Primäre Tenodese der langen Bizepssehne bei höhergradigen SLAP Läsionen: Klinische Evaluation bei Kletterern - OPUS 4
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Primäre Tenodese der langen Bizepssehne bei höhergradigen SLAP Läsionen: Klinische Evaluation bei Kletterern Der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Doktorgrades Dr. med. vorgelegt von Johann Benedikt Ott
Als Dissertation genehmigt von der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. med. Markus Neurath Gutachter: Prof. Dr. Volker Rainer Schöffl Gutachter: Prof. Dr. Mario Perl Tag der mündlichen Prüfung: 03. November 2020
Primäre Tenodese der langen Bizepssehne bei höhergradigen SLAP-Läsionen: Klinische Evaluation bei Kletterern Inhaltsverzeichnis 1. Abstract ...........................................................................................................................1 2. Zusammenfassung .......................................................................................................... 2 3. Einleitung ....................................................................................................................... 5 4. Material und Methoden .................................................................................................. 8 5. Ergebnisse .......................................................................................................................12 6. Diskussion ...................................................................................................................... 19 7. Schlussfolgerung ............................................................................................................ 23 8. Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 24 9. Anhang ........................................................................................................................... 29 10. Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................ 30 11. Verzeichnis bisheriger Veröffentlichungen .................................................................. 30 12. Danksagung .................................................................................................................. 30 0
Abstract Background: SLAP-lesions are frequent injuries in overhead athletes.1-4 While in the literature the primary orthotopic refixation of the SLAP-anchor has suitable functional results in non- athletes, the outcome in athletes, especially in overhead sports are disappointing.5 Objectives: This study investigated the general and the sport-specific outcome of a primary long biceps tenodesis in SLAP-lesions in climbers. Hypothesis is that SLAP-repair and primary long biceps tenodesis cause a better sport specific outcome. Study Design: Prospective cohort study. Material and Methods: Thirty rock climbers (23 male, 7 female, average age 44.4 years) with SLAP-tears were re-evaluated an average of 31.5 months (12-70 months) after primary long biceps tenodesis. A standardized questionnaire and clinical examination were used to assess the postoperative outcome including Constant-Murley score7 and re-establishment of initial level of sports. Analysis of sport-specific outcome was also performed. Results: The Constant-Murley score7 (average 89.6 points) indicated an excellent functional outcome of the shoulder function. Overall, 66.7% of patients regained their previous level of sports. Conclusion: In summary our results justify a long biceps tenodesis in overhead athletes with SLAP-tears. 1
Zusammenfassung Hintergrund und Ziele SLAP-Läsionen (superior labral tears from anterior to posterior) sind häufige Verletzungen bei Überkopfsportlern.1-4 Für Nicht-Sportler wurden in der Literatur gute funktionelle Ergebnisse durch die orthotope Refixation des SLAP-Ankers („SLAP-Repair“) beschrieben. Bei Überkopfsportlern führt diese Therapie jedoch häufig nur zu unbefriedigenden Ergebnissen.5 Zudem ist die Wiederaufnahme der sportlichen Aktivitäten oft nicht mehr - oder nur unter Schmerzen - möglich. Daher stellte sich die Frage, ob eine primäre Tenodese der langen Bizepssehne zu besseren sport-spezifischen Ergebnissen führen würde. Überraschenderweise existieren nur wenige Studien, die dieses Therapiekonzept mit größeren Fallzahlen untersucht haben.6 Die vorliegende Studie untersucht primär das sport-spezifische Outcome und die allgemeine Schulterfunktion (anhand des Constant-Murley Score7) nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne in einer größeren Fallzahl von Kletterern mit höhergradigen SLAP-Läsionen. Weiterhin werden mögliche Einflussfaktoren auf das Outcome untersucht. Material und Methoden Es wurden 30 Kletterer (23 Männer, 7 Frauen, Alter 44.4 ± 9.2 Jahre) nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne nachuntersucht. Die Datenerhebung erfolgte anhand eines standardisierten Fragebogens, sowie einer standardisierten körperlichen Untersuchung. Die allgemeine Schulterfunktion wurde durch den Constant-Murley Score7 (absolute7 und relative Werte bezogen auf den alters- und geschlechtsspezifischen Constant-Murley Score nach Gerber et al.8), das sport-spezifische Outcome durch den Vergleich des Kletterlevels vor und nach der Verletzung (UIAA MedCom Score9) bewertet. Da viele Patienten zusätzlich zu den SLAP- Läsionen weitere Verletzungen vorwiesen, wurden die Patienten in zwei Gruppen aufgeteilt: Gruppe A mit und Gruppe B ohne potentiell relevante zusätzliche Verletzungen. Unsere Daten wurden mit Daten aus der Literatur für das Outcome der orthotopen Refixation der Bizepssehne (SLAP-repair) verglichen. Alle Patienten wurden zwischen 2008 und 2014 durch den gleichen, erfahrenen Chirurgen in halbsitzender Lagerung (beach-chair position) operiert. Es erfolgte eine primäre suprapectorale Tenodese der langen Bizepssehne in minimalinvasiver Technik im Bereich des Sulcus intertubercularis. Die postoperative Nachsorge erfolgte gemäß einem standardisierten Programm. 2
