Renate Vanselow, Biologie der Pferde für NABU-Oberberg
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Renate Vanselow, Biologie der Pferde für NABU-Oberberg Heu aus traditionellen Heuwiesen Im Gegensatz zu wiederholt abgefressenen Weideflächen aus niedrigen Pflanzenarten zeichnen sich traditionelle Heu- Wiesen, die nur ein bis zweimal im Jahr für das Winterfutter gemäht werden, durch hochwüchsige Gräser und Kräuter aus. Viele dieser Wiesenpflanzen vertragen zu häufiges Entfernen ihrer oberirdischen Teile nicht. Auf modernen Vielschnittwiesen mit etwa 5 Silageernten im Jahr sucht man sie daher vergeblich. Die weltweit wichtigsten Wirtschaftsgräser im Futterbau, also Weidelgräser (Lolium perenne, L. multiflorum) und breitblättrige Schwingel (Festuca arundinacea, F. pratensis), können zu schweren Vergiftungen beim Weidevieh führen. Besonders betroffen sind die Pferde, da Wiederkäuer wie Schaf und Rind erheblich höhere Giftmengen vertragen. Ursache der Vergiftungen sind Pilze, die von außen völlig unsichtbar innerhalb des Pflanzenkörpers leben, sogenannte Endophyten (endo: innerhalb; phyto: Pflanze). Diese Pilze helfen den Gräsern besser mit Stress klar zu kommen, sie sind also für die Widerstandskraft (Resistenz) der Futtergräser wichtig. Gräser ohne ihre pilzlichen Partner sind empfindlicher und vertragen keine so intensive (Über-) Nutzung. Leider gehören die erwähnten Pilze zur Verwandtschaft der Mutterkornpilze. Sie stellen ein ganzes Sammelsurium an Giftstoffen her, die jeder für sich bereits in Spuren hochgradig wirksam sind und beispielsweise zu Erkrankungen wie Laminitis (Klauenrehe, Hufrehe) führen. Die Ansaat von Monokulturen oder artenarmen Futterflächen aus resistenten Gräsern, die alle in der gleichen Weise auf bestimmte Fähigkeiten selektiert wurden, erhöht die Gefahr von Vergiftungen. Während im Grasland aus Wildpflanzen neben unterschiedlichsten Grasarten und Kräuterarten auch innerhalb der Art eine große, „individuelle“ Vielfalt an genetischen Reaktionsmöglichkeiten besteht und innerhalb einer Grasart ganz unterschiedliche Endophyten Partner sein können, finden sich im Zucht-Grasland nur wenige genetisch eingeengte Zuchtsorten und nur wenige Endophyten. Wildpflanzenbestände reagieren daher „elastisch“ auf Stress indem jede Pflanze den für sie besten Weg geht. Einzelne giftige Gräser werden vom Gesamtbestand verdünnt. Im Gegensatz dazu reagieren in einer Monokultur alle Individuen in sehr ähnlicher Weise, was im Falle steigender Giftgehalte zu einer Giftigkeit des Gesamtbestandes führen kann. Messungen aus den USA haben dabei gezeigt, dass der Giftgehalt des frischen Grases durch die Lagerung als Silage nur wenig abgebaut wird, dass die Herstellung von Heu den Giftgehalt dagegen deutlich senken kann – obwohl besonders giftige Ernten auch nach Jahren der Lagerung als Heu noch ungeeignet als Tierfutter sein können. Endophyten können Zuchtexemplare sein und sogar patentierte Lebewesen sein. Die gentechnische Manipulation von Zucht- Endophyten wird in der Wissenschaft praktiziert. Während Beweidungsdruck grundsätzlich den Infektionsgrad der Gräser mit (giftigen) Endophyten erhöht, gibt es Kräuter, die den Infektionsgrad zurück drängen: Pflanzliche Halbparasiten wie der Klappertopf spielen im Grasland eine ganz wichtige, regulierende Rolle und sind keineswegs „sinnlose