Relevante Fakten am Übergang Schule-Hochschule in Mathematik

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    Relevante Fakten am Übergang Schule–Hochschule in Mathematik

    Jeremias Moser-Fendel und Lena Wessel

    Der Übergang von der Schule zur Hochschule ist        2017 konnten in zwei Bundesländern (Berlin und
    in der mathematikdidaktischen Forschung und Ent-      Nordrhein-Westfalen) dreistündige Grundkurse ge-
    wicklung in den vergangenen Jahren zu einem           wählt werden. Da sich die landesweiten Bestimmun-
    Schwerpunktthema geworden. Steigende Heteroge-        gen und Regelungen für die gymnasiale Oberstufe
    nität unter Studienanfängerinnen und -anfängern       fortlaufend ändern, ist es schwierig einen genauen
    sowie überdurchschnittlich hohe Abbruchquoten in      Überblick zu bekommen. Thüringen beispielswei-
    MINT-Studienfächern (Blömeke, 2016) sind Aus-         se bietet seit 2018 ebenfalls drei- und fünfstündige
    gangspunkt vieler Interventionsmaßnahmen an           Grund- und Leistungskurse für die angehenden Ab-
    Hochschulen in Deutschland in den vergangenen         iturienten an (zuvor verpflichtend vier Wochenstun-
    Jahren. Darüber hinaus beschäftigt sich eine Viel-    den). In Baden-Württemberg wird die Reformierte
    zahl von Forschungsprojekten und Studien mit re-      Oberstufe (mit vier verpflichtenden Mathestunden
    levanten Aspekten in diesem Zusammenhang. Der         pro Woche) für den Abiturjahrgang 2020 zuguns-
    folgende Beitrag versucht, anhand eines Fragenka-     ten wiedereingeführter Grund- und Leistungskurse
    talogs zu vier übergreifenden Themen (Vorausset-      abgeschafft (vgl. Einzelnachweise zu Tabelle 1).
    zungen, Entwicklungen, Angebote und Forschung)            Die Analyse der Regelungen für die Oberstu-
    einen Überblick zu relevanten Fakten am Übergang      fe in den 16 Bundesländern zeigt, dass der Ab-
    Schule–Hochschule zu geben. Dabei können die          schlussjahrgang 2017 in allen Bundesländern Ma-
    Fragen nur punktuell und ohne Anspruch auf Voll-      thematik mindestens auf Grundkurs-Niveau bele-
    ständigkeit beantwortet werden, da die ausführli-     gen musste. Für die genaueren Bestimmungen der
    che Beantwortung jeder Frage für sich jeweils eige-   Kurswahlen gibt es bundesweit 16 unterschiedli-
    ne Aufsätze füllen würde. Ziel ist es vielmehr, an-   che Regelwerke, die die jeweiligen Wahlmöglich-
    hand der Fragen einen Überblick über die momen-       keiten im Detail festlegen. Dabei ist auffallend,
    tane Situation am Übergang Schule–Hochschule für      dass es für die Schülerinnen und Schüler in nur
    MINT-Studiengängen zu geben.                          fünf Bundesländern verpflichtend war, Mathema-
                                                          tik auch als Prüfungsfach in der Abiturprüfung
    Voraussetzungen der Studierenden                      zu belegen (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen,
                                                          Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen).
    Wie viele Wochenstunden Mathematik müssen
    SchülerInnen in der Oberstufe belegen?                Wie viele Studierende müssen Mathematik belegen?
    Im Jahr 2017 haben 439 846 Schülerinnen und Schü-     Eine Analyse der Studiengänge an verschiedenen
    ler eine Hochschulzugangsberechtigung erworben        Hochschulen in Deutschland zeigt, dass es eine
    (344 276 eine Allgemeine Hochschulreife, 95 570 ei-   große Bandbreite an Fächern gibt, deren Curricu-
    ne Fachgebundene Hochschulreife) (Statistisches       lum ein mathematisches Modul beinhalten. Ausge-
    Bundesamt, 2018). Je nach Bundesland konnten die      hend von Universitäten und Fachhochschulen in
    Absolventinnen und Absolventen für die Oberstufe      Baden-Württemberg (Freiburg, Stuttgart, Konstanz,
    (wir verstehen darunter die zwei letzten Schuljahre   Esslingen, DHBW) wurden zusätzlich stichproben-
    vor dem Abitur) unterschiedliche Fächerkombina-       artig auch Studiengänge an Hochschulen in ande-
    tionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten wäh-       ren Bundesländern (Köln, Aachen, Berlin) auf ma-
    len. Viele Bundesländer unterscheiden beispielswei-   thematische Pflichtmodule hin geprüft. Dabei wird
    se zwischen Grund- und Leistungskursen. Dabei         deutlich, dass neben den klassischen MINT-Fächern
    ist die Belegung von Mathematik mit höherer Stun-     (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und
    denzahl (i. d. R. vier Wochenstunden) in manchen      technische Studiengänge) auch ingenieurs- und
    Bundesländern verpflichtend (2017, z. B. Baden-       wirtschaftswissenschaftliche Fächer Mathematik in
    Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg etc.) In         ihrem Curriculum beinhalten (vgl. Tabelle 2).
    anderen Bundesländern liegt die Mindestanzahl             Im Wintersemester 2017/2018 verzeichnete das
    zu belegender Mathematikstunden ebenfalls bei         Statistische Bundesamt 2 844 978 Studierende in der
    vier Wochenstunden (2017, z. B. Brandenburg, Hes-     Bundesrepublik. Davon waren 1 570 342 Studieren-
    sen, Saarland, Sachsen). In Rheinland-Pfalz konn-     de in den oben genannten Fachbereichen einge-
    ten darüber hinaus fünf- oder sogar sechsstündi-      schrieben (Mathematik und Naturwissenschaften:
    ge gewählt werden. Für den Abschlussjahrgang          318 675; Ingenieurswissenschaften: 769 085; Wirt-
GDM-Mitteilungen 107 · 2019                                                                                      Magazin   9

Tabelle 1. Mathematikunterricht an Allgemeinbildenden Gymnasien Abschlussjahrgang 2017

Bundesland                Wochenstunden       Absolventen einer             Math. verpfl. Abiturienten ohne Mathe-
                                              Hochschulzugangs-             in der Abitur- prüfung an Allgemeinbild.
                        0 2 3      4   5    6 berechtigung 2017             prüfung        Gym. 2017

Baden-Württemberg             ×a       ×a     70 890                              ×       —
                                              (18 470 FHR / 52 420 AHR)
Bayern                             ×          63 873                              ×       —
                                              (19 263 / 44 610)
Berlin                        ×        ×      18 163                                      50 % „normales Niveau“
                                              (2699 / 15 464)
Brandenburg                        × ×        11 446                                      50 % „normales Niveau“
                                              (1582 / 9864)
Bremen                             ×          3473
                                              (507 / 2966)
Hamburg                            ×          10 985
                                              (1505 / 9480)
Hessen                             × ×        33 795                              ×       —
                                              (9036 / 24 759)
Mecklenburg-                       ×          5677                                ×       —
Vorpommern                                    (582 / 5095)
Niedersachsen                 ×a × ×a         46 693                                      32 % 13454 (LK),
                                              (13 999 / 32 694)                           6177 (GK schriftl.),
                                                                                          1995 (Gk mündl.)
Nordrhein-Westfalen           ×        ×      101 304                                     34 % (32,3 % LK)
                                              (14 673 / 86 631)
Rheinland-Pfalz                    ×  × 21 897                                            36 %
                                        (3732 / 18 165)
Saarland                         × ×    5625
                                        (2040 / 3585)
Sachsen                          × ×    14 867                                    ×       —
                                        (2253 / 12 614)
Sachsen-Anhalt                   ×      6776
                                        (1148 / 5628)
Schleswig-Holstein               ×      16 186                                            10 %
                                        (2504 / 13 682)
Thüringen (2018)              ×b × ×b   8196                                              82 %
                                        (1577 / 6619)

Insgesamt                                     439 846                                     ca. 140 000 müssen sich in
                                              (95 570 / 344 276)                          Mathematik prüfen lassen,
                                                                                          204 000 haben die Wahl
a 2021
b 2018

schaftswissenschaften und Wirtschaftsingenieurwe-                  Nehmen die Studierenden vor Studienbeginn an einem
sen: 482 682). Dabei sind Fächer wie Pharmazie,                    Vorkurs teil?
Sportwissenschaften, Politik oder Psychologie, in                  Informationen zur Vorkursteilnahme von Studieren-
denen Studierende oft mathematische Module bele-                   den zu Studienbeginn finden sich in der Untersu-
gen müssen, nicht berücksichtigt. Insgesamt müs-                   chung der Gründe des Studienabbruchs von Heub-
sen demnach mindestens 55 % aller Studierenden                     lein et al. (2017). An Universitäten nehmen 27 %
während ihres Studiums ein Mathematik-Modul                        der StudienabbrecherInnen an mathematischen Vor-
belegen.                                                           oder Brückenkursen teil, für Absolvierende beträgt
                                                                   der entsprechende Anteil 17 %. An Fachhochschu-
10   Magazin                                                                                           GDM-Mitteilungen 107 · 2019