Ergebnisse Insgesamt konnten 10 Kletterer (33.3%) ihr initiales Level der sportlichen Leistungsfähigkeit nicht mehr erreichen. 20 Kletterer (66.7%) erreichten ihr ursprüngliches Leistungsniveau, zwei davon konnten ihr initiales Level übertreffen. Bemerkenswert ist ein Prozentsatz von 86.7% der Kletterer, die ein Kletterlevel zwischen +/- 1 UIAA metrischen Grade9 ihres ursprünglichen Levels erreichen konnten. Es ergab sich ein durchschnittlicher Constant-Murley Score7 von 89.6 Punkten. Die beiden Gruppen A (mit potentiell relevanten Begleitverletzungen) und B (ohne potentiell relevante Begleitverletzungen), sowie männliche und weibliche Kletterer wurden hinsichtlich der allgemeinen Schulterfunktion, gemessen am Constant-Murley Score7, und dem sport- spezifischen Outcome verglichen. Bezüglich des Kletter-Levels ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen A und B (p=1.00) sowie zwischen Männern und Frauen (p=0.37). Der Vergleich des Constant-Murley Scores7 zwischen Gruppe A und B (absolute Werte p=0.79, relative Werte p=0.62) lieferte weder für die absoluten, noch für die relativen Werte bezüglich des entsprechenden alters- und geschlechtsspezifischen Normwertes8 einen signifikanten Unterschied. Gleiches galt für den Vergleich des Constant-Murley Scores7 zwischen Männern und Frauen (absolute Werte p=0.07, relative Werte p=0.53). Als weitere mögliche Einflussfaktoren auf das Outcome wurden der ursprüngliche Schwierigkeitsgrad, das Niveau (Freizeit- vs. Wettkampf- und Berufssportler), Alter, Angst vor erneuter Verletzung, reduzierte Trainingsfrequenz nach Verletzung und Schmerzen beim Sport untersucht. Es konnte lediglich für die reduzierte Trainingsfrequenz nach der Verletzung ein signifikanter Unterschied im Outcome gezeigt werden. Wir verglichen unser Ergebnis mit statistischen Werten aus der bestehenden Literatur. Mit einer Rate von 66.7% erfolgreichem Wiedererreichen des ursprünglichen Kletterniveaus konnten wir ein signifikant besseres sport-spezifisches Outcome nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne zeigen als die SLAP-repair Gruppen von Kim et al.10 (22%, p=0.007) und Boileau et al.5 (20%, p=0.03). Im Vergleich zur SLAP-repair Gruppe von Ide et al.11 konnte kein signifikanter Unterschied gezeigt werden (75%, p=0.59). Im Vergleich mit dem von Boileau et al.5 (87%, p=0.28) und Schöffl et al.12 (100%, p=0.16) veröffentlichten Outcome nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne zeigte sich kein signifikanter Unterschied. Da in der Literatur für den Constant-Murley Score7 nur Durchschnittswerte angegeben wurden, verglichen wir unsere durchschnittlichen 89.6 Punkte in diesem Score rein deskriptiv mit den vorliegenden Werten. Boileau et al.5 zeigten einen durchschnittlichen Constant-Murley Score7 von 83 Punkten in der SLAP-repair Gruppe, sowie 89 Punkten nach primärer Tenodese der 3
langen Bizepssehne. Schöffl et al.12 veröffentlichten einen durchschnittlichen Constant-Murley Score7 von 97.3 Punkten nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne. Diskussion Aus unseren Daten schließen wir, dass Überkopfsportler unabhängig von Alter, Geschlecht, ursprünglichem Schwierigkeitsgrad und Niveau gleichermaßen von einer primären Tenodese der langen Bizespssehne profitieren. Überraschenderweise konnte ebenfalls kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen mit und ohne Begleitverletzungen gezeigt werden. Mögliche Ursachen hierfür könnten ein vollständiges Abheilen der entsprechenden Begleitverletzungen und eine höhere Relevanz der SLAP-Läsion im Vergleich zu der Begleitverletzung auf das sport-spezifische Outcome sein13-15. Folglich wurde unser Gesamtkollektiv zum Vergleich mit den Daten aus der Literatur herangezogen. Im Vergleich zur Literatur zeigte unsere Studie sehr gute Resultate bezüglich der allgemeinen Schulterfunktion. Bezüglich des sport-spezifischen Outcome zeigen unsere Daten ein vielversprechendes Ergebnis, auch wenn dieses schlechter als in älteren Studien mit kleineren Fallzahlen war. Nichtsdestotrotz kann das sport-spezifische Outcome als befriedigend angesehen werden. Eine reduzierte Trainingsfrequenz nach der Verletzung stellt einen wichtigen, unabhängigen Einflussfaktor dar und kann vom Athleten selbst beeinflusst werden. Schlussfolgerung Diese Studie konnte auch mit einem größeren Studienkollektiv von Überkopfsportlern gute Ergebnisse bezüglich der allgemeinen Schulterfunktion und des sport-spezifischen Outcome nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne bei SLAP-Läsionen zeigen. 4
Einleitung SLAP-Läsionen (superior labral tears from anterior to posterior) sind häufige Verletzungen bei Überkopfsportlern.1-4 Verletzungen des glenoidalen Labrums im Zusammenhang mit der langen Bizepssehne wurden erstmals 1985 von Andrews et al.16 beschrieben. In der gleichen Studie konnte bereits ein Zusammenhang mit Überkopfsportarten gezeigt werden.16 Durch Snyder et al.17 erfolgte 1990 die erste Klassifikation in 4 Typen, sowie die Benennung der Verletzung als SLAP-Läsion. Später wurden durch Maffet et al.18 und Morgan et al.3 weitere (Sub-)typen definiert, so dass heute insgesamt 10 Typen beschrieben sind. Jedoch wird kontrovers diskutiert, ob ausgedehnte Verletzungen des Labrums, wie zum Beispiel Typ VII oder IX als SLAP-Läsionen bezeichnet werden sollten.6 Die häufigste Form der Verletzung ist die Typ II Läsion, welche durch eine Abtrennung des superioren Labrums inklusive der langen Bizepssehne vom oberen glenoidalen Rand mit folgender Instabilität des labro-bizipitalen Komplexes definiert ist.6 SLAP-Läsionen treten sowohl als akut traumatische Verletzungen, als auch als Folge chronischer Überbeanspruchung auf.19 Ursächlich für traumatische SLAP-Läsionen sind in der Regel ein Sturz auf den ausgestreckten Arm, beziehungsweise den flektierten Ellenbogen oder ein unerwarteter Zug am Arm. Letzteres geschieht zum Beispiel, wenn ein Kletterer plötzlich sein gesamtes Gewicht mit einem Arm abfängt, weil ihm die Füße abrutschen.12, 20-22 Im Gegensatz dazu resultieren chronische SLAP-Läsionen aus einer Kombination von wiederholten Mikrotraumatisierungen und degenerativen Veränderungen der langen Bizepssehne.21 Einige gängige Theorien versuchen, die zugrundeliegende Pathophysiologie zu erklären. Dazu zählen unter anderem der von Burkhardt et al.4 beschriebene Peel-back- Mechanismus und das von Walch et al.23 und Jobe24 veröffentlichte Modell des posterosuperioren Impingements . Typische Symptome der SLAP-Läsion sind eine plötzliche oder zunehmende Verschlechterung der Schulterfunktion (Bewegungseinschränkung, Instabilität) mit begleitenden Schmerzen. Weitere Symptome sind akustische Ereignisse während der Entstehung der Verletzung, sowie bei bestimmten Bewegungen, wie zum Beispiel ein Klicken oder Knallen während der Spannphase eines Wurfs. In den meisten Fällen ist der dominante Arm betroffen. Aufgrund der unspezifischen Symptomatik und der häufigen Begleitverletzungen, zum Beispiel Verletzungen der Rotatorenmanschette, ist eine klinische Diagnosestellung oft schwierig.6 Es existieren viele verschiedene klinische Tests, um eine SLAP-Läsion zu diagnostizieren. Aufgrund der niedrigen Sensitivität und Spezifität konnte jedoch bisher kein Gold-Standard etabliert werden.6, 25-27 Die besten Ergebnisse konnten durch Kombinationen mehrerer Tests 5
