Religiöse Bindung ist immer Beziehung - Seelsorge am Lebensende - 19/2020 1. bis 15. November Zentralredaktion - Hospiz Zentralschweiz
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19/2020 1. bis 15. November Zentralredaktion Karin Klemm, Seelsorgerin im Hospiz Zentralschweiz. Bild: Sylvia Stam Seelsorge am Lebensende Religiöse Bindung ist immer Beziehung Seite 2/3
2 Schwerpunkt Seelsorge im Hospiz Zentralschweiz Jesuanische Gastfreundschaft «Vertrauen entsteht mehr im Alltag gehörige täglich gemeinsam zu Mit- S als in heiligen Handlungen», sagt Ka- tag essen, wenn sie möchten. «Wir ie leben jetzt bei uns, rin Klemm. Sie ist katholische Seel- teilen Brot und Leben an diesem Tisch, sorgerin im Hospiz Zentralschweiz, pflegen jesuanische Gastfreundschaft, deshalb möchte ich wo schwerkranke Menschen ihre auch ohne religiöse Worte.» Sie kennenlernen. letzte Lebensphase verbringen. Karin Klemm Würdig verabschieden Littau Zentrum. Kein Schild weist zum Die Tür, durch die die Besucherin Hospiz Zentralschweiz. Erst neben hereinkam, lässt sich nur von innen religiösen Texten, die Reflexion von der Eingangstür ist der Name zu lesen. öffnen. «Immer öffnet ein Mensch Religiösem und die Gestaltung von «Das Hospiz ist fast wie ein Daheim. diese Tür», erklärt Klemm die Will- Ritualen», sagt Klemm. Manche Pa- Zu meiner Wohnung weist ja auch kommenskultur im Haus. Wenn eine tient*innen würden lieber mit einer kein Schild», erklärt Karin Klemm und Patientin oder ein Patient gestorben theologisch gebildeten, andere lieber lacht herzlich. sei, stehe die Belegschaft des Hauses mit einer psychotherapeutisch gebil- Tatsächlich befindet sich das Hospiz, an dieser Tür Spalier, wenn der Sarg deten Seelsorgerin reden. im Januar in Littau eröffnet, in einem hinausgetragen werde. «Wir wollen Haus, in dem sich zuvor eine Woh- unsere Patient*innen würdig verab- Vertrauen schaffen nung mit Arztpraxis befand. Die Ein- schieden.» Wie sehr aber sind spezifisch religiöse richtung erinnert daran: Da ist die Die 56-Jährige ist die erste festange- Kompetenzen hier gefragt? «Ich gehe Stube mit Sofa, Bibliothek und Che- stellte Hospiz-Seelsorgerin (60 Pro- innerhalb der ersten drei Tage zu je- minée, eine offene Küche mit einer zent) in der Schweiz. Ihre Kollegin der neuen Patientin und jedem neuen Theke und Barhockern, eine Kinder- Marie-Therese Habermacher hat zu- Patienten und sage: ‹Sie leben jetzt spielecke und ein grosser Esstisch. dem ein 30-Prozent-Pensum in Spiri- hier bei uns, deshalb möchte ich Sie Hier können Patient*innen, Pflegende, tual Care. «Zu meiner Kompetenz ge- kennenlernen.›» Mehr nicht, denn Seelsorgerinnen, Freiwillige und An- hört der Umgang mit biblischen und nicht wenige hätten Vorbehalte oder schlechte Erfahrungen mit Religion. Dann gehe es darum, miteinander ein Stück Alltag zu leben: gemeinsam zu Mittag zu essen, ein Gespräch zusam- men mit den Angehörigen, von Karin Klemm moderiert. «Vertrauen entsteht mehr im Alltag als in heiligen Handlungen.» Wenn dieses erst einmal da sei, könne es auch zu Gesprächen über explizit re- ligiöse Themen kommen. «Von mir aus spreche ich solche Themen je- doch nie an.» Auf Wunsch betet sie mit den Patient*innen oder für sie, manche wünschten die Kommunion, die Krankensalbung eher selten. Klemm erlebt immer wieder, wie wichtig der Beziehungsaspekt auch bei solchen Sakramenten ist. «Wenn «Religion soll einladen, nicht aus- Das gemeinsame Mittagessen ist zen- bei der Kommunion noch eine ver- grenzen», findet Karin Klemm. traler Bestandteil des Hospizalltags. traute Person, zum Beispiel der
