dagegen hatte er eine po-              aus Pasolinis ‹Medea›-Verfilmung gedacht, er-
sitive Bedeutung, etwa als Vogel des Gottes Odin und als Zeichen der Treue: Rabenpär-             zählt der Komponist. Der zweite Teil ist dem-
chen bleiben ein Leben lang zusammen. Unter OrnithologInnen gilt das Tier als der                 gegenüber durchsichtig instrumentiert und
am höchsten entwickelte Singvogel. Wir hören in der Regel bloss sein monotones                    von fast intimer Zartheit. Instrumente, die im
Krächzen, doch z.B. in der Paarungszeit zeigt es sich, dass er ein sehr differenziertes           ersten Teil nur geräuschhaft zu hören waren,
Laut-Repertoire hat, das er aber selten einsetzt. Das verbindet ihn mit dem Menschen,             beginnen nun zu klingen. Das Orchester berei-
der nur einen Bruchteil seiner enormen vokalen Möglichkeiten nutzt. So ist der Rabe               tet quasi den Boden für den zweiten Auftritt
quasi eine Gegenfigur zu Zehnder selbst, der auch diesmal seine Stimme bis in ihre                der Sängerin mit der Vertonung des letzten
                                                                                                  von Rilkes ‹Sonetten an Orpheus›. Dieser her-
hintersten Winkel auslotet.
                                                                                                  metische Text hat dem Werk den Namen gege-
Volksmusik, Theatermusik, Musiktheater                                                            ben. Er schliesst es ab wie ein Siegel, das ein
‹Kraah› ist ein sehr persönliches Album. Einerseits greifen die im Lauf der letzten               Geheimnis andeutet, aber nicht preisgibt.
Jahre entstandenen Lieder subtil und durchaus autobiografisch die Thematik von                    Seine rätselhaften Bilder verweisen über das
Liebe, Trennung und Neubeginn auf. Anderseits hat sich Zehnder dafür mit befreun-                 Stück hinaus und sollen nach der Aufführung
deten und bewunderten MusikerInnen zusammengetan, darunter Christoph Martha-                      weiterwirken.
ler, der in einer Nummer als Blockflötist auftritt. Der Bogen spannt sich von Vertretern          Die beiden Teile des Werks sind zwar ge-
                                                                                                  gensätzlich, doch motivisch untereinander
avancierter Schweizer Volksmusik, wie dem Geiger Noldi Alder, über den Jazz-Klari-
                                                                                                  verbunden. Die Wiederholung – nicht als
nettisten Don Li bis zum ‹casalQuartett›. So ist ‹kraah› ein stilistisch vielfältiges Pro-
                                                                                                  plumpe Repetition, sondern als Aufscheinen
gramm geworden, eine Reise durch unterschiedliche Klanglandschaften.                              des Vergangenen, bereits Gehörten, in neuer
Mit dem vielseitigen Casal-Streichquartett will Zehnder künftig öfter zusammenarbei-              Gestalt – fasziniert Scartazzini zunehmend.
ten. Geplant ist eine Weiterführung von ‹kraah›, die beim nächsten ‹Stimmen›-Festi-               Zudem nutzt er differenziert die Klangmög-
val Premiere haben soll. Überhaupt will sich Zehnder stärker mit der ‹klassischen›                lichkeiten eines gross besetzten Orchesters
Musik beschäftigen: «Ich will meinen Bariton wieder mehr pflegen», meint er selbst-               mit reichem Schlagzeug. «Und bei der Sinfo-
ironisch. Sein Traum ist, einmal Schuberts ‹Winterreise› zu singen – in einer eigenen             nietta», fügt er an, «weiss ich, dass sie spielen
Bearbeitung, versteht sich.                                                                       kann, was ich schreibe. Das gibt beim Kompo-
Die Tournee bestreitet Zehnder mit zwei Basler Musikern: Der Perkussionist Thomas                 nieren Sicherheit.» | Alfred Ziltener
Weiss ist wie er selber ein Klangtüftler und Instrumentenerfinder; der Bassist Michael            Konzert der Basel Sinfonietta mit Scartazzinis
Pfeuti fungiert als Motor und Rückgrat des Trios. Bei einzelnen Auftritten werden                 ‹Siegel› (Uraufführung): So 20.1., 19.00, Stadt-
                                                                                                  casino Basel ÞS. 39
Gäste dazukommen: In der Kaserne sind das Don Li und Anton Bruhin. Bruhin ist
bildender Künstler und ein Virtuose auf dem Trümpi, der Schweizer Maultrommel, die
er – noch ein Tüftler! – eigenständig weiterentwickelt hat. Und mit einem Ausschnitt
aus der ‹Winterreise› wird auch Schubert präsent sein. | Alfred Ziltener
‹kraah› live mit Christian Zehnder, Michael Pfeuti, Thomas Weiss und Gästen: Do 3. und Sa 5.1.,
20.00, Kaserne Basel
CD ‹kraah›, Label Alpentöne, Vertrieb Phonag Records AG. Weitere Infos: www.zehndermusic.ch

