PROGRAMMZEITUNG - 10 JAHRE KINDERBÜRO COMEBACK DER BUCHBASEL KREATIVITÄT IM STELLWERK
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1001 Ausgehtipps | Neu: Kursangebote ProgrammZeitung CHF 6.90 | EUR 5.00 November 2010 | Nr. 256 Kultur im Raum Basel 10 Jahre Kinderbüro Comeback der ‹BuchBasel› Kreativität im Stellwerk
Openair 16.-23. Juli 2011 ld Annette Pohnert/Carl Hanser Verlag Bild: Bild B Herta Müller Im Hof der Kaserne Basel M mit Spitzenformationen aus der ganzen Welt! M Literaturnobelpreisträgerin Start Vorverkauf Y 3. Dezember 2010 spricht über ihren Roman "Atemschaukel". Basel Tattoo Shop Y Tel. +41 61 266 10 00 Mittwoch, 8. Dezember 2010 www.baseltattoo.ch 19.30 Uhr (Abendkasse ab 18.30 Uhr) Ticketcorner 0900 800 800 Hans Huber-Saal Stadtcasino, Steinenberg 14, Basel (CHF 1.19/Min. Festnetztarif) www.ticketcorner.ch Eintritt: CHF 25.-/20.- (Vorverkauf empfohlen!) Vorverkauf www.ticketino.com, an allen Ticketino-Vorverkaufsstellen oder beim Hauptsponsoren Partner Kulturhaus Bider & Tanner an der Aeschenvorstadt 2 in Basel, T +41 61 206 99 96, ticket@biderundtanner.ch. Literaturhaus Basel | T +41 61 261 29 50 | www.literaturhaus-basel.ch 92x130_programmzeitung_4c.indd 1 15.10.2010 14:29:57 Jan Garbarek Group GurTu feat. Tr i l o k Jan GarBarek sax rainer BrüninGhaUS piano/keys Architektur studieren Juri Daniel bass in der Region Basel Trilok GUrTU percussion Dienstag, 30.11.10 Informationsanlass Bachelor- und Masterstudiengang Stadtcasino Basel 20.00 Uhr Mittwoch 24. November 2010, 16:00 – 18:00 Uhr Studieninformation und Apéro VORVERKAUF: www.allblues.ch • www.ticketcorner.ch Institut Architektur FHNW Die Post, Manor, SBB, Coop City, Au Concert, BaZ, Bivoba, Stadtcasino Tel. 0900 800 800 (CHF 1.19/min.) Spitalstrasse 8, CH–4056 Basel, 2. OG rechts VERANSTALTER: AllBlues Konzert AG und Offbeat Series Tel +41 61 467 42 72 www.fhnw.ch/habg/iarch architektur.habg@fhnw.ch
Kinder zuerst! dagm a r bru n n e r Editorial. Soziale Errungenschaften geraten heute zunehmend unter Druck, der Umgang mit ‹Fremden› ist von Misstrauen begleitet, ‹Multi- Hauskultur kulti› ist längst ein Schimpfwort geworden, Differenzierungen sind kaum db. Stimmungsvoll und gut besucht war sie, un- gefragt. Sogar die Kinder- und Jugendförderung muss dran glauben; Mitte sere Verleihung des PriCülTür 2010 an die Kult- September hat der Bundesrat den Kredit für die ausserschulische Kinder- kino-Leiterinnen, wie eine Auswahl Fotos auf und Jugendarbeit gekürzt. Dagegen hat die Kinderlobby Schweiz protes- S. 7 zeigt. Die erfrischende Laudatio von Alfred tiert. Dieser politisch und konfessionell unabhängige Verein setzt sich für Schlienger finden Sie auf unserer Website. die Rechte der Kinder in der Schweiz ein. In Basel engagiert sich das Kin- Kulturpreise wurden oder werden auch andern- derbüro für deren Anliegen. Seinen 10. Geburtstag feiert es am Tag des orts vergeben: Georg Darvas (Neues Theater in Kindes, den die Uno 1989 ins Leben gerufen hat (u S. 14). Dornach) erhält vom Kanton Solothurn den Kinder sind in diesem Heft auch in anderen Artikeln ein Thema, etwa in ‹Preis für Theater›, Annette Schindler (Plug-in) den Filmen ‹Nel giardino dei suoni› (u S. 8) und ‹Bal› (u S. 9), im neuen darf den ‹Prix Meret Oppenheim› vom Bundes- Familienstück des Theater Basel (u S. 13), an der ‹BuchBasel› und ihren amt für Kultur in Empfang nehmen, Sabine Satelliten (u S. 15) oder im Bereich Kunstvermittlung (u S. 20). Ferner sind Schaschl (Kunsthaus Baselland) wird mit dem sie im Nellie Nashorn willkommen, das freilich derzeit um sein Profil zu ‹Ordre des Arts et des Lettres› der Republik ringen scheint (u S. 12). Frankreich ausgezeichnet und der Basler Kul- China beschäftigt die Weltöffentlichkeit in vielerlei Hinsicht, sei es wegen turpreis geht an Chorleiterin Susanne Würmli- des Friedensnobelpreises, der Menschenrechtssituation, dem Wirtschafts- Kollhopp (Musik-Akademie). Der Baselbieter boom oder den angekündigten politischen Reformen. Chinesische Kultur Kulturpreis wird leider erst nach Drucklegung lässt sich derzeit bequem auch in Basel kennenlernen; das Festival Culture- dieser Ausgabe bekanntgegeben. scapes präsentiert an verschiedenen Orten spannende zeitgenössische Pro- Kein Preis, aber ein grosser Dank begleitet Bar- duktionen und Positionen (u S. 10). In indische Klangwelten eintauchen bara Helfer, die während sieben Jahren tatkräf- kann man im Ali Akbar College of Music, das seit 25 Jahren in Basel be- tig bei uns mitgearbeitet hat. In dieser Zeit hat heimatet ist (u S. 11). sie auch zwei Kinder bekommen und ihre beruf- Der Herbst bringt neue Bücher und Medien, die auch an der ‹BuchBasel› lichen Perspektiven erweitert. Wir wünschen aufliegen werden, etwa ein Lyrik-Hörbuch mit Lesungen von DichterInnen ihr alles Gute und freuen uns auf ihren Nachfol- aus der Schweiz (u S. 17). Unter den Sachbüchern finden sich z.B. Porträts ger Moritz Walther, der ab 1.11. mit jungem Elan von Lehrkräften verschiedener Schulen (u S. 14), von weiblichen Wander- bei uns einsteigen wird. vögeln (u S. 16) oder zur Armut in Basel (u S. 22). Vom ‹Hörpunkt›-Tag am 2.10. im Radio-Kultur- Ein Sprungbrett für junge Kreative verspricht das ‹Stellwerk› im alten café DRS 2, bei dem wir einen halbstündigen Bahnhof St. Johann zu werden, das demnächst eröffnet wird (u S. 19), wo- Auftritt hatten, kann man ggf. einzelne Beiträ- hingegen das ‹Kunstfreilager› auf dem Dreispitzareal noch etwas Zeit ge auf www.drs2.ch nachhören. braucht (u S. 24). Das Museum Tinguely thematisiert Destruktion in der Seit einem Jahr wird unsere Website vom ‹All- Kunst (u S. 23), und eine Ausstellung in Saint-Louis zeigt Architektur-Uto- tag› belebt, einer kleinen, feinen wöchentlichen pien und -projekte, u.a. Modelle der Goetheanumbauten (u S. 21). An deren Kolumne, die Oliver Lüdi (Text) und Claire Standort in Dornach werden zurzeit Ideen zu Rudolf Steiners 150. Geburts- Guerrier (Foto) gemeinsam gestalten. Im Sep- tag gesammelt (u S. 22). Wir wünschen eine anregende Lektüre. tember wurde Guerriers Film ‹Alice ou les peti- tes evasions› mit dem Basler Filmpreis 2010 in der Kategorie Kunstfilm ausgezeichnet – wir gratulieren herzlich! Unseren Medienpool-Partnern vom Kulturma- gazin Luzern wünschen wir viel Ausdauer beim Kampf um die von den privaten Geldgebern auf- gegebene Salle modulable oder einen Ersatz dafür. Und dem befreundeten Strassenmagazin Surprise rasche Besserung der Finanzlage und einen zähen Nachfolger von Geschäftsführer Fred Lauener. Last but not least sind wir auch gespannt auf den oder die neue Kulturverant- wortliche/n Basel-Stadt, deren Wahl demnächst bekanntgegeben wird. Sonntagmorgen auf dem Bücher- schiff: Väter erzählen Geschichten Foto: Elisabeth Tschudi November 2010 | ProgrammZeitung | 3
