Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...

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Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement
in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein:
Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und
Strategien zu deren Aktivierung entwickeln

Eine Handlungshilfe für kommunale Entscheidungsträger am Oberrhein
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...
Impressum                                                                                                                            Inhalt
Titel
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein:
Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und Strategien zu deren Aktivierung entwickeln.                                                1. Herausforderung in kleinen und mittelgroßen Gemeinden am
Eine Handlungshilfe für kommunale Entscheidungsträger am Oberrhein                                                                             Oberrhein: Qualitätsorientiertes Flächenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . 4
                                                                                                                                            A. Landschaftsverbrauch zurückführen und den Siedlungsbestand aufwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Herausgeber                                                                                                                                 B. Unterstützung für kommunale Entscheidungsträger  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Deutsch-Französisches Institut für Umweltforschung (DFIU)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)                                                                                                   C. Das INTERREG IV-A Projekt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Hertzstraße 16
76187 Karlsruhe                                                                                                                             2. Bausteine für den Aufbau eines kommunalen Flächenmanagements . . . .6
Telefon +49 (0) 721-608 44460

Inhalte
                                                                                                                                            3. Erhebung des Siedlungsflächenpotenzials und Lagebeurteilung . . . . . . . 8
Die Inhalte dieser Veröffentlichung sind Ergebnis des INTERREG IV-A Projekts „Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mit-   A.   Methodischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
telgroßen Kommunen am Oberrhein“. Gemeinsame Projektpartner sind das Deutsch-Französische Institut für Umweltforschung (DFIU) des           B.   Definition der Siedlungsflächenreserven  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und das Forschungs- und Studienzentrum für Sozialwissenschaften (CRESS) der Universität Straß-   C.   Ermittlung der Siedlungsflächenreserven  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
burg (UdS). Die Erhebung der Siedlungsflächenreserven in den Gemeinden sowie die Erarbeitung des „Aktionsplans der Innenentwicklung“
erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro ProRaum Consult, Raumplanung und Flächenmanagement, aus Karlsruhe.
                                                                                                                                            D.   Auswertung der Erhebungsergebnisse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Redaktion                                                                                                                                   4. Aktionsplan der Innenentwicklung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Dipl.-Ing. Jana Wegner (DFIU/ KIT, Karlsruhe)                                                                                               A.   Ermittlung des Wohnbauflächenbedarfs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               16
Dr.-Ing. Hany Elgendy (ProRaum Consult, Karlsruhe)                                                                                          B.   Kapazitätsschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   17
Dipl.-Ing. (FH) Sina Bodmer (ProRaum Consult, Karlsruhe)
                                                                                                                                            C.   Aktionsräume der Innenentwicklung definieren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   19
                                                                                                                                            D.   Maßnahmen zur Mobilisierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          19
Gestaltung
DIE KIRSTINGS – Kreativwerkstatt, Braunschweig                                                                                              E.   Zeitliche Abfolge der Prozesse und Maßnahmen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                     21
                                                                                                                                            F.   Gegenüberstellung des vorhandenen Potenzials mit dem berechneten Bedarf  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                          21
Druck
Druckwerk Karlsruhe                                                                                                                         5. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Gefördert durch
Europäische Union, Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE)
                                                                                                                                            Quellenverzeichis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
Direction Régionale de l’Environnement, de l’Aménagement et du Logement (DREAL Alsace)                                                      Anhang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Région Alsace                                                                                                                               Maßnahmen zur Mobilisierung
Conseil Général du Bas-Rhin                                                                                                                   Eigentümeransprache
Karlsruher Institut für Technologie
Université de Strasbourg                                                                                                                      Testplanung
                                                                                                                                              Quartierentwicklung/Umstrukturierung
                                                                                                                                              Konsilium
                                                                                                                                            Merkmalliste zur Erhebung des Siedlungsflächenpotenzials

                                                                                                                                            Foto: Guy Giraud
Stand: Oktober 2012 | Titelfoto: Lisa Melchiorri
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...
1          Herausforderung in kleinen und mittelgroßen Gemeinden
               am Oberrhein: Qualitätsorientiertes Flächenmanagement
                                                                                                                                            B. Unterstützung für kommunale                                                         Abb.1: Modellgemeinden des
                                                                                                                                            Entscheidungsträger                                                                      INTERREG IV-A Projekts*

    A. Landschaftsverbrauch zurück-                                     che (vgl. Kötter 2001: 151). Dies hat nicht nur nega-               Die vorliegende Handlungshilfe zur Erhebung, Bewer-
    führen und den Siedlungsbestand                                     tive Folgen für den Naturhaushalt, die biologische                  tung und Aktivierung von Siedlungsflächenreserven
                                                                        Vielfalt oder das Landschafts- und Ortsbild, sondern                soll kommunale Entscheidungsträger am Oberrhein
    aufwerten                                                           auch für die Lebensqualität der Bewohner, die immer                 dabei unterstützen, grundlegende Arbeitsschritte für
                                                                        längere Wege zwischen Wohn- und Arbeitsort sowie                    die Implementierung eines nachhaltigen Flächenma-
    Bei der Gestaltung zukunftsfähiger Gemeinden                        Orten der Freizeitgestaltung zurücklegen müssen.                    nagements vor Ort umzusetzen. Sie wurde im Rahmen
    kommt dem nachhaltigen Umgang mit der Ressource                     Historisch gewachsene, lebendige Ortskerne und                      des grenzüberschreitenden INTERREG IV-A Projekts
    Fläche eine entscheidende Bedeutung zu. Die kleinen                 Stadtzentren mit einem guten Nah- und Grundversor-                  „Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen
    und mittelgroßen Gemeinden am Oberrhein stehen                      gungsangebot, als Standort von öffentlichen Einrich-                und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein“ erarbeitet
    vor der Herausforderung, sich – insbesondere unter                  tungen und Dienstleistungen sorgen demgegenüber                     und reiht sich in die aktuellen Aktivitäten und Arbeiten
    Konkurrenz um Einwohner und Unternehmen – als                       für mehr Lebensqualität und tragen zur Identifikation               zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme auf
    attraktive Wohn- und Wirtschaftsstandorte zu positio-               von Bewohnern mit ihrem (Wohn-)Ort bei.                             regionaler und nationaler Ebene ein.
    nieren und gleichzeitig nachhaltig und effizient mit                Ein nachhaltiges Flächenmanagement zielt auf eine
    der verfügbaren Fläche und Haushaltsmitteln umzu-                   quantitative und qualitative Optimierung der Flächen-
    gehen.
    Die Bereitstellung sozialer und technischer Infrastruk-
                                                                        nutzung sowie der Baulandbereitstellung ab, die
                                                                        städtebaulichen, ökologischen, sozialen und ökono-
                                                                                                                                            C. Das INTERREG IV-A Projekt
    tur in Neubaugebieten auf der „grünen Wiese“ ist, ge-               mischen Anforderungen gerecht wird (vgl. Bock u.a.                  Im INTERREG IV-A Projekt „Qualitätsorientiertes
    rade im Falle sinkender Einwohnerzahlen, mit hohen                  2011: 46). Qualitätsorientiertes Flächenmanagement                  Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen
    Investitions- und Folgekosten verbunden. Und dort,                  bedeutet, dass neben Handlungsfeldern der Innen-                    Kommunen am Oberrhein“ haben sich zwölf kleine
    wo die Bevölkerung gemäß Prognosen1 - aufgrund                      entwicklung wie z.B. der Aktivierung von Baulücken,                 und mittelgroße, ländliche Gemeinden aus Baden
    einer positiven natürlichen Bevölkerungsentwicklung                 der Nachverdichtung bestehender Wohngebiete, der                    und dem Elsass zusammengeschlossen, um – in
    oder bedingt durch Wanderungsgewinne - voraus-                      Sanierung und Umnutzung alter Bausubstanz etc.                      enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des              und Werkzeuge für einen nachhaltigeren Umgang mit
    sichtlich auch noch langfristig wachsen soll, wie in                auch die Qualität des Siedlungsbestands verbessert                  Deutsch-Französischen Instituts für Umweltforschung        Fläche erarbeitet und getestet.
    der elsässischen Rheinebene und den Kantonen der                    wird, indem z.B. innerörtliche Freiflächen und Wege-                (DFIU) des Karlsruher Instituts für Technologie            Eine auf die Förderung der Innenentwicklung aus-
    Nordwestschweiz, werden die Flächen für Wohnen,                     netze oder Orte für soziale Begegnungen geschaffen                  (KIT) und des Centre de Recherche et d’Etude en            gerichtete Siedlungsentwicklung erfordert eine enge
    Gewerbe und Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und                  und gestaltet werden.                                               Sciences Sociales (CRESS) der Universität Straß-           Zusammenarbeit zwischen kommunalen und regiona-
    Erholung knapp.                                                     Die Verankerung eines qualitätsorientierten Flächen-                burg (UdS) – Wissen und Erfahrungen zum Thema              len, privatwirtschaftlichen und öffentlichen Akteuren.
    Das nach wie vor hohe Siedlungsflächenwachstum,                     managements in kleinen und mittelgroßen Gemein-                     Flächenmanagement auszutauschen. Über diesen               Ziel des dreijährigen Projekts war es deshalb auch,
    das auch für die Region Oberrhein zutrifft2, ist vor al-            den kann dazu beitragen, diesen aktuellen und                       grenzüberschreitenden Wissenstransfer und Erfah-           ein grenzüberschreitendes Akteursnetzwerks zum
    lem eine Folge des materiellen Wohlstandswachstums                  künftigen Herausforderungen zu begegnen.                            rungsaustausch hinaus wurden erste Lösungsansätze          Thema aufzubauen.
    und gestiegener individueller Raumnutzungsansprü-

