Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten

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Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten
Rote Karte für
          Sportmarken

                                      www. greenpeace . org

Giftige Chemikalien in WM-Produkten
Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten
Impressum

Rote Karte für Sportmarken

Stand Mai 2014

Herausgeber
Greenpeace e. V.
Hongkongstraße 10
20457 Hamburg
Tel. 040/306 18-0

Politische Vertretung Berlin
Marienstraße 19 – 20
10117 Berlin

mail@greenpeace.de,
www.greenpeace.de

V. i. S. d.P.
Manfred Santen

Autoren
Madeleine Cobbing, Kirsten Brodde

Redaktion
Carolin Wahnbeck, Sabine Schupp,
Ortrun Sadik, Anja Oeck

Produktion
Birgit Matyssek

Fotos
Titel, S. 2 und S.15: Daniel Müller,
S. 9, S. 21 und S. 32: Holger Weber/
Kubikfoto, S. 21: Mariano Gonzalez
(2), alle (c) Greenpeace

Illustration
S. 10: Schrägstrich, Hamburg

Gestaltung
zimmermann und spiegel, Hamburg

Danksagung
Kevin Brigden, Annekatrin Dreyer,
Ulrike Kallee, Ulrike Siemers
Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten
1. Zusammenfassung
der Studie
Die vorliegende Studie erfolgte im Anschluss verschie-      Unter den Herstellern waren alle großen Sportmarken
dener früherer Untersuchungen, die Greenpeace im            vertreten, wobei 16 Produkte von Adidas, 15 von Nike
Rahmen seiner Detox-Kampagne veröffentlicht hat. Die        und zwei von Puma stammten. Alle Produkte wurden
Kampagne hatte ans Licht gebracht, dass viele Textil-       entweder unter den Namen berühmter Spieler oder der
und Lederprodukte giftige Chemikalien enthalten, die        Nationalmannschaften vermarktet, die an der WM 2014
während ihrer Herstellung eingesetzt wurden.1 Die           teilnehmen. Eingekauft wurden sie entweder direkt in
vorliegende Studie ist die erste, die sich speziell mit     den Geschäften der Marken – in Filialen oder online – oder
Fußballprodukten beschäftigt – alle getesteten Produkte     in namhaften Sportgeschäften. Die meisten Produkte
wurden anlässlich der Fußball-WM 2014 hergestellt, die      wurden in China oder Indonesien produziert; geringere
vom 12. Juni bis 13. Juli in Brasilien stattfindet.         Mengen stammen aus Vietnam, Kambodscha, Bang-
                                                            ladesch, Thailand, Argentinien, Bosnien, Georgien und
Der Verkauf von T-Shirts und Trikots, Fußballschuhen
                                                            der Ukraine.
und Zubehör zur Fußball-WM ist ein Milliardengeschäft,
das jedes Jahr über fünf Milliarden US-Dollar (umgerech-    Die gekauften Produkte wurden an das Greenpeace-
net rund 3,6 Mrd. Euro) einbringt. Die beiden Top-Marken    Forschungslabor an der Universität Exeter in Groß-
– Adidas und Nike – verfügen gemeinsam über einen           britannien geschickt; ein Duplikat ging an Greenpeace
80-prozentigen Anteil am Markt für Fußballprodukte.2 Für    Deutschland. Von dort aus wurden sie an unabhängige,
2014 rechnet man mit einem Rekordumsatz.3                   akkreditierte Labore verteilt.4 Die Fußballschuhe und
                                                            Torwarthandschuhe wurden auf perfluorierte Chemikalien
Für die vorliegende Studie wurden insgesamt 33 Produkte
                                                            (PFC) untersucht. Alle Produkte wurden auf Nonylphenol-
getestet: 21 Paar Fußballschuhe, sieben T-Shirts, vier
                                                            ethoxylate (NPE) und Phthalate, die Fußballschuhe und
Paar Torwarthandschuhe und ein Fußball. Die Produkte
                                                            der Fußball auf Dimethylformamid (DMF) getestet. Für
wurden in 16 Ländern der Welt eingekauft – in Argen-
                                                            diese Studie hat Greenpeace erstmals Produkte auf DMF
tinien, Chile, China, Deutschland, Großbritannien, Hong-
                                                            untersuchen lassen. Für bestimmte Produkte wurde
kong, Indonesien, Italien, Kroatien, Mexiko, Niederlande,
                                                            außerdem eine Analyse auf zinnorganische Verbindungen
Russland, der Schweiz, Spanien, Südkorea und Taiwan.
                                                            und Antimon durchgeführt.5
20 Produkte wurden speziell für Kinder unterschiedlicher
Altersstufen hergestellt.

                                                                                               Rote Karte für Sportmarken 3
Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten
1. Hauptergebnisse
17 von 21 Paar Fußballschuhen enthielten ionische PFC        • im Fußballschuh Nike Mercurial, der in China produziert
in mindestens einer von zwei Stichproben, die vom Ober-        und in Deutschland verkauft wurde; dieses Modell
material und der Sohle genommen wurden.                        wies in der ersten Untersuchung eine sehr hohe Kon-
                                                               zentration von PFBS (189 µg/m²) und in der zweiten
• Das Textilobermaterial von 13 Fußballschuhen enthielt
                                                               Untersuchung eine Konzentration von 7,91 µg/m² auf;
  Perfluoroctansäure (PFOA) in Konzentrationen
  oberhalb des EU-Grenzwerts für PFOS in Textilien von       • im Fußballschuh Puma evoSpeed (34,1 µg/m²), der in
  1 µg/m², ab dem der Verkauf und die Verwendung               China produziert und in Deutschland verkauft wurde.
  innerhalb der EU in bestimmten Fällen verboten ist. Als
                                                             Nonylphenolethoxylate (NPE) fanden sich im offiziellen
  Vergleichswert für PFOA wurde der EU-Grenzwert für
                                                             Spielball der Fußball-WM 2014 (20 mg/kg), in 16 von
  Perfluoroctansulfonat (PFOS) herangezogen. PFOS ist
                                                             21 Paar Fußballschuhen (1,2-40 mg/kg), in zwei von vier
  eng mit PFOA verwandt und besitzt ähnliche Gefähr-
                                                             Paar Torwarthandschuhen (27-76 mg/kg) und in einem
  dungsmerkmale. In Norwegen wird der Verkauf von
                                                             von sieben T-Shirts (2,1 mg/kg). Dies weist darauf hin, dass
  Textilien mit einem PFOA-Gehalt von über 1 µg/m² ab
                                                             NPE bei der Herstellung dieser Produkte eingesetzt wurde.
  Juni 2014 verboten sein. Drei Produkte enthielten PFOA
  in Konzentrationen oberhalb des Grenzwerts von             Phthalate fanden sich in allen Fußballschuhen
  1 µg/m² in beiden Stichproben. Unsere Untersuchungen       (2,6–150 mg/kg), in drei von vier Paar Torwarthand-
  zeigen, dass die Konzentrationen von ionischen PFC         schuhen (3,8–63 000 mg/kg) und in vier von sieben
  nicht nur von Produkt zu Produkt, sondern auch in          T-Shirts (14,8-153 000mg/kg).
  unterschiedlichen Teilen desselben Produktes stark
                                                             • Sehr hohe Phthalat-Gehalte fanden sich im Plastisol-
  variieren können.
                                                               Aufdruck eines Adidas-Shirts, das in Argentinien her-
• Die höchste Konzentration von PFOA (14,5 µg/m2) fand         gestellt und verkauft wurde (15 % Phthalate), sowie in der
  sich im Fußballschuh Adidas Predator, der in Indonesien      Handgelenksbandage eines PumaTorwarthandschuhs
  produziert und in der Schweiz verkauft wurde.                (6 % Phthalate), der in der Ukraine produziert und in
                                                               Italien verkauft wurde. Ein dermaßen hoher Gehalt an
• Auch Nike-Schuhe enthielten hohe Konzentrationen an
                                                               Phthalaten lässt darauf schließen, dass diese bewusst
  PFOA: 5,93 µg/m2 wurden im Fußballschuh Nike
                                                               als Weichmacher eingesetzt wurden. Dies steht jedoch
  Tiempo festgestellt, der in Vietnam produziert und in
                                                               im Widerspruch zu den internen Richtlinien beider
  Mexiko verkauft wurde.
                                                               Marken. Zudem liegen die festgestellten Werte über den
Zwei der vier Paar Torwarthandschuhe enthielten ionische       Grenzwerten, die Adidas und Puma in ihren Programmen
PFC.                                                           zum Chemikalienmanagement festgelegt haben.7

