PRESS REVIEW Thursday, August 19, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
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PRESS REVIEW Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal Thursday, August 19, 2021
PRESS REVIEW Thursday, August 19, 2021 Der Tagesspiegel, DB, PBS Barenboim startet die Saison im Boulez Saal Deutscher Fundraising Verband, PBS „Nach dem Kultur-Lockdown. Neustart mit Lerneffekt“ – Der digitale Fach-Impuls am 21. Juni 2021 Luzerner Zeitung, DB, DIVAN Das West-Eastern Divan Orchester vereint am Lucerne Festival Gegensätze – mit Daniel Barenboim am Flügel Der Tagesspiegel Container, ein zugespielter Chor und viel Vorsicht: Eindrücke von den Bayreuther Festspielen Süddeutsche Zeitung Isabelle Faust, Alexander Melnikow, Antoine Tamestit, Jean-Guihen Queyras und Anna Katharina Schreiber berauschen in Salzburg ihr Publikum Berliner Morgenpost Die Neue Nationalgalerie meldet sich am Wochenende nach sechsjähriger Sanierung mit drei Ausstellungen zurück Die Zeit Nach langer Sanierung eröffnet die Neue Nationalgalerie in Berlin–und holt sich aktuelle politische Debatten ins Haus
Frankfurter Allgemeine Zeitung Geister an der Volksbühne Die Zeit Barrie Kosky präsentiert eine neue „Dreigroschenoper“ am Berliner Ensemble The Guardian „They deserve a place in history”: music teacher makes map of female composers
19.8.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476865/18-19 Donnerstag, 19.08.2021, Tagesspiegel / Kultur Barenboim startet die Saison im Boulez Saal Von Frederik Hanssen „Musik für das denkende Ohr“ will der Berliner Pierre Boulez Saal bieten – weil die Zeiten für Veranstalter aber weiterhin unsicher sind, wird den geistig beweglichen Hörer:innen das Angebot des Hauses bis auf Weiteres nur in kleinen Häppchen bekannt gegeben. Le- diglich für September und Oktober hat der von Daniel Barenboim begründete Kammer- musiksaal an der Französischen Straße seine Pläne jetzt bekannt gemacht. Das Aufgebot an hochkarätigen Künstlern allerdings, die in den kommenden Wochen hier auftreten werden, würde andernorts für eine ganze Saison ausreichen. Den Auftakt macht der Hausherr am 5. 9. zusammen mit Martha Argerich: Vierhändig werden die beiden Stars „Das wohlpräparierte Klavier“ von Philippe Manoury uraufführen. Zu den Highlights im September gehört ein Duo-Abend des Geigers Christian Tetzlaff und des Pianisten Leif Ove Andsnes, das Streichquartett der Staatskapelle setzt seine Konzertreihe im Boulez Saal fort und die „Edward W. Said Days“ erinnern an den bedeutenden palästinensischen Intellektuellen, mit dem Daniel Barenboim seine Akademie zur Förderung angehender Klassikprofis aus dem Nahen Osten gegründet hat. Im Oktober wird Michael Barenboim dann das West-Eastern Divan Ensemble leiten und François-Xavier Roth das Boulez En- semble, der Tenor Christoph Prégardien gestaltet mit dem Pianisten Julius Drake und dem Schauspieler Udo Samel ein „Lied und Lyrik“-Programm. Countertenor Bejun Mehta tritt mit der Akademie für Alte Musik auf, Musik aus ihrer syrischen Heimat präsentieren die Sängerin und Oud-Spielerin Waed Bouhassoun sowie der Ney-Virtuose Moslem Rahal, das Hagen Quartett interpretiert Werke von Schostakowitsch (weitere Infos: www.boulezsaal.de).Frederik Hanssen https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476865/18-19 1/1
Internet Quelle: Deutscher Fundraising Verband am 18.08.2021 (Internet-Publikation) Weblink Autor: k.A. „Nach dem Kultur-Lockdown. Neustart mit Lerneffekt“ – Der digitale Fach-Impuls am 21. Juni 2021 „Nach dem Kultur-Lockdown. Neustart mit Lerneffekt“ — unter diesem Motto widmete sich der digi- tale Fach-Impuls am Montag, 21. Juni 2021, von 14.00 bis 16.30 Uhr folgenden Fragen: Welche neuen Wege im Kultur-Fundraising haben wir beschritten und werden sie auch nach Corona weiter- gehen? Wie hat sich die Förderlandschaft verändert und welche neuen Förderansätze gibt es auf der Geberseite? Zum Auftakt berichteten Dr. Andrea Firmenich, Generalsekretärin der Kunststiftung NRW, und Prof. Dr. Frank Druffner, stellvertretender Generalssekretär der Kulturstiftung der Länder, von ihren Er- fahrungen als fördernde Institutionen in dieser herausfordernden Zeit. Die Kunststiftung NRW initi- ierte u.a. Sonderfonds zur Rettung der Kultur. Den Ausblick in die Zukunft auf die Kommunikation zwischen Förderern und Geförderten wagte dann anschließend Sabine Jank von szenumLab in Berlin. Ihre These: Angesichts neuer Herausforderungen werden sich auch der Austausch und die Abläufe der Partnerschaften zwischen Stiftungen und Kunstschaffenden verändern. Und natürlich war die Kulturszene auch unter Corona kreativ und hat facettenreiche und spannende digitale Projekte umgesetzt, auch dank öffentlicher und privater Förderungen. In dem beliebten For- mat IWITOT (I wish I thought of that) wurden drei Projekte als Best Practice-Beispiele vorge- stellt. “ELIPS”: Entwicklung eines Roboters, der zusätzliche Angebote für Ausstellungsbesuche, Führungen und die Teilnahme an Vermittlungs- und Veranstaltungsprogrammen an den Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen und am GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig schafft; “Modellprojekt Digitalisierung” des Pierre Boulez Saals; “ARGUMENTED REALITY”: Netz- werk von Philosoph*innen, Geistes- und Kulturwissenschaftler*innen, Kreativen und Künstler*innen, die mit dem Gründer Manuel Scheidegger in unterschiedlichen Projekten und Konstellationen zu- sammenarbeiten. Zwischendurch gab es für die ca. 30 TeilnehmerInnen via Chat, Diskussionen und Breakout-Sessi- ons ausreichend Gelegenheit dafür, sich auszutauschen und zu vernetzen. 6
