PURPURA SCHÖNLEIN-INFORMATIONSBROSCHÜRE ZUM NIERENKRANKEN KIND - EINFACH WACHSEN

 
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PURPURA SCHÖNLEIN-INFORMATIONSBROSCHÜRE ZUM NIERENKRANKEN KIND - EINFACH WACHSEN
PURPURA
SCHöNLEIN-
HENOCH

Dr. med. Martin Kreuzer,
Priv. Doz. Dr. med. Ulrike John

Informationsbroschüre
zum nierenkranken Kind
PURPURA SCHÖNLEIN-INFORMATIONSBROSCHÜRE ZUM NIERENKRANKEN KIND - EINFACH WACHSEN
Diese Broschüre soll als Teil einer Schriftenreihe zu verschie-
denen Nierenerkrankungen das soziale Umfeld des nieren-
kranken Kindes und Jugendlichen auf verständliche Wei­­se
informieren. Angesprochen werden sollen vor allem die Eltern,
aber auch die übrige Familie sowie Kindergarten, Schule,
­Ausbilder, Freunde, Ämter und Krankenkassen.

Der Sinn besteht darin, durch erfolgreiche Information die
Problematik des nierenkranken Kindes, beziehungsweise
Jugendlichen besser einschätzen und beurteilen zu können.
Die Thematik wird jeweils von einem Fachexperten dargestellt.
Insgesamt soll mit der Broschüre das Ziel verfolgt werden,
die Aufklärung und die soziale Inte­gration des nierenkranken
Kindes noch weiter zu verbessern.

Die Broschüre wurde von Merck Healthcare Germany GmbH
beauftragt und finanziert.

Verfasser:
Dr. med. Martin Kreuzer                                            Priv. Doz. Dr. med. Ulrike John
Universitätsklinikum Essen (AöR)                                   Universitätsklinikum Jena
Klinik für Kinderheilkunde II                                      Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Hufelandstraße 55                                                  Am Klinikum 1
45147 Essen                                                        07747 Jena

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere
Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetze als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikations-
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anhand anderer Literaturstellen und der jeweils gültigen Gebrauchsinformation auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Fachanfragen
mögen bitte direkt an die Verfasser gestellt werden.

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PURPURA SCHÖNLEIN-INFORMATIONSBROSCHÜRE ZUM NIERENKRANKEN KIND - EINFACH WACHSEN
Inhaltsverzeichnis

VORWORT .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 2

WIRD EINE PURPURA SCHÖNLEIN-HENOCH AUCH ANDERS GENANNT?. .  .  .  .  .  . 4

WAS IST EINE PURPURA? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 4

WAS IST EINE PURPURA SCHÖNLEIN-HENOCH?. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 5

WO MANIFESTIERT SICH DIE PURPURA? :. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 6

WIE ENTSTEHT EINE PURPURA SCHÖNLEIN-HENOCH? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 6

WAS SIND DIE SYMPTOME? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8

WIE SIEHT EINE NIERENBETEILIGUNG AUS?.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 10

WELCHE DIAGNOSTIK IST ERFORDERLICH? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 13

WIE WIRD EINE PURPURA SCHÖNLEIN-HENOCH
OHNE NIERENBETEILIGUNG BEHANDELT? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 16

WIE WIRD DIE NIERENBETEILIGUNG
DER PURPURA SCHÖNLEIN-HENOCH BEHANDELT?. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 17

WIE SCHNELL WIRKT DIE BEHANDLUNG? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 18

WELCHE KONTROLLEN SIND ERFORDERLICH? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 18

KANN DIE ERKRANKUNG ERNEUT AUFTRETEN? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 18

PURPURA SCHÖNLEIN-HENOCH UND ÜBERSCHNEIDUNGEN
MIT DER IGA-VASKULITIS (IGAV) NEPHROPATHIE .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 19

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WIRD EINE PURURA SCHÖNLEIN-HENOCH
AUCH ANDERS GENANNT?
Die Purpura Schönlein-Henoch wurde in der Chapel-Hill-Konferenz 2012 in IgA-­
Vaskulitis umbenannt. Allerdings ist sie den meisten Ärzten immer noch am besten
unter dem alten Namen bekannt. Andere Synonyme für die gleiche Erkrankung sind
Immunkomplex-Purpura, rheumatoide Purpura und anaphylaktoide Purpura.