Artenvielfalt“! Die sogenannten Wohlstandserkrankungen heutiger Pferde lassen immer mehr Pferdehalter nach Heu aus traditionellem Dauergrünland suchen. Darunter versteht man Grünland, das in den vergangenen drei bis fünf Jahrzehnten ununterbrochen als Grasland genutzt wurde, ohne mit Saatgut nach- oder übergesät zu werden und selbstverständlich ohne nach Umpflügen neu eingesät zu werden. Im Idealfall ist das Grasland irgendwann durch Selbstbegrünung aus einer Brache entstanden, wie die Dreifelderwirtschaft es ursprünglich praktizierte. Was über Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende eine gesunde Futtergrundlage unserer Hauspferde war, kann nicht verkehrt sein – zumal die zahmen Weidetiere und ihre regionale Futterumgebung eine über Jahrtausende entwickelte Kulturleistung darstellen, die nur zusammen entwickelt werden konnte. Moderne Hochleistungs- Milchkühe benötigen eine völlig andere Ernährung als Pferde und die alten, heute vom Aussterben bedrohten Rinderrassen. Galloway und Robustpferde können auf einer Weide gesund zusammen leben, modernes Milchvieh benötigt dagegen höhere Zucker- und Eiweißgehalte 1 Heu von artenreichen Kräuterwiesen des NABU – Oberberg
Renate Vanselow, Biologie der Pferde für NABU-Oberberg bei geringerem Rohfaseranteil als die robusten Rassen. Doch was fraßen Pferde und Rinder noch vor gut einhundert Jahren, als Begriffe wie Naturschutz, Schwund der Artenvielfalt oder Wohlstandserkrankung unbekannte Fremdworte waren, weil die Bauern durch ihre Nutzung die kleinräumige und vielfältige Landschaft pflegten? Was finden wir also in traditionellen Wiesen für Gewächse, die wir heute im monotonen Wirtschaftsgrünland vergeblich suchen? Je nach Standort stellen sich optimal an Boden, Nährstoffangebot, Wasserverfügbarkeit und Witterung angepasste wilde Gräser und Kräuter ein. Auf feuchten bis nassen Böden finden wir zumeist kräftige, hochwüchsige Arten, die viel Aufwuchs auf wenig Fläche einbrachten. Nasse Böden, die nicht „ackerfähig“ waren, waren daher die wertvollsten Mähwiesen, und wo nicht genug nasse Flächen vorhanden waren wurde ausgeklügelt bewässert. Der heutige Pferdehalter wird staunen, was für „Ungräser“ unseren Altvorderen als bestes Pferdefutter galten: Die vor einhundert Jahren am teuersten gehandelten Heugräser auf dem Berliner Futtermittel- Markt finden sich im Feuchtgrünland der großen Flüsse im flachen Nordosten Deutschlands: die Echte Mielitz (Wasser-Schwaden, Glyceria maxima) für damalige Milchkühe, die Havelmilitz (Rohr-Glanzgras, Phalaris arundinacea) für die arbeitenden Pferde vor Droschken und unterm (Militär-) Sattel. Beide Gräser werden fast so hoch wie Schilf (Phragmitis australis) und müssen als Heu sehr früh, vor der Blütenbildung, geschnitten werden, sollen sie nicht zu hart werden und dann nur noch als Einstreu verwertbar sein. Warum der Unterschied zwischen Echter und Havel-Mielitz? Die Milchkühe benötigten schon damals für die Milchproduktion höhere Energie- und Proteingehalte als die arbeitenden Pferde. Die Havelmielitz hat mehr Struktur als die etwas weichere, schmackhaftere Echte Mielitz. Beide Gräser stehen auf derart nassen Flächen, dass schwere Maschinen nicht einsetzbar sind. Die Heumahd wurde per Hand mit der Sense durchgeführt oder mit Zugpferden vor dem Mähwerk. In besonders nassen Jahren konnten die Pferde nur mit