Print Quelle: Luzerner Zeitung vom 19.08.2021, S. 17 (Tageszeitung / täglich ausser Sonntag, Luzern) Auch in: 4 weiteren Quellen » Reichweite: 218.652 Ressort: Piazza Auflage: 105.121 Autor: Roman Kühne Quellrubrik: Luzern Triumph der Versöhnung Das West-Eastern Divan Orchester vereint am Lucerne Festival Gegensätze – mit Daniel Barenboim am Flügel. Von Roman Kühne er der Leidenschaft ihren Lauf. Verloren tastet der Anfang. Ein Apeirogon ist ein Vieleck mit einer unendlichen Anzahl Wie ein Chor singen die Celli. Vorwärtsdrang, Emotionen gleich langer Seiten. Mit so vielen Seiten, dass es irgend- und Begeisterung. Immer wieder abgelöst durch kleine Ru- wann ein Kreis ist. Es ist aber auch der Titel eines wunder- heinseln, auf denen die hervorragenden Solisten in Eng- samen Buches von Colum McCann über Israel und die Pa- lischhorn oder Bassklarinette ihre Klangpunkte setzen. Bis lästinenser. Die Geschichte zweier Väter, die ihre Töchter im dritten Satz sich das triumphierende D-Dur über alles bei einem Attentat verlieren und zueinanderfinden. Die erhebt, hell, klar und versöhnlich. Geschichte der vielen Aspekte des Konfliktes, des Blutes, Auch im Konzert für Violine und Violoncello von der Verzweiflung, des Hasses. Aber auch eine Erzählung Brahms lässt Barenboim aus dem Vollen schöpfen, schürt über Hoffnung und Glauben an eine bessere Zukunft. die Gefühle, schärft aber auch die Akzente und Kanten. Nach dem hervorragenden ersten Satz verliert das Orches- ter gegenüber den Solisten etwas an Geschmeidigkeit und Rücksicht. Der Sohn des Dirigenten, Michael Barenboim an der Violine und der Cellist Kian Soltani interpretieren ebenfalls mit Vibration und Intensität. Ihre ineinander verwobenen Stimmen, ihre rasch wechselnden Lauffigu- ren, die weiten gemeinsamen Bögen machen aus dieser Musik ein stimmiges, die ganze Romantik der Komposition spiegelnden Moment. Es ist ein lebendiger Brahms. Junger Spitzendirigent mit und ohne Bremse Diese Lebendigkeit vermisst man am Montag im 2. Kla- vierkonzert ebenfalls von Brahms. Am Klavier sitzt Daniel Barenboim selber, einer der wenigen berühmten Dirigen- ten, die auch eine Klavierkarriere hinter sich haben. Doch Bild: Lucerne Festival/Patrick Hürlimann was hier erklingt, ist schwierig einzuordnen. Man könnte sagen, Barenboim spielt zurückgezogen, nach Innen ge- Das West-Eastern Divan Orchestra, das am Lucerne richtet. Festival am Montag und Dienstag auftritt, ist eine dieser Diese Variante genügt am ehesten dem dritten Satz. In vielen Seiten im jüdischen-palästinensischen Verhältnis. den anderen drei bleibt Barenboim etwas im Unverbindli- Es besteht zu gleichen Teilen aus israelischen und arabi- chen stecken. Das Klangbild ist über weite Strecken homo- schen Musikern. 1999 gegründet, ist es eine grossartige Vi- gen. Ein Nebel scheint die Farben und Ecken zu verhüllen. sion für ein friedliches Miteinander der zwei Völker. Grosszügiger Pedaleinsatz trägt das Seine dazu bei. Hoffnung in Töne gefasst Das West-Eastern Divan Orchestra unter dem jungen Eine Zuversicht, welche die Zugabe am Dienstagabend auf Spitzendirigenten Lahav Shani wirkt wie ein Dampfer un- den Punkt bringt. "Nimrod" aus den Enigma Variationen ter angezogener Handbremse, aber es legt in der ersten von Edward Elgar mit seinem Pianissimo-Start, den disso- Sinfonie von Sergej Prokofjew diese Zurückhaltung ab. Das nanten Akkorden, der ewig scheinenden Melodie – besser Orchester spielt schlanker, mit Federung und Eleganz, mo- kann man die Hoffnung nicht in Töne fassen. derner auch. Unter dem sensiblen Stab des israelischen Di- Das Stück setzt die Handschrift des Abends fort. Unter rigenten schwingen sich die Solisten mühelos über dem ihrem Chef Daniel Barenboim (78) erwecken "seine" Musi- Orchester auf, entwickelt sich ein Kammerspiel, das eben- ker schon die Sinfonie von César Franck zu Geist und sat- falls für die Vision des Orchesters steht.. tem Leben. Mit grosser Ader für Bogen und Diskurs lässt Alle weiteren Quellen: Nidwaldner Zeitung • Obwaldner Zeitung • Urner Zeitung • Zuger Zeitung zum Anfang dieses Artikels zum Inhaltsverzeichnis 4
19.8.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476865/20-21 Donnerstag, 19.08.2021, Tagesspiegel / Kultur Aseptische Pilger Container, ein zugespielter Chor und viel Vorsicht: Eindrücke von den Bay- reuther Festspielen Von Udo Badelt Übertragen. Eberhard Friedrich dirigiert im Chorsaal. F.: E. Nawrath/Bayreuther Festspiele/dpa Man muss früh da sein. Wer sich nicht spätestens eine Stunde vor Vorstellungsbeginn re- gistriert hat, kommt nicht rein. Hat aber auch Vorteile. Denn was tun mit der geschenkten Stunde? Zum Beispiel: die Bäume im Park genießen, dem Wind in den Blättern lauschen, entsetzte Besucher vor Cosima Wagners Büste ausrufen hören: „Oh Gott, die ist ja von Breker!