                                                                                                                                                                                                       Im Folgenden werden zunächst die zentralen Bau-
    1 Siehe hierzu die Bevölkerungsprognosen des INSEE, des StaLa BW, des BfS Schweiz oder die Studie zur Bevölkerung am Oberrhein                                                                     steine eines nachhaltigen, kommunalen Flächen-
      zwischen 1999 und 2006 der Deutsch-Französisch-Schweizerischen Oberrheinkonferenz.
    2 So wurden im Elsass entsprechend einer Studie zwischen 1982 und 2000 ca. 800 ha Freifläche pro Jahr (ca. 2,2 ha/Tag) in Siedlungs-                                                               managements im Überblick kurz vorgestellt.
      fläche (ohne Verkehrsflächen) umgewandelt (vgl. Webseite DREAL Alsace). In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2011 täglich 6,3 ha
      Freifläche in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt (vgl. Webseite StaLa BW) und in Rheinland-Pfalz im Jahr 2010 pro Tag 0,5 ha
      (vgl. Webseite MWKEL RLP). In der Schweiz wurden in den 12 Jahren zwischen den beiden Erhebungen 1979/85 und 1992/97 ca.
      11 ha Landwirtschaftsfläche pro Tag umgewandelt (vgl. BfS Schweiz).                                                                                                                              *   Quelle: eigene Darstellung nach SIGRS/GISOR 2010
4                                                                                                                                                                                                                                                               5
                                                                                                                                                                           Foto: Jana Wegner
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...
2        Bausteine für den Aufbau eines
                                   kommunalen Flächenmanagements                                                                           3. Aufbauend auf dieser Aktionsplanung sollte mit                Ziel dieser Kommunikationsmaßnahmen sollte es da-
                                                                                                                                           der Umsetzung konkreter Aktivierungsmaßnahmen                    rüber hinaus sein, die Akzeptanz in der Bevölkerung
                                                                                                                                           begonnen werden. Als Einstieg bietet sich eine                   von Maßnahmen der Innenentwicklung, z.B. Nachver-
                                                                                                                                           gezielte und systematische Ansprache der Eigen-                  dichtungen, zu steigern und von den Vorteilen der In-
                          Um ein umfassendes, nachhaltiges Flächenmanage-         erfahrungen, folgende Bausteine im Rahmen dieses         tümer ausgemachter Potenzialflächen an, um deren                 nenentwicklung zu überzeugen. Es geht darum, das
                          ment in der Gemeinde dauerhaft zu implementieren,       Prozesses empfohlen:                                     Entwicklungsabsichten oder Verkaufsbereitschaft zu               Bewusstsein der entscheidenden Akteure und der
                          ist es wichtig, die „Aufgabe Flächenmanagement“                                                                  klären. Weiterhin stellen Testplanungen als informelle           breiten Öffentlichkeit für die Problematik der Flächen-
                          als einen langfristig und vorausschauend angeleg-       1. Die vorhandenen Siedlungsflächenreserven              Verfahren eine gute Möglichkeit dar, die Randbedin-              inanspruchnahme zu schärfen. Hier setzt zum Beispiel
                          ten, kooperativen Prozess zu gestalten, der sich,          erheben und bewerten                                  gungen für die Entwicklung bestimmter, strategisch               die im Rahmen des Projekts erarbeitete Wanderaus-
                          ausgerichtet auf die spezifischen kommunalen            2. Einen Aktionsplan der Innenentwicklung                wichtiger Flächen zu klären und anschließende                    stellung „Lebens(t)räume gestalten – Perspektiven für
                          Herausforderungen und Rahmenbedingungen, aus               erarbeiten                                            informelle wie formelle Verfahren vorzubereiten oder             unseren Ort gemeinsam entwickeln“ an.
                          verschiedenen Bausteinen zusammensetzt und den          3. Konkrete Aktivierungsmaßnahmen umsetzen               zu ergänzen. Zur Verfügung steht den Gemeinden in
                          Einsatz unterschiedlicher Instrumente im Zusammen-      4. Begleitende Kommunikationsmaßnahmen                   dieser Phase zudem das jeweilige Instrumentarium                 5. Um den Erfolg der umgesetzten Maßnahmen vor
                          wirken verschiedener Akteure aus Politik, Verwaltung,      durchführen                                           der Bauleitplanung, wie zum Beispiel die Aufstellung             dem Hintergrund der vereinbarten Ziele zu bewer-
                          Bewohnern oder Unternehmern erfordert.                  5. Für ein regelmäßiges Monitoring Sorge tragen          oder Änderung von Bebauungsplänen bzw. des                       ten, sollte regelmäßig eine Erfolgskontrolle durch-
                          Dieser Prozess sollte sich an dem Nutzungszyklus                                                                 Plan Local d’Urbanisme (PLU)3, der städtebaulichen               geführt werden, z.B. in Form eines Berichtswesens
                          von Flächen orientieren, der aus den Phasen Planung,    1. Die Kenntnis der innerörtlichen Potenziale und        Sanierung oder der integrierten Strukturentwicklung              (Monitoring). Besteht Anpassungsbedarf oder sind
                          Nutzung, Nutzungsaufgabe und ggf. dauerhafte Ent-       Reserven in der Gemeinde wie z.B. die vorhandenen        ländlicher Gemeinden. Für bestimmte Maßnahmen                    zusätzliche Maßnahmen erforderlich, sollte dies im
                          lassung aus dem Flächenpool, Brachliegen und dau-       Baulücken, Brachflächen, Nachverdichtungspoten-          existieren (länderspezifische) Fördermöglichkeiten,              Gemeinderat beraten und eventuelle Maßnahmen
                          erhafter oder zwischenzeitlicher Wiedereinbringung      ziale oder Leerstände zusätzlich zu den bereits in       die Gemeinden und Grundstückseigentümer bei der                  beschlossen werden.
                          besteht (vgl. BBR 2005: 8). Diesem Ansatz liegt das     Bauleitplänen dargestellten Außenreserven bildet die     Aktivierung finanziell unterstützen. Im Anhang sind
                          Konzept der „Flächenkreislaufwirtschaft“ zugrunde,      Grundlage für ein kommunales Flächenmanagement.          einige Maßnahmen, die im Rahmen des „Aktions-                    Für den Aufbau und die Umsetzung eines kommuna-
                          welche auf die Wieder-in-Wertsetzung von Flächenpo-     Zu Beginn empfiehlt es sich, eine Übersicht zu erar-     plans Innenentwicklung“ für die Stadt Gengenbach                 len Flächenmanagements kann es impulsgebend und
                          tenzialen im Bestand zielt (vgl. Bock u.a. 2011: 46).   beiten, die auch eine Bewertung der identifizierten      vorgeschlagen wurden, näher beschrieben.                         hilfreich sein, wenn ein entsprechender politischer
                                                                                  Flächen, unter anderem in Bezug auf deren mögliche                                                                        Grundsatzbeschluss zu einem nachhaltigen Flächen-
                          Als zentrale Bestandteile für den schrittweisen Auf-    Mobilisierbarkeit, zulässt. Übersicht und Lagebeurtei-   4. Wichtig für die erfolgreiche Umsetzung eines                  management zu Grunde liegt. In diesem Rahmen
                          bau eines kommunalen Flächenmanagements werden          lung sollten in regelmäßigen Abständen aktualisiert      kommunalen Flächenmanagements ist die konse-                     können auch die Ziele und prioritären Handlungsfel-
                          im Folgenden, basierend auf den Ergebnissen der         werden.                                                  quente Kommunikation des Themas nach innen                       der vereinbart werden.
                          Projektarbeit sowie der Auswertung anderer Projekt-     Vier interessierte, kleine und mittelgroße Modellge-     (z.B. Verwaltung, Gemeinderat) und außen (z.B.
                                                                                  meinden wurden im Rahmen einer Projektstudie beim        Bewohner, Privatwirtschaft) während des gesamten                 Diese Bausteine sind prinzipiell in allen kleinen und
                                                                                  Aufbau einer solchen Übersicht unterstützt.              Prozesses. Entsprechend der primären Funktionsfor-               mittelgroßen, französischen, deutschen und schwei-
                                                                                                                                           men von Kommunikation (vgl. Bischoff u.a. 2007: 49)              zerischen Kommunen des Oberrheins – oder deren
                                                                                  2. Im Anschluss daran wird die Erarbeitung eines         wird damit die Bereitstellung und die Gewinnung von              interkommunalen Zusammenschlüssen – geeignet, ein
                                                                                  „Aktionsplans der Innenentwicklung“ vorgeschlagen.       Informationen (z.B. Eigentümeransprache, Fachaus-                kommunales Flächenmanagement aufzubauen. Pa-
                                                                                  Ziel dieses Instruments ist es, die notwendigen Maß-     stellungen, Exkursionen), die Beteiligung der Bürger             tentlösungen gibt es nicht, die Strategien, Maßnahmen
Foto: Immanuel Giel