     Tabelle 2. Liste der Fächer an verschiedenen Hochschulen, in denen mindestens ein Mathematikmodul belegt werden muss. (Zusam-
     mengestellt aus dem Fächerangebot der Universitäten Freiburg, Köln, Konstanz, der TU Berlin, der RWTH Aachen, der Hochschule
     Esslingen und den Standorten der DHBW)

     Architektur und Stadtplanung               Holztechnik                                Physik
     Bauingenieurwesen                          Immobilientechnik und Immobili-            Psychologie
     Betriebswirtschaftslehre                   enwirtschaft                               Regio Chimica
     Biochemie                                  Informatik                                 Sicherheitswesen
     Biological Science                         Informatik Engeneering                     Simulation Technology
     Biologie                                   Informatik/Computerscience                 Softwaretechnik
     Biotechnologie                             Internationale technische Betriebs-        Softwaretechnik und Medien-
     Betriebswirtschaftslehre                   wirtschaft                                 informatik
     Chemie                                     Lebensmittelchemie                         Sportwissenschaft
     Chemie- und Bioingenieurwesen              Life Science                               Sustainable Materials
     Chemieingenieurwesen                       Luft- und Raumfahrttechnik                 Sustainable Systems Engineering
     Chemische Technik                          Maschinelle Sprachverarbeitung             Technische Betriebswirt-
     Data Science                               Maschinenbau                               schaft/Automobilindustrie
     Elektrotechnik und Informations-           Materialwissenschaften                     Technische Biologie
     technik                                    Mathematik                                 Technische Informatik
     Embedded System Engineerings               Mechatronik Trinational                    Technische Kybernetik
     (B. Sc.)                                   Mechatronik/ Automatisierungs-             Technische Medizin
     Erneuerbare Energien                       technik                                    Technologiemanagement
     Fahrzeug- und Motorentechnik               Mechatronik/ Elektrotechnik                Umweltschutztechnik
     Fahrzeugsysteme                            MechatronikCom                             Verkehrsingenieurwesen
     Fahrzeugtechnik                            MechatronikPlus                            Volkswirtschaftslehre
     Feinwerktechnik                            Medieninformatik                           VWL sozialwissenschaftl. Richtung
     Finanzmathematik                           Medizintechnik                             Wirtschaft
     Gebäude-, Energie- und Umwelt-             Microsystems Engineering                   Wirtschaftsinformatik
     technik                                    Mikrosystemtechnik                         Wirtschaftsingenieurwesen
     Geodäsie und Geoinformatik                 Nanoscience                                Wirtschaftsmathematik
     Geographie                                 Papiertechnik                              Wirtschaftswissenschaften
     Geophysik und Meteorologie                 Pharmazie

     len sind es 43 % der Abbrechenden und 39 % der                  S. 262). Die aktuellsten Berechnungen der Abbruch-
     Absolvierenden, die einen mathematischen Vorkurs                quoten zum Absolventenjahrgang 2016 veröffent-
     besuchen (Heublein et al., 2017, S. 131 f). Werden die          lichten Heublein und Schmelzer im Oktober 2018.
     schulischen Mathematikleistungen mit einbezogen,                Hieraus geht hervor, dass die durchschnittliche Stu-
     so zeigt sich, dass Studienabbrechende und Absol-               dienabbruchquote über alle Fächer an deutschen
     vierende mit guten schulischen Mathematiknoten                  Hochschulen unter den Absolventen der vergange-
     (< 2, 6) häufiger an einem Vorkurs teilnehmen (46 %             nen Jahre in den Bachelorstudiengängen bei 28 %
     bzw. 33 %) als Studierende mit niedrigerer Mathe-               liegt (Absolventen 2010, 2012, 2016: 28 %; 2014: 29 %)
     matikleistung (38 % bzw. 26 %). Vergleichbare Zah-              (Heublein & Schmelzer, 2018). Nach wie vor sind
     len ergibt die Prüfung der Teilnahme an Grund-                  die Abbruchquoten im Bereich Mathematik und Na-
     und Leistungskursen in der gymnasialen Oberstu-                 turwissenschaften (41 %) und in Studiengängen des
     fe: Abbrechende 49 % LK, 38 % GK; Absolvierende                 Ingenieurswesens (35 %) an den deutschen Univer-
     35 % LK, 28 % GK (Heublein et al., 2017, 133f).                 sitäten überdurchschnittlich hoch. Die höchste Ab-
                                                                     bruchquote berechnen Heublein und Schmelzer mit
                                                                     54 % für das Fach Mathematik (Heublein & Schmel-
     Entwicklung im Studium
                                                                     zer, 2018, S. 7). Auch das entspricht dem Stand
     Wie hoch sind die Abbruchquoten?                                der Abbruchquoten früherer Erhebungen (vgl. z. B.
     Bereits seit 2002 veröffentlicht das Deutsche Zen-              Heublein et al., 2012: 55 %).
     trum für Hochschul- und Wissenschaftsförderung                      Für die Berechnung von Studierendenabbruch-
     (DZHW) in regelmäßigen Abständen (2002, 2005,                   quoten nutzt das DZHW ein eigens entwickeltes
     2006, 2008, 2010, 2012, 2014, 2016) statistische Be-            Kohortenverfahren (Heublein et al., 2017, S. 273f).
     rechnungen zu Abbruchquoten von Studierenden                    Dabei werden als Studienabbrecher all jene ehe-
     an Hochschulen in Deutschland basierend auf Ab-                 maligen Studierenden eines Jahrgangs erfasst, die
     solventenjahrgängen seit 1999 (Heublein et al. 2017,            durch Immatrikulation ein Erststudium begannen,
GDM-Mitteilungen 107 · 2019                                                                                     Magazin     11

Tabelle 3. Faktoren des Studienerfolgs und -abbruchs, Key & Hill, 2018, S. 101

Soziodemographische Merkmale                 Individueller Studienprozess             Organisatorischer Studienprozess
Soziale Lage vor dem Studium                 Studienentscheidungen:                   Studienbedingungen
Bildungsherkunft                               ◦ Fach- und Hochschulartwahl             ◦ Betreuung
Migrationshintergrund                          ◦ Studienerwartungen                     ◦ Lehrqualität
Bildungssozialisation                        Studienverhalten                           ◦ Anforderungen
  ◦ Besuchte Schularten                        ◦ Soziale und akademische Inte-        Information
  ◦ Berufsausbildung                             gration                                ◦ Institutionelle Beratung
  ◦ Übergangstätigkeiten                       ◦ Lernstil                               ◦ Peer-Groups
  ◦ Fachliche Studienvoraussetzun-             ◦ Zeitbelastung und
    gen                                          -management
Psychosoziale Merkmale                       Studienmotivation
Lebensbedingungen während des                  ◦ Fachidentifikation
Studiums                                       ◦ Berufsperspektive
                                             Studienleistungen
                                               ◦ Leistungsfähigkeit
                                               ◦ Leistungsbereitschaft