Schwerpunkt 3 Karin Klemm mit der Hospizkatze Jimini. Bilder: Sylvia Stam Schwager, dabei ist, dann leuchten Manche Angehörige wünschten ein die Augen mancher Patientin mehr als Abschiedsritual, «dann bieten wir Kirchen zahlen Seelsorge sonst.» Klemm ist denn auch über- eine kleine Feier im Innenhof an». Das Hospiz Zentralschweiz verfügt zeugt: «Es gibt keine religiöse Bindung Auch das Kirchenjahr soll Platz haben: über zwölf stationäre Betten und ausserhalb von Beziehungen.» Reli- «Der Karfreitag gehört in jede Ge- acht Tagesplätze für schwerkranke gion fasst sie dabei sehr weit: «Reli- sundheitsinstitution», findet Klemm. Menschen in der letzten Lebens- gion soll verbinden, deshalb suche Sie gestaltet ein Karfreitagsgebet mit phase. Innerhalb eines Jahres wei- ich die Schnittmenge der Gemein- einem hölzernen Kreuz. In der Oster- len hier rund 120 Patient*innen samkeiten, auf deren Boden wir Stille nacht wurde ein Osterfeuer entzün- zwischen 36 und 90 Jahren. Man- suchen und feiern können.» Jesu det und ein Halleluja gesungen, dazu che sterben nach einer Nacht, an- Gastfreundschaft und Menschen- wurden geistliche Gedichte vorgele dere bleiben fünf Monate. Die Lan- freundlichkeit seien dabei Richt- sen. Auch Advent, Weihnachten und deskirchen der Kantone Luzern, schnur. «Viele Pflegende sind nicht Pfingsten werden Ausdruck finden. Ob- und Nidwalden, Uri und Zug im kirchlichen Sinne praktizierend, Weiter verzichtet das Hospiz bewusst sowie die christkatholische Kirch- aber wir feiern gemeinsam. Das ist auf religiöse Symbole im Haus. Denn gemeinde Luzern finanzieren die eher postchristlich, aber zutiefst je- «Religion soll einladen, aber sie darf Seelsorge-Stelle (60 Prozent) vor- suanisch.» nicht ausgrenzen». Für Rituale – «je erst für drei Jahre mit insgesamt einfacher, desto besser» – eigneten 100 000 Franken pro Jahr, zuzüg- Feste im Kirchenjahr sich auch Tonscherben oder Blumen. lich eines Startbeitrags von 22 000 Gefeiert wird jede Woche eine Wo- Auch den Raum der Stille schmückt Franken. Der Anteil der römisch- chenabschlussfeier im Raum der einzig eine riesige leere Holzschale, katholischen Landeskirche Luzern Stille. Alle zwei Monate gibt es für die darum herum schwarze Meditations- beträgt 50 000 Franken jährlich. Die Mitarbeitenden – verpflichtend – eine kissen. Karin Klemm hebt die Schale 30-Prozent-Stelle in Spiritual Care Gedenkfeier für die in dieser Zeit Ver- gegen das Licht. Da zeigt sich, dass das finanzieren die katholische und die storbenen. «Hier ist es wichtig, dass Holz an einer Stelle fast durchsichtig reformierte Landeskirche Zug. wir als Seelsorgende nachspüren: Wer ist. «Schönheit im Versehrt-Sein», sagt hospiz-zentralschweiz.ch trägt noch etwas mit sich herum?» Klemm. Sylvia Stam
4 Agenda Radiopredigt am 15. November «Living Stones»-Weekend in Einsiedeln Was kaum zu glauben ist Glauben durch Architektur und Kunst entdecken «Kaum zu glau- ben», das ist der «Living Stones», englisch für «le Titel der nächs- bendige Steine», ist ein Netzwerk ten Radiopre- von Gruppen junger Menschen, die digt von Silvia Gäste auf kunstgeschichtlich-spiri- Huber. Die Lu- tuelle Touren durch Kirchen führen. zerner Theolo- Am Beispiel des Klosters Einsiedeln Die Pandemie ist kein Grund, aufs gin erzählt von lernen Interessierte zwischen 18 und Bild: zVg Singen zu verzichten. An einem frühe- den Veränderun- 35 Jahren die Grundelemente des Kir- ren Singalong. Bild: Monique Wittwer gen im gelebten