Rote Karte für Sportmarken - Giftige Chemikalien in WM-Produkten
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Impressum Rote Karte für Sportmarken Stand Mai 2014 Herausgeber Greenpeace e. V. Hongkongstraße 10 20457 Hamburg Tel. 040/306 18-0 Politische Vertretung Berlin Marienstraße 19 – 20 10117 Berlin mail@greenpeace.de, www.greenpeace.de V. i. S. d.P. Manfred Santen Autoren Madeleine Cobbing, Kirsten Brodde Redaktion Carolin Wahnbeck, Sabine Schupp, Ortrun Sadik, Anja Oeck Produktion Birgit Matyssek Fotos Titel, S. 2 und S.15: Daniel Müller, S. 9, S. 21 und S. 32: Holger Weber/ Kubikfoto, S. 21: Mariano Gonzalez (2), alle (c) Greenpeace Illustration S. 10: Schrägstrich, Hamburg Gestaltung zimmermann und spiegel, Hamburg Danksagung Kevin Brigden, Annekatrin Dreyer, Ulrike Kallee, Ulrike Siemers
1. Zusammenfassung der Studie Die vorliegende Studie erfolgte im Anschluss verschie- Unter den Herstellern waren alle großen Sportmarken dener früherer Untersuchungen, die Greenpeace im vertreten, wobei 16 Produkte von Adidas, 15 von Nike Rahmen seiner Detox-Kampagne veröffentlicht hat. Die und zwei von Puma stammten. Alle Produkte wurden Kampagne hatte ans Licht gebracht, dass viele Textil- entweder unter den Namen berühmter Spieler oder der und Lederprodukte giftige Chemikalien enthalten, die Nationalmannschaften vermarktet, die an der WM 2014 während ihrer Herstellung eingesetzt wurden.1 Die teilnehmen. Eingekauft wurden sie entweder direkt in vorliegende Studie ist die erste, die sich speziell mit den Geschäften der Marken – in Filialen oder online – oder Fußballprodukten beschäftigt – alle getesteten Produkte in namhaften Sportgeschäften. Die meisten Produkte wurden anlässlich der Fußball-WM 2014 hergestellt, die wurden in China oder Indonesien produziert; geringere vom 12. Juni bis 13. Juli in Brasilien stattfindet. Mengen stammen aus Vietnam, Kambodscha, Bang- ladesch, Thailand, Argentinien, Bosnien, Georgien und Der Verkauf von T-Shirts und Trikots, Fußballschuhen der Ukraine. und Zubehör zur Fußball-WM ist ein Milliardengeschäft, das jedes Jahr über fünf Milliarden US-Dollar (umgerech- Die gekauften Produkte wurden an das Greenpeace- net rund 3,6 Mrd. Euro) einbringt. Die beiden Top-Marken Forschungslabor an der Universität Exeter in Groß- – Adidas und Nike – verfügen gemeinsam über einen britannien geschickt; ein Duplikat ging an Greenpeace 80-prozentigen Anteil am Markt für Fußballprodukte.2 Für Deutschland. Von dort aus wurden sie an unabhängige, 2014 rechnet man mit einem Rekordumsatz.3 akkreditierte Labore verteilt.4 Die Fußballschuhe und Torwarthandschuhe wurden auf perfluorierte Chemikalien Für die vorliegende Studie wurden insgesamt 33 Produkte (PFC) untersucht. Alle Produkte wurden auf Nonylphenol- getestet: 21 Paar Fußballschuhe, sieben T-Shirts, vier ethoxylate (NPE) und Phthalate, die Fußballschuhe und Paar Torwarthandschuhe und ein Fußball. Die Produkte der Fußball auf Dimethylformamid (DMF) getestet. Für wurden in 16 Ländern der Welt eingekauft – in Argen- diese Studie hat Greenpeace erstmals Produkte auf DMF tinien, Chile, China, Deutschland, Großbritannien, Hong- untersuchen lassen. Für bestimmte Produkte wurde kong, Indonesien, Italien, Kroatien, Mexiko, Niederlande, außerdem eine Analyse auf zinnorganische Verbindungen Russland, der Schweiz, Spanien, Südkorea und Taiwan. und Antimon durchgeführt.5 20 Produkte wurden speziell für Kinder unterschiedlicher Altersstufen hergestellt. Rote Karte für Sportmarken 3
1. Hauptergebnisse 17 von 21 Paar Fußballschuhen enthielten ionische PFC • im Fußballschuh Nike Mercurial, der in China produziert in mindestens einer von zwei Stichproben, die vom Ober- und in Deutschland verkauft wurde; dieses Modell material und der Sohle genommen wurden. wies in der ersten Untersuchung eine sehr hohe Kon- zentration von PFBS (189 µg/m²) und in der zweiten • Das Textilobermaterial von 13 Fußballschuhen enthielt Untersuchung eine Konzentration von 7,91 µg/m² auf; Perfluoroctansäure (PFOA) in Konzentrationen oberhalb des EU-Grenzwerts für PFOS in Textilien von • im Fußballschuh Puma evoSpeed (34,1 µg/m²), der in 1 µg/m², ab dem der Verkauf und die Verwendung China produziert und in Deutschland verkauft wurde. innerhalb der EU in bestimmten Fällen verboten ist. Als Nonylphenolethoxylate (NPE) fanden sich im offiziellen Vergleichswert für PFOA wurde der EU-Grenzwert für Spielball der Fußball-WM 2014 (20 mg/kg), in 16 von Perfluoroctansulfonat (PFOS) herangezogen. PFOS ist 21 Paar Fußballschuhen (1,2-40 mg/kg), in zwei von vier eng mit PFOA verwandt und besitzt ähnliche Gefähr- Paar Torwarthandschuhen (27-76 mg/kg) und in einem dungsmerkmale. In Norwegen wird der Verkauf von von sieben T-Shirts (2,1 mg/kg). Dies weist darauf hin, dass Textilien mit einem PFOA-Gehalt von über 1 µg/m² ab NPE bei der Herstellung dieser Produkte eingesetzt wurde. Juni 2014 verboten sein. Drei Produkte enthielten PFOA in Konzentrationen oberhalb des Grenzwerts von Phthalate fanden sich in allen Fußballschuhen 1 µg/m² in beiden Stichproben. Unsere Untersuchungen (2,6–150 mg/kg), in drei von vier Paar Torwarthand- zeigen, dass die Konzentrationen von ionischen PFC schuhen (3,8–63 000 mg/kg) und in vier von sieben nicht nur von Produkt zu Produkt, sondern auch in T-Shirts (14,8-153 000mg/kg). unterschiedlichen Teilen desselben Produktes stark • Sehr hohe Phthalat-Gehalte fanden sich im Plastisol- variieren können. Aufdruck eines Adidas-Shirts, das in Argentinien her- • Die höchste Konzentration von PFOA (14,5 µg/m2) fand gestellt und verkauft wurde (15 % Phthalate), sowie in der sich im Fußballschuh Adidas Predator, der in Indonesien Handgelenksbandage eines PumaTorwarthandschuhs produziert und in der Schweiz verkauft wurde. (6 % Phthalate), der in der Ukraine produziert und in Italien verkauft wurde. Ein dermaßen hoher Gehalt an • Auch Nike-Schuhe enthielten hohe Konzentrationen an Phthalaten lässt darauf schließen, dass diese bewusst PFOA: 5,93 µg/m2 wurden im Fußballschuh Nike als Weichmacher eingesetzt wurden. Dies steht jedoch Tiempo festgestellt, der in Vietnam produziert und in im Widerspruch zu den internen Richtlinien beider Mexiko verkauft wurde. Marken. Zudem liegen die festgestellten Werte über den Zwei der vier Paar Torwarthandschuhe enthielten ionische Grenzwerten, die Adidas und Puma in ihren Programmen PFC. zum Chemikalienmanagement festgelegt haben.7 • Der Torwarthandschuh Adidas Predator enthielt Dimethylformamid (DMF) 1,96 µg/m2 PFOA; ebenso wie im Fall der Fußballschuhe • Alle 21 Paar Fußballschuhe wurden positiv auf DMF (siehe oben) übersteigt dieser Wert den gesetzlich untersucht; 19 davon enthielten DMF in Konzentratio- festgelegten Grenzwert für PFOS (der als Vergleichswert nen oberhalb des Grenzwertes von 10 mg/kg (bis herangezogen wurde). zu 280 mg/kg), der vom deutschen Ausschuss für Gefahrstoffe und dem Umweltzeichen Blauer Engel für • Die Torwarthandschuhe sowie zwei Paar Fußballschuhe