KUNSTKREDIT 2010 BASEL-STADT ARBEITEN AUS WETTBEWERBEN Ausstellung 6.–21.11. 2010 S AM Schweizerisches Architekturmuseum Steinenberg 7, Basel Nationaler Nationaler Tag der Tag der Di / Mi / Fr 11–18 Uhr Do 11–20.30 Uhr Sa / So 11–17 Uhr Millenniumsziele (MDGs) Millenniumsziele Vernissage 5.11. 2010, 18 Uhr Führungen nach Vereinbarung Tel. 061 206 62 00 Mit Nationalratspräsidentin Pascale Bruderer Wyss und einer Videobotschaft von alt Bundesrat Joseph Deiss. Werkgespräch: Di 16.11. 2010, 18 Uhr Gerne begrüssen wir Sie am 28. November 2010 um Eintritt frei 13.30 Uhr im Theater Basel, Eintritt frei. www.cmdg.ch 2010_10_14 BuchBasel 2010 Inserat ProgrammZeitung 189x139.ai 1 14.10.2010 17:07:02 Poetry Slam_Visionen_Stars_Schweizer Buchmesse Bücher_Diskussionen_Comicbörse_Autorenlounge Kinderzeltstadt_Buch- und Literaturfestival_Sachbuch Kulturen_Jugendliteraturhaus_Sprachen_Lyrik Berufsinformationsbörse_Schweizer Buchpreis_Crime Cosplay_Symposion_Literatur_E-Books_Lesungen 12. bis 14. November 2010_Messe Basel Y Tickets & Infos: www.buchbasel.ch Öffnungszeiten Freitag/Samstag 10-18 Uhr, Sonntag 10-17 Uhr Eintritt Tageskarte CHF 16.-, Dreitageskarte CHF 40.-* Jugendliche bis 18 Jahre haben freien Zutritt *Alle Tickets inkl. einem BuchBasel-Taler im Wert von CHF 5.-, der an der BuchBasel zum Erwerb von Medien verwendet werden kann. Die Aktivitäten von LiteraturBasel werden unterstützt durch unsere Mitglieder, PartnerInnen und durch:
Inhalt Impressionen vom PriCülTür 2010. 7 Fakt oder Fake. Der britische Street Artist Banksy zeigt den hinterlistigsten Künstlerfilm seit Jahren. 8 Die Welt als Klang. Der Dokfilm ‹Nel giardino dei suoni›. 8 Ein Filmwunder wie Milch und Honig. Der Berlinale-Sieger ‹Bal› verzaubert durch seine sinnliche Kraft und Ruhe. 9 Musik aus dem Reich der Mitte. Musikaliche Dialoge im Bird’s Eye und an der Volkshochschule. 10 Gedenkstein aus Klängen. Die Basel Sinfonietta spielt Werke des chinesischen Komponisten Wang Xilin. 10 Kulturszene 26 Plattform.bl Archaisch und zeitgemäss. Das Ali Akbar College of Music vermittelt seit 25 Jahren klassische nordindische Musik. 11 47 Musik statt Knast. 10 Jahre Musikmuseum. Krise der Alternativen. Das Lörracher Nellie Nashorn 11 Agenda 56 ringt um seine Zukunft. 12 Genüsslich sündigen. Erzähltheater von Bea von Malchus. Kurse 13 Nostalgie muss sein. Das Theater Basel setzt beim 83 diesjährigen Familienstück ganz aufs Heidi. 13 Virus Schule. 14 Porträts aus dem Schulalltag. 14 Kinder sind ihre eigenen Experten. 10 Jahre Kinderbüro Basel. 14 Ausstellungen 84 Museen Läse, luege, loose. Die ‹BuchBasel› 2010 lädt zu vielfältigen Begegnungen mit Literatur ein. 15 85 Wegbereiterinnen. Ein Buch über weibliche Wandervögel. 16 Akustische Lyrik. 200 Schweizer Gedichte als Hörbuch. 17 Backlist. Amouröses von Dominique Vivant Denon. 17 Bars 86 Neues Leben im alten Bahnhof. Das Stellwerk im St. Johann wird zum Sprungbrett für junge Kreative. 19 Restaurants 86 Was ist Kunstvermittlung? Überlegungen zur Aktualität eines weiten Feldes. 20 Bauprojekte im Adlerhorst. Eine Ausstellung in St. Louis über ‹grenzüberschreitende Architektur›. 21 Kunstpause. Die Kulturbotschaft des Bundesamts für Kultur. 21 Auf den Spuren eines Pioniers. Rudolf Steiners 150. Geburtstag wird 2011 vielfältig gefeiert. 22 Basel von unten. Ein Buch über Armut in Basel. 22 Als das Zerstören noch geholfen hat. Destruktion in der Kunst im Museum Tinguely. 23 Auf dem Weg zum ‹Kunstfreilager›. Der Umzug der HGK auf das Dreispitzareal verzögert sich. 24 Kultour-Mix. Kurzmeldungen, Tipps und Hinweise. 25 Cover: ‹Heidi› (Carolin Schär mit Geissen) im Theater Basel u S. 13 Foto: Judith Schlosser Corrigenda. Im Artikel ‹Baustellenreport der Kulturpolitik› (Ausgabe 10/10) war nur von einer 2,3 Prozent-Sparvorgabe für die staatlichen Museen die Rede, in Wirklichkeit müssen die Häuser aber sogar mit 3,2 Prozent weniger Geld auskommen. Im Artikel zum Gundeldinger Feld (Ausgabe 9/10) wurde die Kantensprung AG im Zusammen- hang mit Konzept und Betrieb des Stellwerk genannt. Die Kantensprung AG hat einen finanzi- ellen Beitrag zur Umsetzung geleistet; Konzept und Betrieb: Verein Stellwerk u S. 19
Zürcher Hochschule Diner Spektakel für Angewandte Wissenschaften School of Management and Law Grand Hotel & Show Vulcanelli Informationsveranstaltung MAS Arts Management Dienstag, 30. November 2010, 18.15 Uhr Stadthausstrasse 14, 5. Stock, SC 05.77, 8400 Winterthur Start der 12. Durchführung: 21. Januar 2011 ZHAW School of Management and Law – 8400 Winterthur 2. Dezember 2010 bis 9. Januar 2011 RESERVATION: e-mail: info@vulcanelli.ch - Fon: 061 683 06 80 Zentrum für Kulturmanagement – Telefon +41 58 934 78 70 ATRIOvulcanelli • Erlenmatt • NT- Areal www.arts-management.zhaw.ch Building Competence. Crossing Borders. Zürcher Fachhochschule EXHIBIT ! — SCENOGRAPHY IN E XHIBITION DESIGN MIT SOUND VON 3rd International Scenographers‘ Festival IN3 Basel DJ NEEVO 2.— 5. December 2010, Location: Kaserne Basel/Switzerland Die dritte Ausgabe des Internationalen Szenografie Festivals IN3 Basel setzt das eigentliche Kerngeschäft der BARBETRIEB: Szenografie, das «Ausstellen und Inszenieren» im und ums Museum ins Zentrum der Auseinandersetzung: «Exhibit! — scenography in exhibition design». Das Programm ist ab November unter www.in3.ch publiziert. CARGO BAR SPEAKER 2010 Eintritt CHF 14.– Studierende/in Ausbildung CHF 5.– AEBI AUREL, ARMAND LOUIS & PATRICK REYMOND CH l CAZALAS ZETTE F l DE MARCO RAMÓN UND DETTWILER DANIEL CH l DOWNEY BRAD USA l PROF. FEHR MICHAEL D l HÄCHLER BEAT CH l HERZOG JACQUES CH l HUNDT 26.11./3.12. 2010 THOMAS D l PROF. KILGER GERHARD D l LAMBRETTE ROLAND & BLEHER LARS U. D l MICKA BORIS CZ l MORROW CHARLIE USA l RICK MATTHIAS & TIMM AXEL D l RIKLIN FRANK UND PATRIK CH l SPIESS VALENTIN CH l 18.00 – 21.00 h SPILLMANN ANDREAS CH l SPRING THOMAS D l STRATENWERTH CHRISTOPH CH l TOLAAS SISSEL N l VIEBROCK ANNA D l WEITZ DETLEF UND EPPLE ROSE D l EDLERS JAN UND TIM D l PROF. ETTE OTTMAR D l HAFFNER BLAKSTAD ERLEND & AASARØD HÂKON N l MERZ HANS-GÜNTER D l PROF. PARZINGER HERMANN D l TEUFEL PHILIPP D l DR. ROTH MARTIN D l DR. RÜSCHOFF-THALE BARBARA D l U.V.M. Hauptsponsor Festivalsponsoren Medienpartner Naturhistorisches Museum Basel Augustinergasse 2, CH-4001 Basel Mit freundlicher Unterstützung der T +41 61 266 55 00 nmb@bs.ch, www.nmb.bs.ch/pilze
Impressionen vom PriCülTür 2010 Suzanne Schweizer und Romy Gysin (oben links); Basler Band SØR (Mitte links); Laudator Alfred Schlienger (unten rechts), Fotos: Fee Peper November 2010 | ProgrammZeitung | 7
