Mensch - Pferd - Coaching

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Mensch - Pferd - Coaching
Kontaktaufnahme Mensch-Pferd,
  Pferd-Mensch. Coaching ist zwar ein
  moderner Begriff, aber Coaching ist kein
  ­neumodischer Schnickschnack: Beim ­Coaching
   gerät viel in Bewegung.
   Pferde können Probleme und auch tiefe
   ­Traumata von Menschen spiegeln.

      Mensch – Pferd – Coaching
      Im Coaching mit Pferden sollen unsere vierbeinigen Partner dem Menschen durch ihre Reaktion Verhaltens-
      muster und Gefühle spiegeln. Das können Pferde sehr gut – ein wichtiger Grund, warum Coaching immer
      professionell angeleitet werden muss, damit es nicht zum seelischen Desaster für die Teilnehmer gerät.

     I
        n Deutschland existieren seit vielen     können Pferde helfen, einen ehrlichen     der Coach überhaupt können, um seine
        Jahren unzählige Seminar- und Trai-      Bezug zu den ureigenen und eventuell      Klienten fachgerecht zu betreuen und
        ningsangebote für pferdegestütztes       verdrängten oder unbewussten Emp-         aufzufangen; und wie erkennt der ah-
      Coaching. Das Pferd als Co-Trainer soll    findungen zu erlangen, damit die inne-    nungslose Kunde Qualität unter der
      den Teilnehmern ihr Verhalten gegen-       re Bereitschaft zu Veränderungen          Vielzahl der Angebote?
      über sich selbst, ihren Mitmenschen,       wachsen kann.
      Familienmitgliedern oder Mitarbeitern         Aber ist das überhaupt möglich?        Verschiedene Coachingmodelle
      bzw. Kollegen aufzeigen.                   Sind solche Coachingangebote wirk-           Unzählige Coachingmodelle haben
        Pferde spiegeln ehrlich und direkt       lich geeignet, eine nachhaltige Persön-   sich auf dem Markt in den letzten Jah-
      das Handeln und die inneren Beweg-         lichkeitsentwicklung zu bewirken? Ha-     ren etablieren können. Es können im
      gründe bzw. Emotionen ihres Gegen-         ben sie das Potenzial, langfristig        Einzeltraining beispielsweise Ängste
      übers und sollen auf diese Weise hel-      sowohl Führungskräftetrainings als        und Blockaden abgebaut werden oder
      fen, sich selbst die eigenen Stärken und   auch Therapiemaßnahmen zu ergänzen        die eigene Motivation gefördert werden.
      Schwächen bewusst zu machen.               – oder sogar zu ersetzen?                 Auch ganze Manageretagen erleben
        Durch ihr schonungsloses Feedback           Und noch viel wichtiger: Was muss      Pferdetrainings, um die Sozialkompe-

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Mensch - Pferd - Coaching
Coaching ● ● ● ● ● Ausbildung

                                                                                                                                      Fotos: rita-elter.de (1), privat
                                            Die unterschiedlichen Arten des Führens sind deutlich sichtbar: Die linke Person hält
                                            den Strick locker, blickt nach vorne, das Pferd folgt vertrauensvoll. Die rechte Person
                                            hält den Strick kurz und fest umgriffen, und schaut zum Pferd, welches ihm daher
                                            nicht vertraut und selbst den Weg wählt.
Hier erkennt man: Die Coaching-Teilneh-
merin versucht, das „unbekannte Wesen“
Pferd zu ergründen, und ist auf Koopera­   miteinander zu kommunizieren.
tion, jedoch nicht auf Führung aus.           Aus Gründen der Ressourcenkonkur-
                                           renz zeigen sie untereinander sowohl
                                           Dominanz- als auch Unterwerfungs-
tenz und Kommunikationsfähigkeit ih-       gesten. So können Konflikte in der Na-
rer Führungskräfte zu verbessern, Kon-     tur um Nahrung, Abwehr von Feinden
flikte     zu     lösen    und     eine    und Fortpflanzung auf das Nötigste re-
Gewinnmaximierung des Unterneh-            duziert werden. Der Vorteil eines der-
mens zu erzielen.                          artigen hierarchischen Verfahrens ist
   Pferdecoachings machen Schule und       die Regelung der Zugriffsrechte jedes
viele (Pferde-)Trainer haben sich in       einzelnen Mitglieds und die Konzent-
diesem lukrativen Bereich „speziali-       ration auf das Überleben der gesamten
siert“. Nicht wenige Coachingunterneh-     Gemeinschaft.
men bieten ihr Konzept als Franchise-         Der Herdenverband befriedigt das
System an. Auf diese Weise kann            ausgeprägte Bedürfnis nach sozialer
jedermann – für viel Geld – Lizenzen       Kommunikation aller Pferde. Die
erwerben und Coaching mit Pferden          Rangordnung vermittelt jedem Mit-
anbieten und durchführen. Mitunter         glied in der Gemeinschaft Sicherheit
befähigt scheinbar sogar schon ein         und Geborgenheit. Hierarchische Sys-
Wochenendworkshop zu dieser an-            teme sichern das Überleben aller inner-        Eine typische Coachingübung: Ein Teilnehmer
spruchsvollen Aufgabe.                     halb der Gruppe. Bei vielen Menschen           soll sich in ein Pferd versetzen und führen
   Grund genug, um einmal genau hin-       kann bei der Idee einer Hierarchie             ­lasssen, der andere soll lernen, die Richtung
zuschauen, was solche Coachings leis-      schnell der Eindruck entstehen, dass            ­korrekt vorzugeben.
ten, und, ob diese Konzepte überhaupt      besonders die ranghöchste Position er-
in der Lage sind, ganzheitlich, ziel-      strebenswertes Ziel sein muss.
gruppenorientiert und nachhaltig ar-          Wir verbinden mit Macht auch auto-          geren keine Verhaltensweisen auf.
beiten zu können.                          matisch Geld, Einfluss und Kontrolle.             Gehorsam hat also wenig mit Status
                                           Für Pferde ist aber die Leitungsposition       gemein. Unterwürfiges Verhalten zeigt
Vierbeinige Trainer erobern                kein Selbstzweck. Vielmehr unterliegt          nur an, dass das Pferd den Status des
die Coachingwelt                           der Statuserhalt naturgegebenen Ge-            anderen akzeptiert und keinerlei Kon-
  Pferde erkennen Führungsqualitäten,      setzmäßigkeiten. Die Aufgabe der Leit-         fliktpotenzial besteht. Es möchte zur
innere Blockaden, Verspannungen und        stute liegt nicht in der andauernd ag-         Entspannung der Situation durch sein
unbewusste Konflikte sofort. Sie ver-      gressiven Verteidigung von Futter oder         Verhalten beitragen.
trauen und folgen nur dem, der eine        dem ausübenden Zwang auf die ande-                Pferde brauchen und fordern neben
klare Linie vorgibt, authentisch kom-      ren, ihr folgen zu müssen.                     einer freundlichen Umgebung und ei-
muniziert und ihnen Wertschätzung             Im täglichen Zusammenleben wird             ner positiven Grundeinstellung ihnen
und Respekt entgegenbringt.                deutlich sorgsamer und subtiler agiert         gegenüber auch klar strukturierte und
  Ihr Feedback kommt direkt und ist        und kommuniziert. Es ist ein Irrglaube,        widerspruchsfreie Botschaften bzw.
ehrlich, ohne Rücksicht auf Titel und      dass nur der Herdenchef offensiv und           Anweisungen. Dies liegt in ihrer Natur.
Hierarchiestufe des Trainingspartners.     angriffslustig handelt. Im Zuge dieses         Ansonsten ist weder ein Beziehungs-
Aber warum ist das so? Was qualifi-        Missverständnisses glauben viele Men-          noch ein Leistungswachstum möglich.
ziert das Pferd zum Coach?                 schen, sie müssten dem Pferd entspre-          Überreizte und unkontrollierte Hand-
  Im Laufe ihrer evolutionären Ent-        chend herrisch und züchtigend gegen-           lungen lösen beim Pferd sogenanntes
wicklung haben Pferde ein strukturier-     übertreten, damit sie als Herdenchefs          unerwünschtes Problemverhalten aus.
tes Sozialsystem konstruiert, das es ih-   anerkannt werden. In der Natur zwin-              Hiermit drücken Pferde ihre Unsi-
nen ermöglicht, als soziale Wesen          gen ranghöhere Tiere den rangniedri-           cherheit, ihre Beziehungsunklarheit