Schuhe und Handschuhe festgelegt wurde; für andere von Adidas wiesen zudem einen PFOA-Gehalt oberhalb Länder ist kein solcher Grenzwert bekannt. der unternehmensinternen Beschränkungen6 für PFOA von 1 µg/m2 auf, wenn beide Stichproben berücksichtigt • Die Tatsache, dass ionische PFC weithin in der Her- werden. stellung von WM-Produkten von Adidas, Nike und Puma verwendet werden, gibt Grund zu Besorgnis; vor Perfluorbutansulfonsäure (PFBS), ein weiterer Stoff allem PFOA wird weiterhin eingesetzt, obwohl dies laut aus der Gruppe der PFC, fand sich in elf Artikeln in offizieller Unternehmensrichtlinien verboten ist. Viele Konzentrationen von über 1 µg/m², darunter in folgenden PFC sind hochgradig persistent (langlebig) und bauen Produkten: sich nach Freisetzung in die Umwelt nur schwer ab; • im Fußballschuh Adidas Predator, der in Indonesien her- Untersuchungen zeigen, dass PFC wie PFOS und gestellt und in Deutschland verkauft wurde (37,9 µg/m²); PFOA das Hormonsystem in der Entwicklungsphase und im Erwachsenenalter stören können, mit negativen 4 Rote Karte für Sportmarken
Tabelle 1 Welche Produkte gefährliche Chemikalien enthielten Dimethyl Marke Produkte ionische PFC NPE Phthalate formamid Fußball- 8/10 9/10 10/10 10/10 schuhe (10) Fußball- 8/10 7/10 10/10 10/10 schuhe (10) Fußball- 1/1 0/1 1/1 1/1 schuhe (1) Torwart- 1/2 1/2 1/2 handschuhe (2) Torwart- 1/1 0/1 1/1 handschuhe (1) Torwart- 0/1 1/1 1/1 handschuhe (1) Fußball (1) 1/1 0/1 0/1 Fußball- 1/3 3/3 T-Shirts (3) Fußball- 0/4 2/4 T-Shirts (4) T-Shirts, Torwarthandschuhe, Fußballschuhe oder Fußball (Rot = enthält gefährliche Chemikalien) Rote Karte für Sportmarken 5
Grafik 1 Wo die Produkte produziert wurden Ukraine adidas (1), Puma (1) Bosnien Georgien Puma (1) China Nike (1) adidas (6), Nike (7) Puma (1) Bangladesch Nike (1) Thailand Vietnam adidas (1), Nike (2) Nike (1) Kambodscha adidas (1) Indonesien adidas (6) Nike (3) Argentinien adidas (1) Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane und das Welche Unternehmen Immunsystem. tragen Verantwortung? • Auch die anderen festgestellten Chemikalien sind Die großen, globalen Sportartikelhersteller könnten mit besorgniserregend; Nonylphenolethoxylate (NPE) bauen wirkungsvollen Maßnahmen dafür sorgen, dass Schad- sich zu Nonylphenolen (NP) ab. Diese sind toxisch, stoffe branchenweit aus dem Verkehr gezogen werden. persistent, bioakkumulativ und können das Hormon- Mit ihrem Einfluss wären sie in der Lage, einen Wandel in system stören. Es ist bekannt, dass NP sich im Orga- ihren Lieferketten herbeizuführen und einen echten nismus vieler Lebewesen anreichern. Die Tatsache, Fortschritt hin zu einer giftfreien Zukunft für unsere Kinder dass NPE in Endprodukten enthalten sind, beweist, zu erzielen. Greenpeace fordert diese Unternehmen dass diese während der Produktion eingesetzt wurden. deshalb dazu auf, die Dringlichkeit der Lage zu erkennen Daraus folgt wahrscheinlich, dass NPE und NP in die und mit gutem Beispiel voranzugehen: Sie sollten Abwässer der Fabriken eingeleitet wird. Es gibt be- glaubwürdige Maßnahmen ergreifen, um den Einsatz gründete Sorge hinsichtlich der Toxizität von Phthalaten giftiger Chemikalien in der Textilproduktion bis zum für Tiere und Menschen und vor allem der hormon- 1. Januar 2020 auf null zu senken. hemmenden Wirkung einiger Phthalate. DMF wird als fortpflanzungsgefährdend eingestuft und ist bei Als Greenpeace 2011 seine Kampagne zur Abschaffung Hautkontakt gesundheitsschädlich. giftiger Chemikalien startete, sagten alle drei Marken, die in dieser Studie unter die Lupe genommen wurden, • Die meisten negativen Auswirkungen dieser Chemi- zu, den Einsatz giftiger Chemikalien zu eliminieren. kalien für Umwelt und Gesundheit des Menschen treten Bedauerlicherweise haben Adidas und Nike es bislang hauptsächlich in den asiatischen Ländern auf, in denen versäumt, ihren Worten auch glaubwürdige Taten folgen die Schuhe, Handschuhe und T-Shirts für die Fußball-WM zu lassen. Stattdessen verstecken sich beide Marken produziert werden, da sie dort in Flüsse und Gewässer hinter den leeren Versprechen der Gruppe „Zero Discharge eingeleitet werden. Die meisten der getesteten Produkte of Hazardous Chemicals“ (ZDHC), die nur auf dem Papier wurden in China und Indonesien produziert; kleinere existieren.8 Und obwohl sie ihren Selbstverpflichtungen Mengen stammen aus Vietnam, Kambodscha, Bang- nicht nachgekommen sind, pflegen diese Unternehmen ladesch, und Thailand sowie aus Argentinien, Bosnien, öffentlich weiter ihr Image als Detox-Marken, indem sie Georgien und der Ukraine. 6 Rote Karte für Sportmarken
Grafik 2 Wo die Produkte erworben wurden Großbritannien adidas (1) Russland adidas (1), Nike (1) Niederlande Deutschland adidas (6) adidas (1), Nike (1) Nike (3),Puma (1) Schweiz Kroatien Nike (2) adidas (1), Nike (1) Italien Puma (2) China adidas (1) Südkorea Spanien adidas (1), Nike (1) adidas (1) Hongkong Taiwan Nike (1) Nike (1) Mexiko adidas (1) Nike (2) Indonesien Nike (1) Chile Nike (1) Argentinien adidas (2) ihren Produkten mithilfe der ZDHC einen „grünen“ An- Zielen für ein Verbot zur Herstellung und Verwendung strich verleihen. Auf diese Weise drücken sie sich davor, giftiger Chemikalien, der Einführung einer offenen konkrete, wirksame und dringend erforderliche Maß- Liste von giftigen Chemikalien, die unverzüglich durch nahmen zu ergreifen, um ihre Lieferketten zu „entgiften“. unschädliche Alternativen zu ersetzen sind, und einem Puma hingegen ist einer von 17 großen Kleiderherstellern, öffentlichen Verzeichnis mit Daten über Einleitungs-, die als Trendsetter identifiziert wurden. Sie haben nach Emissions- und Verlustmengen von Schadstoffen wie Start der Detox-Kampagne im Juli 2011 glaubhaft damit z.B. ein Schadstoffemissionsregister. begonnen, giftige Chemikalien aus ihren Lieferketten zu verbannen.9 Aufstellung eines Detox-Teams Dass in den WM-Produkten aller drei großen Sportmarken giftige Chemikalien nachgewiesen wurden, unterstreicht Wir alle können einen Beitrag zu einer giftfreien Zukunft die Dringlichkeit für diese Unternehmen, ihre Lieferketten leisten. Unsere Kinder haben das Recht, in einer Welt zu schadstofffrei zu machen. um auch für kommende Gene- leben, in der keine giftigen Chemikalien freigesetzt werden rationen eine giftfreie Zukunft zu gewährleisten. – Erwachsene weltweit haben es in der Hand, eine solche Welt zu schaffen. Wenn wir alle jetzt handeln – als Sport- fans, Eltern, Bürger und Verbraucher – können wir Druck Steilpass an die Politik auf die großen Marken und Regierungen ausüben, den für unsere Welt so dringenden Wandel einzuleiten. Vereinte Greenpeace fordert alle Regierungen auf, dem guten Aufrufe zu giftfreier Bekleidung haben bereits zu wegwei- Beispiel von Unternehmen zu folgen, die in Sachen Detox senden Selbstverpflichtungen von 19 großen Kleider- vorangehen, und sich politisch dazu zu verpflichten, den herstellern und einem Lieferanten geführt, darunter solch Einsatz aller giftigen Chemikalien innerhalb einer Genera- bekannter Marken wie H&M, Zara, Valentino und Burberry. tion auf null zu senken. Eine entsprechende Politik muss auf dem Vorsorgeprinzip basieren und einen präventiven Das reicht aber noch längst nicht aus. Auch Sportartikel Ansatz verfolgen, um der Herstellung, Verwendung und können und müssen giftfrei sein. Einleitung giftiger Chemikalien einen Riegel vorzuschie- Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass unsere Kinder ben. Die Umsetzung eines solchen politischen Willens die giftfreie Zukunft bekommen, die ihnen zusteht. bedarf einer umfassenden Gesetzgebung mit kurzfristigen Rote Karte für Sportmarken 7