                                                                                                  JANUAR 2008      | PROGRAMM ZEITUNG | 11
LI TE R A TU R

MENAGE A TROIS
Buchbesprechung

August 1978. Roland und Rosemarie, die in Freiburg i.Br. Philosophie respektive                                                    LITERA-PUR
 Mediz in studieren, verbringen ihre vorgezogene Hochzeitsreise auf Capri. I hr Ent-
                                                                                                                                   Enz iloc h
 schluss, im November zu heiraten, gerät arg ins Wanken, als am Nacktbadestrand Jim
                                                                                                                                   Dem Toni sein Blut habe sie nicht, sagt sie, sie
 aus den Fluten steigt. Beide verlieben sich auf den ersten Blick in den gutaussehenden
                                                                                                                                   sei froh, so komme sie für die Spende nicht in
 Italo-Amerikaner, doch nach der ersten Liebesnacht zu dritt bahnt sich eine Zweier-
                                                                                                                                   Frage. Möge er sterben oder leben, aber leben
beziehung ohne Roland an. Nachdem sie noch gemeinsam auf dem Petersplatz in Rom
                                                                                                                                   nicht wegen ihr.
 die Wahl des neuen Papstes, Johannes Pauls 1., miterlebt haben, reist Roland allein zur                                           Ruedi säuft und seine Nase rotzt, wenn er uns
 Beerdigung seines Grossvaters in die alemannische Provinz zurück. I m Schmerz des                                                 einen Luzerner Kafi anbietet. Er mag den Kafi
Verlassenseins beginnt er mit Tagebuchaufzeichnungen.                                                                              lieber durchsichtig, sagt er, und trink t direk t
 Jim und Rosemarie fahren nach einem Aufenthalt in Florenz ebenfalls nach Deutsch-                                                 von der Flasche.
land. I n Freiburg k ommt es z um Wiedersehen und zu einer kurzen I\Unage ä trois.                                                 Du hast doch nicht etwa Angst, sagt mir dem
Tagsüber, wenn Rosemarie an der Uni ihre medizinischen Experimente an Labor-                                                       Ruedi sein Sohn, die Enzilochmanne gibt es
mäusen durchführt, schlafen im bereits angeschafften Ehebett Jim und Roland mitein-                                                nicht wirk lic h, die stellt man sich nur vor mit
 ander, in der Nacht Jim und Rosemarie. Nach dreiunddreissig Tagen endet g l e i c h -                                             ihren Reisiggewändern und den bösen Frat-
                                                                                                                                   zen.
 zeitig mit dem kurzen Pontifikat Johannes Pauls d i e rauschhafte Liebe Rosemaries
                                                                                                                                   Erwin haute ab, als meine Mutter noch Nonne
 zu Jim. Auf Capri schwanger geworden, erklärt sie Roland zum Vater des ungeborenen                                                war, wahrscheinlich war er schwul.
 Kindes. Jim kehrt in die USA zurück, Rosemarie macht eine akademische Karriere,
                                                                                                                                   Der Kuno, als Kind ein herziger Blondschopf,
und Roland, der gescheiterte Philosophiestudent, wird Schriftsteller.                                                              zupfte früher noch die Hasen an den Ohren,
Am Beispiel der drei Haupt - sowie zahlreicher Nebenf iguren beschreibt Arnold                                                     heute zwickt er mic h in den Arsch. So macht
 Stadler i m Roman  die Liebe i n ihren homo-, bi- und hetero-                                                    man das dort, wo sie herk ommen, mit Tierli
 sexuellen Erscheinungsformen, ihr glückliches Gelingen ebenso wie die Schmerzen,                                                  und Frauen.
 die sie bereitet und wie sie manchmal gar zur Schriftstellerei führen kann. Er umkreist                                           Und der gmögigste ist bereits tot, die holts im-
 das grosse Thema der Liebe unermüdlic h, ohne sich je auf endgültige Erklärungen                                                  mer zuerst, der Seppi, verunfallt mit 17 Jahren
festzulegen, und stellt vielfältige Beziehungen zu bekannten Liebesgeschichten aus Li-                                             im Hohigen Rank, Gott hab ih n s elig, sagt
teratur und Film wie beispielsweise Julien Greens  oder Pasolinis                                                  meine Mutter. Angefasst hat er sie nicht.
                                                                                                                                   Und alles nur, weil mein Grossvater seine Kin-
her, dessen Hauptdarsteller Jim zum Verwechseln ähnlich sieht.
                                                                                                                                   der nicht mochte, nur die Kühe und Kätzli.
Trotz aller Unbes t immt heit wird deutlich, dass die katholische Erziehung Roland
                                                                                                                                   Am Flughafen, sagt meine Mutter, w i l l s ie
 daran hindert, seine homosexuellen Neigungen ungehemmt auszuleben. Als die Ehe
                                                                                                                                   eben doch, dass jemand da is t vom gleichen
mit Rosemarie scheitert, heiratet er zum zweiten Mal, sucht aber weiterhin Männer-
                                                                                                                                   Blut. Wer fliegt, will eine Familie. Meine Tante
bekanntschaften. Das Buch endet damit, dass Roland im November 1989 zum ersten                                                     käme, käme sie nic ht zu spät. Dem Flugzeug
 Mal zu Jim in die USA fliegt. Er wird den Mauerfall in Miami verschlafen.                                                         wink t sie nach, sie sagt, der Alz heimerueli sei
 Gewagte Metaphern wie «Die Schmetterlinge im Bauch verliehen ihm Flügel» und die                                                  jetzt übrigens in der Psychi. Und meine Mut-
häufige Verwendung von wohlklingenden, zugleich aber seichten Redensarten («Aus                                                    ter würde sagen, sollen sie leben oder sterben,
 solchen Augenblicken, die bald vergessen waren, setzte sich das Leben zusammen»)                                                  die Enzilochmannenbrüder.