• Der Torwarthandschuh Adidas Predator enthielt              Dimethylformamid (DMF)
  1,96 µg/m2 PFOA; ebenso wie im Fall der Fußballschuhe      • Alle 21 Paar Fußballschuhe wurden positiv auf DMF
  (siehe oben) übersteigt dieser Wert den gesetzlich           untersucht; 19 davon enthielten DMF in Konzentratio-
  festgelegten Grenzwert für PFOS (der als Vergleichswert      nen oberhalb des Grenzwertes von 10 mg/kg (bis
  herangezogen wurde).                                         zu 280 mg/kg), der vom deutschen Ausschuss für
                                                               Gefahrstoffe und dem Umweltzeichen Blauer Engel für
• Die Torwarthandschuhe sowie zwei Paar Fußballschuhe
                                                               Schuhe und Handschuhe festgelegt wurde; für andere
  von Adidas wiesen zudem einen PFOA-Gehalt oberhalb
                                                               Länder ist kein solcher Grenzwert bekannt.
  der unternehmensinternen Beschränkungen6 für PFOA
  von 1 µg/m2 auf, wenn beide Stichproben berücksichtigt     • Die Tatsache, dass ionische PFC weithin in der Her-
  werden.                                                      stellung von WM-Produkten von Adidas, Nike und
                                                               Puma verwendet werden, gibt Grund zu Besorgnis; vor
Perfluorbutansulfonsäure (PFBS), ein weiterer Stoff
                                                               allem PFOA wird weiterhin eingesetzt, obwohl dies laut
aus der Gruppe der PFC, fand sich in elf Artikeln in
                                                               offizieller Unternehmensrichtlinien verboten ist. Viele
Konzentrationen von über 1 µg/m², darunter in folgenden
                                                               PFC sind hochgradig persistent (langlebig) und bauen
Produkten:
                                                               sich nach Freisetzung in die Umwelt nur schwer ab;
• im Fußballschuh Adidas Predator, der in Indonesien her-      Untersuchungen zeigen, dass PFC wie PFOS und
  gestellt und in Deutschland verkauft wurde (37,9 µg/m²);     PFOA das Hormonsystem in der Entwicklungsphase
                                                               und im Erwachsenenalter stören können, mit negativen
4 Rote Karte für Sportmarken
Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten
Tabelle 1 Welche Produkte gefährliche Chemikalien enthielten

                                                                                                                    Dimethyl
Marke                    Produkte                   ionische PFC               NPE                      Phthalate   formamid

                         Fußball-                   8/10                        9/10                    10/10        10/10
                         schuhe (10)

                         Fußball-                   8/10                        7/10                    10/10        10/10
                         schuhe (10)

                         Fußball-                   1/1                         0/1                     1/1          1/1
                         schuhe (1)

                         Torwart-                   1/2                         1/2                     1/2
                         handschuhe
                         (2)

                         Torwart-                   1/1                         0/1                     1/1
                         handschuhe
                         (1)

                         Torwart-                   0/1                         1/1                     1/1
                         handschuhe
                         (1)

                         Fußball (1)                                            1/1                     0/1          0/1

                         Fußball-                                               1/3                     3/3
                         T-Shirts (3)

                         Fußball-                                               0/4                     2/4
                         T-Shirts (4)

      T-Shirts, Torwarthandschuhe, Fußballschuhe oder Fußball (Rot = enthält gefährliche Chemikalien)

                                                                                                                    Rote Karte für Sportmarken 5
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Grafik 1 Wo die Produkte produziert wurden

                                                                  Ukraine
                                                                  adidas (1), Puma (1)

                                                       Bosnien          Georgien
                                                                        Puma (1)              China
                                                       Nike (1)                               adidas (6), Nike (7)
                                                                                              Puma (1)

                                                                                Bangladesch
                                                                                Nike (1)
                                                                                           Thailand    Vietnam adidas (1), Nike (2)
                                                                                           Nike (1)
                                                                                                      Kambodscha
                                                                                                      adidas (1)

                                                                                              Indonesien
                                                                                              adidas (6)
                                                                                              Nike (3)

                               Argentinien
                               adidas (1)

  Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane und das           Welche Unternehmen
  Immunsystem.                                                tragen Verantwortung?
• Auch die anderen festgestellten Chemikalien sind            Die großen, globalen Sportartikelhersteller könnten mit
  besorgniserregend; Nonylphenolethoxylate (NPE) bauen        wirkungsvollen Maßnahmen dafür sorgen, dass Schad-
  sich zu Nonylphenolen (NP) ab. Diese sind toxisch,          stoffe branchenweit aus dem Verkehr gezogen werden.
  persistent, bioakkumulativ und können das Hormon-           Mit ihrem Einfluss wären sie in der Lage, einen Wandel in
  system stören. Es ist bekannt, dass NP sich im Orga-        ihren Lieferketten herbeizuführen und einen echten
  nismus vieler Lebewesen anreichern. Die Tatsache,           Fortschritt hin zu einer giftfreien Zukunft für unsere Kinder
  dass NPE in Endprodukten enthalten sind, beweist,           zu erzielen. Greenpeace fordert diese Unternehmen
  dass diese während der Produktion eingesetzt wurden.        deshalb dazu auf, die Dringlichkeit der Lage zu erkennen
  Daraus folgt wahrscheinlich, dass NPE und NP in die         und mit gutem Beispiel voranzugehen: Sie sollten
  Abwässer der Fabriken eingeleitet wird. Es gibt be-         glaubwürdige Maßnahmen ergreifen, um den Einsatz
  gründete Sorge hinsichtlich der Toxizität von Phthalaten    giftiger Chemikalien in der Textilproduktion bis zum
  für Tiere und Menschen und vor allem der hormon-            1. Januar 2020 auf null zu senken.
  hemmenden Wirkung einiger Phthalate. DMF wird als
  fortpflanzungsgefährdend eingestuft und ist bei             Als Greenpeace 2011 seine Kampagne zur Abschaffung
  Hautkontakt gesundheitsschädlich.                           giftiger Chemikalien startete, sagten alle drei Marken,
                                                              die in dieser Studie unter die Lupe genommen wurden,
• Die meisten negativen Auswirkungen dieser Chemi-            zu, den Einsatz giftiger Chemikalien zu eliminieren.
  kalien für Umwelt und Gesundheit des Menschen treten        Bedauerlicherweise haben Adidas und Nike es bislang
  hauptsächlich in den asiatischen Ländern auf, in denen      versäumt, ihren Worten auch glaubwürdige Taten folgen
  die Schuhe, Handschuhe und T-Shirts für die Fußball-WM      zu lassen. Stattdessen verstecken sich beide Marken
  produziert werden, da sie dort in Flüsse und Gewässer       hinter den leeren Versprechen der Gruppe „Zero Discharge
  eingeleitet werden. Die meisten der getesteten Produkte     of Hazardous Chemicals“ (ZDHC), die nur auf dem Papier
  wurden in China und Indonesien produziert; kleinere         existieren.8 Und obwohl sie ihren Selbstverpflichtungen
  Mengen stammen aus Vietnam, Kambodscha, Bang-               nicht nachgekommen sind, pflegen diese Unternehmen
  ladesch, und Thailand sowie aus Argentinien, Bosnien,       öffentlich weiter ihr Image als Detox-Marken, indem sie
  Georgien und der Ukraine.
6 Rote Karte für Sportmarken
Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten
Grafik 2 Wo die Produkte erworben wurden

                                          Großbritannien adidas (1)                    Russland adidas (1), Nike (1)
                                          Niederlande           Deutschland adidas (6)
                                    adidas (1), Nike (1)        Nike (3),Puma (1)

                                          Schweiz                  Kroatien Nike (2)
                               adidas (1), Nike (1)
                                                                Italien Puma (2)                China adidas (1)        Südkorea
                                                      Spanien                                                           adidas (1), Nike (1)
                                                      adidas (1)

                                                                                                       Hongkong Taiwan
                                                                                                       Nike (1)        Nike (1)
 Mexiko
adidas (1)
  Nike (2)

                                                                                               Indonesien
                                                                                                   Nike (1)

                Chile
              Nike (1)
                            Argentinien
                            adidas (2)

