Rechtliche Aspekte Dekubitusprophylaxe - Andreas Wessendorf Lehrer für Pflegeberufe
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Dekubitusprophylaxe - Einstieg • Bei Patienten mit Risiko für das Entstehen eines Dekubitus sind besondere pflegerische und medizinische Maßnahmen erforderlich. Grundlegende Dinge sollten dabei unbedingt, auch aus haftungsrechtlicher Sicht, beachtet werden. Seite 2 Ihre E-Mail-Adresse
Dekubitusprophylaxe Nicht zwangsläufig ist das Entstehen eines Dekubitus Folge von Fehlverhalten auf Seiten des jeweiligen Behandlers. Von Relevanz ist hierbei grundsätzlich die Frage, inwieweit das Dekubitalgeschwür in den sogenannten vollbeherrschbaren Herrschafts- und Organisationsbereich einzuordnen ist. Video von Rechtsanwalt Prof. Dr. Volker Großkopf Seite 3 Ihre E-Mail-Adresse
Fallbeispiel - Klage wegen fehlerhafter Dekubitusprophylaxe bei einem Hochrisikopatienten • Der Patient wurde nicht als Hochrisikopatient für das Erlei- den eines Dekubitus eingeordnet. Entsprechende Behandlungsmaßnahmen wurden daher nicht vorgenom- men. • Die Dokumentation war lückenhaft, sodass einzelne Behandlungsmaßnahmen nicht voll umfänglich nachvoll- zogen werden konnten. Seite 4 Ihre E-Mail-Adresse
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Auszug aus der Berufsordnung Seite 6 Ihre E-Mail-Adresse
Modelle zur Problemlösung Vorbehaltene Tätigkeiten Pflegeberufegesetz §4 Abs. 2 Erhebung u. Feststellung des Organisation, Gestaltung u. Steuerung des Analyse, Evaluation, Sicherung u. individuellen Pflegebedarfs Pflegeprozesses Entwicklung der Qualität der Pflege Pflegeprozess Erfahrungen als Grundlage zur Informations Erkennen von Festlegung der Planung der Durch- Beurteilung der Planung v. -sammlung Problemen und Pflegeziele Pflege- führung Pflegewirkung zukünftigen Ressourcen maßnahmen Prozessen Festlegung realistischer Ziele, Auswahl von Durchführung nach aktuellen Pflegeanamnese, z.B. geeigneten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Einschätzung des Pflegemaßnahmen, Beachtung geltender Standards, Dekubitusrisikos Analyse potentieller Dokumentation und Evaluation Probleme durch die ausgewählten Maßnahmen
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Verantwortlichkeiten Gesamtverantwortung Arzt Anordnungsverantwortung Arzt Organisationsverantwortung Durchführungsverantwortung Durchführender Remonstrationspflicht Dokumentation Haftung Seite 10
Organisationsverantwortung Sie liegt bei der Einrichtung und somit bei der pflegerischen Leitung: • Bereitstellung der notwendigen Kräfte (Qualifizierung, Quantität) • Vorhalten entsprechender Standards Seite 11
Remonstrationspflicht 1. Überprüfung von Anweisungen auf Rechtmäßigkeit 2. Überprüfung von Anweisungen auf Richtigkeit 3. Rechtswidrige oder fehlerhafte Anweisungen sind unverzüglich beim unmittelbaren Vorgesetzten zu remonstrieren. Remonstrationspflicht = Pflicht zur Weigerung, solche Aufgaben zu übernehmen, von denen der Durchführende überzeugt ist, • dass sie dem Patienten schaden oder • dass er diese nicht beherrscht. 4. Dokumentation eines solchen Sachverhalts Seite 12
Haftungsrecht Haftung bedeutet, dass jemand für die Fehler und Folgen seines Handelns einstehen muss. Dabei können sich aus einem fehlerhaften Handeln sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen ergeben. Seite 13
Haftung aus Vertrag • Grundlage ist ein Vertrag, z.B. zwischen Arztpraxis, MVZ oder Krankenhaus und Patient, der alle Mitarbeitenden zur Erbringung einer fachlich einwandfreien Leistung verpflichtet • Bei fehlerhafter Leistung kann der Patient hier im Regelfall nur Schadensersatz vom Träger erhalten, nicht jedoch von den Mitarbeitenden. Zur Haftung führen: • Sorgfaltspflichtverletzungen (mittlere und grobe Fahrlässigkeit) • Aufklärungsfehler • fehlende/unzureichende Sicherheitsvorkehrungen • erhebliche Nichteinhaltung von Terminen Seite 14