Fakt oder Fake? a l f r e d s c h l i e nge r wenig kennt, wird gerne darauf tippen, dass der Fake-An- teil nicht gerade gering ist. Der New-Filmer Banksy ist Eu- ropas angesagtester Graffiti-Artist. Er hat es geschafft, be- rühmt und gleichzeitig anonym zu sein. Man schätzt den Briten, von dem niemand den richtigen Namen oder das Gesicht kennt, auf Mitte dreissig. Die Strassenkunst, die der findige Kommunikationsguerilla mittels Schablonen welt- weit auf Hausmauern sprayt, zeichnet sich aus durch Witz, Intelligenz und politischen Biss. Kunst der Verwirrung. Banksys Motive zieren Wände in Ber- lin, London, Brooklyn oder im Gaza-Streifen. In einen Dis- neyland-Park schmuggelte er die aufblasbare Puppe eines Guantanamo-Häftlings und fixierte sie an den Zaun neben der Achterbahn. Und ebenso ungefragt montierte er eigene Arbeiten in weltbekannten Museen, wo die irritierende Ver- fremdungskunst oft tagelang zwischen den alten Meistern hängen blieb. In London wurde kürzlich gar ein Stück Mau- er mit einem Banksy-Graffito gestohlen – herausgesägt, ab- transportiert und auf eBay angeboten. Die Kunst der Verwirrung ist auch das Konzept des Films. Banksy behauptet, ‹Exit through the gift shop› sei ein Film über einen Mann, der versucht habe, einen Film über ihn zu drehen. Weil er ihn unfähig findet, kehrt er den Spiess um, nimmt ihm die Kamera ab, beginnt diesen obsessiven Lieb- haber der Street Art zu porträtieren und ermuntert ihn gleichzeitig, selber Kunst zu machen. Und so treibt er den Filmstill aus Der britische Street Artist Banksy zeigt den hinterlistigs- Dilettanten zu schwindelerregenden Erfolgen auf dem ‹Exit through ten Künstlerfilm seit Jahren. Wann ist man zum letzten Kunstmarkt. Noch selten war ein Film über Kunst ironi- the gift shop› Mal so erfrischt aus dem Kino gekommen – auch ohne zu scher und im Einsatz seiner Mittel adäquater. Banksy selber wissen, wo einem der Kopf steht? ‹Exit through the gift meint: «Ich wollte einen Film machen, der für Street Art das shop› ist eine wunderbar doppelbödige Hommage an die bewirkt, was ‹Karate Kid› für den Kampfsport bewirkt hat Street Art verwegener Graffiti-Künstler und zugleich eine – einen Film, der jedes Schulkind dazu bewegen würde, irrwitzige Satire auf die Kommerzialisierung des Kunstbe- eine Spraydose in die Hand zu nehmen und loszulegen. triebs. Das beginnt schon mit der Gattungsbezeichnung. Aber wie sich herausstellte, haben wir einen Film gemacht, Der Streifen, der beim Sundance Filmfestival und auf der der für Street Art so viel getan hat wie ‹Der weisse Hai› für Berlinale für Furore sorgte, firmiert als Dokumentarfilm, den Wassersport.» Hingehen! Und staunen und lachen über wirkt aber zunehmend wie ein Spielfilm, so dass man sich die Kunsthaie. ständig und mit Vergnügen fragen darf: Fakt oder Fake? ‹Exit through the gift shop› läuft ab Do 25.11. in einem der Kultkinos. Es ist wohl eine so sorgfältige wie hinterhältige Mischung. Buch v. Banksy, ‹Wall and Piece›. Pimlico. London 2007, TB, CHF 29.90. Und wer den Regisseur dieses erstaunlichen Erstlings ein www.banksy@co.uk Die Welt ist Klang Musiktherapeuten Wolfgang Fasser, der als jun- ger Mann erblindete und heute in der Toscana und ‹knipst› sich Hör-‹Postkarten›. Man glaubt ihm aufs Wort, wenn er sagt, er habe nicht den a l f r e d s c h l i e nge r mit geistig oder körperlich schwer behinderten Eindruck, nicht zu sehen: «Ich höre ja.» Grandios und berührend: ‹Nel giardino dei Kindern arbeitet. Es ist diese Aufmerksamkeit und Sorgfalt im Um- suoni›. Der Prix de Soleure, der jährlich an den Nicola Bellucci gelingt mit diesem Film etwas gang mit allem, die tief berührt. Diese liebevolle Solothurner Filmtagen vergeben wird, hat einen Grossartiges: Er ist ganz nah bei diesen Kindern und respektvolle Öffnung zum Gegenüber im hohen Anspruch. Ausgezeichnet werden soll ein und ihrem Therapeuten, folgt präzis den feins- Klang, der tiefer geht als blosse Worte. Über zwei «herausragender Kinofilm, der durch einen aus- ten Regungen und Entwicklungen, aber er macht Jahre hat Bellucci die Arbeit von Fasser filmisch geprägten Humanismus überzeugt und diesen in damit keinen Film über Behinderungen, keinen begleitet. Zum Berührendsten gehört es, mitzu- eindrucksvoller Form filmisch darstellt». Hoch- Film für Fachleute, er macht einen Film übers erleben, wie die schwerstbehinderten Kinder im verdient ging der Preis in diesem Jahr an Nicola Menschsein, der uns alle angeht. Die Welt ist Zusammenspiel von Klang, Berührung und Be- Bellucci und seinen Film ‹Nel giardino dei suoni›. Klang. Und Wolfgang Fasser ist ein so listiger wie wegung sich Schritt für Schritt einen Zugang zu Der 1963 in Arezzo geborene Dokumentarfilmer, lustiger Führer und Verführer in diese Welt. Ein dieser Welt erobern. Da können einem schon die der seit 14 Jahren in Basel lebt, entwirft darin ein Sinnenöffner über Aug’ und Ohr hinaus. Selber Tränen kommen. Vor Glück. ungemein einfühlsames Porträt des Physio- und ist er mit dem Tonaufzeichnungsgerät unterwegs ‹Il giardino dei suoni› läuft in einem der Kultkinos. 8 | ProgrammZeitung | November 2010
Ein Filmwunder wie Milch und Honig a l f r e d s c h l i e nge r Der türkische Berlinale-Sieger ‹Bal› verzaubert durch seine sinnliche Kraft und Ruhe. Wald, nichts als Wald. Minuten- lang. Und nur die Geräusche dieses Waldes, die Vögel, das Knacken und Zirpen, eine urtümliche Natursymphonie. Dann erst sehen wir den Mann mit dem Maulesel, der sich von weit hinten einen Weg durch das grüne Dickicht bahnt. Langsam kommt er näher, lange schaut er in die Kronen der Bäume, reibt mit den Händen die Rinde, riecht an ihnen, Filmstills leckt sich die Finger, wirft schliesslich ein langes Seil um aus ‹Bal› einen hohen Ast, steigt am Baumstamm hoch, um in lufti ger Höhe einen seiner Bienenstöcke zu platzieren. Und plötzlich, in dieser magischen Ruhe und Aufgehobenheit, Spiritueller Realismus. Es gehört zu den Wundern dieses bricht der Ast, der Mann fällt, das Bild gefriert. So beginnt Filmes, wie sich die Neugier, die Verletzlichkeit, die Seele ‹Bal› und öffnet alle unsere Sinne. dieses Kindes in seinem Gesicht, in jedem Bild spiegeln. Es überrascht nicht, dass dieses so schlichte wie grossartige Wenn man den Honigsucher bei seiner Arbeit sieht, be- filmische Sinnenwunder an der diesjährigen Berlinale mit kommt der Film etwas Dokumentarisches, als halte er eine dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde. Damit stellt verschwindende Welt ein letztes Mal fest. Mitten im fröh- Trigon-Film nach ‹Grbavica› und ‹La teta asustada› bereits lich tanzenden Markttreiben suchen Mutter und Sohn ver- zum dritten Mal in den letzten fünf Jahren den Berlin- zweifelt den vermissten