ihren Produkten mithilfe der ZDHC einen „grünen“ An-                   Zielen für ein Verbot zur Herstellung und Verwendung
strich verleihen. Auf diese Weise drücken sie sich davor,              giftiger Chemikalien, der Einführung einer offenen
konkrete, wirksame und dringend erforderliche Maß-                     Liste von giftigen Chemikalien, die unverzüglich durch
nahmen zu ergreifen, um ihre Lieferketten zu „entgiften“.              unschädliche Alternativen zu ersetzen sind, und einem
Puma hingegen ist einer von 17 großen Kleiderherstellern,              öffentlichen Verzeichnis mit Daten über Einleitungs-,
die als Trendsetter identifiziert wurden. Sie haben nach               Emissions- und Verlustmengen von Schadstoffen wie
Start der Detox-Kampagne im Juli 2011 glaubhaft damit                  z.B. ein Schadstoffemissionsregister.
begonnen, giftige Chemikalien aus ihren Lieferketten
zu verbannen.9
                                                                       Aufstellung eines Detox-Teams
Dass in den WM-Produkten aller drei großen Sportmarken
giftige Chemikalien nachgewiesen wurden, unterstreicht                 Wir alle können einen Beitrag zu einer giftfreien Zukunft
die Dringlichkeit für diese Unternehmen, ihre Lieferketten             leisten. Unsere Kinder haben das Recht, in einer Welt zu
schadstofffrei zu machen. um auch für kommende Gene-                   leben, in der keine giftigen Chemikalien freigesetzt werden
rationen eine giftfreie Zukunft zu gewährleisten.                      – Erwachsene weltweit haben es in der Hand, eine solche
                                                                       Welt zu schaffen. Wenn wir alle jetzt handeln – als Sport-
                                                                       fans, Eltern, Bürger und Verbraucher – können wir Druck
Steilpass an die Politik                                               auf die großen Marken und Regierungen ausüben, den für
                                                                       unsere Welt so dringenden Wandel einzuleiten. Vereinte
Greenpeace fordert alle Regierungen auf, dem guten                     Aufrufe zu giftfreier Bekleidung haben bereits zu wegwei-
Beispiel von Unternehmen zu folgen, die in Sachen Detox                senden Selbstverpflichtungen von 19 großen Kleider-
vorangehen, und sich politisch dazu zu verpflichten, den               herstellern und einem Lieferanten geführt, darunter solch
Einsatz aller giftigen Chemikalien innerhalb einer Genera-             bekannter Marken wie H&M, Zara, Valentino und Burberry.
tion auf null zu senken. Eine entsprechende Politik muss
auf dem Vorsorgeprinzip basieren und einen präventiven                 Das reicht aber noch längst nicht aus. Auch Sportartikel
Ansatz verfolgen, um der Herstellung, Verwendung und                   können und müssen giftfrei sein.
Einleitung giftiger Chemikalien einen Riegel vorzuschie-               Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass unsere Kinder
ben. Die Umsetzung eines solchen politischen Willens                   die giftfreie Zukunft bekommen, die ihnen zusteht.
bedarf einer umfassenden Gesetzgebung mit kurzfristigen
                                                                                                              Rote Karte für Sportmarken 7
Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten
2. Die Fakten
Obwohl die Gefahren von giftigen Chemikalien gut doku-        des Grenzwerts von 1 µg/m² in beiden Stichproben.
mentiert sind, werden diese weiterhin für verschiedene        Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Konzen-
Zwecke in der Herstellung von Textilien, Schuhen und          trationen von ionischen PFC nicht nur von Produkt zu
anderen Sportartikeln oder in den Produkten selbst ein-       Produkt, sondern auch in unterschiedlichen Teilen
gesetzt: NPE werden häufig als Tenside und Reinigungs-        desselben Produktes stark variieren können.
mittel in der Textilverarbeitung sowie als Stabilisatoren
                                                             Folgende Ergebnisse wurden festgestellt:
und Emulgatoren in Kunststoffen verwendet. Phthalate
kommen in verschiedenen Anwendungsbereichen zum              Adidas
Einsatz, z. B. als Zusätze in Plastisol-Aufdrucken auf       • Die höchste Konzentration von PFOA (14,5 µg/m²) fand
Kleidung. Viele Produkte werden mit per- und poly-             sich im Fußballschuh Adidas Predator, der in Indonesien
fluorierten Chemikalien behandelt, um sie wasser- und          produziert und in der Schweiz verkauft wurde10.
schmutzabweisend zu machen. Dimethylformamid (DMF)
                                                             • Ein PFOA-Gehalt von 6,81 µg/m² wurde im Fußball-
wird als Lösungsmittel in der Herstellung von Textilien,
                                                               schuh Adidas Adizero festgestellt, der in China produ-
Leder und Kunstleder verwendet. Obwohl es in vielen
                                                               ziert und in Südkorea verkauft wurde11.
Fällen umweltfreundlichere Alternativen gibt, werden diese
Chemikalien weiterhin eingesetzt.                            • Ein PFOA-Gehalt von 5,28 µg/m² fand sich im Fuß-
                                                               ballschuh Adidas Adizero, der in Indonesien produziert
                                                               und in China verkauft wurde.
2.1. Per- und polyfluorierte
Chemikalien (PFC)                                            Nike
                                                             • Ein hoher PFOA-Gehalt (5,93 µg/m²) fand sich im
25 Produkte wurden auf per- und polyfluorierte Chemi-          Fußballschuh Nike Tiempo, der in Vietnam produziert
kalien (PFC) untersucht – 21 Paar Fußballschuhe und            und in Mexiko verkauft wurde. Im Fußballschuh Nike
vier Paar Handschuhe. Textilien und andere Materialien         Mercurial, der in China produziert und in Chile verkauft
von Schuhen und Handschuhen werden häufig mit                  wurde, konnten 6,61µg/m² PFOA nachgewiesen werden.
PFC behandelt, um sie wasser- und schmutzabweisend
zu machen. Die Produkte wurden auf zwei verschiedene         Puma
Arten von PFC untersucht: auf ionische PFC (z.B. PFOS        • Ein hoher PFOA-Gehalt (6,41 µg/m²) fand sich im
und PFOA) und auf flüchtige PFC, die während der               Fußballschuh Puma evoSpeed, der in China produziert
Herstellung als Vorläuferstoffe eingesetzt oder erzeugt        und in Deutschland verkauft wurde.
werden, z.B. Fluortelomeralkohole (FTOH) und Fluor-          Die festgestellten PFOA-Werte liegen nicht nur über den
telomeracrylate (FTA), die zu ionischen PFC abgebaut         gesetzlichen Grenzwerten für PFOS und den in Norwegen
werden können. Für die vorliegende Studie wurden zwei        geltenden Grenzwerten für PFOA – sie übersteigen auch
Stichproben vom Ober- bzw. Untermaterial der Schuhe          den Grenzwert für PFOS von 1 µg/m², den alle drei Marken
und Handschuhe genommen und auf ionische PFC                 in ihren Listen eingeschränkt nutzbarer Substanzen (RSL)
untersucht. Detaillierte Testergebnisse sowie methodische    festgelegt haben;12 Adidas begrenzt zudem auch den
Hinweise und Bestimmungsgrenzen sind in einem                PFOA-Gehalt seiner Produkte auf 1 µg/m². Das heißt,
technischen Merkblatt veröffentlicht.                        dass insgesamt sechs Fußballschuhe von Adidas,
• 17 von 21 Fußballschuhen enthielten ionische PFC.          einschließlich der drei oben genannten Adidas-Produkte,
                                                             sogar über den unternehmensinternen Grenzwerten für
• Das Textilobermaterial von 13 Produkten wies einen         PFOA liegen; Nike und Puma haben in ihren RSL keinen
  PFOA-Gehalt auf, der oberhalb des EU-Grenzwertes           Grenzwert für PFOA festgelegt.
  von 1 µg/m² für PFOS in Textilien lag, ab dem der
  Verkauf und die Verwendung seit 2008 innerhalb der EU      In zwei von vier Paar Torwarthandschuhen waren ionische
  in bestimmten Fällen verboten ist. PFOA ist eng mit        PFC enthalten. Der Torwarthandschuh Adidas Predator
  PFOS verwandt und besitzt ähnliche Gefährdungs-            hatte einen PFOA-Gehalt von 1,96 µg/m². Dieser liegt
  merkmale. In Norwegen wird der Verkauf von Textilien       sowohl über dem gesetzlich festgelegten Grenzwert für
  mit einem PFOA-Gehalt von über 1 µg/m² ab Juni 2014        PFOS als auch über dem internen PFOA-Grenzwert von
  verboten sein (siehe Infokasten 1). Drei der getesteten    Adidas (siehe oben). Der Torwarthandschuh Nike Grip3
  Produkte enthielten PFOA in Konzentrationen oberhalb       enthielt 2,17 µg/m²; im Torwarthandschuh Puma evoPower
                                                             wurden keine PFC festgestellt.
8 Rote Karte für Sportmarken
Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten
16 Paar Fußballschuhe und ein Paar Handschuhe wurden
als Kinderprodukte verkauft; zehn davon wiesen einen
PFOA-Gehalt oberhalb des Grenzwerts von 1 µg/m2 auf
(siehe oben); drei der getesteten Produkte überstiegen
diesen Grenzwert in beiden Stichproben.

Eine weitere persistente PFC, die kurzkettige Perfluor-
butansulfonsäure (PFBS), fand sich in elf Artikeln in
Konzentrationen von über 1 µg/m2, u.a.:

• im Fußballschuh Adidas Adizero, der in Indonesien
  produziert und in China verkauft wurde (14,5 µg/m2),

• im Fußballschuh Adidas Predator, der in Indonesien pro-
  duziert und in Deutschland verkauft wurde (37,9 µg/m2),

