Privater Hörfunk - Die Medienanstalten

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Privater Hörfunk - Die Medienanstalten
Privater Hörfunk
Privater Hörfunk | Allgemeine Lage

1       Allgemeine Lage des privaten
        Hörfunks

Die Medienwelt erlebt im Zeitalter der Digi­     sprachigen ab 10 Jahren täglich ihr Radio­
talisierung den größten Umbruch seit Jahr­       gerät einschalten und im Durchschnitt fast
zehnten. Lange Zeit erfolgreiche Geschäfts­      drei Stunden (178 Minuten) mit dem Medium
modelle geraten ins Wanken, weil das Pu­         verbringen. Mit Leichtigkeit hat das Radio
blikum neue Nutzungsgewohnheiten ent­            den Weg ins (mobile) Internet geschafft,
wickelt und immer mehr Zeit im Internet          wo Nutzer die Livestreams der Sender über
verbringt. Für viele etablierte Medien hat das   deren App oder Website bequem und ohne
drastische Folgen: Zeitungen und Zeitschrif­     Registrierung oder Abonnement abrufen
ten verlieren Auflage, dem linearen Fern­        können. Die vielfältigen Verbreitungsmög­
sehen setzen geänderte Sehgewohnheiten           lichkeiten haben das weltweite Datennetz
und sinkende Werbeblockreichweiten zu. Sie       zur zweitwichtigsten Empfangsart des Ra­
alle erleben, wie global agierende Internet­     dios aufsteigen lassen. Laut dem Digitalisie­
konzerne neue Spielregeln im Medienge­           rungsbericht gaben 2016 fast sechs Prozent
schäft einführen wollen und beträchtliche        der Bevölkerung an, ihre Lieblingssender am
Werbeetats auf sich ziehen.                      häufigsten über das Internet zu nutzen.
                                                 Damit rangierte es in der Rangliste der meist­
Radio bleibt Massenmedium _ Inmitten             genutzten Empfangsarten hinter dem Spit­
 dieser als Disruption bezeichneten Medien­      zenreiter UKW mit 74,3 Prozent und noch vor
 revolution ist das Radio ein Hort der Stabi­    dem digitalen Antennenradio DAB+, das für
 lität. Es genießt hohes Vertrauen bei den       3,4 Prozent der bevorzugte Nutzungsweg
­Hörern, bietet ein vielfältiges Programman­     war.
gebot und überzeugt Werbekunden mit
hohen Reichweiten, verlässlicher Vermark­        Aktionsplan für Digitalradio vorgelegt _
 tung und soliden Wirkungsnachweisen. Den        Gleichwohl befindet sich das Digitalradio
 Erfolg beim Publikum und im Werbemarkt          nach seinem Neustart im Jahr 2011 hierzu­
 verdankt das älteste elektronische Medium       lande weiter im Aufwind. Laut Digitalisie­
 zwei zentrale Stärken: Es begleitet die Men­    rungsbericht verfügten die Deutschen Mitte
 schen mit Musik, Information und Unterhal­      2016 über 8,2 Mio. Digitalradio-​Empfänger,
 tung durch den Tag und ist über viele Kanäle    das waren 29 Prozent mehr als im Vorjahr.
 empfangbar.                                     Die Zahl der UKW-​Geräte ging im gleichen
     Es überrascht daher nicht, dass laut        Zeitraum um 2,9 Prozent auf 139 Mio. zurück.
 Media-​Analyse über drei Viertel der Deutsch­   Die Rahmenbedingungen für die Weiterent­

132
Allgemeine Lage | Privater Hörfunk

wicklung der digitalen Radioverbreitung sind               2017 bis 2020 insgesamt 153,3 Mio. Euro zu­
günstig. Im März ​2017 legten Bund und Län­                gesprochen bekommen, um den Netzausbau
der gemeinsam den „Aktionsplan für die                     von DAB+ weiter voranzutreiben und die
Transformation der Hörfunkverbreitung in                   Hörer mit Marketingmaßnahmen zum Um­
das digitale Zeitalter“ vor. Dieser sieht unter            stieg von UKW auf DAB+ zu animieren. Ziel
anderem vor, dass die Endgeräteindustrie ab                von ARD und Deutschlandradio ist es, die
2019 nur noch Multinorm-​Geräte anbietet,                  ­Simulcastphase so kurz wie möglich zu hal­
die analoge und digitale Signale empfangen                 ten, weil ein Parallelbetrieb über beide Ver­
können. Der Bund will im Telekommunika­                    breitungswege nach Ansicht der KEF nicht
tionsgesetz eine Bestimmung aufnehmen,                      wirtschaftlich ist. Die KEF will den Öffentlich-​
die einen Einbau mindestens einer digitalen                 Rechtlichen nur dann weitere Mittel für
Schnittstelle in Hörfunkempfangsgeräte vor­                 DAB+ zur Verfügung stellen, wenn bis 2019
sieht. Darüber hinaus will er darauf hin­                   in 27 Prozent der Haushalte ein dafür benö­
wirken, dass eine so genannte Smartradio-​                  tigtes Endgerät vorhanden ist, 2016 waren es
Regelung EU‑weit eingeführt wird.                           rund 13 Prozent. Zudem sollen „bedeutende
    Der Aktionsplan sieht auch vor, frei wer­               Automobilhersteller“ bis dahin DAB+-​Radio
dende UKW-​Frequenzen künftig nicht mehr                    als Serienausstattung anbieten.
neu zu vergeben. Das betrifft zunächst vor                      Der Verband Privater Rundfunk und Tele­
allem den beitragsfinanzierten ARD-​Hörfunk                 medien (VPRT) hat den Aktionsplan als „nicht
und das Deutschlandradio, die in den 2020er-​               markttauglich“ bezeichnet und seine Mitar­
Jahren mit dem Umstieg auf DAB+ beginnen                    beit im Digitalradio-​Board des Bundesminis­
wollen. Beide haben von der Kommission zur                  teriums für Verkehr und digitale Infrastruk­
Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunk­                  tur (BMVI) zunächst beendet. Der Privatfun­
anstalten (KEF) für die Beitragsperiode von                 kerverband vermisst ein „marktkonformes

Abb. 37

Meistgenutzte Empfangsart für Radio | in Prozent

                                                              74,3 % UKW/analog
                                                               5,9 %     Internetradio
                                                               3,4 %     DAB+
                                                               8,6 %     Keine meistgenutzte Empfangsmöglichkeit
                                                               4,1 %     (Nutze) keine Empfangsmöglichkeit
                                                               1,2 %     Satellit
                                                               2,4 %     Kabel

Basis: 69,241 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland
Quelle: die medienanstalten: Digitalisierungsbericht 2016, Kantar TNS.

                                                                                                               133
Privater Hörfunk | Allgemeine Lage

Migrationsszenario“ und kritisiert die seiner  ZDF-​Onlinestudie haben Spotify und Co. ihre
Meinung nach zu einseitige Förderung von       wöchentliche Nutzung zwischen 2014 und
DAB+ sowie den Umstand, dass frei werdende     2016 auf zwölf Prozent bei den Ab‑14‑Jähri­
UKW-​Frequenzen der Öffentlich-​Rechtlichen    gen verdoppelt; in der Altersgruppe der 14-
nicht an die privaten Veranstalter vergeben    bis 29‑Jährigen legten die Musikstreamer
werden sollen.                                 von 18 auf 33 Prozent zu und wurden damit
                                               nahezu doppelt so stark genutzt wie die
Medienanstalten schreiben zweiten bun- Livestreams der UKW-​              Sender (17 %). Auch
desweiten Multiplex aus _ Unterdessen das Videoportal YouTube hat sich dank sei­
geht die Entwicklung von DAB+ weiter. Im Fe­ nes riesigen Musikangebots zu einer Kon­
bruar 2​ 017 haben die Medienanstalten einen kurrenz für das Radio entwickelt. Laut ARD/
zweiten bundesweiten Multiplex für den ZDF-​        Onlinestudie konsumierten 2016 be­
Plattformbetrieb ausgeschrieben. Auch aus reits 26 Prozent der Bevölkerung wöchentlich
der Autoindustrie kommen positive Signale. Musikvideos auf dieser Plattform, bei den
So werden in Deutschland bereits 21 Prozent unter 30‑Jährigen waren es sogar 63 Pro­
der Neuwagen mit einem DAB+-​Empfangs­ zent.
gerät ausgestattet. Wenn diese Quote auf           Diese Zahlen zeigen, dass die etablierten
30 bis 40 Prozent steigt, werden die Auto­ Radioanbieter im Netz – anders als in UKW
bauer über eine Serienausstattung nachden­ oder DAB+ – ein disruptives Umfeld vorfin­
ken, wie Frank Nowack, bei Ford zuständig für den. Online ist Musik an vielen Stellen (frei)
die Entwicklung von Multimedia-​Systemen, verfügbar, Radiosender sind also nur einer
im März 2​ 017 verlauten ließ. Der Verband der von vielen Anbietern und stehen in Konkur­
Automobilindustrie (VDA) sieht in DAB+ eine renz zu anderen Akteuren, die teilweise über
Technologie, die zur Basisversorgung für die deutlich mehr finanzielle Mittel verfügen
Masse der Autofahrer geeignet ist und nicht und aufgrund ihrer internationalen Verbrei­
in Konkurrenz zu den meist individualisierten tung Skaleneffekte nutzen können. Vielen
Services im mobilen Internet steht.            Radiosendern fehlt es im Web auch an einem
                                               inhaltlichen Profil. Ihre klassischen Kernkom­
Musikstreaming und YouTube setzen Radio petenzen Musik, (regionale) Information,
zu _ Genau diese Onlinedienste muss das Service (Wetter, Verkehr), Comedy und das
Radio aber im Blick behalten. Denn zu ihnen Community-​Building reklamieren dort auch
zählen auch Musikstreaminganbieter wie andere spezialisierte Anbieter für sich. Noch
Spotify, Apple Music oder Deezer, die das hat vor allem das Privatradio auf dieses
Publikum zu einer personalisierten On‑­ ­herausfordernde Umfeld keine hinreichende
­
Demand-​Nutzung erziehen. Ihr Erfolg trägt Antwort gefunden. Doch mit dem Aufbau
maßgeblich zur steigenden Audionutzung des Aggregators Radioplayer ist der Branche
im Web bei und setzt das klassische, linear zumindest ein erster großer Schritt ­gelungen.
verbreitete Radio unter Druck. Laut ARD/ Das Angebot bündelt die Streams des priva­

