PSYCHOLOGISCHE EIGNUNGSUNTERSUCHUNG BEI HUBSCHRAUBERPILOTINNEN - PSYDOK
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Eignungsuntersuchung bei HubschrauberpilotInnen Psychologische Eignungsuntersuchung bei HubschrauberpilotInnen Ulrike Wenninger & Birgit Bukasa Zusammenfassung Am Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) werden seit 1996 im Auftrag des Bundesministeriums für Inneres flugpsychologische Eignungsuntersuchungen von Exekutivpersonal für den Einsatz als HubschrauberpilotInnen durchgeführt. Ausgehend von einem spezifischen Anforderungs- bzw. Tätigkeitsprofil hat das KfV eine ziel- gruppenspezifische Testbatterie entwickelt mithilfe derer die wesentlichen Leistungs- und Persönlichkeitsaspekte überprüft werden. Die Durchführung der psychometrischen Testung erfolgt an dem vom KfV speziell entwickel- ten ART2020 Standard, das hohe Standardisierung der Vorgabebedingungen bei hoher Anwenderfreundlichkeit gewährleistet. Statistiken zu den bisherigen Eignungsbegutachtungen bei HubschrauberpilotInnen weisen über einen Zeitraum von 1996-2002 ein Selektionsverhältnis von 38% Geeigneter zu 32% Nicht-Geigneter auf. Anforderungs- und Tätigkeitsprofil Das Bundesministerium für Inneres (BMI), Abteilung Flugpolizei betreibt von sieben Einsatzstellen (Wien, Linz, Innsbruck, Hohenems, Graz, Salzburg, Klagenfurt) aus und ver- fügt derzeit über eine Flotte von insgesamt 18 Hubschraubern (vier Stück zwei-turbinige und sechs Stück 1turbinige Hubschrauber der Fa.Eurocopter, acht Stück 1turbinige Hubschrauber der Fa. Bell). Dabei sind 38 PilotInnen für das BMI im Einsatz. Im Jahre 2001 wurden 7.428 Flugstunden geflogen. Die im Rahmen des Innenministeriums tätigen HubschrauberpilotInnen fliegen Einsätze zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, im Rahmen der Katastro- phenhilfe und des Katastrophenschutzes, zur Überwachung der Außengrenze der europäi- schen Union, zur Suche nach vermissten Luftfahrzeugen, im Zuge des Such- und Rettungs- dienstes der Austro Control, zur Beobachtung des fließenden Verkehrs (insbesondere zu den Stoßzeiten und an Wochenenden) sowie zu polizeilichen Erhebungszwecken Die psychologischen Anforderungen an HubschrauberpilotInnen hinsichtlich Informations- aufnahme, Raumorientierung, Aufmerksamkeitsleistung, etc. unter Berücksichtigung des Ar- beitsauftrags, der spezifischen Umgebungsfaktoren sowie der Flugeigenschaften dieses spe- ziellen Luftfahrzeugs werden von Hart (1988) detailliert dokumentiert. Bei Griffin & Koonce (1996) werden die Anforderungen an die Psychomotorik von HubschrauberpilotInnen und de- ren Messung durch spezielle psychologische Testverfahren ausführlich beschrieben. Auf das Problem des „visual workload“ bei HubschrauberpilotInnen geht Simmons (1979) genauer ein. Adams und Payne (1992) spezifizieren die Risiko-/bzw. Unfallfaktoren, die zu 48% durch Systemfehler und zu 52% durch Fehler der HubschrauberpilotInnen zustande kommen. Letztere umfassen Unaufmerksamkeit, Einstellungen, Selbstüberschätzung und Gleichgültig- keit. Zusätzlich zu den in der Literatur dokumentierten Anforderungen an HubschrauberpilotInnen und deren spezifische Risiken wurde das Leistungs- und Persönlichkeitsprofil der zu untersu- chenden Gruppe mit dem Innenministerium abgestimmt, wobei als Referenz die Gruppe der LinienpilotInnen herangezogen wurde, die am Kuratorium für Verkehrssicherheit ab 1989 ge- testet wurde. 1