2. Die Fakten Obwohl die Gefahren von giftigen Chemikalien gut doku- des Grenzwerts von 1 µg/m² in beiden Stichproben. mentiert sind, werden diese weiterhin für verschiedene Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Konzen- Zwecke in der Herstellung von Textilien, Schuhen und trationen von ionischen PFC nicht nur von Produkt zu anderen Sportartikeln oder in den Produkten selbst ein- Produkt, sondern auch in unterschiedlichen Teilen gesetzt: NPE werden häufig als Tenside und Reinigungs- desselben Produktes stark variieren können. mittel in der Textilverarbeitung sowie als Stabilisatoren Folgende Ergebnisse wurden festgestellt: und Emulgatoren in Kunststoffen verwendet. Phthalate kommen in verschiedenen Anwendungsbereichen zum Adidas Einsatz, z. B. als Zusätze in Plastisol-Aufdrucken auf • Die höchste Konzentration von PFOA (14,5 µg/m²) fand Kleidung. Viele Produkte werden mit per- und poly- sich im Fußballschuh Adidas Predator, der in Indonesien fluorierten Chemikalien behandelt, um sie wasser- und produziert und in der Schweiz verkauft wurde10. schmutzabweisend zu machen. Dimethylformamid (DMF) • Ein PFOA-Gehalt von 6,81 µg/m² wurde im Fußball- wird als Lösungsmittel in der Herstellung von Textilien, schuh Adidas Adizero festgestellt, der in China produ- Leder und Kunstleder verwendet. Obwohl es in vielen ziert und in Südkorea verkauft wurde11. Fällen umweltfreundlichere Alternativen gibt, werden diese Chemikalien weiterhin eingesetzt. • Ein PFOA-Gehalt von 5,28 µg/m² fand sich im Fuß- ballschuh Adidas Adizero, der in Indonesien produziert und in China verkauft wurde. 2.1. Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) Nike • Ein hoher PFOA-Gehalt (5,93 µg/m²) fand sich im 25 Produkte wurden auf per- und polyfluorierte Chemi- Fußballschuh Nike Tiempo, der in Vietnam produziert kalien (PFC) untersucht – 21 Paar Fußballschuhe und und in Mexiko verkauft wurde. Im Fußballschuh Nike vier Paar Handschuhe. Textilien und andere Materialien Mercurial, der in China produziert und in Chile verkauft von Schuhen und Handschuhen werden häufig mit wurde, konnten 6,61µg/m² PFOA nachgewiesen werden. PFC behandelt, um sie wasser- und schmutzabweisend zu machen. Die Produkte wurden auf zwei verschiedene Puma Arten von PFC untersucht: auf ionische PFC (z.B. PFOS • Ein hoher PFOA-Gehalt (6,41 µg/m²) fand sich im und PFOA) und auf flüchtige PFC, die während der Fußballschuh Puma evoSpeed, der in China produziert Herstellung als Vorläuferstoffe eingesetzt oder erzeugt und in Deutschland verkauft wurde. werden, z.B. Fluortelomeralkohole (FTOH) und Fluor- Die festgestellten PFOA-Werte liegen nicht nur über den telomeracrylate (FTA), die zu ionischen PFC abgebaut gesetzlichen Grenzwerten für PFOS und den in Norwegen werden können. Für die vorliegende Studie wurden zwei geltenden Grenzwerten für PFOA – sie übersteigen auch Stichproben vom Ober- bzw. Untermaterial der Schuhe den Grenzwert für PFOS von 1 µg/m², den alle drei Marken und Handschuhe genommen und auf ionische PFC in ihren Listen eingeschränkt nutzbarer Substanzen (RSL) untersucht. Detaillierte Testergebnisse sowie methodische festgelegt haben;12 Adidas begrenzt zudem auch den Hinweise und Bestimmungsgrenzen sind in einem PFOA-Gehalt seiner Produkte auf 1 µg/m². Das heißt, technischen Merkblatt veröffentlicht. dass insgesamt sechs Fußballschuhe von Adidas, • 17 von 21 Fußballschuhen enthielten ionische PFC. einschließlich der drei oben genannten Adidas-Produkte, sogar über den unternehmensinternen Grenzwerten für • Das Textilobermaterial von 13 Produkten wies einen PFOA liegen; Nike und Puma haben in ihren RSL keinen PFOA-Gehalt auf, der oberhalb des EU-Grenzwertes Grenzwert für PFOA festgelegt. von 1 µg/m² für PFOS in Textilien lag, ab dem der Verkauf und die Verwendung seit 2008 innerhalb der EU In zwei von vier Paar Torwarthandschuhen waren ionische in bestimmten Fällen verboten ist. PFOA ist eng mit PFC enthalten. Der Torwarthandschuh Adidas Predator PFOS verwandt und besitzt ähnliche Gefährdungs- hatte einen PFOA-Gehalt von 1,96 µg/m². Dieser liegt merkmale. In Norwegen wird der Verkauf von Textilien sowohl über dem gesetzlich festgelegten Grenzwert für mit einem PFOA-Gehalt von über 1 µg/m² ab Juni 2014 PFOS als auch über dem internen PFOA-Grenzwert von verboten sein (siehe Infokasten 1). Drei der getesteten Adidas (siehe oben). Der Torwarthandschuh Nike Grip3 Produkte enthielten PFOA in Konzentrationen oberhalb enthielt 2,17 µg/m²; im Torwarthandschuh Puma evoPower wurden keine PFC festgestellt. 8 Rote Karte für Sportmarken
16 Paar Fußballschuhe und ein Paar Handschuhe wurden als Kinderprodukte verkauft; zehn davon wiesen einen PFOA-Gehalt oberhalb des Grenzwerts von 1 µg/m2 auf (siehe oben); drei der getesteten Produkte überstiegen diesen Grenzwert in beiden Stichproben. Eine weitere persistente PFC, die kurzkettige Perfluor- butansulfonsäure (PFBS), fand sich in elf Artikeln in Konzentrationen von über 1 µg/m2, u.a.: • im Fußballschuh Adidas Adizero, der in Indonesien produziert und in China verkauft wurde (14,5 µg/m2), • im Fußballschuh Adidas Predator, der in Indonesien pro- duziert und in Deutschland verkauft wurde (37,9 µg/m2), • im Fußballschuh Nike Mercurial, der in China produziert mit PFC behandelten Textilprodukte und nicht nur für die und in Deutschland verkauft wurde; hier fand sich in hier getesteten Artikel charakteristisch.14 der ersten Untersuchung ein sehr hoher PFBS-Gehalt Die Ergebnisse zeigen, dass ionische PFC bei der Her- von 188,57 µg/m2 und in der zweiten Untersuchung ein stellung von WM-Produkten von Adidas, Nike und Puma Gehalt von 7,91 µg/m2. Qualitätskontrolluntersuchungen oft verwendet werden. Vor allem PFOA wird trotz interner weisen darauf hin, dass die Ursache für solche unter- Richtlinien zur Eliminierung weiter verwendet. Zudem fand schiedlichen Testergebnisse daran liegt, dass die PFC sich in fast der Hälfte der getesteten Fußballschuhe (zehn ungleichmäßig auf den Schuhen verteilt wurden. von 21) und in einem Paar Torwarthandschuhe die • im Fußballschuh Puma evoSpeed (34,1 µg/m2), der in hochgradig persistente Perfluorbutansulfonsäure (PFBS). China produziert und in Deutschland verkauft wurde. Die meisten getesteten Produkte wurden in China und Indonesien produziert; kleinere Mengen stammen