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Allgemeine Lage | Privater Hörfunk

Abb. 38

Informierende Mediennutzung gestern | in Prozent

1 Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen
Basis: 69,563 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.774
Quelle: die medienanstalten: MedienGewichtungsStudie 2016-II, Kantar TNS.

ten und öffentlich-​rechtlichen Rundfunks und           formieren – ein Minus von 2,4 Prozentpunk­
sorgt so dafür, dass sie leicht gefunden und            ten gegenüber 2014. Im gleichen Zeitraum ist
genutzt werden können.                                  die informierende Nutzung des Internets da­
                                                        gegen um 5,2 Prozent angestiegen. Zudem
Radio seltener als Informationskanal ge-                gaben nur noch zehn Prozent an, dass Radio
nutzt _ Auch publizistisch muss Radio um                für sie das wichtigste Informationsmedium
seine Bedeutung kämpfen, wie die Medien­                ist. Die Hörfunkverantwortlichen sind daher
GewichtungsStudie 2016 II verdeutlicht. Dem­            gefordert, ihr Medium weiterzuentwickeln
nach nutzten zuletzt nur noch 48,6 Prozent              und es den geänderten Gewohnheiten des
der Bevölkerung das Medium, um sich zu in­              Publikums anzupassen.

                                                                                                          135
Privater Hörfunk | Entwicklung des Programm­angebots

2 Programmliche und wirtschaftliche
  Entwicklung

2.1     Entwicklung des Programm­                      den 2000er-​  Jahren gingen in Rheinland-​
        angebots                                       Pfalz, dem Saarland und Niedersachsen neue
                                                       Programme dieses Angebotstyps an den
Dank des Privatradios können die Menschen              Start. Seit Juni ​2016 verfügt auch Schles-
in Deutschland ein reichhaltiges Programm­             wig-​Holstein mit Syltfunk über sein erstes
angebot nutzen und das in jedem Bundes­                werbefinanziertes Lokalradios, zudem hat
land. Im Januar ​2017 waren hierzulande ins­           Mecklenburg-​Vorpommern einer Reihe von
gesamt 268 private Radioprogramme zwi­                 Special-​Interest-​Sendern aus anderen Bun­
schen Sylt und Garmisch-​Partenkirchen über            desländern örtliche UKW-​Frequenzen zuge­
das analoge Antennenradio UKW und/oder                 wiesen.
dessen digitales Pendant DAB auf Sendung.
Hinzu kamen 20 bundesweite Privatpro­                  Mehr Angebot im bundesweiten Hörfunk _
gramme, die über Satellit und Digitalradio             Der bundesweite Hörfunk nimmt im deut­
empfangbar waren, zum Teil aber auch lokale            schen Privatradiomarkt eine Sonderstellung
UKW-​Stützfrequenzen nutzten. Der zahlen­              ein. Das Gros seiner Programme wird nicht
mäßig größte Angebotstyp blieb das Lokal­              – wie im landesweiten und lokalen Hör­
radio mit 197 Programmen über UKW und                  funk – über UKW ausgestrahlt, stattdessen
42 Programmen über DAB, dabei handelt es               nutzen die Anbieter Satellit, Kabel und DAB+,
sich jedoch teilweise um Programme, die si­            um ihre Angebote zu den Hörern zu bringen.
mulcast über UKW und DAB senden. Der lan­              Der Start von Schwarzwaldradio im nationa­
desweite Privathörfunk strahlte 58 Angebote            len Digitalradio-​Multiplex ließ die Zahl der
über UKW und 50 über das digitale Anten­               bundesweiten Anbieter binnen Jahresfrist
nenradio aus und war damit der zahlenmäßig             von 19 auf 20 steigen. Das Programm aus Of­
zweitstärkste Angebotstyp vor dem bundes­              fenburg ist seit September ​2016 im bundes­
weiten Hörfunk mit 18 via Satellit und neun            weiten Multiplex vertreten und will die (Ur­
über DAB verbreiteten Programmen. Auch                 laubs‑)Region Schwarzwald überregional be­
beim landes- und bundesweiten Privat­radio             kannt machen, musikalisch vertraut es auf
sind die Simulcast-​ Programme bei dieser              Classic Hits und Oldies.
Zählweise doppelt erfasst.
    Das Lokalradio hat in den vergangenen              Special Interest dominiert bundesweiten
Jahren durch das Zutun der Medienanstal­               Hörfunk _ In der Regel wenden sich die An­
ten einen deutlichen Auftrieb erhalten. Seit           gebote des bundesweiten Hörfunks an Hörer

136
Entwicklung des Programm­angebots | Privater Hörfunk

Abb. 39

Programmstatistik Hörfunk | Private und öffentlich-rechtliche Programme nach Übertragungswegen

                            Private Programme                                  Öffentlich-rechtliche Programme
Programme               UKW       UKW      DAB      DAB              Landesrund-         UKW
in den Ländern        landes-     lokal landes-    lokal gesamt      funkanstalten     landes-   DAB gesamt
                          weit              weit                                            weit

Baden-Württemberg            1       19      12        0         22   BR (Bayern)              5    10      10
Bayern                       1       69        5      40         87   hr (Hessen)              6     6       6
Berlin-Brandenburg          20         7       8       0         29   MDR (SN, ST, TH)         7     9       9
Bremen                       2         2       0       0          4   NDR (HH, MV, SH, NS)     8    11      11
Hamburg/Schleswig-H.         9         2       8       0         17   RB (Bremen)              4     4       4
Hessen                       5         3     10        0          9   rbb (BE, BB)             6     6       6
Mecklenburg-Vorp.            2         6       0       0          6   SR (Saarland)            4     5       5
Niedersachsen                3         5       0       0          8   SWR (BW, RP)             7     8       8
Nordrhein-Westfalen          1       45        1       0         45   WDR (NRW)                5     9       9
Rheinland-Pfalz              3       16        1       0         20   Gemeinschafts­           1     1       1
Saarland                     1         6       1       0          7   programme 1
Sachsen                      4       15        0       0         19
Sachsen-Anhalt               3         1       4       2          6
Thüringen                    3         1       0       0          4
Terrestrisch in den Ländern verbreitete private Programme       268   gesamt                  52    16      68

bundesweite Programme            Satellit   UKW      DAB gesamt                      Satellit UKW DAB gesamt

                                      18        –       9        20                      3     2     3       3

Private gesamt                                                  288   Ö-R gesamt                            71

Landesweit oder lokal über den jeweiligen Verbreitungsweg empfangbare Programme. Summen jeweils bereinigt
um Doppelungen, wie z.B. bundesweite Programme mit zusätzlicher Verbreitung in den Ländern und Simulcast­
ausstrahlungen über UKW und DAB. In mehreren Ländern verbreitete Programme zählen in der Summe nur einfach.