erzielt werden.6 Zentrales Element der Diagnosesicherung sind bildgebende Verfahren. Die beste Sensitivität und Spezifität wird durch Magnetresonanzarthrographie erreicht, bei der eine Kernspintomographie in Verbindung mit einer direkten Kontrastmittelgabe in das Gelenk durchgeführt wird.28-30 Zur Auswahl der passenden Therapieform müssen die individuelle Patientengeschichte, eine präzise klinische Untersuchung, radiologische Befunde und die Ansprüche des Patienten beachtet werden.6 Es wurden verschiedenste therapeutische Ansätze zur Behandlung von SLAP-Läsionen beschrieben. Edwards et al. beschrieben bei Überkopfsportlern ein positives Outcome (Wiedererreichen des selben sportlichen Leistungsniveaus) in 66% der Fälle durch eine konservative Behandlung.31 Besonders SLAP-Läsionen vom Typ I ohne weitere intraartikuläre Pathologien, sowie SLAP-Läsionen bei Nicht-Sportlern, eignen sich für eine konservative Behandlung mit verschiedenen, individuell abgestimmten Übungen. Nichtsdestotrotz ist aufgrund der Instabilität des Labrums eine konservative Therapie oft nicht erfolgreich, besonders bei Typ II und IV SLAP-Läsionen nach der Klassifikation von Maffet et al.18. Daraus resultiert häufig die Indikation zur operativen Versorgung des Labrums und der Begleitverletzungen.32 Insbesondere bei Überkopfsportlern ist oft eine operative Versorgung nötig, um wieder ein hohes Leistungsniveau zu erreichen.6 Durch die Verbesserung arthroskopischer Techniken wurden verschiedene operative Konzepte zur Versorgung von SLAP-Läsionen entwickelt. Ein isoliertes arthroskopisches Debridement des Labrums bei instabilen SLAP-Läsionen zeigte kurzfristige Besserung der klinischen Beschwerden. Verschiedene Studien zeigten jedoch eine deutliche Verschlechterung des Outcome im Verlauf des weiteren Beobachtungszeitraums.6, 33-35 Heutzutage wird das isolierte Debridement lediglich noch bei SLAP-Läsionen vom Typ I empfohlen. In älteren Studien liefert die arthroskopische Refixation des Labrums (SLAP-repair) in 75-97% der Fälle gute Ergebnisse.5 Im Folgenden werden exemplarisch einige Ergebnisse dieser Studien zusammengefasst. Pagnani et al.36 zeigten in einer Studie mit 22 Patienten in 86% der Fälle ein zufriedenstellendes Ergebnis bezüglich der allgemeinen Schulterfunktion. In deren Studienkollektiv waren 13 Sportler, von den 12 (92%) ihr initiales Level wieder erreichten. Field et al.37 demonstrierten bei allen 20 Patienten ihrer Studie nach Refixation gute oder exzellente Resultate bezüglich der Schulterfunktion. In einer Studie von Yoneda et al.38 erreichten von 10 Sportlern 80% gute oder exzellente Resultate nach primärer Refixation. Von 33 Sportlern in einer Studie von Rhee et al.39 konnten 76% zu ihrer sportlichen Aktivität zurückkehren. Samani et al.40 berichteten, dass 92% ihrer 25 Sportler ihr ehemaliges Leistungsniveau wieder erreichen konnten. Insgesamt zeigten sich jedoch - vor allem bei 6
Überkopfsportlern - deutliche Einschränkungen für das Outcome der sportlichen Leistungsfähigkeit nach primärer Refixation des Labrums am Glenoid nach SLAP-Läsion. So berichteten Segmuller et al.41 bei 17 Patienten mit SLAP-Läsion zwar von einem guten oder exzellenten Outcome der allgemeinen Schulterfunktion in 82.3% der Fälle (bestimmt mittels Constant-Murley Score7), jedoch erreichten lediglich 53% der Sportler ihr vorheriges Leistungsniveau. Auch Sayde et al.42 konnten einen deutlichen Unterschied zwischen Überkopfsportlern und Nicht-Überkopfsportlern zeigen. Während vom Gesamtkollektiv 73% der Patienten zum ursprünglichen Leistungsniveau zurückkehren konnten, lag die Rate bei der Subgruppe der Überkopfsportler lediglich bei 63%. In einer Studie von Kim et al. erreichten Überkopfsportler signifikant weniger häufig ihr initiales Leistungsniveau als andere Patienten.10 Von 10 Patienten in einer Studie von Boileau et al. erreichten lediglich 20% ihr ursprüngliches sportliches Leistungsniveau nach SLAP-repair.5 Ein positiveres Ergebnis nach primärem SLAP-repair konnten Ide et al. beschreiben. 75% ihrer 40 Patienten konnten nach primärer Refixation ihr initiales sportliches Leistungsniveau wieder erreichen.11 Somit zeigen sich insbesondere die Ergebnisse für das sport-spezifische Outcome nach primärem SLAP- repair insgesamt als inhomogen, so dass eine umfassende Empfehlung der Technik nicht ausgesprochen werden kann.6 Zudem ist die Wiederaufnahme der sportlichen Aktivitäten für Überkopfsportler oft nicht mehr, oder nur unter Schmerzen, möglich, woraus ein deutlicher Verlust der Leistungsfähigkeit resultiert. Daher stellte sich die Frage, ob eine primäre Tenodese der langen Bizepssehne zu besseren sport-spezifischen Ergebnissen führen würde. Als Alternative zur orthotopen Refixation der langen Bizepssehne wurde unabhängig von einander von Boileau et al.5 2009 und Schöffl et al.12 2011 eine primäre Tenodese der langen Bizepssehne vorgeschlagen. Dieses therapeutische Konzept ist seitdem von Schulter-Chirurgen weitgehend übernommen worden. Überraschenderweise existieren jedoch nur wenige Studien, die dieses Therapiekonzept mit größeren Fallzahlen untersucht haben.6 Dies gilt insbesondere für Untersuchungen bei Überkopfsportlern. Die vorliegende Studie untersucht primär das sport-spezifische Outcome und die allgemeine Schulterfunktion (anhand des Constant-Murley Score7) nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne in einer größeren Fallzahl von Kletterern mit höhergradigen SLAP-Läsionen. In der Literatur wurden im Heilungsverlauf nach orthopädischen Eingriffen Unterschiede zwischen den Geschlechtern beschrieben, vermutlich aufgrund von biomechanischen, hormonellen, neuromuskulären und anatomischen Gründen.43 Daher wurden in der vorliegenden Studie zudem Geschlechtsunterschiede und andere mögliche Einflussfaktoren auf 7
das Outcome - wie zum Beispiel Angst vor einem Rezidiv, Schmerzen während des Sports und eine reduzierte Trainingsfrequenz - untersucht. Material und Methoden Studiendesign Aufgrund früherer Studien mit vielversprechenden Ergebnissen nach primärer Bizepssehnentenodese5, 12, werden in der Sporttraumatologie am Klinikum Bamberg seit 2008 routinemäßig Überkopfsportler mit höhergradigen SLAP-Läsionen mit einer primären Tenodese der langen Bizepssehne versorgt. Auch viele andere Zentren wenden diese Operationstechnik seither an. Bis 2014 wurden in Bamberg 51 Überkopfsportler mit dieser Operationstechnik behandelt. In der vorliegenden prospektiven Kohortenstudie wurden 30 (58.8%) dieser Patienten (23 Männer, 7 Frauen) reevaluiert. Die restlichen Patienten konnten entweder aufgrund von Migrationseffekten nicht erreicht werden, verweigerten die Teilnahme an der Studie aus persönlichen oder zeitlichen Gründen oder waren keine Kletterer, und wurden somit von vornherein aus dem Studienkollektiv ausgeschlossen. Das Durchschnittsalter der Studienpopulation lag zum Zeitpunkt der Reevaluation bei 44.4 Jahren (zwischen 28 und 64 