                                                                                  nahmen der Innenentwicklung auf (inter-)kommunaler       (z.B. öffentliche Auslegung von Bauleitplänen, Ein-              und Instrumente, die zur Aktivierung der Siedlungsflä-
                                                                                  Ebene zeitlich und räumlich zu definieren und zu         richtung von Arbeitsgruppen) sowie die Kooperation               chenreserven erforderlich sind und die dafür benötigte
                                                                                  koordinieren und in einem Handlungsplan festzuhal-       mit Bewohnern oder Grundstückseigentümern (z.B.                  Zeit, variieren von Gemeinde zu Gemeinde. Die jeweils
                                                                                  ten. Modellhaft wurde dieses Instrument für die Stadt    Durchführung von runden Tischen, Workshops oder                  erforderlichen Maßnahmen gilt es, den spezifischen
                                                                                  Gengenbach erarbeitet.                                   Testentwürfe) angestrebt.                                        Herausforderungen vor Ort gezielt anzupassen.

                                                                                                                                           3 „Bebauungsplan“ in französischen Gemeinden (parzellenscharf und grundstückseigentümerverbindlich, wird für das gesamte Gemein-
                      6                                                                                                                      degebiet aufgestellt)                                                                                                            7
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...
3          Erhebung des Siedlungsflächenpotenzials
               und Lagebeurteilung
                                                                                                                                                A. Methodischer Ansatz                                                    Der Ansatz wurde zudem zum ersten Mal auch in
                                                                                                                                                                                                                          einer französischen Gemeinde getestet. Er ermöglicht
                                                                                                                                                Im Rahmen des Projekts wurde der „Raum+- Ansatz“                          die Erstellung einer quantitativen und qualitativen
    Ein erster Schritt und Grundvoraussetzung für die                    Entwicklungsmöglichkeiten, ist eine aktive Innen-                      als Methode zur Schaffung der Übersicht der vor-                          Übersicht, die in Zusammenarbeit mit den kommuna-
    Implementierung eines qualitätsorientierten, kommu-                  entwicklung möglich. Im INTERREG IV-A Projekt                          handenen Siedlungsflächenreserven in vier Pilotge-                        len Vertretern und externen Experten erarbeitet wird.
    nalen Flächenmanagements ist die Erstellung einer                    wurden vier interessierte Modellgemeinden, die drei                    meinden angewandt und - vor dem Hintergrund der                           Damit die Übersicht den Anforderungen und Erwar-
    belastbaren Übersicht der vorhandenen Siedlungsflä-                  badischen Gemeinden Gengenbach, Nordrach und                           aktuellen Herausforderungen in kleineren, ländlichen                      tungen der Kommunen entspricht, bedarf es dreier
    chenreserven. Nur aufgrund ausreichender Informa-                    Bollschweil sowie die elsässische Gemeinde Gries-                      Gemeinden - um die Erfassung leer stehender Ge-                           wesentlicher Prinzipien, die dem gewählten Ansatz
    tionen über die vorhandenen Siedlungsflächenre-                      heim-sur-Souffel, bei der Schaffung einer entspre-                     bäude bzw. Hofstellen mit Leerstandrisiko erweitert.                      zugrunde liegen:
    serven, deren Qualitäten und Mobilisierbarkeit und                   chenden Übersicht und der anschließenden Lagebe-
    darauf aufbauend einer Priorisierung vorhandener                     urteilung unterstützt.
                                                                                                                                                                                              Kooperativ und dialogorientiert
    Tab. 1: Strukturdaten der vier Modellgemeinden                                                                                                                                            Für den Aufbau der Übersicht ist ein direktes Gespräch mit den kommunalen
                                                                                                                                                                                              Vertretern unerlässlich, da oft nur sie Auskunft zu den einzelnen Flächen und
    Indikatoren                  Bollschweil           Gengenbach              Nordrach          Griesheim-sur-Souffel                                                                        lokalen Gegebenheiten erteilen können. Die ent-sprechenden Flächen sind den
                                                                                                                                                                                              kommunalen Vertretern i.d.R. bekannt, so dass die zu erfassenden Informationen

                                                                                                                                                                    Foto: ProRaum Consult
    Einwohner 4                        2.283                   11.025              1.967                    1.142                                                                             im Erhebungsgespräch direkt abgefragt und dokumentiert werden können. Dem-
    Fläche (in ha)                     1.642                    6.191              3.775                      420                                                                             gegenüber ist der neutrale Blick externer Experten für die Kommune hilfreich, um
    Bevölkerungsdichte 5                 139                      178                 52                      272                                                                             die eigene Bewertung von Flächen hinsichtlich ihres Potenzials für die Siedlungs-
    (Einwohner/km²)                                                                                                                                                                           entwicklung kritisch zu würdigen.
    Bevölkerungsentwicklung 6                                                                                                                   Abb. 2: Erhebungsge-
       1975 – 2009 (in %)              +29,5                    +1,7                +0,8                   +138                                 spräch in Bollschweil                         Fortschreibungsfähig
       1999 – 2009 (in %)                -2,0                   +2,6                +3,4                     -1,0                                                                             Die technische Grundlage für die Erfassung und Modifikation der Siedlungsflä-
    Raumnutzer 7, 8                    2.432                  13.964               2.798                   1.255                                                                              chenreserven während des Erhebungsgesprächs und für die Nachbereitung war
                                                                                                                                                                                              die, speziell auf die Erhebungssituation zugeschnittene, Raum+-Plattform. Nach
                                                                                                                                                                                              der Erhebung und Qualitätskontrolle wurden die Daten der ermittelten Siedlungs-

                                                                                                                                                                    Quelle: ProRaum Consult
                                                                                                                                                                                              flächenreserven mit ihren Merkmalen aus dieser Plattform exportiert und den
                                      Im Folgenden werden der methodische Ansatz, die Vorgehensweise und generier-                                                                            Gemeinden in einem geeigneten Format übergeben. Die Gemeinden können die
                                      bare Ergebnisse der Erhebung am Beispiel der im Projekt durchgeführten Fallstu-                                                                         Daten beispielsweise in einem Geoinformationssystem (GIS) weiter bearbeiten,
                                      dien vorgestellt.                                                                                                                                       fortschreiben oder (nachträglich) in andere themenspezifische Geofachschalen
                                                                                                                                                                                              integrieren. Die zusätzliche Datenübergabe in Form von Excel-Tabellen ermöglicht
                                                                                                                                                       Abb. 3: Übersicht                      es auch kleineren Gemeinden ohne GIS-System (bzw. Schreibrechten), die erar-
                                                                                                                                                                                              beitete Übersicht aktuell zu halten.