die Hochschule aber ohne (ersten) Abschluss ver-                        Dass bei der Berechnung der Studienabbrecher
lassen haben. In dieser Definition nicht inbegriffen,               und Studienfachwechsler überhaupt auf statisti-
sind AbbrecherInnen eines Zweitstudiums sowie                       sche Mittel zurückgegriffen werden muss, liegt
StudienunterbrecherInnen. Die Studienabbruchquo-                    daran, dass bis 2016 keine Studienverlaufsstatis-
te ergibt sich also als Anteil der StudienanfängerIn-               tiken erhoben werden durften. Durch eine Neue-
nen eines Jahrgangs, die (entweder) ein Erststudi-                  rung im Hochschulstatistikgesetz, wird es in Zu-
um (oder ein Masterstudium) beenden ohne es mit                     kunft möglich sein, Studienabbruchquoten in ei-
einem Examen abzuschließen (vgl. ebd.).                             ner amtlichen Statistik vorzulegen. Da der Pro-
    Ein Studienfachwechsel wird in der Definiti-                    zess zur Berechnung der Studienabbruchquoten
on des DZHW nicht als Studienabbruch gewer-                         noch nicht abgeschlossen ist, liegen aktuell noch
tet, wenn der oder die Studierende in dem neuen                     keine entsprechenden Daten vor. Bis es soweit ist,
Fach einen Abschluss erwirbt. Um die Frage nach                     muss für die Berechnung von Studienabbruchquo-
dem Studienerfolg von StudienanfängerInnen im                       ten oder Studienfachwechselquoten noch auf sta-
Fach Mathematik präziser berechnen zu können,                       tistische Schätzverfahren zurückgegriffen werden.
hat Dieter im Rahmen ihres Promotionsprojekts                       Um die Aussagekraft bisheriger Studien zum Stu-
den Begriff der Studienfachwechselquote eingeführt                  dienabbruch richtig interpretieren zu können, müs-
(Dieter, 2012, S. 19f.). Dieser Begriff umschreibt so-              sen verwendete Begriffe und Definitionen berück-
wohl Studierende, die das Studienfach wechseln als                  sichtigt werden. Eine Dunkelziffer von schwer ab-
auch jene, die das Studium abbrechen (ebd.). Aller-                 schätzbarer Größe bilden beispielsweise immatri-
dings führen auch die Berechnungen von Dieter zu                    kulierte aber nicht-studierende Hochschulmitglie-
ganz ähnlichen Ergebnissen wie die des DZHWs.                       der.
Demnach betrug die Studienfachwechselquote im                           Neben den großangelegten Studien des DZHW
(Diplom-)Studiengang Mathematik bei männlichen                      und von Dieter beschäftigen sich auch zahlrei-
Studierenden im Schnitt 33,9 % und bei weiblichen                   che Studien und Analysen einzelner mathemati-
Studierenden 45,3 % (ebd. S. 60). Neben den deut-                   scher, naturwissenschaftlicher oder ingenieurswis-
lichen Unterschieden in den Wechselquoten zwi-                      senschaftlicher Fakultäten mit dem Thema Studi-
schen den Geschlechtern, konnte auch festgestellt                   enabbruch. Eine umfangreiche Zusammenschau
werden, dass in keinem anderen Fachbereich so                       findet sich in der Dissertation von Dieter (Dieter,
viele Studierende das Fach im ersten Semester ver-                  2012, S. 6 ff u. S. 88 f). Auch in jüngerer Zeit wer-
lassen, wie im Fach Mathematik (ebd. S. 61). Die                    den Studienabbruchzahlen noch unabhängig vom
Studieneingangsphase scheint hier von besonderer                    DZHW untersucht. 2017 veröffentlichte acatech,
Bedeutung für den Studienerfolg zu sein. Darüber                    ein gemeinsames Projekt der Deutschen Akademie
hinaus konnte Dieter keine signifikanten Unter-                     der Technikwissenschaften und TU9-Universitäten,
schiede der Studienfachwechselquoten durch den                      Studienabbruchquoten in den Ingenieurswissen-
Übergang zu den Bachelor- und Masterstudiengän-                     schaften an deutschen Universitäten (Klöpping,
gen feststellen (ebd.).                                             2017).
12   Magazin                                                                             GDM-Mitteilungen 107 · 2019

     Was sind die Gründe für den Abbruch?                       Studierende, die ihr Studium abbrachen, hatten
     Der individuelle Studienabbruch kann von ganz          bereits in der Studieneingangsphase mit größeren
     unterschiedlichen, vielschichtigen und komple-         Problemen zu kämpfen (ebd. S. 144f). Vorkennt-
     xen Faktoren beeinflusst sein. Eine Zusammen-          nisse wirkten sich hier, vor allem in Mathematik
     schau möglicher Einflussfaktoren wurde im Nexus-       und Naturwissenschaften, besonders positiv auf
     Fachgutachten der Hochschulrektoren Konferenz          den Studienerfolg aus. In Mathematik, Naturwis-
     zusammengestellt (Tabelle 3).                          senschaften und Ingenieurswissenschaften wurden
         Dem Nexus-Fachgutachten zufolge lassen sich        42–45 % aller Studienabbrüche bereits in den ersten
     für die Problemlage der Studieneingangsphase vier      beiden Semestern vollzogen (ebd. S. 49). Insofern
     übergeordnete Aspekte fassen (Key & Hill, 2018):       stützen die Ergebnisse des DZHWs die Feststel-
         leistungsbezogene Schwierigkeiten,                 lung Dieters, dass die Studieneingangsphase gerade
         organisatorische Probleme,                         für den Studienerfolg im Studiengang Mathema-
         spezielle persönliche Gründe (individuelle Le-     tik (und, wie die Studie des DZHWs zeigt, auch
         benslagen wie Betreuungsverantwortung für          in den Natur- und Ingenieurswissenschaften) von
         Kinder, körperliche, psychische und soziale Be-    besonderer Bedeutung ist (s. o.).
         einträchtigungen) sowie                                Spezifische Gründe Mathematik-Studierender
         finanzielle Aspekte des Studiums (Studienfinan-    das Studienfach zu wechseln oder das Studium
         zierung).                                          abzubrechen, untersuchte Dieter in ihrem Promo-
     Über die Gewichtung der Einflussfaktoren geben         tionsprojekt. Dabei konnte sie in einer Clusterana-
     verschiedene Studien zum Studienabbruch Auf-           lyse vier Gruppen unterscheiden: Unzufriedene, Un-
     schluss.                                               entschlossene, Zufriedene und Arbeiter. Das höchs-
         Fächerübergreifende Ergebnisse erzielt das         te Abbruchrisiko stellte Dieter bei Unzufriedenen
     DZHW mit einer breit angelegten Studie zu den          fest. Bei der Gruppe der Zufriedenen hingegen wur-
     Ursachen des Studienabbruchs aus dem Jahr 2017         de das geringste Abbruchrisiko gemessen (Dieter,
     (Heublein et al., 2017). Demnach scheiterten rund      2012, S. 183). Dabei hat sich die Abiturnote, im Wi-
     30 % der befragten Studienabbrecher 2014 an Leis-      derspruch zu vorangegangenen Studien, nicht als
     tungsproblemen. 17 % gaben mangelnde Studien-          Prädiktor für einen Studienabbruch bewährt (ebd.
     motivation als ausschlaggebendes Motiv für den         S. 184).
     Studienabbruch an. Ein drittes zum Studienabbruch
     führendes Motiv (15 %) war der Wunsch des Berufs-
     einstiegs (Heublein, 2017, S. 20f). Als wesentliche    Angebote der Hochschulen
     Einflussfaktoren vor Studienbeginn zeichneten sich
                                                            Welche Angebote von Seiten der Hochschulen gibt es?
     vor allem Bildungsherkunft, Art der Hochschulzu-
                                                            Die Angebote von Seiten der Hochschulen in Ver-
     gangsberechtigung, schulische Leistungen, studien-
                                                            bindung mit dem Studieneinstieg sind vielseitig.
     relevante Vorkenntnisse und abgeschlossene Berufs-
                                                            An vielen Hochschulen in Deutschland gibt es,
     ausbildung ab (ebd. S. 99f). Studierende aus einem
                                                            insbesondere für den Bereich der MINT-Fächer,
     akademisch geprägten Elternhaus (beide Elternteile
                                                            aber auch für andere Fächer, deren Curriculum
     Akademiker) befanden sich anteilsmäßig seltener
                                                            Mathematik-Pflichtmodule umfasst, Vorkursange-
     unter StudienabbrecherInnen, während Studieren-
                                                            bote. Vorkurse sind wohl die gängigste Maßnahme
     de, die vor Studienbeginn eine Berufsausbildung
                                                            zur Erleichterung des Studieneinstiegs, bei weitem
     abgeschlossen hatten, sich häufiger für einen Studi-
                                                            aber nicht die Einzige. Bundesweit beispielsweise
     enabbruch entschieden.
                                                            oder auch nur für die Universität Freiburg können
         Zudem wurden innere und äußere Faktoren dif-
                                                            ganz unterschiedliche Projekte im Zusammenhang
     ferenziert. Zu den inneren Faktoren für einen Studi-
                                                            mit der Studieneingangsphase aufgelistet werden.
     enabbruch zählt in erster Linie die Studienleistung.
                                                            Die Projekte greifen jeweils einzelne Faktoren oder
     Aber auch in Merkmalen wie Fachidentifikation,
                                                            Faktorengruppen eines erfolgreichen Studienein-
     Eigenständigkeit, dem Wahrnehmen von Betreu-
                                                            stiegs auf (vgl. Tabelle 3) und entwickeln oder opti-
     ungsmöglichkeiten zum Beispiel durch Lehrende,
                                                            mieren entsprechende Unterstützungsangebote.
     sowie der Einschätzung des Kontakts zu Lehren-
     den und ganz wesentlich der sozialen Integration
     an der Hochschule, unterschieden sich Studienab-       Projekte zur Studieneingangsphase an verschiedenen
     brecherInnen deutlich von erfolgreichen Absolven-      Standorten und in verschiedenen Bundesländern
     tInnen (ebd. S. 211f). Unter den untersuchten äuße-
     ren Faktoren wurde unter StudienabbrecherInnen         Bildungsgerechtigkeit im Fokus (Universität Duis-
     überdurchschnittlich oft die Gliederung des Studi-     burg-Essen). Aufgrund der starken Prägung
     enaufbaus und die mangelnde Klarheit der Studi-        der Studierendenklientel durch Bildungsaufstei-
     enanforderungen problematisch gesehen (ebd.).          ger/innen sieht sich die Universität Duisburg-Essen
GDM-Mitteilungen 107 · 2019                                                                       Magazin     13