WAS IST EINE PURPURA?
Das Wort Purpura kommt von der rotvioletten Farbe Purpur und bezeichnet Haut- und
Schleimhautveränderungen mit dieser Farbe. Die Hautveränderungen entstehen durch
mikroskopisch kleine Lecks in den kleinsten Blutgefäßen, so dass Blut unter die Haut
austritt. Anders, als z. B. Hautausschläge, ändert sich ihre Farbe daher nicht, wenn
man auf sie drückt. Purpura können leicht erhaben erscheinen und von ihrer Größe
sehr variabel sein: Das geht von Nadelspitze (= Petechie) bis zu großflächig ineinander
laufenden Flächen (= Sugillation oder Ekchymose). Purpura gibt es bei verschiedenen
Erkrankungen, bei denen es entweder zu einer Schädigung der Blutgefäße oder
aber zu einem Mangel oder Schaden an Blutplättchen kommt (Abb. 1). Manchmal ist
es aber auch keine Krankheit: Wenn der Arzt beim Blutabnehmen mit Hilfe eines
Bandes das Blut im Arm staut, und das recht lange dauert, kann man auch hin und
wieder danach winzige rote Punkte an dem Arm beobachten. Manchmal sieht man die
winzigen Punkte auch im Gesicht bei Kindern, die stark erbrochen haben.

Abb. 1: Purpura kann an verschiedenen Körperstellen auftreten: Beine (links), zusätzlich am
Stamm (mitte) und Füße (rechts).

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WAS IST EINE PURPURA SCHÖNLEIN-HENOCH?
In der Medizin ist es durchaus üblich, Krankheiten nach dem Entdecker zu benennen.
Meist stellt man das lateinische Wort für Krankheit „Morbus” voran. Glauben Sie uns
– das macht das Medizinstudium nicht leichter. Diese Erkrankung ist nach den beiden
deutschen Ärzten Johann Lukas Schönlein (1793 – 1864) und Eduard Heinrich Henoch
(1820 – 1910) benannt. Einfacher hätte man sie auch nach ihrer Ursache Immun­
komplexvaskulitis oder IgA-Vaskulitis nennen können. Was das bedeutet, erklären
wir in den folgenden Kapiteln.

Kurz zusammen gefasst, ist eine Purpura Schönlein-Henoch eine Entzündungsreaktion
an den kleinsten Blutgefäßen (Kapillaren), die von der körpereigenen Abwehr aus­
gelöst wird (Vaskulitis = Entzündung der kleinsten Gefäße). Sie macht die Wand der
Äderchen undicht, so dass Blut unter die Haut (und die Schleimhäute) austritt.

Abb. 2: Purpura treten in ganz unterschiedlicher Ausprägung meist an Beinen und Füßen auf.
(Fotos: (Abb. 1 und Abb. 2) Kindernephrologie Jena Universitätsklinikum, Patienteneinverständnis ist gegeben.)

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WO MANIFESTIERT SICH DIE PURPURA?

  Purpura manifestiert sich in: Haut, Darm, Niere, Gelenke

Die Haut ist immer betroffen (Abb. 2), zusätzlich sind oft der Magen-Darm Trakt und
Gelenke betroffen. Etwa die Hälfte der Kinder entwickelt eine Nierenbeteiligung.