                                                                                                            Reiter & Pferde 8/2013 ● 75
Mensch - Pferd - Coaching
Es geht durch anspruchsvolles Gelände.
                Der Teilnehmer muss seine Körpersprache
                gut im Griff haben, konzentriert arbeiten
                und sich auf das Pferd einlassen. Denn
                dieses muss ihm vertrauen.

                                                                                                            Die Teilnehmerin hat ein Erfolgserlebnis:
Fotos: privat

                                                                                                            Das Pferd reagiert auf ihre Hilfen, bekommt
                                                                                                            ein Lob. Beide wirken zufrieden.

                    zum Menschen und damit auch ihre           wenigsten Menschen gerne aufgezeigt.       agieren im Hier und Jetzt und stellen
                    Uneinschätzbarkeit bezüglich ihres         Was beim therapeutischen Reiten sehr       den Menschen immer wieder erneut
                    Ranges innerhalb der Gruppe aus. Bei-      befürwortet wird, nimmt der Coa-           auf die Probe. Die Tiere interessieren
                    de Extreme – sowohl zu starke Domi-        chingteilnehmer zunächst häufig un-        sich nicht für den Rang eines Seminar-
                    nanz als auch mangelnde Führung –          gern zur Kenntnis.                         teilnehmers, sondern reagieren allein
                    stören die Kommunikation mit dem             Gemeint ist die Fähigkeit des Pfer-      auf den Menschen hinter dessen beruf-
                    Menschen erheblich.                        des, die ausgesendeten Körpersignale       licher oder privater Rolle.
                       Wer mit Pferden arbeiten möchte         des Menschen aufzufangen und ent-             Statussymbole wie beispielsweise
                    und von ihnen lernen will, muss klare      sprechend darauf zu reagieren.             eine überaus teure Uhr, die Macht und
                    und faire Regeln aufstellen und sich         So formulierte schon Hermann Hesse       Reichtum demonstrieren soll, nehmen
                    auch in der Konsequenz daran halten.       einst: „Nichts auf der Welt ist dem        Pferde gar nicht wahr. Als Fluchttiere
                    Sowenig also der despotische Diktator      Menschen mehr zuwider, als den Weg         mit besonders scharfer Beobachtungs-
                    weiterkommt, sowenig Erfolge wird          zu gehen, der ihn zu sich selber führt!“   gabe ausgestattet, achten sie auf mini-
                    auch der inkonsequente Reformpäda-           Bleibt uns Menschen häufig der           male Körpersignale.
                    goge erzielen können.                      Blick für innere Vorgänge eines ande-         Sie geben unmittelbar Rückmeldung,
                       Pferde orientieren sich also naturge-   ren Menschen versagt, nehmen Pferde        wenn jemand abgelenkt oder unent-
                    geben an dem Leittier ihrer Gruppe.        dieselben sehr deutlich wahr. Pferde       schlossen ist, oder auch zu viel Druck
                    Gelingt es einem Coachingteilnehmer,       empfinden instinktiv sowohl Ängste,        ausübt. Pferde spiegeln schonungslos
                    sich diese Rolle zu verdienen, so wird     Unsicherheiten oder das Streben nach       das Verhalten aller Teilnehmer wider.
                    das Pferd in ihm einen vertrauenswür-      Macht als auch ehrliches Interesse an      Diese Fähigkeiten des Pferdes finden in
                    digen „Anführer“ sehen.                    kooperativer Zusammenarbeit.               der Coachingpraxis Anwendung und
                                                                 Da Pferde die ureigensten Impulse        sollen zu neuen Selbsterkenntnissen
                    Pferde spiegeln das                        und Bedürfnisse ihres Gegenübers er-       aller Teilnehmer führen.
                    menschliche Verhalten wider                fühlen, bedeutet dies in der Konse-
                       Im Training profitiert der Mensch       quenz sowohl für den Coachingtrainer       Coachingübungen in der Praxis
                    von der angeborenen Verhaltensten-         als auch für die Klienten, dass sie sich     Die verschiedenen Trainings bauen
                    denz des Pferdes, sich auf die Weisun-     erst einmal mit sich selbst auseinan-      in der Regel alle auf ähnliche Grund­
                    gen des „Leittieres“ zu verlassen. Wer     dersetzen müssen, bevor sie Erwartun-      elemente. Zu Anfang geht es darum,
                    die mentale der körperlichen Stärke        gen an das Pferd stellen.                  die Pferde erst einmal zu beobachten,
                    vorzieht, gewinnt Vertrauen und Zu-          Für viele Seminarteilnehmer eine         um sich mit ihnen vertraut zu ma-
                    neigung des Pferdes.                       Herausforderung und absolutes Neu-         chen: Wie verhalten sich die einzel-
                       In der Natur sind weder die Leitstute   land. Entsprechend sensibel und ein-       nen Tiere innerhalb ihrer Herde?
                    noch der Leithengst unbedingt die          fühlsam muss der professionelle Coach        Welche Persönlichkeitstypen kris-
                    größten und stärksten Tiere der Herde.     anleiten. Mit der Hilfe des Pferdes kön-   tallisieren sich heraus? Existiert eine
                    Sie zeichnen sich vielmehr durch ihre      nen sich Coachingklienten – eine kom-      Rangordnung?
                    Persönlichkeit, ihre Verantwortungsbe-     petente Anleitung vorausgesetzt – auf         Obwohl oder gerade weil die Semin-