1 Das Programm Cosmo ist ein Gemeinschaftsprogramm von WDR, RB, rbb und SWR International
Quelle: Landesmedienanstalten, Stand: Januar 2017.

mit speziellen Wünschen. Allein sieben Pro­                 lisch geprägten Programme ERF Plus und ERF
gramme bedienen zum Beispiel religiös ori­                  Pop sind über Satellit sowie regional über
entierte Zielgruppen. Dazu gehört das dom­                  Kabel empfangbar, wobei ERF Plus sein Pro­
radio der Kölner Erzdiözese, das bundesweit                 gramm auch im bundesweiten DAB+-​Ensem­
via Satellit und regional über Kabel und                    ble ausstrahlt. Der Sender und sein Partner­
DAB+ sowie über UKW-​Frequenzen in Köln,                    programm ERF Pop finanzieren sich über
Pulheim und Fulda zu hören ist. Die evange­                 Spenden. Das freikirchliche Hope Channel

                                                                                                            137
Privater Hörfunk | Entwicklung des Programm­angebots

Radio können Hörer über Satellit empfangen,            Die Station spielt Urban Black Music und ist
während das christlich orientierte Radio               über Kabel und Satellit sowie in Berlin über
Horeb im bundesweiten DAB+-​Multiplex ver­             UKW auf Sendung, während egoFM seine
treten ist und zwei UKW-​Stützfrequenzen in            Zielgruppe mit Musik jenseits des Main­
Bayern nutzt. Radio HCJB Deutschland und               streams anspricht und neben Satellit auch
HCJB Bibel Radio sind über Satellit und Kurz­          UKW-​Stützfrequenzen in Bayern und Baden-­
welle on Air.                                          Württemberg nutzt; das Programm kann
    Bei zwei weiteren Sendern des bundes­              auch in vier lokalen DAB+-​Verbreitungsgebie­
weiten Hörfunks ist der Name Programm:                 ten und vier örtlichen Kabelnetzen in Bayern
Schlagerparadies kann man via DAB+ sowie               empfangen werden. Energy nutzt den bun­
über Satellit und in Teilen Deutschlands auch          desweiten DAB-​Multiplex für sein Programm
über Kabel nutzen. Klassik Radio hat sich stark        aus Chart-​Musik, einem breiten Genre-​Mix
auf die digitale Verbreitung ausgerichtet und          und Musiknews. Nach dem Aus für Lounge
ist seit 2011 im bundesweiten Digitalradio-​           FM können die Freunde dieser Musikrichtung
Ensemble vertreten. Darüber hinaus nutzt der           auf nice ausweichen, das über Satellit sowie
börsennotierte Sender UKW-​Stützfrequen­               im Kabel von Hamburg vertreten ist. Ein eher
zen in mehreren Bundesländern. Für Schla­              breites Musikangebot finden die Hörer bei
gerparadies ist DAB+ der wichtigste Verbrei­           Absolut relax. Der Sender setzt auf melodiöse
tungsweg. Das Programm aus Kleinblitters­              Popsongs und sanfte Rockmusik für Hörer
dorf bei Saarbrücken muss sich aber auch               mittleren Alters und ist bundesweit via DAB+
gegen Radio Paloma und radio B2 behaupten,             empfangbar.
die ebenfalls in ganz Deutschland distribuiert
sind. Radio Paloma bedient seine generatio­
nenübergreifende Zielgruppe ebenfalls mit              2.2    Digitalradio
Schlagermusik und ist bundesweit via Kabel
und Satellit sowie in Berlin über DAB+ zu              Der digitale Hörfunk im Standard DAB+
hören. radio B2 spielt Schlager und Deutsch-​          kommt bei den Hörern in Deutschland immer
Pop, hören kann man es deutschlandweit                 besser an und setzt sich nach seinem Neu­
über Satellit sowie in Berlin über DAB+, Kabel         start im Jahr 2011 allmählich im Markt durch.
und UKW.                                               Diese Einschätzung lässt sich mit Zahlen aus
    Vier weitere bundesweite Anbieter haben            mehreren aktuellen Untersuchungen bele­
jüngere Hörer im Visier. Zu ihnen gehört der           gen. Laut dem Digitalisierungsbericht 2016
Technosender sunshine live, der 2016 von               ist die Zahl der DAB-​Geräte in Deutschland
Mannheim nach Berlin umgezogen ist. Bun­               binnen Jahresfrist auf 8,24 Mio. gestiegen,
desweit ist er über DAB+, Satellit und Kabel           was einem Plus von 1,85 Mio. Einheiten oder
sowie über UKW in Stuttgart und Rostock zu             29 Prozent entsprach; im Vergleich zu 2013
empfangen. Neben sunshine live geht auch               hat sich die Verbreitung von DAB-​Empfän­
Jam FM in ganz Deutschland auf Hörerfang.              gern sogar verdreifacht.

138
Digitalradio | Privater Hörfunk

Deutlich mehr DAB-​E ndgeräte im Markt _         in Deutschland mit einem digitalen Radio­
Die wachsende Marktdurchdringung von             gerät ausgestattet, 2015 lag dieser Wert noch
DAB+ wird auch durch andere Zahlen ge­           bei 14 Prozent. Allerdings bieten die Herstel­
stützt. Wie die gfu Consumer & Home Elec­        ler DAB+-​Geräte derzeit meist nur gegen Auf­
tronics im Februar ​2017 mitteilte, verbesser­   preis an.
ten sich die Verkaufszahlen der DAB+-​Emp­
fänger im Jahr 2016 auf den Rekordwert von       Hörer nehmen Digitalradio immer besser
fast 1,2 Mio.; gegenüber 2015 bedeutete das      an _ Die steigende Geräteverbreitung korre­
ein Plus von 25 Prozent, während der Absatz      lierte mit einer höheren Nutzung von Radio
rein analoger UKW-​Radios um elf Prozent         via DAB+. Im Jahr 2016 hörten nach dem
fiel. Der Umsatz mit DAB-​Empfängern schoss      ­Digitalisierungsbericht der Medienanstalten
um 27,5 Prozent auf 176 Millionen Euro nach       bereits 13,8 Prozent oder 9,53 Mio. der ab
oben und wuchs damit gegen den Trend im           ­14‑Jährigen ihre Lieblingsprogramme zumin­
Consumer-​Electronics-​Markt (minus 4,4 %).        dest gelegentlich über ein DAB-​Empfangs­
Positive Akzeptanzwerte für DAB hat auch die       gerät, das waren 2,1 Mio. mehr als im Vorjahr
GfK im Rahmen einer Studie für den Zentral­        und fast dreimal so viele wie 2013. In der
verbrand Elektrotechnik- und Elektroindustrie      Rang­liste der meist genutzten Empfangs­
(ZVEI) ermittelt. Demnach besaßen Ende 2016        arten reichte das aber nur für Platz drei hin­
bereits 22 Prozent der Befragten ab 14 Jahren      ter UKW (74,3 %) und Internet (5,9 %), aller­
ein Digitalradio und 12 Prozent gaben an, sich     dings hat DAB+ das Radiohören über Kabel
2017 ein solches zulegen zu wollen.                (2,4 %) und über Satellit (1,2 %) bereits über­
                                                 holt.
Autoindustrie unterstützt DAB+ _ Getrie­
ben wurde diese Entwicklung vor allem von        Nutzungsstudie für DAB+ vorgestellt _ Um
den Autoherstellern, die immer öfter DAB-​       mehr über die Nutzer des digitalen Antennen­
Radios in ihre Fahrzeuge einbauen. Im Jahr       radios zu erfahren, haben die Medienanstal­
2016 stieg die Verbreitung dieser Endgeräte      ten, ARD, Deutschlandradio, Media Broadcast
in den PKW-​  Konsolen um 61 Prozent auf         sowie die privaten Anbieter Energy, Neue
3,08 Mio. und wuchs damit deutlich stärker       Welle, Regiocast und Schlagerparadies im
als die in den Wohnungen (plus 15 Prozent        September ​2016 die Pilotstudie DAB+-​Nut­
auf 5,16 Mio.). Die PKW-​Hersteller erkennen     zung 2016 vorgelegt, die auf der Befragung
zunehmend die Vorteile von DAB+, schließ­        von 2269 Personen mit einem Digitalradio-​
lich können über diesen Verbreitungsweg viel     Empfänger im Haushalt basiert. Dabei zeigte
mehr und viel genauere Verkehrsinformatio­       sich, dass der Hördauer-​Anteil bezogen auf
nen ausgesendet werden, die vom Autoradio        die Radioempfangswege bei den DAB-​Besit­
oder dem Navigationssystem entschlüsselt         zern schon bei 19 Prozent lag. Insgesamt hör­
werden. Laut dem DAT-​     Automobilreport       ten sie pro Tag (Montag bis Sonntag) durch­
waren 2016 bereits 21 Prozent der Neuwagen       schnittlich 46 Minuten von 248 Minuten über