Eignungsuntersuchung bei HubschrauberpilotInnen Folgende Aspekte wurden seitens des Bundesministerium betont: HubschrauberpilotInnen müssen ♦ leistungsmäßig flexibel sein ♦ im Leistungsniveau den LinienpilotInnen entsprechen ♦ sehr belastbar und stressresistent sein ♦ Koordinationsfähigkeit bei Einsätzen besitzen. Sie müssen ‚besser‘ als LinienpilotInnen sein in ♦ Stressverarbeitung ♦ Entscheidungsfreudigkeit. Sie müssen eine positive Motivation aufweisen, dies beinhaltet, ♦ gute PolizistInnen zu sein ♦ den jeweiligen Auftrag erfüllen verbunden mit ♦ Freude am Fliegen und Leistungsstreben. Inhalte der Untersuchung Basis für die Zusammenstellung der Testbatterie für HubschrauberpilotInnen bildete die Test- batterie für LinienpilotInnen des KfV: Wie bereits zuvor erwähnt, sollte die durchschnittliche Leistungsfähigkeit der HubschrauberpilotInnen mindestens gleich gut wie die der Linienpilo- tInnen sein. Im Hinblick auf die oben angeführten spezifischen Anforderungen der HubschrauberpilotIn- nen wurde die Testbatterie um Verfahren zur Risikobereitschaft, Leistungsmotivation sowie Stressverarbeitung ergänzt. Die Untersuchung gliedert sich prinzipiell in : ♦ Leistungstestung ♦ Persönlichkeitstestung ♦ Exploration Die Gesamtuntersuchung nimmt ca. 7 Stunden in Anspruch. Testinstrumentarium Zur Durchführung der psychometrischen Testung wird das vom KFV entwickelte Testinstru- mentarium ART2020 Standard (Bukasa, Brandstätter & Wenninger 1997; Bukasa 1999; Bu- kasa & Wenninger 1998) eingesetzt, das eine maximale Standardisierung der Vorgabebedin- gungen bei gleichzeitig hoher Anwenderfreundlichkeit gewährleistet. Dieses multifunktionel- le Testgerät ist gekennzeichnet durch folgende Aspekte (siehe auch Wenninger 2001): ♦ Verbindung von Wissenschaft und Praxis ♦ Hohe Objektivität und Standardisierung ♦ Hohe Anwenderakzeptanz und Bedienfreundlichkeit ♦ Multimedialunterstützte Testinstruktionen 2
Eignungsuntersuchung bei HubschrauberpilotInnen ♦ Gezielte Hard- und Softwareergonomie ♦ Zielgruppenspezifische Normierung Bei der Hardwaregestaltung wurden im Hinblick auf ein realitätsnahes Testen der pilotenspe- zifischen Auge-Hand-Fuss-Koordination zwei spezielle Komponenten integriert: ♦ Joy Sticks am Reaktionspanel links und rechts: Die beiden Joy Sticks befinden sich im linken und rechten Randbereich des Reakti- onspaneels des Testgerätes ART 2020 Standard. Sie wurden speziell für die flugspezi- fische Koordinationsaufgabe konstruiert, besitzen zwei Analoggeber in X- und Y- Richtung (waagrecht und senkrecht) und haben keine definierte Nulllage. Damit ist in einer quadratischen Fläche jeder beliebige Punkt, ohne besondere Gegenkraft, ansteu- erbar. Die beiden Joy Sticks sind ergonomisch günstig, robust und gut handhabbar gestaltet. ♦ Ruderpedale im Fußraum des Testsystems Der Flugpedalzusatz simuliert Ruderpedale in einem Flugzeug. Die Konstruktion, die aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse im Fußraum unter dem Testgerät nötig war, stellt eine Symbiose aus mechanischen und physikalischen Maßnahmen dar, um ein ähnliches Gefühl wie bei den Ruderpedalen in einem Flugzeug zu erreichen. Die Koppelung der beiden Pedale wurde durch eine hydromechanische Lösung erzielt. Die lineare Bewegung der Ruderpedale wird durch eine spezielle Aufhängung der Pedal- trittflächen erreicht. Abbildung 1: Testgerät ART2020 mit Joy Sticks und Ruderpedalen 3