Vater, und weder ein sentimentaler Sieger. Eine stolze Bilanz und ein weiterer Beleg für das Drücker noch ein Hauch von Folklore trüben die Bilder. gute Gespür dieses engagierten Schweizer Verleihs mit dem Der Film ist schlicht ganz ohne Schlichtheitsgetue, und er Blick auf die ganze Welt. verzückt durch Schönheit, ohne zur Idylle zu werden. Als Poetische Existenz. Der türkische Filmregisseur Semih «spirituellen Realismus» kennzeichnet Kaplanoglu seine Kaplanoglu erzählt in ‹Bal› mit berückenden Bildern und Arbeitsweise. Er kommt ohne jede Musik aus, und doch fast ohne Worte eine feinfühlige Vater-Sohn-Geschichte. ist die Welt dieses Films ganz Klang. Er benützt keinerlei Der sechsjährige Yusuf wurde eben eingeschult. Sein Vater künstliche Beleuchtung, und wir baden im vielfältigsten Yakup ist der Honigsucher, zu ihm hat der Junge ein ver- Zauber von Licht und Schatten. Der Wald, das Haus werden trauensvolles Verhältnis, ihm liest der Leseanfänger mit zur lichten, warmen Wunderkammer. der Begeisterung des Neugierigen Kalendergedichte vor, ‹Bal› bildet den Abschluss einer rückwärts erzählten Trilo- flüstert ihm seine nächtlichen Träume ins Ohr, lässt sich gie. In ‹Yumurta› (‹Ei›, 2007) erzählte Kaplanoglu das Leben Blumen, Kräuter, Gerätschaften erklären, lernt seine Welt des Poeten Yusuf als Erwachsener. Mit ‹Süt› (‹Milch›, 2008) kennen und lieben. Wenn Yusuf aber in der Schule vorlesen begleitete er den zukünftigen Künstler durch seine Jugend. soll, wird er zum Stotterer, der keinen Satz über die Lippen Und mit ‹Bal› (‹Honig›) taucht er nun ein in die Kindheit, in bringt – und die andern Kinder lachen. In den Pausen bleibt die Ursprungswelt jener Sehnsüchte und Empfindungen, er im Zimmer und schaut den Schulkameraden durchs die den erwachsenen Poeten umtreiben. Albert Einstein Fenster beim Spielen zu. Auch die freundliche Mutter fin- soll gesagt haben: «Wenn die Biene einmal von der Erde det keinen Zugang zum Jungen, der in ihrer Umgebung verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. verstummt. Es sind die Werkzeuge des Vaters, die Pflanzen Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen und Tiere, die zu ihm sprechen. Als sich der Vollmond, die- mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.» ‹Bal› hat keine ses Symbol des Wechsels der Zeiten, in einem Wassereimer banale Botschaft. Aber wenn man diesen Film ernst nimmt, spiegelt, wird er zum Mondtrinker. Yusuf ist eine durch darf man hoffen. und durch poetische Existenz jenseits von jeder Romanti- ‹Bal› läuft ab Do 18.11. in einem der Kultkinos u S. 35. Mehr Infos dazu im sierung. Er ist aufgehoben in dieser mystischen Welt und Trigon-Film-Magazin. Vorpremiere mit Regisseur: So 7.11., 16.30, Atelier doch (oder deswegen) einsam. November 2010 | ProgrammZeitung | 9
Musik aus dem Reich der Mitte ru e di a n k l i Gedenkstein aus Klängen a l f r e d z i lt e n e r Die Basel Sinfonietta spielt u.a. Werke des chinesischen Komponisten Wang Xilin. Im Buch ‹Fräulein Hallo und der Bauernkaiser› (dt. 2009) versammelt der chinesische Journa- list Liao Yiwu Interviews, die er mit «Menschen vom Bodensatz der Gesellschaft» geführt hat. Besonders erschütternd ist jenes mit dem 1936 geborenen Komponisten Wang Xilin. Der hoch- begabte Autodidakt war zunächst kommunisti- scher Aktivist, geriet jedoch mit seinem Streich- quartett von 1960 in den Ruf, ‹Rechtsabweichler› zu sein. Nach einer Rede, in der er sich offen gegen die offizielle Kulturpolitik wandte, wurde er zu ‹Selbstkritik› und Denunziationen gezwun- gen und zur ‹Umerziehung› aufs Land geschickt. Im Gespräch erzählt er detailliert von den unzäh- Sonic Calligraphy ligen Foltern und Demütigungen, die er 14 Jahre lang immer wieder erdulden musste. Erst die po- Musikalische Dialoge im Bird’s Eye und an festivals Willisau. Der Zürcher Perkussio- litische Lockerung der 80er-Jahre brachte ihm der Volkshochschule. Drei interkulturelle nist und die chinesische Saiten-Magierin die Freiheit und die Möglichkeit, sich als Kom- Begegnungen mit hohem Spannungspoten hatten bereits Ende 2007 das bemerkens- ponist zu entfalten. Seine Musik ist geprägt von zial sind im Rahmen des Festivals Culture werte Album ‹Black Lotos› vorgelegt. Xu Leid und Unterdrückung, von seinen Erfahrun- scapes angesagt. Saiteninstrumente mit Fengxia spielt Guzheng (eine Wölbbrett gen während der Kulturrevolution ebenso wie fernöstlichem Timbre und westliche Jazz- zither) und Sanxian (eine Art Laute, die dem vom Massaker auf dem Tiananmen-Platz. beats messen sich im improvisatorischen Banjoklang nahe kommt), setzt aber bei Das gilt auch für die in China verbotene 4. Sinfo- Wettstreit zwischen Musikschaffenden aus ihren Improvisations-Dialogen mit Niggli nie op. 38 von 1999, welche die Basel Sinfonietta China und der Schweiz. gerne auch ihre ausdrucksstarke Stimme in Zusammenarbeit mit dem Festival Culture Den Auftakt von drei Konzertblöcken im ein. Die beiden Musikerpersönlichkeiten scapes erstmals in der Schweiz aufführt. Sie Bird’s Eye macht ein propädeutischer Volks- vereint die Leidenschaft für das Fremde beginnt mit einem grossen Klagegesang der hochschulkurs mit dem Trio Sonic Calli- und die Bereitschaft zum Improvisieren. Kontrabässe, der sich, wenn die übrigen Register graphy, das um zwei chinesische Musiker Different Song heisst die dritte Formation nach und nach einstimmen, ganz langsam auf- ergänzt wird. Den Kern dieses Ensembles der schweizerisch-chinesischen Trilogie im hellt. Es sind Melodien, die Wang in der Verban- bilden zwei Schweizer, der Pianist Adrian Bird’s Eye. Auch hier steht ein Zupf-Instru- nung auf dem Land gesammelt hat. Doch mit Frey und der Perkussionist Willy Kotoun ment aus dem breit gefächerten Instrumen- einem jähen Fortissimo wird die Klage zerschla- sowie die in den USA aufgewachsene Jazz- tarium des Reiches der Mitte im Fokus, die gen, und von nun an herrscht in der Musik eine Sängerin Peggy Chew, die aus einer chine- Pipa. Gespielt wird sie von Yang Jin, der Brutalität, die alles niederwalzt; erst in den sischen Auswandererfamilie stammt. Für sich mit dem Pianisten Michel Wintsch, Schlusstakten kündigt sich mit Celesta-Klängen dieses Projekt konnten zudem der chinesi- dem Bassisten Bänz Oester und dem Drum- etwas wie eine ferne Erlösung an. Er wolle mit sche Jazzsänger Coco Zhao und Wu Na ge- mer Norbert Pfammatter austauscht. seinen Kompositionen, erklärt Wang, «einen Ge- wonnen werden, welche die Gu Qin spielt, Allen drei Formationen ist übrigens ge- denkstein aus Klängen für die Opfer des Maois- eine altehrwürdige Zither mit 3000-jähri- meinsam, dass sie ihre Musik auch in China mus errichten». ger Tradition. Diese Gruppe