Rechtliche Aspekte Dekubitusprophylaxe - Andreas Wessendorf Lehrer für Pflegeberufe

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Rechtliche Aspekte Dekubitusprophylaxe - Andreas Wessendorf Lehrer für Pflegeberufe
Dekubitusprophylaxe
Rechtliche Aspekte
Andreas Wessendorf
Lehrer für Pflegeberufe
August 2020
Rechtliche Aspekte Dekubitusprophylaxe - Andreas Wessendorf Lehrer für Pflegeberufe
Dekubitusprophylaxe - Einstieg

• Bei Patienten mit Risiko für das Entstehen eines
  Dekubitus sind besondere pflegerische und medizinische
  Maßnahmen erforderlich. Grundlegende Dinge sollten
  dabei unbedingt, auch aus haftungsrechtlicher Sicht,
  beachtet werden.

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Dekubitusprophylaxe

Nicht zwangsläufig ist das Entstehen eines Dekubitus Folge
von Fehlverhalten auf Seiten des jeweiligen Behandlers. Von
Relevanz ist hierbei grundsätzlich die Frage, inwieweit das
Dekubitalgeschwür in den sogenannten vollbeherrschbaren
Herrschafts- und Organisationsbereich einzuordnen ist.

Video von Rechtsanwalt Prof. Dr. Volker Großkopf

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Fallbeispiel - Klage wegen fehlerhafter
Dekubitusprophylaxe bei einem Hochrisikopatienten

• Der Patient wurde nicht als Hochrisikopatient für das Erlei-
  den eines Dekubitus eingeordnet. Entsprechende
  Behandlungsmaßnahmen wurden daher nicht vorgenom-
  men.
• Die Dokumentation war lückenhaft, sodass einzelne
  Behandlungsmaßnahmen nicht voll umfänglich nachvoll-
  zogen werden konnten.

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Auszug aus der Berufsordnung

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Modelle zur Problemlösung
Vorbehaltene Tätigkeiten Pflegeberufegesetz §4 Abs. 2

Erhebung u. Feststellung des   Organisation, Gestaltung u. Steuerung des        Analyse, Evaluation, Sicherung u.
individuellen Pflegebedarfs    Pflegeprozesses                                  Entwicklung der Qualität der Pflege

Pflegeprozess                                                                                           Erfahrungen als
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Informations   Erkennen von    Festlegung der    Planung der        Durch-      Beurteilung der         Planung v.
-sammlung      Problemen und   Pflegeziele       Pflege-            führung     Pflegewirkung           zukünftigen
               Ressourcen                        maßnahmen                                              Prozessen

                                 Festlegung realistischer
                                   Ziele, Auswahl von
                                                                                Durchführung nach aktuellen
   Pflegeanamnese, z.B.                geeigneten
                                                                           wissenschaftlichen Erkenntnissen und
     Einschätzung des              Pflegemaßnahmen,
                                                                              Beachtung geltender Standards,
      Dekubitusrisikos             Analyse potentieller
                                                                               Dokumentation und Evaluation
                                   Probleme durch die
                                ausgewählten Maßnahmen
Auszug aus der Berufsordnung

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Auszug aus der Berufsordnung

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Verantwortlichkeiten

                 Gesamtverantwortung
                           Arzt

                 Anordnungsverantwortung
                          Arzt

                Organisationsverantwortung
                Durchführungsverantwortung
                     Durchführender

                   Remonstrationspflicht
          Dokumentation                Haftung

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Organisationsverantwortung

Sie liegt bei der Einrichtung und
somit bei der pflegerischen Leitung:
• Bereitstellung der notwendigen
   Kräfte (Qualifizierung, Quantität)
• Vorhalten entsprechender
   Standards

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Remonstrationspflicht
1. Überprüfung von Anweisungen auf Rechtmäßigkeit
2. Überprüfung von Anweisungen auf Richtigkeit
3. Rechtswidrige oder fehlerhafte Anweisungen sind unverzüglich
   beim unmittelbaren Vorgesetzten zu remonstrieren.
   Remonstrationspflicht = Pflicht zur Weigerung, solche Aufgaben zu
   übernehmen, von denen der Durchführende überzeugt ist,
    • dass sie dem Patienten schaden oder
    • dass er diese nicht beherrscht.
4. Dokumentation eines solchen Sachverhalts

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Haftungsrecht

Haftung bedeutet, dass jemand für die Fehler und Folgen seines
Handelns einstehen muss.
Dabei können sich aus einem fehlerhaften Handeln sowohl
zivilrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen ergeben.

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Haftung aus Vertrag

• Grundlage ist ein Vertrag, z.B. zwischen Arztpraxis, MVZ oder
  Krankenhaus und Patient, der alle Mitarbeitenden zur Erbringung
  einer fachlich einwandfreien Leistung verpflichtet
• Bei fehlerhafter Leistung kann der Patient hier im Regelfall nur
  Schadensersatz vom Träger erhalten, nicht jedoch von den
  Mitarbeitenden.