Eignungsuntersuchung bei HubschrauberpilotInnen Leistungstestung Im Leistungsbereich werden 12 Testverfahren eingesetzt, die nachfolgenden Dimensionen zugeordnet werden können: ♦ Intelligenz und Gedächtnis (M50, GEMAT12) ♦ Konzentration- und Aufmerksamkeit (FAT, VIGO) ♦ Visuelle Wahrnehmung (LL5, TADIS, SPET) ♦ Auge-Hand-Fuss-Koordination (COMPIT) ♦ Belastbarkeit und Entscheidungsverhalten (RST3, SET3) ♦ Mehrfachkapazität und Verhaltensflexibilität (PMT, STET) Nunmehr sollen die einzelnen Leistungstests kurz beschrieben werden. M50 – Nonverbaler Matrizentest (logisch-schlussfolgerndes Denken) Zur Abschätzung des allgemeinen Intelligenzniveaus wird der nonverbale Matrizentest M50 bestehend aus 50 Aufgaben, die nach logischen Regeln zu lösen sind, vorgegeben. Der Test erfordert Abstraktionsfähigkeit sowie logisch-schlussfolgerndes Denken und ist weitgehend von verbalen Fähigkeiten des Untersuchten unabhängig. Dieser Aspekt kommt vor allem in der Anzahl richtig gelöster Aufgaben zum Ausdruck. GEMAT – Optischer Merkfähigkeitstest (Kurzzeitgedächtnis) Die Gedächtnisleistung wird mit Hilfe des optischen Merkfähigkeitstests Gemat12 untersucht, bei dem 24 geometrische Figuren in zwei Sets mit je 12 Figuren einzuprägen und aus mehre- ren ähnlichen Mustern wiederzuerkennen sind. Der Test misst die Fähigkeit, Ereignisse der unmittelbaren Vergangenheit zu behalten. Diese Leistung wird anhand der korrekten Identifikation bestimmter optischer Wahrnehmungsinhal- te untersucht. FAT – Aufmerksamkeitsflexibilitätstest (Flexibilität der Aufmerksamkeitsleistung) Die Aufmerksamkeitsflexibilität wird mit Hilfe des FAT erfasst. Dabei ist bei freier Bearbei- tungsmenge innerhalb eines Zeitraumes von sieben Minuten ein sogenanntes Vergleichszei- chen hinsichtlich seiner Übereinstimmung bzw. Nichtübereinstimmung mit variierenden Sets von sogenannten Vorlagezeichen zu beurteilen. Gemessen wird damit die Fähigkeit einer Person, sich über einen Mindestzeitraum auf unter- schiedlich komplexes Reizmaterial zu konzentrieren. Dabei kommt die individuelle Aufmerk- samkeitsleistung in der Zahl der insgesamt bearbeiteten Zeichen sowie der richtig bzw. falsch Bearbeiteten zum Ausdruck, wobei auch der Arbeitsverlauf einen hohen Stellenwert hat. VIGO – Vigilanztest (Daueraufmerksamkeit / Monotonie) Die Daueraufmerksamkeit wird mit dem Vigilanztest VIGO untersucht. Die bei diesem Test durchzuführende Aufgabe besteht darin, über einen Zeitraum von 25 Minuten einen sich kreisförmig bewegenden Punkt am Bildschirm zu beobachten, der in seiner sprungförmigen Bewegung sehr selten einen Doppelsprung macht, auf welche zu reagieren ist. 4
Eignungsuntersuchung bei HubschrauberpilotInnen Gemessen wird die Fähigkeit, sich auf eine länger dauernde Tätigkeit bei monotonen Reizbe- dingungen zu konzentrieren. Fehler können entweder durch Übersehen der geforderten Reize oder durch Reaktion auf nichtgeforderte Reize (im Sinne von Überreaktion) zustande kom- men. LL5 – Linienlabyrinthtest (Visuelle Strukturierungsfähigkeit) Zur Erfassung der visuellen Strukturierungsfähigkeit wird der Linienlabyrinthtest LL5 einge- setzt, bei dem anhand von fünf Bildern ineinanderverschlungene Linien mit den Augen von den Anfangs- zu ihren Endpunkten zu verfolgen sind, wobei die Darbietungszeit begrenzt ist. Bei dieser Art von visueller Orientierungsleistung geht es darum, seinen Weg in einem relativ komplexen Umfeld zielgerichtet und unbeeinflusst von Störungen und von Zeitdruck zu ver- folgen. Die Schnelligkeit und Konsequenz bzw. Genauigkeit, mit der eine Person diese Auf- gabe erfüllt, spiegelt sich in der Anzahl bearbeiteter Linien sowie richtiger Lösungen wider. TADIS – Technischer Displaytest (Optische Erfassung von technischen