Jungen sind etwas häufiger betroffen, als Mädchen. Die meisten Fälle treten zwischen
dem 4. und dem 7. Lebensjahr auf. Bei Erkrankungen vor dem 2. Lebensjahr spricht
man nicht von einer Purpura Schönlein-Henoch, sondern von einer Seidlmayer Kokar­
denpurpura (akutes infantiles hämorrhagisches Ödem). Die Häufigkeit der Erkrankung
variiert zwischen 6 und 70 Fälle pro 100.000 Kinder pro Jahr. In den meisten Fällen
(fast 90 %) heilt sie folgenlos aus.

WIE ENTSTEHT EINE PURPURA SCHÖNLEIN-HENOCH?

Die Purpura Schönlein-Henoch ist eine Entzündung an den kleinsten Adern im Körper
(= Vaskulitis). Sie entsteht durch Ablagerungen von Immunkomplexen an den Wänden
der Adern. Immunkomplexe sind Klumpen, die aus verschiedenen Antikörpern beste-
hen. Antikörper (auch Immunglobuline genannt) sind ein sehr wichtiger Teil unserer
körpereigenen Abwehr; es gibt verschiedene Gruppen. Sie sind wie leuchtende
Klebezettel, die sich ganz speziell nur gegen eine Sache richten und nur dort kleben
bleiben. So können sie beispielsweise Krankheitserreger markieren, damit diese
leichter abgetötet werden können. Die körpereigene Abwehr bildet Antikörper während
und nach Infekten und als Reaktion auf Impfungen. Bei der Purpura Schönlein-Henoch
wird ein Antikörper der Gruppe A (Immunglobin A oder IgA) falsch zusammengebaut.
Auf der Oberfläche sind zu wenig winzige Zuckerketten – oder sie fehlen ganz. Das
merkt der Körper. Er versucht, das „falsche” IgA zu zerstören. Er benutzt zu diesem
Zweck Antikörper der Gruppe G (IgG).

Das Risiko, ein falsch gebautes IgA zu produzieren, ist erblich – allerdings kann man
nicht sagen, wie hoch das Risiko exakt ist. Meist geht ein einfacher Infekt, beispiels-
weise eine Erkältung oder ein Halsinfekt der Purpura voraus. Es werden dann größere
Mengen des „falschen” IgA produziert. Der Körper bildet dann dagegen IgG Antikörper
(Abb. 3), die sich an das IgA festkleben. Leider verkleben in Folge dann aber viele
Antikörper zu Klumpen. Man nennt diese Klumpen „Immunkomplexe” Diese Immun-
komplexe (Klumpen) sind ein Problem: Wenn sie irgendwo an der Wand der Adern
kleben bleiben, sorgen sie bei den restlichen Abwehrkräften (der „Körperpolizei”) für

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einen Großalarm. Entzündungszellen und andere Faktoren rücken dann an und es
entsteht eine Entzündung. Bei der Purpura Schönlein-Henoch bleiben die Immunkom-
plexe an den Wänden der kleinsten Gefäße kleben. Diese werden dann durch die
entstehende Entzündung geschädigt und durchlässig. An der Haut kann man das
sehen: Es entstehen winzige bis großflächige Einblutungen. Am Darm führt die
Entzündung zu schlimmen Bauchschmerzen, aber auch Blutungen in die Schleimhäute
und manchmal sogar zu Blut im Stuhl. An den Gelenken kommt es zu Schwellungen
und Schmerzen. Deshalb hat Dr. Schönlein sie auch zuerst „Purpura rheumatica”
genannt. Die Nierenfilter (= Nierenkörperchen oder Glomeruli), die den Urin aus dem
Blut heraus abfiltern, bestehen überwiegend aus kleinsten Äderchen. Normalerweise
ist die Wand der Filter so feinmaschig, dass rote Blutkörperchen oder die vielen
Eiweiße, die im Blut vorkommen, nicht in den Urin gelangen können. Wenn die
Entzündung der Purpura auch die Nierenfilter betrifft, werden sie ebenfalls durchläs-
sig: Blutbestandteile (rote Blutkörperchen, verschiedene Eiweiße) gelangen in den Urin
– manchmal so viel, dass er sich rot(-braun) färbt und schäumt. Hier spricht man dann
von einer Immunglobulin A Vaskulitis mit Nierenbeteiligung (IgAVN).

