PR0GRAMMZEITUNG Kultur im Raum Basel - Mai 2005 Pinke Poesie und Politik Wissenschaft und Kunst im Dialog Lust und Last des Alters - Programmzeitung
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PR0GRAMMZEITUNG Kultur im Raum Basel Mai 2005 Pinke Poesie und Politik Nr. 196 | 18. Jahrgang | CHF 6.90 | Euro 5 | Abo CHF 69 Wissenschaft und Kunst im Dialog Lust und Last des Alters
Festival Science et Cité + Woche des Gehirns Ein Fest der Wissenschaften und der Künste 20. – 28. Mai 2005 I www.festival05.ch Mit Philosoph Peter Sloterdijk, Olympiasieger Marcel Fischer, Clown Pello, Gehörbildnerin Elke Hofmann, Regisseur Bruno Moll, Kabarettist Michael Birkenmeier, Chronobiologin Anna Wirz-Justice, Kurator Jens Hauser, Schriftsteller Paul Nizon, dem Zoologen Jörg Hess und 80 weiteren namhaften WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen. Ein Festival zum Thema «Gewissen und Bewusstsein». ehcilgeweb Formen des Kinetischen Bewegliche Teile teile In Zusammenarbeit mit dem K unsthaus Graz 9.3. bis 26.6. 20 05, www.tinguely.ch Das Museum T inguely wird getragen von der F. Hoffmann-La Roche AG, Basel Sabrina Raaf: Computer rendering für Translator II: Grower, 20 02 / 20 04
Abb. Wolkenzeichnung von J.W. Goethe, 1817. Foto: Louis Held. Zur Ausstellung ‹Wolkenbilder› im Aargauer Kunsthaus ➞S. 51 HAUSKULTUR Herzlich willkommen! Alles neu macht der Mai, heisst es. Und das stimmt, auch wenn der neue Verlagsleiter der ProgrammZeitung den gleichen Vornamen trägt wie sein Vorgänger ... Aber Klaus Egli (47) bringt einen anderen Hintergrund, neue Kontakte und vielfältige Arbeitserfahrungen in verschiedenen Bereichen mit: Nach einem Geschichts- und Jurastudium an der Uni Basel war er zuerst lange Jahre in der Bibliotheksin- formatik als Berater und Accountmanager tätig, danach leitete er die Niederlassung eines E-Business-Unternehmens. Vor drei Jahren bildete er sich in Kulturmanagement weiter und erarbeitete in der Folge mehrere Kultur- projekte (u.a. fürs Stadtkino Basel und den Christoph Merian Verlag). Aktuell organisiert RASCHELN IM BLÄTTERWALD er für den Kanton Aargau das Festival ‹Science Editorial et Cité›, das im Mai auch in Basel stattfinden wird (➞S. 6). Klaus Egli schätzt angelsächsi- Wir gratulieren! Anfang März erhielt unser Luzerner Medienpoolpartner ‹Das Kul- sche Literatur und Lebensart, betreibt kalli- turmagazin› nicht nur seinen ersten Verlagsleiter, sondern auch noch den Förderpreis graphische Studien und verbringt auch mal 2005 der SRG idée suisse Zentralschweiz in der Höhe von 4000 Franken «für die krea- gerne einen Abend mit Jassen. Wir freuen uns tive Arbeit der Redaktion». Und Ende März feierten die Freunde mit zahlreichen Gäs- auf die Trümpfe, die er ab Mitte Mai in die Pro- ten und Kulturprominenz – u.a. ‹Sternstunde›-Redaktionsleiter Marco Meier, Mund- grammZeitung einbringt! art-Dichter Pedro Lenz und Schriftsteller Erwin Koch – die Neugestaltung ihres Ebenfalls ab Mitte Mai wird Claudia Schweizer Monatsmagazins. Doch nicht nur ein handlicheres Format und ein luftigeres Layout als Anzeigenverantwortliche zu unserem Team haben sie ihrer 16-jährigen Zeitschrift verpasst, auch inhaltlich wurde tüchtig gefeilt stossen. Die gelernte Buchhändlerin (42) ver- fügt über reiche Erfahrungen und Beziehun- und ausgebaut. So werden etwa zugunsten von mehr Aktualität nur noch vier Themen- gen in der Buch- und Inseratebranche und hefte pro Jahr realisiert, dafür wird stärker aus der gesamten Zentralschweiz berichtet. wird demnächst eine Weiterbildung zur Mar- Neben Interviews, Porträts, Reportagen und Vorschauen auf Veranstaltungen, CD -, keting-Assistentin abschliessen. Während den Film- und Buchtipps enthält ‹Das Kulturmagazin› neu eine Seite für Kinderkultur letzten viereinhalb Jahren war sie als Kunden- sowie Kurzkritiken. Auch Klatsch, Ausgehmode, Gastrotipps – witzig z.B. im Aprilheft beraterin bei der Publicitas tätig, wo sie unter die Degustationsresultate von Messweinen aus fünf Luzerner Pfarreien – sind regel- anderem die Gastroszene betreute. Claudia mässige Bestandteile der Zeitschrift. Der Literatur räumt sie neu einen besonderen Schweizer hat eine fünfeinhalbjährige Toch- Platz ein: Neben einer monatlichen Mundartkolumne erscheint vierteljährlich als ter, liebt Bücher, Kino, Kochen und Gesellig- achtseitige Beilage in der Heftmitte die ‹Literaturpause›, ein Forum für namhafte und keit. Wir hoffen, dass sie unsere Inserateküche unbekannte Schreibende aus der Region. Und natürlich bietet ‹Das Kulturmagazin› tüchtig am Brodeln hält! eine redigierte (für Veranstalter gratis publizierte!) Agenda an. Kurzum, das von der Ihren Vorgänger, Daniel Jansen, verabschie- den wir mit einem weinenden Auge. Sein hei- IG Kultur Luzern, dem Dachverband von 160 kulturellen Organisationen, herausgege- teres Gemüt, sein Engagement und seine bene Organ ist längst zur unverzichtbaren Begleiterin der Innerschweizer Kulturinter- Hilfsbereitschaft haben uns wohlgetan, wei- essierten der geworden. Ein Umstand, der angesichts der herrschenden Spartenden- tergebracht und manche Panne erspart. Seine zen im Medien- und Kulturbereich alles andere als selbstverständlich ist ... dreijährige Aufbauarbeit ist eine hervorra- Auch in Basel ist die Medienszene in Bewegung. Zwar ist der kostenpflichtige Ausgeh- gende Ausgangslage für weitere Ausbaupläne. kalender der ‹baz› noch immer äusserst dürftig, doch nachdem die Kulturveranstalter Wir wünschen dem Kollegen, der parallel be- ihren Boykott für beendet erklärt haben, wird wieder verhandelt. Seit Mitte März liegt reits als Geschäftsführer des Sudhauses amtet, wöchentlich die ‹Stadt-Zytig› auf, ein ebenso buntes wie überflüssiges Gratisblatt. am neuen Ort viel Erfolg und danken ihm ganz Weder gratis noch überflüssig ist das zweiwöchentlich erscheinende ‹Surprise Stras- herzlich für seine bereichernde Mitarbeit! senmagazin›, das kürzlich seine 100. Ausgabe mit grossem Medienecho feiern konnte. Infolge einer internen Stellen-Umbesetzung Sein Erfolg kann sich sehen lassen und als Zeichen von Solidarität gelesen werden. wegen Mutterschaftsurlaub suchen wir zum Sommer eine neue Person für die Administra- Einen ‹Geistesblitz› haben Jugendliche im Rahmen des Projekts ‹religions.basel› kre- tion. Was wir im Inserat (➞S. 4) nicht zu for- iert, das sich für den Dialog der Basler Religionsgemeinschaften einsetzt. Bis Ende Mai mulieren wagten, sei hier gesagt: eine Perle sind fünf Ausgaben geplant, die an verschiedenen Orten der Stadt aufliegen. Last but oder ein guter Geist hat die besten Chancen! not least hat die seit 1921 in Dornach publizierte Wochenschrift ‹Das Goetheanum› | Dagmar Brunner eine von langer Hand vorbereitete Neugestaltung angekündigt, die erstmals zu Pfing- sten der Öffentlichkeit vorgeführt wird. So viel Aufbruchsstimmung und Gestaltungs- wille wirken ansteckend! Da die ProgrammZeitung im Oktober zum 200. Mal er- scheint, machen wir uns derzeit ebenfalls Gedanken zu unserem Jubiläumsauftritt. Lassen Sie sich überraschen! | Dagmar Brunner Das Kulturmagazin, Luzern, T 041 410 31 07, www.kulturluzern.ch Surprise Strassenmagazin, www.strassenmagazin.ch Geistesblitz, T 061 201 09 78, www.religionsbasel.ch (Schlussanlass: Fr 27. bis So 29.5.) Das Goetheanum, T 061 706 44 67, wochenschrift@goetheanum.ch MAI 2005 | PROGRAMM ZEITUNG | 3