“ Rosen bewundern, sich freuen, dass es nur 23 Grad hat – das war auf dem Grünen Hügel schon ganz anders. Sich einen fränkischen Weißwein gönnen an einem der ausgela- gerten, mobilen Ständen, sich fragen, ob man das jetzt gut findet, dass im Festspielhaus inzwischen auch kurze Hosen „gehen“. Willkommen in Bayreuth im Pandemiejahr 2021. Leise Dankbarkeit durchzieht das Herz, überhaupt wieder hier zu sein. Anders als Salz- burg hatte Bayreuth 2020 kapituliert, die Festspiele samt der „Ring“- Neuinszenierung ab- gesagt – dergleichen war seit 70 Jahren nicht geschehen. Doch in die Erleichterung mi- schen sich Zweifel: Jeder zweite Platz bleibt frei, okay, aber warum nochmal muss die schwere FFP2-Maske die gesamte Vorstellung über getragen werden, wo doch niemand hineinkommt, der nicht geimpft, getestet oder genesen ist? Was bedeutet das für die künf- tige Normalität, werden Masken ab jetzt immer dazugehören, völlig losgelöst vom Impf- https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476865/20-21 1/2
19.8.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476865/20-21 fortschritt, von der konkreten Bedrohung, einfach so? Auch die kleine Containerstadt, die vor dem Festspielhaus entstanden ist, erzählt von der Schwierigkeit, einen Ausweg aus der Corona-Angst zu finden, vom Verlangen, möglichst viel an die frische Luft zu verla- gern. Sollte es in den Pausen regnen, werden eben alle nass. Rein darf trotzdem niemand. Frage an eine Eisverkäuferin: Gibt es ein Konzept, falls es regnet? Antwort: „Nein“. Ist das schon vorgekommen in den letzten Wochen? „Ja“. Die gerne verdrängte Abhängigkeit des Menschen von der Natur, sein Ausgeliefertsein – ein Virus zwingt sie ins Bewusstsein. In der mystischen Dunkelheit des Festspielhauses aber verflüchtigt sich die Pandemie schnell. Nur einmal noch während des Films, mit dem Tobias Kratzer seine „Tannhäuser“-Inszenierung von 2019 beginnt, taucht sie kurz auf. Das Video wurde nämlich aktualisiert, Tannhäuser und seine Truppe – Venus (Ekaterina Gubanova), Drag Queen Le Gateau Chocolat (Kyle Patrick) und der wackere Blechtrommler Oskar (Manni Laudenbach) – düsen wieder im wackeligen Lieferwagen durch deutsche Lande, müssen aber jetzt einen Corona-Schnelltest machen, bevor sie weiterfahren dür- fen. Ansonsten überzeugt die Produktion auch im zweiten Jahr (2020 fiel ja aus). Der so entsetzlich zwischen zwei Frauen und zwei Liebesprinzipien zerrissene Tannhäuser, ei- ner von Wagners interessantesten Charakteren, ist hier in die clowneske Kleinkunst geflo- hen – und nie kann man sich sicher sein, ob er seine zwei schillernden Begleiter und Ve- nus nicht ständig nur imaginiert. Stephen Gould leistet in der Titelrolle fast Übermenschliches. Wie er sich mit reinem, völ- lig textverständlichem Tenor und stupender Intonationsicherheit verströmt und selbst in der Romerzählung im dritten Aufzug noch alle Kraft beieinander hat, haut um. Ebenfalls wie um ihr Leben singt Gubanova, deren Venus paillettenbesetzte Aufwieglerin so skru- pel- wie furchtlose Anführerin zugleich ist. Etwas scharf im Sopran klingt Lise Davidsen, aber als Elisabeth liefert sie das glaubhafte Porträt einer Verzweifelten, die sich die Unter- arme aufritzt – angeblich ein typisches Merkmal von Borderlinerinnen. Unbedingt geprie- sen sei der frei heraus gesungene, unglaublich kernig-kraftvolle Bass von Günther Groiss- böck als Landgraf Hermann. Auch Markus Eiche kann als Wolfram punkten, seiner Ten- denz zum Trotz, dem Orchester vorzugreifen, einen Tick zu früh einzusetzen. Nach dem misslungen Premierendirigat von Valery Gergiev 2019 putzt jetzt Axel Kober aus. Wie er mit den tückischen Klangdifferenzen zwischen Orchestergraben und Saal um- geht, wie er klassisch-ausgewogen und dabei doch aufregend zur Sache geht, zeugt von großer Souveränität. Der Chor (Eberhard Friedrich) wird von außen übertragen, auf der Bühne bewegen andere Chormitglieder stumm die Lippen. Eine fragwürdige, übertrieben wirkende Vorsichtsmaßnahme. Beim ersten Auftritt des Pilgerchors klingt das furchtbar, aseptisch und plastikverpackt, später kurioserweise so gut, dass man meint, auf der Bühne würde wirklich gesungen. In den Pausen bleibt es trocken. Ein Tiefdruckgebiet erreicht Bayreuth erst im dritten Auf- zug, der Himmel öffnet sich. Doch jetzt strömen sowieso alle zu ihren Autos. Glück gehabt.Udo Badelt https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476865/20-21 2/2
19.8.2021 https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/812735/10 In bester Komposition Isab ell e Faust, Alexa nd er Meln ik ow, Ant oin e Tam est it, Jean-Guih en Queyr as und Ann a Ka- thar in a Schreib er ber aus chen in Salzb urg ihr Pub lik um Das war nicht nur ein mitreiß end es Mus ike rlebn is im voll bes etzt en Groß en Saal des Moz art eu ms, es war auch ein e int ens ive Erkenntn ise rh ell ung: Kamm erm us ik ist näml ich nicht etwas Ger ing eres als das Mus ikt heat er oder das groß e Symp hon iekonz ert. Fünf Sol ist en der all ere rst en Kat eg or ie, die schon lang e Freunds chaft und gem eins am es Mus iz ieren verb ind et, hatt en sich zus amm eng ef und en, um Rob ert Schum anns Klav ierq uart ett op. 47 und sein Klav ierq uint ett op. 44 aufz uf ühren und da- zwis chen fünf Fug en aus Joh ann Seb ast ia n Bachs Wohlt emp er iert em Klav ier Teil II in der eind rucks- voll en Streichq uart ettf ass ung von Wolfg ang Amad eu s Moz art zu biet en. Es spielt en die Viol in-Stil ist in Isab ell e Faust, die als Konz