Vorbereitet für den Umgang mit Gefahrstoffen? - Ein Einstieg zur sicheren Handhabung von gefährlichen Chemikalien - Safety-Work.org
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Sektion für Prävention in der chemischen Industrie Vorbereitet für den Umgang mit Gefahrstoffen? Ein Einstieg zur sicheren Handhabung von gefährlichen Chemikalien 4/2021
Herausgeber: IVSS Sektion Chemie Kurfürsten-Anlage 62 69115 Heidelberg Deutschland Telefon: +49 (0) 6221 5108 28104 Fax: +49 (0) 6221 5108 21199 2 https://ww1.issa.int/de/prevention-chemistry Erste Ausgabe 4/2021 ISBN 978-92-843-4233-4 Copyright © IVSS 2021 Wiedergabe, auch auszugsweise und in welchen Medien auch immer, nur mit Zustimmung des Herausgebers
Vorbereitet für den Umgang mit Gefahrstoffen? Ein Einstieg zur sicheren Handhabung von gefährlichen Chemikalien 3 Arbeitsunfälle und Berufskrank- heiten sind weder schicksalhaft noch unvermeidlich – sie haben immer Ursachen. Durch die Schaf- fung einer wirksamen Präventi- onskultur können diese Ursachen beseitigt und Arbeitsunfälle, Ver- letzungen und Berufskrankheiten verhindert werden. Vision Zero ist ein Präventionsansatz, der die drei Dimensionen Sicherheit, Ge- sundheit und Wohlbefinden bei der Arbeit auf allen Ebenen inte- griert. ssssss visionzero.global/de
Inhalt Vorwort 7 1 Einleitung 8 2 Gefährliche Eigenschaften von Chemikalien 10 2.1 Gesundheitsgefahren 12 2.2 Physikalische Gefahren 20 2.3 Umweltgefahren 24 3 Ermittlung der Eigenschaften und der Gefahren 26 4 3.1 Das Etikett 26 3.2 Das Sicherheitsdatenblatt 28 3.3 Andere Informationsquellen 30 3.4 Nicht gekennzeichnete Gefahrstoffe 34 3.5 Tätigkeiten oder Verfahren, bei denen Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden 34 3.6 Die Schnittstelle zum Gefahrgutrecht 35 4 Von der Gefahr über die Gefährdung hin zu Schutzmaßnahmen 36 4.1 Einleitung 37 4.2 Informationen beschaffen und Gefährdungen ermitteln 37 4.3 Gefährdungen beurteilen 38 4.4 Schutzmaßnahmen treffen 41 4.5 Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung 50 4.6 Wirksamkeit überprüfen und Gefährdungsbeurteilung aktualisieren 51 5 Information, Unterweisung und Schulung der Beschäftigten 52 5.1 Unterweisung 53 5.2 Schulungen 56 5.3 Personenbezogenes Expositionsverzeichnis 57 5.4 Medien der IVSS Sektion Chemie 57 6 Erste-Hilfe-Maßnahmen und Gesundheitsüberwachung 58 6.1 Empfehlungen für Erste-Hilfe-Maßnahmen im Zusammenhang mit Gefahrstoffen 58 6.2 Gesundheitsüberwachung 60 Die IVSS 62 Impressum 64 Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
Abbildungsnachweis Titel 6 8/9 20 IVSS Sektion Chemie iStockphoto.com/ Institut National iStockphoto.com/ kapukdodds de Recherche et de Anze Furlan/ Sécurité (INRS) psgtproductions 5 25 26 35 37 Suva Berufsgenossen- BASF SE und IVSS Berufsgenossen- schaft Rohstoffe und Sektion Chemie schaft Rohstoffe und chemische Industrie chemische Industrie (BG RCI), Labor (BG RCI), Labor Leuna Leuna 40 45 47 50 Berufsgenossen- Institut National IVSS Sektion Chemie stock.adobe.com/ schaft Rohstoffe und de Recherche et de TMLsPhotoG chemische Industrie Sécurité (INRS) (BG RCI), Labor Leuna 52 56 57 58/59 iStockphoto.com/ Suva IVSS Sektion Chemie Suva industryview Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