Moorschuhen (das sind mit Lederhufschuhen verbundene Bretter, die wie Schneeschuhe ein Einsinken auch im Moor verhindern) auf die Flächen, um die bepackten Reuter auf Lastenschlitten auf trockeneres Gelände zu ziehen. Trotz der enorm hohen, gut dokumentierten Erntemengen damals von bis zu 16 Tonnen Havelmielitzheu in zwei Schnitten pro Hektar sind diese Gräser heute wirtschaftlich ohne Interesse, da sich der Arbeitsaufwand nicht mehr lohnt. Im Oberbergischen fanden sich diese ertragreichen Gräser nur in schmalen Streifen am Rande der Bäche, die durch die engen Täler flossen. Andere Feuchtgrünländer, die Hochseggenrieder, werden dominiert von Sauergräsern. Riedgräser, wie die Sauergräser auch genannt werden, fanden sich sehr wohl im Oberbergischen. Sie sind heute auf sehr kleine Teilflächen beschränkt, die mit modernen Methoden schwer zu ernten sind oder nur im Verbund mit anderen Wiesen den Ernteaufwand lohnen. Diese derben, dicht und recht hoch wachsenden Sauergräser zeigen höhere Kieselsäuregehalte als Süßgräser, zudem sehr niedrige Energie- und Proteingehalte. Kieselsäure wird heute nicht nur als gesunder Futterzusatz gegeben. Die Kieselsäure ist im Zinnkraut (Schachtelhalm) die Substanz, die unsere Vorfahren als „Schmirgelpapier“ nutzten. Sie schleift die Zähne der Pferde gleichmäßig ab. Nur wenige Süßgräser wie z.B. Schilf zeichnen sich durch höhere Kieselsäuregehalte aus und werden jung sehr gerne gefressen. Damit die harten Strukturen nach gründlichem Kauen noch verdaulich sind, darf auch Hochseggenried nicht zu spät gemäht werden, soll der Aufwuchs mehr als nur Einstreu sein. Ein besonders derbes, sehr Kieselsäure-reiches Süßgras findet sich ebenfalls im nassen Grünland sehr häufig: die heute oft als „DAS Ungras schlechthin“ bekämpfte Rasenschmiele. Während sie im Norddeutschen Flachland gerne bestandsbildend wird, findet sie sich im Oberbergischen nur mit geringen Anteilen im Bestand. Die Rasenschmiele wurde keineswegs immer schon als Ungras bekämpft, im Gegenteil. Ihr uralter niederdeutscher Name „de groot Meddel“ weist uns darauf hin, was sie in früheren Zeiten für die Landwirtschaft in der moorreichen norddeutschen Tiefebene 2 Heu von artenreichen Kräuterwiesen des NABU – Oberberg
Renate Vanselow, Biologie der Pferde für NABU-Oberberg bedeutete: das große, also überwiegende Mähefutter. Dieses Gras ist daher ein wunderbares Beispiel, wie der Wert einer Pflanze sich über die Jahrhunderte verändert, obwohl es die gleiche Pflanze ist. Die Ursache der heutigen Verachtung ist die veränderte Erntetechnik: Weil dieses Gras gerne in extrem dichten, harten Büscheln (Horste, Bulte) wächst, fressen sich mechanische Schneidwerke wie Balkenmäher daran gnadenlos fest. Solange per Hand mit der Sense gemäht wurde, war das kein Problem. Dabei durfte die Rasenschmiele noch keine Blüten gebildet haben, sollte sie als Futter nicht zu hart sein. Der Schnitt musste also sehr früh erfolgen. Ein weiteres Beispiel aus dem süddeutschen Raum nahe den Alpen soll uns zeigen, wie enorm sich in kürzester Zeit das Futterangebot für unsere Pferde verändert hat: Auf extrem nassen Flächen getreidearmer Regionen wie beispielsweise Gebirgslagen kultivierte man bis vor wenigen Jahrzehnten Streuewiesen. Sie bestanden aus Sauergräsern und Pfeifengras auf urbar gemachten Hochmoorböden. Der Aufwuchs wurde nicht als