ertm eist er in des Freib urg er Barocko rc hes- ters, Sol ist in und Kamm erm us ikerin vielerfahren e Ann e Kat har in a Schreib er, der Viol a-Held Ant oin e Tam est it, der cell ist is che All eskönn er Jean-Guih en Queyras und der Meist er auf den vers chied enst en hist or is chen Flüg eln und Klav ieren, Alexa nd er Meln ikow. Dies es Mal brill iert e er auf ein em Joh ann Streic her Flüg el, ein em rot gef lammt-furn iert em Mod ell aus dem Jahr 1847. All ein das macht e ein en, wenn nicht den gewalt ig en Unt ers chied aus zu sonst ig en Auff ühr ung en der beid en Schum ann-Stüc ke. Wo oft die drei bez ieh ungsweis e vier Streic her in den jeweil ig en Ecks ätz en vers uc hen, nicht in den hera nwog end en Steinway-Flut en zu ert rinken, erk lang hier dank Meln ikow ein wund erb ar abg es timmt es, hochl eb end ig es Klav iers piel, das Viol in en, Viol a und Viol onc ell o so geistreich wie feur ig ins pir iert e wie umg ekehrt die Streic her den Pian ist en. Ant oin e Tam est it und Jean-Guih en Queyras neigt en sich im Quint ett eina nd er vers teh end zu, Queyras läc helt e Isab ell e Faust loc kend an, während die Geig er in selbst die Ini tiat ive erg riff, und all e gem eins am ges talt et en den Traue rm arsch des Quint etts so troc ken, knurrend und bitt er, als woll e die Mus ik nur mehr ex- trem stoc kend sich beweg en. Dag eg en stellt en sie in beid en Werken die Scherz i flieg end virt uo s dar, die ras chen Fin al i lustvoll und mit Mut zum Ris iko. Es war ein Elem ent are reign is an Spielf reud e, in- tell ekt ue ll em Witz und leucht end em Klangg es cheh en. Nun könnt e man durcha us skept isch sein, wenn fünf Virt uos en solc hen Rang es sich auf derg leic hen raff in iert verwob en e, höchst e Ans prüc he an Fant as ie, Geist, Iron ie und tiefere Bed eut ung stell end e Stüc ke stürz en und sie nach all en Reg eln ihrer künstl er is chen und techn is chen Fäh igkeit en exek ut ie- ren. Das kann dann zu manchm al fasz in ierend en Glücksm om ent en führen, oft aber auch in fröhl i- chem Lärm nach Maß g ab e von Tonvol um en, techn is cher Bravour und dem Grunds atz, jed er für sich und all e geg en all e, end en. Auch das kann den Bet eil igt en groß en Spaß mac hen, und fünf solc her Bühn ent iere in freie r Wildb ahn zu bew und ern, erg ötzt und bef ried igt dann auch die Schaul ust manc hen Pub lik ums. Doch das Ziel, nach best em Wiss en und Gew iss en mite ina nd er zus amm en zu spiel en, als o symp hon isch zu agieren und so im gel ung en en Fall das jeweil ig e Stück Mus ik in sein er ganz en Ges talt, sein er Lands chaftl ich- keit und Räuml ichkeit ents teh en zu lass en, kann dab ei auf der Strec ke bleib en, auch wenn der Glanz der Nam en und die zweifell os e Qual it ät der rein en Ins trum ent alb eh errs chung blend en könn en. Dies er Abend war gew iss auch groß es Ins trum ent alt heat er, um ein Wort des Komp on ist en Maur icio Kag el zu zit ieren. Denn wer imm er auf ein e Bühn e geht und dort etwas vort rägt, sei er Schaus piel er, Säng er, Akrob at oder Mus iker, es ist imm er ein theat ral is cher Akt mit all en Schauwert en, bei den en in dies em Fall e neb en der Att rakt iv it ät der Ins trum ent e die Beweg ung en des jeweil ig en Ins trum en- talh andwerks gen aus o wirken wie die Gest ik und Mim ik der Ausf ührend en im Zus amm ens piel, ihr https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/812735/10 1/2
19.8.2021 https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/812735/10 Dial og is ieren mit den Aug en oder mit der frag end en und antwort end en Deutl ichkeit der Phras ier un- gen. Isab ell e Faust geh ört zu den Sol ist inn en, die die Mus ik vers chied en er Jahrh und ert e auch vers chied en dars tell en kann und will. Ob Bachs Viol in e-Klav ier-Son at en oder And ré Jol ivets 2. Viol inkonz ert von 1938, Faust geigt nichts nach ein em einm al gef und en en Klangvorb ild, sond ern orie nt iert sich imm er an den Anford er ung en der jeweil ig en Mus ik. Jol ivets Konz ert trägt übr ig ens ein Mott o, ein en Spruch der Hop i-Ind ian er, der auch Isab ell e Fausts Wesen und Mus iz ieren gen au zu treffen scheint: „Das Wesen des Mens chen ist Klang, Klang bringt Licht hervor, und im Licht zeigt sich der Geist.“ Auch beim grand ios en Brats chist en Ant oin e Tam est it herrscht dies er Geist, dem noch daz u ein e be- bend e Leid ens chaftl ichkeit inn ewohnt. Wie er im Traue rm arsch die C-Sait e sein er Strad ivar i-Viol a gerad ez u trotz ig, fast zorn ig att ac kiert e und dann mit völl ig and erer Klangf arb e auf der G-Sait e klag- te, bleibt unverg essl ich. Bei Jean-Guih en Queyras scheint imp rov is at or is che Phras ier ungsf reih eit unm itt elb ar aus sein em Cell o aufz us teig en. Schum ann verl angt übr ig ens im Adag io sein es Klav ier- quart etts in der Cod a ein e Skord at ur, der Cell ist muss mitt en im Satz, während die and eren spiel en, die C-Sait e tiefer stimm en auf B. Queyras erl ed igt e das mit gerad ez u läss ig er Selbstvers tändl ichkeit. Ann e Kat har in a Schreib er passt e sich dem Feue r und der Hing ab e kong en ia l an. Das war bes ond ers in den Bach-Moz art-Fug en wahrn ehmb ar, bei den en es auf Durchh örb arkeit und Int on at io nsp räz is io n ankommt, dam it das Fug eng ef lecht in all en Stimm en erl ebb ar wird. Am End e tos end er Beif all, den die glorreic hen Fünf mit dem Pizz ik at o-Scherz o aus dem Klav ierq uin- tett von 1967 des poln isch-franz ös is chen Komp on ist en und Auschw itz-Überl eb end en Szym on Laks bea ntwort et en. Lakonis cher und charm ant er kann man ein beg eist ert es Pub lik um nicht entl as- sen.Harald Egg eb recht https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/812735/10 2/2