Vorwort Die Arbeitsgruppe „Gefährliche Stoffe” der IVSS Sektion Chemie befasst sich mit aktuellen Themen rund um Chemikalien und entwickelt Broschüren, Videos und Handlungshilfen. Diese sollen insbeson- dere Verantwortliche in kleinen und mittelständi- schen Betrieben dabei unterstützen, Gefährdungen zu beurteilen und geeignete Schutzkonzepte zu implementieren. Das Spektrum der Themen reicht vom sicheren Umgang mit Gefahrstoffen über die Thomas Köhler sichere Lagerung bis hin zum sicheren Transport von Präsident der Sektion Chemie Gefahrgut. der Internationalen Vereinigung 7 für Soziale Sicherheit In dieser Broschüre werden die wichtigsten Aspekte für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen erklärt und Grundlagenwissen insbesondere zu Gesund- heitsrisiken vermittelt. So sollen verantwortliche Personen für die potenziellen Gefahren sensibili- siert und bei der erforderlichen Gefährdungsbeur- teilung sowie der Unterweisung der Beschäftigten unterstützt werden. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
1 Einleitung Die Verwendung von Gefahrstoffen kann bei Beschäf- tigten zu Gesundheitsgefährdungen wie Reizungen, Verätzungen und Vergiftungen führen. Langzeitauswir- kungen, wie sie beispielsweise von krebserzeugenden Gefahrstoffen ausgehen, können Berufskrankheiten hervorrufen. Darüber hinaus können von Gefahrstof- fen Brände und Explosionen ausgelöst werden. Chemi- kalien, von denen eine Umweltgefahr ausgeht, können zu einer Gefährdung der in Gewässern lebenden Orga- nismen führen und die Ozonschicht schädigen. 8 Wenn Tätigkeiten, wie beispielsweise Ab- und Umfül- len, Lagern oder innerbetriebliches Transportieren, bei der Herstellung oder Verwendung mit Gefahrstoffen durchgeführt werden, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Gefährdung ihrer Beschäftigten er- mitteln und beurteilen sowie geeignete Schutzmaß- nahmen festlegen und umsetzen. Gleiches gilt, wenn bei Tätigkeiten Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden. Die IVSS Sektionen „Elektrizität, Gas und Wasser“, „Eisen- und Metallindustrie“ sowie „Maschinen- und Systemsicherheit“ haben einen „Leitfaden für die Ge- fährdungsbeurteilung in Klein- und Mittelbetrieben: Gefahrstoffe – Ermittlung und Bewertung von Gefähr- dungen; Festlegen von Maßnahmen“ veröffentlicht. Diese Broschüre ist Teil einer Schriftenreihe, die alle Gefährdungsfaktoren behandelt, welche bei der Ge- fährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind. Die Broschüre ist online verfügbar unter: https://safety-work.org/de/leitfaden-fuer-die-gefaehr- dungsbeurteilung-in-klein-und-mittelbetrieben.html Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2 Gefährliche Eigenschaften von Chemikalien Chemikalien, von denen aufgrund ihrer Eigenschaf- Gefahrenpiktogramme und die dazugehörigen ten Gefahren für die menschliche Gesundheit, phy- Gefahrenhinweise (H-Sätze) auf den Etiketten der sikalische Gefahren oder Gefahren für die Umwelt Verpackungen warnen vor den einzelnen Gefahren, ausgehen, werden von den Herstellern, Importeu- die von dem Stoff oder Gemisch ausgehen. In ren und nachgeschalteten Anwendern vor dem bestimmten Fällen wird nur der Gefahrenhinweis Inverkehrbringen als gefährliche Stoffe oder gefähr- verwendet. Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse, aus liche Gemische eingestuft, wenn sie bestimmte Kri- denen Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt wer- terien erfüllen. Diese Kriterien sind im Global Har- den können, sind oft nicht gekennzeichnet, d. h. es monisierten System zur Einstufung und Kennzeich- wird weder ein Gefahrenpiktogramm noch ein nung von Chemikalien (GHS) der UN festgelegt und Gefahrenhinweis verwendet. 