   1. Größere Mengen 
   IgA Antikörper
   mit zu wenig                       3. Die IgA und IgG Antikörper verklumpen
    Zucker-Ketten                     zusammen zu sogenannten „Immun­komplexen”.
    tauchen im                        Diese Klumpen aus Anti­körpern schwimmen
    Blut auf                           durch die Blutbahn.

           2. Der Körper bildet gegen dieses
           „falsche” IgA nun IgG Antikörper.
           Diese verbinden sich mit dem IgA.                      4. Die Immunkomplexe
                                                                  kleben an der Wand der
                                                                  kleinsten Adern fest und
                                                                  lösen dort eine heftige
                                                                  Reaktion der Abwehr-
                                                                  kräfte aus.

                                                                  5. Die Wand der kleinsten
                                                                  Adern wird geschädigt
                                                                  und durchlässig.

   Abb. 3: E
            ntstehung von Immunkomplexen.

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WAS SIND DIE SYMPTOME?
In allen Fällen kommt es zu einer Hautbeteiligung (Purpura). Typische Stellen sind die
tiefsten Punkte des Körpers und die Hängenden. So sind Hände, Füße, Unterschenkel
und Po sehr häufig betroffen. In manchen Fällen kann die Hautbeteiligung so schwach
ausgeprägt sein, dass man sehr genau hinschauen muss, um sie zu sehen. In anderen
Fällen ist sie beeindruckend ausgeprägt und z. B. Unterschenkel und Füße komplett
violett-rot.

Sehr häufig ist eine Magen-Darmbeteiligung (um 80 %). Die Kinder haben dann
erhebliche, kolikartige Bauchschmerzen. Es kann auch zu Durchfall und Erbrechen
kommen. Blut kann durch die geschädigten Äderchen auch in den Stuhl gelangen.
Dies sieht man als rote Frischblutauflagerung oder als pechschwarzen, sogenannten
Teerstuhl. Bei Kindern mit Darmbeteiligung ist das Risiko für eine Invagination erhöht.
Bei einer Invagination stülpt sich der Darm ineinander, bis er sich selbst nicht mehr
lösen kann und es zu einem Darmverschluss kommt (Abb. 4). Dies ist aber sehr selten
und kann mit einer Ultraschalluntersuchung des Bauches ausgeschlossen werden.

Ebenfalls sehr häufig (um 80 %) ist eine Beteiligung von Gelenken mit den Zeichen
einer Arthritis: Schmerzen, Schwellung und Rötung des betroffenen Gelenks. Sprung-
gelenke, Knie und Handgelenke sind am häufigsten betroffen.

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a

   b

Abb. 4: Bei Bauchschmerzen wird eine Ultraschalluntersuchung des
Darmes durchgeführt, um eine Invagination (a) oder Darmwandverdickung
mit vermehrter Durchblutung (b) auszuschließen.
(Mit freundl. Genehmigung Prof. H.J. Mentzel, Kinderradiologie Univ.-Klinikum Jena)

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WIE SIEHT EINE NIERENBETEILIGUNG AUS?
Die Purpura Schönlein-Henoch geht bei 40 – 55 % der Kinder mit einer Nierenbeteili-
gung einher. Eine Nierenbeteiligung entwickelt sich bei den meisten Kindern innerhalb
der ersten 4 Wochen der Erkrankung, kann aber auch noch ein halbes Jahr nach
Krankheitsbeginn auftreten. In den meisten Fällen sind dabei nur mikroskopisch
sichtbare Blutbeimengungen im Urin zu finden (Mikrohämaturie), selten wird der Urin
rot oder rostfarben (Makrohämaturie). Etwa 20 % der Kinder mit Nierenbeteiligung
entwickeln entweder ein Nephritisches oder Nephrotisches Syndrom.