• im Fußballschuh Nike Mercurial, der in China produziert   mit PFC behandelten Textilprodukte und nicht nur für die
  und in Deutschland verkauft wurde; hier fand sich in      hier getesteten Artikel charakteristisch.14
  der ersten Untersuchung ein sehr hoher PFBS-Gehalt
                                                            Die Ergebnisse zeigen, dass ionische PFC bei der Her-
  von 188,57 µg/m2 und in der zweiten Untersuchung ein
                                                            stellung von WM-Produkten von Adidas, Nike und Puma
  Gehalt von 7,91 µg/m2. Qualitätskontrolluntersuchungen
                                                            oft verwendet werden. Vor allem PFOA wird trotz interner
  weisen darauf hin, dass die Ursache für solche unter-
                                                            Richtlinien zur Eliminierung weiter verwendet. Zudem fand
  schiedlichen Testergebnisse daran liegt, dass die PFC
                                                            sich in fast der Hälfte der getesteten Fußballschuhe (zehn
  ungleichmäßig auf den Schuhen verteilt wurden.
                                                            von 21) und in einem Paar Torwarthandschuhe die
• im Fußballschuh Puma evoSpeed (34,1 µg/m2), der in        hochgradig persistente Perfluorbutansulfonsäure (PFBS).
  China produziert und in Deutschland verkauft wurde.       Die meisten getesteten Produkte wurden in China und
                                                            Indonesien produziert; kleinere Mengen stammen aus
Die Studie weist langkettige PFC (C10 bis C14) in 13 von
                                                            Vietnam, Kambodscha, Bangladesch und Thailand sowie
21 getesteten Fußballschuhen nach, zum Teil in Konzen-
                                                            aus Argentinien, Bosnien, Georgien und der Ukraine. Ein
trationen von über 1 µg/m². Einige dieser Chemikalien
                                                            Großteil der umweltschädigenden Auswirkungen dieser
wurden unter der EG-Verordnung REACH als besonders
                                                            Chemikalien treten in den hauptsächlich asiatischen
besorgniserregende Substanzen (SVHC) eingestuft.
                                                            Ländern auf, in denen die Produkte produziert werden, da
Es sei darauf hingewiesen, dass Untersuchungen im Rah-      sie dort in Flüsse und Gewässer eingeleitet werden. Alle
men einer aktuellen Studie von Greenpeace Ostasien13        Fußballschuhe wurden in Südostasien produziert (neun
gezeigt haben, dass die Konzentrationen von ionischen       in China, acht in Indonesien, zwei in Vietnam und ein Paar
PFC nicht nur von Produkt zu Produkt, sondern auch in       in Kambodscha), mit Ausnahme eines Paares, das in
verschiedenen Teilen desselben Produktes stark variieren    Bosnien hergestellt und in Russland verkauft wurde.
können. Diese Unterschiede sind wahrscheinlich für alle
                                                                                               Rote Karte für Sportmarken 9
Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten
WELTWEIT                        ARKTIS                 FEUERLAND          ALPEN                 DEUTSCHLAND               BA
Flüchtige PFC                   In der Leber von       Im Dung von        Schneeproben aus      In zwei deutschen         PF
(FTOH) werden welt-             Eisbären findet sich   Eselspinguinen     den italienischen     Outdoor-Geschäften        Leb
weit in Luft und                PFC (PFOA). Die        wurden PFC         Alpen enthalten       war die Konzentra-        von
Haustaub in Innen-              Tiere nehmen die       (Perfluorcarbon-   PFC: vor allem PFBA   tion an flüchtigen        nac
räumen nachge-                  Schadstoffe vor        säuren und PFOS)   und PFOA. Die         PFC (FTOH) stark          Jun
wiesen.                         allem über die         gemessen.          Schadstoffe werden    erhöht. Greenpeace-       stä
                                Nahrung auf.                              über Luftströmungen   Tests zeigen, dass        erw
                                                                          in abgelegene         Outdoor-Produkte
                                                                          Gebiete getragen.     FTOH ausdünsten.

USA
Flüsse und Fluss-
sedimente im US-
Bundesstaat Georgia
enthalten PFC
(Perfluorcarbon-
säuren und PFOS).

PFC auf der
ganzen Welt
Umwelt- und gesundheitsschädliche per-                                                                   SÜDAFRIKA/
und polyfluorierte Chemikalien sind auf                                                                  ANTARKTIS
                                                                                                         Flüchtige PFC wie
der ganzen Welt nachweisbar. Sie werden
                                                                                                         FTOH werden
auch in der Textilproduktion eingesetzt,                                                                 überall auf der Welt
um Kleidung schmutz- und wasserab-                                                                       nachgewiesen, etwa
weisend zu machen.                                                                                       in der Luft vor
                                                                                                         Afrikas Küsten wie
                                                                                                         bei Kapstadt und in
                                                                                                         der Antarktisregion.

10 Rote Karte für Sportmarken
Info 1 Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC)15
                                                 Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC)   Perfluoroctansulfonat (PFOS), wurde im
                                                 kommen z.B. wegen ihrer schmutz- und        Rahmen des Stockholmer Übereinkom-
                                                 wasserabweisenden Eigenschaften in          mens als persistenter organischer Schad-
AIKALSEE             CHINA                       vielen industriellen Verfahren und Kon-     stoff (POP) eingestuft. Das Stockholmer
 C wurden in der     Greenpeace hat              sumgütern, darunter in Textil- und Leder-   Übereinkommen ist eine internationale
 ber und im Blut     Karpfen und Welse –
n Baikalrobben       in China beliebte
                                                 produkten, zum Einsatz. Ein bekanntes       Übereinkunft über völkerrechtlich bin-
 chgewiesen.         Speisefische – aus          Beispiel ist das Polymer PTFE, das unter    dende Verbots- und Beschränkungsmaß-
nge Robben sind      dem Yangtse testen          dem Handelsnamen Teflon als Antihaft-       nahmen für die Produktion und den Ein-
ärker belastet als   lassen: sie enthielten      Beschichtung für Kochgeschirr vermark-      satz von PFOS.16 Der Verkauf und Einsatz
wachsene.            PFOS und andere
                     PFC.
                                                 tet, aber nicht für Textilien verwendet     von PFOS ist in der EU seit 2008 für be-
                                                 wird.                                       stimmte Zwecke verboten. Für Textilien
                                                 Viele PFC, vor allem ionische PFC wie       wurde ein Grenzwert für PFOS von 1 µg/
                                                 PFOS und PFOA, sind hochgradig persi-       m² festgelegt.17 Für andere PFC hingegen
                                                 stent und bauen sich nach Freisetzung in    gibt es derzeit keine Grenzwerte, obwohl
                                                 die Umwelt nur schwer ab, weshalb sie       es begründete Sorgen hinsichtlich ihrer
                                                 selbst in entlegenen Regionen der Erde      Gefährdungsmerkmale gibt und sie in Tex-
                                                 nachgewiesen werden können. Ionische        tilien in der Regel in wesentlich höheren
                                                 PFC sind aufgrund ihrer bioakkumula-        Konzentrationen enthalten sind.
                                                 tiven Eigenschaften in einer Vielzahl von   Norwegen ist das erste Land, in dem der
                                                 Wasser- und Landlebewesen sowie beim        Verkauf von Textilien mit einem PFOA-Ge-
                     CHINA/                      Menschen in der breiten Bevölkerung vie-    halt von über 1 µg/m² ab Juni 2014 verbo-
                     AUSTRALIEN                  ler Länder der Welt im Blut und in der      ten sein wird. Zudem wurden bestimmte
                     PFC haben Wissen-
                                                 Muttermilch festgestellt worden. Studien    PFC kürzlich auf eine Liste prioritärer Che-
                     schaftler im Trink-
                     wasser in Shanghai,         belegen, dass PFC wie PFOS und PFOA         mikalien gesetzt, was bedeutet, dass de-
                     China und in                das Hormonsystem in der Entwicklungs-       ren Freisetzung in die Umwelt bis 2020 eli-
                     Australien nach-            phase und im Erwachsenenalter stören        miniert oder erheblich reduziert werden
                     gewiesen.
                                                 können, mit negativen Auswirkungen auf      muss.18 Norwegen und alle anderen Län-
                                                 die Fortpflanzungsorgane und das Im-        der sollten die Abschaffung von PFOA
                                                 munsystem. Zudem wurden sie in Tier-        (und die Gruppe der PFC insgesamt) ab
                                                 versuchen als potenziell krebserregend      wesentlich geringeren Mengen durchset-
                                                 erkannt.                                    zen und dafür die jeweils beste moderne
                                                 Flüchtige PFC wie Fluortelomeralkohole      Testtechnologie einsetzen. Darüber hinaus
                                                 (FTOH) werden weithin als Vorgänger-        wurden PFOA und vier weitere langkettige
                                                 stoffe in verschiedenen Produktionsver-     PFC innerhalb der EU im Rahmen der
                                                 fahren eingesetzt. FTOH können im Kör-      REACH-Verordnung als besonders besor-
                                                 per oder in der Atmosphäre zu ionischen     gniserregende Stoffe (SVHC) eingestuft.19
                                                 PFC (z.B. PFOA) umgewandelt und zu-
                                                 dem auch selbst schädliche Auswir-
                                                 kungen haben.

                       www.greenpeace.de/detox

                                                                                                                Rote Karte für Sportmarken 11
2.2. Nonylphenolethoxylate
Nonylphenolethoxylate (NPE) werden weiterhin von vielen     • Zwei der vier Torwarthandschuhe enthielten NPE, wobei
Textilherstellern eingesetzt. Dort, wo NPE in der Produk-     die Handschuhe von Adidas 27 mg/kg und die Puma-
tion verwendet werden, kann die Menge an Rückständen          Handschuhe 76 mg/kg aufwiesen.
im Endprodukt durch die eingesetzten Produktions-
                                                            • Der offizielle Spielball der Fußball-WM 2014 von Adidas,
verfahren beeinflusst werden, etwa durch die Häufigkeit
                                                              der in China produziert und in Deutschland verkauft
des Waschens, wodurch die NPE an den Produktions-
                                                              wurde, enthielt 20 mg/kg NPE.
standorten ins Abwasser eingeleitet werden. NPE-
Rückstände in einem Endprodukt werden auch dann             • Eins der sieben getesteten T-Shirts enthielt NPE
freigesetzt, wenn der Artikel vom Verbraucher gewaschen       (2,1mg/kg); das Shirt ist von Adidas und stammt aus
wird20.                                                       Mexiko. In früheren Untersuchungen konnten NPE
                                                              in rund zwei Drittel der getesteten Textilprodukte
• 16 von 21 Fußballschuhen wiesen einen NPE-Gehalt
                                                              nachgewiesen werden.
  von 1,2 bis 40 mg/kg auf (LOQ 1 mg/kg).