Jahren). Einschlusskriterien waren eine SLAP-Läsion, aktive Kletterer, eine Therapie mit primärer Tenodese der langen Bizepssehne und mindestens 12 Monate Abstand zwischen Operation und postoperativer Reevaluation. Es gab keine Ausschlusskriterien. Gemäß der Einteilung der SLAP-Läsionen nach Maffet18 gibt es im Studienkollektiv 4 Typ I Läsionen (mit Begleitverletzungen der langen Bizepssehne), 14 Typ II Läsionen, 1 Typ III Läsion, 2 Typ IV Läsionen und 9 Typ V Läsionen. Die Diagnose wurde jeweils mittels klinischer Untersuchung, Magnetresonanztomographie und später durch direkte arthroskopische Visualisierung gestellt. Die Nachuntersuchung wurde im Schnitt 31.5 Monate nach der Operation mittels standardisiertem Fragebogen und klinischer Untersuchung durchgeführt. Der Fragebogen beinhaltete Fragen bezüglich der Patientengeschichte, dem Verletzungsmechanismus, Aktivitäten des täglichen Lebens, Schmerzen, Beruf, Sport, Erwartungen an die Operation bzw. das postoperative Ergebnis und die postoperative Zufriedenheit. Die klinische Untersuchung beinhaltete Inspektion und Palpation, Tests bezüglich der Bewegungsfreiheit, Muskelkraft und neurologischem Outcome, sowie verschiedene SLAP-Tests27, 44 . Um die allgemeine Schulterfunktion festzusetellen, wurde der Constant Murley-Score7 verwendet. Um das sportspezifische Outcome zu bestimmen wurde das prä- und postoperative Leistungsniveau 8
erhoben. Der UIAA MedCom Score stellt für Kletterer einen vergleichbaren und objektiven Wert zur Bestimmung des Leistungsniveaus dar.9 Es wurden die maximalen Schwierigkeitsgrade der vor und nach der Verletzung gekletterten Rotpunktrouten verglichen. Da Schwierigkeitsgrade beim Klettern zwischen verschiedenen Klettergebieten leicht variieren, wurde das Erreichen des gleichen metrischen UIAA Grads9 oder 0.33 metrische Grade darüber oder darunter als „präoperatives Kletter-Niveau wieder erreicht“ definiert. Die Eigenschaften des Studienkollektivs sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Tabelle 1: Studienkollektiv Sport: Klettern N: 30 Geschlecht - Männer: 23 - Frauen: 7 Alter, Jahre: 44.4 ± 9.2 (28-64) 18 SLAP Typ (Maffet et al. ) - I: 4 - II: 14 - III: 1 - IV: 2 - V: 9 Entstehungsmechanismus - akut 18 - chronisch 12 Begleitverletzungen (siehe Tabelle 2) - Gruppe A: 13 - Gruppe B: 17 Seite - Rechtshänder: 28 - Linkshänder: 2 - Verletzung auf dominanter Seite: 13 Follow-up Zeit, Monate: 31.5 ± 18.7 (12-70) Leistungsniveau - Hobbysportler: 18 - Wettkampf-/Berufssportler: 12 9
Ein Großteil der Patienten hatten keine isolierten SLAP-Läsionen, sondern zusätzliche Begleitverletzungen. Um einen möglichen Einfluss der Begleitverletzungen auf das Outcome der primären Bizepssehnentenodese zu ermitteln, wurden die Patienten in 2 Gruppen aufgeteilt. Gruppe A beinhaltet alle Patienten ohne und Gruppe B alle Patienten mit mindestens einer möglicherweise relevanten Begleitverletzung (Tabelle 2). Tabelle 2: Liste potentiell relevanter Begleitverletzungen der Patienten des Studienkollektivs Verletzung Häufigkeit im Studienkollektiv - AC-Gelenks-Osteoarthritis 2 - Bankart Läsion 5 - Chondromalazie III° - IV° 5 - Omarthrose 2 - Rotatorenmanschettenruptur 1 - Rotatorenmanschettenteilruptur 12 - Degeneration der Supraspinatussehne 1 - Tendinitis calcarea 1 Tabelle 3 fasst die Eigenschaften dieser beiden Gruppen zusammen. Tabelle 3: Eigenschaften der Begleitverletzungs-Gruppen Gruppe A Gruppe B Potentiell relevante Begleitverletzungen Nein Ja (siehe Tabelle 2) N = 37 13 17 Geschlecht - Männer: 11 12 - Frauen: 2 5 Alter, Jahre: 39.8 ± 9.4 (28-60) 47.9 ± 7.5 (34-64) SLAP Typ (Maffet et al.18) - I: 2 2 - II: 5 9 - III: 1 0 - IV: 0 2 - V: 5 4 Follow-up Zeit, Monate: 38.6 ± 20.0 (12-70) 26.0 ± 16.1 (12-70) Auf Grundlage bereits existierender Studien, welche einen Trend zu besseren Resultaten nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne zeigten5, 12 , wurde keine eigene SLAP-repair 10
Kontrollgruppe für unsere Tenodese-Kohorte genutzt. Stattdessen wurden existierende Daten für das Outcome nach SLAP-repair bei Überkopfsportlern aus der Literatur für den Vergleich herangezogen. Alle Patienten willigten nach entsprechender Aufklärung in die Nachuntersuchung und die Verwendung der anonymisierten Daten zu wissenschaftlichen Zwecken ein. Die Studie wurde durch die Ethikkommission der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg genehmigt (06.05.2014: Ref.No.: 109_14 B). Chirurgisches Verfahren und postoperatives Management Alle Operationen wurden durch den gleichen, erfahrenen Chirurgen in halbsitzender Lagerung (beach-chair position) durchgeführt. Abhängig vom Ausmaß der Verletzung, wurde das kraniale Labrum entweder arthroskopisch reseziert oder mittels Titan-Schraubankern (Fastak â, Arhtrex â, Naples FL, USA) wieder angebracht. Dann folgte eine Tenotomie der langen Bizepssehne. Nach der Arthroskopie folgte eine primär minimalinvasive, suprapektorale Bizepstenodese unter Verwendung von Tenodese-Schrauben (Arhtrex â, Naples FL, USA) (7– 8 mm). Für die extraartikuläre Fixierung wurde eine kleine ventrale Inzision auf Höhe des Sulcus intertubercularis durchgeführt. Die Sehne wurde gekürzt und nach der Bunnel-Technik mit Tiger-wire â (Arhtrex â, Naples FL, USA), unter besonderer Beachtung der korrekten Länge und Spannung der Sehne fixiert.6 Postoperativ wurde für 3 Wochen eine Armschlinge angelegt. Nach dem zweiten postoperativen Tag wurde eine passive Mobilisation bis zu 90° Abduktion und Elevation begonnen. Beginnend von der Innenrotation wurde eine Außenrotation bis zur Neutralnullposition erlaubt. Passive Mobilisation im Ellenbogengelenk und Haltungstraining wurden frühzeitig begonnen. Nach Entfernen der Armschlinge wurde passive Mobilisation in einem freien Bewegungsumfang und zunehmende isometrische Belastung in einem geschlossenen System eingesetzt. Sieben Wochen nach der Operation wurde eine ambulante Rehabilitation inklusive allmählich steigender Belastung, schmerzabhängigen aktiven Bewegungsübungen, Muskelaufbau, propriozeptiver neuromuskulärer Facilitation und manueller Therapie empfohlen. Die spezifische sportliche Aktivität wurde im Durchschnitt nach 14 Wochen wieder aufgenommen. Volle sport-spezifische Belastung wurde nach 16 Wochen erlaubt. 11
Statistische Analyse Kategorische Datensätze wurden mit dem exakten Fisher-Test analysiert. Quantitative Datensätze wurden mittels Shapiro-Wilk-Test auf Normalverteilung geprüft. Normal verteilte Datensätze wurden mit dem ungepaarten, zweiseitigen T-Test ausgewertet. Der Mann-Whitney U-Test wurde genutzt, um Datensätze ohne Normalverteilung zu analysieren. Korrelationsanalysen wurden unter Verwendung des Spearman Rangkorrelationskoeffizienten durchgeführt. Da in der Literatur für das Outcome des Constant-Murley Scores7 nur Maße der zentralen Tendenz angegeben sind, erfolgte der Vergleich zu unseren Daten rein deskriptiv. Das Signifikanzniveau für alle statistischen Tests wurde auf p