improvisiert vor die Leute brachten. Auf die Feuertaufe Das von Francesc Prat geleitete Konzert bringt über chinesische Traditionals ebenso ge- im Lande der farbenprächtigen Drachen zudem die Uraufführung des Klavierkonzerts konnt wie über George Gershwins Standard folgt gewissermassen die Kür im Basler op. 55 von Wang Xilin und Fritz Hausers Improvi- ‹Summertime›. Die Kompositionen von Frey Bird’s Eye Jazz Club. sation ‹schraffur› für Gong und Orchester. und anderen werden durch z.T. sehr alte Culturescapes: bis Di 7.12., www.culturescapes.ch Konzert ‹China – Im Jahr des Tigers›: So 7.11., 19 h, chinesische Lyrik ergänzt. Vor gut einem VHS-Kurs ‹Jazz und traditionelle chinesische Musik›: Stadtcasino Basel u S. 53 Jahr nahm das Ensemble in der gleichen Mo 8.11., 18–20 h, Bird’s Eye, Infos: www.vhsbb.ch Weitere Veranstaltungen zu chinesischer Musik, Besetzung in Shanghai die eben erschie Konzerte im Bird’s Eye Jazz Club: jeweils Di/Mi Theater, Tanz und Kunst u S. 36, 48, 49, 50 nene CD ‹The Flow of Things› auf. CDs: Sonic Calligraphy, ‹The Flow of Things› (Altri Gu Qin, Guzheng, Sanxian, Pipa. 2009 suoni); Xu Fengxia, Lucas Niggli, ‹Black Lotus› (Intakt) gehörte das Duo von Lucas Niggli und Xu Fengxia zu den Höhepunkten des Jazz- 10 | ProgrammZeitung | November 2010
Archaisch und zeitgemäss dagm a r bru n n e r Das Ali Akbar College of Music vermittelt seit 25 Jahren 40 Jahre lang unterrichtete. Der Westen begann sich da- klassische nordindische Musik. Im Juni 2009 starb Ustad mals (nicht zuletzt durch die Beatles) stärker für indische Ali Akbar Khan nach einem erfüllten Leben im Alter von Musik zu interessieren. 87 Jahren an einem Nierenleiden. Die Musik war dem 1985 gründete er auf Initiative seines Meisterschülers Ken indischen Sarod-Virtuosen quasi in die Wiege gelegt, schon Zuckerman auch ein College in Basel, das mit der Musik- sein Vater war ein legendärer Musiker, der neben seinem Akademie kooperiert. Tausende von Studierenden aus aller einzigen Sohn u.a. Ravi Shankar ausbildete und die Inst- Welt haben in den vergangenen 25 Jahren an Kursen und rumentalmusik Indiens revolutionierte. Ali Akbar Khan Seminaren des Instituts teilgenommen, an dem namhafte debütierte 1939 in Allahabad, und auch er bescherte der Profis lehren. Ali Akbar Khan, der zunehmend weltweite klassischen Musik seines Landes mit seiner fellbespannten Anerkennung erhielt, besuchte es regelmässig. Der aus den 25-saitigen Laute nachhaltige Impulse. Aber er war auch USA stammende Lauten- und Sarodspieler und Komponist weltoffen und nahm z.B. die erste Schallplatte mit indi- Ken Zuckerman, der indische Tablaspieler Swapan Chaud- scher Musik im Westen auf. 1956 eröffnete er in Calcutta huri und andere sorgen nun dafür, dass die seit über 500 das erste Ali Akbar College of Music, dem 1967 die zweite Jahren sorgfältig gepflegte, klassische nordindische Musik- Schule in San Rafael, Kalifornien, folgte, an der er über tradition, die Überlieferung, Komposition und Improvisa tion verbindet und damit archaisch und zeitgemäss ist, auch in Basel weiterlebt. Das Jubiläum des College wird während des jährlichen Wochenseminars für Musikstudierende aller Stufen gefei- ert; für interessierte Laien gibt es einen Schnupperkurs. Als Höhepunkt wird ein Gala-Konzert präsentiert, in dem sich u.a. mittelalterliche europäische und nordindische Musik- welten begegnen. Ali Akbar College of Music, www.aliakbarcollege.org u S. 37 Seminar: So 21. bis So 28.11., Musik-Akademie Schnupperkurs: Fr 26. bis So 28.11. Rezital mit Studierenden und Gästen: Fr 26.11., 19.30 Galakonzert: Sa 27.11., 18 h Ausserdem: ‹Trilogy›, nordindische Musik und Tanz: Fr 12.11., 20 h, Theater Palazzo, Liestal u S. 52 Instrumentalunterricht am Basler Ali Akbar College of Music, Foto: Heiner Grieder Musik statt Knast tisiert, die das Musikmuseum zu seinem zehn- jährigen Bestehen eingerichtet hat. So wurde ehemaligen Zellen über 600 Instrumente aus fünf Jahrhunderten in ihrem musikalischen und dagm a r bru n n e r etwa die Basler Künstlerin Karin Leuenberger sozialen Kontext. Dazu kann man über 200 10 Jahre Musikmuseum. Für arglose Touris- mit der Gestaltung einer Zelle beauftragt. An Musikbeispiele und weiterführende Infos elekt- tInnen befindet es sich an lauschigem Ort mit- drei Wochenenden wird zudem mit verschiede- ronisch abrufen. Ermöglicht haben das Museum ten in der Altstadt, doch das Musikmuseum, ein nen Veranstaltungen die vergangene und gegen- private Geldmittel, den Umbau entwarfen Morger Ableger des Historischen Museums Basel, ist in wärtige Nutzung in Führungen und Gesprächen & Degelo Architekten. Neben einem Mehrzweck- einem ehemaligen Gefängnistrakt untergebracht, reflektiert, und in Kurzkonzerten erklingt eine raum und einem Raum für Wechselausstellun- dem Lohnhof. Dieser gehörte ursprünglich frei- Reihe spezieller Instrumente, zum Beispiel Viola gen gibt es auch einen Museumsshop. lich zu einer Klosteranlage der Augustiner Chor- da gamba, Positivorgel oder Barockgitarre. Auch Ausstellung ‹Ein Kloster ist ein Gefängnis ist ein herren und erhielt seinen Namen, weil er später ein Familiensonntag ist angekündigt. Und das Museum: 10 Jahre Musikmuseum›: Do 4.11., als städtischer Bauhof diente, wo die Löhne an Sam Burckhardt Quartet spielt ein ‹Geburtstags- 18 h (Vernissage), bis Ende Januar, Musikmuseum, im Lohnhof 9, Mi bis Sa 14–18 h, So 11–17 h die Arbeiter ausbezahlt wurden. ständchen› im benachbarten Jazzclub. Jubiläumskonzert: So 7.11., 20.30, Bird’s Eye Jazz Club Diese wechselvolle Hausgeschichte lässt sich an Das Musikmuseum beherbergt die grösste und Spuren im Museum nachvollziehen. Und wird bedeutendste Musikinstrumentensammlung der Familiensonntag: So 21.11., 11–17 h auch in der aktuellen kleinen Ausstellung thema Schweiz. Es zeigt auf drei Stockwerken in 24 November 2010 | ProgrammZeitung | 11