                                                                                               139
Privater Hörfunk | Digitalradio

                                                 Abb. 40
DAB+ und 134 bzw. 43 Minuten über UKW
                                                 DAB-Programme
und Internet.
     Der Aufwärtstrend des Digitalradios wird
                                                 bundesweit                afk M94.5 *
von zwei Entwicklungen befördert: dem Netz­
                                                 Absolut relax             afk max *
­ausbau und dem wachsenden Programm­                                       Antenne Bayern
                                                 Energy
 angebot. Anfang 2017 konnten in 95 Prozent      ERF Plus                  Das neue Charivari 98,6 *
 des Bundesgebiets Radioprogramme digital        Klassik Radio             Digital Classix *
 über Antenne empfangen werden, die Auto­        Radio BOB!                egoFM* 1
 bahnen waren sogar zu 98 Prozent versorgt.      Radio Horeb               ENERGY München *
 Das nationale DAB+-​Netz umfasst inzwischen     sunshine live             ENERGY Nürnberg *
 110 Sendestandorte, die der Netzbetreiber       Schlagerparadies          Radio Fantasy Lounge
                                                 Schwarzwaldradio          Hit Radio N1 *
 Media Broadcast im Lauf des Jahres 2017 auf
                                                 Deutschlandfunk           hitradio.rt1 augsburg *
 120 steigern will. Doch auch die regionale
                                                 Deutschlandradio Kultur   kultradio.fm
 Versorgung wurde ausgebaut.                                               Lora/Feierwerk/CRM*
                                                 DRadio Wissen / DokDeb
                                                                           MEGA 80s * 1
Zweiter bundesweiter Multiplex ausge-            Baden-Württemberg         Mega Radio Bayern* 1
schrieben _ Auf der Programmebene setzte         baden.fm                  Münchner Kirchenradio*
                                                 bigFM
die Ausschreibung des zweiten bundeswei­                                   Pirate Gong *
                                                 DIE NEUE 107.7            PN Eins Dance *
ten Multiplex im November 2​ 016 einen wich­
                                                 die neue welle            PN Eins Urban *
tigen Akzent für DAB+. Anders als der erste
                                                 Donau3FM                  pure fm * 1
bundesweite Multiplex wird dieser für den        egoFM                     Radio 2day *
Plattformbetrieb vergeben. Er wird über          Hitradio Ohr              Radio Arabella *
16 Programmplätze verfügen und erlaubt           Radio 7                   Radio Augsburg *
es dem Plattformbetreiber, neue nationale        Radio Regenbogen          Radio F *
Programmmarken über sein Bouquet aufzu­          Radio Teddy               Radio Fantasy *
bauen. Bis zum Ende der Ausschreibungsfrist      Radio Ton                 Radio Galaxy
                                                 Radio VHR                 Radio Galaxy Ingolstadt *
im Februar ​2017 gingen vier Bewerbungen
                                                 Schwarzwaldradio          Radio Gong 96,3 *
bei den Medienanstalten ein: Digital Audio
                                                 DASDING                   Radio Gong 97.1 *
Broadcasting Plattform DABP aus Leipzig,         SWR1 Landeswellen         Radio Ilmwelle * 1
Absolut Digital aus Nürnberg, Media Broad­       SWR2                      Radio Ilmwelle 90s *
cast Digital Radio, Köln und Radio/o digital     SWR3                      Radio Ilmwelle Event *
aus München. Die Auswahlentscheidung und         SWR4 Landeswellen         Radio Ilmwelle Schlager *
Zuweisung der Übertragungskapazitäten            SWR Aktuell               Radio IN / ND1 *
wird in der ersten Jahreshälfte 2017 erfolgen.                             Radio München *
                                                 Bayern                    Münchner Kirchenradio
    Über den ersten bundesweiten Multiplex
                                                 106.4 TOP FM *            Radio Z *
konnten die Hörer Anfang 2017 insgesamt          95.5 Charivari *          Rock Antenne
12 Stationen nutzen, von denen neun privat       Absolut HOT               rt1 in the mix *
und drei (Deutschlandfunk, Deutschlandradio

140
Digitalradio | Privater Hörfunk

Smart Radio *               SWR3                      NDR Kultur                    SWR2
Star FM *                   SWRinfo                   NDR Plus                      SWR3
B5 aktuell                  WDR 2                     NJOY                          SWR4 Landeswellen
B5 plus                                                                             SWR Aktuell
                            Bremen                    Hessen
Bayern 1 Regionalwellen
                            Bremen Eins               Absolut Hot                   Saarland
Bayern 2
                            Bremen Next               Antenne Frankfurt 95,1        Radio Salü
Bayern 3
                            Bremen Vier               Antenne Mainz                 Antenne Saar
Bayern plus
                            Cosmo                     ERF Pop                       SR 1
BR-Klassik
                            KiRaKa (WDR)              harmony.fm                    SR 2
BR Heimat
                            Nordwestradio             Hit Radio FFH                 SR 3
BR Verkehr
                                                      interview Radio               Unser Ding
PULS                        Hamburg
                                                      lulu.fm                       WDR KiRaKa
                            80s80s                    Mega Radio
Berlin-Brandenburg                                                                  Sachsen, Sachsen-
                            Antenne Sylt              planet radio
98,2 Radio Paradiso         ERF Pop                                                 Anhalt, Thüringen
                                                      Radio Teddy
ERF Pop                     Mega Radio SNA                                          R.SA**
                                                      hr1
FG.chic                     pure fm                                                 MDR 1 Landeswellen
                                                      hr2-kultur
Jack FM                     Radio Paradiso                                          MDR Kultur
                                                      hr3
lulu.fm                     Hamburger Lokalradio                                    MDR Aktuell
                                                      hr4
MAXX FM                     lulu.fm                                                 MDR Klassik
                                                      hr-info
Mega Radio SNA              R.SH                                                    MDR Sputnik
                                                      You FM
nice                        NDR 1 Landeswellen                                      MDR Jump
pure fm                     NDR 2                     Nordrhein-Westfalen           MDR Schlagerwelt
radio B2                    NDR Blue                  domradio
radio GOLD                  NDR Info                  1LIVE                         Sachsen-Anhalt
Radio Paloma                NDR Info Spezial          1LIVE diggi                   1A Deutsche Hits
Star*Sat Radio              NDR Kultur                Cosmo                         89.0 RTL
Antenne Brandenburg         NDR Plus                  WDR 2                         89.0 RTL In The Mix
Bayern 2                    NJOY                      WDR 3                         Radio Brocken
Bayern plus                                           WDR 4                         radio SAW
BR-Klassik                  Mecklenb.-Vorpommern /    WDR 5                         Rockland S-A*
Fritz                       Niedersachsen /           WDR Event
                            Schleswig-Holstein        WDR KiRaKa
Cosmo                                                                               ■  privat
Inforadio                   NDR 1 Landeswellen        WDR Vera                      ■  öffentlich-rechtlich
Kulturradio                 NDR 2                                                   * Verbreitung lokal
                            NDR Blue                  Rheinland-Pfalz               ** nur in Sachsen
MDR Jump
                            NDR Info                  bigFM WorldBeats              *1 Verbreitung in
radio Berlin 88,8
                            NDR Info Spezial          DasDing                          mehreren lokalen
radioeins
                                                      SWR1 Landeswellen                Multiplexen

Quelle: Landesmedienanstalten; Stand: Februar 2017.

                                                                                                          141
Privater Hörfunk | Digitalradio

Kultur und DRadio Wissen) über den Rund­            landesweiten Multiplex und den lokalen
funkbeitrag finanziert waren. Im September ​        DAB+-​Bouquets empfangbar. Zwischen Fe­
2016 war Schwarzwaldradio als jüngstes Pro­         bruar ​2016 und Februar ​2017 kamen vier An­
gramm im ersten Bundesmix aufgeschaltet             gebote hinzu. In Ingolstadt senden seit März ​
worden (s. a. Seite 128).                           2016 Ilmwelle Event, Ilmwelle 90’s und Illm­
                                                    welle Schlager über DAB+. Ilmwelle Event ist
Akzeptanz von DAB+ schwankt je nach                 auf Liveübertragungen von Veranstaltungen
Bundesland _ Die größte Auswahl an DAB+-​           und Ereignissen spezialisiert, während bei
Programmen haben die Hörer im Süden                 Ilmwelle 90’s und Ilmwelle Schlager der
Deutschlands, in Berlin/Brandenburg und             Name jeweils Programm ist. Im November ​
Sachsen-​Anhalt, auch Hamburg, Hessen und           2016 startete rt1 in the mix als vierter Neu­
Bremen verzeichneten jüngst steigende Pro­          ling. Das Programm für die Region Augsburg
grammzahlen. Schaut man in die Bundes­              bedient 16- bis 29‑Jährige mit Musik im For­
länder, so fällt auf, dass überall dort, wo viele   mat Rhythmic Contemporary Hit Radio. Dar­
DAB+-​ Endgeräte im Markt sind, auch die            über hinaus änderten sich bei drei weiteren
Nutzung dieses Verbreitungswegs vergleichs­         Programmen die Ausstrahlungsgebiete. Seit
weise hoch ist. Bayern und Baden-​Württem­          Juli ​2016 senden Radio München und das
berg waren in dieser Hinsicht die besten Bei­       Münchner Kirchenradio jeweils auf einer
spiele: Laut Digitalisierungsbericht zählten        ­eigenen 24‑Stunden-​Kapazität über DAB+ in
sie mit einer Gerätedurchdringung von 15             München. Das bisher landesweit über DAB+
bzw. 14,5 Prozent zu den Top 3 und wiesen            sendende PN Eins Dance ist seit September ​
auch in puncto Hördauer der DAB+-​Nutzer             2016 nur noch lokal im Digitalradio-​Ensemble
mit 60 bzw. 56 Minuten pro Tag jeweils               für Ingolstadt empfangbar.
Werte auf, die über dem Bundesdurchschnitt               In Berlin-​Brandenburg waren im Februar ​
(46 Min.) lagen. Die ausdauerndsten Digital­         2017 insgesamt 13 private und 13 öffentlich-​
radio-​Hörer lebten 2016 aber in Sachsen-An­         rechtliche Programme im DAB+-​Bouquet zu
halt (77 Min.). Auch Hessen lag mit 59 Minu­         hören. 2016 waren lulu.‌fm, Maxx FM und
ten deutlich über dem Schnitt. DAB+ kam             nice gestartet, während BHeins und Panjab
aber auch in Bundesländern an, die über kein        Radio ihre Digitalradioverbreitung einstell­
allzu üppiges Angebot verfügen. So wies             ten. nice ist ein Spartenprogramm mit Kul­
Sachsen mit 15,6 Prozent die höchste End­           turinfos, Talk und junger Musik für 19- bis
geräteverbreitung auf.                               49‑Jährige. lulu.‌fm wendet sich an die Gay-​
                                                     Community, während Maxx FM Hörer zwi­
Größere Angebotsvielfalt auch in den Län-            schen 14 und 29 Jahren mit Pop, Dance, Hip­
dern _ Bayern bot den Hörern die mit Ab­             Hop, RnB und Electronic Dance Music im For­
stand breiteste Auswahl an Programmen; im            mat Urban Contemporary anspricht.
Februar ​2017 waren 42 private sowie zehn                Veränderungen gab es darüber hinaus im
Angebote des Bayerischen Rundfunks (BR) im           Digitalradio-​Ensemble von Baden-​Württem­