Glauben der letzten chenraumes und die damit verbun 100 Jahre. «Es ist kaum zu glauben, dene Theologie kennen. Grundinhalte Singalong 2020 dass ‹damals› noch der Pfarrer gefragt des christlichen Glaubens werden so Mitsingen trotz Corona werden musste, ob das Fleisch der not- durch die Kunst und Architektur ver- geschlachteten Sau während der Fas- mittelt. Vorkenntnisse sind nicht nö- Der Luzerner Singalong findet auch tenzeit doch gegessen werden dürfe», tig. Kordinator für «Living Stones» in im Corona-Jahr 2020 statt. Zum vier- schreibt sie dazu. Es sei für uns heute Luzern ist Marco Schmid vom Team ten Mal lädt der Franziskanerchor auch kaum zu glauben, dass nur Bu- Peterskapelle. Singfreudige ein, gemeinsam ins ben ministrieren durften. «Und es ist Fr, 20.11., 18.30 Uhr bis So, 22.11., 14 Uhr | «Jauchzen und Frohlocken» einzu- kaum zu glauben, dass sich die Bot- Unkostenbeitrag, Richtwert Fr. 40.– | stimmen. Der Singalong 2020 wird Anmeldung bis 16.11. an schaft vom Reich Gottes durch all die marco.schmid@kathluzern.ch in einer angepassten, kleinen und verschiedenen Glaubensformen und sicheren Form im Dezember durch -regeln immer wieder durchgesetzt geführt. Anstatt einmal Gross gibt’s hat und fortsetzen wird.» zweimal Klein. So, 15.11., 10 Uhr, auf SRF 2 Kultur und An zwei Abenden am 12. und am 30. SRF Musikwelle sowie über radiopredigt.ch. Dezember (jeweils 18 Uhr) können Dort sind alle Predigten nachhörbar. maximal 60 Personen in der Lukas kirche Luzern eine Auswahl von Stü- Freundeskreis Hans Urs von Balthasar cken aus dem Weihnachtsoratorium Einkehrtage im Advent von Bach (mit-)singen. Sie werden unterstützt von vier professionel- Der Freundeskreis Hans Urs von Bal- Die eritreisch-orthodoxe Gemeinschaft len Gesangssolisten, dem Singalong- thasar lädt auch dieses Jahr zu seinen lädt zur Teilnahme am Gebet. Bild: zVg Kammerorchester und von der Chor- traditionellen Einkehrtagen im Advent leiterin und Dirigentin Ulrike Grosch. nach Einsiedeln. In drei Vorträgen Woche der Religionen Das Mitmachen ist kostenlos. spricht Marianne Schlosser, Professo- Friedensfeier und Begegnung Information und Anmeldung unter rin für Theologie der Spiritualität an luzern-singalong.ch, Platzzahl beschränkt der Universität Wien, zum Thema «Das Jeweils Anfang November findet Mysterium der Eucharistie: Theolo- schweizweit die Woche der Religio- Universität Luzern gie und geistliche Erfahrung». Die Teil- nen statt. In Luzern sind zwischen Was ist Religionspädagogik? nahme an der Vesper, dem Salve Re dem 8. und 15. November verschie gina und am Konventamt des Klosters dene Veranstaltungen geplant: Den Was macht eine Religionspädagogin, Einsiedeln sind Teil des Programms. Auftakt macht eine interreligiöse Frie- ein Religionspädagoge? Die Theologi- Die Vorträge werden live auf Radio densfeier im Paulusheim, im Maihof sche Fakultät der Universität infor- Maria übertragen und am 6. Dezember können «Köstlichkeiten aus den Welt- miert über das Diplom- und Bache nochmals gesendet, sie werden später religionen» genossen werden, die eri lorstudium Religionspädagogik sowie auch als CD erhältlich sein. trerisch-orthodoxe Gemeinschaft und über das Berufsfeld in den Bereichen Sa, 28.11. bis So, 29.11., Hotel Allegro, das buddhistische Zentrum laden zu Religionsunterricht, Katechese und Einsiedeln | Anmeldung nicht nötig. einem Besuch. kirchliche Jugendarbeit. Die Vorträge können einzeln besucht werden. Unkostenbeitrag von Fr. 60.– erbeten. Programm als PDF unter Sa, 21.11., 10.15 Uhr, Universität Luzern | balthasar-freundeskreis.ch luzerner-religionsgemeinschaften.ch Programm, Anmeldung: unilu.ch/infotag-rpi