 schmälern den Lesegenuss ebenso wie die bemüht wirkenden , dass Rose-                                                    I M ich a e la Frie m e l
 marie und Jim sich genau während des Pontifikats lieben oder die Berliner Mauer zeit-                                             Pu b liku m s-Sie g e rt e xt a m Fin a le d e s Sch re ib -
 gleich mit Rolands Amerikabesuch fällt. Versucht der Autor die Unmöglic hk eit der                                                wettbewerbs
LITERATUR | KULTURGESCHICHTE

                                                                     Lesestoff zu einer Produktionswut, in der bald alles verarbeitet
                                                                     wird, was man jemals gedacht und vor allem auch gelebt hat: Die
                                                                     RomantikerInnen der ersten Stunde betreiben nichts Geringe-
                                                                     res als die Verwandlung von Kunst in Leben und Leben in Kunst
                                                                     – ein Projekt, an dem sich im 20. Jahrhundert nicht nur unzäh-
                                                                     lige Kunstströmungen, sondern auch politische Bewegungen
                                                                     wie die Studentenrevolten 1968 von Neuem abarbeiten werden.

                                                                     Zwischen Entfremdung und Transzendenz
                                                                     Der deutsche Philosoph und Schriftsteller Rüdiger Safranski
                                                                     zeichnet in seinem neuen Buch ‹Romantik. Eine deutsche
                                                                     Affäre› – nach Biografien von Schiller und Nietzsche und Mono-
                                                                     grafien über den deutschen Idealismus und über das Böse – ein-
                                                                     mal mehr lustvoll und plastisch die Gedankenlinien einer Epo-
                                                                     che nach, ergründet ihre Sehnsüchte, Befindlichkeiten und
                                                                     Erschütterungen und verfolgt deren Nachbeben bis in unsere
                                                                     Zeit. Dabei flicht Safranski elegant verschiedene thematische
                                                                     Stränge ineinander, von denen in jedem Kapitel jeweils einer
                                                                     näher beleuchtet wird, während die anderen im Hintergrund
                                                                     immer spürbar bleiben.
                                                                     Das in die beiden Teile ‹Die Romantik› und ‹Das Romantische›
                                                                     gegliederte Buch erzählt so zum einen vom Aufbruch und Erkal-
                                                                     ten einer energiegeladenen, schöpferischen Bewegung zwi-
                                                                     schen Französischer Revolution und Restauration, zum
                                                                     anderen aber auch die Geschichte einer ‹Geisteshaltung›. Die-
                                                                     ses Prinzip des Romantischen beschreibt Safranski als eine
                                                                     nicht zuletzt auch fatale Mischung aus Weltfremdheit, der
                                                                     Entrückung eines vergeistigten Ichs aus jedem konkreten
                                                                     (politischen) Handlungszusammenhang, und Weltfrömmig-