(UDE) einem bildungs- und sozialpolitischen Auf-        LdE – Lernen durch Engagement (Hochschule Esslingen
trag verpflichtet: Sie entwickelt und befördert Po-     in Kooperation mit Universität Tübingen). Service-
tenziale junger Menschen, deren Studium sie und         Learning – Lernen durch Engagement (LdE) ist
ihr Umfeld vor große Herausforderungen stellt. Die      eine Lehr- und Lernform, die gesellschaftliches En-
UDE nutzt die Förderung des Qualitätspakts Lehre        gagement von SchülerInnen mit fachlichem Lernen
seit 2011, um Studierende in der Eingangsphase          verbindet.
sowohl fachlich als auch sozial-habituell schneller         Den Jugendlichen wird durchgängige Unter-
zu integrieren und Studienabbrüchen entgegenzu-         stützung entlang der Bildungskette von Kinder-
wirken. In der zweiten Förderphase (2016-2020)          garten über Schule zur Hochschule angeboten
werden die in den letzten Jahren erfolgreich er-        (https://www.servicelearning.de, zugegriffen am
probten Ansätze zur nachhaltigen Stärkung der           24. 3. 2019).
Studieneingangsphase weiter in die Breite getra-
gen, miteinander verzahnt und strukturell veran-
kert. Die UDE verbindet dabei Diagnostik, Betreu-
                                                        Learning Center (Universität Münster). An der Uni-
ung und Kompetenzentwicklung miteinander, um
                                                        versität Münster wird Studierenden des gymnasia-
Studierenden frühzeitig eine Auseinandersetzung
                                                        len Lehramts sowie Fachstudierenden seit 2014 über
mit ihren eigenen Stärken und Schwächen zu er-
                                                        das Projekt Learning Center eine semesterbegleiten-
möglichen, sie in Betreuungssysteme zu integrieren
                                                        de tutorielle Unterstützung im ersten Studienjahr
und mit curricularen und außercurricularen Ange-
                                                        angeboten. Zielgruppe des Learning Centers sind
boten zu fördern. Zu diesem Zweck werden die
                                                        dabei insbesondere Studierende, die über grund-
bewährten Maßnahmen im Rahmen eines einheit-
                                                        legende Mathematikkenntnisse verfügen, jedoch
lichen Förderansatzes neu justiert und um Kon-
                                                        große Schwierigkeiten beim Einstieg in das Mathe-
zepte wie das „Flex-Studium“, das sich der Erpro-
                                                        matikstudium haben und die Bereitschaft mitbrin-
bung individueller Regelstudienzeiten widmet, er-
                                                        gen, an diesen zu arbeiten. Über verschiedene An-
gänzt (https://www.uni-due.de/bif/, zugegriffen
                                                        gebote und Materialien sollen in unterschiedlichen,
am 24. 3. 2019).
                                                        tutoriell begleiteten Arbeitsformen hochschulma-
                                                        thematische Wissenselemente vertieft sowie Bezüge
Cosh (AG cosh). cosh steht für ein Cooperation-
                                                        zwischen Schulwissen und Vorlesungsinhalten her-
team zwischen Schule und Hochschule. Diese
                                                        gestellt werden. Im Vordergrund steht dabei eine
Arbeitsgruppe setzt sich für eine verbesserte Zu-
                                                        prozessorientierte Unterstützung, bei der die Ver-
sammenarbeit zwischen Beruflichen Schulen und
                                                        mittlung von Fachinhalten stets mit der Förderung
Fachhochschulen des Landes Baden-Württemberg
                                                        von Strategien und Techniken des mathematischen
ein. Lehrerinnen und Lehrer, die am Berufskol-
                                                        Arbeitens, Denkens und Schreibens sowie allge-
leg unterrichten, erarbeiten gemeinsam mit Hoch-
                                                        meiner Lernstrategien einhergeht. Darüber hinaus
schulangehörigen Möglichkeiten und Wege, Schü-
                                                        soll über kleine Erfolgserlebnisse und persönliche
lerinnen und Schüler auf ein Hochschulstudium
                                                        Beratungen auf motivationaler Ebene das mathe-
vorzubereiten (https://lehrerfortbildung-bw.de/u_
                                                        matische Selbstbewusstsein gestärkt werden (https:
matnatech/mathematik/bs/bk/cosh/index.html,
                                                        //www.uni-muenster.de/IDMI/arbeitsgruppen/
zugegriffen am 24. 3. 2019).
                                                        ag-greefrath/learning-center.html, zugegriffen am
                                                        29. 5. 2019).
Erfolgreich Startenplus (Hochschule Karlsruhe). Mit
dem Projekt Erfolgreich starten ist es möglich, das
Studium in drei verschiedenen Stufen aufzuneh-
men. Jede Stufe bedient unterschiedliche Lernge-        MINT-oLe (Uni Stuttgart und 6 weitere Unis bun-
schwindigkeiten und -voraussetzungen. Die Stu-          desweit). Der offene Lernraum mint-oLe bietet
dierenden können das Studium entweder direkt            die Möglichkeit, in Lerngruppen gemeinsam mit
aufnehmen (Stufe 1), zuvor Brückenkurse in Grund-       Kommilitonen oder auch alleine zu lernen. Das
lagenfächern absolvieren (Stufe 2) oder die In-         Besondere in Stuttgart: Dozentinnen und Do-
halte am Studienanfang aufteilen (Stufe 3). Mit         zenten des MINT-Kollegs sind vor Ort, geben
diesem Konzept verfolgt die Hochschule Karlsru-         Tipps und unterstützen die Studierenden dabei,
he die Idee, individuell angepasste Studienmodel-       selbstständig Antworten auf Ihre Fragen rund
le zu erproben, unterschiedliche Studiergeschwin-       um Mathematik, Informatik, Physik und Tech-
digkeiten zu ermöglichen und damit besonders            nische Mechanik zu finden. Der frei zugäng-
den Studienanfängern einen optimalen Start in           liche Arbeitsraum für Studierende bietet rund
das Studium und damit später in die Berufs-             200 Arbeitsplätze (https://www.mint-kolleg.de/
welt zu ermöglichen (https://www.hs-karlsruhe.          stuttgart/angebote/offener-lernraum/, zugegriffen
de/erfolgreich-starten/, zugegriffen am 24. 3. 2019).   am 24. 3. 2019).
14   Magazin                                                                            GDM-Mitteilungen 107 · 2019

     mintroduce. Um ein MINT-Studium erfolgreich be-        Studierenden in der Studieneingangsphase. Die-
     wältigen zu können, ist es wichtig, sich frühzeitig    ses Konzept baut auf dem bisherigen Betreuungs-
     fachlich zu orientieren und auf ein Studium vorzu-     modell mit Übungsaufgaben, MathLab und stu-
     bereiten. Dazu gibt es an der UDE mit mintroduce       dentisch geführten Tutorien auf. In Form von Mi-
     ein Angebot an Vorkursen, das die bestmöglichen        crotutorien (5 Studierende) werden die Studieren-
     Voraussetzungen dafür schaffen möchte, dass ein        den individuell unterstützt und haben die Möglich-
     Studium von Beginn an Spaß macht und erfolgreich       kiet Fragen zu stellen (https://www.uni-ulm.de/
     ist (https://www.uni-due.de/mint/, zugegriffen         mawi/mawi-stukom/projekte/passt/, zugegriffen
     am 29. 5. 2019).                                       am 24.03.2019).