Aus der Kirche 5 Luzern Treffpunkt Buch Hoffnung statt Höllenangst Nicht mehr ganz jungen Menschen sind sie in unguter Erinnerung: die Angst Frederick James (29) löst Stéphane Mottoul (29) folgt auf erwecken- Franz Schaffner (66) ab. Wolfgang Sieber (66). Bilder: zVg den Höllen- predigten Hofkirche Luzern und Franziskanerkirche Luzern während den «Volksmissionen». Zwei junge Organisten folgen auf Schaffner und Sieber Ganz anders ist das vorliegende Am 1. Juni 2021wird der Brite Frederick James die Nachfolge von Franz Schaff- Buch von Renold Blank. ner an der Kirche St. Maria zu Franziskanern antreten. Er erwarb am Royal Das Wort «Hoffnung» zieht sich College of Organists in seiner Heimatstadt London das höchste britische Kir- wie ein roter Faden durch das chenmusikdiplom. Seit 2017 ist er Hauptorganist in der Pfarrei St. Peter und schmale, aber inhaltsreiche Werk. Paul in Oberwil (BL). Die einfach zu lesenden, doch pro- Der gebürtige Belgier Stéphane Mottoul schloss das Masterstudium in Orgel funden Ausführungen über das an der Universität IMEP in Namur ab. Seit 2018 ist er Organist an der Univer- Leben nach dem Tod, über Feg- sitätskirche von Freiburg im Breisgau. Er tritt die Stelle als Nachfolger von Hof- feuer, Himmel und Hölle berufen organist Wolfgang Sieber per 1. Oktober 2021 an. sich immer wieder auf die Bibel: auf den barmherzigen Gott, der stärker ist als alles menschliche Schweiz Evangelische Volkspartei Schweiz Versagen. Namenswechsel kein Thema Schweizer Radio SRF Renold Blank, emeritierter Titu Für die Aus für Religionssendungen larprofessor der Päpstlichen Theo- Evangelische logischen Fakultät von São Paulo Ab Sommer 2021 verzichtet Schweizer Volkspartei (Brasilien), setzt sich mehrmals mit Radio SRF auf die Radiosendungen (EVP) ist ein der Vorstellung der Reinkarnation «Zwischenhalt» und «Blickpunkt Re Namens- auseinander. Nicht nur aus theo- ligion». Diese thematisieren wöchent- wechsel logischer, auch aus psychologi- lich Fragen rund um Religion, Ethik, kein Thema. scher und religionsgeschichtlicher Glaube und Theologie. Als Grund «Wir sind Sicht lehnt er sie ab. nannte Direktorin Nathalie Wappler Bild: parlament.ch seit hundert an einer Medienkonferenz Sparmass- Jahren erfolg- Das Buch sei allen empfohlen, die nahmen. SRF plant ausserdem neue reich, gerade weil wir das E in unse- eine bis heute nachwirkende Höl- Online-Formate für ein jüngeres Pub- rem Namen haben», sagte Parteiprä- lenangst überwinden möchten. likum. Gegen die Streichung der Sen- sidentin Marianne Streiff gegenüber Und jenen, die offen sind für eine dungen hat das Katholische Medien- ref.ch. Mit dessen Verlust würde auch Hoffnung machende Sicht auf das zentrum eine Online-Petition lanciert. die Grundlage für ihre Politik fehlen: neu geschenkte Leben nach dem Darin wird Wappler aufgefordert, den das Evangelium. «Wir richten un Tod. Entscheid rückgängig zu machen. Die sere Politik nach den darin vermit Walter Ludin, Kapuziner Petition kann noch bis Ende Novem- telten Werten.» Hintergrund ist die Kloster Wesemlin Luzern ber unterzeichnet werden. Debatte in der Christlichen Volkspar- Renold Blank: Zehn brennende Fragen tei (CVP). Diese stimmt derzeit über zu Leben und Tod. TVZ-Verlag 2020. openpetition.eu/ch/petition/online/ kahlschlag-bei-der-religion-verhindern-srf- eine Streichung des C in ihrem Na- ISBN 978-3-290-20185 verletzt-konzessionsauftrag men ab.