Das allgemeine Outcome der Schulterfunktion und das sportspezifische Outcome wurde sowohl zwischen den Begleitverletzungs-Gruppen, als auch zwischen männlichen und weiblichen Kletterern verglichen. Abgesehen vom Alter, waren die Patienteneigenschaften der Gruppen A und B statistisch vergleichbar (Geschlecht: p=0.43, Follow-up Zeit: p=0.11). Im Durchschnitt war Gruppe B älter als Gruppe A (p=0.01) (siehe auch Tabelle 3). Es wurden 23 männliche Kletterer (durchschnittliches Alter 43.4 ± 9.5 Jahre, 4 Typ I, 8 Typ II, 1 Typ III, 2 Typ IV, 8 Typ V SLAP-Läsionen, durchschnittliche Follow-up Zeit 30.3 ± 19.0 Monate, 11 Gruppe A Patienten, 12 Gruppe B Patienten) mit 7 weiblichen Kletterern (durchschnittliches Alter 47.9 ± 7.8 Jahre, 6 Typ II, 1 Typ V SLAP-Läsionen, durchschnittliche Follow-up Zeit 35.3 ± 18.6 Monate, 2 Gruppe A Patienten, 5 Gruppe B Patienten) verglichen. Die Patienteneigenschaften zwischen männlichen und weiblichen Patienten unterschieden sich nicht signifikant (Alter: p=0.55, Follow-up Zeit: p=0.37, Verteilung auf Begleitverletzungs- Gruppen: p=0.68). Outcome der sportlichen Leistungsfähigkeit Während 10 Kletterer (33.3%) ihr vorheriges sportliches Leistungsniveau nicht wieder erreichten, konnten 66.7% zu ihrer vorherigen sportlichen Leistungsfähigkeit zurückkehren. Darüber hinaus konnten 5.4% (2 Kletterer) ihr vorheriges Leistungsniveau übertreffen. Sechsundzwanzig der 30 Kletterer (86.7%) erreichten postoperativ einen Schwierigkeitsgrad im Bereich +/- 1 metrische UIAA Grade9 um ihr ursprüngliches Leistungsniveau (Grafik 1). 13
Grafik 1: Verteilung der postoperativen Änderung des Kletterlevels (UIAA metrische Grade9) Der Anteil der Patienten, die ihr ursprüngliches Niveau wieder erreichen konnten, war bei den Wettkampf- und Berufssportlern nicht signifikant niedriger als bei den Freizeitsportlern (58.3% vs 72.2%, p=0.46). Zwischen dem initialen Kletterlevel und der Änderung des Kletterlevels (rs(30)=-0.18 und p=0.33) bestand, genauso wie zwischen Patientenalter und der Änderung des Kletterlevels (rs(30)=-0.21 und p=0.27), keine signifikante Korrelation. Der Vergleich der zwei Begleitverletzungs-Gruppen zeigte keinen signifikanten Unterschied bezüglich der Änderung des Kletterlevels nach der Operation (p=1.00). In Gruppe A erreichten 30.7% der Athleten ihr ursprüngliches sportliches Leistungsniveau nicht wieder. Das vorherige Niveau wurde von 53.8% der Sportler erreicht und von 15.4% der Kletterer übertroffen. Insgesamt konnten 35.3% der Patienten in Gruppe B ihr ursprüngliches Leistungsniveau nicht wieder erreichen, wohingegen 64.7% der Sportler aus dieser Gruppe ihr initiales Niveau wieder erreicht haben (siehe Tabelle 4). Die Zeit bis zur Wiederaufnahme der sportlichen Aktivität (Gruppe A: 13 Wochen, Gruppe B: 15 Wochen) unterschied sich, genauso wie die Zeit zur Vollbelastung (Gruppe A: 23 Wochen, Gruppe B: 22 Wochen), nicht signifikant zwischen den beiden Gruppen. Die getrennte Betrachtung männlicher und weiblicher Kletterer erbrachte folgende Ergebnisse: 14
Bei den Männern konnten 4.3% ihr ursprüngliches Kletterlevel übertreffen, 56.5% erreichten und 39.1% erreichten ihr initiales Level nicht wieder. Im Vergleich dazu verbesserten 14.3% der Patientinnen ihr Kletterlevel nach der Operation, 71.4% konnten ihr ursprüngliches Niveau wieder erreichen und 14.3% erreichten ihr ursprüngliches sportliches Leistungsniveau nicht wieder. Der Unterschied im sportspezifischen Outcome zwischen männlichen und weiblichen Sportlern war statistisch nicht signifikant (p=0.37). Tabelle 4: Vergleich der Ergebnisse für die Begleitverletzungs-Gruppen A und B Gruppe A Gruppe B p-Wert (N=13) (N=17) Constant-Murley Score7: 90.1 ± 6.8 89.3 ± 8.4 NS (0.79) - Schmerz: 12.7 ± 3.3 12.4 ± 3.1 - Aktivitäten des täglichen Lebens: 18.4 ± 2.2 19.1 ± 1.1 - Bewegungsumfang: 39.5 ± 0.9 38.8 ± 1.4 - Kraft: 19.5 ± 4.8 19.0 ± 5.6 - Prozent der Norm (Gerber et al.8): 97.8 ± 6.6 99.2 ± 8.7 NS (0.62) Sport spezifisches Outcome NS (1.00) - Verschlechterung: 4 (30.7%) 6 (35.3%) - Rückkehr zum initialen Level: 7 (53.8%) 11 (64.7%) - Verbesserung: 2 (15.4%) 0 (0%) Outcome der allgemeinen Schulterfunktion Für das Outcome der allgemeinen Schulterfunktion ergab der Constant-Murley Score7, bezogen auf das gesamte Studienkollektiv, einen durchschnittlichen Wert von 89.6 Punkten. Für die Begleitverletzungs-Gruppen ergaben sich folgende durchschnittlichen Punktwerte: Die Patienten aus Gruppe A erreichten einen durchschnittlichen Constant-Murley Score7 von 90.1 Punkten. In Gruppe B ergab sich ein durchschnittlicher Score von 89.3 Punkten. Bezogen auf den normativen alters- und geschlechtsspezifischen Constant Score nach Gerber et al.8, erreichte Gruppe A im Durchschnitt 97.8% und Gruppe B 99.2% der für sie normalen Constant- Murley Score7 Werte. Dieser Unterschied ist statistisch nicht signifikant (absolute Werte: p=0.79, relative Werte: p=0.62). Während die männlichen Patienten einen durchschnittlichen Score von 91.1 ± 7.8 Punkten (98.1 ± 8.1% der Norm8) erreichten, ergab sich für die weiblichen Kletterer ein durchschnittlicher Score von 84.7 ± 4.9 Punkten (100.2 ± 6.7% der Norm8). Weder der Unterschied zwischen den absoluten Werten (p=0.07), noch der Unterschied der Prozentwerte bezogen auf die Normalwerte nach Gerber et al.8 (p=0.53) ist statistisch signifikant. Grafik 2 zeigt die 15
Verteilung der Ergebnisse des Constant-Murley Score7 verglichen zwischen männlichen und weiblichen Athleten. Grafik 2 2a: Outcome Constant-Murley Score7 2b: Outcome Constant-Murley Score: Prozent der Norm (* nach Gerber et al.8) Aufgeteilt auf die 4 Hauptkategorien des Constant-Murley Scores7 ergaben sich folgende Werte (Männer, Frauen): ‚Schmerzen‘ 12.4 ± 3.3, 12.8 ± 2.7 Punkte; ‚Aktivitäten des täglichen Lebens‘ 19.1 ± 0.9, 17.9 ± 3.0 Punkte; ‚Bewegungsfreiheit‘ 39.2 ± 1.3, 38.9 ± 1.1 Punkte; ‚Kraft‘ 20.4 ± 4.9, 15.1 ± 4.2 Punkte). Schmerzen während des Sports, Angst vor einer erneuten Verletzung und eine, im Vergleich zur Trainingsfrequenz vor der Verletzung, reduzierte Trainingsfrequenz sind potentielle Einflussfaktoren auf das sport-spezifische Outcome. Auch wenn der Unterschied lediglich für den Effekt einer reduzierten Trainingsfrequenz signifikant ist (70.0% bei Patienten die ihr Level nicht wieder erreicht haben vs 20.0% bei Patienten die ihr Level wieder erreichen konnten, p=0.02), war auch Schmerz während des Sports (60.0% vs 45.0%, p=0.26) und Angst vor einer erneuten Verletzung (90.0% vs 60.0%, p=0.20) in der Gruppe der Athleten, die ihr initiales sportliches Leistungsniveau nicht mehr erreicht haben, auffallend häufiger. Diese drei Faktoren traten statistisch unabhängig voneinander auf (Schmerz und Angst: p=0.23, Schmerz und reduzierte Trainingsfrequenz p=0.13, Angst und reduzierte Trainingsfrequenz: p=0.42). 16