Anzeigen) Bei der optischen Überblicksgewinnung wird mit Hilfe des TADIS das rasche und genaue Er- kennen der konkreten Einstellung von Anzeigeelementen überprüft, wobei jeweils zwischen 3 und 5 Anzeigen zu beurteilen sind. Dabei spielen auch Kurzzeitgedächtnisleistungen eine Rolle, da die konkreten Werte nach einer kurzen Latenzzeit aus einer Vielzahl von Antwort- möglichkeiten ausgewählt werden müssen. Die Kapazität und die Güte der visuellen Verarbeitungsleistung drückt sich in der Anzahl richtiger Antworten aus. SPET – Raumvorstellungstest (Räumliche Orientierungsleistung) Die räumliche Orientierungsleistung wird anhand des SPET untersucht. Die Aufgabenstellung besteht darin, die jeweilige Position einer bestimmten Figur aus der Sicht des sich im Raum drehenden Männchens anzugeben. Dies erfolgt bei freiem Arbeitstempo über einen Zeitraum von 5 Minuten. Gemessen wird dabei die Fähigkeit einer Person, die jeweilige Raumlage eines Objektes schnell und richtig zu erfassen. COMPIT – Pilotenspezifischer Koordinationstest (Auge-Hand-Fuss-Koordination) Die Fähigkeit sensorische Informationen in tätigkeitsspezifische motorische Bewegungsab- läufe umzusetzen wird mit dem COMPIT erfasst. Bei diesem Verfahren müssen folgende 3 Aufgaben koordiniert werden und zwar eine Fadenkreuzaufgabe mit dem rechten Joy Stick, eine Geschwindigkeitsaufgabe mit dem linken Joy Stick sowie eine Ruderpedalaufgabe mit den Ruderpedalen. Erfasst wird dabei die Genauigkeit und Ausgewogenheit der Koordinationsleistung in allen drei Teilbereichen. RST3 – Reaktiver Belastbarkeitstest (Reaktive Stresstoleranz) Die Messung der reaktiven Dauerbelastbarkeit oder Stresstoleranz erfolgt mit dem RST3, bei welchem unterschiedliche optische und akustische Signale auf drei Geschwindigkeitsstufen dargeboten werden, welche mit entsprechenden Hand- und Fußtasten zu beantworten sind. 5
Eignungsuntersuchung bei HubschrauberpilotInnen Erfasst wird das Reaktionsverhalten bei verschiedenen Reizqualitäten über einen längeren Zeitraum (ca. 25 min.) bei unterschiedlich hohem Zeitdruck. Diese Leistung wird anhand von richtigen, verspäteten, falschen und ausgelassenen Reaktionen überprüft. SET3 – Reaktions–Sequenzentest (Reaktionsverhalten bei mentaler Zusatzbelastung) Beim SET3, der die Geordnetheit des Reaktionsverhaltens erfasst, wird die Komplexität der Aufgabe im Vergleich zum RST3 additiv erhöht. Es muss eine bestimmte festgesetzte Reakti- onshierarchie berücksichtigt werden, wobei bis zu drei Reize gleichzeitig dargeboten werden. Einzelne Personen können dabei hinsichtlich ihrer Fähigkeit unterschieden werden, wie schnell und genau sie diese komplexen Reaktionsaufgaben bewältigen können. Beurteilungs- kriterien sind dabei die Bearbeitungsdauer und die Anzahl falscher Reaktionen. PMT – Multipler Aufgabentest (Mehrfachhandlungsfähigkeit) Die Fähigkeit, mehrere Aktivitäten gleichzeitig durchzuführen, die in unterschiedlich hohem Ausmaß mentale Kapazität binden, wird mit Hilfe des PMT untersucht. Bei diesem Test müs- sen gleichzeitig Rechnungen hinsichtlich ihrer Korrektheit überprüft, Lichtmuster hinsichtlich ihrer Übereinstimmung bearbeitet sowie auf Tonreize reagiert werden. Für die Beurteilung spielt neben der Anzahl richtiger Lösungen bzw. Reaktionen die Ausge- wogenheit der Bearbeitung aller 3 Aufgabentypen eine wesentliche Rolle. STET – Stereotypieresistenztest (Umstellfähigkeit Zur Prüfung der Umstellfähigkeit oder Stereotypieresistenz wird der STET eingesetzt, bei dem prinzipiell das selbe Reizmaterial