In der Nierenrinde (1) befinden sich etliche Nierenkörperchen (8) (Glomeruli) (Abb. 5).
Die Nierenkörperchen sind Knäule aus feinsten Adern, die als Filter dienen. Die
schlitzförmige Filterwand (Schlitzmembran) kann man auf der extremen Vergrößerung

                 Nierenrinde

                                                                    Nierenarterie
         Nierenmark

                                                                    Nierenvene

    Nierenbecken

       Nierenkelch

        Nierenkapsel

                                     Harnleiter

   Abb. 5: Aufbau der Niere.
   (Quelle: KfH e. V.)

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der Elektronenmikroskopie gut erkennen (Abb. 6). Ein wenig erinnert sie an die Papier-
fasern eines Kaffeefilters. Normalerweise passen rote Blutkörperchen und Eiweiße, die
im Blut transportiert werden, nicht durch die Schlitze. Bei einer Entzündung an den
Nierenkörperchen (= Glomerulonephritis) werden die Filter durchlässiger und so
gelangen Eiweiße und rote Blutkörperchen in den Urin. Das häufigste Eiweiß im Blut ist
Albumin. Albumin ist ein sehr großes Eiweißmolekül. Seine beiden wichtigsten Aufgaben
sind das Binden von Wasser und der Transport von nicht wasserlöslichen Stoffen im
Blut. Fehlt das Albumin im Blut, kommt es zu Wassereinlagerungen (Ödemen).

In seltenen Fällen kann die Entzündung an den Nierenkörperchen sehr schnell und
heftig ablaufen, so dass es zur Zerstörung von Nierenkörperchen kommt (rapid
progressive Glomerulonephritis). Dies ist eine sehr ernste Situation, da zerstörte
Nierenkörperchen nicht wieder vom Körper repariert werden können.

Kinder mit Purpura Schönlein-Henoch, die ein Nephritisches oder Nephrotisches
Syndrom entwickeln, haben ein relevantes Risiko für Spätschäden an den Nieren.
Untersuchungen zu Folge liegt das Risiko bei 20 – 44 % – also etwa jedes 3. Kind.
Spätschäden können ein bleibender Bluthochdruck, bleibendes Nephritisches oder
Nephrotisches Syndrom, oder die Entwicklung einer Niereninsuffizienz (chronisches
Nierenversagen) sein.

Abb. 6: Nierenkörperchen im Elektronenmikroskop.
(Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz CC BY-SA 3.0)

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DEFINITIONEN

   •	Normal: Weniger als 5 rote Blutkörperchen pro ml, weniger als 3 mg Albumin/
      mmol Kreatin im Spontanurin; weniger als 30 mg im 24-Stunden-Sammelurin.

   •	Mikrohämaturie: 5 – 2.000 rote Blutkörperchen pro ml Spontanurin;
      mit dem bloßen Auge nicht sichtbar.

   •	Makrohämaturie: Mehr als 2.000 rote Blutkörperchen pro ml Spontanurin;
      mit dem bloßen Auge als Rotfärbung sichtbar.

   •	Mikroalbuminurie: 30 – 300 mg im 24-Stunden-Sammelurin.

   •	Makroalbuminurie: Mehr als 300 mg im 24-Stunden-Sammelurin oder mehr
      als 50 mg/mmol (440 mg/g) Kreatinin im Spontanurin.

   •	Große Proteinurie: Mehr als 1.000 mg/m² Körperoberfläche im
      24-Stunden-Sammelurin.

   •	Nephritisches Syndrom: Blut im Urin, Eiweiß im Urin, Bluthochdruck,
      erhöhte Nierenwerte.

   •	Nephrotisches Syndrom: Extrem viel Eiweiß im Urin, Eiweißwerte im Blut
      vermindert, Wasseransammlungen (Ödeme)

Eine isolierte Mikrohämaturie (nur mit Mikroskop oder Teststreifen erkennbare rote
Blutkörperchen im Urin) kann auch nach Abheilen der Hauterscheinungen noch über
viele Monate bestehen. Wenn sie das einzige Symptom einer Nierenbeteiligung ist, hat
sie meistens keine Bedeutung. Problematischer ist das Auftauchen von Eiweiß im Urin.
Eine Makroalbuminurie sollte behandelt werden.