Info 2 Nonylphenolethoxylate/Nonylphenole (NPE/NP)21
Nonylphenolethoxylate (NPE) bezeichnen          von Fabriken eingeleitet werden. Zudem          ausgearbeitet.24 Darüber hinaus stehen
eine Gruppe künstlich hergestellter Che-        werden die NPE-Rückstände in den                NP und NPE auf der Liste vorrangiger
mikalien, die sehr häufig als Tenside in der    Endprodukten beim Waschen heraus-               Substanzen, die das chinesische Umwelt-
Textilherstellung und als Weichmacher           gespült und gelangen so in die öffentlichen     ministerium kürzlich herausgegeben hat.
und Emulgatoren in Kunststoffen verwen-         Abwassersysteme der Länder, in denen            Das bedeutet, dass Fabriken, die diese
det werden. In der Umwelt bauen sich            die Produkte verkauft werden.                   Chemikalien produzieren oder benutzen,
NPE zu Nonylphenolen (NP) ab; diese sind        Seit 2005 gelten in der EU bestimmte Be-        bei den lokalen Umweltbehörden ge-
toxisch, persistent, bioakkumulativ und         schränkungen für den industriellen Einsatz      meldet sein müssen und ihre Daten dazu
können das Hormonsystem stören. NP              von NPE 22; ähnliche Beschränkungen gel-        offenlegen und der Öffentlichkeit zugän-
reichern sich nachweislich im Organismus        ten auch in den USA und Kanada.23 Ob-           gig machen müssen.25 NP/NPE sind in
vieler Lebewesen an. Der Gehalt von NPE         wohl es in der EU derzeit kein Gesetz gibt,     China außerdem als gefährliche Chemi-
in Endprodukten zeigt, dass diese wäh-          das den Verkauf von Textilien mit NPE-          kalien gelistet und wurden im zwölften
rend der Herstellung eingesetzt wurden.         Rückständen beschränkt, werden derzeit          5-Jahres-Plan zur Prävention und Kon-
Dieser Einsatz hat wahrscheinlich zur Fol-      auf Vorschlag der schwedischen Chemie-          trolle der Umweltrisiken von Chemikalien
ge, dass NPE und NP in die Abwässer             behörde entsprechende Maßnahmen                 berücksichtigt.

2.3 Phthalate
Alle Produkte dieser Studie wurden auf Phthalate unter-      wurden. Das Shirt mit dem Aufdruck wurde in einem
sucht, die weithin als Weichmacher in Kunststoffen           Adidas-Geschäft gekauft. In insgesamt vier der sieben
verwendet werden und als Schadstoffe häufig in indus-        getesteten T-Shirts fanden sich Phthalate (LOQ: 3mg/kg).
triellen Verfahren und der Umwelt vorkommen.
                                                            Phthalate wurden in allen Fußballschuhen nachgewiesen.
• Der höchste Phthalat-Gehalt dieser Studie fand sich
                                                            • Die beiden Fußballschuhe mit den höchsten Phthalat-
  im Plastisol-Aufdruck eines Adidas-Shirts, das in
                                                              Gehalten waren Produkte von Adidas, mit 150 mg/kg
  Argentinien produziert und verkauft wurde. Es enthielt
                                                              und 124 mg/kg.
  insgesamt 153 000 mg/kg, davon 110 000 mg/kg
  Diisononylphthalat (DINP) und 37 000 mg/kg Dibutyl-       • Drei von vier Torwarthandschuhen enthielten Phthalate.
  phthalat (DBP). Ein dermaßen hoher Phthalat-Gehalt
                                                            • Auch die Puma-Handschuhe, die in der Ukraine pro-
  (15 % des getesteten Produktes) lässt darauf schließen,
                                                              duziert und in Italien verkauft wurden, wiesen in der
  dass diese bewusst als Weichmacher eingesetzt
                                                              Handgelenksbandage einen sehr hohen Phthalat-Gehalt
12 Rote Karte für Sportmarken
von insgesamt 63 000 mg/kg auf, davon 62 000 mg/kg         Kinder unter 3 Jahren gelten.28 Die Puma-Handschuhe
                     Diethylhexylphthalat (DEHP). Dieser hohe Phthalat-         und das Adidas-Shirt, das in Argentinien gekauft wurde
                     Gehalt (6 %) lässt darauf schließen, dass diese absicht-   hatten solch einen Phthalat-Gehalt von über 0,1 Prozent.
                     lich als Weichmacher eingesetzt wurden. In diesem
                                                                                Phthalate wurden in den meisten getesteten Produkten
                     Fall handelt es sich um einen Torwarthandschuh für
                                                                                mit Werten unter 0,1 Prozent nachgewiesen, was wahr-
                     Erwachsene. Dennoch zum Vergleich: Der Einsatz
                                                                                scheinlich eher daran liegt, dass sie nach der Produktion
                     bestimmter Phthalate, einschließlich von DEHP, ist für
                                                                                in Kontakt mit phthalathaltigen Materialien (z.B. Ver-
                     Kinderspielzeug und Babyartikel innerhalb der EU
                                                                                packung) kamen, anstatt dass Phthalate absichtlich als
                     verboten (ab einem Grenzwert von 0,1 Gewichtsprozent
                                                                                Weichmacher eingesetzt wurden. Daher ist es zwingend
                     bzw. 1 000 mg/kg). Zudem liegen die gemessenen
                                                                                erforderlich, dass der Einsatz aller Phthalate in der
                     Werte deutlich oberhalb der Grenzwerte, die Adidas und
                                                                                gesamten Herstellungs- und Lieferkette abgeschafft wird,
                     Puma in ihren eigenen Listen eingeschränkt nutzbarer
                                                                                um den Gehalt dieser giftigen Chemikalien in Produkten
                     Substanzen für Phthalate festgelegt haben.26
                                                                                und ihre Freisetzung in die Umwelt schrittweise
                    Meldungen in dem europäischen Schnellwarnsystem für         abzubauen.
                    gefährliche Produkte (RAPEX)27 zeigen, dass eingeführte
                                                                                Innerhalb der Europäischen Union wurden bestimmte
                    Kinderbekleidung und -schuhe von europäischen Zoll-
                                                                                Phthalate (darunter DEHP, DBP, DiBP und BBP) nach den
                    kontrolleuren abgewiesen oder von den Unternehmen
                                                                                Bestimmungen der REACH-Verordnung als besonders
                    freiwillig zurückgerufen wurden, wenn ihr Phthalat-Gehalt
                                                                                besorgniserregende Stoffe (SVHC) eingestuft.38
                    über 0,1 Prozent lag, auch wenn diese Produkte gegen
                    keines der Gesetze verstoßen, die in der EU in Bezug auf

Info 3 Phthalate29
Phthalate werden hauptsächlich als          negative Auswirkungen auf die weibliche        und jüngst in China erlassen, dort treten
Weichmacher in Kunststoffen wie Weich-      Fortpflanzungsfähigkeit hat.31                 sie im Juni 2014 in Kraft.Im Juli 2013
PVC eingesetzt. Da Phthalate keine          Aktuell gibt es in keinem der Länder, in       war der Welthandelsorganisation (WTO)
chemische Bindung mit dem Kunststoff        denen die 33 getesteten Produkte gekauft       ein neuer chinesischer Standard für die
eingehen, gelangen sie während der          wurden, ein Gesetz, das den Verkauf von        Sicherheit von Kinderspielzeug mitgeteilt
Verwendung des Produktes und nach           phthalathaltiger Kleidung beschränkt.32        worden, der auch ein Anwendungsverbot
dessen Entsorgung in die Umwelt.            Das wahrscheinlich bekannteste Gesetz          für sechs Phthalate beinhaltet.34
Phthalate finden sich häufig in Innenbe-    zu Phthalaten ist das europaweite Verbot       Die Definition von „Babyartikeln“ in diesen
reichen, etwa in der Luft oder im Staub.    der Verwendung von sechs Phthalaten            Gesetzen umfasst keine Kleidungsstücke.35
Zudem sind sie häufig in menschlichem       in Kinderspielzeug und Babyartikeln. Es        In China wurde jedoch ein Gesetzes-
Gewebe zu finden; dabei sind die berich-    wurde 1999 zuerst als Notfallmaßnahme          entwurf eingebracht, der das Vorkommen
teten aufgenommenen Mengen bei Kin-         vereinbart und 2005 dauerhaft eingeführt.      von sechs Phthalaten (einschließlich DEHP
dern erheblich höher. Es besteht der        Verboten ist die Verwendung bestimmter         und DINP) in Konzentrationen von über
begründete Verdacht, dass Phthalate für     Phthalate (einschließlich DEHP) in allen       0,1 Gewichtsprozent (1 000 mg/kg) in
Tiere und Menschen toxisch und hor-         Kinderspielzeugen und Babyartikeln, die        Kleidung für Babys und Kleinkinder (unter
monstörend wirken. So ist bekannt, dass     innerhalb der EU verkauft werden (ab           3 Jahren) verbieten soll.36 Eine weitere
sich beispielsweise DEHP, eines der         einem Grenzwert von 0,1 Gewichtsprozent        Ausnahme ist Südkorea, wo das Verbot
am häufigsten verwendeten Phthalate,        bzw. 1 000 mg/kg). Auch der Einsatz an-        von sechs Phthalaten in Kinderspielzeug
schädlich auf die Fortpflanzung bei         derer Phthalate (einschließlich DINP) in       und Babyartikeln auch für Kleidung für
Säugetieren auswirkt, die Entwicklung       Artikeln, die Kinder in den Mund stecken       Kinder unter zwei Jahren gilt.37
der Hoden im frühen Kindesalter beein-      können, ist verboten. Ähnliche Gesetze
trächtigen kann30 und darüber hinaus        wurden in anderen Ländern wie den USA33