aus Die Studie weist langkettige PFC (C10 bis C14) in 13 von Vietnam, Kambodscha, Bangladesch und Thailand sowie 21 getesteten Fußballschuhen nach, zum Teil in Konzen- aus Argentinien, Bosnien, Georgien und der Ukraine. Ein trationen von über 1 µg/m². Einige dieser Chemikalien Großteil der umweltschädigenden Auswirkungen dieser wurden unter der EG-Verordnung REACH als besonders Chemikalien treten in den hauptsächlich asiatischen besorgniserregende Substanzen (SVHC) eingestuft. Ländern auf, in denen die Produkte produziert werden, da Es sei darauf hingewiesen, dass Untersuchungen im Rah- sie dort in Flüsse und Gewässer eingeleitet werden. Alle men einer aktuellen Studie von Greenpeace Ostasien13 Fußballschuhe wurden in Südostasien produziert (neun gezeigt haben, dass die Konzentrationen von ionischen in China, acht in Indonesien, zwei in Vietnam und ein Paar PFC nicht nur von Produkt zu Produkt, sondern auch in in Kambodscha), mit Ausnahme eines Paares, das in verschiedenen Teilen desselben Produktes stark variieren Bosnien hergestellt und in Russland verkauft wurde. können. Diese Unterschiede sind wahrscheinlich für alle Rote Karte für Sportmarken 9
WELTWEIT ARKTIS FEUERLAND ALPEN DEUTSCHLAND BA Flüchtige PFC In der Leber von Im Dung von Schneeproben aus In zwei deutschen PF (FTOH) werden welt- Eisbären findet sich Eselspinguinen den italienischen Outdoor-Geschäften Leb weit in Luft und PFC (PFOA). Die wurden PFC Alpen enthalten war die Konzentra- von Haustaub in Innen- Tiere nehmen die (Perfluorcarbon- PFC: vor allem PFBA tion an flüchtigen nac räumen nachge- Schadstoffe vor säuren und PFOS) und PFOA. Die PFC (FTOH) stark Jun wiesen. allem über die gemessen. Schadstoffe werden erhöht. Greenpeace- stä Nahrung auf. über Luftströmungen Tests zeigen, dass erw in abgelegene Outdoor-Produkte Gebiete getragen. FTOH ausdünsten. USA Flüsse und Fluss- sedimente im US- Bundesstaat Georgia enthalten PFC (Perfluorcarbon- säuren und PFOS). PFC auf der ganzen Welt Umwelt- und gesundheitsschädliche per- SÜDAFRIKA/ und polyfluorierte Chemikalien sind auf ANTARKTIS Flüchtige PFC wie der ganzen Welt nachweisbar. Sie werden FTOH werden auch in der Textilproduktion eingesetzt, überall auf der Welt um Kleidung schmutz- und wasserab- nachgewiesen, etwa weisend zu machen. in der Luft vor Afrikas Küsten wie bei Kapstadt und in der Antarktisregion. 10 Rote Karte für Sportmarken
Info 1 Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC)15 Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) Perfluoroctansulfonat (PFOS), wurde im kommen z.B. wegen ihrer schmutz- und Rahmen des Stockholmer Übereinkom- wasserabweisenden Eigenschaften in mens als persistenter organischer Schad- AIKALSEE CHINA vielen industriellen Verfahren und Kon- stoff (POP) eingestuft. Das Stockholmer C wurden in der Greenpeace hat sumgütern, darunter in Textil- und Leder- Übereinkommen ist eine internationale ber und im Blut Karpfen und Welse – n Baikalrobben in China beliebte produkten, zum Einsatz. Ein bekanntes Übereinkunft über völkerrechtlich bin- chgewiesen. Speisefische – aus Beispiel ist das Polymer PTFE, das unter dende Verbots- und Beschränkungsmaß- nge Robben sind dem Yangtse testen dem Handelsnamen Teflon als Antihaft- nahmen für die Produktion und den Ein- ärker belastet als lassen: sie enthielten Beschichtung für Kochgeschirr vermark- satz von PFOS.16 Der Verkauf und Einsatz wachsene. PFOS und andere PFC. tet, aber nicht für Textilien verwendet von PFOS ist in der EU seit 2008 für be- wird. stimmte Zwecke verboten. Für Textilien Viele PFC, vor allem ionische PFC wie wurde ein Grenzwert für PFOS von 1 µg/ PFOS und PFOA, sind hochgradig persi- m² festgelegt.17 Für andere PFC hingegen stent und bauen sich nach Freisetzung in gibt es derzeit keine Grenzwerte, obwohl die Umwelt nur schwer ab, weshalb sie es begründete Sorgen hinsichtlich ihrer selbst in entlegenen Regionen der Erde Gefährdungsmerkmale gibt und sie in Tex- nachgewiesen werden können. Ionische tilien in der Regel in wesentlich höheren PFC sind aufgrund ihrer bioakkumula- Konzentrationen enthalten sind. tiven Eigenschaften in einer Vielzahl von Norwegen ist das erste Land, in dem der Wasser- und Landlebewesen sowie beim Verkauf von Textilien mit einem PFOA-Ge- CHINA/ Menschen in der breiten Bevölkerung vie- halt von über 1 µg/m² ab Juni 2014 verbo- AUSTRALIEN ler Länder der Welt im Blut und in der ten sein wird. Zudem wurden bestimmte PFC haben Wissen- Muttermilch festgestellt worden. Studien PFC kürzlich auf eine Liste prioritärer Che- schaftler im Trink- wasser in Shanghai, belegen, dass PFC wie PFOS und PFOA mikalien gesetzt, was bedeutet, dass de- China und in das Hormonsystem in der Entwicklungs- ren Freisetzung in die Umwelt bis 2020 eli- Australien nach- phase und im Erwachsenenalter stören miniert oder erheblich reduziert werden gewiesen. können, mit negativen Auswirkungen auf muss.18 Norwegen und alle anderen Län- die Fortpflanzungsorgane und das Im- der sollten die Abschaffung von PFOA munsystem. Zudem wurden sie in Tier- (und die Gruppe der PFC insgesamt) ab versuchen als potenziell krebserregend wesentlich geringeren Mengen durchset- erkannt. zen und dafür die jeweils beste moderne Flüchtige PFC wie Fluortelomeralkohole Testtechnologie einsetzen. Darüber hinaus (FTOH) werden weithin als Vorgänger- wurden PFOA und vier weitere langkettige stoffe in verschiedenen Produktionsver- PFC innerhalb der EU im Rahmen der fahren eingesetzt. FTOH können im Kör- REACH-Verordnung als besonders besor- per oder in der Atmosphäre zu ionischen gniserregende Stoffe (SVHC) eingestuft.19 PFC (z.B. PFOA) umgewandelt und zu- dem auch selbst schädliche Auswir- kungen haben. www.greenpeace.de/detox Rote Karte für Sportmarken 11
2.2. Nonylphenolethoxylate Nonylphenolethoxylate (NPE) werden weiterhin von vielen • Zwei der vier Torwarthandschuhe enthielten NPE, wobei Textilherstellern eingesetzt. Dort, wo NPE in der Produk- die Handschuhe von Adidas 27 mg/kg und die Puma- tion verwendet werden, kann die Menge an Rückständen Handschuhe 76 mg/kg aufwiesen. im Endprodukt durch die eingesetzten Produktions- • Der offizielle Spielball der Fußball-WM 2014 von Adidas, verfahren beeinflusst werden, etwa durch die Häufigkeit der in China produziert und in Deutschland verkauft des Waschens, wodurch die NPE an den Produktions- wurde, enthielt 20 mg/kg NPE. standorten ins Abwasser eingeleitet werden. NPE- Rückstände in einem Endprodukt werden auch dann • Eins der sieben getesteten T-Shirts enthielt NPE freigesetzt, wenn der Artikel vom Verbraucher gewaschen (2,1mg/kg); das Shirt ist von Adidas und stammt aus wird20. Mexiko. In früheren Untersuchungen konnten NPE in rund zwei Drittel der getesteten Textilprodukte • 16 von 21 Fußballschuhen wiesen einen NPE-Gehalt nachgewiesen werden. von 1,2 bis 40 mg/kg auf (LOQ 1 mg/kg). Info 2 Nonylphenolethoxylate/Nonylphenole (NPE/NP)21 Nonylphenolethoxylate (NPE) bezeichnen von Fabriken eingeleitet werden. Zudem