     NIKO/IGEMA (Projekt in Niedersachsen). NIKO:
                                                            Rechenbrücken (Fachhochschule Münster). Der Ma-
     Niedersächsische Kooperation Schule – Hochschule;
                                                            thematikvorkurs der Rechenbrücke richtet sich
     Gesprächskreis IGEMA („Institutionalisierter Ge-
                                                            an die Studienanfängerinnen und Studienanfän-
     sprächskreis Mathematik“). Von Kultus- und Wis-
                                                            ger der Fachbereiche Chemieingenieurwesen, Elek-
     senschaftsministerium eingerichter Gesprächskreis
                                                            trotechnik und Informatik, Maschinenbau und
     (seit 2015, Vertreter von Universitäten, Fachhoch-
                                                            Physikalische Technik sowie duale Studierende
     schulen und Schulen aus ganz Niedersachsen). Er-
                                                            eines dieser Fachbereiche und Studierende am
     gebnis: Basispapier Mathematik (in Anlehnung an
                                                            Institut für Technische Betriebswirtschaft. Auf
     COSH, aber auf Basis der Bildungsstandards) zu
                                                            der Lernplattform der Fachhochschule (ILIAS)
     – welche mathematischen Kenntnisse, Fertigkeiten
                                                            können Sie einen Selbsteinschätzungstest durch-
        und Fähigkeiten Schulabsolventinnen und Schul-
                                                            führen (https://www.fh-muenster.de/studium/
        absolventen verfügen und
                                                            studiengaenge/vorkurse/rechenbruecke.php, zu-
     – welche Erwartungen Hochschule an die mathe-
                                                            gegriffen am 29. 5. 2019).
        matischen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkei-
        ten von Studienanfängerinnen und Studienanfän-
        ger richtet.                                        startING (Hochschule Offenburg). startING bietet
                                                            ein Einstiegssemester zur Orientierung an, in dem
     OMB+ (Zwölf Hochschulen). Der OMB+-Kurs ist            Fächer aus allen Ingenieur- und Informatikstudien-
     ein kostenloser online-Mathekurs. Tutoren im Call-     gängen belegt werden können. Die Leistungen, die
     Center sind täglich – auch an Wochenenden – über       in diesem ersten Semester erbracht werden, können
     Chat, Telefon oder Forum erreichbar. Der Kurs soll     anschließend angerechnet werden. Die Abbruch-
     helfen, den Schulstoff Mathe soweit aufzuarbeiten,     quoten unter Absolventen, die dieses Programm
     dass Sie den Hochschulkursen problemlos folgen         in Anspruch genommen haben ist halb so groß
     können. Der Kurs besteht aus einem Hauptteil, der      (https://starting.hs-offenburg.de, zugegriffen am
     sich inhaltlich an die Empfehlungen der COSH-          24. 3. 2019).
     Gruppe hält, und zusätzlichen Modulen, die inhalt-
     lich darüber hinausgehen (https://www.ombplus.
                                                            Steps3 /STEP up! (Uni Hohenheim). Die beiden Pro-
     de/ombplus/public/index.html, zugegriffen am
                                                            jekte versuchen mit einem ganzheitlichen Ansatz
     29. 5. 2019).
                                                            die Lehre in Hohenheim zu verbessern. Dabei
                                                            geht es um Curriculumentwicklung, virtuelle
     Optes (DHBW, Duale Hochschulen in Baden-Württem-
                                                            Studienorientierung, flexible Studiengestaltung
     berg). Optes bietet einen Test an, aufgrund des-
                                                            und Datenschutz. STEP up! fokussiert konkret
     sen ein angepasster Vor-/Brückenkurs bzw. Lern-
                                                            die Studieneingangsphase und hat das Ziel diese
     material und Übungsgruppen angeboten werden.
                                                            durch Vorkurse und anderes zu verbessern (https:
     Verschiedene Projekte wie zum Beispiel eMento-
                                                            //didaktikblog.uni-hohenheim.de/2017/01/
     ring, ePortfolio-Arbeit oder webbasierte Selbstlern-
                                                            neuer-projektmanager-fuer-weiterentwicklung-der-
     kurse bieten den StudienanfänderInnen die Mög-
                                                            lehre/, zugegriffen am 24. 3. 2019).
     lichkeit Hilfe zu finden (https://www.optes.de/
     goto_optes_file_2030_download.html, zugegriffen
     am 23. 3. 2019).                                       Studienlotsenprojekt (Uni Stuttgart). Studienlotsen
                                                            sind für eine vertrauliche und freiwillige Erst-
     PASST! (Universität Ulm). Das fachübergreifende        beratung für alle Studierenden zuständig, die
     Projekt „PASST! – Passgenau Studieren in Ulm“ ist      vom Prüfungsamt einen Einladungsbrief erhal-
     in der Mathematik zum Sommersemester 2017 ge-          ten, weil deren Studienverlauf mögliche Stu-
     startet. Ein neues Lehrkonzept bei der Vorlesungs-     dienschwierigkeiten vermuten lässt. Das funk-
     betreuung der Analysis 1 und Lineare Algebra           tioniert als eine Art Frühwarnsystem ab dem
     1 ermöglicht eine individuellere Förderung der         ersten Semester, bei dem Studierende, denen
GDM-Mitteilungen 107 · 2019                                                                      Magazin      15

ein potenziell problematischer Studienverlauf be-      VEMINT (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersach-
vorsteht, kontaktiert. Dieser besteht beispiels-       sen). Im VEMINT-Projekt werden seit über zehn
weise, wenn ein Student oder eine Studentin            Jahren mathematische Vor- und Brückenkurse ent-
durch eine Prüfung fällt und dies den weiteren         wickelt und erforscht. Im Projekt werden multime-
Studienverlauf behindert (https://www.student.         diale Lehr- und Lernmaterialien konzipiert und ver-
uni-stuttgart.de/beratung/studienlotsen/, zuge-        schiedene Einsatzszenarien an Universitäten und
griffen am 24. 3. 2019).                               Fachhochschulen in ganz Deutschland evaluiert.
                                                       Mit den Lernmaterialien haben allein in der Vor-
Studienorientierung hands-on (Universität Tübingen).   kurssaison 2016 an 14 Universitäten und Fachhoch-
In diesem Projekt fungieren engagierte Studieren-      schulen bundesweit über 15 000 Studierende erfolg-
de der MINT-Fächer als Botschafter in Schulen          reich gelernt (https://www.vemint.de/, zugegrif-
in der Umgebung von Tübingen, um informatio-           fen am 29. 5. 2019).
nen zu den Studiengängen und den jeweiligen            Projekte zur Studieneingangsphase an der Universität
Berufschancen an die SchülerInnen der Gymnasien        Freiburg
zu vermitteln. Seit 2014 wird so den Lernenden         ArbeiterKind.de. Unterstützung für Schülerinnen
erklärt, welche Möglichkeiten sie haben und an-        und Schüler aus Familien ohne Hochschulerfah-
schließend haben sie Zeit den Studierenden Fragen      rung, die als erste in ihrer Familie studieren. Bun-
zu stellen (https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/      desweit werden in 75 lokalen ArbeiterKind.de-
mathematisch-naturwissenschaftliche-fakultaet/         Gruppen Schülerinnen und Schüler über die Mög-
studium/mint-studienbotschafter/, zugegriffen am       lichkeit eines Studiums informiert und auf ihrem
24.03.2019).                                           Weg vom Studieneinstieg bis zum erfolgreichen Stu-
                                                       dienabschluss und Berufseinstieg begleitet (https:
studiVEMINT (Universität Paderborn). Das Projekt       //www.arbeiterkind.de, zugegriffen 27. 2. 2019).
studiVEMINT hat einen E-Learning-Kurs für das
selbstständige Wiederholen oder neu Lernen der         Campusnah e. V.. Der gemeinnützige Verein cam-
Schulmathematik entwickelt, der auch im Rahmen         pusnah e.V. wurde im November 2012 von Studie-
von Vorkursen im blended-learning Format einge-        renden und jungen AbsolventInnen unterschiedli-
setzt werden kann. Die Lernmaterialien dienen zur      cher Fachrichtungen in Freiburg im Breisgau mit
Unterstützung des Übergangs von der Schule zur         dem Ziel gegründet, studienfachspezifische Work-
Hochschule. Sie zeichnen sich dabei durch eine         shops an Schulen zu organisieren und abzuhal-
gründliche und nachvollziehbare Entwicklung der        ten. Dadurch soll angehenden SchulabsolventIn-
mathematischen Inhalte, eine klare inhaltliche und     nen die Studienfachwahl erleichtert und so die
einheitliche Struktur der Lerneinheiten sowie die      Quote der StudienabbrecherInnen gesenkt werden
Einbindung von verschiedenen multimedialen Ele-        (http://www.campusnah.com/?page_id=32, zuge-
menten aus. Der komplette Kurs steht unter www.        griffen 27. 2. 2019).
studiport.de frei zugänglich für alle Interessier-
                                                       ELIS – Erfolgreich Lernen im Studium. ELIS ist ein
ten zur Verfügung (https://fddm.uni-paderborn.
                                                       online Lerntool, das speziell dafür entwickelt wur-
de/projekte/studivemint/allgemeines/, zugegrif-
                                                       de, Lernstrategien von Studierenden effizienter und
fen am 29. 5. 2019).
                                                       effektiver zu gestalten. Hierzu beinhaltet das Lern-
                                                       tool verschiedene spannende Lerntexte und Lern-
VE&MINT (Baden-Württemberg). VE&MINT ist               videos, die in mehreren zeitlich versetzten Phasen
ein Kooperationsprojekt des MINT-Kollegs Baden-        bearbeitet werden (https://elis.vm.uni-freiburg.de/
Württemberg mit dem VEMINT-Konsortium, der             free/, zugegriffen 27. 2. 2019).
Leibniz Universität Hannover und der Technischen
Universität Berlin mit dem Ziel, einen bundesweit      ESPRO – Erstsemesterprojekt. Das ErstSemester-
frei zugänglichen Mathematik-Onlinebrückenkurs         PROjekt ist die erste Möglichkeit für Waldwirt-
auf Basis einer freien Lizenz anzubieten.              schaft und Umwelt-Studierende (verpflichtend) so-
    Der Onlinebrückenkurs dient Studieninteressier-    wie Umweltnaturwissenschaften-Studierende (frei-
ten zur Vorbereitung sowie zur Überprüfung des         willig) Kommilitonen kennen zu lernen und sich
fachlichen Kenntnisstands in Mathematik und ver-       ins Studium einzufinden. ESPRO beginnt drei Wo-
weist auf geeignete Angebote der Hochschulen vor       chen vor Semesterbeginn. Die angehenden Studie-
Ort. Der Kurs beinhaltet neben einem umfangrei-        renden erlernen erste wissenschaftlichen Metho-
chen Lernmaterial diagnostische Tests zur Selbst-      den, unternehmen Exkursionen und lernen den
einschätzung sowie zahlreiche Lernvideos und in-       Unialltag kennen (https://fachschaftfhu.wordpress.
teraktive Aufgaben (https://www.ve-und-mint.de,        com/bachelor/erstsemester/espro/, zugegriffen
zugegriffen am 29. 5. 2019).                           27. 2. 2019).
16   Magazin                                                                              GDM-Mitteilungen 107 · 2019