                                                                                                                 Rote Karte für Sportmarken 13
2.4. Dimethylformamid (DMF)
Alle Fußballschuhe und der Ball wurden auf Dimethyl-         • DMF-Konzentrationen von über 50 mg/kg fanden sich in
formamid (DMF) untersucht. DMF wird als Lösungsmittel          sechs Fußballschuhen von Nike, fünf Schuhen von
in Textilien, Leder und Kunststoff verwendet. Obwohl           Adidas und den Schuhen von Puma.
der DMF-Gehalt in Schuhen und Textilien innerhalb der EU
                                                             • Ein Kontaminationsmuster konnte nicht festgestellt
und in Deutschland gesetzlich streng geregelt ist, wird
                                                               werden, da die Konzentrationen von Produkt zu Produkt
es in Südasien noch weithin eingesetzt und kann deshalb
                                                               derselben Marke und selbst innerhalb desselben
auch in Produkten enthalten sein, die in die EU importiert
                                                               Modells sehr unterschiedlich waren.
werden.
                                                             Die Ergebnisse zeigen, dass DMF weithin in der Herstel-
• Alle 21 Fußballschuhe wurden positiv auf DMF getestet.
                                                             lung von WM-Produkten aller drei Marken eingesetzt wird.
• 19 von 21 Fußballschuhen wiesen einen DMF-Gehalt           Fast alle Fußballschuhe wurden in Südasien produziert
  oberhalb des Grenzwerts von 10 mg/kg auf, den der          (neun in China, acht in Indonesien, zwei in Vietnam und
  deutsche Ausschuss für Gefahrstoffe und das                ein Paar in Kambodscha), mit Ausnahme eines Paares,
  Umweltzeichen Blauer Engel für bestimmte Produkte          das in Bosnien hergestellt und in Russland gekauft wurde.
  festgelegt hat (siehe Infokasten 4).

Info 4 N,N-dimethylformamid – DMF
Dimethylformamid (DMF) wird als Lösungs-         Zudem wurde beobachtet, dass schon             hat, die eine Gefahr für die menschliche
mittel in der Herstellung polyurethan-          eine kurzfristige Exposition mit DMF bei        Gesundheit darstellen können. Nach
beschichteter Textilien wie Kunstleder,         Tieren und Menschen zu einer Leber-             Aufnahme auf diese Liste können Unter-
Regen- und Schutzbekleidung oder Schu-          schädigung führt. Eine langfristige beruf-      nehmen innerhalb einer Frist einen Zulas-
hen verwendet. Es dient auch als Lö-            liche DMF-Exposition durch Inhalation           sungsantrag stellen. Falls ein solcher
sungsmittel in der Herstellung von Synthe-      führte bei Arbeitern zu negativen Auswir-       Antrag gestellt wird, findet zugleich eine
tikfasern.41 DMF wird als fortpflanzungs-       kungen auf die Leber und zu Verdauungs-         öffentliche Konsultation in Bezug auf
gefährdend (kann das ungeborene Kind            störungen.43 DMF gilt als eine der am           Alternativ- und Ersatzstoffe statt. DMF
schädigen), akut toxisch und gesundheits-       häufigsten vorkommenden Chemikalien in          wurde auf mehrere andere Regulierungs-
schädlich bei Hautkontakt eingestuft.42         Industrieabwässern aus der Herstellung          listen aufgenommen, u.a. auf die Liste
Der deutsche Ausschuss für Gefahrstoffe         von Polyurethanprodukten und Acryl-             prioritärer Stoffe der schwedischen
(AFG) bezeichnet DMF als eine Substanz,         fasern.44                                       Chemiebehörde,47 auf die Liste uner-
„bei denen eine gesundheitsschädigende          In der EU steht DMF aufgrund seiner Ein-        wünschter Stoffe der dänischen Umwelt-
Wirkung durch die Aufnahme über die             stufung als fortpflanzungsgefährdend auf        schutzbehörde48 und auf die Liste der
Haut erfahrungsgemäß zu unterstellen            der Kandidatenliste der besonders be-           extrem gefährlichen Stoffe der US-
ist“.41 Die Substanz kann außerdem als          sorgniserregenden Stoffe nach REACH.45          Umweltschutzbehörde.49, 50 Der deutsche
Träger anderer giftiger Substanzen die-         Im Februar 2014 empfahl die ECHA die            Ausschuss für Gefahrstoffe legte einen
nen. Das heißt, giftige Substanzen, die         Aufnahme von DMF in das Verzeichnis der         DMF-Grenzwert von 10 mg/kg für Schutz-
selbst nicht oder nur schwer über die Haut      zulassungspflichtigen Stoffe,46 weil es         handschuhe fest.51, 52 Derselbe Grenzwert
aufgenommen werden, können in Verbin-           in großen Mengen eingesetzt wird und            wurde vom Umweltzeichen Blauer Engel
dung mit DMF in die Haut gelangen.42            vielfältige Anwendungsmöglichkeiten             für die Verwendung von DMF in Schuhen
                                                                                                und Schutzhandschuhen bestimmt.

14 Rote Karte für Sportmarken
3. Sauberes Spiel – Platzverweis
für gefährliche Chemikalien
                                                                  einen Rekordumsatz durch den Verkauf von Fußball-
                                                                  produkten in Höhe von zwei Milliarden Euro an.57 2012 lag
                                                                  der Umsatz bei 1,7 Milliarden Euro.58

                                                                  Nike ist Marktführer für den gesamten Sportartikelmarkt.
                                                                  Auch der Anteil des Unternehmens am Markt für WM-
                                                                  Produkte ist in den letzten Jahren gestiegen; tatsächlich
                                                                  glaubt Nike-Manager Trevor Edwards, dass „wir die
                                                                  Nummer 1 im Fußball sind“. Für das Finale der diesjähri-
                                                                  gen Fußball-WM wird Nike zehn Teams ausstatten:
                                                                  Australien, Brasilien, England, Frankreich, Griechenland,
                                                                  Holland, Kroatien, Portugal, Südkorea und die USA. Nach
                                                                  Angaben von Nike beläuft sich der Wert seiner Fußball-
                                                                  sparte auf rund zwei Milliarden Dollar.59

                                                                  Puma stattet ebenfalls acht WM-Teilnehmer-Nationen
                                                                  aus, darunter Italien, die Schweiz und vier afrikanische
                                                                  Mannschaften.60

                                                                  Giftige Chemikalien in Produkten von
                                                                  Adidas, Nike und Puma – ein Rückblick
                                                                  In früheren Greenpeace-Studien wurden zahlreiche
                                                                  Produkte von Adidas, Nike und Puma sowie anderer
                                                                  Sport- und Modemarken unter die Lupe genommen. In
                                                                  allen diesen Studien, von 2011 bis heute, wurden in
                                                                  Produkten aller drei Marken zahlreiche giftige Chemikalien
                                                                  festgestellt. Dabei wurden viele verschiedene Arten von
                                                                  Produkten getestet, von T-Shirts und Trainingsanzügen
     Das große Geschäft der
                                                                  über Badebekleidung bis hin zu Oberbekleidung – für
     Sportmarken mit Fußball und WM                               Kinder und Erwachsene.
     Der Verkauf von T-Shirts und Trikots, Fußballschuhen
                                                                  In all diesen Studien wurden die getesteten Produkte auf
     und Zubehör zur Fußball-WM ist ein Milliardengeschäft,
                                                                  NP/NPE analysiert. In späteren Untersuchungen kam ein
     das jedes Jahr über fünf Milliarden US-Dollar (um-
                                                                  breites Spektrum anderer Chemikalien hinzu – zunächst
     gerechnet rund 3,6 Mrd. Euro) einbringt. Die beiden
                                                                  per- und polyfluorierte Chemikalien und Phthalate,
     Top-Marken – Adidas und Nike – verfügen gemeinsam
                                                                  schließlich Antimon in Polyester und zinnorganische
     über einen 80-prozentigen Anteil am Markt für Fußball-
                                                                  Verbindungen.
     produkte.53 Für 2014 rechnet man mit einem Rekord-
     umsatz.54                                                    Die in Tabelle 2 zusammengefassten Ergebnisse zeigen,
                                                                  dass in über der Hälfte der getesteten Produkte jeder
     Adidas, der offizielle Sponsor der Fußball-Weltmeister-      Marke giftige Chemikalien enthalten waren und dass sich
     schaft, hält von jeher eine Vormachtstellung auf den         die Ergebnisse einzelner Studien nicht wesentlich
     Fußballplätzen dieser Welt. Laut Vorstandschef Herbert       voneinander unterschieden.
     Hainer wird Adidas auch im Finale in Brasilien eine
     „vorherrschende Rolle“ spielen und acht Teams sponsern,
     darunter Titelverteidiger Spanien, Argentinien, Kolumbien,
     Deutschland, Japan, Mexiko, Nigeria und Russland.55
     Adidas rechnet durch die WM 2014 mit einem Reingewinn
     von 830 bis 930 Millionen Euro (nach insgesamt rück-
     läufigem Umsatz im letzten Jahr)56 und strebt für 2014