Vergleich mit der Literatur In dieser Studie vergleichen wir unsere Daten mit den Daten aus der Literatur für das Outcome der primären Bizepssehnentenodese sowie exemplarisch mit einzelnen Studien zum Outcome des primären SLAP-repair. Boileau et al. zeigten in ihrer Tenodese Gruppe (15 Patienten), dass 87% der Athleten zu ihrem initialen Level der sportlichen Aktivitäten zurückkehren konnten. Anzumerken ist hier, dass von den 15 Patienten der Gruppe lediglich 8 Patienten Überkopfsportarten betrieben.5 Schöffl et al. konnten bei 6 hochklassigen Kletterern nach primärer Tenodese der langen Bizpessehne 100% Rückkehr zur ursprünglichen sportlichen Leistungsfähigkeit beschreiben.12 Verglichen mit unserem Ergebnis (66.7% Rückkehr zur urspünglichen sportlichen Leistungsfähigkeit bei 30 Patienten) konnte hier kein signifikanter Unterschied festgestellt werden (Boileau et al.5: 87%, p=0.28 Schöffl et al.12: 100%, p=0.16). Unsere Daten zeigten ein signifikant besseres sport-spezifisches Outcome nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne als die SLAP- repair Gruppen von Kim et al.10 (22%, p=0.007) und Boileau et al.5 (20%, p=0.03). Im Vergleich zur SLAP-repair Gruppe von Ide et al.11 konnte kein signifikanter Unterschied gezeigt werden (75%, p=0.59) (siehe Grafik 3). Nach Veröffentlichung unserer Studie im European Journal of Sports Medicine wurde inzwischen eine weitere Studie veröffentlicht, welche das Outcome nach primärer Bizepssehnentenodese bei Überkopfsportlern untersucht hat. In einer aktuellen Studie von Pogorzelski et al. konnten in einem Kollektiv von 16 jungen Patienten (maximales Alter 45 Jahre) 73% der Patienten zu ihrem ursprünglichen Level der sportlichen Aktivität zurückkehren. Eine Subgruppenanalyse der Überkopfsportler dieses Studienkollektivs zeigte eine Rate von 80% erfolgreichem Wiedererreichen des ursprünglichen Levels.46 17
Grafik 3: Vergleich des sportspezifischen Outcome mit der Literatur Bezüglich des Outcome der allgemeinen Schulterfunktion, erhoben mit dem Constant-Murley Score7, zeigt die aktuelle Studie einen durchschnittlichen Wert von 89.6 Punkten verglichen mit 83 Punkten in Boileau et al.s SLAP-repair Gruppe5, 89 Punkten in Boileau et al.s5 und 97.3 Punkte in Schöffl et al.s12 Tenodese Gruppen (siehe Tabelle 5). Tabelle 5: Vergleich mit Daten aus der Literatur Aktuelle Studie Boileau et al.5 Schöffl et al.12 Kim et al.10 Ide et al.11 p-Wert Operationsverfahren: Tenodese Tenodese Repair Tenodese Repair Repair N= 30 15 10 6 18 40 Alter, Jahre: 44.4 (28-64) 52 (28-64) 37 (19-57) 36 (28-50) No data* 24 (15-38) Geschlecht (M / W): 23 / 7 9/6 10 / 0 5/1 No data* 33 / 7 Follow-up Zeit, 31.5 (12-70) 34 (24-68) 35 (24-69) 6 (6-6) No data* 41 (24-58) Monate: Outcome Constant- 89.6 ± 7.7 89 ± 4.7 83 ± 5.2 97.3 ± 1.8 No data No data Murley Score7: Präoperatives 87% NS (0.28) sportliches 20% p=0.025 Leistungsniveau 66.6% 100% NS (0.16) erreicht oder 22% p=0.007 verbessert: 75% NS (0.59) *nur für das gesamte Studienkollektiv, inklusive 16 nicht-Überkopfsportlern angegeben (Alter, Jahre: 16-35; Geschlecht: 30 M, 4 W; Follow-up Zeit, Monate: 33, 24-49) 18
Diskussion Ein SLAP-repair zeigt zufriedenstellende Ergebnisse in der Allgemeinbevölkerung. Nichtsdestotrotz sind die Ergebnisse bei Überkopfsportlern oft enttäuschend.5 Obwohl Ide et al. eine Rate von 75% erfolgreichen Wiedererreichens des initialen sportlichen Leistungsniveaus beschreiben11, berichteten Boileau et al. von nur 20%5 und Kim et al. von nur 22%10 positiven Ergebnissen nach SLAP-repair. Daher und basierend auf den vielversprechenden sportspezifischen Ergebnissen vorheriger Studien, sowie aus pathophysiologischen Gründen2, 12, wurde am Klinikum Bamberg bereits im Jahr 2008 mit der primären Tenodese der langen Bizepssehne begonnen. Diese aktuelle Studie zeigt einen durchschnittlichen Constant-Murley Score7 von 89.6 Punkten und ein Wiedererreichen der vorherigen sportspezifischen Leistungsfähigkeit in 66.7% der Fälle im Durchschnitt 31.5 (12- 70) Monate nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne. Die Daten dieser Studie lieferten keinen signifikanten Unterschied bezüglich der Rate des Wiedererreichens der ursprünglichen sportlichen Leistungsfähigkeit zwischen Freizeit- und Wettkampf- bzw. Berufssportlern. Zudem zeigte sich keine signifikante Korrelation zwischen dem ursprünglichen Kletterlevels und der postoperativen Änderung des Kletterlevels. Daraus kann geschlossen werden, dass das sportspezifische Outcome unabhängig vom initialen Kletterlevel ist. Das Gleiche gilt für den Zusammenhang zwischen Alter der Patienten und der postoperativen Änderung des Kletterlevels. Somit scheinen Patienten jeglichen Alters gleichermaßen von der Operation zu profitieren. Dies ist insofern beachtlich, da in der Literatur häufig das Alter der Athleten als Entscheidungskriterium für eine mögliche Operationstechnik herangezogen wird und die Tenodese häufig eher bei älteren Patienten angewandt wird.5 Unsere Beobachtung wird durch eine aktuelle Studie von Pogorzelski et al. gestützt, in der bei jungen Sportlern durch eine primäre Tenodese der langen Bizepssehne exzellente sport-spezifische Ergebnisse und eine hohe Zufriedenheit der Patienten erreicht werden konnte.46 Unsere Daten zeigten zudem einen deutlichen Unterschied in der Prävalenz von Angst vor einem Rezidiv der Verletzung bei den Patienten mit und ohne Abnahme des sportlichen Leistungsniveaus. Dies zeigt, dass möglicherweise eine psychologische Komponente das sportspezifische Outcome beeinflusst. Psychologische Faktoren wurden bereits früher als wichtige Einflussfaktoren für das Wiedererreichen der früheren sportlichen Leistungsfähigkeit nach Behandlung anderer Sportverletzungen beschrieben47, 48. Daher liegt ein Einfluss der Angst vor einem Rezidiv auf das sportspezifische Outcome nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne nahe. Dementsprechend sollten psychologische Faktoren im Rehabilitationsprozess unbedingt berücksichtigt werden. Einen weiteren wichtigen, statistisch 19