                    reitschaft und durch die Klarheit ihrer    einem offenen, autonomen und emoti-        arteilnehmer meist keine Pferdexperten
                    Körpersprache aus. Führungsrollen ha-      onalen Lernfeld bewegen.                   sind, funktioniert diese erste Annähe-
                    ben besonders die Tiere inne, die ein        Der menschliche Trainer hat die Auf-     rung meist sehr gut. Durch ihre spon-
                    sicheres Auftreten und Entschlusskraft     gabe, diesen Lernprozess zu begleiten      tane Einschätzung charakterisieren die
                    in ihrer Kommunikation haben.              und theoretische Impulse zu geben.         Klienten die Vierbeiner in den meisten
                       Gemäß diesem natürlichen Gesetz         Darüber hinaus muss alles Erlebte aus-     Fällen korrekt und können auch häufig
                    reagieren Pferde dem Menschen ge-          gewertet werden und ein Transfer in        gelungene Parallelen zu Personen aus
                    genüber auch vielmehr auf innere Grö-      den beruflichen bzw. persönlichen All-     ihrer beruflichen oder privaten Umge-
                    ße. Genau dieser Ansatz wird beim          tag der Teilnehmer vorgenommen wer-        bung entdecken: Neben dem allseits
                    pferdegestützten Coaching genutzt.         den. Pferde folgen immer demjenigen,       Beliebten existieren auch der herrische
                       Den sozialen Spiegel bekommen die       bei dem sie sich sicher fühlen. Sie re-    Chef, der ständige Nörgler, der Schüch-

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Coaching ● ● ● ● ● Ausbildung

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                                                                                        Sicherheit braucht, und dies durch ei-
                                                                                        nen festeren Griff erzielen kann.
                                                                                           Bewertungen, wie „richtig“ oder
                                                                                        „falsch“ können, und dürfen bei diesen
                                                             Übung für Fortge-          Übungen zur Selbsterkenntnis nicht
                                                             schrittene: Auch           existieren. „Führen“ bedeutet in erster
                                                             ­pferdeerfahrene           Linie vor allem so authentisch wie mög-
                                                              ­Menschen buchen          lich zu sein. Der wahrhaftige Blick auf
                                                               Coachings. Dann          sich selbst ist ansonsten nicht möglich.
                                                               ­sollten die Aufgaben       Besonders der Aspekt des Einfüh-
                                                                ihrem Leistungsver-     lungsvermögens ist ein Schlüssel, um
                                                                mögen entsprechen,      sich selbst und seine Kommunikation
                                                                denn auch diese Teil-   (also Fremd- und Selbstbild) besser zu
                                                                nehmer sollen Erfolge   verstehen. Aus der Praxis ist bekannt,
                                                                verbuchen können.       dass die meisten Menschen diesen Per-
                                                                                        sönlichkeitsaspekt an sich selbst weit
                                                                                        überschätzen. Pferde zeigen dies dem
terne, der Angepasste und der Selbst-      missverständlichen Kommunikation zu          jeweiligen Coachingteilnehmer sehr
bewusste. Nach der ersten Sichtung         suchen. Allerdings darf er hierbei nicht     deutlich auf, indem sie sich widerset-
und Charakterisierung geht es über zu      alleine gelassen werden. Der Coach           zen. Empathie bedeutet also vor allem,
einem direkten Kontakt zu den Vier-        muss unterstützende Hilfe leisten.           wahrzunehmen, was mein Gegenüber
beinern. Die Pferde sollen nun an ei-        Da Pferde immer völlig ungekünstelt        derzeit braucht, damit wir ein gemein-
nem Strick, zum Beispiel durch einen       reagieren, machen sie aus Naturgeset-        sames Ziel erreichen können.
Pylonen-Parcours geführt werden, wo-       zen in ihrer Einschätzung der Situation         Verschiedene (Pferde-)Persönlichkei-
bei verschiedene Hindernisse bewältigt     und des Menschen keine Fehler. Aus           ten fordern unterschiedliche Arten des
werden müssen. Es kann schon sehr          diesem Grund kommt es in der Praxis          Umgangs bzw. der Führung. Besonders
aufschlussreich sein, zu beobachten,       auch immer wieder vor, dass zwei un-         bei der Arbeit am langen Zügel wird
welcher Teilnehmer sich welches Pferd      terschiedliche Coachingteilnehmer die-       nicht nur rational verstehbar, sondern
für diese Aufgabe aussucht.                selbe Übung komplett anders erleben          auch erleb- und spürbar, dass je nach
  Wenn das Pferd dem „Führenden“           und wahrnehmen. So erkennt der eine          Übung ein anderer Führungsstil ge-
nicht folgt, ist der Teilnehmer zunächst   Teilnehmer, dass er den Strick auch ru-      fragt ist. Was am kurzen Strick noch
selbst angehalten, die Gründe dieses       hig etwas entspannter halten kann, da-       möglich ist, ist von der Ferne aus nicht
„Fehlverhaltens“ bei sich und seiner       mit das Pferd ihm folgt, während eine        mehr leistbar.