IMPRESSUM ProgrammZeitung Nr. 196 Gestaltung Mai 2005, 18. Jahrgang, ISSN 1422-6898 Anke Häckell, Claragraben 135, 4057 Basel Auflage: 6 500, erscheint monatlich T 061 681 60 10, haeckell@programmzeitung.ch Einzelpreis: CHF 6.90, Euro 5 Druck Jahresabo (1 1 Ausgaben inkl. ‹kuppler›): Schwabe AG, Farnsburgerstrasse 8, Muttenz CHF 69, Ausland CHF 74 T 061 467 85 85, www.schwabe.ch Ausbildungsabo: CHF 49 (mit Ausweiskopie) Förderabo: ab CHF 169 * Redaktionsschluss Ausgabe Juni Tagesagenda: www.programmzeitung.ch/heute Veranstalter-Beiträge ‹Kultur-Szene›: Mo 2.5. Redaktionelle Beiträge: Do 5.5. Herausgeberin Agenda: Di 10.5. ProgrammZeitung Verlags AG Erscheinungstermin: Di 31.5. Gerbergasse 30, Postfach 312, 4001 Basel T 061 262 20 40, F 061 262 20 39 Verkaufsstellen ProgrammZeitung info@programmzeitung.ch Ausgewählte Kioske, Buchhandlungen und www.programmzeitung.ch Kulturhäuser im Raum Basel Verlagsleitung Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Klaus Egli, egli@programmzeitung.ch Fotos übernimmt die Redaktion keine Haftung; für Fehlinformationen ist sie nicht Redaktionsleitung verantwortlich. Textkürzungen und Bildver- Dagmar Brunner, brunner@programmzeitung.ch änderungen behält sie sich vor. Die AutorInnen Kultur-Szene verantworten den Inhalt ihrer Beiträge COVER: Pink-Festspiele Barbara Helfer, helfer@programmzeitung.ch selbst. Die Abos verlängern sich nach Ablauf eines Jahres automatisch. db. Was in Zürich ‹Warmer Mai› heisst, sind in Agenda Basel die ‹Pink-Festspiele› — das Festival für Ursula Correia, agenda@programmzeitung.ch * Die ProgrammZeitung ist als gemeinnützig Lesben, Schwule und natürlich auch alle an- anerkannter Kulturbetrieb auf finanzielle Inserate Unterstützung angewiesen. Beiträge deren. Zum zweiten Mal wirbt die Basler Gay- Daniel Jansen, jansen@programmzeitung.ch von mindestens CHF 100 über den Abo-Betrag Szene mit zahlreichen poetischen, provozie- Claudia Schweizer, schweizer@programmzeitung hinaus sind als Spenden vom steuerbaren renden und politischen Anlässen für ihre Einkommen abziehbar. Helfen auch Administration/Redaktion Anliegen; nicht zuletzt im Hinblick auf die Sie uns durch ein Förderabo (ab CHF 169). Urs Hofmann, hofmann@programmzeitung.ch Volksabstimmung über das Partnerschafts- Die ProgrammZeitung dankt allen gesetz am 5. Juni. Dieses ermöglicht gleichge- Marketing Unterstützenden herzlich für ihre Beiträge. schlechtlichen Paaren die amtliche Anerken- Sandra Toscanelli, toscanelli@programmzeitung.ch nung ihrer Partnerschaft. Mehr dazu ➞S. 16. Korrektur Foto: Susanne Krieg Karin Müller, karin.mueller@nextron.ch Anz. 1/4 hoch 18.04.2005 21:03 Uhr Page 1 GRAFIK: STEFAN HOFER / ILLUSTRATION: JOSE CASCAIS PR0GRAMM ZEITUNG Unabhängige Basler Kulturzeitung sucht per 1. Juni oder nach Vereinbarung MitarbeiterIn Administration 40—50 % Sie sind zuständig für die Aboverwaltung, die Buchhal- tung und weitere administrative Arbeiten. Wir wünschen uns eine zuverlässige, kontaktfreudige Person mit kaufmännischer Ausbildung und einigen Jahren Berufserfahrung. Sie verfügen über fundierte PC- Kenntnisse, haben eine selbständige Arbeitsweise und übernehmen gerne Verantwortung in einem kleinen BOXEO UND BOXCLUB BASEL PRÄSENTIEREN: BOXEN &OPER Team. Wir bieten Ihnen Freiheit in der Gestaltung Ihres Ar- beitsbereichs, ein sehr gutes Umfeld und eine angemes- sene Entlöhnung. SATURDAY NIGHT FIGHT Bitte schicken Sie Ihre Bewerbung bis Mitte Mai an: 0PER: MIT LEA MARIA BRÄUTIGAM, SOPRANISTIN ProgrammZeitung Verlags AG, zHdv. Dagmar Brunner und DISCO: MIT DJ Ib, RARE REAGGA FUNKY GROOVES Klaus Egli, Gerbergasse 30, Pf 312, 4001 Basel SAMSTAG 7. MAY 05, 20.30 UHR Fragen richten Sie bitte an: VOLTAHALLE, BASEL brunner@programmzeitung.ch, T 061 262 20 40 VORVERKAUF: ERFOLG, SPALENBERG 36, www.boxeo.ch De Luxe 4 | PROGRAMM ZEITUNG | MAI 2005
INHALT Foto: Marc Frowein, Düsseldorf REDAKTION Dialog der Disziplinen Das nationale Festival ‹Science et Cité› verknüpft Wissenschaft und Kunst | Alfred Ziltener 6 Mit rosa Brille durch den Mai Die ‹Pink-Festspiele› für Lesben, Schwule und alle andern | Dagmar Brunner 16 Relevanz der (F)Alten Das ‹museum.bl› zeigt eine Sonderschau zu Lust und Last des Alters | Silvia Scheuerer 18 Im Zeichen Afrikas Das Festival der Kulturen in Rheinfelden stellt Senegal in den Mittelpunkt | Dagmar Brunner 7 Notizen Kurzmeldungen und Hinweise | Dagmar Brunner (db), Alfred Ziltener (az), Judith Waldner (wa) 7—19 Des Krieges lange Schatten Susanne Biers Spielfilm ‹Brother› zeigt ein dänisches Familiendrama | Michael Lang 8 Flair für feine Filme Der Basler Filmverleih Cineworx bringt anspruchsvolle Filme ins Kino | Judith Waldner 9 Landschaft als Konstruktion Stefan Kaegis Theaterprojekt zum Thema Landschaft | Alfred Ziltener 10 0 : 0 unentschieden — ist der Mensch Ein Spielbericht zu Schillers 200. Todestag | Matthias Buschle 11 Dichterwürze Was Marketing-Abteilungen zu Jubiläen einfällt | Rea Köppel 11 Gastro.sophie Im Thai-Restaurant ‹mük dam› sind ‹Rucksack und Reis› anzutreffen | Oliver Lüdi 12 Familiengeschichten Zwei neue Romane erzählen vom Leben in Kolumbien | Corina Lanfranchi 13 Gewalt und Wahnsinn Die ‹Afrikanische Literaturnacht› vermittelt Einblicke in andere Welten | Anna Wegelin 14 Ein Fest fürs Buch Zum dritten Mal lockt die ‹buchbasel› mit zahlreichen Attraktionen | Dagmar Brunner 15 Wortgast Zum ‹Abenteuer Lesen› brauchen manche eine Starthilfe | Barbara Jakob Mensch 15 Queeres Denken Ein provokatives Buch zum aktuellen Stand der ‹Queer Studies› | Dominique Zimmermann 17 Kurioses in Kammern Eine Dokumentation über die Schätze der Sammlung Faesch | Matthias Buschle 19 Zwitter im Netz Die Netzkunst-Plattform Xcult und ihr aktuelles Projekt ‹Bastard Channel› | Urs Hofmann 20 Bilderflut Das Kunstmuseum thematisiert den Einfluss von Pressefotos auf die Kunst | Heinz Stahlhut 21 KULTUR-SZENE Literatur Feldenkrais 39 Gastseiten der Veranstaltenden 24—53 Dichter- und Stadtmuseum Liestal 47 Forum für Zeitfragen 