142
Internetradio | Privater Hörfunk

 berg, das nach Bayern und Berlin-​Branden­      radio beendete hingegen seine Ausstrahlung
 burg die größte Angebotsfülle aufweist. Im      über DAB+. Zu den neuen Stationen zählten
 Februar ​2017 waren dort 14 private sowie       das Metropolen- und Wirtschaftsradio An­
sechs Angebote des SWR zu hören, als jüngs­      tenne Frankfurt 95,1 sowie Antenne Mainz,
ter Sender startete das private Kinderpro­       lulu.‌fm und die nichtkommerziellen Sender
gramm Radio Teddy landesweit in DAB+. Neu        RadaR, Radio Darmstadt, Radio RheinWelle ​
dabei sind auch der Stuttgarter Lokalsender      92,5 und RadioX. Insgesamt summierte sich
Die Neue 107.7 und die Bürgermedien BW, die      das DAB+-​Angebot in Hessen auf 14 private
das Hochschulradio HORADS 88.6, das Freie        und sechs Wellen des hr. In Sachsen, Sachsen-​
Radio Wiesental und das Freie Radio Wüste        Anhalt und Thüringen brachte der MDR sein
Welle umfassen. Diese Angebote sind paral­       neues Programm Schlagerwelt via Digital­
lel über UKW empfangbar und wechseln             radio on air und baute sein Angebot auf
sich täglich in der DAB+-​Ausstrahlung ab.       sieben Programme aus. Die Junge-​
                                                 ­                                      Leute-​
Radio Paradiso hat sich aus dem Digitalradio-​   Marke bigFM sendet seit 2017 in Rheinland-​
Ensemble im Südwesten zurückgezogen.             Pfalz und Baden-​Württemberg anstelle von
     DAB+ kommt inzwischen auch in Ham­          bigFM Worldbeats im jeweiligen landeswei­
burg in Schwung, wo 2016/17 insgesamt vier       ten DAB+-​Multiplex. In Mecklenburg-​Vorpom­
private Angebote im landesweiten Multiplex       mern, Niedersachsen, Nordrhein-​Westfalen,
hinzukamen: lulu.‌fm, Radio Schleswig-​Hol­      dem Saarland und Schleswig-​Holstein blieb
stein, das evangelisch geprägte ERF Pop und      das DAB+-​Angebot gegenüber dem Vorjahr
Antenne Sylt. Sie ließen die Zahl der privaten   unverändert.
DAB-​ Programme auf zehn steigen, hinzu
kamen acht Angebote des NDR. Im Februar ​
2017 wurde zudem bekannt, dass mit Ham­          2.3    Internetradio
burg Zwei und Marktführer Radio Hamburg
weitere prominente Veranstalter eine DAB+-​      Das Radio verdankt seine Stärke in erster
Verbreitung in ihrer Heimatstadt anstreben       Linie der klassischen UKW-​Verbreitung, die
und entsprechende Verträge abgeschlossen         für 74,3 Prozent der Personen ab 14 Jahre in
haben. In Bremen wurde das dortige DAB+-​        Deutschland die meistgenutzte Empfangsart
Ensemble durch die Aufnahme von acht NDR-​       ist. Daneben hat sich das Internet als wei­
Angeboten ebenfalls aufgewertet. Neben
­                                                terer Distributionskanal für Hörfunkinhalte
ihnen sind auch vier Angebote von Radio          etabliert und ist nach den Ergebnissen des
­Bremen sowie das Kinderradio KiRaKa des         Digitalisierungsberichts 2016 bereits für
 WDR digital über Antenne empfangbar.            5,9 Prozent der ab 14‑Jährigen in Deutsch­
     Hessen ist ein weiteres Bundesland, in      land der präferierte Empfangsweg. Für die
 dem das digitale Antennenradio mehr Pro­        klassischen Hörfunkveranstalter stellt das
 gramme aufbieten kann. Innerhalb eines Jah­     (Mobile) Web eine Chance dar, denn sie kön­
 res kamen sieben Angebote hinzu, interview      nen anders als über die regional oder lokal

                                                                                             143
Privater Hörfunk | Internetradio

begrenzte UKW-​Ausstrahlung Hörer aus allen      ebenfalls, wie intensiv der Wettbewerb des
Teilen Deutschlands und der Welt erreichen.      klassischen Hörfunks mit anderen Audio­
Auch die rasante Verbreitung von Smart­          angeboten im Netz ausgefochten wird. Am­
phones hat für Radio positive Seiten, weil sie   bivalent ist das Verhältnis vieler Radioverant­
neue Nutzungsmöglichkeiten schafft. Laut         wortlicher insbesondere zu Spotify. Viele Sen­
dem Webradiomonitor 2016, den Goldmedia          der erstellen unter ihrem Namen Playlists,
im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale        verbreiten diese über den schwedischen Mu­
für neue Medien (BLM), des Bundesverbands        sikdienst und wollen so neue Hörer für ihre
Digitale Wirtschaft (BVDW) und des Verbands      Marke gewinnen bzw. bestehende fester an
Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) er­      sich binden. Anbieter wie bigFM oder radio
stellt hat, hörten zuletzt bereits 79 Prozent    ffn sind sogar Kooperationen mit Spotify ein­
der Online-​Audiohörer Radio und Musik über      gegangen und haben nach ihm benannte
Apps oder Mobile Websites.                       Chartshows in ihr lineares Programm auf­
                                                 genommen. Beitragsfinanzierte Anbieter wie
Mehr Audionutzung im Web _ Nach den              SWR, BR, Deutschlandradio oder Tagesschau
Ergebnissen der ARD/ZDF-Onlinestudie ist         gehen noch weiter und verbreiten einen Teil
die Nutzung von Radio und sonstigen Audio­       ihrer Audio- und Videoinhalte über Spotify.
angeboten im Netz seit Jahren kontinuierlich     Anfang 2017 stammten nach Angaben des
gestiegen und wird für viele Menschen zu­        Musikdienstes rund 60 Prozent der über
nehmend zur Gewohnheit. So ist der Anteil        300 Podcasts aus dem deutschsprachigen
der Onliner, die Audio bereits regelmäßig        Raum von öffentlich-​rechtlicher Seite.
mindestens einmal pro Woche im Netz ge­                 Doch Spotify ist auch ein Konkurrent des
nutzt haben, von 2015 auf 2016 um sieben         Hörfunks, denn es stellt seinen Usern die
Prozentpunkte auf 40 Prozent angestiegen.        ­jeweils passende Musik zu verschiedenen
Dabei liegt die mindestens wöchentliche           ­Beschäftigungen oder auch Stimmungen zur
Nutzung der Musikstreamingdienste wie              Verfügung. Zudem kann jeder Musik ent­
Spotify oder Apple Music mit 12 Prozent nur        sprechend seiner individuellen Vorlieben
noch geringfügig hinter dem Hören der klas­        ­kuratieren. Spotify stellt auch ständig neue
sischen Radioangebote live oder zeitversetzt        Songs oder Künstler vor und greift damit eine
mit 14 Prozent. Bei den jungen Leuten zwi­          Kernkompetenz des Radios an. Zunehmend
schen 14 und 29 Jahren rangieren Spotify und        erstellt Spotify auch eigene Wortinhalte und
Co. mit 33 Prozent bereits klar vor dem Live-​      wirbt dazu Talente beim Hörfunk ab (siehe
Radiohören (17 %); in dieser Altersgruppe ist       Kapitel Programmgestaltung), um so seine
auch der Konsum und das Herunterladen von           Nutzerbasis zu verbreitern.
MP3‑Dateien (41 %) sehr beliebt.                        Doch auch andere Musikstreaming­
                                                    dienste greifen das Radio an. Deezer hat über
Musikstreaming – Freund und Konkurrent              40.000 ​Podcasts in sein Angebot integriert
des Radios _ Diese Nutzungsrealität belegt          und weitere lizenziert, der Anbieter produ­