 Unsere A
        ­ utorin                           Umgang mit Pferden ermöglicht es             lebnisse und
   Die Buchautorin Susanne Kreuer          ihr, ihre Fachkenntnisse mit der Arbeit      Erfahrungen in
 hat an der Universität Münster den        mit dem Pferd zu kombinieren. In al-         einer struktu-
 Diplomstudiengang „Erziehungswis-         len Trainingseinheiten wird großen           rierten Weise
 senschaft, Soziologie und Psycholo-       Wert darauf gelegt, dass Mensch und          reflektiert werden
 gie“ mit Auszeichnung absolviert. Sie     Pferd sich miteinander sicher und            können, damit ein
 begleitet persönliche und berufliche      wohl fühlen. Mit psychologischer und         Transfer in den pri-
                                                                                                                                   Foto: Petra Lang

 Entwicklungsprozesse von Fach- und        pädagogischer Prozesskompetenz un-           vaten oder beruflichen
 Führungskräften sowie Privatperso-        terstützt Susanne Kreuer ihre Klienten       Kontext stattfinden kann.
 nen. Ihre jahrelange Erfahrung im         in ihren Coachings dabei, dass die Er-          Durch ihre Kenntnisse in der syste-
                                                                                        mischen Arbeit, dem Psychodrama
 Ihre Bücher:                                                                           und der Kommunikationspsychologie
                        Auf der Suche                             Pferde                werden die Teilnehmer kompetent
                        nach dem                                  ­verstehen:           begleitet und beraten. Begonnene
                        Selbst: Identi-                            Mit Achtung          Entwicklungsprozesse im pferdege-
                        tätsfindung als                            und Respekt          stützten Coaching können so weiter
                        lebenslange                                Vertrauen            vertieft und ausgebaut werden.
                        Aufgabe                                    herstellen              Derzeit schreibt die Autorin das
                        von Susanne                                von Susanne          Unterrichtsmaterial für den Studien-
                        ­Kreuer,                                   Kreuer,              gang „Tierpsychologie-Pferd“ und ist
                         ­Taschenbuch,                             ­Taschenbuch,        für verschiedene Fachmagazine tätig.
                          164 Seiten,                               253 Seiten             Auch ein drittes Buch ist in kon-
  Ibidem Verlag 2012,                      Ibidem Verlag 2013,                          kreter Planung. Im Umgang mit ihren
  ISBN-13: 978-3-8382-0395-9               ISBN-13: 978-3-8382-0455-0                   Pferden hat sie sich mit Leib und
                                                                                        Seele der Good/Natural Horseman-
                                                                                        ship verschrieben.

                                                                                                        Reiter & Pferde 8/2013 ● 77
Mensch - Pferd - Coaching
Eine positive Interaktion
                                                                                                              und Kommunikation­
                                                                                                              ­zwischen Mensch und
                                                                                                               Pferd.
Fotos: privat

                Der Austausch der Coaching-Teilnehmer untereinander kann auch spaßig sein – das Pferd
                schafft hierfür eine positive Stimmung.