6 Aus der Kirche Luzern Treffpunkt Buch Institutio und Priesterweihe im Bistum Basel Pharisäer aufgepasst Vier Seelsorgerinnen und ein Priester aus Luzern Martin Werlen, Am 27. September erhielten sieben die Institutio. Diese erhalten Seelsor- Benediktiner Frauen die Institutio, also die Zulas- ger*innen nach dem Theologiestu- des Klosters sung als ständige Seelsorgerinnen im dium und der zweijährigen Berufs Einsiedeln, Bistum Basel. Dies teilte des Bistum einführung. hat ein neues Basel mit. Vier von ihnen haben einen Zwei Tage später wurde Stefan Tschudi, Buch heraus- Bezug zu Luzern: Anna Engel ist seit bis dahin Diakon in den Luzerner gegeben: Oktober Leiterin des neuen Pastoral- Pfarreien Hellbühl und Neuenkirch, «Raus aus dem raums Luzerner Hinterland, die Ber zum Priester geweiht. Der 68-Jährige Schnecken- nerin Christa Grünenfelder arbeitet ist verwitwet, Vater von fünf Kindern haus! Nur wer in der Pfarrei Rosenkranzkönigin Ebi- und promovierter Chemiker. Vor sei- draussen ist, kann drinnen sein», kon. Aline Bachmann aus Sempach nem Theologiestudium hat er als Bio- lauten Titel und Untertitel. Es sei und lsabelle Senn aus Hitzkirch sind logie- und Chemielehrer gearbeitet. «von Pharisäern mit Vorsicht zu im Kanton Bern tätig. Mit ihnen er Mit ihm zusammen erhielt Joël Esch- geniessen», schreibt Werlen in der hielten auch Vanessa Furrer, Eva- mann die Priesterweihe. Er ist in zwei Einladung zur Buchvernissage. Es Maria Müller-Kühne und Petra Raber Pfarreien in Bern West tätig. handelt von Menschen, die sich «selbstgerecht im Glauben» abge- schottet haben, heisst es in der Medieninformation. Aber auch von Pharisäern und Schriftgelehrten. «Martin Werlen nimmt die Leser mit auf den Weg voller Überra- schungen: zu einem Glauben, der nicht die Abschottung sucht und pflegt, sondern mutig bei den Men- schen ist und zusammen mit ih- Mittlere Reihe: Aline Bachmann, Stefan Tschudi (vorne) ist verwitwet nen den Weg in die Zukunft sucht», Isabelle Senn, Christa Grünenfelder; und hat fünf Kinder. Zusammen mit so die Mitteilung. Das Buch wurde vorne links: Anna Engel; hinterste Joël Eschmann (hinten) erhielt er am 12. Oktober in Schaan (FL) der Reihe Mitte: Bischof Felix Gmür. die Priesterweihe. Bilder: jrm-photoworks Öffentlichkeit vorgestellt. Martin Werlen ist seit Mitte August Propst in der Propstei St. Gerold im Vor- Religionspädagogisches Institut der Universität Luzern arlberg (A). Ehemaliger Studienleiter Markus Arnold gestorben Martin Werlen: Raus aus dem Schneckenhaus! Herder 2020. Am 4. Oktober 2020 verstarb der Buch «Versöhnungskultur. Busswege ISBN 978-3-451-39204-7 Theologe Markus Arnold infolge ei- und Versöhnungsfeiern in der Ge- nes Badeunfalls, wie die Universität meinde», das von Arnold mit heraus- Luzern mitteilt. Der 1953 geborene gegeben wurde. So ein Witz! Theologe lehrte ab 1992 Moraltheo- logie, später theologische Ethik am Eine Touristin in Jerusalem möchte Religionspädagogischen Institut Lu- die Klagemauer sehen. Doch sie zern. Ab 1999 bis zu seiner Pensio kennt das englische Wort dafür nierung im Jahr 2018 wirkte er als nicht. So sagt sie zum Taxifahrer: Studienleiter. Arnold war einer der «Fahren Sie mich bitte zu dem Bau- Pioniere der Firmung 17+, als Ethiker werk, wo die Leute klagen.» Kurz galt sein Interesse besonders dem Sa- darauf steigt sie vor dem Steueramt krament der Busse und Versöhnung. Markus Arnold lag das Busssakrament aus. Quelle: Ref. Kirchenbote Diesen Oktober erschien dazu das besonders am Herzen. Bild: Martin Spilker