144
Internetradio | Privater Hörfunk

Abb. 41
Nutzung von Audioanwendungen im Internet 2015/2016 | in Prozent; mind. einmal pro Woche

                                                                                             40
Audio (inkl. Radio live)                             +
                                                                                       33
                                                                                                                  68
                                                                                                        59

                                                                        14
Radioprogramme live + zeitversetzt im Internet       +
                                                                      11
                                                                            17
                                                                      12

                                                                       12
Musik-Streamingdienste (z. B. Spotify)               +
                                                                      11
                                                                                       33
                                                                                  29

                                                              5
andere Plattformen (z. B. LastFM)                    +
                                                             4
                                                                       14
                                                                  7

                                                                                 26
Musik über YouTube                                   +

                                                                                                             63

                                                         0    10            20   30         40    50   60         70    80

                                                         ◼ 2016 ◼ 2015

Basis: Deutschsprachige Onlinenutzer ab 14 Jahren (2015: n = 1.432; 2016: n = 1.264)
Quelle: ARD/ZDF Onlinestudie 2015, 2016.

ziert aber auch eigene Hörspiele und Hör­   und Musikerkennungsdienste wie Shazam
bücher. Amazon wird ab der Saison 2017/18   oder Soundhound. Letztere wurden laut
für vier Jahre die Spiele der ersten und zwei­
                                            ARD/ZDF-Onlinestudie im Jahr 2016 bereits
ten Fußball-​  Bundesliga via Online-Audio  von sieben Prozent der ab 14‑Jährigen min­
übertragen und hat Sport1 im Poker um die   destens einmal pro Woche genutzt. Der
Netcast-​Rechte ausgestochen.               ­Musikkonsum bei YouTube erreichte sogar
                                             26 Prozent und war damit fast doppelt so
YouTube ist wichtiger Verbreitungsweg für stark wie das klassische Radio im Web (14 %).
Musik _ Weitere Mitbewerber im Audio-​ Betrachtet man die 14- bis 29‑Jährigen,
Nutzermarkt sind die Videoplattform YouTube sind die Unterschiede noch stärker: Während

                                                                                                                       145
Privater Hörfunk | Internetradio

63 Prozent von ihnen 2016 mindestens ein­                     Weg Inhalte erhalten, die sie woanders nicht
mal pro Woche Musik bei YouTube aufriefen                     bekommen.
und 22 Prozent Shazam und Co. nutzten, hör­                       Die Auswahl ist inzwischen riesig. Der
ten nur 17 Prozent herkömmliche Radiopro­                     Webradiomonitor erfasste 2016 über 10.000 ​
gramme live oder zeitversetzt im Internet.                    Online-​Audio-​Angebote in Deutschland, was
                                                              einem Plus von 3,5 Prozent gegenüber dem
Webradiomonitor verzeichnet größeres                          Vorjahr entsprach. Das Gros entfiel mit rund
Angebot _ Die wachsende Zuwendung der                         7.700 auf so genannte User-generated Radio-​
Nutzer zu Online-Audio hängt auch mit der                     Streams und redaktionell kuratierte Playlists
großen Vielfalt zusammen. Sie ist für 69 Pro­                 der Streaming-​Plattformen (plus 4,6 %), wäh­
zent der Nutzer das wichtigste Nutzungs­                      rend die Anzahl der reinen Webradios ohne
motiv. Wie der Webradiomonitor herausfand,                    Anbindung an einen UKW-​Sender um 1,3 Pro­
schätzen die Hörer aber auch den Umstand,                     zent zurückging. Dies legt den Schluss nahe,
dass sie Online-Audio fast überall nutzen und                 dass User-generated Streams die herkömm­
unabhängig von festen Sende­abläufen kon­                     lichen Webradios zumindest teilweise sub­
sumieren können und dass sie über diesen                      stituieren. Auf die Livestreams von UKW-­Pro­

Abb. 42

Online-Audio-Angebote in Deutschland 2015/2016

                                                                   2015        Änd. in        2016
                                                                               Prozent

                                       Webradio-Streams          2.442         +0,5%        2.453

                                         User-generated-
                                          Radio-Streams/
                                    redaktionell kuratierte
                                              Playlists der
                                                                 7.350         +4,6%       7.686
                                   Streaming-Plattformen

    www
                                                  Gesamt        9.762          +3,9%      10.139

Quelle: Webradiomonitor 2016, BLM, BVDW, VPRT.

146
Internetradio | Privater Hörfunk

grammen (Simulcast) trifft dies weniger zu;       hier Nachholbedarf, wenn man den Ergeb­
ihre Zahl ist um 16 Prozent auf 415 gestiegen.    nissen der ARD/ZDF-​Onlinestudie 2016 folgt.
                                                  So gaben nur 3,4 Prozent der Onliner an, die
 Nutzung von Simulcast und Webradios              Apps von privaten Hörfunksendern am häu­
 vergleichsweise gering _ Bei aller Freude        figsten zu nutzen, jene der öffentlich-​recht­
 über die zusätzlichen Nutzungsoptionen und       lichen TV- und Radiosender schnitten mit
 die große Audio-​Vielfalt im Web darf jedoch     7,6 Prozent etwas besser ab. Wenn man be­
 nicht übersehen werden, dass die Live­streams    denkt, dass nach den Ergebnissen des Web­
 des UKW-​Hörfunks und die reinen Webradios       radiomonitors fast acht von zehn Online-​
 im Vergleich zu den Musikstrea­mingdiensten      Audio-​Nutzer über App oder Mobile Website
 und User-generated Radios nicht besonders        Radio bzw. Musik hören, wird klar, wie wich­
 herausragen. Einen Beleg dafür liefert die       tig ein attraktiver Mobile-​   Auftritt für die
 MA Audio 2016. In ihr erzielten die erfassten    Hörfunkanbieter künftig sein wird. Bereits
 Simulcast-​Programme der klassischen Sender      2016 erfolgten nach Angaben der befrag­
 nur eine Tagesreichweite von etwas mehr          ten Online-​Audio-​Anbieter 30 Prozent aller
 als einer Million Hörer (Montag bis Sonn­        Sessions über Apps und Mobile Websites, bis
 tag) und waren damit in etwa so stark wie        2018 soll dieser Anteil auf 41 Prozent steigen.
­Spotify, laut.‌fm und Co. Web-​only-​Angebote
 kamen nur auf 180.000 ​Hörer. Ähnlich sind       Amazon Echo als neuer Audio-​      Verbrei-
 die Relationen, wenn man die Hörer pro           tungskanal _ Die Online-​Verbreitung von
 Tag betrachtet. Hier erzielten die Simulcast-    Audioinhalten erhält aber auch durch Car-​
 und Web-​only-​Angebote mit 1,14 Mio. bzw.       Entertainment-​Systeme und Audio-​Home-​
 390.000 zusammen weniger Reichweite als          Anlagen eine zusätzliche Dynamik. Laut Web­
 User-generated Radio und Musikstreaming­         radiomonitor griffen 2016 schon 26 Prozent
 dienste (2,68 Mio.). Das war in erster Linie     der Online-​Audio-​Nutzer auch im PKW auf
 auf das vergleichsweise starke Abschneiden       Hörinhalte aus dem Web zu. Die Autoher­
 von Spotify zurückzuführen. Der Musikdienst      steller haben auf diesen Trend reagiert und
 war die Nummer eins unter den Online-​           bieten ihren Kunden Entertainmentsysteme
 Audio-​Anbietern und schaffte es mit 2,44 Mio.   wie Apple CarPlay oder Android Auto an,
 Hörern pro Tag auch in die Top 10 der konver­    die auch Audio-​Streaming ermöglichen und
 genten Einzelangebote.                           damit eine Konkurrenz für das Autoradio
                                                  darstellen.
Radio hat Nachholbedarf im Mobile Web _               Sprachgesteuerte Lautsprecher wie Ama­
Spotify erreicht seine Nutzer vor allem über      zon Echo dringen ebenfalls in den Markt, was
seine App. Beim Radio ist die Nutzung über        für die Audioanbieter ein zweischneidiges
Smartphone bislang dagegen nur schwach            Schwert darstellt. Einerseits entstehen so
ausgeprägt (siehe Kapitel Entwicklung der         neue Gatekeeper, andererseits erschließen
Hörfunknutzung). Speziell das Privatradio hat     sich die Sender über sie einen weiteren Ver­