Beispiele von vertraglicher Haftung in der Wundambulanz • Gemeint ist der alltägliche „kleine Fehlerteufel“: • mittlere und grob fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzungen, z.B. Vertausch von Patientenakten bei ähnlichen Namen (Markus Schmitt und Martin Schmitt) mit Folgen für einen oder beide Patienten • unbeabsichtigte, fahrlässige Schweigepflichtverletzungen • fahrlässige Aufklärungsfehler • fehlende/unzureichende Sicherheitsvorkehrungen, z.B. beim Einsatz von Medizinprodukten, unbeabsichtigte Kontamination von Wunden bei fehlendem Mundschutz etc. • erhebliche Nichteinhaltung von Terminen Seite 15
Haftung aus Delikt (unerlaubte Handlung) • bei Verletzung von Gesundheit, Leben oder Freiheit des Patienten durch schuldhaften Behandlungsfehler oder eigenmächtige Heilbehandlung • Verschulden bei Vorsatz und je nach Grad der Fahrlässigkeit • Schadenersatz und Schmerzensgeld Seite 16
Beispiele von deliktischer Haftung in der Wundambulanz • Abrechnung von Leistungen, die im Rahmen der erforderlichen Diagnostik und Therapie aber tatsächlich nicht erbracht wurden • Körperverletzung durch fehlerhafte Behandlung • Schweigepflichtverletzungen, z.B. bei Weitergabe von Daten ohne Einwilligung des Betroffenen • Verletzung der Garantenpflicht Seite 17
Relevante Haftungsbereiche im Rahmen der Wundversorgung Zivilrechtliche Arbeitsrechtliche Strafrechtliche Haftung: Haftung: Haftung: Vertragliche Haftung: Vertragsrechtlich Geld- oder Schadens- eingeschränkte Freiheitsstrafe ersatzpflicht Haftung des Arbeitnehmers (abhängig vom Verschuldungsgrad), Deliktische Haftung: strafrechtlich volle Schadens- Haftung ersatzpflicht Seite 18 Ihre E-Mail-Adresse
Arbeitnehmerhaftung Bei der Haftung für Schäden, die der Arbeitnehmer in Ausführung betrieblicher Verrichtungen nicht vorsätzlich dem Arbeitgeber zugefügt hat, ist ein innerbetrieblicher Schadensausgleich durchzuführen. Eine Beschränkung gilt nicht nur bei gefahrgeneigter Arbeit, sondern für alle Arbeiten, die durch den Betrieb veranlasst sind und aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden. Der Umfang der Haftungseinschränkung bestimmt sich nach der Abwägung der Gesamtumstände im Einzelfall nach dem Grad der Fahrlässigkeit: • leichte (einfache) Fahrlässigkeit: keine Haftung des Arbeitnehmers • normale (mittlere) Fahrlässigkeit: Quotelung • grobe Fahrlässigkeit: volle Haftung des Arbeitnehmers Seite 19
Arbeitnehmerhaftung bei leichter Fahrlässigkeit • unerhebliches, vernachlässigendes Verschulden • eine vergleichsweise harmlose, nur wenige Augenblicke währende Unaufmerksamkeit in einer an sich alltäglichen Situation • Beispiele: • die Infusionsflasche, die dem Arbeitnehmer aus Versehen dem Arbeitnehmer aus der Hand fällt • das versehentliche Anrempeln während der Arbeit Bei einer Arbeitnehmer-Pflichtverletzung im Arbeitsleben kann unter Berücksichtigung aller Einzelumstände bei völlig geringfügigen und leicht entschuldbaren Pflichtwidrigkeiten – die jedem Arbeitnehmer im Laufe der Zeit passieren können – eine Arbeitnehmerhaftung ausgeschlossen sein. Seite 20
Arbeitnehmerhaftung bei mittlerer Fahrlässigkeit • Fälle, in denen der Arbeitnehmer einen Schaden hätte voraussehen müssen, aber nicht daran gedacht hat • vollständige Haftungsfreistellung abgelehnt, die Aufteilung richtet sich nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten (Teilung der Haftung, Quotelung), z.B. • Gefahrgeneigtheit der Arbeit und Schadenshöhe • vom Arbeitgeber einkalkuliertes und durch Versicherung abgedecktes Risiko • Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und Höhe seines Arbeitsentgelts sowie • unter Umständen auch die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers wie Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Familienverhältnisse und bisheriges Verhalten • bei der Bildung der individuellen Haftungsquote sind die Gerichte frei, meist wird die Haftung des AN auf ein Monatsgehalt begrenzt Seite 21