     Fokus erstes Studienjahr. Das Service Center Studi-      zu veröffentlichen (https://kosmic.uni-freiburg.de/
     um der Universität bietet Workshops, Gruppenan-          goto_ilias_root_1.html, zugegriffen 27. 2. 2019).
     gebote und Coaching für alle Belange rund um den
     Studieneinstieg (z. B. Lernprobleme oder Studien-        Nightline. Das Projekt bietet ein offenes Ohr für
     zweifel) (http://www.studium.uni-freiburg.de/de,         alles, über das Studierende reden möchten. Es soll
     zugegriffen 27. 2. 2019).                                kein Ersatz für Freunde oder Familie sein. Ziel ist
                                                              es nicht Anrufende zu kritisieren oder in eine be-
     Fokussierung der Studieneingangsphase durch Curricu-     stimmte Richtung zu drängen, sondern Studieren-
     lumentwicklung. Im Rahmen der Ausschreibung              den zu helfen, eine eigene Lösung zu finden. Da-
     des MWK Baden-Württembergs „Strukturmodel-               für besuchen die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen
     le für die Studieneingangsphase“ entwickelt die          (ebenfalls Studierende) regelmäßig Schulungen und
     Albert-Ludwigs-Universität Freiburg das „Freibur-        Fortbildungen https://www.nightline.uni-freiburg.
     ger Modell zur Optimierung der Studieneingangs-          de/, zugegriffen 27. 2. 2019).
     phase zur nachhaltigen Förderung des Studiener-
     folgs“. Die Einführung des Freiburger Modells zur        OSA – Online Studienwahl Assistenten. Die Onli-
     Studieneingangsphase dient dazu, die bestehen-           ne Studienwahl Assistenten (OSA) sind ein kos-
     den Angebote der Studieneingangsphase durch              tenloses Angebot der Zentralen Studienberatung
     vier weitere Maßnahmen bis zum Frühjahr 2019             der Universität Freiburg. Fachspezifische Beispiel-
     zu ergänzen. Dabei ist das Ziel die Studienein-          aufgaben, Videos und ein Erwartungsabgleich bie-
     gangsphase für eine nachhaltige Verbesserung             ten angehenden Studierenden einen realitätsnahen
     des Studienerfolgs zu optimieren: Maßnahme 1:            Einblick in den Studien- und Lehralltag eines be-
     „Orientieren“ der Ausbau von Informationsange-           stimmten Faches. Nach der Bearbeitung können
     boten und Online-Self-Assessments (OSA) dient            Interessenten besser einschätzen, ob ein Studien-
     der Verbesserung der Studienfachwahlorientierung.        fach wirklich zu ihren Erwartungen und Wünschen
     Maßnahme 2: „Ankommen“ gezielte Informations-            passt (https://www.studium.uni-freiburg.de/de/
     und Beratungsangebote speziell für die Themen            beratung/osa, zugegriffen 27. 2. 2019).
     von StudienanfängerInnen, damit die Orientierung
     im Hochschulbetrieb besser gelingt. Maßnahme             Podcast zum Studienbeginn – psychatrische Gesund-
     3: „Innovieren“ die Ausschreibung eines zusätz-          heitsaufklärung. Kern des Projektes ist die Erstel-
     lichen Instructional Development Award (IDA)             lung von Podcasts zur Vermittlung von psych-
     zum Themenbereich „Studieneingangsphase“ soll            iatrischem Grundlagenwissen für Studienanfän-
     Freiräume in den Fächern für Weiterentwicklun-           ger/-innen aller Fachrichtungen an der Univer-
     gen mit Transferpotential schaffen. Maßnahme             sität Freiburg. Auf unterhaltsame Art und Weise
     4: „Individualisieren“ eine Flexibilisierung der         sollen die Studierenden anhand von Fallbeispie-
     Studienverläufe und Lernwege wird durch ge-              len über Entstehung, Verlauf, Prävention und Be-
     zielte Curriculumentwicklung ermöglicht (https:          handlung psychischer Erkrankungen informiert
     //www.lehrentwicklung.uni-freiburg.de/LE/                werden. Medizinstudierende im klinischen Stu-
     strukturmodelle-in-der-studieneingangsphase, zu-         dienabschnitt entwickeln die Fallszenarien – im
     gegriffen 27. 2. 2019).                                  Sinne eines Lernens durch Lehren – zusammen
                                                              mit betroffenen Patienten oder deren Angehöri-
     inTensity. Stress im Studium kann Kopfschmer-            gen und beteiligen sich auch aktiv am Produkti-
     zen, Verdauungsprobleme oder sogar Essstö-               onsprozess der Podcasts. Die Podcasts sollen auf
     rungen auslösen. Für Medizin-Studierende soll            der Podcast-Website der Universität Freiburg und
     mit inTensity nun eine Hilfe geboten wer-                ggf. auch freien Plattformen veröffentlicht werden
     den. Das Internetangebot regt zur Selbsthil-             (https://www.uniklinik-freiburg.de/psych/lehre/
     fe an und informiert über Stresssymptome                 studierende-medizin/lehrpreise-und-forschung/
     (https://www.unicross.uni-freiburg.de/2015/03/           ida-20172018.html, zugegriffen 27. 2. 2019).
     online-coaching-intensity-gegen-stress-im-studium/,
     zugegriffen 27.2.2019).                                  Running Mates. Ziel des Projektes ist der Auf-
                                                              bau eines Programms zur Förderung Studierender
     Kosmic – Kompetenzorientierte Online-Selbstlernangebo-   aus nichtakademischen Haushalten. Das Konzept
     te für Mathematik, Interkulturalität und Chemie. Das     besteht darin gegenseitige Motivation von Studie-
     Projekt kosmic widmet sich der Erstellung von digi-      renden durch Bildung interdisziplinärer Gruppen
     talen Selbstlern- und Blended-Learning-Materialien       über langen Zeitraum zu fördern. Außerdem sol-
     zur Unterstützung spezifischer Studierendengrup-         len zentrale und dezentrale Veranstaltungsangebote
     pen in der Studieneingangsphase. Ziel ist es die         (Auftakt, Workshops, Trainings, Stammtische, So-
     Materialien als OER (Open Educational Ressources)        cialisingevents, Evaluation, Abschluss) konzipiert
GDM-Mitteilungen 107 · 2019                                                                                Magazin      17