                                                                                               147
Privater Hörfunk | Internetradio

Abb. 43

Leistungswerte Audio-Angebote | Hörer pro Tag

Top 10 Audio-Werbeträger            Hörer pro Tag in Tsd.   Top 10 Online-Audio-­Angebote        Hörer pro Tag in Tsd.
(UKW, Online-Audio)                      14+      14–49                                               14+      14–49

radio NRW                             6.529       3.558     Spotify                                2.444       2.145
Antenne Bayern                        5.213       3.314     RMS Online Audio                       1.018         760
SWR 3                                 5.090       2.981     RMS Online Audio Männer                  877         654
1LIVE                                 4.664       3.860     RMS Online Audio 30+                     804         575
WDR 2                                 4.455       2.146     SpotCom Webradio Kombi                   646        484
Bayern 3                              3.932       2.420     RMS Online Audio 14-29                    550        436
Bayern 1                              3.772       1.131     RMS Online Audio Frauen                  454         334
NDR 2                                 3.744       1.815     RMS Online Audio Kompakt                 394         298
Hit Radio FFH                         2.472       1.553     Antenne Bayern Webradio Kombi            343         247
Spotify                               2.444       2.145     Studio Gong Webcast                      212         176

Basis: Deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahre, Hörer eines durchschnittlichen Tages, Mo.–Fr.
Quelle: MA Audio 2016.

 breitungskanal. Seit Februar ​   2017 bietet               Viele Finanzierungsquellen für Online-​
 Amazon seine Sprachsteuerung über Echo                     Audio _ Für den Betrieb ihrer Online-​Audio-​
 und die kleinere Version Echo Dot hierzu­                  Angebote nutzen die Anbieter mehrere Erlös­
 lande im freien Verkauf an; über sie können                modelle. Öffentlich-​ rechtliche Programme
 Nutzer zum Beispiel die Wettervorhersage                   finanzieren ihre Streams, Apps und Media­
erfragen, ein Taxi ordern oder ihre Heim­                   theken über den Rundfunkbeitrag, viele pri­
elektronik steuern. Audioanbieter zeigen                    vate Anbieter setzen dagegen auf die Werbe­
ebenfalls reges Interesse an Amazon Echo. So                finanzierung mithilfe von Instream- und Pre-​
können die 1.100 privaten und öffentlich-​                  Roll-​Spots sowie Display-​Ads, während sich
rechtlichen Radiokanäle des Aggregators                     Musikdienste wie Spotify und Deezer für
­Radioplayer seit Januar ​2017 über die Laut­               eine Mischfinanzierung aus Abo- und Werbe­
 sprecher Amazon Echo und Echo Dot gefun­                   erlösen entschieden haben. Mitbewerber wie
 den und abgespielt werden. Dazu müssen                     Apple Music oder Amazon Prime Music sind
 die Hörer den Radioplayer über den Sprach­                 komplett werbefrei und setzen auf Abo-​
 dienst Alexa als so genannten Skill aktivie­               ­Modelle oder Mitgliedsbeiträge. Laut Web­
 ren. Auch einzelne Hörfunkanbieter wie Hit                  radiomonitor konsumierten zuletzt jedoch
 Radio FFH, Antenne Bayern oder Radio Gong ​                 83 Prozent der Online-​Audio-​Hörer (überwie­
 96.3 haben Skills für Alexa eingerichtet und                gend) die Gratisangebote, während kosten­
 sind auf der Echo-​Plattform präsent.                       pflichtige Dienste nur bei einer Minderheit
                                                             Anklang fanden.

148
Programmgestaltung | Privater Hörfunk

Werbemarkt für Online-​A udio wächst von        2.4    Programmgestaltung
niedrigem Niveau _ Der Werbemarkt für
Online-​Audio ist nach wie vor klein, wächst    Werbefinanzierte Hörfunkprogramme zeich­
aber zweistellig. Im Jahr 2016 nahmen die       nen sich durch eine besondere Machart aus.
Anbieter nach einer Prognose des Webradio­      Sie richten sich in der Regel an eine klar um­
monitors rund 21 Mio. Euro netto mit Wer­       rissene Zielgruppe und orientieren ihre Pro­
bung ein, gegenüber dem Vorjahr würde das       grammbestandteile an den Wünschen und
einem Plus von rund 24 Prozent entsprechen.     Erwartungen der anvisierten Hörerschaft. Im
Verglichen mit den 760 Mio. Euro, die für       sogenannten Formatradio folgen Musikaus­
2016 im klassischen UKW-​Hörfunk erwartet       wahl, Moderation, Wortbeiträge und die Pro­
wurden, ist das ein niedriger Wert. Es gibt     grammpräsentation festgelegten Regeln, die
mehrere Gründe für die relativ geringe Be­      das Publikum zum möglichst langen Verwei­
deutung von Online-​Audio-​Werbung. Viele       len animieren sollen, indem sie gute Stim­
der webbasierten Hörangebote weisen nach        mung verbreiten und Abschaltimpulse ver­
der neuen Konvergenzstudie MA Audio             meiden. Das Bemühen um einen strukturier­
im Vergleich zum UKW-​Radio eher geringe        ten Programmablauf ist auch dem Umstand
Reichweiten auf und erscheinen vielen Un­       geschuldet, dass sich die Privatsender über
ternehmen daher als Werbeträger verzicht­       Werbung refinanzieren müssen und deshalb
bar. Zudem ist die Erhebungsmethode der         ein klares, wiedererkennbares Profil benöti­
MA Audio umstritten (siehe Kapitel Entwick­     gen, mit dem sie sich im Wettbewerb um
lung der Hörfunknutzung). Ein Teil der Nach­    Hörer und Werbekunden von der Konkurrenz
frager ist sich daher unsicher, ob die Reich­   unterscheiden, um so möglichst hohe Reich­
weitenrelationen zwischen UKW-​Radio und        weiten und Werbeeinnahmen zu erzielen.
Online-​Audio in der MA Audio valide abge­
bildet werden. Diese Zweifel erschweren         Formatvielfalt bleibt gering _ In Deutsch­
auch eine klare Antwort auf die Frage, wie      land hat das Privatradio allerdings keine son­
viele zusätzliche Audionutzer sich im Rah­      derlich breite Formatvielfalt hervorgebracht,
men einer konvergenten UKW- und Online-​        was auch an den rechtlichen Rahmenbedin­
Audio-​Kampagne wirklich erreichen lassen.      gungen liegt. Da Hörfunk hierzulande Län­
Auf der anderen Seite eignen sich webba­        dersache ist, müssen die regionalen und lo­
sierte Audio-​Angebote gut als Ergänzung zu     kalen Programmanbieter des Privatradios in
anderen Werbemaßnahmen, denn sie errei­         ihren eng umrissenen Sendegebieten mög­
chen vor allem die Trendgruppe der Jugend­      lichst viele Hörer ansprechen, um für (über­
lichen und jungen Erwachsenen, von denen        regionale) Werbekunden attraktiv zu sein.
nicht wenige gar kein klassisches Radio mehr    Aus diesem Grund konzentrieren sich die
hören.                                          meisten von ihnen auf das jüngere Massen­
                                                publikum unter 50 Jahren, weil es von der
                                                Werbewirtschaft am häufigsten nachgefragt

                                                                                           149
Privater Hörfunk | Programmgestaltung

Abb. 44

Programmformate der Privatradios

184 AC-Formate (63,9 %)                                                     007 AOR (2,4 %)
109   AC
007   AC/Euro AC                                                            049 CHR (17,0 %)
018   AC/Hot AC                                                             025   CHR
029   AC/Oldie-based AC                                                     009   UC
011   AC/Rock-orientiert                                                    014   Young CHR
010   AC/Soft AC                                                            001   EHR
                                                                            006 Klassik/Jazz (2,1 %)
                                                                            005 Jazz
                                                                            001 Klassik
034 Sonstige (11,8 %)                                                       006 Oldies/Volksmusik (2,1 %)
009   Sonderformat Religion                                                 005 Melodie
008   Sonderformat fremdsprachig                                            001 Oldies/Volksmusik
004   Sonderformat Kinder
013   Sonderformat sonstige                                                 002 MOR (0,7 %)

Quelle: Angaben der Landesmedienanstalten, eigene Recherche. Stand Januar 2017.