39 Plattform.bl 41—48 Société d’études françaises 37 Forum für zeitgemässe Ernährung 39 Musik Gundeldinger Feld 36 Film Allegra-Club 30 Kaserne Basel 29 Kultkino Atelier | Camera | Club | Movie 52—53 The Bird’s Eye Jazz Club 31 Kulturbüro Rheinfelden 31 Landkino 44 Camerata Variabile 40 Naturhistorisches Museum Basel 37 Stadtkino Basel 53 Chorgemeinschaft Contrapunkt 45 Offene Kirche Elisabethen 38 Theater | Tanz Compositions de femmes 40 Palaver Loop 37 Basler Marionetten Theater 44 Danzeria Live 33 Parkcafépavillon Schützenmattpark 30 Break Free 24 Gare du Nord 45 Parterre Basel 31 Cathy Sharp Dance Ensemble 43 Gymnasium Liestal 46 Römerstadt Augusta Raurica 47 Goetheanum 43 Kuppel 31 Theater Palazzo Liestal 44 Junges Theater Basel 43 Procap Baselland 46 Théâtre la Coupole | St. Louis 28 Das Neue Theater am Bahnhof | NTaB 27 Unternehmen Mitte 34—35 Kunst Schön & gut 24 Volkshochschule beider Basel 38 Aargauer Kunsthaus Aarau 51 Theater Basel 25 Werkraum Warteck pp 32—33 ARK | Ausstellungsraum Klingental 49 Theater auf dem Lande 44 Fondation Beyeler 50 SERVICE Theater Roxy 42 Karikatur & Cartoon Museum Basel 49 Museen | Kunsträume 54—57 Theaterfalle Basel 27 Kunstmuseum Basel 50 Restaurants, Bars & Cafés 58 Theatergruppe Mandragola 24 Ortsmuseum Trotte 47 Adressen 59—61 Vorstadt-Theater Basel 25 Projektraum M54 51 AGENDA 62—87 Diverse Brasilea 36 Burghof Lörrach 28 Dialogon — Logotherapeutisch orientierte 39 Seminare Abonnieren Sie kostenlos die tägliche Kulturagenda für den Raum Basel: www.programmzeitung.ch/heute MAI 2005 | PROGRAMM ZEITUNG | 5
WISSENSCHAFT | KUNST | MUSIK Foto: Daniel Balmat, www.robots-theatre.ch DIALOG DER DISZIPLINEN Fest der Wissenschaften und der Künste Das Programm beruht auf Projekten verschiedener Institu- tionen, die auf Einladung der Stiftung ‹Science et Cité› einge- Das nationale Festival ‹Science et Cité› präsentiert in Zusam- reicht wurden. So organisiert etwa die Theologische Fakultät der menarbeit mit der ‹Woche des Gehirns› Aspekte rund um das Uni Gesprächsrunden zu Gewissen und Gewissensentscheiden, Thema ‹Gewissen und Bewusstsein›. u.a. mit dem Philosophen Peter Sloterdijk; das Naturhistorische Hinaus aus den Studierstuben und Seziersälen – und mitten Museum bietet Führungen an zum Thema Sammlungsgewis- hinein ins volle Menschenleben! Mit rund 400 Veranstaltungen sen, und auch das Historische Museum, die Musik-Akademie in 19 Städten der Schweiz versucht ein Festival Brücken zu und das Literaturhaus laden zu eigenen Veranstaltungen ein. schlagen zwischen WissenschaftlerInnen und Laien, zwischen Universität und Polis. Initiantin des Grossanlasses ist die Stif- Das Gehirn im Zentrum tung ‹Science et Cité›, die 1998 von den vier wissenschaftlichen Ein umfangreiches, spartenübergreifendes Projekt hat das Akademien der Schweiz, dem Schweizerischen Nationalfonds ‹Basel Neuroscience Program› der Universität erarbeitet. Unter zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und der ‹eco- dem Haupttitel ‹Das Gehirn im Zentrum› werden in sieben nomiesuisse›, dem Dachverband der schweizerischen Wirt- Teilprojekten verschiedene Aspekte der Hirntätigkeit dar- schaft, gegründet wurde. Sie strebt – so ihr Prospekt – «eine gestellt. In der Reihe ‹Musik und Gehirn› beispielsweise wird an Wissenschaft interessierte Gesellschaft an und eine in der die Wahrnehmung von Klangräumen und Klangfarben ebenso Gesellschaft verankerte Wissenschaft». Dafür organisiert sie erörtert wie der Unterschied zwischen den Gehirnen von Musi- Wissenschaftscafés, ‹Science Lunches› und andere Diskus- kerInnen und Nicht-MusikerInnen. In ‹Sport und Gehirn› dis- sionsforen, lanciert Themendebatten, gibt eigene Publikationen kutiert der Fechter Marcel Fischer über ‹Mentale Stärke im heraus und führt bereits zum zweiten Mal ein Festival durch – Sport›, und im Zelt auf dem Barfi können Kinder und Jugendli- diesmal zusammen mit der ‹European Dana Alliance for the che einen Bewegungsparcours absolvieren – wie überhaupt die Brain›, die jedes Jahr eine ‹Woche des Gehirns› veranstaltet. Jugend im Gesamtprogramm besonders berücksichtigt wurde. Unter dem Titel ‹Gewissen und Bewusstsein› geht es denn auch So dürften auch Kinder Freude haben an der Demonstration hauptsächlich um Denk- und Wahrnehmungsvorgänge. Über ‹Zirkus und Gehirn› mit ArtistInnen aus Strasbourg. Weitere fünfzig Anlässe umfasst die Basler Ausgabe des diesjährigen Teilprojekte sind ‹Kunst und Gehirn›, ‹Kinematographie und Wissenschaftsfestes: Vorträge und Podiumsdiskussionen, Füh- Gehirn›, ‹Optische Täuschungen› und ‹Bewusst SEIN ›. In den rungen, Film und Theater, Sport und Computerspiele; einzelne Zoo führen drei ‹Science Lunches›: Vor Ort referieren Fachleute werden mehrmals angeboten. über das Verhältnis von Menschen und Menschenaffen. Zur Wissenschaft tritt die Kunst. Michael Birkenmeier wird Konzentrierte Vielfalt eine Jazzkomposition uraufführen; die interaktive Installation Christine Valentin ist wohl eine der wenigen, die das Riesenan- ‹instant city› von Sibylle Hauert und Daniel Reichmuth verbin- gebot mühelos überblickt. Das muss sie auch, denn sie ist die det spielerisch Konstruktion und Musik; und ein für die Welt- Koordinatorin für Basel. Die erste Auflage von ‹Science et Cité› ausstellung in Aichi konzipiertes Theaterstück lässt Menschen im Jahr 2001 sei hier ungenügend wahrgenommen worden, be- und Roboter zusammen auftreten. Der Prospekt mit dem Ge- richtet sie. Ein Blick ins damalige Programm lässt vermuten, samtprogramm ist bei allen beteiligten Institutionen erhältlich. weshalb: Über anderthalb Wochen hin zerfaserte das Festival in einer Reihe von teilweise reinen Routineanlässen. Diesmal sind | Alfred Ziltener die Aktivitäten weit gehend auf fünf Tage konzentriert und wer- Festival ‹Science et Cité & Woche des Gehirns 2005›: Fr 20. bis Sa 28.5., den in Zelten auf dem Barfüsserplatz und vor allem in den um- www.festival05.ch ➞ u.a. S.35 liegenden Kulturhäusern stattfinden. 6 | PROGRAMM ZEITUNG | MAI 2005