und eine Beratung und finanzielle Unterstützungs-            werden (https://www.mentoring.uni-freiburg.de/,
angebote durch interne und externe PartnerInnen              zugegriffen 27. 2. 2019).
angeboten werden. (http://www.lehrentwicklung.
uni-freiburg.de/LE/projekt-running-mates, zuge-              Welche Art von Vorkursen werden von den
griffen 27. 2. 2019).                                        Hochschulen angeboten?
                                                             Mathematikbezogenen Vorkurse gibt es darüber
Studierendenmentoring. Das Kompetenznetzwerk                 hinaus an nahezu allen Hochschulen für verschiede-
Studierendenmentoring koordiniert und unter-                 ne Fächer und Fachrichtungen (Bausch et al., 2014).
stützt Mentoringprogramme für Studierende an der             Die Vorkurse unterscheiden sich beispielsweise im
Universität Freiburg. Zentral im Kompetenznetz-              Format (präsenz, online, Blended-Learning), in der
werk sind zwei fächerübergreifende Programme an-             Dauer der Kurse, in der thematischen Ausrichtung
gesiedelt, zum einen das lehramtsspezifische Men-            und hinsichtlich einer verpflichtenden Teilnahme.
toring, welches sich an Lehramtsstudierende mit al-          Vorkurse beschränken sich vielerorts auf das Wie-
len Fächerkombinationen richtet, zum anderen das             derholen und Auffrischen von Schulstoff. Andere
Interkulturelle Mentoring, welches Studierenden              Vorkurse versuchen auf Spezifika der Hochschul-
aus dem Ausland den Start in ihr Studium hier an             mathematik vorzubereiten. Vorkurse können durch
der Albert-Ludwigs-Universität erleichtern soll. Au-         diagnostische Prä- und Posttests eingerahmt sein
ßerdem unterstützt das Kompetenznetzwerk fächer-             (Tabelle 4).
und fakultätsspezifische Programme an den Fa-
kultäten und zentralen Einrichtungen selbst, die
                                                             Begleitforschung
auf die Bedürfnisse der dortigen Studierenden zu-
geschnitten sind und mit unserer fachlichen und              Im Folgenden wird unterschieden zwischen For-
finanziellen Unterstützung vor Ort durchgeführt              schungsergebnissen allgemein zum Übergang

Tabelle 4. Auswahl von Vorkursen verschiedener Hochschulen

Uni/             Vorkurs für Studienfach          Format            Umfang               Zeitpunkt         Pflicht/
Hochschule                                                                                                 Freiwillig
Uni Freiburg     Physik                           Präsenz           4 Tage je 6 Stun-    2 Wochen vor      Freiwillig
                                                                    den                  Semesterbeginn
                 Technische Fakultät              Präsenz           4 Tage je 6 Stun-    1 Woche vor Se-   Freiwillig
                                                                    den                  mesterbeginn
Uni Stuttgart    fächerübergreifend               Präsenz           15 Tage je 5 Stun-   3 Wochen vor      Freiwillig
                                                                    den                  Semesterbeginn
                 MINT-Studierende mit             Präsenz           10 Tage je 5 Stun-   5 Wochen vor      Freiwillig
                 Deutsch als Fremdsprache                           den                  Semesterbeginn
Uni Konstanz     Mathematik, Physik, Finanz-      Präsenz           16 Tage je 4 Stun-   6 Wochen vor      Freiwillig
                 mathematik, Wirtschaftspäd-                        den                  Semesterbeginn
                 agogik
                 Physik, Mathematik, Biologie     Präsenz           7 Tage je 8 Stun-    1,5 Wochen vor    Freiwillig
                                                                    den                  Semesterbeginn
Hochschule       fächerübergreifend               Präsenz           10 Tage je 5 Stun-   2 Wochen vor      Freiwillig
Esslingen                                                           den                  Semesterbeginn
Hochschule       fächerübergreifend               Präsenz           halbtags an 8        2 Wochen vor      Freiwillig
Offenburg                                                           Tagen                Semesterbeginn
                 fächerübergreifend               Online als App                                           Freiwillig
DHBW                                              Online-Vorkurs    8 Tage je 6 Stun-    2 Wochen vor
Heilbronn                                                           den                  Semesterbeginn
DHBW                                              Präsenz +online   viele Optionen!                        Freiwillig
Stuttgart                                                           Von einer Wo-
                                                                    che bis ganzes
                                                                    Semester
Uni Köln         fächerübergreifend               Präsenz in        20 Tage je 4 Stun-   3 Wochen vor      Freiwillig
                                                  Übungsgruppen     den                  Semesterbeginn
Hochschule                                                          30 Tage je 2,5       6 Wochen vor
Bielefeld                                                           Stunden              Semesterbeginn
(Gütersloh)
18   Magazin                                                                               GDM-Mitteilungen 107 · 2019

     Schule–Hochschule und spezifischen Ergebnissen              Bereits 2016 hat Blömeke u. a. die Ergebnisse
     aus Evaluationen von Interventionsmaßnahmen,            von Knospe in Zusammenhang mit bildungspoliti-
     wie Vor- und Brückenkursen. Die Bandbreite und          schen und gesellschaftlichen Entwicklungen gestellt
     Fülle dieser Ergebnisse kann im Folgenden nur aus-      (Blömeke, 2016). Blömeke verweist dabei auch auf
     schnitthaft und ohne Anspruch auf Vollständigkeit       die steigende Zahl an Studienberechtigten und die
     präsentiert werden.                                     damit steigende Heterogenität unter Studienanfän-
                                                             gerInnen. Zugleich ist aber auch die Übergangsquo-
                                                             te derjenigen Hochschulzugangsberechtigten, die
     Welche Forschungsergebnisse gibt es zum Übergang        ein Studium beginnen, von 90 % auf 70 % zurückge-
     Schule–Hochschule?                                      gangen. Insofern habe sich der Bildungsauftrag des
     Neben den bereits ausführlich beschriebenen Ana-        Gymnasiums von Tiefe zu Breite im Interesse der
     lysen zum Studienabbruch von Dieter und Heub-           Wissenschaftspropädeutik entwickelt, stellenweise
     lein, gibt es weitere Studien, die sich mit dieser      zu Lasten der Mathematik (ebd. S. 5).
     Thematik auseinandergesetzt haben. Die acatech-             Die bildungspolitischen und gesellschaftlichen
     Studie wurde bereits erwähnt. Schiefele et al. (2007)   Entwicklungen reichen jedoch nicht aus, die
     weisen in einer Studie zu Prädiktoren des Studiener-    überdurchschnittlichen Abbruchquoten in MINT-
     folgs darauf hin, dass Unterschiede in den unter-       Fächern zu erklären, geschweige denn ihnen ent-
     suchten Merkmalen zwischen erfolgreich Studie-          gegen zu wirken. Die Untersuchung der Gründe
     renden und StudienabbrecherInnen erst im Verlauf        für einen Studienabbruch von Heublein und Dieter
     des Studiums signifikant werden (Studienbeginn vs.      zeigen, dass es sich hierbei um ein sehr vielschichti-
     Abbruchzeitpunkt). Gründe für einen Studienab-          ges und komplexes Phänomen handelt, dem kaum
     bruch sind demnach nicht nur in den Vorausset-          durch einfache Antworten begegnet werden kann.
     zungen, die die Studierenden bereits zu Studien-        Neben der Intervention von Seiten der Hochschu-
     beginn mitbringen, zu suchen. Eine weitere Studie       len in Form von Vor- und Brückenkursen, fordert
     von Fellenberg & Hannover (2006) zeigt, dass es         Blömeke Maßnahmen einerseits zur Förderung des
     fachspezifische Gründe für einen Studienabbruch         (mathematikbezogenen) Kompetenzerlebens, ande-
     gibt. Im Vergleich von sozial- und sprachwissen-        rerseits zur Förderung der Erfahrung sozialer Ein-
     schaftlich Studierenden und MINT-Studierenden,          bindung sowie der Erfahrung von Selbstbestim-
     brechen MINT-Studierende eher aus mangelndem            mung (ebd. S. 10f). Mit dieser Forderung folgt Blö-
     Fachinteresse, unausgereifterem Selbstkonzept und       meke den Vorstellungen von Deci und Ryan (1985),
     geringerer Bereitschaft, soziale Unterstützung in       die diese drei Formen an Erfahrung zur Förderung
     Anspruch zu nehmen, ab.                                 der individuellen Selbstwirksamkeitserwartung be-
         Eine viel beachtete Längsschnittuntersuchung        nennen.
     zu Ergebnissen eines in den Jahren 2002 bis 2011            Zu den spezifischen Anforderungen beim Über-
     durchgeführten und evaluierten Eingangstests für        gang von der Schule zur Hochschule im Fach Ma-
     Studierende der Ingenieurswissenschaften und            thematik forschten in den vergangenen Jahren ins-
     Mathematik an Fachhochschulen in Nordrhein-             besondere Rach et al. Dabei sind häufig zwei Ver-
     Westfalen, veröffentlichte Knospe bereits vor eini-     änderungen beim Übergang von der Schule zur
     gen Jahren (Knospe, 2012). Der Test fragt in zehn       Hochschule zu identifizieren. Zum einen eine „Cha-
     Items bei einer Bearbeitungszeit von 45 Minuten         rakterverschiebung des Lerngegenstands Mathe-
     Grundlagenkenntnisse der Studierenden ab. Die           matik“ sowie eine „Veränderung des Lehrangebots
     Items werden jeweils mit richtig (1 Punkt) oder         und des damit zusammenhängenden erforderlichen
     falsch (0 Punkte) bewertet. Die Ergebnisse zeigen       Nutzungsverhaltens“ (Rach et al., 2014). Eine längs-
     ein tendenzielles Absinken der mathematikbezoge-        schnittliche Analyse der Erwartungshaltung von
     nen Vorkenntnisse der StudienanfängerInnen von          309 Studierenden im ersten Semester Mathematik
     4,0 Punkten im Mittel (2002) auf 3,3 Punkte (2011).     anhand von Aufgabenbewertungen deutet darauf
     Das Ergebnis ist umso erstaunlicher, als dass der       hin, dass Erwartungen der Studierenden größten-
     Test dezidiert Schulwissen abfragt. Selbst Leistungs-   teils als realistisch eingestuft werden können (ebd.).
     kursabsolventen erreichen (2011) im Mittel lediglich    Dabei zeigen Studierende, die vor Semesterbeginn
     4,46 Punkte (SD = 2, 12). Abgesehen vom Absinken        an einem Vorkurs teilgenommen haben, zu Beginn
     der mathematikbezogenen Lernvoraussetzungen             des Studiums realistischere Erwartungen als Studie-
     wirkt nach wie vor alarmierend, dass der Arbeits-       rende, die ohne Vorkurs in ein Studium starten. Al-
     kreis Ingenieurmathematik ein Ergebnis von sechs        lerdings gleichen sich die Erwartungshaltungen der
     Punkten als Mindestanforderung für ein erfolgrei-       beiden Gruppen nach vier Wochen (zweiter Mess-
     ches Ingenieursstudium nennt. Ein Ergebnis, das         zeitpunkt) an. Wie lange die Erwartungen von Vor-
     bis 2012 von nur 18 % der Teilnehmenden (insge-         kursteilnehmer realistischer sind, lässt sich anhand
     samt 26 000) erreicht werden konnte.                    der Studie nicht sagen, da innerhalb der ersten
GDM-Mitteilungen 107 · 2019                                                                         Magazin      19