                         Der Mensch muss sich umstellen            scheidungsschwäche. Pferde verlassen      will, seine Kommunikationsstrategien
                      und einen anderen Blickwinkel ein-           sich aber nur auf sichere und ent-        verbessern und seine persönlichen
                      nehmen, um Erfolg zu haben. An­stelle        schlusskräftige Autoritäten. In der Na-   Stärken herausfinden möchte, dem sei
                      des konkreten Einwirkens treten indi-        tur ist dies überlebenswichtig für den    bei der Coachinganbieterauswahl ge-
                      rektes Führen und Leiten auf Distanz.        gesamten Herdenverband.                   raten, darauf zu achten, dass be-
                         Ständige Kontrolle wird von be-              An den Reaktionen des Pferdes kann     stimmte Inhalte bzw. Lernchancen ge-
                      stimmten Persönlichkeitstypen (sowohl        der Mensch eigene „Schwächen“ und         währleistet sind. Folgende vorab zu
                      bei Pferden als auch bei Menschen)           „Stärken“ erkennen und diese entweder     klärenden Kriterien bzw. Module soll-
                      nicht unbedingt befürwortet. Vielmehr        – je nach Zielvereinbarung des Coa-       ten gegeben sein, damit ein Coachin-
                      stößt sie sogar auf Abwehr. Das Gegen-       chings – auf seinen beruflichen oder      gerfolg zu erwarten ist:
                      stück zu Kontrolle ist Vertrauen: ein        privaten Alltag übertragen. Spätestens    1. Beobachtung
                      weiterer wichtiger inhaltlicher Trai-        an diesem Punkt entscheidet sich, ob es      Pferde kommunizieren anders als
                      ningsaspekt bei einem professionellen        sich um ein professionelles Coaching­     Menschen. Entsprechend sollte der
                      Coaching.                                    angebot handelt.                          Teilnehmer die Gelegenheit bekom-
                         So schwören viele Coachinganbieter           Die Parallelen zwischen Pferd und      men, die Vierbeiner zu beobachten:
                      neben dem Führtraining auf das sog.          Mitmenschen bzw. Mitarbeiter zu zie-      Sind sie bei der Sache? Sind sie unwil-
                      „Join-up“ nach Monty Roberts. Bei            hen und gleichzeitig einen kritischen     lig? Oder haben sie vielleicht Angst?
                      dieser feinfühligen Lektion im Antrei-       Blick auf sich selbst zu haben bzw. al-   Ansonsten macht ein pferdegestütztes
                      ben und Führen stehen die Teilnehmer         les Erlebte kompetent zu transferieren,   Coaching wenig Sinn.
                      in der Mitte eines eingezäunten Vier-        ist letztlich ausschlaggebend für den     2. Körpersprache
                      ecks oder Kreises und sollen das Pferd       langfristigen Erfolg eines Trainings.        Da Pferde auf die kleinsten körperli-
                      von sich weg treiben.                           Was muss das Coaching also leisten     chen Signale reagieren, sollte den Teil-
                         Ziel ist neben der Tempokontrolle         können, damit ein Persönlichkeits-        nehmern die Gelegenheit eingeräumt
                      des Pferdes, das Signal des Tieres zur       wachstum überhaupt erfolgen kann?         werden, ihr eigenes Verhalten anhand
                      Kooperation zu erkennen. An diesem                                                     des Verhaltens des Pferdes zu überprü-
                      Punkt stellt der Mensch das Treiben          Seminaranbieter                           fen. Strahle ich Autorität und Gelas-
                      ein und wendet sich vom Pferd ab. Im         auf dem Prüfstand                         senheit aus?
                      besten Fall folgt ihm das Pferd ver-           Ein professionelles Seminarangebot      3. Auseinandersetzung mit Neuem
                      trauensvoll. Die Umsetzung dieser            sollte über einen hohen Standard ver-        Da viele Teilnehmer noch wenige Er-
                      Übung soll den Coachingteilnehmern           fügen. Da Coachings mit dem Pferd         fahrungen mit Pferden haben, können
                      Aufschluss über ihre inneren Füh-            voll im Trend liegen, und immer mehr      sie bei den Trainings oftmals überprü-
                      rungsqualitäten und der damit in Ver-        Menschen entsprechende Seminare bu-       fen, wie sie auf neue Situationen re-
                      bindung stehenden äußeren Haltung            chen, sprießen scheinbar unaufhörlich     agieren. Aber auch erfahrenen Perso-
                      geben. Damit das Pferd Vertrauen             Trainingsangebote aus dem Boden.          nen sollte ausreichend Neues geboten
                      schöpft und dem Menschen bereitwil-            Da bleiben zunächst Fragen für den      werden. Hier ist vonseiten der Coaches
                      lig folgt, müssen innere Überzeugung         ahnungslosen und überforderten Inte-      Flexibilität gefordert.
                      und äußeres Auftreten miteinander            ressierten ungeklärt: Wo finde ich un-    4. Emotionale Ansprache
                      übereinstimmen.                              ter so vielen Anbietern den richtigen?       Die Übungen mit den Tieren sollten
                         Bei dieser Einschätzung machen            Wie gut oder schlecht ist die Angebots-   auf einer emotionalen Ebene anspre-
                      Pferde schon aus Naturgesetzen kei-          qualität? Wer bringt mich in meinem       chen. Nur über Emotionen können
                      nerlei Fehler. Der Mensch vermittelt         Entwicklungsprozess wirklich voran?       Menschen lernen und sich persönlich
                      dem Pferd durch seine Körpersprache,         Welcher Anbieter ist professionell und    weiterentwickeln.
                      ob er eine kompetente Autorität ist,         bei welchem zahle ich einfach nur (zu)    5. Individuelles Arbeiten
                      oder nicht. Hierfür ist es entscheidend,     viel Geld für „Ponykuscheln“?                Die Übungen mit Pferden sollten bei
                      eine aufrechte Körperhaltung einzu-            Wer mithilfe des Pferdes das eigene     jedem einzelnen Teilnehmer zu unter-
                      nehmen. Hängende, schiefe Schultern          Verhalten reflektieren möchte, sein       schiedlichen Erkenntnissen führen. Je-
                      signalisieren Unsicherheit und Ent-          Fremd- und Selbstbild abgleichen          dem sollte die Chance eingeräumt wer-

                78 ● Reiter & Pferde 8/2013
Mensch - Pferd - Coaching
Coaching ● ● ● ● ● Ausbildung