19.8.2021 Berliner Morgenpost KULTUR SEITE 9 | DONNERSTAG 19. AUGUST 2021 Die Rückkehr Die Neue Nationalgalerie meldet sich am Wochenende nach sechsjähriger Sanierung mit drei Ausstellungen zurück GESICHTER EINES LEBENS: Die Berliner Bildhauerin Renée Sintenis (1888-1965) stellte über viele Jahre hin- weg Selbstbildnisse von sich her. Von Felix Müller https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1022/articles/1429047/9/3 1/4
19.8.2021 Berliner Morgenpost Es sind fragile, oft bewegliche, mal raumgreifende und mal winzige Objekte, die in der Glashalle der Neuen Nationalgalerie von Sonn- tag an zu besichtigen sind. Manche von ihnen erzeugen auf grauen Stellwänden anmutige, kaum vor- hersehbare Schattenspiele, andere scheinen in ihrer verspielten For- mensprache wie in ein Streitge- spräch mit der strengen Geometrie der Umgebungsarchitektur vertieft. Es ist eine kunsthistorisch ein- leuchtende Entscheidung, in die Wiedereröffnung der Neuen Natio- nalgalerie eine Sonderausstellung mit Arbeiten Alexander Calders Eine Tafel informiert über die (1898-1976) einzubeziehen – nicht Grafikerin und Collagekünstlerin nur, weil er mit seinem Hauptwerk, Hannah Höch (1889-1978). der monumentalen Stahlskulptur „Têtes et Queue“ (1965), ein Stammgast auf der Terrasse des Museums ist. Man kann die Ausstellung auch als gelungene Assoziation zur ersten Schau 1968 am selben Ort verstehen, die Arbeiten des niederländischen Konstruktivisten Piet Mondrian (1872-1944) präsentierte. Calder war 1926 nach Paris gezogen, wo er die Académie de la Grande Chaumière besuchte und auch Piet Mondrian kennenlernte – eine für ihn sehr wichtige, inspi- rierende Begegnung. Für die bald darauf von ihm gefertigten, schweben- den und beweglichen Objekte prägte Marcel Duchamp später den Begriff der „Mobiles“. „Wenn alles klappt, ist ein Mobile ein Stück Poesie, das vor Lebensfreude tanzt und überrascht“, brachte es Calder selbst auf den Begriff – und diese Poesie lässt sich in der Ausstellung nun ungefiltert neu erleben. Es ist, als habe sich ein Kreis geschlossen. Zeitreise zurück in die Sechzigerjahre https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1022/articles/1429047/9/3 2/4
19.8.2021 Berliner Morgenpost Was natürlich auch für die Neue Nationalgalerie insgesamt gilt. Zurecht wies ihr Leiter Joachim Jäger am Mittwoch darauf hin, dass das Gebäude nun, nach der sechsjährigen Sanierung durch David Chipperfield Archi- tects, auf viel direktere, sinnlichere Weise von seinem Ursprungszustand erzählt – es ermögliche „eine Zeitreise zurück in die Ära der 1960er-Jahre, mit all den damit verbundenen Vorstellungen und Widersprüchen“. Die wie neu wirkenden, in frischen Farben erstrahlenden Hölzer und Böden, auch der im unteren Ausstellungsbereich ausgelegte Teppichboden oder das ausgefeilte Beleuchtungssystem rekapitulieren, materiell und technisch auf den gegenwärtigen Stand gebracht, den damaligen Ausstellungsstandard. Aber das Haus berichtet nicht nur auf diese indirekte Weise von sich selbst. Im Untergeschoss ist eine kleine Sektion zur Geschichte der Neuen Nationalgalerie zu sehen, flankiert von Werken von Künstlerinnen und Künstlern wie Isa Genzken, Veronika Kellndorfer oder Michael Wesely, die mit ihr in Verbindung stehen – mit direktem Anschluss an die so um- fangreiche wie eindrucksvolle Präsentation „Die Kunst der Gesellschaft 1900-1945“, die bis zum Sommer 2023 zu sehen sein wird. Sie zeigt rund 250 bedeutende Gemälde und Skulpturen der Klassischen Moderne – unter anderem Otto Dix, Ernst Ludwig Kirchner, Lotte Laser- stein und Renée Sintenis. Schon die Aufzählung lässt erkennen, dass es den Ausstellungsmachern ein Anliegen war, der lange kolportierten Erzäh- lung einer wesentlich von Männern geschriebenen Geschichte der moder- nen Kunst ein differenzierteres Bild entgegenzusetzen – die Ausstellungs- texte erzählen von prägenden weiblichen Einflüssen, von den abstrakten Pioniertaten der Schwedin Hilma af Klint (1862-1944), von den Künstle- rinnen der Galerie Sturm oder von den wegweisenden Grafiken und Colla- gen Hannah Höchs (1889-1978). https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1022/articles/1429047/9/3 3/4
19.8.2021 Berliner Morgenpost Schon fast programmatisch ist Lotte Lasersteins großartiges Gemälde „Abend über Potsdam“ (1930) im Eingangsbereich des Untergeschosses platziert. Die Ausstellung legt es nicht auf einen chronologischen Abriss an – sie lässt, entlang der offenen Architektur Mies van der Rohes, viele assoziative Zugänge zu und spart dabei die Wechselwirkung zwischen Kunst und Krieg, auch die bedrückenden Folgen der nationalsozialisti- schen Kunstpolitik nicht aus. Die verwickelte Vielfalt der Klassischen Mo- derne, die man lang vermisst hatte, wird erneut lebendig. Eine Sonderaus- stellung im Grafischen Kabinett mit Arbeiten der in Berlin lebenden Künstlerin und Filmemacherin Rosa Barba ergänzt sie um eine gegenwär- tige Position. Neue Nationalgalerie, Potsdamer Str. 50, Tiergarten. Ab 22. August. Alle Informationen zu Öffnungszeiten und Tickets im Netz unter der Adresse smb.museum. Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten. https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1022/articles/1429047/9/3 4/4