Krise der Alternativen m ic h a e l b a a s Schwindendes Interesse. Allerdings stellt sich zunehmend drängender die Frage, inwieweit dieses Modell noch trägt, um in der sich wandelnden Gesellschaft und Kulturland- schaft weiter erfolgreich zu bestehen. Offenkundig jeden- falls ist das Nellie in seiner Veranstaltungsarbeit zuletzt ins Stolpern geraten. Da hilft auch das schon vor Jahren angedockte Foyer für den Veranstaltungsraum nicht, und darüber kann selbst die zur neuen Saison abgeschlossene aufwändige Sanierung des gastronomischen Betriebs, der unter dem Motto ‹Kultur und Kulinarik› neue Zielgruppen erreichen will, nicht hinwegtäuschen. Im Gegenteil: In der vergangenen Saison 2009/2010 verzeichnete die Klein- kunstsparte Publikumsrückgänge zwischen 20 und 30 Pro- zent, und die mit hohen Erwartungen verknüpften monat- lichen Gastspiele in einer grösseren Aussenspielstätte, der Alten Halle im Stadtteil Haagen, haben sich ebenfalls als Zuschussgeschäft erwiesen. Deshalb wurde das Gastspiel- programm für die aktuelle Spielzeit deutlich abgespeckt und die Kleinkunst am Wochenende auf nur eine Veran- staltung begrenzt. Mehr als ein Generationenprojekt? Ein erfreulicher Jubi- läums-Auftakt ist das fraglos nicht. Zum Teil kämpft das Nellie dabei mit externen, strukturellen Problemen: So ist die Kulturlandschaft in den vergangenen Jahren regelrecht überwuchert mit Programmangeboten, geprägt von einer nie dagewesenen Konkurrenz samt einem gewissen Über- Das Lörracher Nellie Nashorn ringt um seine Zukunft. druss beim Publikum. Mit dem Burghof entstand in Lörrach Vor zwei Jahrzehnten symbolisierte der Begriff ‹Alter- zudem eine Institution, die vieles absorbiert und das eine nativkultur› einen Aufbruch aus einer musealen und auf oder andere auch kannibalisiert. Dazu kommt die Diffu Repräsentatives fokussierten bürgerlichen Leitkultur, war sion der Inhalte: Die Grenzen zwischen etablierter und gleichsam die Chiffre für Emanzipatorisches und Experi- alternativer Kultur sind verwischt. Der Kulturbetrieb hat mentelles, Neues und Gewagtes. Inzwischen aber fassen das ‹Alternative› eingemeindet, die damalige Nischen auch die einstigen Bannerträger der Bewegung den Begriff kultur ist zum Mainstream avanciert, und viele Künstle- und die Inhalte nur noch mit Fingerspitzen an. Die früheren rInnen sind dem (alternativen) Milieu entwachsen – nicht Leuchttürme des Alternativen jedenfalls stecken an vielen nur Helge Schneider oder Mathias Richling. Früher war Orten seit längerem in schmerzhaften Häutungsprozessen das Nellie die Plattform für Auftritte von Dieter Nuhr, – die Kaserne in Basel war und ist ein Beispiel, das Nellie Georg Schramm oder den Acapickels in Lörrach; inzwischen Nashorn in Lörrach ein anderes. treten diese alle im Burghof auf. Das soziokulturelle Zentrum, das nächstes Jahr sein 25-jäh- Das Nellie aber hat auf diesem Weg von der Szenekultur zur riges Bestehen feiern kann, hat sich in den vergangenen Kulturszene auch etwas die Orientierung verloren, nicht zwei Jahrzehnten fest etabliert und wird derzeit von der zuletzt aus hausgemachten Gründen: Offenbar hat das Stadt mit 112’000 Euro im Jahr bezuschusst – davon stehen Haus seine Rolle in der neuen Lörracher Kulturarchitektur 80’000 Euro für die Programmarbeit zur Verfügung. Auf noch immer nicht gefunden. Das schlichte Weiterso, der dieser Basis hat sich im auch atmosphärisch ansprechenden Versuch, im Bereich Kabarett oder Gesang ein Angebot zu Flachsländer Hof am nördlichen Rand der Innenstadt eine schaffen, das in allen Schichten und Generationen so an zeitweise kräftig pumpende Herzkammer der Lörracher genommen wird, wie zu der Zeit, da es in Lörrach kaum Kultur entwickelt, ein Ort, an dem professionelle und pro- andere Kulturveranstalter gab, muss jedenfalls als geschei- fessionell gemanagte Kleinkunst ebenso zu Hause sind tert gelten. Und die Gefahr, dass das Nellie Nashorn ein wie Cineastinnen, regionale Slam-Poeten, Schwulen- und Generationenprojekt bleibt, scheint keineswegs gebannt: Lesben-Gruppen oder auch die Grünen. Im Nellie, wie es Mitunter gibt es Anlässe, da können KünstlerInnen im Pub- in Lörrach kurz heisst, pulst bis heute der Geist des gesell- likum zwar ihre Elterngeneration erleben, ihre eigene aber schaftlichen Aufbruchs der 1980er-Jahre, hier wird nicht trifft sich längst anderswo in Lörrach oder auch in Basel. nur Kultur konsumiert, hier wird sie nach wie vor aktiv ge- Nellie Nashorn, Tumringer Str. 248, Lörrach, www.nellie-nashorn.de. macht – im Jungen Theater Nellie Nashorn, in der Amateur- Kneipe: Di bis Do und So 18–24 h, Fr/Sa 18–1 h theatertruppe Gut & Edel, die seit 20 Jahren besteht, oder 25 Jahre Jazzchor Flat & Co.: Fr 19.11., 20 h, Alte Halle Haagen dem Jazzchor Flat & Co., der diesen Monat gar seinen 25. Geburtstag begeht. 12 | ProgrammZeitung | November 2010
Nostalgie muss sein m ic h a e l g a s se r Genüsslich sündigen Das Theater Basel setzt beim diesjähri- gen Familienstück ganz aufs Heidi. Heidi wegs bestreitet. «Die Idylle bei Spyri wird durch die leise, stets vorhandene Ironie dagm a r bru n n e r ist überall. Auf der Migros-Milch, im Hei- erträglich, mit der die Autorin ihre Figu- Erzähltheater von Bea von Malchus. Als diland und nun auch auf der Bühne. Das ren beschreibt. Der Humor ist zentral. Kind wurde sie von ihrer kleinen Schwester ver- Theater Basel realisiert den Johanna-Spyri- Am Kitsch versuchen wir vorbeizukom- hauen, hatte häufig Nasenbluten und war gut Stoff nämlich als Familienstück. Sprich ab men, nicht jedoch an der Nostalgie.» Nicht in der Schule – das behauptet Bea von Malchus fünf Jahren, was auch heisst: allzu kom- übernehmen wollte man die religiösen jedenfalls auf ihrer Website. Und wenn’s nicht pliziert darf und soll es nicht zu- und her- Aspekte des 1879 erschienen Werkes. Dass wahr ist, dann ist es zumindest gut erzählt. gehen. «Wir müssen nicht in erster Linie Heidi in Frankfurt das Lesen nicht zuletzt Genau das tut denn die gebürtige Freiburgerin kompliziert und konzeptuell sein, sondern erlernt, um die Bibel studieren zu können, (geb. 1959) auch ausgiebig und professionell seit können sehr direkt und spielerisch eine sei des Guten doch ein wenig zuviel. Eben- rund 15 Jahren. Nach ihrem Studienabschluss Geschichte erzählen», sagen Dramaturgin so wie der Alp-Öhi, der von Heidi wieder in Germanistik und Geschichte arbeitete sie an Julie Paucker und Regisseurin Florentine zum Kirchgang gebracht wird. «Das wollten verschiedenen Theatern im In- und Ausland als Klepper. «Heidi war ganz einfach fällig», wir lieber aussparen», so Klepper. Schauspielerin (ohne spezifische Ausbildung), begründen die zwei, die nicht zum ersten «Heidi ist natürlich nicht per se ein politi- Regisseurin, Dramaturgin und Autorin. Doch Mal zusammenarbeiten, ihre Wahl. «Es ist scher Stoff, aber mit Themen wie Heimat- vermisste sie dort oft die Stoffe, welche die ein toller Stoff, der uns die Möglichkeit losigkeit oder der Sehnsucht nach einer Fantasie beflügeln und die sie in ihrer Kindheit gibt, zumindest die Hälfte der Geschichte Heimat, ist die Geschichte weiterhin rele- durch ihre Grossmutter und Mutter vermittelt auf Schweizerdeutsch zu erzählen», führt vant», betonen die beiden Mittdreissige- bekam, und so startete sie 1996 ihre eigene ‹One- Klepper aus, die seit letzter Spielzeit in rinnen. «Sowohl Heidi als auch Klara ha- Woman-Show› in der Gattung Erzähltheater. Basel als Hausregisseurin engagiert ist. ben keine Mutter mehr, dem Geissenpeter Sie benötigt dazu fast