Zur Haftung führen:
• Sorgfaltspflichtverletzungen (mittlere und grobe Fahrlässigkeit)
• Aufklärungsfehler
• fehlende/unzureichende Sicherheitsvorkehrungen
• erhebliche Nichteinhaltung von Terminen

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Beispiele von vertraglicher Haftung in der
Wundambulanz
• Gemeint ist der alltägliche „kleine Fehlerteufel“:
• mittlere und grob fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzungen, z.B.
  Vertausch von Patientenakten bei ähnlichen Namen (Markus
  Schmitt und Martin Schmitt) mit Folgen für einen oder beide
  Patienten
• unbeabsichtigte, fahrlässige Schweigepflichtverletzungen
• fahrlässige Aufklärungsfehler
• fehlende/unzureichende Sicherheitsvorkehrungen, z.B. beim
  Einsatz von Medizinprodukten, unbeabsichtigte Kontamination von
  Wunden bei fehlendem Mundschutz etc.
• erhebliche Nichteinhaltung von Terminen

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Haftung aus Delikt (unerlaubte Handlung)

• bei Verletzung von Gesundheit, Leben oder Freiheit des Patienten
  durch schuldhaften Behandlungsfehler oder eigenmächtige
  Heilbehandlung
• Verschulden bei Vorsatz und je nach Grad der Fahrlässigkeit
• Schadenersatz und Schmerzensgeld

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Beispiele von deliktischer Haftung in der
Wundambulanz
• Abrechnung von Leistungen, die im Rahmen der erforderlichen
  Diagnostik und Therapie aber tatsächlich nicht erbracht wurden
• Körperverletzung durch fehlerhafte Behandlung
• Schweigepflichtverletzungen, z.B. bei Weitergabe von Daten ohne
  Einwilligung des Betroffenen
• Verletzung der Garantenpflicht

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Relevante Haftungsbereiche im Rahmen der Wundversorgung

   Zivilrechtliche         Arbeitsrechtliche        Strafrechtliche
      Haftung:                Haftung:                 Haftung:

Vertragliche Haftung:      Vertragsrechtlich          Geld- oder
      Schadens-             eingeschränkte          Freiheitsstrafe
     ersatzpflicht            Haftung des
                            Arbeitnehmers
                            (abhängig vom
                         Verschuldungsgrad),
Deliktische Haftung:      strafrechtlich volle
     Schadens-                  Haftung
    ersatzpflicht

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Arbeitnehmerhaftung

Bei der Haftung für Schäden, die der Arbeitnehmer in Ausführung
betrieblicher Verrichtungen nicht vorsätzlich dem Arbeitgeber zugefügt
hat, ist ein innerbetrieblicher Schadensausgleich durchzuführen.
Eine Beschränkung gilt nicht nur bei gefahrgeneigter Arbeit, sondern
für alle Arbeiten, die durch den Betrieb veranlasst sind und aufgrund
eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden.
Der Umfang der Haftungseinschränkung bestimmt sich nach der
Abwägung der Gesamtumstände im Einzelfall nach dem Grad der
Fahrlässigkeit:
• leichte (einfache) Fahrlässigkeit: keine Haftung des Arbeitnehmers
• normale (mittlere) Fahrlässigkeit: Quotelung
• grobe Fahrlässigkeit: volle Haftung des Arbeitnehmers

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Arbeitnehmerhaftung bei leichter Fahrlässigkeit

• unerhebliches, vernachlässigendes Verschulden
• eine vergleichsweise harmlose, nur wenige Augenblicke währende
  Unaufmerksamkeit in einer an sich alltäglichen Situation
• Beispiele:
   • die Infusionsflasche, die dem Arbeitnehmer aus Versehen dem
      Arbeitnehmer aus der Hand fällt
   • das versehentliche Anrempeln während der Arbeit

Bei einer Arbeitnehmer-Pflichtverletzung im Arbeitsleben kann unter
Berücksichtigung aller Einzelumstände bei völlig geringfügigen und
leicht entschuldbaren Pflichtwidrigkeiten – die jedem Arbeitnehmer im
Laufe der Zeit passieren können – eine Arbeitnehmerhaftung
ausgeschlossen sein.

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Arbeitnehmerhaftung bei mittlerer Fahrlässigkeit
• Fälle, in denen der Arbeitnehmer einen Schaden hätte voraussehen
  müssen, aber nicht daran gedacht hat
• vollständige Haftungsfreistellung abgelehnt, die Aufteilung richtet sich
  nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten (Teilung der
  Haftung, Quotelung), z.B.
  • Gefahrgeneigtheit der Arbeit und Schadenshöhe
  • vom Arbeitgeber einkalkuliertes und durch Versicherung
    abgedecktes Risiko
  • Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und Höhe seines
    Arbeitsentgelts sowie
  • unter Umständen auch die persönlichen Verhältnisse des
    Arbeitnehmers wie Dauer seiner Betriebszugehörigkeit,
    Lebensalter, Familienverhältnisse und bisheriges Verhalten
• bei der Bildung der individuellen Haftungsquote sind die Gerichte frei,
  meist wird die Haftung des AN auf ein Monatsgehalt begrenzt