    4 Quellen: für Bollschweil, Gengenbach und Nordrach: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Bevölkerungsstand, 4. Quartal
                                                                                                                                                                                              Übersicht und Lagebeurteilung
      2011, Stuttgart, 2011; für Griesheim-sur-Souffel: INSEE, Recensement de la population 2009, population municipal, (Gemeindebevölke-                                                     Im Anschluss an die Erhebung der Siedlungsflächenreserven sind nicht nur Aus-
      rung am 01.01.2009)                                                                                                                                                                     sagen über die Anzahl, Flächengröße und räumliche Lage der ermittelten Re-

                                                                                                                                                                    Quelle: ProRaum Consult
    5 Quellen: für Bollschweil, Gengenbach und Nordrach: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Gemeindegebiet, Stuttgart, 2011;                                                          serven möglich, sondern es können darüber hinaus Angaben zu Mobilisierungs-
      für Griesheim-sur-Souffel: INSEE, Recensements de la population 2009 et 1999, exploitations principales
    6 Quellen: für Bollschweil, Gengenbach und Nordrach: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Bevölkerung, Stuttgart, 2011; für                                                         hindernissen, zum Planungsrecht, zu Entwicklungszeiträumen etc. der einzelnen
      Griesheim-sur-Souffel: INSEE, Bevölkerungsentwicklung seit der Volkszählung von 1962; eigene Berechnungen                                                                               Flächen gemacht werden.
    7 Raumnutzer = Einwohner + sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort                                                                                                        Damit wird die Grundlage für eine differenzierte und sachgerechte Lagebeurtei-
    8 Quellen: siehe Fußnote 1; für Bollschweil, Gengenbach und Nordrach: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, sozialversiche-
                                                                                                                                                                                              lung der aktuellen Situation auf kommunaler Ebene geschaffen.
      rungspflichtig Beschäftigte 2011, Stuttgart, 2011; für Griesheim-sur-Souffel: INSEE, Recensements de la population 2009 et 1999,
                                                                                                                                            Abb. 4: Übersicht/Auswertung
8     exploitations principales                                                                                                                                                                                                                                                   9
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...
B. Definition der Siedlungsflächenreserven
                                                                                                                                                                   c) Nachverdichtungspotenziale
     Als Siedlungsflächenreserven wurden im Rahmen dieser Untersuchung verschie-                                                                                   - Flächen innerhalb des weitgehend überbauten Gebiets mit einer geringen bau-
     dene Kategorien von Potenzialflächen für Wohnen und Gewerbe definiert: Innen-                                                                                    lichen Dichte, welche durch Anbauten, Aufstockungen oder Neubauten erhöht
     entwicklungspotenziale, Baulücken, Nachverdichtungspotenziale, Außenreserven                                                                                     werden kann.
     und Leerstände. Bedingung für die Erfassung als Siedlungsflächenreserve war,                                                                                  - Erfasst werden entweder ganze Wohnblöcke oder einzelne, große Flurstücke
     dass diese sich innerhalb eines für eine Bebauung vorgesehenen Gebiets9 im                                                                                       mit geringer Überbauungsdichte.
     rechtskräftigen Flächennutzungsplan, eines Bebauungsplans bzw. des Plan Local                                                                                 - Bei diesen Flächen war die Einschätzung der kommunalen Vertreter maßgeblich,
     d’Urbanisme (PLU) befand. Für die verschiedenen Kategorien der Siedlungsflä-                                                                                     ob auf Grund der Struktur und der Situation (Siedlungsdruck, Erschließungsmög-
     chenreserven wurden ergänzend – neben Flächengröße und Lage – unterschied-          Abb. 5: Kategorien der      Quelle: ProRaum Consult                          lichkeiten etc.) eine Nachverdichtung aus planerischer Sicht sinnvoll ist.
     liche Merkmale erhoben, die Aufschluss über die Verfügbarkeit oder vorhandene       erhobenen Siedlungsflä-                                                   - Bezüglich der Merkmale der Nachverdichtungspotenziale sind vor allem die
     Mobilisierungshemmnisse geben sollen. Die entsprechende Merkmalliste hierzu         chenreserven (Schema)                                                        Eigentümerverhältnisse und -interessen sowie der Zeitrahmen für eine Nach-
     befindet sich im Anhang.                                                                                                                                         verdichtung von hoher Bedeutung.

     Der Erhebung liegen folgende Definitionen zu Grunde:                                                                                                          d) Außenreserven
                                                                                                                                                                   Erfasst werden größere Flächen über 2.000 m² außerhalb des weitgehend über-
                                                                                                                                                                   bauten Gebiets, die im Flächennutzungsplan in der Regel als künftige Entwick-
                                                                                                                                                                   lungsflächen dargestellt sind.
                                    a) Innenentwicklungspotenziale                                                                                                 - Die erhobenen Merkmale sollen die baurechtliche Situation und den Erschlie-
                                    - Größere Flächen innerhalb des weitgehend überbauten Gebiets, in der                                                              ßungsstand bzw. eine Einschätzung zum Planungszeitraum wiedergeben.
                                       Regel ab 2.000 m².
                                    - Noch unbebaute, minder- oder falsch genutzte, bereits bebaute Flä-                                                           e) Leerstand
                                       chen (Brachflächen) oder in absehbarer Zeit brachfallende Flächen.                                                          - leer stehende Wohn-, Wirtschafts- und/oder Betriebsgebäude.
                                    - Sie sind erfahrungsgemäß schwieriger zu mobilisieren, daher werden                                                           - In der elsässischen Gemeinde Griesheim-sur-Souffel wurden innerhalb dieser
                                       für diese Flächen mehr Merkmale erhoben.                                                                                       Kategorie die zu gering genutzten Hofstellen als Leerstandsrisiko mit erfasst.
                                                                                                                                                                      Diese werden zurzeit von Einzelpersonen bewohnt, jedoch wurde der landwirt-
                                    b) Baulücken                                                                                                                      schaftliche Betrieb aufgegeben, sodass der größte Teil des überbauten Grund-
                                    - In der Regel erschlossene Einzelflurstücke innerhalb oder auch au-                                                              stücks nicht mehr genutzt wird.
                                       ßerhalb des weitgehend überbauten Gebiets mit einer Flächengröße                                                            - Hier wurden Informationen zur Nutzung, zur Bausubstanz, zu Eigentümertypen
                                       zwischen 200 m² bis 2.000 m².                                                                                                  und -interessen sowie zum Zeitrahmen für eine Mobilisierung erfasst.
                                    - Neben Grundinformationen wie Fläche, Lage, Größe und Ausweisung
                                       im Flächennutzungsplan wurden im Erhebungsgespräch auch Informa-
                                       tionen zum Eigentümertyp und Interesse an Bebauung bzw. Verkauf
                                       des Grundstücks sowie zur Nachfrage im Gebiet ermittelt.
                                                                                                                              Abb. 7-10: Baulücke (Sexau), Potenzielle Nachverdichtung? (Gengenbach), „Außenreserve“ (Griesheim-sur-Souffel;
                                                                                                                              gemäß PLU), Leerstehendes Wohn- und Wirtschaftsgebäude (Griesheim-sur-Souffel)

                                                                                   Abb. 6:
                                                                                             Foto: ProRaum Consult

                                                                                                                                                                                         Foto: ProRaum Consult
     9 Wohnbauflächen, gemischte Bauflächen, gewerbliche Bau-       brachliegendes Firmen-
                                                                                                                                               Foto: Jana Wegner

                                                                                                                                                                                                                           Foto: Jana Wegner

                                                                                                                                                                                                                                                            Foto: Jana Wegner
       flächen, Gemeindebedarfsflächen, Sonderbauflächen und
                                                                     gelände (Gengenbach)
       Flächen für Ver- und Entsorgung
10                                                                                                                                                                                                                                                     11
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...
GIS-Analyse                              Luftbildauswertung                        Erhebungsplan                                                                                                                        (DFIU) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt. Eine Begehung im
                                                                                                                                                                                                                             Anschluss an das Erhebungsgespräch konnte in der Regel die fehlenden Informa-
                                                                                                                                                                                                                             tionen liefern (z.B. Fragen nach bebauten Baulücken in einem neuen Wohngebiet).
                                                                                                                                       Abb. 11:
                                                                                                                                       Schritte der                                                                          Nachbereitung
                                                                                                                                       Vorbereitungs-                                                                        Nach den Erhebungsgesprächen wurden die erhobenen Siedlungsflächenreser-
                                                                                                                                       phase                                                                                 ven einer Qualitätskontrolle unterzogen, bei der die Daten auf Plausibilität, Voll-
                                                                                                                                       Quelle: ProRaum Consult
                                                                                                                                                                                                                             ständigkeit und Richtigkeit überprüfen wurden. Im Anschluss daran erfolgte eine
                                                                                                                                                                                                                             Rückkopplung mit jeder Gemeinde, die diese ihrerseits prüfen konnten.