                                                                                                    Rote Karte für Sportmarken 15
Greenpeac-Studie                           Marke                     Produkte
Tabelle 2 Ergebnisse der Analysen
von Adidas-, Nike- und Puma-
                                    Schmutzige Wäsche:                                                   Polo-Shirt, Dress,
Produkten aus Greenpeace-Studien
2011–2013
                                    Zum Trocknen aufgehängt61                                            2 Fußballshirts,
                                                                                                         2 Trainingshosen,
                                                                                                         T-Shirt, Trainingsjacke,
                                                                                                         Sweatshirt
                                                                                                         6 T-Shirts, Trainings-
                                                                                                         jacke, Polo-Shirt,
                                                                                                         Sportshirt, Tank-Top

                                                                                                         4 T-Shirts, Fußballshirt,
                                                                                                         Sport-Shorts,
                                                                                                         Trainingsjacke,
                                                                                                         Fußballshirt, Sportshirt
                                    Chemie für jedes Wetter62                                            Terrex Feather Jacke
                                                                                                         (für Frauen)

                                    Bademoden mit                                                        Badeanzug
                                    gefährlichen Chemikalien
                                    belastet63
                                                                                                         Badeanzug

                                                                                                         Badehose

                                                                                                         Badehose

                                    Chemie für Gipfelstürmer 64                                          TX GTX ActS j
                                                                                                         (Jacke)

                                    Kleine Monster                                                       Set Hose & Pullover,
                                    im Kleiderschrank65                                                  4 T-Shirts, Jacke,
                                                                                                         Schuhe, Fußballshirt,
                                                                                                         Badebekleidung, Top,
                                                                                                         Badeanzug
                                                                                                         Jacke, 5 T-Shirts,
                                                                                                         Schuhe, Lauf-Top,
                                                                                                         Windjacke
                                                                                                         2 x Schuhe,
                                                                                                         Fußballshirt,
                                                                                                         3 T-Shirts

                                        T-Shirts, Torwarthandschuhe, Fußballschuhe oder Fußball (Rot = enthält gefährliche Chemikalien)
16 Rote Karte für Sportmarken
Antimon in   Zinnorganische
AP/APE   Ionische PFC   Flüchtige PFC   Phthalate   Polyester    Verbindungen

                                                                 Rote Karte für Sportmarken 17
Detox-Zusagen von Unternehmen
Diese neue Greenpeace-Studie bestätigt, dass bei der             Puma ist einer dieser Trendsetter und hat mit der
Herstellung von Produkten großer Sportmarken weiterhin           Umsetzung eines glaubwürdigen Aktionsplans begonnen,
verschiedene giftige Chemikalien eingesetzt werden               um seine Zusagen einzuhalten. Die Ergebnisse dieses
– darunter PFC, NPE und Phthalate. Erstmals wurde auch           Berichts zeigen jedoch eindeutig, dass auch Puma noch
der weitverbreitete Einsatz von DMF nachgewiesen. Die            jede Menge zu tun hat. Anders als Puma haben jedoch
Verwendung dieser giftigen Chemikalien in der Produktion         weder Adidas noch Nike – trotz ihrer Detox-Zusagen und
von Sportbekleidung wie Fußballschuhen, Torwarthand-             Firmenwerbung als Detox-Marken – einen effektiven Plan
schuhen und T-Shirts zur Fußball-WM 2014 hat zur Folge,          aufgestellt, um giftige Chemikalien aus ihren Lieferketten
dass diese Schadstoffe in den Produktionsländern in              und Produkten zu verbannen.
Flüsse und Gewässer eingeleitet werden und während
                                                                 Obwohl Adidas und Nike bereits vor zwei Jahren eine
ihrer Verwendung auch in den Ländern freigesetzt werden,
                                                                 Entgiftung ihrer Kleidung zugesagt haben, gibt es keine
in denen sie verkauft werden.
                                                                 ausreichenden Belege dafür, dass sie auch in der Praxis
All das ist ein eindeutiger Beweis dafür, dass trotz Jahr-       glaubwürdige Maßnahmen ergreifen. Beide Unternehmen
zehnten der Regulierung und Initiativen der Unternehmens-        haben es wiederholt abgelehnt, Verantwortung zu tra-
verantwortung in den Lieferketten namhafter Marken               gen und Maßnahmen zu ergreifen, um die identifizierten
noch immer giftige Chemikalien eingesetzt werden                 giftigen Chemikalien aus dem Verkehr zu ziehen und
– darunter auch die elf prioritären Gruppen, die Green-          die Öffentlichkeit transparent mit glaubwürdigen Infor-
peace für die Textilindustrie identifiziert hat 66. Rückstände   mationen zu versorgen. Anstatt das öffentliche „Recht auf
von giftigen Chemikalien lassen sich in einer Vielzahl           Informationen“ über die chemische Verschmutzung
von Textilien sowie in Schuhen und Sportartikeln nach-           durch ihre Lieferanten aktiv zu unterstützen, ziehen diese
weisen. Selbst in Ländern, in denen der Einsatz gif-             Unternehmen es vor, sich hinter einem Schutzschild
tiger Chemikalien reguliert wird, sorgen vermeintlich            kollektiver Tatenlosigkeit zu verbergen – der ZDHC-
„akzeptable“ Grenzwerte dafür, dass diese Chemikalien            Gruppe.67 Diese Gruppe hat bislang nichts weiter unter-
aus verschiedenen Quellen – von der Herstellung bis              nommen, als verschiedene Instrumente und Verfahren
zum Endprodukt – in die Umwelt gelangen. Manche                  einzuführen und Pilotstudien durchzuführen. Adidas und
dieser Chemikalien haben sich im Laufe der Jahre in der          Nike missbrauchen ihre öffentlichen Zusagen als PR-
Umwelt oder im Organismus von Tieren und Menschen                Kampagnen, anstatt die Maßnahmen zu ergreifen, die
angereichert.                                                    dringend erforderlich sind, um einen glaubwürdigen
                                                                 Fortschritt hin zu einer tatsächlichen Abschaffung giftiger
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass sowohl
                                                                 Chemikalien zu erzielen.
Unternehmen als auch Regierungen umfassende Pläne
aufstellen müssen, wie giftige Chemikalien – auch die            Beispielsweise erkennen weder Adidas noch Nike an,
in Textilien, Schuhen und Sportartikeln – aus dem Verkehr        dass es überhaupt notwendig ist, alle PFC zu verbannen.
gezogen werden können, um zu verhindern, dass                    Als Mitglieder der ZDHC-Gruppe haben sie sich auf
Konsumgüter durch chemische Rückstände belastet                  das begrenzte gemeinsame Ziel verpflichtet, langkettige
und die Umwelt durch Einleitungen giftiger Chemikalien           PFC bis Januar 2015 stufenweise aus dem Verkehr zu
verschmutzt werden. Einige Unternehmen stellen sich              ziehen.68 Puma hat einzeln zugesagt, langkettige PFC
dieser Detox-Herausforderung und gehen mit gutem                 bis 2015 zu eliminieren.69 Außerdem umfasst das Test-
Beispiel voran.                                                  verfahren von Puma alle perfluorierten Chemikalien.
                                                                 In einem ersten Schritt konzentriert Puma sich auf die am
                                                                 häufigsten eingesetzten Chemikalien PFOA/PFOS.
                                                                 Zugleich erkennt das Unternehmen jedoch an, dass im
                                                                 Sinne des Vorsorgeprinzips alle PFC durch nicht-fluorierte
                                                                 Alternativen ersetzt werden müssen“.70 Auf subsport.org
                                                                 hat Puma zudem eine Fallstudie über den Ersatz von
                                                                 perfluorierten Chemikalien durch unschädliche Substan-
                                                                 zen veröffentlicht.71