19.8.2021 https://epaper.zeit.de/webreader-v3/index.html#/942267/46 Feuilleton · Tobias Timm Lesezeit: 3 Min. Ja, hier rumort es Nach langer Sanierung eröffnet die Neue Nationalgalerie in Berlin – und holt sich aktuelle po- litische Debatten ins Haus VON TOBIAS TIMM Es ist eine Reise zurück in die Zukunft. Man betritt den sechs Jahre lang wegen Sanierung geschlossenen Bau der Neuen Nationalgalerie von Mies van der Rohe und fühlt sich plötz- lich in eine sehr moderne Version der 1960er-Jahre zurückgebeamt, als sich dieses Muse- um zum ersten Mal dem Publikum öffnete und man die Zukunft noch hoffnungsvoll ele- gant imaginierte. Nach den Renovierungsarbeiten durch das Architekturbüro David Chip- perfield glänzt jetzt nicht nur der grüne Marmor so schön wie beim Ersteinzug, und die Glaswände sind so transparent wie am Anfang ( ZEIT Nr. 20/21). Auch die ausgestellte Kunst in der verglasten Tempelhalle erzeugt eine Atmosphäre von damals. Zum ersten Mal seit 50 Jahren wird hier in Berlin nämlich von diesem Wochenende an wieder das Werk des US-Amerikaners Alexander Calder (1898–1976) ausgestellt, von kleinen Mini-Mobiles bis hin zu monumentalen Stahlkonstruktionen. Am Eingang empfängt eine meterhohe Skulptur aus Stahl die Besucherinnen und Besu- cher, sie hat drei rot und blau lackierte Beine, einen schwarzen Torso und oben eine Kon- struktion aus gelben, roten und blauen Blechfahnen, die an zwei ineinandergehängten Stangen lustig kreisen würden, wehte jetzt ein bisschen frischer Wind ins Museum, eine kleine Bö. Umso stolzer ist die Neue Nationalgalerie, dass in Berlin nun einige von Calders Mobiles zu gewissen Tageszeiten durch Mitarbeiterinnen »aktiviert« werden dürfen – wie Raubtiere im Zoo durch die Fütterung. Wer sich angesichts von so viel Schönheit und International Style zu langweilen beginnt, der sollte die Treppe nach unten nehmen, dorthin, wo Mies die eigentlichen Ausstellungs- räume für die Sammlung der Neuen Nationalgalerie untergebracht hat. Hier beginnt es zu rumoren, nicht nur akustisch. Rosa Barba, 1972 auf Sizilien geboren, in Deutschland aufge- wachsen und seit Jahren von Berlin aus Museen auf der ganzen Welt bespielend, hat eine lautstarke Installation aus zahlreichen antiken Filmprojektoren in ein Stahlrahmenkon- strukt gebaut. Die erinnert an einen frühen Grundrissentwurf von Mies van der Rohe. Zu dem Dutzend hier gezeigten Filmskulpturen – das durch den Raum ratternde Filmband, die übergroßen Umlaufrollen sind bei Barba Teil des Kunstwerks – zählt auch der für diese Ausstellung entstandene Film Plastic Limits. Mit der Kamera hat Barba die Neue National- galerie auch im Zustand der Sanierung analysiert: Wolkenspiegelungen im Glas, der Roh- beton unter den Granitplatten, nichts ist kaschiert, dafür alles unterlegt von einer eigenen musikalischen Komposition, die nach der Notation dieser Architektur sucht. Für einige https://epaper.zeit.de/webreader-v3/index.html#/942267/46 1/2
19.8.2021 https://epaper.zeit.de/webreader-v3/index.html#/942267/46 Nachtaufnahmen füllte Barba die große Halle sogar mit künstlichem Nebel – was trotz An- kündigung zum Feuerwehreinsatz führte. Der Film korrespondiert mit Walter Ruttmanns Berlin – Sinfonie der Großstadt (1927), aus dem Auszüge jetzt in der Neupräsentation der ständigen Sammlung der Klassischen Mo- derne zu sehen sind. Selbstverständlich begegnet man hier Ernst Ludwig Kirchners be- rühmter Straßenszene vom Potsdamer Platz wieder, auch dem Porträt der Sonja im Café von Christian Schad. Prominent an den Anfang setzen die Kuratoren allerdings zwei Neu- erwerbungen: ein psychedelisch-konstruktivistisches Riesengemälde des zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Sascha Wiederhold von 1928. Und als Kontrast den überaus rea- listisch gemalten Abend über Potsdam, für den die vor einigen Jahren wiederentdeckte Lotte Laserstein 1930 fünf melancholische Menschen wie zum letzten Abendmahl um eine Tafel gruppiert hatte. Laserstein musste als Jüdin 1937 vor den Nazis ins schwedische Exil fliehen – ihr Bild macht jetzt gleich zwei Leerstellen in der historischen Sammlungspolitik der Neuen Natio- nalgalerie deutlich: Die Kunst von Frauen war bei den ehemaligen Direktoren kaum ge- fragt. Auch Werke jüdischer Künstlerinnen und Künstler sind in der Sammlung bis heute rar. Das Museum behilft sich jetzt zusätzlich mit Leihgaben. Die Direktoren der West-Na- tionalgalerie, zu denen der kürzlich als NSDAP-Mitglied und Partisanen-Jäger enttarnte Werner Haftmann zählte, ignorierten auch gerne die Arbeiten der kommunistischen Künstler aus der Weimarer Republik. Durch das Zusammenwachsen mit der Nationalgale- rie des Ostens konnte dieser Mangel glücklicherweise wettgemacht werden: So kann man hier nun die agitatorischen Komplexbilder Heinrich Vogelers mit Sowjetstern und Ham- mer und Sichel entdecken, den von Conrad Felixmüller porträtierten KPD-Redner und eine Demonstration von Curt Querner. Langsam dringen auch die gegenwärtigen politischen Debatten in die Nationalgalerie. Zwar hängt die Kunst der Expressionisten zum Bestaunen schön an den Wänden, ohne dass lange Begleittexte den Blick auch nur minimal irritieren würden. Dafür richteten die Kuratoren andernorts zusätzliche Textwände und auch eine Debattierecke ein, wo in Zu- kunft das Publikum über die Frage mitdiskutieren darf, wie das Museum mit rassistischen Darstellungen von Emil Nolde oder Mädchenakten von Kirchner umgehen soll. Hier weht ein frischer Wind, zumindest eine Bö. Abb.: Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/Images: Film still © Rosa Barba/VG Bild-Kunst, Bonn 2021 Für ihren Film »Plastic Limits« (35 mm, 2021) füllte die Künstlerin Rosa Barba das Museum mit Qualm https://epaper.zeit.de/webreader-v3/index.html#/942267/46 2/2