     Automatische Ermittlung der unbebauten   Überprüfung der Daten mit dem Luftbild    Integration der Daten in die Arbeitsplattform und Vorbe-
     Flurstücke mithilfe der Katasterdaten                                              reitung der analogen Pläne für die Vor-Ort Gespräche                                                                                 D. Auswertung der Erhebungsergebnisse
     C. Ermittlung der Siedlungsflächen-                                (z.B. Nutzung im Flächennutzungsplan/PLU), ergänzt.                                                                                                  Im Anschluss der Erarbeitung der Übersicht ist eine Auswertung der Erhebungs-
     reserven                                                           Abschließend wurden die Daten der ermittelten und                                                                                                    ergebnisse erforderlich, da diese erst die Probleme und den Handlungsbedarf in
                                                                        geprüften Flächen in die Arbeitsplattform importiert                                                                                                 einer Gemeinde aufzeigt. Für die vier Modellgemeinden wurden die wichtigsten
     Die Ermittlung der Siedlungsflächenreserven erfolgte               und auf analogen Plänen für das Erhebungsgespräch                                                                                                    Ergebnisse aus den Erhebungen in Form eines ca. vierseitigen Fact-Sheets12
     in drei Phasen, bestehend aus der Vorbereitungspha-                dargestellt. Die Erhebung leer stehender Wohn- und                                                                                                   zusammengefasst. Im Folgenden wird – bezugnehmend auf die durchgeführten
     se, den Erhebungsgesprächen in den Gemeinden                       Wirtschaftsgebäude erfolgte über die von den Mo-                                                                                                     Fallstudien – erläutert, inwieweit die Erhebungsdaten ausgewertet werden können:
     sowie der Nachbereitungsphase.                                     dellgemeinden11 übermittelten Informationen aus dem
                                                                        Melderegister bzw. im Erhebungsgespräch.
     Vorbereitung
     Im Voraus der Erhebungsgespräche wurden mögli-                     Erhebung vor Ort                                                                                                   a) Räumliche Auswertung                                             b) Quantitative Auswertung
     che Siedlungsflächenreserven anhand der vorhan-                    Während der Erhebungsgespräche in den vier                                                                         Die grafische Übersicht ermöglicht aufgrund der                     Quantitative Daten erlauben eine Auswertungen zur
     denen digitalen Datengrundlagen10 wie Luftbilder,                  Gemeinden wurden die in der Vorbereitungsphase                                                                     Verteilung der Siedlungsflächenreserven ein Erken-                  Anzahl und Größe der Potenzialflächen. Durch Kenn-
     Topografische Karten, Daten des Amtlichen Liegen-                  ermittelten Siedlungsflächenreserven und Leerstände                                                                nen von räumlichen Mustern und Konzentrationen,                     werte, wie z.B. Potenzialfläche pro Raumnutzer, ist
     schaftskatasters, der Flächennutzungspläne (FNP)                   auf ihre Richtigkeit geprüft, gegebenenfalls korrigiert                                                            z.B. Häufungen von bestimmten Potenzialflächen. Alle                ein Vergleich zwischen unterschied-lichen Gebieten
     bzw. des Plan Local d'Urbanisme (PLU) mithilfe                     und durch die entsprechenden Merkmale, die im                                                                      Gemeinden haben zusätzlich zu den GIS-Daten auch                    möglich. Insgesamt wurden in den vier Modellkommu-
     eines geografischen Informationssystems ermittelt.                 Gespräch mit den kommunalen Vertretern abgefragt                                                                   einen ausgedruckten Übersichtsplan der Ersterhe-                    nen 265 Siedlungsflächenpotenziale13 mit einer Fläche
     Zuerst wurden alle unbebauten Flurstücke automa-                   wurden, ergänzt. Zudem wurden weitere Siedlungs-                                                                   bung erhalten.                                                      von 144 ha identifiziert.
     tisch selektiert, welche als Bauflächen gemäß des                  flächenreserven im Gespräch erfasst, die nur durch
     FNP/ PLU ausgewiesen sind. Danach wurden mittels                   Ortskenntnis ausfindig gemacht werden konnten (z.B.

                                                                                                                                                                 Quelle: ProRaum Consult

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Quelle: ProRaum Consult
     On-Screen Luftbildauswertung die zuvor ermittelten                 Brachflächen, Leerstände). An den Erhebungsge-
     Flächen überprüft und bereits genutzte Flächen wie                 sprächen waren Vertreter der jeweiligen Gemeinde,
     beispielsweise Spielplätze, Friedhöfe und Parkan-                  wie Bürgermeister oder leitende Verwaltungsange-
     lagen, sofern auf dem Luftbild erkennbar, eliminiert.              stellte (Bauamt/Hauptamt), die Mitarbeiter des be-
     Anschließend wurden die Merkmale, die bereits an-                  auftragten Planungsbüros und Projektmitarbeiter des
                                                                                                                                                                                           Abb. 12: Räumliche Auswertung                                       Abb. 13: Quantitative Auswertung
     hand der Datengrundlagen ermittelt werden konnten                  Deutsch-Französischen Instituts für Umweltforschung
                                                                                                                                                                                           12 Aufbau der Fact-Sheets für die vier Gemeinden: quantitative und räumliche Auswertung der erhobenen Siedlungsflächenreserven,
                                                                                                                                                                                              qualitative Auswertung und Mobilisierbarkeit der Flächen nach Potenzialkategorie, Berechnung des künftigen Wohnbaulandbedarfs und
                                                                                                                                                                                              Gegenüberstellung mit den vorhandenen Reserven, Identifikation von Schwerpunkträumen und Ableitung erster Handlungsempfehlun-
                                                                                                                                                                                              gen zur Mobilisierung von Potenzialen.
     10 Die digitalen Datengrundlagen wurden vom Regionalverband Südlicher Oberrhein, dem Regierungspräsidium Freiburg, Referat Raum-
                                                                                                                                                                                           13 ohne Nachverdichtungspotenziale und Leerstände, da bei Nachverdichtungspotenzialen nicht nur die durch eine mögliche Umstruk-
        ordnung und dem Gemeindeverband Kochersberg (SIGEKO) zur Verfügung gestellt.
                                                                                                                                                                                              turierung bebaubare Fläche erhoben, sondern das gesamte Quartier erfasst wird. Auch bei (teilweise) leer stehenden Gebäuden oder
12   11 Für die Stadt Gengenbach erfolgte keine Leerstandserhebung.
                                                                                                                                                                                              Leerstandsrisiko ist die Angabe einer konkreten Flächengröße nicht zielführend bzw. unmöglich.                                                                13
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...
Tab. 2: Erhobene Siedlungsflächenreserven in vier Modellgemeinden
                                                                                                                                   c) Qualitative Auswertung                                                           d) Mobilisierbarkeit
     Erhebungsergebnisse Bollschweil
                                14
                                                          Gengenbach              Nordrach         Griesheim-sur-Souffel           Aufgrund der Erhebung der Merkmale zu jeder Flä-                                    Anhand der Mobilisierbarkeit einer Fläche lässt sich
                                                                                                                                   che wird eine qualitative Auswertung ermöglicht. So                                 beurteilen, welcher Aufwand und Zeitrahmen ange-
     Einwohner15                 2.283                           11.025               1.967                 1.142                  können die Daten in Bezug auf Nutzungen, Eigen-                                     setzt werden muss, um die entsprechende Fläche
     Raumnutzer  16, 17
                                 2.432                           13.964               2.798                 1.255                  tümertypen, Planungsstand und Bauplanungsrecht                                      nutzbar zu machen. Ableiten lässt sich dies aus den
     Innenentwicklungspotenziale                                                                                                   ausgewertet werden, die u.a. hilfreich für die Beurtei-                             erhobenen Informationen zu vorhandenen Blockaden
        Anzahl                        2                               21                   6                   0                   lung des Mobilisierungsaufwands sind.                                               oder weiteren Einflussfaktoren wie z.B. der Erschlie-
        Fläche (ha)                 9,8                             26,9                 2,8                   0                                                                                                       ßungssituation, des Interesses des Eigentümers an
     Baulücken                                                                                                               Abb. 14: Qualitative Auswertung                                                           einer Entwicklung oder Veräußerung, der Topogra-
        Anzahl                       25                              128                  23                   10                                                                                                      phie oder der Nachfrage.