                                                                                        So hat das Bündnis zwischen Mensch
                                                                                     und Pferd einen Perspektivenwechsel
                                                                                     durchlebt, der es zukünftig zu ermög-
                                                                                     lichen scheint, neue Wege zu sich
                                                                                     selbst zu gehen.
                                                                                        Nicht selten aber werden die Klien-
                                         Beim Spazierengehen taucht ungeplant        ten durch die natürliche Ehrlichkeit des
                                          ein „Objekt“ auf. Der Coachingteilneh-     Pferdes überaus gefordert. Zwangsläu-
                                         mer gestattet dem Pferd nachzuschau-        fig kann also eine bedeutende Spann-
                                         en und bleibt dabei gelassen – er erntet    breite des emotionalen Erlebens statt-
                                                                 dafür Vertrauen.    finden. Dies bezieht sich sowohl auf
                                                                                     Momente des unerwarteten Erfolgs als
                                                                                     auch auf Situationen mit einem hohen
                                                                                     Frustrationserleben.
                                          8. Kompetenz beim Umgang mit un-             Gelingt eine Coachingübung, löst sie
                                              bewusstem Verhalten                    Glücksgefühle aus und steigert das
                                            In den Seminaren bekommen die            Selbstbewusstsein. Werden aber dage-
                                         Teilnehmer häufig keine konkreten           gen die Bemühungen eines Teilneh-
                                         Anweisungen, sodass sie ihre eigenen        mers bei einer Aufgabe vom Pferd mit
                                         Strategien ausprobieren können.             stoischer Ignoranz quittiert, kann dies
                                            Dabei kommt häufig unbewusstes           in Minderwertigkeitsgefühlen und so-
                                         Verhalten an die Oberfläche, und es         gar Aggressionen münden – und die
                                         finden sich Erklärungen für bestimmte       gesamte Chefetage schaut mit zu.
                                         Verhaltensmuster. Diese müssen von-            Besonders beim Führungskräftetrai-
                                         seiten der Coaches (vor allem bei unbe-     ning ist dieses Erleben häufig ge-
                                         wussten Traumata) aufgefangen wer-          wünscht und wird mitunter sogar pro-
                                         den können.                                 voziert. Die Idee dahinter: Nur durch
                                         9. Vertraulichkeit und Verbindlichkeit     diese schonungslose Offenlegung der
                                            Der Seminaranbieter sollte strenge       eigenen „Schwächen“ kann eine Atmo-
                                         Verschwiegenheits- und Vertraulich-         sphäre der Offenheit entstehen, die
                                         keitsrichtlinien vertreten.                 dann in der Folge eine Bereitschaft zur
                                            Um einen maximalen Schutz der            Veränderung schaffen soll.
                                         Persönlichkeit zu gewährleisten, soll-         Bei diesem Ansatz bleibt doch frag-
Hütchenübung, das Pferd soll folgen.     ten alle Seminare mit Pferden ohne          würdig, wie der Coach eine derart of-
Hier kann man schnell erkennen, ob       Zuschauer innerhalb eines geschützten       fensive Herangehensweise auffangen
­jemand „Führungsqualitäten“ besitzt.    Rahmens stattfinden.                        kann. Sinnvoller erscheint doch ein An-
                                            Bilder aus den Seminaren dürfen          satz, der vor allem weniger Augenmerk
                                         nicht (schon gar nicht aus Werbezwe-        auf etwaige „Schwächen“ legt, sondern
den, seine eigenen Ressourcen zu         cken) an Unberechtigte weitergegeben        durchweg ressourcenorientiert arbeitet.
entdecken und an seinen persönlichen     oder veröffentlicht werden. Getroffe-          Aus der therapeutischen Praxis weiß
Themen zu arbeiten.                      ne Vereinbarungen mit den Klienten          man heute, dass keinem Individuum
6. Wertschätzung und Vorsicht            müssen verbindlich eingehalten wer-         geholfen ist, wenn verstärkt auf dessen
   Jeder Teilnehmer erhält nur so weit   den.                                        „Charakterfehler“ verwiesen wird. Die
Einblick in seine Persönlichkeit und     10. Kosten, Nutzen, Bewusstsein             Frustration ist dann viel zu hoch und
seinen Entwicklungsstand, wie er mo-        Zeit, Nutzen und Kosten eines Coa-       führt sogar zu einer Verstärkung des
mentan verkraften und aushalten          chings sollten für die Teilnehmer im-       „unerwünschten Verhaltens“, da ver-
kann. Das Feedback durch die Coaches     mer in einem angemessenen Verhältnis        mehrt darauf geachtet wird. Besser
ist zu jedem Zeitpunkt von Wertschät-    zueinanderstehen. Dieses sollte klar        scheint ein Ansatz, der vor allem Wert-
zung gekennzeichnet. Die Individuali-    und transparent definiert sein.             schätzung und Motivation fördert –
tät jedes Teilnehmers muss respektiert      Das Training mit Pferden scheint         besonders bezüglich des Selbstbildes.
werden, damit ein Persönlichkeits-       eine ausgezeichnete Verbindung zwi-            Das soll keine Kritik ausschließen,
wachstum erfolgen kann.                  schen Theorie und Praxis zu vereinen.       aber Verurteilung und öffentliches Dis-
7. Transfer                              Pferde können nicht sprechen und            putieren über die „Führungsschwä-
   Ähnlich wie Menschen leben Pfer-      nicht diskursiv denken.                     chen“ kann zu keinerlei Veränderung
de in einem sozialen Verbund. In vie-       Aber auf der Ebene der emotionalen       führen. Vielmehr riskiert der Coach
len Verhaltensweisen der Pferde las-     Intelligenz sind sie uns Menschen ver-      Abwehrmechanismen bei dem betrof-
sen sich Parallelen zum Menschen         mutlich überlegen. Sie erfühlen „Füh-       fenen Teilnehmer, wobei ein Persön-
finden.                                  rungsschwächen“ oder Unsicherheiten         lichkeitswachstum jetzt nicht mehr
   Durch kompetente Anleitungen und      und „belohnen“ eine kompetente An-          möglich ist.
Anregungen von Trainerseite sollte       leitung durch vertrauensvolle Zunei-           Auch sollte sich jeder Coach darüber
den Teilnehmern die Möglichkeit gege-    gung. Intuition scheint heute ein not-      im Klaren sein, dass das Pferd als Co-
ben werden, ihre Erfahrungen im Trai-    wendiges Mittel zu sein, um die             Trainer unbewusste und unterdrückte
ning zu interpretieren und Rückschlüs-   Vielschichtigkeit wirtschaftlicher, poli-   Emotionen und (Körper-)Erinnerungen
se für ihren beruflichen und privaten    tischer und innerpsychischer Wider-         bei Teilnehmern auslösen kann. Aus
Alltag zu ziehen.                        sprüche zu bewältigen.                      diesem Grund werden Pferde auch im

                                                                                                     Reiter & Pferde 8/2013 ● 79
Mensch - Pferd - Coaching
Ausbildung ● ● ● ● ● Coaching

                                                                                     Oben: Welchen Weg wollen wir gehen? Die Richtung scheint
                                                                                     ungeklärt, Mensch und Pferd sind trotz Strick ohne richtige
Fotos: privat

                                                                                     ­Verbindung zueinander.
                                                                                      Links: Das Pferd will nicht weitergehen, der Teilnehmer
                                                                                      ­versucht es mit Weiterschieben, aber sein Körper führt nicht.