19.8.2021 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467511/9 F.A.Z. - Feuilleton Donnerstag, 19.08.2021 Geister an der Volksbühne Wie böse ist der Fluch, der auf der Berliner Volksbühne liegt? Seit dem tosenden Abgang des Theaterzaren Frank Castorf kommt das Haus am Rosa-Luxemburg-Platz nicht zur Ruhe. Nach dem desaströsen Versuch mit Chris Dercon und einer zumindest zweifelhaften MeToo-Affäre um den Interimschef Klaus Dörr ruhten nun alle Hoffnungen auf einem großen Namen: René Pollesch soll von September an Glanz und Glorie ans Haus zurück- bringen. Aber schon jetzt rumort es wieder hinter den Kulissen. Obwohl in weniger als einem Monat die Spielzeit losgeht, wird noch kein Programm auf der Website angekündigt. Außerdem ist offensichtlich die stolz annoncierte Zusammenarbeit mit dem – schon früher an der Volksbühne tätigen – norwegisch-deutschen Theaterwahnduo Vegard Vinge und Ida Müller noch vor der ersten Premiere geplatzt. Nach den spärlichen Aussagen des neuen Intendanten, der auf Anfragen der Presse schon jetzt nur sehr ungern antwortet, soll Leo Neumann, der Sohn des 2015 verstorbenen Chefdesigners Bert Neumann, das Bühnenbild für die Eröffnung entwerfen. Darf man das als Versuch werten, die bösen Hausgeister zu besänftigen?stra https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467511/9 1/1
19.8.2021 https://epaper.zeit.de/webreader-v3/index.html#/942267/48 Feuilleton · Thomas E. Schmidt Lesezeit: 2 Min. Der Mond über Mitte Barrie Kosky präsentiert eine neue »Dreigroschenoper« am Berliner Ensemble VON THO- MAS E. SCHMIDT Eigentlich kann nicht viel schiefgehen, wenn 93 Jahre nach der Uraufführung, nach Wei- marer Republik, Nazi-Zeit und Ostzone genau am selben Ort wieder eine Dreigroschenoper inszeniert wird. Und es geht auch nichts schief. Das kulturelle Gedächtnis meint es gut mit dem Berliner Ensemble, niemals wird Brechts Geist ganz daraus entschwinden – wieso auch, nur noch wenige kulturelle Mythen sind übrig geblieben –, und Barrie Kosky, eigent- lich Intendant der Komischen Oper, nutzt dort als Regisseur den angeeigneten Heimvorteil und versenkt alle die berühmten runden Sprüche und Hits von Brecht-Weill leichtfüßig im Tor. Das ist populäres Theater im allerbesten Sinn, drei Stunden lang Kurzweil und Wieder- erkennen eines lieben Klassikers. Glücklicherweise wird er nicht auf die gerade angesagten Zwanziger getrimmt und auch nicht mit den obligaten schrägen Berlin-Bildern versehen, was auf den Bühnen der Stadt inzwischen fast schon fremdenverkehrsmäßig wirkt. Kosky macht es ganz einfach: zwei Lamettavorhänge samt einem Treppengerüst. In ihm können die Spieler herumturnen. Das Gewusel findet in der Vertikalen statt, das Theater wird zwei- dimensional, soll der Filmleinwand ähneln, ist eigentlich ein Musical. Dass Brecht seinem Spiel die Psychologie fast ganz ausgetrieben hat, greift Kosky dankbar auf. Der Ausdruck ist also einfach und sinnfällig, die Regie arte povera, wenn man so will. Es geht nicht um die Befindlichkeiten des Spielleiters und auch nicht um Reflexionen aufs Theatralische als solches. Das Publikum ist dankbar dafür, ein anderer Ton. Viel wird an der Rampe gesprochen und gesungen, die ganz große Schauspielkunst findet also nicht statt. Zum Ausgleich erhalten die eigentlich überqualifizierten Akteure (Cynthia Micas als Polly, Tilo Nest als Peachum, Constanze Becker als seine Frau, Kathrin Wehlisch als lustiger Ti- ger-Brown und Laura Balzer als fidele Lucy) jeweils ein Solo zum Brillieren. Das alles haut insgesamt hin. Nach 93 Jahren rückt die Sozialkritik weit in den Hintergrund, stattdessen gerät das Muster der Gefühle in den Blick, welches diese bewusst grob gezeichneten Figu- ren zueinander in Beziehung setzt. Kosky spürt, dass die Musik heute die emotionale Hauptdarstellerin sein muss. Adam Benzwi dirigiert ein famoses kleines, sogar ins Spiel einbezogenes Orchester. Stimmung kommt auf und wird gehalten, man will den Mackie hängen sehen, aber der wird im letzten Augenblick noch vorm Galgen gerettet: Es ist die https://epaper.zeit.de/webreader-v3/index.html#/942267/48 1/2