                                                                                                                                                                                             Quelle: ProRaum Consult
        Fläche (ha)                 1,8                              9,5                  1,8                 0,6
     Außenreserven                                                                                                                                                                                                     Der Großteil der identifizierten Innenentwicklungs-
        Anzahl                        2                                29                 13                    6                                                                                                      potenziale (teils bis zu 100 % der Baulücken) befin-
        Fläche (ha)                 1,3                                62                 15                 12,4                                                                                                      det sich in privatem Eigentum. Deren Mobilisierung
     Nachverdichtungspotenziale                                                                                                                                                                                        ist damit, bei positiver Nachfrage, direkt von der
        Anzahl                        2                                 4                      0                1            Abb. 15: Auswertung Mobilisierbarkeit                                                     Verkaufsbereitschaft bzw. den Entwicklungsabsich-
        Fläche (ha)                 1,4                               4,1                      0              2,5                                                                                                      ten der Privateigentümer abhängig. Lediglich in der
     Leerstand/ Leerstandsrisiko                                                                                                                                                                                       Modellgemeinde Nordrach befinden sich (noch) 56%

                                                                                                                                                                                             Quelle: ProRaum Consult
        Anzahl Wohn- und Wirt-        4                                  -                17                   7			                                                                                                    der Baulücken in kommunalem Eigentum.
        schaftsgebäude/Hofstellen
     Gesamt*
        Anzahl                      29                               178                  42                   16
        Fläche                    12,9                              98,4                19,6                   13
        Fläche pro Raumnutzer 50,9                                  70,8                70,9                113,9
        (m²/Raumnutzer)
                                                                                                                                   Im Folgenden soll näher auf die sich hieran anschlie-                               benen Reserven für alle Modellgemeinden in Form ei-
     *    ohne Berücksichtigung der Potenziale für Nachverdichtungen und Leerstand, siehe auch Fußnote 13
                                                                                                                                   ßenden Schritte in Richtung der Aktivierung von                                     nes Ausblicks durchgeführt und im Anschluss bereits
                                                                                                                                   Potenzialflächen eingegangen werden. Hierzu ist zu-                                 erste Schwerpunkträume und Themenschwerpunkte
                                        Bezogen auf die Anzahl der Raumnutzer sind in der Gemeinde mit der geringsten              nächst eine Gegenüberstellung des für die kommen-                                   der Innenentwicklung in den Gemeinden aufgezeigt.
                                        Einwohnerzahl und Flächengröße, Griesheim-sur-Souffel, die meisten Siedlungsflä-           den Jahre geschätzten Wohnbaulandbedarfs mit den                                    Für die Modellgemeinde Gengenbach wurden diese
                                        chenpotenziale vorhanden, was zum einen, wie auch in Nordrach, an der großzü-              vorhandenen Siedlungsflächenreserven notwendig.                                     Überlegungen vertieft und ein „Aktionsplan der
                                        gigen Darstellung künftiger Entwicklungsflächen liegt (Außenreserven) und zum              Im Rahmen der Projektstudie wurden die Bedarfsab-                                   Innenentwicklung“ erarbeitet, dessen Bestandteile auf
                                        anderen auf die geringe Zahl von Beschäftigten zurückzuführen ist. Die relativ ho-         schätzung und die Gegenüberstellung mit den erho-                                   den folgenden Seiten ausführlich erläutert werden.
                                        hen Werte der vier Modellgemeinden für diesen Indikator sind durchaus typisch18
                                        für Gemeinden der Raumkategorie „Ländlicher Raum im engeren Sinne“ 19.

     14   Erhebungsergebnisse Mai, Juni 2012                                                                                       18 Siehe bspw. die Ergebnisse der Projekte „Fläche gewinnen in Ostwürttemberg“ oder „Raum+ St. Gallen“, die aufgrund derselben Erhe-
     15   Quellen: siehe Seite 8                                                                                                      bungsmethodik (jedoch ohne Erfassung von Leerstand) ansatzweise Aussagen hierzu erlauben.
     16   Raumnutzer = Einwohner + (sozialversicherungspflichtig) Beschäftigte am Arbeitsort                                       19 Gemäß Landesentwicklungsplan (LEP BW) von 2002; Griesheim-sur-Souffel ist eine landwirtschaftlich geprägte Wohngemeinde im
14   17   Quellen: siehe Seite 8                                                                                                      Gemeindeverband Kochersberg am Rande des Speckgürtels um Straßburg (ca. 10 km entfernt).
                                                                                                                                                                                                                                                                               15
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...
4          Aktionsplan der Innenentwicklung
                                                                                                                                                beruht, welche die gemeindespezifischen Gegeben-                     nostizierten Wohnbauflächenbedarf gegenüberstellen
                                                                                                                                                heiten, wie z. B. die räumliche Lage, nicht berücksich-              zu können. Dies soll auf (inter-)kommunaler Ebene
                                                                                                                                                tigt. Diese Methode dient lediglich als Orientierung                 eine sachliche Auseinandersetzung mit dem künfti-
     Der „Aktionsplan der Innenentwicklung“ wird als                         Schritte zur Erstellung des Aktionsplans der Innenent-             für die Bedarfsermittlung und kann durch andere                      gen Bauflächenbedarf erleichtern. Die Kapazität der
     strategisches Instrument eines kommunalen Flächen-                      wicklung durchgeführt:                                             plausible Methoden ersetzt werden.                                   Siedlungsflächenreserven ist von verschiedenen Fak-
     managements vorgeschlagen, dessen Ziel es ist, die                                                                                         Im Allgemeinen wird der Wohnbauflächenbedarf in                      toren abhängig, die im Folgenden dargestellt werden.
     notwendigen Maßnahmen der Innenentwicklung auf                          1) Wohnbauflächenbedarf ermitteln                                  drei Schritten berechnet:
     (inter-)kommunaler Ebene zeitlich und räumlich zu                       2) Kapazität der potenziellen Siedlungsflächenreser-               • Ermittlung des fiktiven Einwohnerzuwachses aus                     Die Kapazität kann demnach wie folgt abgeschätzt
     definieren. Damit wird den Gemeinden ein Aktions-                          ven für eine Wohnbebauung schätzen                                   dem Belegungsdichterückgang                                     werden:
     plan für die Koordination der anstehenden Mobilisie-                    3) Aktionsräume der Innenentwicklung definieren                    • Berechnung der prognostizierten Bevölkerungs-                      • Der Kapazitätsschätzung liegen ausschließlich
     rungsmaßnahmen an die Hand gegeben. Grundlage                           4) Maßnahmen für die Mobilisierung der Potenzial-                       entwicklung von 2013 bis 2027 (mit Wanderungen)                    Flächen im Innenbereich, wie Baulücken und Innen-
     dafür bilden die Ergebnisse der Erhebung des                               flächen in Aktionsräumen festlegen                              • Der erforderliche Wohnungsbauflächenbedarf                            entwicklungspotenziale in Wohn- oder Mischbau-
     Siedlungsflächenpotenzials in der Gemeinde. Hierzu                      5) Zeitlichen Ablauf der Prozesse und Maßnahmen                         berechnet sich aus der Summe des fiktiven                          gebieten zugrunde. Alle weiteren Berechnungen
     wird die Kapazität der potenziellen Siedlungsflächen,                      abschätzen                                                           Einwohnerzuwachses und der prognostizierten                        und Ausführungen beziehen sich demnach
     vor allem im Bereich des Wohnungsbaus20, ermittelt                      6) Kapazität und prognostizierten Bedarf auf der                        Bevölkerungsentwicklung mit Wanderungen.                           lediglich auf die Baulücken und Innenentwick-
     und dem prognostizierten Bedarf auf der Zeitachse                          Zeitachse gegenüberstellen                                      Daraus ergibt sich z.B. in der Stadt Gengenbach ein                     lungspotenziale, welche für eine Wohnnutzung
     gegenübergestellt. Einen wichtigen Bestandteil bilden                                                                                      fiktiver Einwohnerzuwachs von 840 Einwohnern24 aus                      vorgesehen sind. Eine Ausnahme bilden Flächen,
     zudem die Maßnahmen, die zur Aktivierung der                            Der Aktionsplan der Innenentwicklung wurde am Beispiel             dem Belegungsdichterückgang und eine prognosti-                         die zum Beispiel als gewerbliche Bauflächen im
     Flächen notwendig sind. Denn erst wenn diese Maß-                       der Stadt Gengenbach, im Anschluss an die Erhebung                 zierte Bevölkerungsentwicklung (mit Wanderungen)                        rechtskräftigen FNP ausgewiesen sind, aber auf-
     nahmen erfolgreich durchgeführt worden sind, kann                       und Lagebeurteilung der Siedlungsflächenreserven,                  von zusätzlich 20 Einwohnern25. Der auf diese Weise                     grund ihrer offenen Entwicklungsperspektiven und
     in der Regel mit der Realisierung von Wohneinheiten                     erarbeitet. Im Vergleich mit den anderen Modellgemein-             ermittelte Wohnbauflächenbedarf beträgt bis zum                         ihrer planerischen Bedeutsamkeit im Aktionsplan
     begonnen werden. Im Einzelnen werden folgende                           den ist diese Gemeinde aufgrund ihrer Größe geeignet               Jahr 2027 in Gengenbach insgesamt ca. 12 ha26,                          Innenentwicklung berücksichtigt werden müssen.
                                                                             gewesen, das neue Instrument zu erproben.                          was, umgerechnet auf die Anzahl der Wohneinheiten,                      In Gengenbach betrifft dies z.B. ein aufgegebe-
                                                                                                                                                ca. 24 Wohneinheiten (WE)27 pro Jahr entspricht.                        nes, knapp 17 ha großes, Firmengelände.
                                                                                                                                                Auch in französischen Gemeinden28 ist, trotz einer                   • Für Flächen über 2000 m² wird zuerst ein Erschlie-
                                                 A. Ermittlung des Wohnbauflächenbedarfs                                                        nach wie vor positiven natürlichen Bevölkerungsent-                     ßungs- und Freiflächenanteil von 20 % abge-
                                                                                                                                                wicklung, der Belegungsdichterückgang mittlerweile                      zogen. Dieser Anteil wird jedoch nicht von den
                                                 Die Ermittlung des Wohnbauflächenbedarfs erfolgte für die Modellgemeinden21                    Hauptmotor des künftigen Wohnungsbedarfs.                               Baulücken und den kleineren Innenentwicklungs-
                                                 anhand des Hinweispapiers des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg von                                                                                            potenzialen abgezogen, die bereits vollständig
                                                 200922. Der Wohnbauflächenbedarf ergibt sich demzufolge aus dem Belegungs-                                                                                             erschlossen sind. Mit diesem Schritt werden die
                             Foto: Jama Wegner