WIEDERVERZAUBERTE WELT                                               keit, dem schwärmerischen Aufladen aller Lebensbereiche
Buchbesprechung
                                                                     mit quasi-religiösem Mystizismus. Es ist diese unheilige
Der Philosoph Rüdiger Safranski stellt seinen literarischen          Allianz zwischen Entfremdung und Suche nach Transzendenz,
Überflug ‹Romantik. Eine deutsche Affäre› vor.                       die nach Safranski den mentalen Boden für das NS-Regime
Als der Philosoph Johann Gottlieb Fichte nach einem märchen-         gelegt hat, weshalb die Romantik eben ‹eine deutsche Affäre›
haften Aufstieg vom Viehhirt zum Kant-Spezialisten 1794 an die       geblieben ist.
Universität Jena berufen wird, ist es, als würde das bis dahin       Auch wenn nun all diese Thesen und Gedankenstränge inner-
verschlafene Städtchen von einem geistigen Blitz getroffen: Mit      halb der Geistesgeschichte nicht unbedingt revolutionär
dem 32-jährigen energischen Philosophen und seinem Prinzip           klingen mögen, so ist es doch das Verdienst von Safranskis
eines unendlich tätigen, weltschaffenden Ich schlägt die Eupho-      Buch, dass es sie leichtfüssig und sehr anschaulich auf den
rie in Jena ein. Für kurze Zeit versammeln sich hier alle, die mit   Punkt bringt. Wie Goethe misstrauisch und auch etwas gries-
ihrem Ich hoch hinaus wollen: August Wilhelm Schlegel, der in        grämig das immer leicht überspannte Treiben von Schlegels
Jena Literatur lehrt und für Schillers Zeitschrift ‹Die Horen›       Kreativ-Kommune beobachtet; wie der Höhenflug der zarten
schreibt, empfängt in seinem Haus eine illustre Gesellschaft,        Seelen, ihre schöpferische Risikolust bald schon in Traditio-
die viel später unter dem Namen ‹Jenaer Romantik› in die             nalismus und Katholizismus umschlagen – das alles ist nicht
Literaturgeschichte eingehen wird. Ludwig Tieck, Clemens             nur sehr flüssig zu lesen, vielmehr erzeugt Safranskis (selbst
Brentano, Novalis und der Naturphilosoph Friedrich Schelling         zutiefst romantischer) Text auch einen Sog, der die versunkene
sind da, die Dichterinnen Caroline Schlegel, Dorothea Veit und       Leserin von jener Lesesucht kosten lässt, welche die Fantasie
Sophie Mereau; Friedrich Hölderlin, noch voller Hoffnung,            der Jenaer Wohngemeinschaft zu unzähligen Geschichten
kommt, um Fichte zu hören – und über allen schwebt August            beflügelt hatte. | Alexandra Stäheli
Wilhelms genialischer Bruder Friedrich Schlegel.                     Rüdiger Safranski, ‹Romantik. Eine deutsche Affäre›. Carl Hanser
Die täglichen Treffen der Runde werden bald schon zu einem           Verlag, München, 2007. 415 S., gb., CHF 44.50
legendären Ritual. Man liest sich vor, diskutiert aufs Intensivste   Der Autor liest: Fr 25.1., 20.00, Vortragssaal Kunstmuseum Basel.
und lüftet die heiss gewordenen Köpfe bei gemeinsamen                Begrüssung Ueli Mäder, Musikbegleitung Isora Maria Castilla Rocha
Spaziergängen durch die Landschaft aus; man erforscht die            (Klavier) und Anders Miolin (13-saitige Gitarre)
Wechselwirkung zwischen Vernunft und Sinnlichkeit – und              Romantische Literatur- und Gourmetreise: Sa 26.1., 11.00—14.00, Grand-
verliebt sich variantenreich ineinander. Man weigert sich, die       hotel les Trois Rois. Worte (Safranski), Musik (Miolin). Reservation
von der Aufklärung entzauberte Welt als einzig mögliche an-          erforderlich: Buchhandlungen Bider & Tanner und Kunstmuseum.
zuerkennen – und stachelt sich gegenseitig zu immer neuen            Organisation: Beat Toniolo

spielerischen, fantastischen und spekulativen Gedanken über          Abb. Philipp Otto Runge (1777—1810): Der Morgen, 1809. Kunsthalle,
die grossen Themen des Menschengeschlechts an. Dabei führt           Hamburg

die plötzlich um sich greifende Sucht nach neuem Denk- und

                                                                                             JANUAR 2008     | PROGRAMM ZEITUNG | 13
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