                therapeutischen Bereich eingesetzt. Der     gleitung über einen längeren Zeitraum         schen Hintergrund verfügen, um
                Coach hat diese Bewusstwerdung ver-         zum Auflösen von Konflikten und Blo-          glaubwürdig zu sein. Anders kann sich
                schiedener emotionaler Zustände nicht       ckaden führen. Tatsächliche Verände-          der Coach nicht in die Unternehmens-
                unter Kontrolle. Entsprechend sollte er     rung kann nur über einen empathi-             probleme hineinversetzen.
                über genügend Fähigkeiten verfügen,         schen und professionell begleiteten             Ohne psychologisches Wissen und
                damit ein Seminar nicht (unbemerkt)         Prozess erfolgen.                             ausreichend Erfahrungen in der thera-
                in einer (seelischen) Katastrophe für          Werden die Entwicklungsprozesse            peutischen Praxis können zu viele Feh-
                die Teilnehmer endet.                       von unerfahrenen Trainern nicht aus-          ler gemacht werden, die dem Klienten
                                                            reichend berücksichtigt, oder fehlt die       langfristigen seelischen Schaden zufü-
                Der Coach braucht viele Kompe-              persönliche Begleitung des Klienten           gen.
                tenzen, um wirklich zu helfen               gänzlich, kann kein positiver Effekt            Vielfach haben die Trainer einen
                   Nachhaltiger Erfolg im Pferdecoa-        eintreten. Auch das Selbstwertgefühl          sehr guten beruflichen Hintergrund be-
                ching kann nur mit professioneller Un-      leidet mitunter erheblich, weil die Kan-      züglich ihrer vierbeinigen Partner. Psy-
                terstützung funktionieren. Für eine er-     didaten mit ihrem „Versagen“ allein           chologisches Wissen sucht man aller-
                folgreiche Veränderungsarbeit ist es        gelassen werden.                              dings häufig vergebens.
                unerlässlich, dass die Klienten mit ih-
                ren Gefühlen nicht allein gelassen wer-
                den. Erfahrungen und Erlebnisse aus
                den Übungen müssen zwingend kons-
                                                             „Vom Pferd lernen wir Menschlichkeit.“
                truktiv reflektiert und positiv transfe-
                riert werden.                                  Was ursprünglich also eine Verbesse-          Ein Wochenendseminar bzw. ein
                   Über eine professionelle Analyse des     rung im emotionalen Erleben erzielen          einjähriges Fernstudium kann nie-
                Geschehens in den Übungen wird der          sollte, mündet in einem (beruflichen          manden dazu befähigen, dem An-
                Bogen in das Erleben des Berufsalltags      und persönlichen) Desaster. Aus diesen        spruch eines fachgerechten Seminars
                oder das Privatleben des Teilnehmers        Gründen sind Interessierte gut beraten,       gerecht zu werden. Das Pferd alleine
                gespannt. Entsprechend der Ergebnisse       wenn sie die Angebote genau prüfen.           kann diese Aufgabe nicht gänzlich
                des Trainings sollte anhand der festge-     Ernsthafte und professionelle Pferde-         übernehmen. Immerhin muss der
                stellten individuellen Blockaden und        coachings haben vor allem die Aufgabe         menschliche Trainer das Coaching lei-
                Potenziale des Klienten ein persönli-       sicherzustellen, dass eine reale Chance       ten und die Kompetenzen aufweisen,
                ches „Konzept für die Zukunft“ erstellt     besteht, die eigene Persönlichkeit zu         emotionale Störungen, Kommunikati-
                werden, mit dem selbstständig weiter-       entwickeln und nachhaltig Verbesse-           onsstrukturen und negative Gedan-
                gearbeitet werden kann.                     rungen in Beruf und Alltag zu erzielen.       kenmuster zu erkennen und positiv
                   Selbstverständlich ist eine Coa-            Von Trainings, die in erster Linie ei-     lenken zu können.
                chingeinheit in den meisten Fällen          nen Eventcharakter haben, sei drin-              Hierzu ist neben einer langjährigen
                nicht ausreichend, um Vertrauen in          gend abgeraten, denn der Teilnehmer           therapeutischen Ausbildung auch sehr
                Trainer und Pferd zu fassen. Entspre-       wird schnell zum Gegenstand einer             viel Berufspraxis nötig. Ansonsten ver-
                chend kann das Erlebte gar nicht so         Show, die primär Geld und Prestige            lässt der Klient (um einige Euros er-
                verarbeitet werden, dass Sozialkompe-       einbringen soll. Aber woran erkennt           leichtert) das Coaching mit der Einsicht
                tenz und Selbstwertgefühl derart ge-        man ein professionelles Angebot?              „keine Führungspersönlichkeit“ zu
                stärkt sind, dass sich das Leben des Kli-      Ausschlaggebend für die Qualität des       sein, weil das Pferd ihm nicht willig
                enten zum Positiven verändert.              Trainings sind also nicht nur die Fä-         folgte. Ein solcher Fall wäre allerdings
                   Ein Nachfolgetraining empfiehlt          higkeiten der vierbeinigen, sondern           noch zu verkraften im Vergleich zu ei-
                sich, um mehr über sich selbst und die      auch die der zweibeinigen Trainer. Die-       ner unbewussten Traumatisierung, die
                eigenen Ressourcen zu lernen.               se sollten neben Pferde-Know-how              unvermittelt durch das Zusammensein
                   Ähnlich wie bei therapeutischen Ver-     auch über Management- und Füh-                mit dem Pferd ins Bewusstsein rückt
                fahren kann nur die persönliche Be-         rungserfahrung und einen therapeuti-          und unbearbeitet bleibt.

           80 ● Reiter & Pferde 8/2013
Mensch - Pferd - Coaching
schlimmern die Problematik der Teil-
                                                                   Der Weg durch      nehmer häufig nur.
                                                                   die Stangen ist      Entsprechend wichtig gestalten sich
                                                                   vorgegeben.        die Anbieter- und Trainerauswahl und
                                                                   Entzieht sich      deren genaue Überprüfung sowohl für
                                                                   das Pferd, ver-    Firmen als auch für Einzelpersonen,
                                                                   raten die Reak-    die ein Entwicklungsziel für sich for-
                                                                   tionen des Teil-   muliert haben.
                                                                   nehmers viel
                                                                   über seine         Das Resümee
                                                                   Kooperations­         Pferde fordern jeden Anwesenden
                                                                   bereitschaft       dazu heraus, sich mit seiner ganzen
                                                                   und die Bereit-    Präsenz im Hier und Jetzt auf die Be-
                                                                   schaft, Ände-      gegnung mit ihnen einzulassen. Sie be-
                                                                   rungen in der      sitzen das wunderbare Potenzial, den
                                                                   Körpersprache      Menschen dazu anzuhalten, sich ausei-
                                                                   vorzunehmen.       nanderzusetzen mit den gegensätzli-
                                                                                      chen Lebenspolen