                                                 dichterückgang und der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung23. Dabei ist je-               B. Kapazitätsschätzung                                                  bebaubaren Grundstücksflächen ermittelt.
                                                 doch zu beachten, dass dieser Bedarf auf einer rein rechnerischen Ermittlung der                                                                                    • Um die Bruttogrundfläche/Bruttogeschossfläche
                                                 Wohnbauflächen mit prognostizierten und landesweit verallgemeinerten Werten                    Im Anschluss an die Prognose des künftigen Wohn-                        (BGF) zu ermitteln, wird die Grundstücksfläche
                                                                                                                                                bauflächenbedarfs sollte die Kapazität der erho-                        mit der Geschossflächenzahl (GFZ) multipliziert.
                                                                                                                                                benen Siedlungsflächenreserven für Wohnen, d.h.                         Dabei werden die Angaben in den jeweiligen
     20 Der Schwerpunkt liegt auf der Abschätzung und Aktivierung künftiger Wohnbauflächen.                                                     die Anzahl der realisierbaren Wohneinheiten, abge-                      Bebauungsplänen herangezogen. Die Innenent-
     21 In Frankreich (gesamt) liegt der Belegungsdichterückgang gemittelt bei ca. 1% pro Jahr (Quelle: INSEE, eigene Berechnungen). Auf-       schätzt werden, um diese anschließend dem prog-                         wicklungspotenziale und Baulücken ohne Bebau-
        grund der aktuellen durchschnittlichen Haushaltsgröße in Griesheim-sur-Souffel von 2,4 (in 2009) sowie der Struktur des Wohnungsan-
        gebots der ländlichen Gemeinde wurden für die Berechnung durchschnittlich 0,5% - 1% Belegungsdichterückgang pro Jahr zu Grunde
        gelegt. Die GFZ (hier „coefficient d’occupation du sol“) ist geringfügig höher anzusetzen (bei 0,6). Die durchschnittliche Wohnfläche
        pro Einwohner liegt mit 40m² pro Person in Frankreich (gesamt) unter dem deutschen Durchschnittswert, dürfte aber in einer ländlichen
        Wohngemeinde wie Griesheim-sur-Souffel etwas höher ausfallen.                                                                           24 (11.228 (Einwohnerzahl 2013) * 0,5 * 15 Jahre)/100                  25 11.247 (Einwohnerzahl 2027) – 11.228 (Einwohnerzahl 2013)
     22 „Hinweise für die Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbedarfsnachweise im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach § 6 und § 10           26 Einwohnerdichte für Unterzentren = 70 Einwohner pro Hektar          27 Belegungsdichte = 2,4 Einwohner pro Wohneinheit
        Abs. 2 BauGB“ vom 01.09.2009.                                                                                                           28 Vgl. z.B. Plan Local de l’Habitat (PLH) für das Gebiet des Stadtverbands Straßburg (CUS), Kapitel zum künftigen Wohnungsbedarf
16   23 Das statistische Landesamt Baden-Württemberg prognostiziert für Gengenbach ein Bevölkerungswachstum bis 2030 von ca. 2 %.                  („besoins en logements de la CUS“); www.strasbourg.eu/urbanisme/plh/15_besoins_logements.pdf                                       17
Qualitätsorientiertes Flächenmanagement in kleinen und mittelgroßen Kommunen am Oberrhein: Siedlungsflächenreserven ermitteln, bewerten und ...
C. Aktionsräume der Innenentwick-                        Deshalb bedarf es einer groben zeitlichen Aufstel-
                                                                               Abb. 16: Schema der Kapazitätsabschätzung                                    lung definieren                                          lung, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang
                                                                                                                                                                                                                     die vorhandenen Flächenreserven auf den Markt
         ungsplan können mit einer durchschnittlichen GFZ                                                                                                   Die Umsetzung der Strategie „Innenentwicklung vor        gebracht werden können.
         z. B. von 0,5 verrechnet werden.                                                                                                                   Außenentwicklung“ erfordert die Identifikation von       Alle Baulücken und Innenentwicklungspotenziale wur-
     •   In einem dritten Schritt wird die Nutzfläche/Netto-                                                                                                Aktionsräumen der Innenentwicklung. Diese sind von       den entweder in sofort mobilisierbare Flächen bzw.
         wohnfläche berechnet. Dabei werden 20 % der                                                                                                        strategischer Bedeutung für die Siedlungsentwick-        kurzfristig mobilisierbare Innenentwicklungspotenzi-
         Bruttogeschossfläche für technische Funktions-                                                                                                     lung in der Gemeinde. Für die einzelnen Aktionsräu-      ale (IE) oder in mittel- und langfristig mobilisierbare
         (TF) und Verkehrsflächen (VF) abgezogen.                                                                                                           me sollen angepasste Vorgehensweisen zur Mobili-         Flächen und Innentwicklungspotenziale unterteilt. Die
     •   Die Nettowohnfläche wird durch die spezifische                                                                                                     sierung entworfen werfen. In Gengenbach wurden           Einteilung der Innenentwicklungspotenziale in kurz-,
         Wohnfläche pro Einwohner (z. B. 45 m²) dividiert,                                                                                                  sieben solcher Aktionsräume definiert, welche die        mittel- oder langfristige IE, erfolgte bezüglich der
         um die mögliche Einwohnerzahl zu ermitteln.                                                                                                        Gemeinde schwerpunktmäßig in Angriff nehmen              erhobenen Merkmale, die Auskunft über bestehende
     •   Durch Division mit der durchschnittlichen Bele-                                                                                                    sollte. Diese verschiedenen Gebiete sind typisch für     Mobilisierungshemmnisse geben.
         gungsdichte (Einwohner pro Wohneinheit, z. B.                                                                                                      verschiedene städtebauliche Situationen. In der Ab-
         2,4) wird die Anzahl der möglichen Wohneinheiten                                                                                                   bildung unten sind diese Aktionsräume dargestellt.
         ermittelt.                                                                                                                                         Die Potenziale der identifizierten Aktionsräume, wie     D. Maßnahmen zur Mobilisierung
     •   Da jedoch insbesondere bei den Innenentwick-                                                                                                       auch die weiteren Innenentwicklungspotenziale und
         lungspotenzialen größere Flächen vorhanden                                                                                                         Baulücken, die nicht zu diesen Räumen zählen,            Die besonderen Merkmale und Herausforderungen
         sind, auf denen eine zukünftige Wohnnutzung                                                                                                        können aufgrund von bestehenden Blockaden und            der definierten Aktionsräume sowie der sonstigen
         noch nicht absehbar ist, wurden planerische                                                                                                        Hemmnissen wie mangelnder Nachfrage, fehlendem           Baulücken und Innenentwicklungspotenziale wurden
         Werte für die Wohneinheiten festgelegt, die sich                                                                                                   Interesse seitens des Eigentümers, baurechtlicher        daraufhin erläutert, die rechnerisch und planerisch
         jedoch an den rechnerischen orientieren. Bei der                                                                                                   Situation, ungünstiger Topographie etc. nicht alle so-   realisierbaren Wohneinheiten ermittelt, mögliche Akti-
         Festlegung der Anzahl der Wohneinheiten wurden                                                                                                     fort und gleichzeitig entwickelt bzw. bebaut werden.     vierungsmaßnahmen aufgezeigt und der erforderliche
         zudem die Angaben (z. B. Bebauung nur mit                                                                                                                                                                   Entwicklungshorizont hierfür geschätzt.
         Einfamilienhäusern) in bestehenden Bebauungs-
         plänen berücksichtigt.                                                                                                                                                                                      Für Baulücken und Innenentwicklungspotenziale ohne
                                                                                                                                                                                                                     Hinderungsgründe wird ein regelmäßiges Monitoring
     Auf diese Weise können für alle Innenentwicklungspo-                                                                                                                                                            der Bauaktivität durch eine jährliche Fortschreibung
     tenziale und Baulücken die rechnerisch bzw. plane-                                                                                                                                                              der Übersicht empfohlen. Bei einer ggf. rückläufigen
                                                                                                                           Quelle: ProRaum Consult