vier Wochen keine weitere Messung vorgenommen           ten (ebd. S. 379f). Außerdem zeigte sich für E-
wurde. Zudem zeigt sich ein (schwacher) Zusam-          Kurs-Teilnehmende, dass die Anzahl aufgerufener
menhang zwischen inhaltlichen Erwartungen zu            (online-)Tests positiv mit den Abschlusstestergeb-
Studienbeginn und Studienerfolg (ebd. S. 222f). In      nissen korrelierte (ebd.).
einer weiteren Studie von Rach und Heinze (2013)            Eine Studie an der Universität Kassel (Greefrath
konnte analysiert werden, dass die Entwicklung          et al., 2017) untersucht den Zusammenhang zwi-
von Selbsterklärungsaktivitäten in der Studienein-      schen Vorkursteilnahme und Studienerfolg. Die Stu-
gangsphase Einfluss auf das mathematikbezogene          dierenden konnten zwischen einer Präsenz- und
Selbstkonzept und den Studienerfolg im ersten Se-       einer E-Learning Vorkursvariante (Vemint) wählen.
mester hat. Dabei zeigte sich auch ein signifikanter    Als Voraussetzung zur Teilnahme an den Vorlesun-
Abfall des mathematischen Interesses sowie des ma-      gen im ersten Semester, mussten alle Studierenden
thematischen Selbstkonzepts in den ersten Wochen        unabhängig von der Vorkursteilnahme einen 90-
des Studiums (Rach & Heinze, 2013, S. 143).             minütigen Einstiegstest bestehen. Untersucht wur-
                                                        den Test- und Klausurergebnisse (am Ende des
Welche Forschungsergebnisse gibt es zu Vor- und         ersten Semesters) von 722 Studierenden (320 E-
Brückenkursen?                                          Learning; 397 Präsenzvorkurs). Der Test bestand
Seit dem Bekanntwerden der überdurchschnittlich         aus 33 Items (0 oder 1 Punkt) zu mathematischen
hohen Studienabbruchzahlen im Bereich der MINT-         Grundlagen. Die Ergebnisse der Studie deuten dar-
Fächer, haben die Hochschulen eine große Bandbrei-      auf hin, dass die Vorkursteilnahme (unabhängig
te unterschiedlicher Unterstützungsmaßnahmen er-        von der gewählten Variante) nur einen schwachen
griffen (vgl. Kapitel 3). Dass das Problem der ho-      Einfluss auf die Testergebnisse hat. Die Teilnahme
hen Abbruchzahlen keinesfalls behoben ist, zeigen       an einem Leistungskurs Mathematik in der Ober-
die fortlaufenden statistischen Berechnungen des        stufe hingegen zeigte einen signifikanten Effekt auf
DZHW (Heublein, 2018). Die Analyse der Gründe           Resultate im Einstiegstest. Die besten Ergebnisse
für den individuellen Studienabbruch kann dabei         erzielten Studierende, die sowohl an einem Leis-
nur die notwendige Grundlage für intervenieren-         tungskurs als auch an einem Vorkurs teilgenommen
de Maßnahmen sein. Dass Maßnahmen ergriffen             hatten. Ein Zusammenhang zwischen Vorkursteil-
wurden, wird an den in den vergangenen Jahren           nahme und Klausurerfolg konnte nicht beobachtet
entstandenen Projekten und Brückenkursen an ei-         werden. Ein Prädiktor für Klausurerfolg im ersten
ner großen Zahl von Hochschulen in Deutschland          Semester war die Teilnahme an einem Leistungs-
sichtbar. Parallel werden diese Maßnahmen an vie-       kurs (ebd. S. 159ff). Es zeigte sich aber auch ein
len Standorten evaluiert und wissenschaftlich unter-    signifikanter Zusammenhang zwischen den Ergeb-
sucht. Ergebnisse dieser Begleitforschung wurden        nissen im Test und den Ergebnissen in der Klausur.
in den letzten Jahren bereits veröffentlicht.           Zudem konnte festgestellt werden, dass die Vor-
    Ergebnisse zum hochschulübergreifenden Pro-         kursteilnahme bei LeistungskursabsolventInnen zu
jekt Vemint und den zugehörigen Vorkursen wur-          signifikant besseren Test-Ergebnissen führte. Ein
den in letzten Jahren vielfach veröffentlicht (Bausch   Zusammenhang zwischen der Wahl einer Vorkurs-
et al. 2014). Hier konnten zunächst Unterschiede        variante und dem Klausurerfolg konnte nur bei
zwischen sogenannten P-Kurs- (Präsenzvorkurs)           einer der untersuchten Studierendengruppen (Elec-
und E-Kurs- (Vorkurs mit hohem Anteil an Selbst-        trical Engineering) festgestellt werden (ebd. S. 163).
lernphasen) Teilnehmenden festgestellt werden (Fi-          Ähnliche Ergebnisse erzielte eine Studie an der
scher, 2014, Biehler et al., 2014). Studierende mit     DHBW in Mannheim (Derr et al., 2018). Auch hier
allgemeinbildendem Abitur und Absolventen ei-           konnten Zusammenhänge zwischen Vorwissen, Er-
nes Leistungskurses Mathematik tendierten im Ge-        gebnissen im Test und Studienerfolg festgestellt
gensatz zu Fachabiturienten zur Teilnahme an E-         werden. Abiturnoten und Vortestergebnisse waren
Kursen. P-Kursteilnehmer hingegen wiesen signifi-       dabei die stärksten Prädiktoren für die Klausurer-
kant schlechtere Abitur- und Mathematiknoten auf.       gebnisse im ersten Semester. Wohingegen zwischen
Interessanterweise konnte bei einem Einstiegstest       demographischen Variablen (Alter, Herkunft, Ge-
im Mittel kein Unterschied zwischen E-Kurs und P-       schlecht) kein signifikanter Zusammenhang zum
Kurs-Teilnehmern festgestellt werden (Fischer, 2014,    Studienerfolg sichtbar wurde. Es zeigte sich auch,
S. 376f). Eine Analyse der Gründe für die Kurswahl      dass gerade eine Risiko-Gruppe (Abitur- und Ma-
ergab, dass sich die Studierenden oft bewusst we-       thenoten) von der Vorkursteilnahme profitieren
gen der spezifischen Lehr-Lern-Umgebungen für           konnte (Vergleich Prä- und Posttest, aber auch lang-
die jeweilige Vorkursvariante entschieden. In Ab-       fristig). Ein starker Leistungszuwachs im Prä-Post-
schlusstestergebnissen zeigten E-Kursteilnehmende       Test-Design konnte für Studierende ermittelt wer-
im Mittel signifikant bessere Ergebnisse als Stu-       den, die an einem E-Tutoring-Programm teilgenom-
dierende, die an einem P-Kurs teilgenommen hat-         men hatten. Darüber hinaus zeigte nur die Anzahl
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