auch signifikanten Einflussfaktor stellt eine im Vergleich zur Zeit vor der Verletzung reduzierte Trainingsfrequenz dar. Dies scheint ein von Schmerzen während des Sports oder Angst vor erneuter Verletzung unabhängiger Faktor mit negativer Auswirkung auf das sport-spezifische Outcome zu sein. Dies ist wichtig zu wissen, da dieser Faktor durch den Athleten selbst beeinflusst werden kann und muss. Um den Patienten den optimalen Wiedereinstieg in ihre sportliche Aktivität zu ermöglichen, ist daher auch das richtige postoperative Physiotherapie- und Rehabilitationsmanagement von enormer Wichtigkeit.32 Das Geschlecht hat weder einen Einfluss auf das sportspezifische Outcome, noch auf das Outcome der allgemeinen Schulterfunktion. Männliche und weibliche Sportler profitieren somit im gleichen Ausmaß von der primären Tenodese der langen Bizepssehne. Aus mehreren Studien ist bekannt, dass SLAP-Läsionen selten isoliert, sondern in den meisten Fällen in Kombination mit verschiedenen Begleitverletzungen auftreten.39, 49 Die Studien von Boileau et al.5, Schöffl et al.12, Kim et al.10 und Ide et al.11, mit denen wir unsere Ergebnisse verglichen haben, untersuchten das Outcome nach der entsprechenden Operationsmethode bei SLAP-Läsionen ohne höhergradige Begleitverletzungen, wie zum Beispiel Rotatorenmanschettenrupturen. Im Gegensatz dazu schlossen wir in unsere Studie auch Patienten mit höhergradigen Begleitverletzungen ein (siehe Tabelle 2), um ein größeres Studienkollektiv zu erreichen. Überraschenderweise konnten wir bei der Untersuchung der Gruppen mit und ohne Begleitverletzungen keinen signifikanten Unterschied feststellen. Dafür kommen mehrere denkbare Erklärungen in Frage. Einerseits besteht die Möglichkeit, dass diese Begleitverletzungen nach den minimal 12 Monaten Beobachtungszeit vollständig ausgeheilt waren. Eine weitere mögliche Erklärung ist, dass diese Begleitverletzungen im Vergleich zur SLAP-Läsion einen geringeren Einfluss auf das sport-spezifische Outcome haben. Hierfür lassen sich in der bestehenden Literatur auch Hinweise finden. Wenn man die häufigste Begleitverletzung unseres Studienkollektivs – eine Verletzung der Rotatorenmanschette - betrachtet, zeigen mehrere Studien ein sehr gutes sport-spezifisches Outcome nach einer Behandlung dieser Verletzung, insbesondere bei Freizeitsportlern.13-15 Unser Ergebnis wird zudem durch Studien von Osti et al.1 und Galano et al.50 gestützt, welche zeigen konnten, dass Begleitverletzungen zum Beispiel der Rotatorenmanschette keinen signifikanten Einfluss auf das Ergebnis nach SLAP-repair Operationen haben. Aufgrund des fehlenden Unterschiedes zwischen den beiden Gruppen mit und ohne Begleitverletzungen, wurde das gesamte Studienkollektiv als eine Gruppe mit den Literaturdaten für isolierte SLAP-Läsionen verglichen. 20
Bisher liefern nur sehr wenige Studien mit sehr kleinen Fallzahlen Ergebnisse zum Outcome der primären Tenodese der langen Bizepssehne bei Überkopfsportlern.5, 6, 12 Im Vergleich zur Literatur zeigt die vorliegende Studie sehr gute Resultate für die allgemeine Schulterfunktion. Die Ergebnisse sind den Daten von Boileau et al.s Tenodese Gruppe5 sehr ähnlich und deutlich besser als die aus Boileau et al.s5 und Kim et al.s10 SLAP-repair Gruppen. Verglichen mit den Ergebnissen von Schöffl et al.12 für die primäre Tenodese der langen Bizepssehne, ist unser Ergebnis für den Constant-Murley Score7 überraschenderweise deutlich schlechter (siehe Tabelle 5). Möglicherweise ist dies durch die Kombination der kleinen Fallzahl in Schöffl et al.s12 Studie mit einer unterschiedlichen Patientenauswahl der beiden Studien bedingt. Schöffl et al.12 schlossen nur 6 hochklassige Kletterer in ihre Studie ein, welche vermutlich alle bereits vor der Verletzung einen überdurchschnittlich hohen Constant- Murly Score7 gehabt hatten. Zur weiteren Einordnung unseres Ergebnisses kann zudem eine Studie von Werner et al. angeführt werden. In deren Studie wurden 17 Patienten untersucht, welche zunächst bei einer SLAP-Läsion mittels SLAP-repair versorgt wurden, jedoch im weiteren Verlauf aufgrund von Unzufriedenheit mit dem Ergebnis oder weiterhin bestehender Schmerzen sekundär eine Bizepssehenentenodese erhielten. In diesem Kollektiv wurde zwei Jahre nach der Tenodese ein Constant-Murley Score7 von 84.4 Punkten bestimmt.51 Da der Constant-Murley Score deutlich von Alter und Geschlecht abhängig ist, ist unserer Meinung nach die beste Möglichkeit, das Ergebnis einzuordnen, ein Vergleich mit den alters- und geschlechtsspezifischen Normwerten nach Gerber et al.8. Dementsprechend kann für unser Studienkollektiv ein durchschnittlicher Prozentsatz, relativ zu den alters- und geschlechtsspezifischen Normwerten nach Gerber et al.8, von 101.0% angegeben werden. Daher kann festgehalten werden, dass die allgemeine Schulterfunktion unserer Patienten postoperativ der von Patienten mit gesunden Schultern entspricht. Die vorliegende Studie stützt die vielversprechenden sport-spezifischen Ergebnisse nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne, auch wenn das Ergebnis leicht schlechter als in den bisherigen Studien mit kleineren Fallzahlen ist (siehe Grafik 3). Obwohl dieser Unterschied statistisch nicht signifikant ist, erreichten die Patienten unserer Studie ihr ursprüngliches sportliches Leistungsniveau in einem bemerkenswert niedrigerem Prozentsatz wieder, als in den Tenodese Gruppen der Studien von Boileau et al.5 und Schöffl et al.12. Darüber hinaus ergab der Vergleich des sport-spezifischen Ergebnisses unseres Studienkollektivs mit dem der SLAP-repair Gruppe von Ide et al.11 keinen signifikanten Unterschied (siehe Tabelle 5). 21
Mögliche Erklärungen dafür sind sowohl in unserem Studiendesign als auch im Design der anderen Studien zu finden. Nach dem Aufbau unserer Studie wäre es möglich, dass Kletterer ein initiales, maximales Kletterlevel angegeben haben, welches sie nur einmal erreicht hatten und selbst vor der Verletzung nicht wiederholen konnten. Weiterhin ist anzumerken, dass unsere Einschlusskriterien anders waren als die der Vergleichsstudien von Boileau et al.5 und Ide et al.11. Wir schlossen Patienten bereits 12 Monate postoperativ in die Studie mit ein, während die Patienten in den Studien von Boileau et al.5 und Ide et al.11 frühestens 24 Monate postoperativ nachuntersucht worden sind. Eine kürzere Zeit im Training nach Verletzung und Operation muss als mögliche Ursache eines scheinbar schlechteren Outcomes in Betracht gezogen werden. Dafür spricht auch der Vergleich des sport-spezifischen Outcomes unserer Patienten, die zwischen 12 und 24 Monaten postoperativ nachuntersucht wurden, mit jenen Patienten unseres Kollektivs die mehr als 24 Monate postoperativ nachuntersucht wurden. In der ersten Gruppe (n=14) konnten lediglich 64%, in der Zweiten (n=16) hingegen bereits 69% der Athleten ihr ursprüngliches Level wieder erreichen. Ein weiterer Grund für das auffällig schlechtere sport-spezifische Ergebnis unserer Patienten könnte im Design jener Studien liegen, die zum Vergleich herangezogen wurden. In der Studie von Boileau et al. waren nur 8 der 15 Athleten, die mittels Tenodese versorgt wurden, Überkopfsportler. Zudem