MUSIK Acao NOTIZEN Kompositionen von Frauen az. Ein Wagnis geht ein, wer heute einen Lie- derabend gestaltet, ein doppeltes Wagnis, wer dabei auf das gängige romantische Repertoire verzichtet. Das tut die in Basel lebende Mezzo- sopranistin Mona Somm mit einem Abend, der Lili Boulanger und Rosy Wertheim gewid- met ist. Während das Werk der 1918 mit nur 24 Jahren verstorbenen Boulanger vor allem dank ihrer berühmten Schwester Nadja nie ganz in Vergessenheit geriet, ist Wertheim ausserhalb der Niederlande so gut wie unbekannt. 1888 in Amsterdam geboren, war sie die Tochter einer grossbürgerlichen Familie mit jüdischen Wur- zeln. Finanzielle Unabhängigkeit erlaubte ihr, sich ausschliesslich der Komposition zu wid- men. In Paris lernte sie die Impressionisten IM ZEICHEN AFRIKAS kennen, die ihre Musik stark beeinflussten. 11. Festival der Kulturen Beim Einmarsch der Nazis in Holland gelang es ihr, unterzutauchen; sie starb 1949 an Mit viel Kultur und Engagement der Bevölkerung feiert Rheinfelden Jubiläum. Krebs. Zusammen mit dem Pianisten Eric Mindestens einmal pro Jahr ist Rheinfelden besonders attraktiv: im Mai, wenn das Machanic, dem Amar-Quartett und Boris Pre- Festival der Kulturen Innen- und Aussenräume der Stadt mit einer Fülle von Attraktio- visic, Flöte, hat Mona Somm ein abwechs- nen belebt. Bereits zum elften Mal findet es schwerpunktmässig am Wochenende nach lungsreiches Programm mit Auszügen aus Auffahrt statt – diesmal zeitgleich mit den literarischen Grossanlässen ‹buchbasel› dem vielfältigen kammermusikalischen Schaf- fen der beiden Komponistinnen erarbeitet. Es (➞S. 15) und Solothurner Literaturtage (➞S. 12) –, und wie immer steht afrikanische ist vermutlich das erste Mal, dass Musik von Kultur im Zentrum. Auch das Gastland stammt dieses Jahr aus dem südlichen Konti- Wertheim in der Schweiz erklingt. nent: Senegal, dessen facettenreiche Geschichte und Gegenwart vielfältig veranschau- Konzert Mona Somm: Sa 21.5., 20.00, Stadtca- licht wird. sino, Hans Huber-Saal ➞S. 40 So schildert etwa Ruedi Küng, der Afrikakorrespondent von Radio DRS , persönliche Erfahrungen und informiert über die aktuelle Situation, ein Film von Djibri Diop- Pfingstfestival mit alter Musik Mambety erzählt von einem zwölfjährigen, behinderten Strassenmädchen, das az. Grosse InterpretInnen mittelalterlicher bis Zeitungsverkäuferin werden will, Lamine Couture präsentiert kunstvolle Stoffe und barocker Musik sind an einem dreitägigen Festival zu hören: Jordi Savall mit seinem En- Kleider, die Gruppe Saf Sap spielt traditionelle westafrikanische Griotmusik, Ausstel- semble ‹Hesperion XX(I)›. Vor dreissig Jahren lungen zeigen u.a. Batik- und Sandbilder, historische Fotos und moderne Kunst, und hat Savall zusammen mit seiner Frau, der Sän- an verschiedenen Orten kann man senegalesische Gerichte kosten. Neben diesem gerin Montserrat Figueras, die Gruppe ge- Hauptanlass bieten zahlreiche Workshops Gelegenheit, Traditionen aus aller Welt gründet. Dass sie dieses Jubiläum u.a. in Basel kennen zu lernen, z.B. indianische Trommel und Gesänge, Balaphon und Schlitztrom- feiern, ist nahe liegend: Beide haben ihre Aus- mel, afrikanisches Tanzen, Alphorn, Tai Chi Chuan etc. Ein grosser Markt mit Kunst- bildung an der Schola Cantorum Basiliensis handwerk und Essen aus verschiedenen Kulturen wird von Strassenmusik und Anima- abgeschlossen und später dort gelehrt und tion aus Guinea, Ghana und Burkina-Faso begleitet. Auch eine ‹Tropical Night› mit sind dem Institut noch heute freundschaftlich Disco und ein musikalischer Brunch sind angesagt. Und wer es eher besinnlich mag, verbunden. Auch ihre Tochter Arianna, Sänge- kann sich an einem ‹spirituellen Fest› beteiligen. rin und Harfenistin, war Absolventin der Schule. Mit von der Partie ist nun auch der Kultur ohne Grenzen Sohn Ferran, Gesang und Theorbe. Ein Abgesehen vom ‹Festival der Kulturen› feiert die älteste Zähringerstadt der Schweiz Schwerpunkt des Ensembles ist die Musik des 2005 ihr 875-jähriges Bestehen. Und zwar nicht mit einem riesigen Stadtfest, sondern mittelalterlichen Spanien, in dem Gläubige mit zahlreichen besonderen Events der örtlichen Vereine und Institutionen, z.B. verschiedener Religionen friedlich zusam- mit einer Ausstellung zu ‹150 Jahre Frauenverein Rheinfelden› im Fricktaler Museum. menlebten und ihre musikalischen Traditio- Die attraktiv neu gestaltete, monatliche Kulturagenda zeigt, dass man auch ins Badi- nen sich gegenseitig befruchteten. Brücken sche hinüber vernetzt ist. Sie dokumentiert, dass die lokale Bevölkerung dies- und jen- zwischen den Kulturen und den Zeiten schla- seits des Rheins viele Gemeinsamkeiten hat und pflegt, etwa einen Bibliotheksver- gen denn auch die beiden Konzerte von ‹Hes- perion XX(I)›. In einem Solo-Rezital wird der bund, die Reihe ‹Literatur in Rheinfelden› oder das Festival ‹Akkorde – Gitarre am Meister-Gambist Savall zudem die Ausdrucks- Hochrhein›. Solch kontinuierliche grenzüberschreitende Zusammenarbeit in finan- breite dieses oft unterschätzten Instruments ziell engen Zeiten ist keineswegs selbstverständlich. Gründe genug, der «Stadt, die demonstrieren. alles hat» (Tourismus-Werbung), und ihrer deutschen Namensschwester demnächst Konzerte mit Jordi Savall: Sa 14.5., 20.00, einen Besuch abzustatten. | Dagmar Brunner Martinskirche; So 15.5., 18.00, Münstersaal, Bischofshof; Mo 16.5., 18.00, Martinskirche Festival der Kulturen: So 1. bis Di 31.5. (Schwerpunkt: Mi 4. bis So 8.5.), Rheinfelden. Programm: www.kulturen.ch ➞S. 31 Ausstellung ‹150 Jahre Frauenverein Rheinfelden›: Sa 30.4. bis So 18.12., Fricktaler Museum, Marktgasse 12, Rheinfelden. Di, Sa, So 14.00—17.00 MAI 2005 | PROGRAMM ZEITUNG | 7
FILM Filmstill aus ‹Brothers› Filmstill aus ‹Paradise Bent: Boys will be Girls in Samoa› DES KRIEGES LANGE SCHATTEN NOTIZEN Spielfilm ‹Brothers› Film und Ethnologie Susanne Bier hat ein unsentimentales dänisches Familiendrama über die heilsame db. Alle zwei Jahre treffen sich renommierte Kraft der Liebe in unheilen Zeiten gedreht. FilmemacherInnen aus allen Kontinenten am Basis dieses ungewöhnlichen Filmdramas ist die oft erzählte Geschichte von den Freiburger Film Forum Ethnologie, präsentie- ungleichen Brüdern, die vom Lebensschicksal unterschiedlich begünstigt und doch ren ihre Werke und diskutieren mit dem Publi- auf ewig durch Blutsbande vereint sind. Wie der Familienvater Michael (Ulrich Thom- kum ihre Sicht auf ihre Kultur. Zu sehen ist sen, ‹Festen›) – Berufsmajor der UN-Truppen – und sein jüngerer Bruder Jannick (Ni- ein vielfältiges Programm mit 35 Dokumentar- kolaj Lie Kaas, ‹Idioten›, ‹Open Hearts›), der eben eine Haftstrafe abgesessen hat. Die und Spielfilmen, die z.T. erstmals aufgeführt Handlung spielt hauptsächlich in Dänemark, einem Land also, das seit Jahren die eu- werden. Unter dem Motto Globalisierung sind ropäische Filmszene positiv befruchtet. Vorab durch die Dogma-Bewegung, die eine sie heuer in fünf Bereiche gegliedert, es geht Verbindung aus filmisch-formalen Richtlinien und einem genialen Marketing-Kon- um interkulturelle (Liebes-)Beziehungen, um zept darstellt. exotische Klischees über die ozeanische Insel- Auch Susanne Bier (45) hat mit ‹Open Hearts› (2004) einen Dogma-Film gedreht und welt, um die Zivilbevölkerung in Kriegsgebie- ten, um die ‹Festung Europa› und um aktuelles damit auch hierzulande Herzen erobert. In ‹Brothers› verblüfft sie als Regisseurin und Filmschaffen aus verschiedenen Weltregio- Co-Autorin erneut mit einer dramaturgisch gekonnt aufbereiteten Story, die exzellent nen. Zum Thema ‹Südseeträume› veranstaltet besetzt ist. Alles beginnt mit einem Abschiedsessen für Michael, der für eine heikle die Basler Ethnologin Barbara Lüem einen Mission nach Afghanistan versetzt wird. Zugegen sind Ehefrau Sarah (Connie Nielsen; Workshop für Interessierte mit Vorwissen in ‹Gladiator›), die beiden Töchterchen und Bruder Jannick. Und dessen Eltern, wobei Visueller Anthropologie. Ferner sind Algerien- der Papa die Gelegenheit nutzt, dem missliebigen Jannick zu vermitteln, dass er das Fotos zu den Feldstudien des französischen schwarze Schaf der Familie war, ist und bleiben wird. Soziologen Pierre Bourdieu ausgestellt. Freiburger Film Forum Ethnologie: Di 3.5., Gebrochener Held 20.00; Mi 4. bis So 8.5., 10.00—22.00, Kommu- Nachdem Michael ins Krisengebiet gereist ist, beginnt die Tragödie. Bald erhält näm- nales Kino, Urachstr. 40, Freiburg (D), T 0049 lich Sarah die Nachricht, dass ihr Mann bei einem Helikopterabsturz zu Tode gekom- 761 70 95 94, www.freiburger-filmforum.de. men sei. Allerdings resigniert die junge Witwe nicht, sondern organisiert sich beherzt Reservation empfohlen, Festivalpass 45 Euro neu. Unterstützt von den Schwiegereltern und besonders von Schwager Jannick, zu dem sie bis dahin kaum eine Beziehung hatte. Doch ‹Brothers› wird nicht zur Schilde- Tamilische Kultur db. Ende Mai feiert die Beratungsstelle ‹Frei- rung erfolgreicher Trauerarbeit, weil alles ganz anders kommt. Das Publikum erfährt, platzaktion› für die in Basel lebenden Tami- dass Michael überlebt hat und von Taliban-Einheiten mit einem weiteren dänischen linnen und Tamilen ihr 20-jähriges Bestehen Soldaten als Geisel gefangen wird. mit einem grossen interkulturellen Fest. Da- Wahrlich paradox: Im friedvollen Dänemark stabilisiert sich das Leben einer vaterlo- bei sind Konzerte von hier aufgewachsenen sen Kleinfamilie und in der öden Wüste kämpft der Totgesagte mit unmenschlichen MigrantInnen verschiedener Nationen, klassi- Mitteln ums nackte Leben. Nach einer Befreiungsaktion kehrt er schliesslich heim, scher tamilischer Tanz, ein christlich-hindui- körperlich fast unversehrt. Doch schnell ist ersichtlich, dass es nie mehr sein wird, wie stisch-muslimischer Gottesdienst, multikultu- es war. Michael ist schwer traumatisiert, an eine rasche Wiedereingliederung in die relles Theater, eine Podiumsdiskussion zur Einfamilienhaus-Idylle ist nicht zu denken. Was nun? Biers Film mutiert vom Fami- beruflichen Integration und die Vorpremiere lien- und Actiondrama zum düsteren kammerspielartigen Psychogramm eines gebro- des Films ‹Wanakam› zu erleben (➞S. 9); aus- chenen Helden. Der Heimkehrer versucht, sich an die Normalität heranzutasten, wird serdem werden verschiedene Workshops, kuli- narische Spezialitäten, Kinderattraktionen aber von Misstrauen gegen die Gattin, Eifersucht auf den Bruder und Erinnerungen an und Infos über die Projekte der Beratungs- die Schrecknisse des Krieges gebeutelt. Erinnerungen, die er mit niemandem teilen stelle angeboten. Die ‹Freiplatzaktion› zählt und somit nicht bewältigen kann. rund 250 Mitglieder, die zur Hälfte aus Tami- Alles verloren? Nein, denn ‹Brothers› gelingt – weniger mit drastischen Kriegsszenen lInnen besteht, und unterstützt Vertriebene als mit dem unsentimentalen Blick auf die Intimität des Gewöhnlichen – die filmische aus Sri Lanka bei ihren Integrationsbemühun- Annäherung an eine universal gültige Erkenntnis: Um dem Unheil im Grossen wie im gen. In Basel leben etwa 2000 Menschen aus Kleinen beizukommen, brauchte es mehr Mitgefühl, Menschlichkeit, Liebe. dem Inselstaat. Jubiläumsfest Freiplatzaktion: Sa 28.5., 10.00 — | Michael Lang 1.00, in und bei der Offenen Kirche Elisabethen Der Film läuft derzeit im Kultkino Camera 8 | PROGRAMM ZEITUNG | MAI 2005
FILM Filmstill aus ‹Wanakam› FLAIR FÜR FEINE FILME Der Basler Filmverleih Cineworx Seit etwas mehr als einem Jahr engagiert sich Cineworx erfolg- reich für anspruchsvolle Filme. Beziehungen waren bereits bei der Firmengründung etabliert. Der Start war traumhaft: Kaum hatten Pascal Trächslin, Thomas Pascal Trächslin, zuständig für Akquisition und Programma- Schmutz und Waltraut Wesselmann die Filmverleihfirma Cine- tion, hat sie als langjähriger Verleihchef der Fama Film AG ge- worx gegründet, kauften sie ‹Gegen die Wand›. Der Deal ging knüpft. Und Thomas Schmutz, der sich um PR und Marketing anfangs der Berliner Filmfestspiele 2004 über die Bühne, an kümmert, konnte bei verschiedenen Tätigkeiten im kulturver- deren Ende gewann das Culture-Clash-Drama den Goldenen mittelnden Bereich – etwa als Ausstellungskurator – ein trag- Bären und war in aller Munde. fähiges Netzwerk aufbauen. Die auf Arthouse-Produktionen spezialisierten Kinos mussten Sinnvolle Ergänzung nicht lange überzeugt werden, ‹Gegen die Wand› an prominen- Trächslin und Schmutz sowie die Dritte im Bunde – die in ter Stelle ins Programm zu nehmen. Weniger erfolgverspre- Deutschland lebende und für die Finanzen verantwortliche chende Werke haben es diesbezüglich schwerer. Denn die Zahl Steuerberaterin Waltraut Wesselmann – haben parallel zu Cine- der Leinwände ist beschränkt und das Angebot immens: Über worx eine zweite Firma gegründet: Artworx. Zwischen den bei- 460 neue Titel wurden 2004 von Schweizer Verleihunterneh- den Unternehmen gibt es verschiedene Schnittstellen. «Artworx men angeboten und sind im Kino gestartet. Ist ein Film einmal hat beispielsweise ein Mandat fürs ‹CentrePasquArt› und fürs auf der Leinwand, wird erwartet, dass er sofort gute Eintrittszah- Museum Neuhaus in Biel. Hier sind wir im Feld der Kunst- len schreibt. Bleiben diese aus, fliegt er meist sehr schnell aus vermittlung und Museumspädagogik tätig und arbeiten eng mit dem Programm – denn der nächste Film wartet schon. Schulen zusammen. Also mit einer Institution, die auch für In der hiesigen Filmbranche gibt es Stimmen, die meinen, die Cineworx für die Arbeit mit Kinderfilmen von Bedeutung ist», Anzahl der angebotenen Filme sei so übermässig hoch, weil es erläutert Thomas Schmutz. Neu dazu gekommen ist ausserdem zu viele Verleiher gäbe. Nun, das ist nicht bewiesen. Und ver- seit kurzem der Bereich Filmproduktion, verschiedene Projekte mutlich hat die ‹Filmschwemme› nicht zuletzt auch mit der da sind in Entwicklung. und dort zu beobachtenden Tendenz zu tun, Umsatz mit Quan- Auf die Zukunft angesprochen, meint Pascal Trächslin: «Für tität statt mit