ausgearbeitet.24 Darüber hinaus stehen eine Gruppe künstlich hergestellter Che- werden die NPE-Rückstände in den NP und NPE auf der Liste vorrangiger mikalien, die sehr häufig als Tenside in der Endprodukten beim Waschen heraus- Substanzen, die das chinesische Umwelt- Textilherstellung und als Weichmacher gespült und gelangen so in die öffentlichen ministerium kürzlich herausgegeben hat. und Emulgatoren in Kunststoffen verwen- Abwassersysteme der Länder, in denen Das bedeutet, dass Fabriken, die diese det werden. In der Umwelt bauen sich die Produkte verkauft werden. Chemikalien produzieren oder benutzen, NPE zu Nonylphenolen (NP) ab; diese sind Seit 2005 gelten in der EU bestimmte Be- bei den lokalen Umweltbehörden ge- toxisch, persistent, bioakkumulativ und schränkungen für den industriellen Einsatz meldet sein müssen und ihre Daten dazu können das Hormonsystem stören. NP von NPE 22; ähnliche Beschränkungen gel- offenlegen und der Öffentlichkeit zugän- reichern sich nachweislich im Organismus ten auch in den USA und Kanada.23 Ob- gig machen müssen.25 NP/NPE sind in vieler Lebewesen an. Der Gehalt von NPE wohl es in der EU derzeit kein Gesetz gibt, China außerdem als gefährliche Chemi- in Endprodukten zeigt, dass diese wäh- das den Verkauf von Textilien mit NPE- kalien gelistet und wurden im zwölften rend der Herstellung eingesetzt wurden. Rückständen beschränkt, werden derzeit 5-Jahres-Plan zur Prävention und Kon- Dieser Einsatz hat wahrscheinlich zur Fol- auf Vorschlag der schwedischen Chemie- trolle der Umweltrisiken von Chemikalien ge, dass NPE und NP in die Abwässer behörde entsprechende Maßnahmen berücksichtigt. 2.3 Phthalate Alle Produkte dieser Studie wurden auf Phthalate unter- wurden. Das Shirt mit dem Aufdruck wurde in einem sucht, die weithin als Weichmacher in Kunststoffen Adidas-Geschäft gekauft. In insgesamt vier der sieben verwendet werden und als Schadstoffe häufig in indus- getesteten T-Shirts fanden sich Phthalate (LOQ: 3mg/kg). triellen Verfahren und der Umwelt vorkommen. Phthalate wurden in allen Fußballschuhen nachgewiesen. • Der höchste Phthalat-Gehalt dieser Studie fand sich • Die beiden Fußballschuhe mit den höchsten Phthalat- im Plastisol-Aufdruck eines Adidas-Shirts, das in Gehalten waren Produkte von Adidas, mit 150 mg/kg Argentinien produziert und verkauft wurde. Es enthielt und 124 mg/kg. insgesamt 153 000 mg/kg, davon 110 000 mg/kg Diisononylphthalat (DINP) und 37 000 mg/kg Dibutyl- • Drei von vier Torwarthandschuhen enthielten Phthalate. phthalat (DBP). Ein dermaßen hoher Phthalat-Gehalt • Auch die Puma-Handschuhe, die in der Ukraine pro- (15 % des getesteten Produktes) lässt darauf schließen, duziert und in Italien verkauft wurden, wiesen in der dass diese bewusst als Weichmacher eingesetzt Handgelenksbandage einen sehr hohen Phthalat-Gehalt 12 Rote Karte für Sportmarken
von insgesamt 63 000 mg/kg auf, davon 62 000 mg/kg Kinder unter 3 Jahren gelten.28 Die Puma-Handschuhe Diethylhexylphthalat (DEHP). Dieser hohe Phthalat- und das Adidas-Shirt, das in Argentinien gekauft wurde Gehalt (6 %) lässt darauf schließen, dass diese absicht- hatten solch einen Phthalat-Gehalt von über 0,1 Prozent. lich als Weichmacher eingesetzt wurden. In diesem Phthalate wurden in den meisten getesteten Produkten Fall handelt es sich um einen Torwarthandschuh für mit Werten unter 0,1 Prozent nachgewiesen, was wahr- Erwachsene. Dennoch zum Vergleich: Der Einsatz scheinlich eher daran liegt, dass sie nach der Produktion bestimmter Phthalate, einschließlich von DEHP, ist für in Kontakt mit phthalathaltigen Materialien (z.B. Ver- Kinderspielzeug und Babyartikel innerhalb der EU packung) kamen, anstatt dass Phthalate absichtlich als verboten (ab einem Grenzwert von 0,1 Gewichtsprozent Weichmacher eingesetzt wurden. Daher ist es zwingend bzw. 1 000 mg/kg). Zudem liegen die gemessenen erforderlich, dass der Einsatz aller Phthalate in der Werte deutlich oberhalb der Grenzwerte, die Adidas und gesamten Herstellungs- und Lieferkette abgeschafft wird, Puma in ihren eigenen Listen eingeschränkt nutzbarer um den Gehalt dieser giftigen Chemikalien in Produkten Substanzen für Phthalate festgelegt haben.26 und ihre Freisetzung in die Umwelt schrittweise Meldungen in dem europäischen Schnellwarnsystem für abzubauen. gefährliche Produkte (RAPEX)27 zeigen, dass eingeführte Innerhalb der Europäischen Union wurden bestimmte Kinderbekleidung und -schuhe von europäischen Zoll- Phthalate (darunter DEHP, DBP, DiBP und BBP) nach den kontrolleuren abgewiesen oder von den Unternehmen Bestimmungen der REACH-Verordnung als besonders freiwillig zurückgerufen wurden, wenn ihr Phthalat-Gehalt besorgniserregende Stoffe (SVHC) eingestuft.38 über 0,1 Prozent lag, auch wenn diese Produkte gegen keines der Gesetze verstoßen, die in der EU in Bezug auf Info 3 Phthalate29 Phthalate werden hauptsächlich als negative Auswirkungen auf die weibliche und jüngst in China erlassen, dort treten Weichmacher in Kunststoffen wie Weich- Fortpflanzungsfähigkeit hat.31 sie im Juni 2014 in Kraft.Im Juli 2013 PVC eingesetzt. Da Phthalate keine Aktuell gibt es in keinem der Länder, in war der Welthandelsorganisation (WTO) chemische Bindung mit dem Kunststoff denen die 33 getesteten Produkte gekauft ein neuer chinesischer Standard für die eingehen, gelangen sie während der wurden, ein Gesetz, das den Verkauf von Sicherheit von Kinderspielzeug mitgeteilt Verwendung des Produktes und nach phthalathaltiger Kleidung beschränkt.32 worden, der auch ein Anwendungsverbot dessen Entsorgung in die Umwelt. Das wahrscheinlich bekannteste Gesetz für sechs Phthalate beinhaltet.34 Phthalate finden sich häufig in Innenbe- zu Phthalaten ist das europaweite Verbot Die Definition von „Babyartikeln“ in diesen reichen, etwa in der Luft oder im Staub. der Verwendung von sechs Phthalaten Gesetzen umfasst keine Kleidungsstücke.35 Zudem sind sie häufig in menschlichem in Kinderspielzeug und Babyartikeln. Es In China wurde jedoch ein Gesetzes- Gewebe zu finden; dabei sind die berich- wurde 1999 zuerst als Notfallmaßnahme entwurf eingebracht, der das Vorkommen teten aufgenommenen Mengen bei Kin- vereinbart und 2005 dauerhaft eingeführt. von sechs Phthalaten (einschließlich DEHP dern erheblich höher. Es besteht der Verboten ist die Verwendung bestimmter und DINP) in Konzentrationen von über begründete Verdacht, dass Phthalate für Phthalate (einschließlich DEHP) in allen 0,1 Gewichtsprozent (1 000 mg/kg) in Tiere und Menschen toxisch und hor- Kinderspielzeugen und Babyartikeln, die Kleidung für Babys und Kleinkinder (unter monstörend wirken. So ist bekannt, dass innerhalb der EU verkauft werden (ab 3 Jahren) verbieten soll.36 Eine weitere sich beispielsweise DEHP, eines der einem Grenzwert von 0,1 Gewichtsprozent Ausnahme ist Südkorea, wo das Verbot am häufigsten verwendeten Phthalate, bzw. 1 000 mg/kg). Auch der Einsatz an- von sechs Phthalaten in Kinderspielzeug schädlich auf die Fortpflanzung bei derer Phthalate (einschließlich DINP) in und Babyartikeln auch für Kleidung für Säugetieren auswirkt, die Entwicklung Artikeln, die Kinder in den Mund stecken Kinder unter zwei Jahren gilt.37 der Hoden im frühen Kindesalter beein- können, ist verboten. Ähnliche Gesetze trächtigen kann30 und darüber hinaus wurden in anderen Ländern wie den USA33 Rote Karte für Sportmarken 13