wird und sich Kontakte in dieser Zielgruppe             30 Jahren und wollen sie mit trendigen Mo­
am besten vermarkten lassen.                            deratoren, Chart-​Musik, Lifestylethemen und
                                                        Aktionen in Social Media an sich binden. In
 AC und CHR dominieren die Formatland-                  Deutschland fanden sich 233 Programme in
 schaft _ Im Ergebnis führt das zu einer Do­            einer dieser beiden Formatgruppen wieder,
 minanz von nur wenigen, massenkompatib­                das waren sieben mehr als im Vorjahr. Allein
 len Formaten. Im Januar ​2017 strahlten über           109 Stationen vertrauten auf das Hauptfor­
80 Prozent aller werbefinanzierten Privat­              mat AC, weitere 75 entfielen auf Oldie-​based
radios in Deutschland ihr Programm in den               AC, Hot AC, Euro AC, Soft AC und Rock-orien­
Formaten Adult Contemporary (AC) und Con­               tiertes AC. In der CHR-​Familie dominierte das
temporary Hit Radio (CHR) aus. AC‑Sender                Hauptformat CHR/Young CHR mit 39 Pro­
­bedienen die werberelevante Zielgruppe zwi­            grammen, auf Urban Contemporary (UC) und
 schen 14 und 49 Jahren mit Hits verschiede­            European Hit Radio (EHR) entfielen zehn An­
 ner Musikrichtungen und Jahrzehnte sowie               gebote. Alle anderen Formate waren von un­
 Service, Information, Mitmachaktionen und              tergeordneter Bedeutung.
 Promotions. Ihr Programm ist von lockerer
 Moderation und hohem Musikanteil ge­                   Streamingdienste werben Personal bei
 prägt. CHR-​Programme zielen auf den Musik­            Radio ab _ Das über mehrere Jahrzehnte
 geschmack der jungen Erwachsenen unter                 ausgereifte Formatradio ist durch die ver­

150
Programmgestaltung | Privater Hörfunk

 änderten Hörgewohnheiten des Publikums           der ersten und zweiten Fußball-​Bundesliga
unter Druck geraten. Vor allem Musikstream­       erworben. Ähnlich wie Spotify warb auch
ingdienste wie Spotify, Deezer, Apple Music       Amazon Personal beim Radio ab. Seit 2016
oder Soundcloud sowie die Bewegtbildplatt­        stehen die ehemaligen Musikchefs von An­
form YouTube mit ihrem reichhaltigen Musik­       tenne Bayern und radio NRW, Axel Barton
videoangebot setzen der herkömmlichen             und Jens Kopel, sowie Florian Fritsche, Ex‑­
Machart des linearen Radios zu und haben          Manager des Fußballradios 90elf, in Diens­
die On‑Demand-​Nutzung von Audioinhalten          ten des US‑Riesen.
kultiviert. In Streamingdiensten wie Spotify            Um im Konkurrenzumfeld der Streaming-​
können sich die Nutzer ihre Lieblingsmusik        ­Anbieter bestehen zu können, muss Radio
selbst zusammenstellen und Playlists mit           seinerseits in neue Inhalte und in deren Per­
anderen teilen. Zudem bieten diese Dienste         sonalisierung und Auffindbarkeit im Netz in­
auch selbst kuratierte Streams, die Nutzer in      vestieren. Zudem darf sich das Medium nicht
allen Stimmungslagen begleiten und damit           allein auf seine hohen Reichweiten in der
dem Radio ähnlich werden. Neben Musik set­         UKW-​Welt verlassen, sondern muss digitale
zen die Angreifer aus dem Web zunehmend           Verbreitungswege nutzen, um seine (poten­
auf Wortinhalte und bedienen sich dabei der        ziellen) Nutzer überall dort zu erreichen, wo
Talente aus dem Radio. So hat Spotify die          sie sich gerade aufhalten. Dazu gehören auch
­Comedians Jan Böhmermann und Olli Schulz          Social-​Media-​Plattformen und Messenger­
 von der rbb-​Welle radioeins abgeworben, wo       dienste wie Facebook, WhatsApp, Instagram
 sie zuvor die Sendung „Sanft und Sorgfältig“      oder Snapchat. In der Praxis funktioniert das
 gestalteten. Seit Mai ​2016 publizieren sie       bereits gut. Laut dem Webradiomonitor 2016
 beim schwedischen Musikdienst ihren Pod­          haben 44 Prozent der Online-​Audio-​Nutzer
 cast „Fest & Flauschig“, der über 30‑Jährige      über Facebook und 39 Prozent über Whats­
ansprechen soll, die dort bisher nicht oder        App schon einmal Kontakt zu einem Online-​
nur sporadisch auftauchten.                        Audio-​Anbieter aufgenommen. Relevant sind
     Spotify-​Konkurrent Deezer setzt neben        die Social-​Media-​Kanäle aber auch für die
 Musik ebenfalls auf Wortbeiträge und bietet       Online-​       Veranstalter und die Radio­
                                                            Audio-​
 seinen Nutzern über 40.000 ​Podcasts sowie        sender selbst. Sie sehen in Facebook, Twitter
 Hörspiele und Hörbücher von prominenten           sowie der eigenen Community, der Kommen­
 Autoren. Das Unternehmen unterhält auch           tarfunktion auf der Website und Livechats
 Partnerschaften mit Fußballclubs wie FC Bar­      wichtigsten Interaktionskanäle.
 celona, Manchester United oder FC St. Pauli.
 Der Online-​Versandhandel Amazon schärft         Radio braucht neue crossmediale Inhalte
 ebenfalls sein Audioprofil mit Wortinhalten      für die Social-​M edia-​G eneration _ Unstrit­
 und hat für seinen Service Amazon Prime          tig ist aber auch, dass das Radio neben dem
 Music ab der Saison 2017/18 für vier Jahre die   linearen, Musik-dominierten Programm zu­
 Netcast-​Rechte für Live-​Audioübertragungen     sätzliche Inhalte benötigt, um den Kontakt

                                                                                             151
Privater Hörfunk | Entwicklung der ­Hörfunknutzung

 zur Social-​Media-​affinen Jugend aufrecht­         Nutzern einen Zugang zur Audiowelt im
zuerhalten. Wie das gelingen kann, hat un­           (mobilen) Internet. Und Smartphones, Tab­
längst das konvergente Content-​Netzwerk             lets, PCs, Laptops, WLAN-​Radios, Docking­
funk vorgemacht. Das im Oktober ​2016 ge­            stations oder Smarthome-​Lautsprecher lie­
startete Angebot des öffentlich-​rechtlichen         fern die dafür nötige Hardware.
Rundfunks erzielte mit der Reality-​Soap „I am
Serfina“ eine positive Resonanz beim jungen          Radionutzung steigt auf hohem Niveau _
Zielpublikum. Die Serie ist als Video auf            In diesem Umfeld aus immer neuen Wett­
Snapchat, Instagram und YouTube zu sehen,            bewerbern, Verbreitungswegen und Geräten
jede Folge konnte aber auch als Podcast ge­          hat sich der klassische Hörfunk in Deutsch­
hört werden. Auch das Privatradio startet            land bislang gut geschlagen. Laut Media-​
neue hybride Angebote. Im März hat das               Analyse ist es den privaten und öffentlich-​
­bayerische Start-up Yantzu eine Smartphone-­        rechtlichen Programmen im Jahr 2016 sogar
 App für personalisiertes Radio vorgestellt.         gelungen, mehr Hörer zu erreichen. So stei­
 Die App bringt die individuelle Musikaus­           gerte das Radio seine Tagesreichweite 2016
 wahl diverser Radiostreams und Streaming­           im Vergleich zum Vorjahr in allen Altersgrup­
 dienste mit einem ebenfalls personalisier­          pen, auch die Nutzung außer Haus und im
 ten Content-Angebot zu einem persönlichen           Auto sowie die über Smartphone und Inter­
 Radio-­
       Mix zusammen. Die Nachrichtenin­              net legte zu. Insgesamt schalteten 2016 pro
halte stammen von der Radioholding Regio­            Tag rund 55,52 Mio. Deutschsprachige ab
cast, Yantsu stellt die Technologie.                 10 Jahren ihr Radio auf Empfang, das waren
                                                     1,24 Mio. mehr als im Vorjahr. Beide Systeme
                                                     profitierten vom Aufschwung: Die Privaten
2.5      Entwicklung der                             steigerten ihre Tagesreichweite um 1,9 Pro­
        ­Hörfunknutzung                              zent auf 28,8 Mio., die Öffentlich-​Rechtlichen
                                                     wuchsen um 2,3 Prozent auf 55,5 Mio.
Noch nie hatte das Radio mehr Konkurrenz                 Zwischen 2015 und 2016 stieg der Anteil
durch andere Audioangebote als heute. Mu­            der täglichen Radiohörer bezogen auf die
sikstreaming- und Videoplattformen, Social           Grundgesamtheit von 75,2 auf 76,6 Prozent.
Audio Networks, Music-​Stores, nutzergene­           Im Weitesten Hörerkreis (WHK) legte der Hör­
rierte Musikportale oder Podcast-​Anbieter –         funk von 92,1 auf 92,9 Prozent zu. Die Hör­
sie alle kämpfen um die Gunst der Hörer und          dauer blieb im Jahresvergleich mit 178 Minu­
knabbern am Zeitbudget der Mediennutzer.             ten stabil, während die Verweildauer, also die
Hinzu kommen immer neue Distributions­               Hördauer der Hörer, um fünf auf 232 Minu­
kanäle in der digitalen Welt, die der klassi­        ten nachgab. Dennoch: Die meisten Hörer
schen Radioverbreitung über UKW Konkur­              halten ihren Lieblingssendern trotz des ge­
renz machen. Apps, Websites, Sprachassis­            stiegenen Audioangebots die Treue. Zwischen
tenten oder Aggregatoren verschaffen den             2006 und 2016 schnellte die Zahl der Pro­

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