                                                    Abb. 7: Teststreifen auf Blut und
                                                    Eiweiß im Urin (Combur3 Test® E).
                                                    (Quelle: Roche Diagnostics Deutschland GmbH)

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WELCHE DIAGNOSTIK IST ERFORDERLICH?
Normalerweise kann ein Arzt die Erkrankung leicht an den typischen Hautveränderungen
feststellen – noch einfacher ist es, wenn Bauchschmerzen und Gelenkprobleme hin­zu­
kommen. Neben der körperlichen Untersuchung sollte auf jeden Fall ein Urin untersucht
werden. Das kann ganz einfach mit einem Teststreifen geschehen. Wenn sich eine
Nierenbeteiligung zeigt (Teststreifen positiv für Blut und/oder Eiweiß), sollte das Kind
zu einem Spezialisten für kindliche Nierenerkrankungen (Kinder-Nephrologe) überwiesen
werden. Weil eine Nierenbeteiligung sich auch noch bis zu 6 Monate nach Beginn der
Erkrankung entwickeln kann, sollten regelmäßig Urinkontrollen (Teststreifen) (Abb. 7)
durchgeführt werden. Dazu sollte ein spontan gewonnener Urin ausreichen.

                                      Bei einer Nierenbeteiligung benötigt man zusätzliche
                                      Untersuchungen, wie Blutentnahme, Sammelurin,
                                      Ultraschalluntersuchung der Nieren und Blutdruckmes-
                                      sung. Es kann sogar eine Probenentnahme von Nieren­
                                      gewebe (Nierenbiopsie) (Abb. 8, 9) erforderlich sein.

                                      Abb. 8: Schematische Darstellung der Nierenbiopsie mit
                                      Ultraschallsonde.

Abb. 9: Ablauf der Nierenbiopsie in Sedierung unter Ultraschallsicht, Biopsiegerät mit
Punktionsnadel, Kontrolle unter dem Mikroskop, Punktionszylinder in Lösung.
(Fotos: Kindernephrologie Jena Universitätsklinikum, Patienteneinverständnis ist gegeben.)

                                                                                             13
Eine Nierenbiopsie ist ein kleiner, kurzer Eingriff. Vorher werden die Eltern und das
Kind darüber ausführlich vom Arzt aufgeklärt. Bei Kindern findet der Eingriff meist in
Tiefschlaf (Sedierung) oder Narkose statt. Zuerst wird sorgfältig desinfiziert. Unter
Ultraschallkontrolle wird vom Rücken aus durch die Haut und den Rückenmuskel eine
spezielle Nadel bis zur Niere geschoben. An der Nadel befindet sich eine Vorrichtung, die
sich einmal kurz in die Niere einstechen lässt. Die Nadel ist so geformt, dass ein dünner
Faden Nierengewebe darin hängen bleibt. Nach dem Herausziehen der Nadel kann
dieses fadenförmige Stück Nierengewebe zur Färbung und feingeweblichen Unter­
suchung gebracht werden. Im Bild sieht man eine Färbung, bei der IgA dunkelbraun
gefärbt wird. Man kann gut sehen, dass sich die Wände der zusammenge­knäulten
Äderchen in der Mitte des Nierenkörperchens gut anfärben lassen. Dort haben sich
die IgA enthaltenden Immunkomplexe abgelagert (Abb. 10). Die Bildung sogenannter
zellulärer Halbmonde (Abb. 10 b) oder Gewebszerstörung (Nekrose) ist ein Zeichen für
eine schwere Nierenbeteiligung (Stadium III). Sie kann eine Behandlung mit Kortison-
stößen und weiteren Medikamenten erforderlich machen (siehe Seite 17).