     risch realisierbaren Wohneinheiten berechnet werden.                                                                                                                                                            Bauaktivität wird angeraten, die Eigentümer zu befra-
     In Gengenbach beträgt die Nutzfläche der Innenent-                                                                                                                                                              gen, um deren Interessen und Absichten bezüglich
     wicklungspotenziale und der Baulücken demzufolge                                                                                                                                                                der Entwicklung oder Veräußerung ihres Grundstücks
     über 60.000 m². Auf dieser Fläche könnten ca. 550                                                                                                                                                               zu erfahren. Die Bereitstellung einer kommunalen
     Wohneinheiten für ca. 1.350 Einwohner realisiert wer-                                                                                                                                                           Baulandbörse kann weiterhin die Vermarktung von
     den. Nach Abgleich der rechnerischen Werte mit den                                                                                                                                                              Grundstücken unterstützen. Bei diesen Grundstücken
     Bebauungsplänen, wurde die Anzahl der Wohneinhei-                                                                                                                                                               ist eine kurzfristige Mobilisierung innerhalb der
     ten für den Aktionsplan auf insgesamt 450 festgelegt.                                                                                                                                                           nächsten Jahre prinzipiell möglich. In der Abbildung
                                                                                                                                                                                                                     „Aktionsräume in Gengenbach“ betrifft dies die blau
                                                                                                                                                                                                                     dargestellten Bebauungsplangebiete.
                                                               Foto: Jana Wegner

                                                                                                                                                     Quelle: ProRaum Consult                                         Abb. 17: Aktionsräume in Gengenbach
18                                                                                                                                                                                                                                                                             19
Innenentwicklungspotenziale, die erst mittel- oder       Bei einem mittelfristigen Entwicklungshorizont wurden
     langfristig mobilisierbar sind, weil die Fläche mo-      hier ca. fünf bis zehn Jahre angesetzt, bei langfristig                                                                                                     Abb.19: Zeitliche Abfolge von Aktivierungsmaß-
     mentan noch genutzt wird, die Eigentümer eine            mobilisierbaren Innenentwicklungspotenzialen sind                                    E. Zeitliche Abfolge der Prozesse                                      nahmen in verschiedenen Aktionsräumen am
     Entwicklung ablehnen, die Nachfrage ungünstig ist        ca. zehn bis 15 Jahre erforderlich, um die Fläche zu                                 und Maßnahmen                                                          Beispiel Gengenbach
     oder gar eine Altlastenproblematik vorliegt, erfordern   entwickeln. In der Abbildung „Aktionsräume in Gen-
     zunächst eine Erkundungsphase der Fläche mit ihren       genbach“ betrifft dies die rot dargestellten Flächen                                 Die für die jeweiligen Aktionsräume vorgeschlagenen
     Entwicklungs- und Nutzungsmöglichkeiten z.B. mittels     (IE). Die Mobilisierung von Nachverdichtungs- bzw.                                   Einzelmaßnahmen werden anschließend in zeitlicher
     Testentwürfen. Aufbauend auf diesen Ergebnissen          Umstrukturierungspotenzialen (NV), die aufgrund                                      Abfolge dargestellt. Für das Fallbeispiel Gengenbach
     kann im Anschluss Baurecht geschaffen werden             mehrerer Eigentümer eher lang- als kurzfristig erfol-                                wurde für die einzelnen Aktionsräume dargelegt,
     (Aufstellung Bebauungsplan/Änderung Plan Local           gen wird, erfordert ebenso die konsequente Einbe-                                    welche Maßnahmen wann und mit welchem Ziel um-
     d’ Urbanisme). Insbesondere gegenüber ablehnend          ziehung der Eigentümer. Dies kann z.B. in Form von                                   gesetzt werden sollten. Der angegebene Zeitrahmen
     eingestellten Eigentümern ist der regelmäßige Kontakt    Workshops geschehen.                                                                 dient dabei nur als Orientierung, wie viel Zeit für die
     seitens der Gemeinde zu suchen und Überzeugungs-                                                                                              Aktivierung im Normalfall eingeplant werden sollte.
     arbeit zu leisten. Bei Brachflächen zum Beispiel,        Diese Mobilisierungsmaßnahmen, die noch ausführli-                                   Der Gemeinde steht damit eine Handlungsanleitung

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Quelle: ProRaum Consult
     deren Entwicklung für die Gemeinde strategisch           cher im Anhang beschrieben sind, bieten sich prinzi-                                 für die Koordinierung notwendiger Maßnahmen zur
     wichtig ist und die mehreren Eigentümern mit unter-      piell auch in anderen, kleineren Gemeinden an.                                       Verfügung, die jederzeit angepasst werden kann.
     schiedlichen Entwicklungsabsichten gehören, kann
     es zielführend sein, ein Konsilium zu gründen, in dem
     die Gemeinde neben den Eigentümern Mitglied ist. In      Abb. 18: Zusammenstellung von Maßnahmen für definierte
     diesem Rahmen werden mögliche Entwicklungsper-           Aktionsräume und für weitere Innenentwicklungspotenziale
     spektiven erkundet und deren Umsetzbarkeit über-         in Gengenbach
     prüft, die Aufträge für Entwurfsteams und Gutachter
     gemeinsam vergeben und beurteilt sowie Vertiefun-                                                                                             F. Gegenüberstellung des vorhandenen Potenzials mit
     gen oder Schwerpunkthemen identifiziert, um letztlich                                                                                         dem berechneten Bedarf
     eine gemeinsame Entwicklungsrichtung zu finden.
                                                                                                                                                   Die Herausforderung eines nachhaltigen Flächenmanagements besteht darin,
                                                                                                                                                   die vorhandenen Flächen im Bestand bedarfsgerecht auf dem Markt anbieten zu
                                                                                                                                                   können. Da nicht alle Flächen sofort und ohne Weiteres verfügbar sind, wurden am
                                                                                                                                                   Beispiel von Gengenbach geeignete Aktivierungsmaßnahmen und die benötigte
                                                                                                                                                   Zeit bis zur Realisierung von Wohnungen abgeschätzt. Abschließend wurden
                                                                                                                                                   die Anzahl der realisierbaren Wohneinheiten (WE)29 in den identifizierten Aktions-
                                                                                                                         Quelle: ProRaum Consult

                                                                                                                                                   räumen und der berechnete Wohnbauflächenbedarf in Wohneinheiten auf der
                                                                                                                                                   Zeitachse gegenübergestellt (siehe Abbildung 20, nächste Seite).

                                                                                                                                                   29 Eine solche Abschätzung wurde für die Aktionsräume, für die sonstigen Baulücken sowie für die kurz-, mittel- und langfristigen Innenent-
                                                                                                                                                      wicklungspotenziale erarbeitet. Bei der Kapazitätsabschätzung der einzelnen Schwerpunkträume wurde ein Sicherheitsfaktor einbezo-
                                                                                                                                                      gen, da aufgrund von rechtlichen und physischen Gegebenheiten nicht immer die komplette Fläche entwickelt werden kann. Demzufol-
20                                                                                                                                                    ge wurde davon ausgegangen, dass ca. 20 % der Flächen der Innenentwicklungspotenziale und der Baulücken nicht bebaut werden.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 21
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