19.8.2021 https://epaper.zeit.de/webreader-v3/index.html#/942267/48 Parodie eines Happy Ends, und sie markiert dann doch noch den feinen Unterschied zwi- schen dem Theater und dem braven Klassiker-Entertainment. Ein kurzes Wort zu Nico Holonics als Mackie Messer, dem Star der Aufführung: Holonics ist ein Riesen-Unterhaltungstalent, ein natürlicher Performer, er ist ein energetischer, hasen- zähniger Wirbelwird, komisch und dämonisch zugleich. Er kann alles zwischen Heinz Rüh- mann und Alex, dem Bösen aus Kubricks Clockwork Orange. Sein Mackie ist ein toxischer Mann nicht länger, er wird hier zu einem genderfluiden Bündel aus Begehren und Egozen- trik. Frauen spielen Männerrollen, Männer die Huren von Turnbridge. Ausgerechnet unter Brechts Bettlern gibt es nun zarte Hinweise auf die homosexuelle Liebe, was vom Publi- kum auch wohlwollend bemerkt wird. Alles sehr zeitgenössisch also, ohne aufdringlich zu werden. Wer in Berlin ist und eine Karte ergattert, sollte sich diese Dreigroschenoper anse- hen! https://epaper.zeit.de/webreader-v3/index.html#/942267/48 2/2
19.8.2021 ‘They deserve a place in history’: music teacher makes map of female composers | Classical music | The Guardian Classical music ‘They deserve a place in history’: music teacher makes map of female composers Ashifa Kassam in Madrid @ashifa_k T Thu 19 Aug 2021 05.00 BST wo siblings, both considered child prodigies, dazzled audiences across Europe together in the 18th century, leaving a trail of positive reviews in their wake. But while Wolfgang Amadeus Mozart went on to be celebrated as one of the world’s greatest composers, the accomplishments of his sister – Maria Anna – were quickly forgotten after she was forced to halt her career when she came of age. However, a new tool is seeking to cast a spotlight on female composers throughout the ages, pushing back against the sexism, stigmatisation and societal norms that have long rendered them invisible. “We’ve never given them the place they deserve in history,” said Sakira Ventura, the creator of an interactive map that features more than 500 female composers from across the globe. “They don’t appear in musical history books, their works aren’t played at concerts and their music isn’t recorded.” The 28-year-old music teacher from Valencia came up with the idea after realising that during her years of academic studies of music, she had rarely heard of women who had composed classical music. “I had always talked about putting these composers on the map – so it occurred to me to do it literally.” https://www.theguardian.com/music/2021/aug/19/they-deserve-a-place-in-history-music-teacher-makes-map-of-female-composers 1/3
19.8.2021 ‘They deserve a place in history’: music teacher makes map of female composers | Classical music | The Guardian Then came the hard part. “There’s a moment where you ask yourself, where do I look for this information?” She delved into encyclopedias, dug through libraries and contacted people on social media. The interactive map features more than 500 female composers from across the globe Photograph: https://svmusicology.com/mapa/ “When I started I thought I wouldn’t know more than five female composers,” she said. After more than a year and hundreds of hours of work, the site documents 530 composers – including a short description of each one and a link to listen to their work – and Ventura is working her way through a list of another 500 names to add. The result is a catalogue of artists that range from Kassia, a Byzantine abbess born in 810 and whose hymns are still sung in the Orthodox church, to Alma Deutscher, the British teenager who composed her first piano sonata at the age of six. Many of the women listed on the map languished in obscurity, their careers marred by the long-held notion that music could be a pastime for women but not a profession. Some, like Maria Anna Mozart, nicknamed Nannerl, saw their careers come to an abrupt halt amid concerns that performing and touring could put her reputation at risk. Others were stigmatised by the belief, stubbornly clung to for centuries, that women were incapable of the kind of higher level thinking needed to compose. “It was taken for granted that a work composed by a woman wouldn’t be of the same quality as that composed by a man,” said Ventura. The barriers forced female composers to get creative; some enrolled in convents in order to study music while others published works under male pseudonyms. Much of the reaction to the map has been positive, said Ventura, save for the few voices that have complained about the absence of men on the map. “I have to explain to them that if they want to find out about male composers, they can open any book on music history, go to any concert or tune into any radio station,” she said. “But if I’m putting together a map of female composers, it is because these women don’t appear anywhere else.” What’s excited her most is the interest she has received from other teachers who are eager to incorporate the map into their lessons. “I’m 28 years old and nobody ever spoke to me about female https://www.theguardian.com/music/2021/aug/19/they-deserve-a-place-in-history-music-teacher-makes-map-of-female-composers 2/3
19.8.2021 ‘They deserve a place in history’: music teacher makes map of female composers | Classical music | The Guardian composers,” she said. “So I want to do what hasn’t [been] done for me, I want my students to know that [Wolfgang Amadeus] Mozart and Beethoven existed but also that there were also all these female composers.” https://www.theguardian.com/music/2021/aug/19/they-deserve-a-place-in-history-music-teacher-makes-map-of-female-composers 3/3
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