Futter, sondern als Einstreu geerntet (daher der Name Streuewiese), und zwar nur einmal im Jahr im späten Herbst, oft erst im Winter, wenn Dauerfrost das Betreten der Flächen ermöglichte. In Oberbayern diente dieser andernorts als Einstreu gedachte Aufwuchs der Streuewiesen tatsächlich noch vor sechzig Jahren vor allem den Fohlen der dortigen Haflinger und Süddeutschen Kaltblutpferde (landwirtschaftliche Arbeitspferde) als Winterfutter. Dieses Ergebnis ergab eine wissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 1953, die damals klären sollte, wie die wegen ihrer besonderen Leistungsfähigkeit und Gesundheit hoch gehandelten Arbeitspferde aus Oberbayern ernährt und aufgezogen werden. Die magere Ernährung mit derbem Winterfutter schmälerte die Einsatzfähigkeit und Langlebigkeit der an diese Gegebenheiten angepassten Pferdeschläge offensichtlich nicht. Auf trockeneren Standorten wie sandigen Böden und Hanglagen musste früher ebenfalls Winterfutter gewonnen werden. Vor einhundert Jahren waren nach Angaben des damaligen Grünlandexperten Prof. Carl Albert Weber Wiesenformen aus Niederseggen im Norddeutschen Flachland noch ungeheuer weit verbreitet. Auch hier handelt es sich um Sauergräser, die aber im Gegensatz zu den Hochseggen der Feuchtgrünländer nur sehr geringe Erträge bringen. Auch diese Gräser zeichnen sich durch hohe Rohfasergehalte bei geringen Eiweiß- und Energiegehalten aus. Im Oberbergischen fanden sich keine Niederseggenwiesen, dafür aber unterschiedlich feuchte bis eher trockene Wiesen unterschiedlicher Zusammensetzung an den Hängen. Da Dünger knapp und kostbar war, wurden komplizierte Bewässerungssysteme in die Hänge gebaut, die die Futterqualität der Pflanzenzusammensetzung verbesserte. Die Rispengraswiesen waren die nahrhafteste Steigerung, die durch Bewässerung und Nutzung der Heuwiesen erzielt werden konnte. Verbreiteter waren Honiggraswiesen. Diese ordnete man vor einhundert Jahren neben den Ruchgraswiesen und Glatthaferwiesen den „Fettwiesen“ zu. Während das Ruchgras auf armen, sauren Böden zu wachsen vermag, braucht das Honiggras genug Wasser und der anspruchsvolle Glatthafer neben genug Wärme vor allem Nährstoffe, also Dünger oder fruchtbaren Boden. Lücken im Bestand werden auch im Oberbergischen gerne von der einjährigen Behaarten Trespe gefüllt, die nur niedrigen Futterwert hat, aber noch Mitte des vorigen Jahrhunderts als „Deutsches Raigras“ im Norddeutschen Flachland als Futtergras angebaut wurde. Auf den zeitweise mehr oder weniger trockenen Standorten finden sich neben den im Futterwert zumeist niedrig eingestuften Wildgräsern oft besonders artenreiche und dabei kräuterreiche Pflanzenbestände mit vielen Schmetterlingsblütlern. Schmetterlingsblütler (Leguminosen) können mit Hilfe von Knöllchenbakterien im Wurzelraum den Stickstoff aus der Luft binden und als Dünger nutzen. Daher können solche Futterflächen dann sehr eiweißreich sein. Die vielen Kräuter enthalten viele wichtige Mineralien, sind aromatisch und haben häufig heilende Wirkung. Leider werden ihre zarten Strukturen von modernen Heuwendern zerschlagen und gehen verloren (Bröckelverlust). Beim Trocknen auf Reutern und Wenden im Pferdezug mit Gabelwendern gehen die Kräuter nicht verloren. Diese Arbeit ist heute jedoch unbezahlbar. Neben aromatischen Kräutern finden sich auf 3 Heu von artenreichen Kräuterwiesen des NABU – Oberberg