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Arbeitnehmerhaftung bei grober Fahrlässigkeit

• Außerachtlassen der erforderlichen Sorgfaltspflicht, gemessen
  nach den gesamten Umständen und in ungewöhnlich hohem Maße
• dabei ist zu berücksichtigen, was der Schädigende nach seinen
  individuellen Fähigkeiten erkennen und erbringen konnte
• der Arbeitnehmer haftet in aller Regel für den gesamten Schaden
• Beispiel:
      Eine Ärztin hat auf Grund haarsträubender Fehler einer
      Patientin bei einer Operation unkompatibles Spenderblut
      zugeführt. Die Patientin ist deshalb verstorben. Das BAG hat
      wegen der akuten Lebensgefährdung und der schlechterdings
      nicht hinnehmbaren Häufung von Fehlern und Unterlassungen
      das Verschulden als „gröbst“ fahrlässig eingestuft.

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Arbeitnehmerhaftung im Kirchlichen Dienst (AVR)

Bei Mitarbeitern im kirchlichen Dienst mit Arbeitsverträgen nach den
AVR-Caritas ist die Haftung beschränkt auf Schäden, die durch grob
fahrlässige oder vorsätzliche Verletzung der Dienstpflichten
entstanden sind (§ 5 Abs. 5 AVR-Caritas).

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Arbeitnehmerhaftung – Gut zu wissen!

Beweislast
Die Beweislastregel gemäß BGB wird bei der Arbeitnehmerhaftung zu
Gunsten des Arbeitnehmers modifiziert. Der Arbeitgeber muss
darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung
zu vertreten, d. h. verschuldet hat. (Beweislastumkehr). Die
Nichterweislichkeit geht also zu Lasten des Arbeitgebers.

Ausbildungsverhältnis
Die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gelten
auch im Ausbildungsverhältnis (BAG 8 AZR 348/01 vom 18. April
2002).

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MPG und MPBetreibV
• im Unterschied zu Arzneimitteln primär nicht pharmakologische,
  metabolische oder immunologische, sondern physikalische Wirkung
• bei Anwendung von Medizinprodukten am Menschen
• Risikoklassen I, II a, II b, III (aktiv, nichtaktiv)
• Zulassungsvoraussetzungen CE – Kennzeichnung
• Hersteller, Betreiber, Anwender
• vorgeschriebene Medizinprodukteberater
• ausschließlich zweckbestimmter Einsatz
• Anwendung unter Beachtung anerkannter Technikregeln sowie
  Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften
• Nutzung nur mit erforderlicher Ausbildung, Kenntnis und Erfahrung
• vor Anwendung eines Medizinproduktes: Überprüfung der
  Funktionsfähigkeit, des ordnungsgemäßen Zustandes und
  Beachtung der Gebrauchsanweisung (Sicherheitsinformationen)

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Haftung bei Verstößen gegen MPG und MPBetreibV?
Zum Beispiel bei:
• bei fehlerhafter Vorbereitung
   • Einsatz trotz fehlender CE-Kennzeichnung
   • fehlende Überprüfung bei Sterilgut
   • fehlende oder unzureichende Überprüfung der
     Funktionsfähigkeit eines Medizinproduktes vor Anwendung
   • Missachtung der Sicherheitsinformationen
• bei Einsatz ohne vorgeschriebene Medizinprodukte-Einweisung
• bei eigenständiger Kombination von verschiedenen
  Medizinprodukten (Zweckveränderung  Anwender wird zum
  Hersteller)
• Missachtung anerkannter Technikregeln, Arbeitsschutz- und
  Unfallverhütungsvorschriften bei Anwendung

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Fotodokumentation von Wunden
Mit den heute vorhandenen technischen Möglichkeiten durch
Digitalkameras nimmt die Wunddokumentation per Fotografie einen
immer größeren Stellenwert ein. Digitalkameras sind zur
Wunddokumentation rechtlich zulässig und aus 3 Gründen
empfehlenswert:
1. Die Bildqualität ist mittlerweile in der Regel sehr gut.
2. Der Aufbewahrungspflicht kann leichter nachgekommen werden
    (30 Jahre bei medizinischen Unterlagen).
3. Es ist ein kostengünstiges Verfahren.
4. Eine Fotodokumentation ersetzt nicht die schriftliche
    Dokumentation, sondern ergänzt sie. Fotos können die
    Dreidimensionalität einer Wunde, mögliche Vertunnelungen und
    Farben ggf. nur teilweise dargestellen. Um Probleme in der
    Dokumentation des Wundverlaufs zu vermeiden, sollten Fotos
    nach einem standardisierten Vorgehen gemacht werden.

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Fotodokumentation von Wunden

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                 Diskutieren Sie!

                                    Seite 28
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