wie bei RST3 und SET3 verwendet wird. Allerdings folgen hier auf Phasen der gewohnten Beantwortung der Farb- und Pedallichter sowie der Tö- ne sogenannte Umstellphasen, in denen einige Reize anders zu beantworten sind, und zwar ohne dies vorher einzuüben. In der Testleistung erhoben über die richtigen, falschen und ausgelassenen Reaktionen drückt sich die Fähigkeit aus, eingelernte Handlungssequenzen kurzfristig zu verlassen und durch neue, unterschiedlich komplexe Reaktionsabfolgen zu ersetzen. Persönlichkeitstestung und Exploration Die Abklärung der Persönlichkeitsvoraussetzungen spielt eine wesentliche Rolle bei der Fest- stellung der Eignungsabklärung als HubschrauberpilotIn. Wie Hörmann (1998) dazu ausführt können Defizite in den Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen in der Regel nicht durch zusätzliches Training kompensiert werden, wie dies im Leistungsbereich eher möglich ist. Kernpunkte der Begutachtung im Persönlichkeitsbereich betreffen: ♦ Psychische Robustheit, Belastbarkeit, Stressresistenz und -verarbeitung ♦ Selbstkontrolle, Selbstvertrauen, Entscheidungsverhalten ♦ Tätigkeitsspezifische/s Leistungsmotivation/-bereitschaft/-verhalten ♦ Kommunikations-, Kooperations- und Führungsverhalten ♦ Risikobereitschaft und Substanzmissbrauch 6
Eignungsuntersuchung bei HubschrauberpilotInnen ♦ Selbstwahrnehmung Neben drei Fragebogenverfahren (16PF nach Schneewind, Schröder & Cattell, 1983; LMT- Leistungs-Motivations-Test nach Hermans, Petermann und Zielinski, 1978; FRF-Fragebogen für Risikobereitschaftfaktoren nach Schmidt, 1986) wird im Rahmen des ausführlichen Ex- plorationsgesprächs auch die STAR-Technik (nach Hermans und Mulder 1998) eingesetzt. Die STAR-Technik erhebt systematisch das Verhalten in konkreten Belastungssituationen und hat sich bei der Analyse von critical incidents als Erhebungsmethode bewährt : S ....... steht für Situation (Schildern Sie eine bewegendes Ereignis, z.B. im Polizeieinsatz) T ....... steht für (Task) Aufgabe (Was war Ihre Aufgabe/Rolle.........) A ....... steht für (Action) Handlung (Was haben Sie konkret getan, gesagt, wie haben Sie reagiert......) R ....... steht für Resultat (Wie endete alles.........) Unter Bezug auf diese Ergebnisse kann auch abgeklärt werden, wie Belastungsereignisse per- sönlich verarbeitet werden und ob realistische Stressbewältigungsstrategien vorliegen. Die Exploration wird anhand eines teilstrukturierten Explorationsleitfaden durchgeführt, wo- bei die wesentlichen Stationen des bisherigen Werdegangs (privat und beruflich) im Hinblick auf verschiedene Aspekte angesprochen werden, insbesondere Sozialverhalten, Leistungsver- halten, Erfahrung und Umgang mit Belastungen, tätigkeitsspezifische Motivation, Abklärung von psychologisch auffälligem Verhalten. Grundsätzlich werden im Begutachtungsprozess sämtliche Informationen aus dem Leistungs- und Persönlichkeitsbereich zur Klärung spezifischer Aspekte herangezogen; der Untersu- chungsansatz ist somit ein ganzheitlicher auch wenn von Leistungs- und Persönlichkeitsas- pekten als scheinbar getrennte Bereich gesprochen wird und diese auch größtenteils mit unter- schiedlichen Methoden erfasst werden. Statistiken Am Kuratorium für Verkehrssicherheit werden seit 1996 flugpsychologische Eignungsunter- suchungen für den Einsatz als HubschrauberpilotInnen beim Bundesministerium für Inneres durchgeführt. Die Personen hatten in der Regel die interne Polizeigrundausbildung und teil- weise Spezialausbildungen, etwa Kriminalpolizei, Sondereinsatzkommando