Um Komplikationen zu vermeiden, müssen die Kinder, wenn sie wieder wach sind, in
der Regel noch Bettruhe einhalten.

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a)                                                    b)

Glomerulus mit intrakapillären                        Glomeruli mit frischen zellreichen
Proliferaten.                                         Halbmonden.
                                                      Keine Schlingennekrosen. Mesangien
                                                      mit leicht­gradiger Zellvermehrung bei
                                                      grenzwertig erhöhtem Matrixgehalt.

 c)

Ablagerungen von IgA
enthaltenden Immunkomplexen.                            d)

                                                      Elektronenmikroskopie: Regelhaft breite und
                                                      strukturierte glomeruläre Basalmembranen (*),
                                                      die von gering-gradig veränderten Podozyten
                                                      (Pfeil) überkleidet werden.

Abb. 10 a–d: Nierenbeteiligung bei Purpura Schönlein-Henoch – Darstellung der histologischen Befunde.
(Mit frdl. Genehmigung von Prof. K. Amann, Institut für Nephropatholgie, Universität Erlangen)

                                                                                           15
WIE WIRD EINE PURPURA SCHÖNLEIN-HENOCH
OHNE NIERENBETEILIGUNG BEHANDELT?

In der Zeit, in der noch neue Ausschläge auftreten, sollte sich das Kind schonen,
betroffene Körperteile leicht erhöht lagern und keinen Sport ausüben. Bei Bauch- und
Gelenkschmerzen helfen Schmerzmittel und wenn sie sehr ausgeprägt sind, Kortison.
Wenn es den Kindern schlecht geht, müssen sie ggf. im Krankenhaus behandelt
werden.

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WIE WIRD DIE NIERENBETEILIGUNG DER PURPURA
SCHÖNLEIN-HENOCH BEHANDELT?
Die Behandlung der Nierenbeteiligung ist sehr unterschiedlich und davon abhängig,
welche Form der Nierenbeteiligung vorliegt. Wenn nur Blut im Urin ist, (das man mit
bloßem Auge aber nicht sehen kann) kein Eiweiß im Urin, die Blutwerte in Ordnung
sind und der Blutdruck normal ist, reicht es meistens, nur regelmäßige Urin-Kontrollen
durchzuführen.

Bei Eiweiß im Urin (Albuminurie, Proteinurie) helfen ACE-Hemmer, die Nieren zu
schützen und die Menge Eiweiß im Urin zu reduzieren. ACE-Hemmer stellen eine
Gruppe von Blutdruckmedikamenten dar. Wenn man sie vorsichtig dosiert, können
sie auch bei normalem Blutdruck verabreicht werden.

Bei risikoreichen oder komplizierten Verläufen gibt es eine Vielzahl von Medikamenten,
die die körpereigenen Abwehrkräfte beeinflussen und gegen die Entzündung an den
Nierenkörperchen wirken. Dazu gehören: Kortikosteroide (Kortison), Immunsuppressi-
va, die aus der Transplantationsmedizin stammen (Azathioprin, Ciclosporin A, Mycophe-
nolat, Rituximab) und Chemotherapie (Cyclophosphamid). Man hat auch versucht, die
im Blut schwimmenden Immunkomplexe (Abb. 3, S. 7) mit einer speziellen Blutwäsche
(Plasmapherese) herauszufiltern. Diese Blutwäsche wird aktuell aber nur noch als
„Rescue”-Therapie empfohlen, wenn nichts anderes mehr hilft. Der Kinder-Nierenspezia-
list wird die Eltern und das Kind auf jeden Fall über die Medikamente und die Nebenwir-
kungen ggf. auch über Alternativen informieren.

Bei ausgeprägter Behandlung mit abwehrschwächenden Medikamenten (Immunsup-
pressiva, Chemotherapie) sollte vorbeugend ein Antibiotikum gegen einen besonderen
Erreger von Lungenentzündungen (Pneumocystis) gegeben werden.