Thema 7 Pfarrei Schüpfheim auf der App «Crossiety» Die Firmung neben der Feuerwehr Die Pfarrei Schüpfheim ist auf dem digitalen Dorfplatz von «Crossiety» präsent. Dass die App mehr als nur Informationsmittel ist, erläutert das Ehepaar Corradini-Stadler im Ge- spräch. «Hier habe ich es mit Menschen zu tun, die es wirklich gibt und die ich kenne», sagt Imelda Corradini-Stad- ler, während sie die Namen der rund 430 «Crossiety»-Einzelmitglieder von Schüpfheim durchscrollt. Sie führt das Sekretariat der Pfarrei Schüpfheim «Crossiety» vernetzt Vereine, Institutionen und Einzelpersonen unterschied- und amtet als Leitungsassistenz des lichster Art. Gemeinsam ist ihre Herkunft aus demselben Dorf. Illustration: Crossiety Pastoralraums Mittleres Entlebuch, den ihr Mann Urs Corradini leitet. Als eine Überflutung zu verhindern. Etwa die Gemeinde Schüpfheim im Mai Nachbar*innen vernetzen der Gottesdienst zu Allerheiligen, der dieses Jahres den «digitalen Dorf- «Crossiety» ist eine Adventskranzverkauf oder die Rorate- platz» einführte, war für Urs Corradini lokale Vernetzungs- Gottesdienste. klar: «Wenn es einen digitalen Dorf- plattform mit Sitz in platz gibt, gehört die Kirche dazu.» Die Zürich. Sie richtet sich Anstatt Whatsapp-Gruppen Pfarrei und die Kirchgemeinde haben an Gemeinden, Vereine, Institutio- «Whatsapp-Gruppen von Firmlingen je einen Account. nen oder Einzelpersonen. Diese könnte man auf ‹Crossiety› verla- können im Umkreis von 20 Kilo- gern, indem diese eine geschlossene Auch Kirchenferne erreichen metern via die App informieren Gruppe bilden», sagt Imelda Corradini- «Herzliche Gratulation zur Firmung» und sich austauschen. Durch die Stadler. Die App erlaubt, öffentlich lautet der jüngste Post der Pfarrei Bildung von Gruppen kann die oder in der Gruppe Dokumente hoch- Schüpfheim zu einem Foto der Firm- App auch als interne Plattform ge- zuladen, Berichte zu publizieren oder linge. Er erscheint zwischen dem Of- nutzt werden. Im Kanton Luzern miteinander zu chatten. Mit der Funk- fiziersrapport der Feuerwehr Entle- sind die Gemeinden und darum tion «Suche/biete» lassen sich Frei- buch und einem Hinweis auf den auch die Pfarreien Buttisholz, Entle willige suchen. Auch Interaktionen nächsten Unihockeymatch in Schüpf- buch und Schüpfheim dabei. seien durchaus erwünscht, etwa eine heim. «Auch Mitglieder des Uniho- crossiety.ch Umfrage zu Gottesdienstzeiten. «So ckey-Clubs sehen, was wir als Pfarrei könnte man Stimmen hören, die man tun, nicht nur jene Schüpfheimerin- sonst nicht vernimmt», meint Urs nen und Schüpfheimer, die bereits Corradini. Die beiden sind sich aber jetzt unsere Angebote nutzen. Des- bewusst, dass man dabei den Zeitauf- halb sind wir auf ‹Crossiety› präsent», wand im Auge behalten muss. «Bisher erläutert Imelda Corradini-Stadler. läuft das nebenher», so Imelda Corra- So erhoffen sie sich durchaus, auch dini-Stadler. Das Ehepaar hofft, dass kirchenfernere Menschen zu errei- noch mehr Vereine und Einzelperso- chen. Im Unterschied zu Pfarreiblatt nen auf «Crossiety» setzen. Denn «es und Webseite sollen in der App jedoch funktioniert nur, wenn möglichst viele nur «Highlights» und «niederschwel- Urs und Imelda Corradini sehen viel dabei sind», sind beide überzeugt. lige Angebote» publiziert werden, um Potenzial in «Crossiety». Bild: Sylvia Stam Sylvia Stam