    Da immer mehr Coaches (Persön-           5. Sicherheit                              Nähe und Distanz,
 lichkeits-)Seminare mit Pferden als         Auf die Sicherheit der Teilnehmer          Vertrauen und Kontrolle,
Co-Trainer anbieten und bei Weitem         und Pferde wird durchgehend geachtet.        Empathie und Abgrenzung,
nicht jeder, der sowohl mit Pferden als    Hierzu empfiehlt es sich, zu zweit zu        Struktur und Flexibilität
auch mit Menschen umgehen kann,            arbeiten. Die Seminare werden, wenn          Harmonie und Ungleichgewicht
auch tatsächlich coachen sollte, lohnt     möglich, nicht im Freien, sondern in
sich der Blick hinter die Kulissen. Ob     einer Halle durchgeführt, um die Pri-         So hat ein Coachingteilnehmer – im
­Führungsseminare, Teamentwicklung,        vatsphäre des Teilnehmers zu gewäh-        besten Fall – die einmalige Chance sich
 Businesstrainings oder persönliche        ren und parallel störende und unange-      selbst beim Zusammensein mit Pferden
 Coachings, folgende Kompetenzen           nehme Situationen zu verringern.           in neuen Situationen zu erleben und
 sollten Trainer unbedingt aufweisen:        6. Supervision                           sieht sich in einem ungewohnten Licht.
    1. Trainerausbildung                     Ein Coach sollte regelmäßig (min-           Das Pferd als liebenswerter Spiegel
    Damit jeder Teilnehmer einen fun-      destens alle zwei Jahre) an einer Su-      zeigt dem Menschen durch seine ehrli-
 dierten Coachingprozess durchlaufen       pervision teilnehmen, um sich fortzu-      che und direkte Art den Weg zu au-
 kann, muss der Anbieter mindestens        bilden, einen Erfahrungsaustausch zu       thentischem, echtem Verhalten auf.
 als Coach oder Trainer – im besten Fall   erleben und gleichzeitig die Qualitäts-       Die einzigartige Ehrlichkeit von
 aber als Psychologe oder Pädagoge –       standards seiner Arbeit zu überprüfen      Pferden macht ihre Faszination aus
 ausgebildet sein. Therapeutisches Hin-    und zu verbessern.                         und ermöglicht uns Menschen, auf na-
 tergrundwissen (bzw. eine entspre-          Jeder Coach sollte neben genügend        türliche Weise zu wachsen.
 chende mehrjährige Ausbildung/            Pferdeerfahrung auch mindestens über          Emotionales Lernen ist ein tief grei-
 Studium) ist unabdingbar.                 Grundlagenwissen der menschlichen          fendes Lernen und der Besuch eines
    2. Erfahrung                           Kommunikation verfügen – denn letzt-       Coachings kann zu ganz neuen Er-
    Der Coach sollte nachweislich über     endlich werden Seminare für Men-           kenntnissen führen. Da verwundert es
 Unternehmens- und/oder Branchener-        schen angeboten, die ihre sozialen         nicht, dass das lebendige Lernen mit
 fahrung verfügen. Bei einem Individu-     Kompetenzen oder ihre Persönlichkeit       dem Pferd sich immer größerer Beliebt-
 alcoaching sollte der Trainer unbedingt   weiterentwickeln möchten.                  heit erfreut.
 über mehrjährige therapeutische/päda-       Durch geschulte Fragen- und Coa-            Was ein Coaching tatsächlich an
 gogische Praxis verfügen, die auch die    chingtechniken möchten Teilnehmer          Einsichten bewirkt, und wie es sich auf
 Arbeit mit Traumata beinhaltet.           zu Selbsterkenntnissen gelangen, da-       das eigene (Berufs-)Leben auswirkt,
    3. Transferleistung                    her müssen zwingend Fachkenntnisse         das gestaltet sich in der Praxis ganz
    Der Trainer muss sich, um wirklich     verschiedener kurzzeitorientierter Ge-     individuell. Wer erkennt und annimmt,
 Hilfe leisten zu können, auf die beruf-   sprächstechniken vorhanden sein.           dass es in einem solchen Seminar vor
 lichen bzw. privaten/psychologischen        Auch Basiswissen über Körpersprache      allem um das Pferd als Spiegel unserer
 Bedürfnisse und Konflikte des Teilneh-    und Kommunikation sowie die wichtigs-      Wirklichkeit geht, der hat die besten
 mers einstellen können.                   ten Modelle zur Persönlichkeitsentwick-    Voraussetzungen zu einem emotiona-
    Ein Mehrwert für die Entwicklung       lung und Persönlichkeitspsychologie        len Erkenntnisprozess geebnet.
 des Teilnehmers ist ansonsten nicht ge-   müssen erlernt und erprobt worden sein.       Die Gewissheit für ein Verände-
 geben. Dies findet bereits während des    Im Coaching selbst kommen häufig           rungspotenzial aller Teilnehmer kann
 Trainings statt und wird durch mindes-    Konflikte zwischen Arbeitskollegen oder    niemand garantieren; dies bleibt au-
 tens ein Nachcoaching gefestigt.          Familienmitgliedern unvermittelt „auf      ßerhalb des Einflusses eines professio-
    4. Wissen über Pferde                  den Tisch“. Der wertschätzende und pro-    nellen Coachings. Es geht vielmehr da-
    Der Coach muss über umfassendes        fessionelle Umgang muss gegeben sein.      rum, zu ermöglichen, statt zwanghaft
 Wissen über Pferde verfügen. Dies im-       Unbewusste Übertragungen eigener         zu erzeugen, denn wie Hans-Heinrich
 pliziert sowohl Sicherheitsaspekte,       ungelöster Konflikte vonseiten der         Isenbart richtig feststellte:
 Horsemanship als auch Verhaltenskun-      Coaches sind bei einer unzureichenden         „Vom Pferd lernen wir Menschlich-
 de und Kommunikationsweisen.              Ausbildung nicht selten und ver-           keit.“                  Susanne Kreuer

                                                                                                      Reiter & Pferde 8/2013 ● 81
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