Renate Vanselow, Biologie der Pferde für NABU-Oberberg armen, meistens trockenen Standorten aromatische Gräser. Rotschwingel kann dem Heu einen gewissen „Rotbuschtee“- Geruch verleihen, also etwas herb-säuerlich, ähnlich wie Sauergräser. Im Oberbergischen entstanden Rotschwingelwiesen durch die Ansaat von nicht an den Standort angepassten Gräsermischungen. Von sämtlichen angesäten Grasarten blieben in der Regel nur die Rotschwingel in unterschiedlichen Unterarten übrig. Auffällig ist der bei Menschen beliebte Waldmeistergeruch den das wenig anspruchsvolle, im Heu goldgelbe Ruchgras ausströmt. Sein Ruchstoff, das Cumarin, findet sich auch in Steinklee und Waldmeister. Cumarin ist ein Blutverdünner und wird medizinisch nicht nur bei Schlaganfällen, sondern auch bei Hufrehe eingesetzt. Alle diese aromatischen Futterbestandteile können bei Pferden Ablehnung oder auch Begierde auslösen. Dabei hängt die Akzeptanz des Futters stark davon ab, ob das Tier diesen Geruch und Geschmack kennt und positiv abgespeichert hat oder ob der Geruch fremd ist und Misstrauen auslöst. Säugetiere bauen in ihrem Leben ein beeindruckendes Geruchs- und Geschmacksgedächtnis auf, wenn sie dazu die Möglichkeit haben. Jedes fremde Futtermittel, jeder fremde Geruch wird gegebenenfalls über Tage, Wochen, Monate getestet, bevor entschieden wird, ob man gefahrlos von diesem Futter größere Mengen konsumieren kann. Dieses Verhalten zeigen nicht nur Ratten. Wundern Sie sich also nicht, wenn Ihr Pferd nichts Neues ausprobieren möchte, denn „wat de Buur nich kennt, eet hey nich“. Futterneid kann die Akzeptanz in Herdenhaltung beeinflussen, insbesondere, wenn Futter aus Sicht der Pferde eine Mangelware ist. Das kann auch bei hohen Futtermengen der Fall sein, speziell bei Sportpferden, die aufgrund der hohen Arbeitsleistung hohe Kraftfuttermengen erhalten, aber nur wenig, dafür nahrhaftes Heu aus modernem Wirtschaftsgrünland und kein Stroh (Späne-Einstreu). Als von ihrem Verdauungstrakt als Dauerfresser ausgelegte Tiere reagieren Pferde dann mit verzweifeltem Holzfressen, Fressen von ungenießbaren Strunken wie Stängel von Stumpfblättrigem Ampfer nicht selten begleitet mit Lecken von lehmigen Böden und schließlich mit Schleimhautentzündungen und –geschwüren in Magen und Darm. Obwohl energiearmes Heu aus Naturschutzflächen die hohe sportliche Leistung dieser Pferde nicht ermöglichen würde, könnten die rohfaserreichen Aufwüchse aus traditionellen Dauergrünländern als zusätzliches Futterangebot zwischen den eigentlichen Fütterungen helfen, den Verdauungstrakt der vierbeinigen Hochleistungssportler in Stresssituationen zu schützen. Im Naturschutz geht es oftmals um den Schutz brütender Vögel oder seltener Pflanzen. Das führt zu Schnittzeitpunkten nach dem Ausfliegen der Jungvögel oder dem Absamen der Pflanzen, die nach dem Termin liegen, der für den Erhalt einer guten Futterqualität wünschenswert wäre. Früh absamende Allerweltsgräser wie Wolliges Honiggras (Holcus lanatus) gelangen dann zur Dominanz und verdrängen schmackhaftere Wildgräser wie die Straußgräser oder den Echten Ausläufer- Rotschwingel. Trotzdem sind die weniger schmackhaften und besonders zuckerarmen Aufwüchse solcher Flächen für einzelne Pferdegruppen interessant. Das Heu ist geeignet für Pferde, die besonders energiearmes Futter aufgrund