nichts, sitzt auf Kissen «Heidi ist sowohl national als auch interna- fehlt der Vater, und der von Klara ist nie oder einem Stuhl, hat kaum Requisiten, setzt vor tional eine Kultfigur. Sie ist ein Schweizer da.» Familienkonstellationen, wie sie heute allem ihren Körper, ihre Mimik, ihre Stimme ein Mythos und insofern ein Schweizer Ideal», des Öfteren vorkommen und somit den Kin- – und schafft damit ganze Welten. Souverän sagt Paucker. «Ich glaube, der Stoff hat viel dern nicht fernliegen. schlüpft sie in alle Rollen, sei es die Königin, Lu- mit unserer Sicht auf uns selbst zu tun.» Noch ist man mitten in den Proben. Das zifer, ein nerviger Junge, Gottvater, Casanova, Der Name Heidi zaubere selbst bei Erwach- achtköpfige Ensemble, das auch zwei er- ein gutmütiger Bär, Kriemhild, der Papst oder senen fast ausnahmslos ein Strahlen aufs zählende Musiker umfasst, nimmt mehr- eine orientalische Braut. Ihre Programme dau- Gesicht, so Paucker. «Das hängt sicher mit heitlich Doppelaufgaben ein: eine Rolle auf ern eine bis zwei Stunden, und in der Regel Kindheitserinnerungen zusammen, wohl der Alp, eine in Frankfurt. Um sich abzusi- lauscht das Publikum gebannt und lässt sich ger- auch mit der Sehnsucht nach einer heilen chern, werden periodisch Primarschulklas- ne verzaubern, keineswegs nur die Kinder. Zwar Welt.» Und diese ist bekanntlich nicht an sen eingeladen. «So prüfen wir, was bei den sind die Geschichten meist ‹irgendwie› bekannt, die Realität gekoppelt. Kleinen ankommt», sagt Klepper. Zumin- Episoden aus der Bibel, aus Märchen und Legen- Sehnsucht Heimat. Bei ihrer Bearbei- dest an den ‹Stargästen›, den drei Ziegen, den oder Shakespeare-Stücken. Aber so klug tung hat sich Paucker an der Buchvor- werden (nicht nur) die Kinder ihre helle und köstlich gekürzt und gewürzt, mit liebevol- lage orientiert. Und die ist ja nicht ohne Freude haben. lem Spott, grossem Herz für Schwächen aller Kitschtücken. Was die Dramaturgin keines- ‹Heidi›: ab Do 18.11., 18 h (Premiere), Schauspielhaus Art, frech und rührend zugleich. Kurz: Wer diese Basel u S. 27, Foto siehe Cover wandlungsfähige Komödiantin einmal erlebt hat, will sie immer wieder erleben! Gelegenheit dazu gibt es demnächst, wenn von Malchus mit ihrem neuen Programm ‹Die sieben Todsünden› in Basel gastiert. Vor einem Jahr spielte sie die Schweizer Premiere im Theater Palazzo in Liestal, seither trat sie auch mit an- dern ihrer Produktionen an vielen weiteren Or- ten auf – und war oft ausverkauft. Denn ihre Kunst heimst mittlerweile angesehene Preise ein. Also gibts nur eins: sofort bestellen! ‹Die sieben Todsünden›. Eine Sitz-Revue für Eremiten von Bea von Malchus: Do 11. bis Sa 13.11. und Do 18. bis Sa 20.11., 20.30, Theater im Teufelhof u S. 28 Mehr Infos: www.beavonmalchus.de Ausserdem: Ausstellung ‹Lust und Laster›. Die 7 Todsünden von Dürer bis Nauman: bis So 20.2., Kunstmuseum Bern und Zentrum Paul Klee, Bern, www.kunstmuseumbern.ch, www.zpk.org Bea von Malchus in ‹Die 7 Todsünden›
Kinder sind ihre eigenen Experten c h r i s t oph e r z i m m e r Virus Schule 10 Jahre Kinderbüro Basel. An einer Stell- wand hängt ein Plan von Riehen. Blaue derlärm, sagt Zeno Steuri, der Leiter des Kinderbüros, ist nicht bloss Krach, sondern c h r i s t oph e r z i m m e r Linien markieren die Schulwege und Farb- ein Sozialgeräusch, das zum Spiel der Kin- Lehren aus Leidenschaft – 14 Porträts aus punkte die Gefahrenherde, die es zu ent- der gehört und für eine gesunde Entwick- dem Schulalltag. Es ist eine Schul-, wenn nicht schärfen gilt – eine der aktuellen Baustel- lung wichtig ist. gar eine Binsenweisheit, dass es nicht so sehr len des Kinderbüro Basel. So wie auch die Hier tritt das Kinderbüro als Vermittler auf. darauf ankommt, in welche Schule man geht, mannshohe Box, die ein farbiges Schulzim- Und holt dafür die berufendsten Fachperso- sondern von wem man unterrichtet wird. Die mer simuliert, das von Kindern entwickelt nen an Bord: die Kinder selbst. Kinder, er- prägendsten Erinnerungen bleiben uns an die und im Selbstversuch getestet wird. In wel- klärt Steuri, sind Experten für ihre Bedürf- LehrerInnen, die den besten Draht zu uns hat- chen Farben lernt es sich ‹am wöhlsten›? nisse. Und wenn sie spüren, dass sie ernst ten, egal, wie streng oder nachgiebig sie waren. Diese beiden Projekte sind bezeichnend für genommen werden, werden sie zu mündi- Doch gerade von diesen ist im medialisierten die Arbeit des Kinderbüros: für das erste gen, handelnden und denkenden Subjek- Streit um Strukturen, Harmonisierung oder Bil- trat die Gemeinde Riehen an das Kinder ten, welche die Stadt als Spiel- und Lebens- dungsgutschein nur wenig die Rede. büro heran, das zweite wird in Zusammen- raum zurückerobern. ‹Schulbesuch› dagegen, ein Gemeinschaftswerk arbeit mit dem Erziehungsdepartement Kindermitwirkung wird deshalb gross ge- von Corina Lanfranchi, Katharina Tanner und realisiert. Vor zehn Jahren wäre dies noch schrieben. Jedes Projekt wird ausschliess- Arlette Schnyder, zeigt die Menschen hinter den undenkbar gewesen. Angefangen hat das lich mit Kindern entwickelt, von der Idee education resources der Bildungspolitik. Lehre- Kinderbüro ‹ganz klein› als Infostelle für bis zur Realisierung. Das Kinderbüro unter- rinnen und Lehrer, denen die Schule auch nach Kinderrechte. Doch mit den Jahren wuchs stützt sie dabei, betreibt Lobbyarbeit, stellt vielen Jahren nicht verleidet ist, weil sie aus das Interesse an dieser Einrichtung und da- Kontakte her, erschliesst Geldquellen. Das ihrem Beruf, der ihnen zur Berufung geworden mit ihr Aufgabenbereich. Die Medien wur- geht nicht ohne Enttäuschungen ab, doch ist, immer neue Kraft schöpfen, weil sie nicht den aufmerksam, und in der Stadtverwal- auch das gehört zum Erfahrungsschatz. stehen bleiben, sondern sich mit ihren Schütz tung fand ein Umdenken statt. Kinder sind Vieles aber gelingt und motiviert zum Wei- lingen weiterentwickeln, und die andere begeis- heute ein Thema. Und das Kinderbüro ein termachen, wie etwa das zeitlich begrenzte tern können, weil sie selber Begeisterte, vom nicht mehr wegzudenkender Player in der Projekt ‹Green City› (Barfi, Rümelinsplatz), Virus Schule Befallene sind. Lehrkräfte, für die kindgerechten Stadtentwicklung. Musste es der Verkehrsgarten (u.a. Erlenmatt) oder das Unterstützen vor dem Unterrichten steht, die in den Anfängen noch für die Beteiligung das mit Kindern konzipierte und betriebene vom Kind ausgehen und nicht von den Struk von Kindern kämpfen, wird es heute von Kinderbistro, das heute im Quartiertreff turen, die nicht bestimmen, sondern die Ent- der Verwaltung und Institutionen vermehrt Lola im St. Johann zu Hause ist. wicklung jedes Kindes