Qualität erreichen zu wollen. «Es laufen heute viel junge Unternehmen ohne grossen finanziellen Spielraum ist es mehr Filme an als noch vor zwei, drei Jahren – aber nicht unbe- wichtig, die Risiken klein zu halten. Eines unserer Ziele ist, dass dingt bessere. Ich glaube, dass diese Rechnung nicht aufgeht», unsere Firmen auf einem soliden Fundament stehen. Und dann sagt Pascal Trächslin. wünschen wir uns, dass wir weiterhin so viel Spass an unserer Netzwerk als Kapital Arbeit haben.» | Judith Waldner Cineworx brachte seit der Gründung vor etwas mehr als einem Zum Film ‹Wanakam› Jahr elf Filme auf die Leinwände. Ziel des jungen Unterneh- wa. Sie kommen aus Sri Lanka, haben den Ausweis F, sind also «vor- mens ist nicht, möglichst viele Titel herauszubringen, sondern läufig aufgenommen». Arbeiten dürfen sie lediglich dort, wo sie Schwei- die einzelnen Werke kompetent und engagiert zu begleiten. zer und EU-BürgerInnen nicht konkurrenzieren, beispielsweise im Aktuell läuft ‹Kebab Connection›, demnächst startet mit ‹Wana- Gastronomie-, Industrie- oder Reinigungsgewerbe. Vorübergehend aus- kam› ein weiterer Titel der Firma. Schwerpunkt des Cineworx- reisen, etwa um ihre Eltern in der Heimat zu besuchen, bleibt ihnen ver- Angebots bilden asiatische Produktionen, europäische Kinder- sagt. Der in Zürich lebende Regisseur Thomas Isler porträtiert in ‹Wa- filme sowie hochwertige Arthouse-Filme. nakam› Tamilinnen und Tamilen in der Schweiz. Da er auf Frauen und Verleihfirmen bilden quasi die Schnittstelle zwischen Produ- Männer mit dem Ausweis F fokussiert, geht es in seinem formal soliden, zentIn und Kino. Sie kaufen die Auswertungsrechte ein und ver- engagierten Dokumentarfilm nicht um krasse Fälle wie etwa um mieten die Filme dann an die Kinos. Meist erwerben sie auch die unmittelbar von Ausweisung betroffene Flüchtlinge. Vielmehr spiegelt Fernseh- und DVD -Rechte einer Produktion. Die Mehrheit der ‹Wanakam› den alltäglichen und oft zermürbenden Kampf der Tamilin- nen und Tamilen um Arbeitsbewilligungen, um die Erlaubnis zu reisen, inländischen Verleiher findet sich in Zürich, Cineworx ist in um den Erwerb des Ausweises B und um das Finden einer Balance zwi- Basel. «Der Standort spielt eigentlich keine Rolle», erklärt Tho- schen zwei Kulturen (➞ auch Notiz S. 8). mas Schmutz. «Wichtig sind gute Kontakte zu Filmverkäufern, ‹Wanakam›-Vorpremiere: Sa 28.5., 12.30, Kultkino Atelier (ab 2.6. re- Kinobesitzerinnen und anderen PartnerInnen.» Etliche ihrer gulär), Infos: www.cineworks.ch Abb. Thomas Schmutz (oben), Pascal Trächslin. Fotos: Urs Hofmann MAI 2005 | PROGRAMM ZEITUNG | 9
THEATER ETC. Foto: Sebastian Hoppe LANDSCHAFT ALS KONSTRUKTION NOTIZEN ‹Mnemopark› im Theater Basel Der junge Schweizer Regisseur Stefan Kaegi realisiert mit den Basler Modulbau- Theater und Gewalt Freunden ein Projekt zum Thema Landschaft. az. Im Sommer 2002 haben drei junge Rechts- Hier die Scheinwelt der Bühne – dort die Realität? In dieser Saison bewegt sich das radikale in einem Dorf nördlich von Berlin ei- Basler Schauspiel auffallend häufig im durchlässig gewordenen Grenzbereich zwi- nen Sechzehnjährigen stundenlang gequält schen Kunst und Leben: In ‹Freie Sicht aufs Mittelmeer› ging Dani Levy auf Spuren- und gedemütigt, schliesslich getötet und in suche im St. Johann-Quartier; Daniel Wahls Projekt ‹Schällemätteli› beleuchtete vor einer Jauchegrube versenkt; drei weitere Per- Ort das Leben in der früheren Haftanstalt; ‹Der Kick› (➞ Notiz) reflektiert einen rea- sonen haben dabei tatenlos zugesehen. Dieses extrem brutale Verbrechen hat den Dokumen- len Fall von rechtsradikaler Gewalt. tarfilmer Andrea Veiel (‹Die Spielwütigen›) Einen eigenen Weg geht der Schweizer Regisseur Stefan Kaegi mit seinem Pro- offenbar nicht mehr losgelassen. Zusammen jekt ‹Mnemopark›. Er holt Menschen aus dem Alltag auf die Bühne, wo sie – von ihm mit seiner Co-Autorin Gesine Schmidt ist er in inszeniert – sich selber darstellen. Kaegi, 1972 geboren, in Solothurn aufgewachsen, monatelanger Recherche den Hintergründen studierte zunächst an einer Kunstschule in Zürich, hatte hier u.a. Performance- und nachgegangen. In geduldiger Arbeit ist es den Text-Unterricht. Nach drei Jahren wechselte er ans renommierte Institut für Theater- beiden gelungen, das Vertrauen der Beteilig- wissenschaft in Giessen, wo in der Verbindung von Theorie und Praxis ein Zentrum ten und ihrer Angehörigen zu gewinnen. In der Theater-Avantgarde entstanden war. Hier konnten die Studierenden ungehindert vielen Gesprächen haben sie die Wurzeln der auch ungewöhnliche Ideen szenisch ausprobieren. So liess Kaegi einen Geflügelzüch- Tat in den Biografien der Täter, aber auch im ter auf der Bühne von seiner Arbeit berichten: «Im Theater erhielt, was er sagte, unbe- latent gewaltbereiten Dorfkollektiv freigelegt. absichtigt eine literarische Qualität; die Hühner wurden plötzlich zu Metaphern für Interessiert hat sie zudem der Strafprozess so- wie das Bild, das die Medien von diesem Fall die Menschen», erzählt er – ein szenisches Ready-made quasi. gezeichnet haben. Das Material ihrer Recher- In Giessen lernte Kaegi Helgard Haug und Daniel Wetzel kennen, mit denen er die che collagierten sie zum Stück ‹Der Kick›; Gruppe ‹Rimini Protokoll› gründete. Ihre Produktion ‹Deadline› – ein Stück über den dabei verzichtet Regisseur Veiel auf die effekt- gesellschaftlichen Umgang mit dem Tod, in dem u.a. medizinisches Personal und ein hascherische Darstellung von Gewalt und kon- professioneller Grabredner auftraten – wurde 2004 zum Berliner Theatertreffen zentriert sich ganz auf die Texte, die er auf eingeladen. Auch in seinen eigenen internationalen Projekten lotet Kaegi den Grenz- zwei Bühnenfiguren verteilt hat. bereich zwischen Theater und Realität immer wieder neu aus. So inszenierte er 2002 ‹Der Kick›: Mi 4.5., 20.30 etc. (➞ Agenda), in Brasilien eine Busreise durch die Favelas und 2003 für das Goethe-Institut in ehem. Volksdruckerei, St. Johanns-Vorstadt 19, Tickets via Theater Basel Krakau eine Schnitzeljagd in Privatwohnungen und auf öffentlichen Plätzen. Fiktive Wirklichkeit Neues Kulturzentrum Brasilea ‹Mnemopark› hat Kaegi zusammen mit der Filmerin Jeanne Rüfenacht, der bildenden db. Seit Jahrzehnten setzt sich der Fotograf Künstlerin Lex Vögtli und den Basler Modulbau-Freunden entwickelt. Solche Modul- Onorio Mansutti für brasilianische Kultur ein, bauer, erzählt er, treffen sich in grossen Hallen, um gemeinsam Modelllandschaften u.a. hat er 1974 die Stiftung Kinder in Brasi- zu bauen. Dabei werde das Bild einer heilen Landschaft konserviert, die es in Wirklich- lien gegründet und organisiert zu deren