8 Thema Hilfswerke und Verkehrsclub legen Studie vor In der Batterie steckt oft viel Leid Ein Elektroauto ist grüner als ein Die- selfahrzeug oder Benziner. Die Bat teriehersteller kümmern sich jedoch oft wenig um Umwelt und Menschen- rechte. Fastenopfer, Brot für alle und der VCS fordern mehr Recycling und «eine Abkehr vom Privatauto». In einer gemeinsamen Studie (siehe Kasten) haben die zwei kirchlichen Hilfswerke und der Verkehrsclub der Schweiz die sozialen und ökologi- schen Herstellungsbedingungen der sechs weltweit grössten Hersteller von Fahrzeugbatterien untersucht. Sie or- ten «insbesondere beim Rohstoffab- bau gravierende Mängel und Risiken», heisst es in der Zusammenfassung. Elektroauto an einer Stromtankstelle. Es fährt sauber, aber die Rohstoff- gewinnung für seine Batterien belastet die Umwelt. Bild: Roberto Conciatori Einheimische im Nachteil Heutige Elektrofahrzeuge speichern det, vor allem aufgrund mangelnder den Strom in Lithium-Ionen-Batte- «Bestand drastisch senken» Transparenz, schreiben die Studien- rien. Diese werden meist mit fossilen In ihrer gemeinsamen Studie «Die verfasser. Es fehlten jedoch «praktisch Energien hergestellt, denn China, das Batterie – Knackpunkt der Elektro- überall Angaben zu den Minen, aus grösste Produktionsland, setzt auf mobilität» untersuchen die Hilfs- denen die Rohstoffe stammen». Kohlestrom. Ein grosser Teil der Bat- werke Fastenopfer und Brot für terierohstoffe werde zudem in Län- alle sowie der Verkehrsclub der «Nicht automatisch grün» dern mit hoher Armut und schwachen Schweiz (VCS) die Geschäftspoli- Die Verfasser fordern, die Hersteller Verwaltungen und Regierungen ge- tik der wichtigsten Batterieherstel- von Batterien müssten ihre Sorg wonnen, so die Studie. «Während lo- ler. Sie kommen unter anderem faltspflicht «entlang der gesamten kale Eliten mit dem Rohstoffabbau zum Schluss, die ökologischen Lieferkette und für alle verwendeten Gewinne erzielen, profitiert die lokale und sozialen Schäden, die mit Rohstoffe» wahrnehmen. Missstände Bevölkerung nur sehr begrenzt», der Batterieherstellung verknüpft dürften nicht nur identifiziert werden, heisst es dazu weiter. Auf den Philip- seien, liessen sich «am besten ver- sondern es sei «zusammen mit Akteu- pinen etwa würden für die Nickelför- meiden, indem der Fahrzeugbe- ren der Zivilgesellschaft für Lösungen derung Einheimische umgesiedelt. In stand drastisch gesenkt wird». Dies (zu) sorgen». Und: «Investoren sollen der Demokratischen Republik Kongo bedinge ein anderes Mobilitäts- die Elektromobilität nicht automa- seien in den Kleinstminen «schwere verhalten und «eine Abkehr vom tisch als grüne und nachhaltige Anla- Unfälle an der Tagesordnung». Ein Privatauto». gekategorie einstufen.» drittes Beispiel: In den Salzwüsten Die Studie ist auf fastenopfer.ch/ Verbesserungsmöglichkeiten sehen Lateinamerikas drückt die Lithium elektromobilitaet kostenlos verfügbar. Fastenopfer, Brot für alle und der VCS gewinnung den Grundwasserspiegel auch im Recycling. Es brauche staat- und die lokale Bevölkerung verliert im ler Samsung SDI am besten ab, wäh- liche Anreize und Regulierungen, da- Streit um Land- und Wasserrechte. rend der chinesische Weltmarktführer mit Batterien möglichst lange genutzt In der Gesamtbewertung der Studie CATL, auch Partner des Autoherstel- und Rohstoffe vollständig wiederver- schneidet der südkoreanische Herstel- lers Tesla, auf dem Schlussrang lan- wertet würden. Dominik Thali