Wenn ein Bluthochdruck vorliegt, sollte dieser mit blutdrucksenkenden Medikamenten
eingestellt werden. Dabei sollten ACE-Hemmer (Wirkstoff endet häufig mit ...pril) und
Angiontensin Rezeptorantagonisten (Wirkstoff endet häufig mit ...sartan) bevorzugt
werden. Regelmäßige Kontrollen durch Blutdruckmessung zuhause sind dann erforder-
lich.

2013 hat die Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (Vereinigung der deutschspra-
chigen Kinder-Nierenspezialisten) eine Therapieempfehlung für die Behandlung der
Purpura Schönlein-Henoch herausgegeben. Sie enthält verschiedene Protokolle für die
Behandlung unterschiedlicher Stadien der Nierenbeteiligung.

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WIE SCHNELL WIRKT DIE BEHANDLUNG?
Eltern und vor allem die Patienten wollen es sicher nicht gern hören: Sie brauchen viel
Geduld. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich einzelne Stadien über Wochen hinziehen.

WELCHE KONTROLLEN SIND ERFORDERLICH?

Patienten mit Nierenbeteiligung sollten regelmäßig bis 6 Monate nach Erkrankungsbe-
ginn Urinkontrollen mittels Teststreifen bekommen.

Patienten mit erhöhter Eiweißausscheidung (Makroalbuminurie) im Urin, die aber kein
Nephrotisches oder Nephritisches Syndrom entwickelt haben, sollten zudem alle 14
Tage eine genaue Laboruntersuchung des Urins erhalten. Nimmt die Menge Eiweiß im
Urin mit der Zeit ab, sollte dies so lange kontrolliert werden, bis die Werte wieder
normal sind. Eine Kontrolle der Nierenwerte im Blut wird 4 Wochen nach der Erst­
untersuchung erneut empfohlen.

Patienten, die ein Nephritisches oder Nephrotisches Syndrom bei einer Purpura
Schönlein-Henoch entwickelt haben, sollten nach komplettem Ausheilen trotzdem
jährlich einem Kinder-Nephrologen vorgestellt werden, damit Spätschäden (s. S. 11)
frühzeitig erkannt werden.

Wenn eine Purpura Schönlein-Henoch nach vielen Monaten noch an der Haut aktiv
ist oder immer wieder kurz hintereinander Schübe der Erkrankung an der Haut zu
erkennen sind, kann man das Kind untersuchen, ob eine versteckte Infektion die
Erkrankung befeuert. In seltenen Fällen können dies Bakterien (Mycoplasmen) oder
Viren (Parvo B19) tun.

         18
KANN DIE ERKRANKUNG ERNEUT AUFTRETEN?
Ja. Rückfälle treten bei einem Drittel der betroffenen Kinder auf.

PURPURA SCHÖNLEIN-HENOCH UND
ÜBERSCHNEIDUNGEN MIT DER IGA-VASKULITIS
(IGAV) NEPHROPATHIE
Für die Entwicklung einer Purpura Schönlein-Henoch und einer IgA-Vaskulitis Nephro-
pathie gibt es eine erbliche Disposition. So sind beispielsweise Zwillinge beschrieben,
von denen einer die Purpura Schönlein-Henoch entwickelte, der andere eine IgA-­
Nephropathie. Die Mechanismen für die Entstehung der beiden Krankheiten sind
praktisch identisch. Allerdings läuft die IgA-Nephropathie nur an der Niere ab. Bei der
IgA-Nephropathie haben Kinder oft während eines Infektes sichtbar Blut im Urin
(Makrohämaturie) und in der Zwischenzeit (mikroskopisch oder mit einem Teststreifen
Nachweis) rote Blutkörperchen im Urin, ohne dass Beschwerden bestehen. Im Kindes-
alter verläuft die IgA-Nephropathie in den meisten Fällen gutartig. Regelmäßige
Kontrollen sind aber trotzdem wichtig, da sie in Einzelfällen ungünstig verlaufen kann.

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                                    ESAI40654
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