wurde in der Studie nicht angegeben, wie die sportliche Leistung vor und nach der Verletzung evaluiert wurde. Somit wissen wir nicht, wie streng die Kriterien für das Wiedererreichen der ursprünglichen Leistungsfähigkeit definiert waren.5 Ähnliches gilt für die Studie von Ide et al..11 Schließlich kann das sportspezifische Outcome unserer Patienten trotzdem als zufriedenstellend angesehen werden, vor allem wenn man beachtet, dass 86.7% (26 von 30) der Sportler ein Kletterlevel von +/- 1 metrische UIAA Grade9 ihres ursprünglichen Kletterlevels erreichen konnten (siehe Grafik 1). Somit können wir zusammenfassend, ohne dass aktuell Meta-Analysen vorliegen, derzeit davon ausgehen, dass eine primäre Tenodese der langen Bizepssehne bei Überkopfsportlern mit SLAP-Läsionen ein insgesamt homogeneres, besseres sport- spezifisches Outcome liefert, als die Versorgung mittels SLAP-repair. Diese Studie hat einige Stärken und Schwächen, welche benannt werden müssen. Im Interesse einer, nach aktuellem Wissensstand möglichst optimalen Versorgung der Patienten, wurde in dieser Studie auf eine eigene SLAP-repair Kontrollgruppe verzichtet. Basierend auf bereits existierenden Studien konnte eine klare Tendenz für ein besseres Outcome nach primärer Tenodese der langen Bizpessehne gesehen werden.5, 12 Daher haben wir uns dafür entschieden, unsere Ergebnisse mit Daten für das Outcome nach SLAP-repair aus der Literatur zu vergleichen. Daraus resultierte ein nicht-randomisiertes Studiendesign. Nach unserem 22
Wissensstand wurde lediglich in der ersten Arbeit, in der eine primäre Tenodese der langen Bizepssehne als Alternative zur alleinigen orthotopen Refixation vorgeschlagen wurde, bei einem Kollektiv von Sportlern zwei Gruppen (Tenodese versus Repair) verglichen.5 Eine weitere Schwäche dieser Studie ist die Tatsache, dass die Nachuntersuchungen durch verschiedene Ärzte durchgeführt wurden, einige auch durch den operierenden Chirurgen. Daraus könnte sich ein Informations-Bias ergeben haben. Auf der anderen Seite verfügt diese Studie auch über einige potentielle Stärken. Kletterer mit SLAP-Läsionen stellen nur einen sehr kleinen Anteil der Allgemeinbevölkerung dar. Daher ist es schwierig eine Studie mit einer vergleichbar hohen Fallzahl durchzuführen. Diese Studie beinhaltet, nach unserem derzeitigen Wissensstand, eine bemerkenswert höhere Anzahl an Fällen im Vergleich zu älteren Studien zur primären Tenodese der langen Bizepssehne nach SLAP-Läsionen bei Überkopfsportlern (Boileau et al.5: 15 Patienten; Schöffl et al.12: 6 Patienten, Pogorzelski et al.46: 16 Patienten). Eine weitere Stärke dieser gegenüber den Vergleichsstudien ist die Tatsache, dass wir lediglich Sportler einer Sportart (Klettern) eingeschlossen haben und somit ein hohes Maß an Vergleichbarkeit unter den Patienten besteht. Bei dieser Studie handelt es sich um eine Single-Center-Studie. Dadurch war es möglich, dass alle Patienten durch den gleichen erfahrenen Chirurgen nach der gleichen, standardisierten Operationstechnik mit den gleichen Implantaten behandelt werden konnten. Um den oben genannten, möglichen Informations-Bias zu minimieren, wurde die postoperative Befragung und Nachuntersuchung anhand eines standardisierten Fragebogens und eines standardisierten Untersuchungsprotokolls durchgeführt. Dieses Untersuchungsprotokoll beinhaltete detaillierte Beschreibungen aller Tests und strenge Kriterien zur Datenerhebung. Auch die Evaluation des sportlichen Leistungsniveaus wurde anhand der UIAA MedCom Scale9 sehr genau und gut vergleichbar durchgeführt. Sicherlich sind weitere Studien mit noch größeren Fallzahlen zur besseren Beurteilung des Outcome nach primärer Bizepssehnentenodese bei Überkopfsportlern notwendig. Weiterhin sind Meta-Analysen zum Vergleich der Ergebnisse der primären Bizepssehnentenodese und des SLAP-repair nötig. Da diese Meta-Analysen derzeit jedoch noch fehlen, halten wir den Vergleich unserer Daten mit Daten aus der Literatur aktuell für gerechtfertigt. Schlussfolgerung Der durchschnittliche Constant-Murley Score7 der 30 Patienten dieser Studie nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne lag bei 89.6 Punkten. Die Rückkehr zum initialen sportlichen Leistungsniveau von vor der Verletzung gelang in 66.7% der Fälle. Darüber hinaus erreichten 23
bemerkenswerte 86.7% der Patienten ein Kletterniveau im Bereich +/- 1 metrische UIAA Grade9 um das ursprüngliche Kletterniveau. Zusammenfassend belegt diese Studie das gute postoperative Ergebnis, sowohl für die allgemeine Schulterfunktion, als auch für das sportspezifische Outcome nach primärer Tenodese der langen Bizepssehne. Männliche und weibliche Sportler profitieren im gleichen Ausmaß. Ambition, ursprüngliches Leistungsniveau und Alter haben keinen signifikanten Einfluss auf das sport-spezifische Outcome. Wichtige Einflussfaktoren darauf sind vor allem die Trainingsfrequenz nach der Operation, mentale Faktoren, wie die Angst vor einem Rezidiv, und Schmerzen während des Sports. Schlussendlich rechtfertigen die Ergebnisse dieser Studie die primäre Tenodese der langen Bizepssehne als Therapie für SLAP-Läsionen bei Überkopfsportlern. Literaturverzeichnis 1. Osti L, Soldati F, Cheli A, Pari C, Massari L, Maffulli N. Biceps instability and Slap type II tear in overhead athletes. Muscles, ligaments and tendons journal. 2012;2(4):258-66. 2. Schoffl VR, Harrer J, Kupper T. Biceps tendon ruptures in rock climbers. Clin J Sport Med. 2006;16(5):426-7. 3. Morgan CD, Burkhart SS, Palmeri M, Gillespie M. Type II SLAP lesions: three subtypes and their relationships to superior instability and rotator cuff tears. Arthroscopy. 1998;14(6):553-65. 4. Burkhart SS, Morgan CD. The peel-back mechanism: its role in producing and extending posterior type II SLAP lesions and its effect on SLAP repair rehabilitation. Arthroscopy. 1998;14(6):637-40. 5. Boileau P, Parratte S, Chuinard C, Roussanne Y, Shia D, Bicknell R. Arthroscopic treatment of isolated type II SLAP lesions: biceps tenodesis as an alternative to reinsertion. Am J Sports Med. 2009;37(5):929-36. 6. Popp D, Schoffl V. Superior labral anterior posterior lesions of the shoulder: Current diagnostic and therapeutic standards. World journal of orthopedics. 2015;6(9):660-71. 7. Constant CR, Murley AH. A clinical method of functional assessment of the shoulder. Clin Orthop Relat Res. 1987(214):160-4. 8. Yian EH, Ramappa AJ, Arneberg O, Gerber C. The Constant score in normal shoulders. J Shoulder Elbow Surg. 2005;14(2):128-33. 9. Schoffl V, Morrison A, Hefti U, Ullrich S, Kupper T. The UIAA Medical Commission injury classification for mountaineering and climbing sports. Wilderness Environ Med. 2011;22(1):46-51. 24
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