Thema 9 Flüchtlingslager Moria auf Lesbos «Nothilfe ist Pflästerlipolitik» Die Psychologin Dorothee Wilhelm war mit einer Schweizer Organisa- tion auf Lesbos, um Freiwillige psy- chologisch zu schulen. Dann brannte das Flüchtlingslager Moria ab. Wie war die Situation, bevor das La- ger niederbrannte? Die Menschen – Medien sprachen von 12 700 Personen in einem für 2000 Personen gebauten Lager – lebten auf engstem Raum in Zelten mit sehr geringem Abstand. Rund 1300 Men- schen teilten sich eine Wasserstelle. Die sanitären Anlagen waren in haar- sträubendem Zustand. Ich habe mit Ärztinnen gesprochen, die verzweifel- Ein neues Flüchtlingscamp auf Lesbos nach dem Brand von Moria. Bild: OHF ten, weil Kinder alle zwei Wochen mit Durchfall wiederkamen – eine der Gab es Covid-19-Infizierte im Lager? Was brauchen diese Menschen am häufigsten Ursachen für Kindersterb- Eine Woche vor dem Brand gab es die dringendsten? lichkeit. erste Infizierung. 35 Leute wurden Eine Perspektive. Die Schweiz könnte isoliert. Es kam zu Protesten, weil die viel mehr Flüchtlinge aufnehmen Flüchtlinge Angst hatten, das ganze als die 20 Minderjährigen, denen der Schweizer Hilfe in Lesbos Lager würde sich anstecken. Bundesrat zugestimmt hat. Doch man Dorothee Wil- müsste auch die Fluchtursachen an- helm ist Psycho- Für den Bundesrat ist Nothilfe wich- gehen: Noch immer exportiert die therapeutin und tiger als die Aufnahme von Flücht- Schweiz Waffen in Krisengebiete, es Beirätin von lingen. Wie sehen Sie das? gibt Schweizer Konzerne, die im Aus- HelloWelcome, Nothilfe ist wichtig, aber ich halte das land Menschenrechte missachten und einem Treffpunkt für Pflästerlipolitik. Sie darf nicht dazu Umweltschäden anrichten. Ein Gross- für Flüchtlinge dienen, ein neues Moria-Lager zu ze- teil der Menschen flieht bereits als in Luzern. Sie hat vom 7. bis 20. mentieren. Folge von Umweltschäden. Weiter September auf Lesbos Freiwillige sollte der Flüchtlingsbegriff der Gen- im Umgang mit traumatisierten Wie geht es den Menschen jetzt? fer Flüchtlingskonvention überarbei- Flüchtlingen psychologisch ge- Inzwischen wurde ein neues Camp für tet und den Gründen angepasst wer- schult. Dies geschah im Auftrag 9000 Personen errichtet, mit Sommer- den, weshalb heutige Menschen ihre von «One happy family» (OHF), zelten ohne Böden. Ich habe Bilder Heimat verlassen. einer NGO mit Sitz in Burgdorf. gesehen, auf denen die Zelte anstän- Wilhelm sprach am 12. Oktober im dig aussehen, auf anderen stehen sie Was können einzelne Bürger*innen HelloWelcome Luzern über ihre nahe beieinander. Gemäss der norwe- tun? Erfahrungen. Der Treff wird unter gischen Nicht-Regierungs-Organisa- Sie können den politischen Druck anderem von den beiden Landes- tion Aegean Boat Report steht das neue auf ihre Staaten, mehr Flüchtlinge kirchen von Stadt und Kanton Lu- Camp auf einem ehemaligen Schiess- aufzunehmen, aufrechterhalten, da- zern unterstützt. platz, auf dem noch Munition zu fin- mit Moria nicht nochmals vergessen ohf-lesvos.org | hellowelcome.ch den ist und Bleivergiftungen drohen – geht. für kleine Kinder lebensgefährlich. Sylvia Stam
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