Arbeitnehmerhaftung bei grober Fahrlässigkeit • Außerachtlassen der erforderlichen Sorgfaltspflicht, gemessen nach den gesamten Umständen und in ungewöhnlich hohem Maße • dabei ist zu berücksichtigen, was der Schädigende nach seinen individuellen Fähigkeiten erkennen und erbringen konnte • der Arbeitnehmer haftet in aller Regel für den gesamten Schaden • Beispiel: Eine Ärztin hat auf Grund haarsträubender Fehler einer Patientin bei einer Operation unkompatibles Spenderblut zugeführt. Die Patientin ist deshalb verstorben. Das BAG hat wegen der akuten Lebensgefährdung und der schlechterdings nicht hinnehmbaren Häufung von Fehlern und Unterlassungen das Verschulden als „gröbst“ fahrlässig eingestuft. Seite 22
Arbeitnehmerhaftung im Kirchlichen Dienst (AVR) Bei Mitarbeitern im kirchlichen Dienst mit Arbeitsverträgen nach den AVR-Caritas ist die Haftung beschränkt auf Schäden, die durch grob fahrlässige oder vorsätzliche Verletzung der Dienstpflichten entstanden sind (§ 5 Abs. 5 AVR-Caritas). Seite 23
Arbeitnehmerhaftung – Gut zu wissen! Beweislast Die Beweislastregel gemäß BGB wird bei der Arbeitnehmerhaftung zu Gunsten des Arbeitnehmers modifiziert. Der Arbeitgeber muss darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung zu vertreten, d. h. verschuldet hat. (Beweislastumkehr). Die Nichterweislichkeit geht also zu Lasten des Arbeitgebers. Ausbildungsverhältnis Die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gelten auch im Ausbildungsverhältnis (BAG 8 AZR 348/01 vom 18. April 2002). Seite 24
MPG und MPBetreibV • im Unterschied zu Arzneimitteln primär nicht pharmakologische, metabolische oder immunologische, sondern physikalische Wirkung • bei Anwendung von Medizinprodukten am Menschen • Risikoklassen I, II a, II b, III (aktiv, nichtaktiv) • Zulassungsvoraussetzungen CE – Kennzeichnung • Hersteller, Betreiber, Anwender • vorgeschriebene Medizinprodukteberater • ausschließlich zweckbestimmter Einsatz • Anwendung unter Beachtung anerkannter Technikregeln sowie Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften • Nutzung nur mit erforderlicher Ausbildung, Kenntnis und Erfahrung • vor Anwendung eines Medizinproduktes: Überprüfung der Funktionsfähigkeit, des ordnungsgemäßen Zustandes und Beachtung der Gebrauchsanweisung (Sicherheitsinformationen) Seite 25 Ihre E-Mail-Adresse
Haftung bei Verstößen gegen MPG und MPBetreibV? Zum Beispiel bei: • bei fehlerhafter Vorbereitung • Einsatz trotz fehlender CE-Kennzeichnung • fehlende Überprüfung bei Sterilgut • fehlende oder unzureichende Überprüfung der Funktionsfähigkeit eines Medizinproduktes vor Anwendung • Missachtung der Sicherheitsinformationen • bei Einsatz ohne vorgeschriebene Medizinprodukte-Einweisung • bei eigenständiger Kombination von verschiedenen Medizinprodukten (Zweckveränderung Anwender wird zum Hersteller) • Missachtung anerkannter Technikregeln, Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften bei Anwendung Seite 26
Fotodokumentation von Wunden Mit den heute vorhandenen technischen Möglichkeiten durch Digitalkameras nimmt die Wunddokumentation per Fotografie einen immer größeren Stellenwert ein. Digitalkameras sind zur Wunddokumentation rechtlich zulässig und aus 3 Gründen empfehlenswert: 1. Die Bildqualität ist mittlerweile in der Regel sehr gut. 2. Der Aufbewahrungspflicht kann leichter nachgekommen werden (30 Jahre bei medizinischen Unterlagen). 3. Es ist ein kostengünstiges Verfahren. 4. Eine Fotodokumentation ersetzt nicht die schriftliche Dokumentation, sondern ergänzt sie. Fotos können die Dreidimensionalität einer Wunde, mögliche Vertunnelungen und Farben ggf. nur teilweise dargestellen. Um Probleme in der Dokumentation des Wundverlaufs zu vermeiden, sollten Fotos nach einem standardisierten Vorgehen gemacht werden. Seite 27
Fotodokumentation von Wunden Datenschutz? Diskutieren Sie! Seite 28
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