von (Stoffwechsel-) Erkrankungen benötigen, für Pferde die abspecken müssen und für besonders leichtfuttrige Pferde (-rassen), wobei immer für eine optimale Mineral- und Vitaminversorgung zusätzlich zu sorgen ist. Aus Erfahrungen mit Ziegen, die überständige Aufwüchse in Naturschutzgebieten fressen sollen, ist bekannt, dass die Gabe einer kleinen Menge leicht verdaulicher Futtermittel wie Hafer pro Tag dazu führt, dass die Ziegen erheblich intensiver vergilbtes, abgesamtes Altgras fressen. Ein Shetty, das eine halbe Stunde am Tag auf einer landwirtschaftlichen Grünlandmischung steht, nimmt unter Umständen eine Energiemenge auf, die bei dieser Rasse bereits zu Problemen wie Verfettung führen kann. Was soll dieser kleine Dauerfresser die restlichen Stunden am Tag als Schutz vor Magen- und Darmgeschwüren fressen? Auch Stroh kann bei derart leichtfuttrigen Tieren bereits zur Verfettung führen. Naturschutzheu aus spät geschnittenen und dadurch besonders energiearmen Wildgräsern kann hier eine den Tag über frei verfügbare Futtergrundlage bieten, die durch gezielte 4 Heu von artenreichen Kräuterwiesen des NABU – Oberberg
Renate Vanselow, Biologie der Pferde für NABU-Oberberg Zusatzfuttermittel und bei harter Arbeit z.B. vor der Kutsche durch Kraftfutter kontrolliert ergänzt wird. Gesamtzuckergehalte von 7 g pro kg Trockensubstanz (vollständig getrocknetes Heu)sind für Naturschutzheu keine Seltenheit. Schließlich stellt der Kauf von Heu aus Naturschutzflächen eine Unterstützung des Erhalts dieser alten Kulturlandschaft dar. Nur die Nutzung stellt eine Sicherung der Pflege dar. Und nur die Wirtschaftlichkeit der Nutzung sichert die Zukunft der naturnahen Kulturlandschaften unserer Vorfahren. Rotschwingel und Ruchgras machen diese Aufwüchse besonders würzig. Der Rotschwingel wird im Heu allgemein sehr gerne gefressen. Rotschwingel und Straußgräser können je nach Erntezeitpunkt durchaus gehaltvoll sein. Ein früher Schnitt würde sie fördern und das Honiggras zurück drängen. Honiggras ist energiearm und wenig schmackhaft, schrumpft durch die Trocknung jedoch stark zusammen, so dass sein Anteil im Heu hinter den anderen Gräsern zurück tritt. Wird diese Fläche früh geerntet, ergibt sie ein wertvolles, schmackhaftes Heu, mit dem Sportpferde mindestens einen Teil ihres Energiebedarfs decken können. Spät geerntet wird der Energiegehalt hier sehr gering, der Rohfasergehalt steigt stark und ein Heu dieser Artenzusammensetzung ist dann eher als Grundversorgung für leichtfuttrige Rassen im Erhaltungsbedarf geeignet. ANHANG: Weitere Infos / Literatur: Link zu VFD: Die “Tall Fescue Endophyte Story” auf deutsch: http://www.vfdnet.de/index.php/4741-lange-suche-nach-den-ursachen-toedlicher- weidetiervergiftungen Link zu Pyrrolizidinalkaloiden in Futtergräsern: http://www.vfdnet.de/index.php/component/content/article/62-news/355-S-C3-BCndenbock-20f- C3-BCr-20fremde-20T-C3-A4ter-3F Link zum VFD-Handbuch kostenfreier download „Pferd & Heu“ http://www.vfdnet.de/index.php/service/downloads/category/1-ratgeber Link zu „Giftige Gräser auf Pferdeweiden“ Vlg. Westarp http://www.biologie-der-pferde.de/buecher.html Link zu „Süßgräserfibel für Pferdehalter“ Vlg. Westarp http://www.biologie-der-pferde.de/buecher.html 5 Heu von artenreichen Kräuterwiesen des NABU – Oberberg
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