18 Rote Karte für Sportmarken
Die großen Akteure
                    müssen das Spiel bestimmen!
                    Die Detox-Verpflichtung – also die Eliminierung aller        ihrer Lieferanten auf der weltweiten Online-Plattform
                    giftigen Chemikalien bis spätestens zum 1. Januar 2020       IPE Daten über die Einleitung giftiger Chemikalien
                    – ist ein Ziel, das notwendigerweise ehrgeizig ist, um       veröffentlichen.72
                    der Dringlichkeit des Problems gerecht zu werden.
                                                                                 Gemeinden, in denen sich Textilfabriken befinden, und die
                    Außerdem ist es erreichbar, sofern Unternehmen ange-
                                                                                 breite Öffentlichkeit haben inzwischen damit begonnen,
                    messene Zusagen machen und bei deren Umsetzung
                                                                                 ihr Recht auf Informationen über die Verschmutzung
                    keine Kompromisse eingehen.
                                                                                 durch Textilfabriken geltend zu machen. Gemeinsam mit
                    Als Folge der Maßnahmen, die einige Unternehmen              Informationen über den aktuellen Gehalt giftiger Chemi-
                    ergriffen haben, um ihre Lieferketten zur entgiften, haben   kalien in bestimmten Produkten – z.B. die Ergebnisse
                    bereits einige wesentliche Veränderungen stattgefunden.      dieser Untersuchung – ist dies der Ausgangspunkt für die
                    So ist das öffentliche Recht auf Informationen über die      schrittweise Senkung und Eliminierung giftiger Schad-
                    Einleitung giftiger Chemikalien in die Umwelt durch          stoffe in Gewässern und Konsumgütern.
                    einzelne Fabriken der Lieferkette von Marken Realität
                                                                                 Im Falle von Adidas und Nike fehlt dieses Maß an Trans-
                    geworden. Vor dem Start der Detox-Kampagne war dies
                                                                                 parenz über die Verwendung und Einleitung giftiger
                    kontinuierlich von einzelnen Akteuren der Textilbranche
                                                                                 Chemikalien in die Umwelt jedoch völlig, obwohl es einen
                    abgelehnt und als nahezu unmöglich dargestellt worden.
                                                                                 wichtigen Schritt hin zur Entgiftung ihrer Kleidung darstellt.
                    Inzwischen haben mehrere Unternehmen – darunter
                    Mango, Fast Retailing (Uniqlo), Inditex, H&M, Benetton,
                    Valentino, G-Star, M&S, Limited Brands, C&A, Puma,
                    Coop, Canepa und Esprit – dafür gesorgt, dass manche

Info 5 Bestandteile eines effektiven Detox-Plans
Ein effektiver, glaubwürdiger Ver-          Vorkommens in Endprodukten. Eine Ver-         punkten: Die Veröffentlichung von Infor-
pflichtungs- und Aktionsplan – mit          pflichtung auf diese Prinzipien schafft den   mationen über die Einleitung giftiger
dem Ziel, die Freisetzung giftiger Chemi-   erforderlichen Rahmen, um den Einsatz         Chemikalien durch Lieferantenfabriken,
kalien bis 2020 auf null zu senken – um-    giftiger Chemikalien schrittweise auf null    vor allem an die lokale/nationale Bevöl-
fasst Verpflichtungen und Handlungen        zu senken.                                    kerung (z.B. durch glaubwürdige Infor-
auf Basis der folgenden drei Punkte:        Um den Einsatz giftiger Chemikalien in der    mationsplattformen76).
• Grundprinzipien                           Textilindustrie effektiv zu eliminieren und • Die Verpflichtung zur Eliminierung der
• Transparenz                               das Problem der Verschmutzung unserer         elf prioritären chemischen Gruppen in-
• Eliminierung.                             Gewässer durch giftige Chemikalien zu         nerhalb einer angemessenen Frist sowie
Ein angemessener Ansatz ist notwendi-       lösen, sind von Seiten der Unternehmen        die Festlegung klarer und glaubwürdiger
gerweise gefahrenbasiert und umfas-         folgende Schritte erforderlich:               Zwischenziele für die Abschaffung
send. Ausreichend genau definiert werden    • Eine glaubwürdige Selbstverpflichtung,      gefährlicher Chemikalien anderer Stoff-
müssen: das Vorsorgeprinzip73, Null-          den Einsatz aller giftigen Chemikalien      gruppen. Schließlich die Einführung
Einleitung giftiger Chemikalien, Unter-       in der globalen Lieferkette und in allen    ungefährlicher Chemie zum frühestmög-
nehmensverantwortung74 und das öffent-        Produkten bis zum 1. Januar 2020            lichen konkreten Zeitpunkt: Verantwor-
liche Recht auf Informationen75 über          schrittweise zu eliminieren.                tungsbewusste Unternehmen handeln
die Verwendung und Freisetzung gefähr-      • In den Monaten nach einer Zusage            jetzt und warten nicht bis zum 31. De-
licher Chemikalien innerhalb der Liefer-      und anschließend zu regelmäßigen (min-      zember 2019, um ihren Einsatz gefähr-
kette eines Unternehmens und ihres            destens jährlich) und relevanten Zeit-      licher Chemikalien auf null zu senken!

                                                                                                                     Rote Karte für Sportmarken 19
Der politische Wille zur Abschaffung                             Das Detox-Team braucht Starspieler
giftiger Chemikalien zählt                                       Seit dem Start der Detox-Kampagne von Greenpeace
Analog zu den glaubwürdigen Handlungen von Unter-                vor zwei Jahren haben Detox-Trendsetter damit begonnen,
nehmen muss auch die Politik glaubwürdige Gesetze                die Daten über die Einleitung giftiger Chemikalien von
erlassen, um den Ball am Rollen zu halten und eine starke        vielen ihrer Fabriken zu veröffentlichen. Das ist ein erfolg-
Botschaft an die Textilindustrie und andere Sektoren             reicher Schritt, der zuvor von der Textilindustrie als
auszusenden, dass die Verwendung und Freisetzung                 unrealistisch zurückgewiesen worden war. Gemeinden,
giftiger Chemikalien inakzeptabel ist. Obwohl staatliche         in denen sich Textilfabriken befinden, und die breite
Behörden viele der Detox-Prinzipien (siehe Infokasten 5)         Öffentlichkeit haben damit begonnen, ihr Recht auf Infor-
anerkennen, spiegelt sich dies noch nicht in eingeführten        mationen über die Verschmutzung durch Textilfabriken
Verboten und Beschränkungen für giftige Chemikalien              geltend zu machen. Gemeinsam mit Informationen über
wider. Das würde aber dazu führen, dass diese bis                den aktuellen Gehalt giftiger Chemikalien in bestimmten
spätestens zum 1. Januar 2020 abgeschafft werden.                Produkten – z.B. die Ergebnisse dieser Studie – bildet
Eine konkrete Gesetzgebung muss auf jede einzelne                dies den Ausgangspunkt für die schrittweise Senkung
der giftigen Chemikalien, die in dieser Untersuchung             und Eliminierung giftiger Chemikalien, die Flüsse und
in Kinderbekleidung nachgewiesen wurde, abzielen, um             Konsumgüter belasten.
die besonderen Gefahren abzuwenden, die von jeder                Der vorliegende Bericht will Detox-Trendsetter wie Puma
einzelnen Gruppe ausgehen.                                       daran erinnern, wie dringend es ist, dass sie giftige
Detox-Trendsetter stellen sich dieser Herausforderung.           Chemikalien aus ihren Lieferketten verbannen und ihre
Da es heute in der Textilindustrie jedoch gängige Praxis         Bemühungen umfassend greifen. „Greenwasher“ wie
ist, dass die meisten Marken die Herstellung ihrer               Adidas und Nike müssen sofort handeln, um die Unzu-
Produkte ins Ausland verlagern, besteht die Gefahr, dass         länglichkeiten in ihrer Politik und Praxis zu beseitigen und
die Bemühungen der Trendsetter dadurch untergraben               sich der Detox-Revolution anzuschließen. Die erfolgreiche
werden, dass andere Unternehmen, die keinen Anlass               Abschaffung giftiger Chemikalien setzt voraus, dass
dafür sehen, ihre Lieferketten zu entgiften, weiterhin giftige   jedes Unternehmen schnell ausreichend Ressourcen
Chemikalien einsetzen. Daher ist es entscheidend,                einsetzt. Es gibt keinen triftigen Grund dafür, den ersten
dass die Politik Gesetze erlässt, die diesen Wandel in der       Schritt weiter hinauszuzögern. Als große Akteure – die
gesamten Branche durchsetzen. Um wirksam zu sein,                gemeinsam über einen über 80-prozentigen Anteil am
müssen dafür möglichst strenge Teststandards heran-              Markt für WM-Produkte verfügen – haben sie einen
gezogen werden, damit die volle Wahrheit darüber ans             immensen Einfluss auf globale Lieferketten für Textilien
Licht kommt, wie und wo giftige Chemikalien in unsere            und Sportartikel.
Kleidung und das Abwasser von Textilfabriken gelangen.

Viele Chemikalien der elf prioritären Gruppen gefähr-            Was jeder von uns tun kann
licher Substanzen sind in einigen Ländern bereits in der
                                                                 Jeder von uns – ob Sportfans, Eltern, Weltenbürger oder
einen oder anderen Form reguliert, darunter manche
                                                                 Verbraucher – kann im Detox-Team mitspielen. Gemein-
PFC, bestimmte APE (Alkylphenolethoxylate, die NPE
                                                                 sam können wir Druck auf Adidas und Nike ausüben,
einschließen) und Phthalate.77 Die Tatsache, dass diese
                                                                 damit auch sie sich als Starspieler im Match gegen giftige
giftigen Chemikalien offensichtlich so häufig in Kleidung
                                                                 Chemikalien in Sportbekleidung aufstellen lassen.
enthalten sind und zudem im Abwasser von Produktions-
ketten nachgewiesen wurden,78 lässt jedoch nur eine
einzige Schlussfolgerung zu: dass die derzeit geltenden
Gesetze keinen wirksamen Schutz der Natur und der
Gesundheit des Menschen bieten.

20 Rote Karte für Sportmarken
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