absolviert. Insgesamt wurden bisher 90 Personen untersucht. Davon waren 86 Männer und 4 Frauen. Das Durchschnittsalter der Untersuchten lag bei 27,29 Jahren (MW), wobei die vom Ministerium für eine Bewerbung festgesetzten Altersgrenzen 27 Jahre für Personen ohne fliegerische Vorerfahrung und 35 Jahre für Personen mit fliegerischer Vorerfahrung betragen. Von der Gesamtgruppe waren 38% aus psychologischer Sicht für die angestrebte Tätigkeit geeignet; 62% konnten die Anforderungen nicht erfüllen (siehe auch Tabelle 1). 7
Eignungsuntersuchung bei HubschrauberpilotInnen Tabelle 1: Untersuchungzahlen und Eignung Eignung Zeitraum BewerberInnen positiv negativ 1996 20 4 16 1997 21 10 11 1998 21 9 12 1999 1 1 --- 2000 1 --- 1 2002 26 10 16 GESAMT 90 34 (38%) 56 (62%) Literatur Adams, , R.J. & Payne, B.(1992). Administrative Risk Management for Helikopter Operators. The International Journal of Aviation Psychology, 2 (1), 39-52. Bukasa, B. (1999). ART2020 – Das neue Multimedia-Testgerät für die Fahreignungsbegut- achtung. In F.Meyer-Gramcko (Hrsg.), Verkehrspsychologie auf neuen Wegen: Her- ausforderungen von Strasse, Wasser, Luft und Schiene (I). Bonn: Deutscher Psycholo- gen Verlag, S.381-401. Bukasa, B. & Wenninger, U. (1998). The Second Generation of Computerized Psychological Assessment and Testing. Paper presented at the 23rd EAAP-Conference, Vienna, Sept.1998. Bukasa, B., Wenninger, U. & Brandstätter, C. (1997). Entwicklung eines neuen Testinstru- mentariums zur Durchführung verkehrspsychologischer Fahreignungsuntersuchungen. In Baumgärtel, F., Wilker, F.-W. & Winterfeld, U. (Hrsg.), Innovation und Erfahrung. Analysen, Planungen und Erfahrungsberichte zu psychologischen Arbeitsfeldern (S.137-144). Bonn: Deutscher Psychologen Verlag. Griffin, G.R. & Koonce, J.M. (1996). Review of Psychomotor Skills in Pilot Selection Re- search of the U.S. Military Services. The International Journal of Aviation Psycholo- gy, 6(2), 125-147. Hart, S.G. (1988). Helicopter Human Factors. In E.L. Wiener & D.C. Nagel (Eds.), Human Factors in Aviation. San Diego: Academic Press, 591-638. Hermans, P.H., Petermann, F. & Zielinski, W. (1978). LMT LeistungsMotivationsTest. Ams- terdam: Swets & Zeitlinger. Hermans, P.H. & Mulder, H.W. (1998). Job analysis and the selection interview. In K.- M. Goeters (Eds.),Aviation Psychology: A Science and a Profession. Aldershot: Ash- gate, 81-95. 8
Eignungsuntersuchung bei HubschrauberpilotInnen Hörmann, H.-J. (1998). Selection of civil aviation pilots. In K.-M. Goeters (Ed.),Aviation Psychology: A Science and a Profession. Aldershot: Ashgate, 55-62. Schmidt, L. (1986). FRF Fragebogen für Risikobereitschaftsfaktoren. Testhandbuch. Wien: Kuratorium für Verkehrssicherheit. Schneewind, K.A., Schröder, G. & Cattell, R.B. (1983). Der 16-Persönlichkeits-Faktoren-Test (16PF). Testmanual. Wien: Huber Simmons, R.R. (1979). Methodological Considerations of. Visual Workloads of Helicopter Pilots. Human Factors, 21(3), 353-367. Wenninger, U. (2001). Neue Ansätze der Testvorgabe bei verkehrspsychologischen Untersu- chungen. Psychologie in Österreich, 21, 3, 167-174. Autorinnen Dr.Birgit Bukasa Kuratorium für Verkehrssicherheit 1030 Wien, Ölzeltgasse 3 Tel (++43-1) 71770-170, Fax (++43-1) 71770-9, e-mail birgit.bukasa@kfv.or.at Dr.Ulrike Wenninger Kuratorium für Verkehrssicherheit 1030 Wien, Ölzeltgasse 3 Tel (++43-1) 71770-175, Fax (++43-1) 71770-9, e-mail ulrike.wenninger@kfv.or.at 9
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