Un- terstützung seit 25 Jahren das Klosterbergfest. keit nicht mehr gebe: AKW s zum Beispiel seien tabu. Im Foyer des Stadttheaters Nun eröffnet er im Rheinhafen, in der ehema- errichten nun die Modulbauer vor den Augen des Publikums ein Landschaftsmodell, ligen ‹Denkfabrik›, das Kulturhaus ‹Brasilea›, das von einer Videokamera durchfahren werden kann. Diese Konstruktion macht in dem sich eine breite Palette kultureller Akti- augenfällig, dass unsere Landschaft selber konstruiert, dass die vermeintlich ur- vitäten entfalten soll, von Ausstellungen über sprüngliche Natur das Produkt menschlichen Eingreifens ist. Um Landschaft als Tou- Konzerte bis zu Banketten und Parties. Ein rismus-Kulisse, um die Nutzung und Entwicklung von Natur und Landwirtschaft geht Teil der Räume kann auch gemietet werden, es in Kaegis Stück. Mit dabei ist die Schauspielerin Rahel Hubacher; als Bauerntochter den obersten Stock freilich nutzt Mansutti sel- bildet sie einen Gegenpol zu den nostalgischen Landschafts-Konstrukteuren. ber als Wohn- und Arbeitsort. Die erste Schau | Alfred Ziltener ist einem berühmten brasilianischen Fotogra- fen gewidmet. ‹Mnemopark›: ab Di 24.5., 20.00 (UA), Theater Basel, Grosse Bühne Brasilea, Westquai 39, Dreiländereck (Tram 8 Ausserdem: Stefan Kaegi ist an den Solothurner Literaturtagen zu einem Gespräch über ‹Litera- bis Endstation Kleinhüningen) ➞S. 36 tur auf der Bühne› eingeladen: Sa 8.5., 14.00, Stadttheater Solothurn 10 | PROGRAMM ZEITUNG | MAI 2005
THEATER | LITERATUR DICHTERWÜRZE Schiller — zerstreut und vermarktet Wenn Goethe Pfeffer ist, ist Schiller Salz. Und eine Prise Salz schadet nie. Ein bisschen ideal, ein bisschen national passt eigentlich immer und gibt erst die richtige Würze. So dachte zu- mindest das Bürgertum bis ins frühe 20. Jahr- hundert, das Schiller Goethe vorzog und Schil- lerwürze in allen Gymnasien verordnete. Die schillernden Worte waren das Sprachideal oder Trauma vieler Schülergenerationen – und wurden manchen von ihnen später durch poli- tischen Missbrauch versalzen. Dafür kann Schiller allerdings nichts. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass wir ihn vor allem als Dramatiker kennen, und klassische Dramen sind bekanntlich Grundsatzdiskussionen in Personen verkleidet. Damit sind sie scheinbar objektiver als die innerlich innige Lyrik, die 0 : 0 UNENTSCHIEDEN — IST DER MENSCH eher Goethes Stärke war. Dessen Individualis- Ein sportliches Schiller-Jubiläum mus beeindruckte dann besonders das 20. Jahrhundert. Und heute: Pfeffer oder Salz – Es war DER Match: Die Begegnung von ‹Real Formtrieb› mit dem ‹FC Stofftrieb›. Und Goethe oder Schiller? er ging wieder unentschieden aus. Keiner konnte für sich alleine überzeugen, jeder Weshalb nicht einfach beide? Schliesslich war in seinen Zwängen gefangen. Nur im gemeinsamen Spiel, da waren sie stark. würzt man ja auch meist mit Salz und Pfeffer, ‹Real Formtrieb› überzeugte mit seiner ruhigen, ja gelassenen Art: Gelungene Pässe, oder? Und die zwei Dichter waren sich ihrer vollendete Flanken und strategisches, durchdachtes Spiel. Herausragend seine Per- Verschiedenheit sehr bewusst. (Schiller an sönlichkeiten, die trotz ihres eigenständigen Charakters doch immer wieder eine Körner, 27.6.1796: «... gegen Göthen bin ich und bleib ich eben ein poetischer Lump», Mannschaft, eine Einheit bildeten. Selbst die schärfsten Kritiker zollten ihm wegen Goethe zu Eckermann, 18.1.1825: «Er sah sei- seiner eleganten und durchdachten Spielzüge Respekt. Und besonders hervorzuheben nen Gegenstand gleichsam nur von aussen an, ist sein faires, ja moralisches Spiel. eine stille Entwicklung aus dem Innern war Der ‹ FC Stofftrieb› spielte dagegen auf seine berühmt-berüchtigte natürlich-sinnliche nicht seine Sache. (...) Er war ein wunderlicher Weise. Der Strategie von ‹Real› begegnete er mit intuitivem Spiel – seine Stärke ist die grosser Mensch.» Ja, sie schrieben sogar im Situation, die Reaktion. Der Abstraktion setzte er die Impression entgegen, und bei Teamwork, etwa die Xenien. Noch ein O-Ton: (fast) jedem Pass war er rechtzeitig zur Stelle. Faszinierend, wie es ihm gelingt, trotz «Ein Glück für mich war es indes (...), dass ich chaotischer Vielgestaltigkeit zusammenzuspielen. Und stark ist sein Sturm, er spielt Schillern hatte. Denn so verschieden unsere wie das Leben: Hau drauf und durch! beiderseitigen Naturen auch waren, so gingen Der deutsche Schiedsrichter Friedrich Schiller hatte seine liebe Mühe mit den beiden. doch unsere Richtungen auf eins, welches In manchmal schwer nachvollziehbaren Entscheidungen achtete er besonders darauf, denn unser Verhältnis so innig machte, dass im Grunde keiner ohne den andern leben dass das Spiel am Laufen blieb und nicht durch äussere Zwänge gestört wurde. konnte.» (An Eckermann, 7.10.1827) Es schien, als ob der Match nicht enden wollte. (Er hatte trotz des schönen Stils auch Wenn Goethe Pfeffer ist, ist Schiller Salz. Das die eine oder andere Länge.) Immer wieder dominierte eine der beiden Mannschaften, müssen sich auch die Macher des ‹Schiller & es war ein ständiges Wechselspiel. Gänzlich überzeugen konnte keine der beiden. Goethe zerstreut›-Sets gedacht haben. Eine Das Unentschieden ist völlig gerechtfertigt. Denn im Grunde spielten nicht zwei Clubs hübsche Schachtel, darin zwei kleine Büsten gegeneinander, sondern die Schönheit und die Spannung des Matches lag im Mitein- aus weissem Porzellan, sehr dekorativ. Auf ander der beiden. Schiller zusammenfassend und erklärend: «Der sinnliche Trieb will, ihren Schädeln sind Löcher, in Goethe zwei, in dass Veränderung sei, dass die Zeit einen Inhalt habe; der Formtrieb will, dass die Zeit Schiller drei – die Figuren sind Salz- und Pfef- aufgehoben, dass keine Veränderung sei.» Er zieht den Schluss – und sagt so etwas ferstreuer! Und damit bei der Aufgabenteilung über das Spiel selbst: «Derjenige Trieb also, in welchem beide verbunden wirken (…), kein Missverständnis entsteht, liest man der Spieltrieb also würde dahin gerichtet sein, die Zeit in der Zeit aufzuheben, Werden schon auf der Schachtel: Friedrich Schiller (Salz), Johann Wolfgang von Goethe (Pfeffer). mit absolutem Sein, Veränderung mit Identität zu vereinbaren.» Und: «Denn um es Sagte ichs doch. | Rea Köppel endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.» Schiller/Goethe-Gewürzset aus China-Porzel- lan, CHF 23. Sanssouci im Carl Hanser Verlag, Liebe Leserin, lieber Leser, Schillers Erkenntnisse so zusammenzufassen, ist respekt- München. Erhältlich z.B. bei Bider & Tanner los – ja! Aber das Beste, was man anlässlich seines 200. Todestages am 9. Mai machen oder unter www.inkognito.de, www.buch24.de kann, ist sicherlich, seine Briefe ‹Über die ästhetische Erziehung des Menschen› zu le- Abb. Schiller (links) und Goethe als Gewürzset. sen (gibt es als Reclam-Band für wenig Geld und mit sehr hilfreichen Anmerkungen Foto: Anke Häckell von Klaus L. Berghahn. Oder Sie finden den Text unter www.spiegel.gutenberg.de). | Matthias Buschle Weitere Veranstaltungen zum Schiller-Jubiläum: Hörspiel von Schillers ‹Die Verschwörung des Fiesco zu Genua› (1955): Sa 7.5., 21.00, Radio DRS 2. Lesung aus Schillers Werken und Jugendtheaterprojekt mit Schillers ‹Die Räuber› im Neuen Thea- ter am Bahnhof, Dornach ➞S. 27 Pfingsttagung zum Thema Schiller und Schillers ‹Maria Stuart› am Goetheanum, Dornach ➞S. 43 MAI 2005 | PROGRAMM ZEITUNG | 11