2.4. Dimethylformamid (DMF) Alle Fußballschuhe und der Ball wurden auf Dimethyl- • DMF-Konzentrationen von über 50 mg/kg fanden sich in formamid (DMF) untersucht. DMF wird als Lösungsmittel sechs Fußballschuhen von Nike, fünf Schuhen von in Textilien, Leder und Kunststoff verwendet. Obwohl Adidas und den Schuhen von Puma. der DMF-Gehalt in Schuhen und Textilien innerhalb der EU • Ein Kontaminationsmuster konnte nicht festgestellt und in Deutschland gesetzlich streng geregelt ist, wird werden, da die Konzentrationen von Produkt zu Produkt es in Südasien noch weithin eingesetzt und kann deshalb derselben Marke und selbst innerhalb desselben auch in Produkten enthalten sein, die in die EU importiert Modells sehr unterschiedlich waren. werden. Die Ergebnisse zeigen, dass DMF weithin in der Herstel- • Alle 21 Fußballschuhe wurden positiv auf DMF getestet. lung von WM-Produkten aller drei Marken eingesetzt wird. • 19 von 21 Fußballschuhen wiesen einen DMF-Gehalt Fast alle Fußballschuhe wurden in Südasien produziert oberhalb des Grenzwerts von 10 mg/kg auf, den der (neun in China, acht in Indonesien, zwei in Vietnam und deutsche Ausschuss für Gefahrstoffe und das ein Paar in Kambodscha), mit Ausnahme eines Paares, Umweltzeichen Blauer Engel für bestimmte Produkte das in Bosnien hergestellt und in Russland gekauft wurde. festgelegt hat (siehe Infokasten 4). Info 4 N,N-dimethylformamid – DMF Dimethylformamid (DMF) wird als Lösungs- Zudem wurde beobachtet, dass schon hat, die eine Gefahr für die menschliche mittel in der Herstellung polyurethan- eine kurzfristige Exposition mit DMF bei Gesundheit darstellen können. Nach beschichteter Textilien wie Kunstleder, Tieren und Menschen zu einer Leber- Aufnahme auf diese Liste können Unter- Regen- und Schutzbekleidung oder Schu- schädigung führt. Eine langfristige beruf- nehmen innerhalb einer Frist einen Zulas- hen verwendet. Es dient auch als Lö- liche DMF-Exposition durch Inhalation sungsantrag stellen. Falls ein solcher sungsmittel in der Herstellung von Synthe- führte bei Arbeitern zu negativen Auswir- Antrag gestellt wird, findet zugleich eine tikfasern.41 DMF wird als fortpflanzungs- kungen auf die Leber und zu Verdauungs- öffentliche Konsultation in Bezug auf gefährdend (kann das ungeborene Kind störungen.43 DMF gilt als eine der am Alternativ- und Ersatzstoffe statt. DMF schädigen), akut toxisch und gesundheits- häufigsten vorkommenden Chemikalien in wurde auf mehrere andere Regulierungs- schädlich bei Hautkontakt eingestuft.42 Industrieabwässern aus der Herstellung listen aufgenommen, u.a. auf die Liste Der deutsche Ausschuss für Gefahrstoffe von Polyurethanprodukten und Acryl- prioritärer Stoffe der schwedischen (AFG) bezeichnet DMF als eine Substanz, fasern.44 Chemiebehörde,47 auf die Liste uner- „bei denen eine gesundheitsschädigende In der EU steht DMF aufgrund seiner Ein- wünschter Stoffe der dänischen Umwelt- Wirkung durch die Aufnahme über die stufung als fortpflanzungsgefährdend auf schutzbehörde48 und auf die Liste der Haut erfahrungsgemäß zu unterstellen der Kandidatenliste der besonders be- extrem gefährlichen Stoffe der US- ist“.41 Die Substanz kann außerdem als sorgniserregenden Stoffe nach REACH.45 Umweltschutzbehörde.49, 50 Der deutsche Träger anderer giftiger Substanzen die- Im Februar 2014 empfahl die ECHA die Ausschuss für Gefahrstoffe legte einen nen. Das heißt, giftige Substanzen, die Aufnahme von DMF in das Verzeichnis der DMF-Grenzwert von 10 mg/kg für Schutz- selbst nicht oder nur schwer über die Haut zulassungspflichtigen Stoffe,46 weil es handschuhe fest.51, 52 Derselbe Grenzwert aufgenommen werden, können in Verbin- in großen Mengen eingesetzt wird und wurde vom Umweltzeichen Blauer Engel dung mit DMF in die Haut gelangen.42 vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für die Verwendung von DMF in Schuhen und Schutzhandschuhen bestimmt. 14 Rote Karte für Sportmarken
3. Sauberes Spiel – Platzverweis für gefährliche Chemikalien einen Rekordumsatz durch den Verkauf von Fußball- produkten in Höhe von zwei Milliarden Euro an.57 2012 lag der Umsatz bei 1,7 Milliarden Euro.58 Nike ist Marktführer für den gesamten Sportartikelmarkt. Auch der Anteil des Unternehmens am Markt für WM- Produkte ist in den letzten Jahren gestiegen; tatsächlich glaubt Nike-Manager Trevor Edwards, dass „wir die Nummer 1 im Fußball sind“. Für das Finale der diesjähri- gen Fußball-WM wird Nike zehn Teams ausstatten: Australien, Brasilien, England, Frankreich, Griechenland, Holland, Kroatien, Portugal, Südkorea und die USA. Nach Angaben von Nike beläuft sich der Wert seiner Fußball- sparte auf rund zwei Milliarden Dollar.59 Puma stattet ebenfalls acht WM-Teilnehmer-Nationen aus, darunter Italien, die Schweiz und vier afrikanische Mannschaften.60 Giftige Chemikalien in Produkten von Adidas, Nike und Puma – ein Rückblick In früheren Greenpeace-Studien wurden zahlreiche Produkte von Adidas, Nike und Puma sowie anderer Sport- und Modemarken unter die Lupe genommen. In allen diesen Studien, von 2011 bis heute, wurden in Produkten aller drei Marken zahlreiche giftige Chemikalien festgestellt. Dabei wurden viele verschiedene Arten von Produkten getestet, von T-Shirts und Trainingsanzügen Das große Geschäft der über Badebekleidung bis hin zu Oberbekleidung – für Sportmarken mit Fußball und WM Kinder und Erwachsene. Der Verkauf von T-Shirts und Trikots, Fußballschuhen In all diesen Studien wurden die getesteten Produkte auf und Zubehör zur Fußball-WM ist ein Milliardengeschäft, NP/NPE analysiert. In späteren Untersuchungen kam ein das jedes Jahr über fünf Milliarden US-Dollar (um- breites Spektrum anderer Chemikalien hinzu – zunächst gerechnet rund 3,6 Mrd. Euro) einbringt. Die beiden per- und polyfluorierte Chemikalien und Phthalate, Top-Marken – Adidas und Nike – verfügen gemeinsam schließlich Antimon in Polyester und zinnorganische über einen 80-prozentigen Anteil am Markt für Fußball- Verbindungen. produkte.53 Für 2014 rechnet man mit einem Rekord- umsatz.54 Die in Tabelle 2 zusammengefassten Ergebnisse zeigen, dass in über der Hälfte der getesteten Produkte jeder Adidas, der offizielle Sponsor der Fußball-Weltmeister- Marke giftige Chemikalien enthalten waren und dass sich schaft, hält von jeher eine Vormachtstellung auf den die Ergebnisse einzelner Studien nicht wesentlich Fußballplätzen dieser Welt. Laut Vorstandschef Herbert voneinander unterschieden. Hainer wird Adidas auch im Finale in Brasilien eine „vorherrschende Rolle“ spielen und acht Teams sponsern, darunter Titelverteidiger Spanien, Argentinien, Kolumbien, Deutschland, Japan, Mexiko, Nigeria und Russland.55 Adidas rechnet durch die WM 2014 mit einem Reingewinn von 830 bis 930 Millionen Euro (nach insgesamt rück- läufigem Umsatz im letzten Jahr)56 und strebt für 2014 Rote Karte für Sportmarken 15