begleiten und fördern. angefragt und einbezogen. ‹10 Jahre Kinderbüro› ist eine Erfolgsge- Gefunden haben die Autorinnen solche ‹Lehr- Kinderlärm ist ein Sozialgeräusch. Die schichte. Gefeiert wird u.a. am Tag des persönlichkeiten› in unterschiedlichen Landes- Arbeit im Dienste der Kinder geht nicht aus, Kindes mit einem mobilen Spielplatz und teilen und Schulformen. So spannt sich der nimmt sogar noch zu. Denn Kinder kom- einer Wärmestube mit Musik und Kulinarik. Bogen von staatlichen Primar- über Montessori-, men im öffentlichen Raum zunehmend in Keine Frage, dass man dort vielen Kindern Steiner- und freien Klassen bis zur Waldschule, Bedrängnis. Spielende Kinder auf Plätzen, begegnen wird – auf Augenhöhe! vom integrativen Modell bis hin zur Kleinst Innen- und Pausenhöfen stören viele – denn ‹Tag des Kindes›: Sa 20.11., div. Orte in der Stadt, schule, in der alle Stufen gemeinsam unterrich- wo sie spielen, machen sie Lärm. Doch Kin- www.kinderbuero-basel.ch tet werden. Dort überall haben sich die Autorin- Neu: Hallenverkehrsgarten für Kinder von 5–12 Jahren, nen dazugesetzt und genau beobachtet, wie die ab Mi 10.11. bis Ende Februar, Aktienmühle, Arbeitsgruppe Kindermitwirkung Mi, Fr, Sa 14–18 h, www.aktienmuehle.ch PädagogInnen den Schulalltag gestalten und be- ‹Mehr Farbe in Schulen› wältigen. Sie haben mit ihnen über ihre Schul erfahrungen und ihren Werdegang, ihre Motiva- tionen und Träume gesprochen, und sie spüren den Freiräumen und Grenzen nach, die von der Bildungspolitik geschaffen und gesetzt werden. Diese Berichte und die unprätentiösen Fotogra fien von Annette Boutellier zeigen nicht nur eine bunte Vielfalt jenseits verordneter Lehrpläne, sondern erinnern auch eindrücklich daran, dass bei allen Reformen niemals die Menschen ver- gessen werden dürfen, die diese Lehrpläne erst mit Leben füllen. ‹Schulbesuch›. Wie Lehrerinnen und Lehrer heute unterrichten – 14 Porträts von Corina Lanfranchi, Arlette Schnyder, Katharina Tanner (Texte), Annette Boutellier (Fotografien), Limmat Verlag, Zürich 2010. 184 S., gb., CHF 36.50 14 | ProgrammZeitung | November 2010
Läse, luege, loose dagm a r bru n n e r Die ‹BuchBasel› 2010 lädt zu vielfältigen Begegnungen mit Literatur ein. Bereits zum 8. Mal wird die ursprünglich von Matthyas Jenny initiierte Basler Buchmesse heuer durch- geführt, und sie heisst wieder wie bei ihrer ersten Ausgabe 2003 ‹BuchBasel›. Während fünf Jahren zog dieses Label jeweils im Mai Buch- und Literaturbegeisterte an, dann wurde mit der Kündigung der Messe Basel der Termin in den Spätherbst verlegt; 2008 und 2009 diente die abgele gene E-Halle als Zentrum, und der stark geschrumpfte An- lass nannte sich ‹BucH.08› – ein Marketingfauxpas sonder- gleichen. Nun steht wieder eine Messehalle zur Verfügung und es scheint, dass die ‹BuchBasel›, besser strukturiert und finanziert denn je, zu alter Grösse findet. Die Zahl der ausstellenden Verlage und Institutionen hat sich nämlich gegenüber 2009 fast verdoppelt, auf 180, was freilich kaum halb so viel ist wie in den Anfangsjahren. Aber schliesslich ist Qualität wichtiger als Quantität, und hier hat die diesjährige Messe einiges zu bieten: Neben Branchen-Flagschiffen wie Diogenes, Suhrkamp, S. Fischer und C.H. Beck präsentieren sich zahlreiche kleine, beson- dere und neue Aussteller, aus Basel etwa der bei Schwabe angesiedelte Johannes Petri Verlag. Zudem gibt es Gemein- schaftsstände mit österreichischer und rätoromanischer Literatur, fremdsprachige Buchangebote sowie eine Messe- buchhandlung von Bider & Tanner. 2/3 Sachbuch, 1/3 Literatur. Doch das Filetstück der Messe ist das internationale Buch- und Literaturfestival (1998 ebenfalls von Matthyas Jenny ins Leben gerufen). Die Be- gegnungen mit Schreibenden von Sachbüchern und Belle tristik, Kinder- und Jugendliteratur finden diesmal auf insgesamt sechs Bühnen statt. Das Programm, von Litera- turhaus-Intendantin Katrin Eckert in einem Kraftakt und Nippes von der mit Gespür für Aktualität und Qualität zusammengestellt, Frankfurter ist ein anregender Mix und hat deshalb allen etwas zu bie- Buchmesse 2010, Foto: db Leseförderung ten. Es lesen und diskutieren u.a. Alice Schwarzer, Hans- Peter Dürr, Verena Kast, Ralf König, Fatou Diome, Michael db. Junge Bücherwürmer kommen nicht nur auf der ‹BuchBasel› Krüger, Necla Kelek, Bligg und natürlich die fünf für den zum Zuge. Zum 30. Mal lädt das Basler Jugendbücherschiff Schweizer Buchpreis Nominierten. Daneben kann man (frisch herausgeputzt) zum Schmökern in seiner reichhaltigen zahlreiche Entdeckungen machen, etwa zu Literatur aus Ausstellung ein; rund 2000 neue Kinder- und Jugendbücher und Palästina, Polen, Albanien und Kanada. etliche Begleitveranstaltungen regen zum Lesen und Entdecken Der Nachwuchs darf sich in der Kinderzeltstadt tummeln, neuer Welten an. Im Rahmen des Sonderthemas ‹Von der Papy- und erstmals gibt es ein Jugendliteraturhaus mit Work- rusrolle zum E-Book› gibt’s eine kleine Schau zur Geschichte der shops und Gesprächen. Ein Symposion zur ‹Zukunft Lesen› Schrift und einen Wettbewerb. – Die 21. Schweizer Erzählnacht, nimmt u.a. moderne Technologien unter die Lupe. Das koordiniert vom Schweiz. Institut für Kinder- und Jugendme- Rahmenprogramm zur ‹BuchBasel› beginnt bereits Anfang dien, will unter dem Motto ‹Im Geschichtenwald› landesweit November mit Lesungen in diversen Lokalitäten inner- und Schulen, Bibliotheken, Jugendgruppen und Kulturzentren zum ausserhalb der Stadt. Kurz: Den über 200 Veranstaltungen gemeinsamen Lesen und Erzählen inspirieren. – Die 19. Kin- ist ein interessiertes Publikum zu wünschen. derbuchmesse Lörracher Leselust, eine Veranstaltung der Lör- 8. ‹BuchBasel›: Do 11.11., 18 h (Eröffnung), bis So 14.11., Messe Basel, Halle 4.1. racher Kinderlobby und des Burghofs Lörrach, lockt mit einem Fr/Sa 10–18 h, So bis 17 h, www.buchbasel.ch, bis 18 J. Eintritt frei, bunten Programm zur Teilnahme an einer ‹Reise zum Mittel- Tageskarte CHF 16, Dreitageskarte CHF 40 (inkl. Buchtaler CHF 5) punkt der Fantasie›. Verleihung Schweizer Buchpreis: So 14.11., 11 h 30. Basler Bücherschiff: Mi 10. bis Mi 24.11., MS Christoph Merian, Jugendmedienpreis: So 14.11., 16.30 h Schifflände. Mo bis Fr 8–12 h, 14–18 h, Sa/So 10–18 h Ausserdem: Buchmesse Olten: Do 4. bis So 7.11., www.buchmesse-olten.ch 21. Schweizer Erzählnacht: Fr 12.11., www.sikjm.ch u S. 48 10. Buch- und Handpressenmesse: Fr 12. bis So 14.11., Eisenwerk, Frauenfeld auf dem Bücherschiff: 18.30–22.30, mit Dreiländerfahrt 19. Kinderbuchmesse Lörracher Leselust: Fr 19. bis So 21.11., Burghof Lörrach sowie weitere Orte u S. 37 November 2010 | ProgrammZeitung | 15
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