GASTRO | LITERATUR Vor dem Restaurant ‹mük dam›, Foto: Livie Davatz GASTRO.SOPHIE Rucksack und Reis Neulich habe ich per Zufall eine Leserin meiner Texte getroffen – hei, war das eine Freude! Sie hat sofort begonnen, diese Kolumne prinzipiell okay zu finden, streckenweise sogar elo- quent und amüsant. Schon dämmerte mir, dass dieses Prälu- dium einer Kritik vorspuren sollte, und tatsächlich beklagte die Leserin dann auch, dass Wertung und gelegentlich ein saftiger Verriss meine Sache leider nicht seien und dass sie ein Element in dieser Kolumne ganz besonders vermisse, das der Aktualität nämlich. Schliesslich gingen immer wieder neue und «span- nende» Restaurants auf, über die sie gerne subito gastroso- phisch ins Bild gesetzt werden wolle. Jetzt kann ich ja sagen, dass mir das Allerweltsadjektiv ‹span- nend› ausser in Verbindung mit Filmen, Literatur und Fussball- spielen einigermassen verhasst ist. Aber seis drum, die Kritik traf, und meine Entgegnung war die, dass ich erstens Gaststät- ten aussuche, die mir nicht ganz unsympathisch sind, und zwei- tens neuen Restaurants gerne etwas Zeit gebe, sie gleichsam rei- fen und in den normalen Betrieb hineinwachsen lasse. Küchencrew auch schnell kocht, sehr schnell. Wenn der Curry, So, um aber vor meiner Leserin nicht ganz halsstarrig zu er- die Reisnudeln, der Fisch oder die Crevetten dann in der Durch- scheinen, möchte ich nun, gleichsam als Zeichen guten Wil- reiche stehen und dampfen, nimmt jemand an der Rezeption lens, noch auf ein Trendlokal hinweisen, das mir bis dato voll- eine Pylone (das sind diese Plastikdinger, die bei Baustellen kommen unbekannt war. Bis ich im Kulturmagazin der ‹baz› rumstehen) und ruft das Menü aus, wie weiland das Stadtorigi- auf einen so genannten Geheimtipp des mir ebenfalls unbe- nal Urs Marti; aber ohne Preise. Klitzekleine Preise übrigens, kannten Künstlers Renatus Zürcher stiess. Er betraf das Restau- bei immensen Portionen, genau so, wie Rucksackreisende sie rant ‹mük dam› bei der ‹basel back pack›-Lodge auf dem Gun- im Saft ihrer Jugend brauchen. Dass unser ‹Fisch à trois gôuts› deldingerfeld; im Juni wird es ein Jahr alt. und der ‹Rote Curry mit Poulet› dazu noch so richtig nach Thai- ‹Mükdam› (Thai für ‹schwarze Tinte›) – eine kleine, durch eine land schmecken, ich meine, echt und gut – toller Geheimtipp, Durchreiche einsehbare Küche, aus der all das Essen kommt, danke Renatus Zürcher. | Oliver Lüdi das man dann im Backpacker-Aufenthaltsraum nebenan oder an der Bar links der Rezeption isst (wo immer etwas los ist) oder, Thai-Restaurant ‹mük dam› Dornacherstr. 192, T 333 00 37 Mo bis Sa 11.30—13.30 und 17.30—23.00; So und Feiertage 12.00—14.00 take away, mit nach Hause nimmt. Weshalb die thailändische und 18.00—23.00 NOTIZEN Solothurner Literaturtage Französische Literatur Interkulturelle Kreativwerkstatt db. Schon zum 27. Mal bietet sich Solothurn db. Im Rahmen der ‹Lundis de la Société d’Etu- db. Vor mehr als zehn Jahren gründeten die am Auffahrtswochenende als Treffpunkt der des françaises de Bâle›, die vom Romanischen Schwestern Gabriella und Stefanie Affolter – Literaturinteressierten an. 63 AutorInnen wer- Seminar der Uni organisiert werden, können die eine bildende Künstlerin, die andere Sozial- den neue Texte vorstellen und mit Fachleuten, LiebhaberInnen frankophoner Literatur einige wissenschaftlerin – in Solothurn die ‹Interkul- KollegInnen und dem Publikum über ihre Ar- bedeutsame Schreibende der Gegenwart in turelle Kreativwerkstatt Factory›. Mittlerweile beit diskutieren. Neben wichtigen Stimmen Vortrag und Gespräch kennen lernen. Bereits ist sie auf eine Kerngruppe von sechs Personen aus Lateinamerika, Spanien, Algerien, Frank- im April waren Didier Decoin und die junge angewachsen, die sich für die Zusammenarbeit reich und Norwegen sind auch bekannte und senegalesische Autorin Fatou Diome zu Gast, verschiedener Kulturen und Medien engagiert neuere Namen aus allen Schweizer Sprachre- im Mai folgen Colette Fellous, der Lyriker Jac- und dafür auch schon diverse Auszeichnun- gionen vertreten, die vielfältige literarische ques Réda und der grosse Romancier Michel gen erhalten hat, u.a. den Migros-Förderpreis Formen – vom Roman über das Drama bis zur Tournier, der zuvor auch an den Solothurner ‹con TAKT ›. Sie entwickelt und realisiert Pro- Lyrik – präsentieren. Zum Schwerpunktthema Literaturtagen lesen wird. Sylviane Dupuis jekte wie Ausstellungen, soziokulturelle An- ‹Lüge und Verrat› sowie zum Schreiben im und Jacques Chessex aus der Romandie be- lässe oder auch ein jährlich stattfindendes Exil und für die Bühne sind prominent be- schliessen den Zyklus. ‹Junges Literaturforum›, das diesmal dem setzte Gesprächsrunden vorgesehen, ebenso ‹Ecrivains et poètes d’aujourd’hui›: jeweils Thema ‹Begegnung› gewidmet ist. Es konnten zum Verhältnis Politik und Kultur. Eine Mo 9., 23. und 30.5., 6. und 13.6., 18.15, dazu Kurztexte in verschiedenen Sprachen Mundartnacht wird für Kurzweil sorgen, und Uni Basel, Petersplatz 1, Saal 118, 1. Stock eingereicht werden, ein Dutzend wurde für ➞S. 37. www.sef-bale.ch in Ausstellungen werden u.a. die bisherigen eine Performance ausgewählt, die im Juni prä- Literatur-NobelpreisträgerInnen gewürdigt sentiert wird. Ein Werkkatalog vermittelt an- und Werke von Uwe Wittwer und Klaus Merz regende Einblicke in die ‹Factory›, die von gezeigt. Etliche AutorInnen treten auch am Kanton und Stadt Solothurn sowie Privaten diesmal gleichzeitig stattfindenden Literatur- unterstützt wird. festival im Rahmen der ‹buchbasel› auf (S. Interkulturelle Kreativwerkstatt Factory 14/15); ein Pendelbus verbindet die Events. T 032 621 48 88, creafact@solnet.ch Solothurner Literaturtage: Fr 6. bis So 8.5., Junges Literaturforum: Fr 17.6., 20.00 diverse Orte, www..literatur.ch Säulenhalle Landhaus, Solothurn 12 | PROGRAMM ZEITUNG | MAI 2005
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