Greenpeac-Studie Marke Produkte Tabelle 2 Ergebnisse der Analysen von Adidas-, Nike- und Puma- Schmutzige Wäsche: Polo-Shirt, Dress, Produkten aus Greenpeace-Studien 2011–2013 Zum Trocknen aufgehängt61 2 Fußballshirts, 2 Trainingshosen, T-Shirt, Trainingsjacke, Sweatshirt 6 T-Shirts, Trainings- jacke, Polo-Shirt, Sportshirt, Tank-Top 4 T-Shirts, Fußballshirt, Sport-Shorts, Trainingsjacke, Fußballshirt, Sportshirt Chemie für jedes Wetter62 Terrex Feather Jacke (für Frauen) Bademoden mit Badeanzug gefährlichen Chemikalien belastet63 Badeanzug Badehose Badehose Chemie für Gipfelstürmer 64 TX GTX ActS j (Jacke) Kleine Monster Set Hose & Pullover, im Kleiderschrank65 4 T-Shirts, Jacke, Schuhe, Fußballshirt, Badebekleidung, Top, Badeanzug Jacke, 5 T-Shirts, Schuhe, Lauf-Top, Windjacke 2 x Schuhe, Fußballshirt, 3 T-Shirts T-Shirts, Torwarthandschuhe, Fußballschuhe oder Fußball (Rot = enthält gefährliche Chemikalien) 16 Rote Karte für Sportmarken
Antimon in Zinnorganische AP/APE Ionische PFC Flüchtige PFC Phthalate Polyester Verbindungen Rote Karte für Sportmarken 17
Detox-Zusagen von Unternehmen Diese neue Greenpeace-Studie bestätigt, dass bei der Puma ist einer dieser Trendsetter und hat mit der Herstellung von Produkten großer Sportmarken weiterhin Umsetzung eines glaubwürdigen Aktionsplans begonnen, verschiedene giftige Chemikalien eingesetzt werden um seine Zusagen einzuhalten. Die Ergebnisse dieses – darunter PFC, NPE und Phthalate. Erstmals wurde auch Berichts zeigen jedoch eindeutig, dass auch Puma noch der weitverbreitete Einsatz von DMF nachgewiesen. Die jede Menge zu tun hat. Anders als Puma haben jedoch Verwendung dieser giftigen Chemikalien in der Produktion weder Adidas noch Nike – trotz ihrer Detox-Zusagen und von Sportbekleidung wie Fußballschuhen, Torwarthand- Firmenwerbung als Detox-Marken – einen effektiven Plan schuhen und T-Shirts zur Fußball-WM 2014 hat zur Folge, aufgestellt, um giftige Chemikalien aus ihren Lieferketten dass diese Schadstoffe in den Produktionsländern in und Produkten zu verbannen. Flüsse und Gewässer eingeleitet werden und während Obwohl Adidas und Nike bereits vor zwei Jahren eine ihrer Verwendung auch in den Ländern freigesetzt werden, Entgiftung ihrer Kleidung zugesagt haben, gibt es keine in denen sie verkauft werden. ausreichenden Belege dafür, dass sie auch in der Praxis All das ist ein eindeutiger Beweis dafür, dass trotz Jahr- glaubwürdige Maßnahmen ergreifen. Beide Unternehmen zehnten der Regulierung und Initiativen der Unternehmens- haben es wiederholt abgelehnt, Verantwortung zu tra- verantwortung in den Lieferketten namhafter Marken gen und Maßnahmen zu ergreifen, um die identifizierten noch immer giftige Chemikalien eingesetzt werden giftigen Chemikalien aus dem Verkehr zu ziehen und – darunter auch die elf prioritären Gruppen, die Green- die Öffentlichkeit transparent mit glaubwürdigen Infor- peace für die Textilindustrie identifiziert hat 66. Rückstände mationen zu versorgen. Anstatt das öffentliche „Recht auf von giftigen Chemikalien lassen sich in einer Vielzahl Informationen“ über die chemische Verschmutzung von Textilien sowie in Schuhen und Sportartikeln nach- durch ihre Lieferanten aktiv zu unterstützen, ziehen diese weisen. Selbst in Ländern, in denen der Einsatz gif- Unternehmen es vor, sich hinter einem Schutzschild tiger Chemikalien reguliert wird, sorgen vermeintlich kollektiver Tatenlosigkeit zu verbergen – der ZDHC- „akzeptable“ Grenzwerte dafür, dass diese Chemikalien Gruppe.67 Diese Gruppe hat bislang nichts weiter unter- aus verschiedenen Quellen – von der Herstellung bis nommen, als verschiedene Instrumente und Verfahren zum Endprodukt – in die Umwelt gelangen. Manche einzuführen und Pilotstudien durchzuführen. Adidas und dieser Chemikalien haben sich im Laufe der Jahre in der Nike missbrauchen ihre öffentlichen Zusagen als PR- Umwelt oder im Organismus von Tieren und Menschen Kampagnen, anstatt die Maßnahmen zu ergreifen, die angereichert. dringend erforderlich sind, um einen glaubwürdigen Fortschritt hin zu einer tatsächlichen Abschaffung giftiger Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass sowohl Chemikalien zu erzielen. Unternehmen als auch Regierungen umfassende Pläne aufstellen müssen, wie giftige Chemikalien – auch die Beispielsweise erkennen weder Adidas noch Nike an, in Textilien, Schuhen und Sportartikeln – aus dem Verkehr dass es überhaupt notwendig ist, alle PFC zu verbannen. gezogen werden können, um zu verhindern, dass Als Mitglieder der ZDHC-Gruppe haben sie sich auf Konsumgüter durch chemische Rückstände belastet das begrenzte gemeinsame Ziel verpflichtet, langkettige und die Umwelt durch Einleitungen giftiger Chemikalien PFC bis Januar 2015 stufenweise aus dem Verkehr zu verschmutzt werden. Einige Unternehmen stellen sich ziehen.68 Puma hat einzeln zugesagt, langkettige PFC dieser Detox-Herausforderung und gehen mit gutem bis 2015 zu eliminieren.69 Außerdem umfasst das Test- Beispiel voran. verfahren von Puma alle perfluorierten Chemikalien. In einem ersten Schritt konzentriert Puma sich auf die am häufigsten eingesetzten Chemikalien PFOA/PFOS. Zugleich erkennt das Unternehmen jedoch an, dass im Sinne des Vorsorgeprinzips alle PFC durch nicht-fluorierte Alternativen ersetzt werden müssen“.70 Auf subsport.org hat Puma zudem eine Fallstudie über den Ersatz von perfluorierten Chemikalien durch unschädliche Substan- zen veröffentlicht.71 18 Rote Karte für Sportmarken
Die großen Akteure müssen das Spiel bestimmen! Die Detox-Verpflichtung – also die Eliminierung aller ihrer Lieferanten auf der weltweiten Online-Plattform giftigen Chemikalien bis spätestens zum 1. Januar 2020 IPE Daten über die Einleitung giftiger Chemikalien – ist ein Ziel, das notwendigerweise ehrgeizig ist, um veröffentlichen.72 der Dringlichkeit des Problems gerecht zu werden. Gemeinden, in denen sich Textilfabriken befinden, und die Außerdem ist es erreichbar, sofern Unternehmen ange- breite Öffentlichkeit haben inzwischen damit begonnen, messene Zusagen machen und bei deren Umsetzung ihr Recht auf Informationen über die Verschmutzung keine Kompromisse eingehen. durch Textilfabriken geltend zu machen. Gemeinsam mit Als Folge der Maßnahmen, die einige Unternehmen Informationen über den aktuellen Gehalt giftiger Chemi- ergriffen haben, um ihre Lieferketten zur entgiften, haben kalien in bestimmten Produkten – z.B. die Ergebnisse bereits einige wesentliche Veränderungen stattgefunden. dieser Untersuchung – ist dies der Ausgangspunkt für die So ist das öffentliche Recht auf Informationen über die schrittweise Senkung und Eliminierung giftiger Schad- Einleitung giftiger Chemikalien in die Umwelt durch stoffe in Gewässern und Konsumgütern. einzelne Fabriken der Lieferkette von Marken Realität Im Falle von Adidas und Nike fehlt dieses Maß an Trans- geworden. Vor dem Start der Detox-Kampagne war dies parenz über die Verwendung und Einleitung giftiger kontinuierlich von einzelnen Akteuren der Textilbranche Chemikalien in die Umwelt jedoch völlig, obwohl es einen abgelehnt und als nahezu unmöglich dargestellt worden. wichtigen Schritt hin zur Entgiftung ihrer Kleidung darstellt. Inzwischen haben mehrere Unternehmen – darunter Mango, Fast Retailing (Uniqlo), Inditex, H&M, Benetton, Valentino, G-Star, M&S, Limited Brands, C&A, Puma, Coop, Canepa und Esprit – dafür gesorgt, dass manche Info 5 Bestandteile eines effektiven Detox-Plans Ein effektiver, glaubwürdiger Ver- Vorkommens in Endprodukten. Eine Ver- punkten: Die Veröffentlichung von Infor- pflichtungs- und Aktionsplan – mit pflichtung auf diese Prinzipien schafft den mationen über die Einleitung giftiger dem Ziel, die Freisetzung giftiger Chemi- erforderlichen Rahmen, um den Einsatz Chemikalien durch Lieferantenfabriken, kalien bis 2020 auf null zu senken – um- giftiger Chemikalien schrittweise auf null vor allem an die lokale/nationale Bevöl- fasst Verpflichtungen und Handlungen zu senken. kerung (z.B. durch glaubwürdige Infor- auf Basis der folgenden drei Punkte: Um den Einsatz giftiger Chemikalien in der mationsplattformen76). • Grundprinzipien Textilindustrie effektiv zu eliminieren und • Die Verpflichtung zur Eliminierung der • Transparenz das Problem der Verschmutzung unserer elf prioritären chemischen Gruppen in- • Eliminierung. Gewässer durch giftige Chemikalien zu nerhalb einer angemessenen Frist sowie Ein angemessener Ansatz ist notwendi- lösen, sind von Seiten der Unternehmen die Festlegung klarer und glaubwürdiger gerweise gefahrenbasiert und umfas- folgende Schritte erforderlich: Zwischenziele für die Abschaffung send. Ausreichend genau definiert werden • Eine glaubwürdige Selbstverpflichtung, gefährlicher Chemikalien anderer Stoff- müssen: das Vorsorgeprinzip73, Null- den Einsatz aller giftigen Chemikalien gruppen. Schließlich die Einführung Einleitung giftiger Chemikalien, Unter- in der globalen Lieferkette und in allen ungefährlicher Chemie zum frühestmög- nehmensverantwortung74 und das öffent- Produkten bis zum 1. Januar 2020 lichen konkreten Zeitpunkt: Verantwor- liche Recht auf Informationen75 über schrittweise zu eliminieren. tungsbewusste Unternehmen handeln die Verwendung und Freisetzung gefähr- • In den Monaten nach einer Zusage jetzt und warten nicht bis zum 31. De- licher Chemikalien innerhalb der Liefer- und anschließend zu regelmäßigen (min- zember 2019, um ihren Einsatz gefähr- kette eines Unternehmens und ihres destens jährlich) und relevanten Zeit- licher Chemikalien auf null zu senken! Rote Karte für Sportmarken 19
Der politische Wille zur Abschaffung Das Detox-Team braucht Starspieler giftiger Chemikalien zählt Seit dem Start der Detox-Kampagne von Greenpeace Analog zu den glaubwürdigen Handlungen von Unter- vor zwei Jahren haben Detox-Trendsetter damit begonnen, nehmen muss auch die Politik glaubwürdige Gesetze die Daten über die Einleitung giftiger Chemikalien von erlassen, um den Ball am Rollen zu halten und eine starke vielen ihrer Fabriken zu veröffentlichen. Das ist ein erfolg- Botschaft an die Textilindustrie und andere Sektoren reicher Schritt, der zuvor von der Textilindustrie als auszusenden, dass die Verwendung und Freisetzung unrealistisch zurückgewiesen worden war. Gemeinden, giftiger Chemikalien inakzeptabel ist. Obwohl staatliche in denen sich Textilfabriken befinden, und die breite Behörden viele der Detox-Prinzipien (siehe Infokasten 5) Öffentlichkeit haben damit begonnen, ihr Recht auf Infor- anerkennen, spiegelt sich dies noch nicht in eingeführten mationen über die Verschmutzung durch Textilfabriken Verboten und Beschränkungen für giftige Chemikalien geltend zu machen. Gemeinsam mit Informationen über wider. Das würde aber dazu führen, dass diese bis den aktuellen Gehalt giftiger Chemikalien in bestimmten spätestens zum 1. Januar 2020 abgeschafft werden. Produkten – z.B. die Ergebnisse dieser Studie – bildet Eine konkrete Gesetzgebung muss auf jede einzelne dies den Ausgangspunkt für die schrittweise Senkung der giftigen Chemikalien, die in dieser Untersuchung und Eliminierung giftiger Chemikalien, die Flüsse und in Kinderbekleidung nachgewiesen wurde, abzielen, um Konsumgüter belasten. die besonderen Gefahren abzuwenden, die von jeder Der vorliegende Bericht will Detox-Trendsetter wie Puma einzelnen Gruppe ausgehen. daran erinnern, wie dringend es ist, dass sie giftige Detox-Trendsetter stellen sich dieser Herausforderung. Chemikalien aus ihren Lieferketten verbannen und ihre Da es heute in der Textilindustrie jedoch gängige Praxis Bemühungen umfassend greifen. „Greenwasher“ wie ist, dass die meisten Marken die Herstellung ihrer Adidas und Nike müssen sofort handeln, um die Unzu- Produkte ins Ausland verlagern, besteht die Gefahr, dass länglichkeiten in ihrer Politik und Praxis zu beseitigen und die Bemühungen der Trendsetter dadurch untergraben sich der Detox-Revolution anzuschließen. Die erfolgreiche werden, dass andere Unternehmen, die keinen Anlass Abschaffung giftiger Chemikalien setzt voraus, dass dafür sehen, ihre Lieferketten zu entgiften, weiterhin giftige jedes Unternehmen schnell ausreichend Ressourcen Chemikalien einsetzen. Daher ist es entscheidend, einsetzt. Es gibt keinen triftigen Grund dafür, den ersten dass die Politik Gesetze erlässt, die diesen Wandel in der Schritt weiter hinauszuzögern. Als große Akteure – die gesamten Branche durchsetzen. Um wirksam zu sein, gemeinsam über einen über 80-prozentigen Anteil am müssen dafür möglichst strenge Teststandards heran- Markt für WM-Produkte verfügen – haben sie einen gezogen werden, damit die volle Wahrheit darüber ans immensen Einfluss auf globale Lieferketten für Textilien Licht kommt, wie und wo giftige Chemikalien in unsere und Sportartikel. Kleidung und das Abwasser von Textilfabriken gelangen. Viele Chemikalien der elf prioritären Gruppen gefähr- Was jeder von uns tun kann licher Substanzen sind in einigen Ländern bereits in der Jeder von uns – ob Sportfans, Eltern, Weltenbürger oder einen oder anderen Form reguliert, darunter manche Verbraucher – kann im Detox-Team mitspielen. Gemein- PFC, bestimmte APE (Alkylphenolethoxylate, die NPE sam können wir Druck auf Adidas und Nike ausüben, einschließen) und Phthalate.77 Die Tatsache, dass diese damit auch sie sich als Starspieler im Match gegen giftige giftigen Chemikalien offensichtlich so häufig in Kleidung Chemikalien in Sportbekleidung aufstellen lassen. enthalten sind und zudem im Abwasser von Produktions- ketten nachgewiesen wurden,78 lässt jedoch nur eine einzige Schlussfolgerung zu: dass die derzeit geltenden Gesetze keinen wirksamen Schutz der Natur und der Gesundheit des Menschen bieten. 20 Rote Karte für Sportmarken
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