10 wurden in Europa mit der CLP-Verordnung einge- führt (Verordnung über die Einstufung, Kennzeich- Bei den Gefahren für die Gesundheit wird zwischen nung und Verpackung von Stoffen und Gemischen akuten oder chronischen Gefahren unterschieden. – Classification, Labelling and Packaging). Bei akuten Gefahren treten die gesundheitsschädi- genden Wirkungen durch ein- oder mehrmalige Wird mit solchen gefährlichen Stoffen oder Gemi- Exposition sofort oder innerhalb eines kurzen, defi- schen im Betrieb gearbeitet, spricht man von gefähr- nierten Zeitfensters auf. Ein Beispiel dafür ist die lichen chemischen Arbeitsstoffen oder Gefahrstof- akute Giftigkeit (auch als akute Toxizität bezeich- fen. net). Weiterhin zählen zu den Gefahrstoffen auch Von chronischen Gefahren spricht man, wenn die gesundheitsschädigenden Wirkungen erst aufgrund • Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosions- wiederholter Expositionen über längere Zeiträume fähig sind, verzögert auftreten, wie es beispielsweise bei krebs- • Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei erzeugenden Stoffen oder Gemischen der Fall ist. der Herstellung oder Verwendung Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden, Akute und chronische Gesundheitsschäden können • Stoffe und Gemische, die aufgrund ihrer physika- reversibel oder irreversibel sein. Reversibel bedeu- lisch-chemischen, chemischen oder toxikologi- tet, dass die Symptome – abhängig von dem jewei- schen Eigenschaft und der Art ihrer Verwendung ligen Gesundheitsschaden – bei Beendigung der oder ihres Vorhandenseins am Arbeitsplatz eine Exposition vollständig verschwinden, gegebenen- Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der falls auch erst nach geeigneter Behandlung oder Beschäftigten darstellen, Therapie. • Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert zugewie- sen wurde. Bei irreversiblen Gesundheitsschäden dagegen bil- den sich die Symptome oder deren Folgeschäden nicht vollständig zurück, auch wenn die Exposition beendet und die Behandlung abgeschlossen ist. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
Eine Aufnahme der Gefahrstoffe in den Körper kann Weiterführende Informationen bieten beispielsweise dabei inhalativ durch Einatmen, dermal über die Haut oder oral durch Verschlucken erfolgen. Von • die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits- inhalativer Exposition spricht man, wenn der medizin (BAuA), das Bundesinstitut für Bau-, Gefahrstoff in der Luft im Arbeitsbereich der Stadt- und Raumforschung (BBSR) und das Beschäftigten vorhanden ist. Eine dermale Exposi- Umweltbundesamt (UBA): „Leitlinie für die tion liegt vor, wenn Hautkontakt gegenüber Gefahr- Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten stoffen besteht. Eine orale Aufnahme ist beispiels- in und an älteren Gebäuden“ www.baua.de/DE/ weise auch über verschmutzte Hände, mit denen ins Angebote/Publikationen/Kooperation/Asbester- Gesicht gefasst wird, möglich. kundung.pdf?__blob=publicationFile&v=3, • das Institut für Arbeitsschutz (IFA) der Deutschen 11 Das Thema Asbest wird in dieser Broschüre nicht Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV): „Ergän- weiter berücksichtigt. Asbest ist seit 2005 in der zungen zur DGUV Information 201-012 Asbest- gesamten EU verboten. Gleichwohl hat die europäi- sanierung" https://dguv.de/ifa/praxishilfen/praxis- sche Gesetzgebung zum Schutz der Beschäftigten, hilfen-gefahrstoffe/asbestsanierung/aktuelle- die einer Exposition ausgesetzt sein könnten, ergaenzungen/index.jsp, strenge Standards gesetzt, weil asbesthaltige Stäube • die suva: „Asbesthaus“ www.suva.ch/de-ch/prae- bei Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsar- vention/sachthemen/asbest/asbesthaus#/house, beiten an Gebäuden, Anlagen, Fahrzeugen und • die AUVA: „Information und Unterweisung bei Maschinen, die asbesthaltige Bauteile oder Bestand- Asbestexposition“ www.auva.at/cdscontent/load? teile enthalten, freigesetzt werden können. contentid=10008.660667&version=1536240172. Bei entsprechenden Tätigkeiten sind nationale Vor- Für Tätigkeiten mit potenziell asbesthaltigen mine- schriften und Vorgehensweisen umzusetzen, in ralischen Rohstoffen und daraus hergestellten Ge- Deutschland beispielsweise die Technische Regel für mischen und Erzeugnissen, zum Beispiel bei der Gefahrstoffe (TRGS) 519 (www.baua.de/DE/Ange- Gewinnung und Aufbereitung von Schotter oder Split, bote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/ ist die TRGS 517 zu beachten (www.baua.de/DE/ TRGS/TRGS-519.html). Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/ Regelwerk/TRGS/TRGS-517.html). Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.1 Gesundheitsgefahren 2.1.1 Vergiftungsgefahr/Akute Toxizität Vergiftungsgefahr besteht, wenn durch Verschlu- Zum Beispiel besteht bei Flusssäure und Kaliumcya- cken oder Einatmen einer relativ kleinen Menge von nid (Zyankali) Lebensgefahr bei Verschlucken, Ein- Chemikalien oder durch Hautkontakt eine gesund- atmen und Hautkontakt. Ameisensäure, Ammoniak heitsschädigende Wirkung ausgelöst wird, die und Chloroform sind giftig bei Einatmen. Phenol ist unmittelbar oder auch innerhalb eines engen Zeit- giftig bei Verschlucken, Einatmen und Hautkontakt. rahmens zu bleibenden Schädigungen oder sogar 12 zum Tod führen kann. In Abhängigkeit von der Das Gefahrenpiktogramm „Ausrufezeichen“ warnt Schwere der Gefahr wird bei der akuten Toxizität vor gesundheitsschädlichen Chemikalien. zwischen Lebensgefahr, giftig und gesundheitsschäd- lich unterschieden. H302: Gesundheitsschädlich Das Gefahrenpiktogramm „Totenkopf mit gekreuz- bei Verschlucken. ten Knochen” wird für Chemikalien verwendet, die H312: Gesundheitsschädlich als lebensgefährlich oder giftig eingestuft sind. bei Hautkontakt. H332: Gesundheitsschädlich H300: Lebensgefahr bei bei Einatmen. Verschlucken. H301: Giftig bei Verschlucken. Beispielsweise sind Ameisensäure und Chloroform H310: Lebensgefahr bei gesundheitsschädlich bei Verschlucken. Xylol ist Hautkontakt. gesundheitsschädlich bei Einatmen und Hautkon- takt. H311: Giftig bei Hautkontakt. H330: Lebensgefahr bei Das Beispiel Ameisensäure verdeutlicht, wie die Einatmen. Schwere der Gefahr in Abhängigkeit des Expositi- onswegs unterschiedlich sein kann. H331: Giftig bei Einatmen. Möglich sind auch Kombina- tionen wie H300 + H310: Lebensgefahr bei Verschlucken oder Haut- kontakt Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.1.2 Ätzwirkung auf die Haut oder schwere 2.1.3 Haut- oder Augenreizung Augenschädigung Eine Reizung der Haut oder der Augen tritt dann Die Gefahr einer Verätzung oder einer schweren auf, wenn der Kontakt mit einer Chemikalie zu Augenschädigung besteht, wenn der Kontakt mit reversiblen Schäden des Gewebes führt. Vor dieser einer Chemikalie zu irreversiblen Schäden des Gefahr warnt das Gefahrenpiktogramm „Ausrufezei- Gewebes der Haut oder der Augen führt. Für diese chen“. Gefahren wird das Gefahrenpiktogramm „Ätzwir- kung“ verwendet. 13 H315: Verursacht Haut- reizungen. H314: Verursacht schwere H319: Verursacht schwere Verätzungen der Haut Augenreizung. und schwere Augen- schäden. H318: Verursacht schwere Beispielsweise kann verdünnte Salzsäure Reizungen Augenschäden. der Haut und schwere Augenreizung verursachen. Dimethylformamid (DMF) verursacht schwere Augen- reizung. Starke Säuren, wie konzentrierte Essigsäure und Schwefelsäure, sowie starke Laugen, wie konzen- trierte Kalilauge und Natronlauge, verursachen schwere Verätzungen der Haut und schwere Augen- schäden. Beispielsweise können Diethanolamin, n-Butanol oder n-Propanol schwere Augenschäden hervorrufen. Zusätzlich zu ihren ätzenden Eigenschaften für Haut und Augen können Chemikalien auch Verätzungen der Atemwege verursachen, wie es bei Ammoniak- gas der Fall ist. Hierzu informiert in Europa der spe- zielle H-Satz EUH071: Wirkt ätzend auf die Atem- wege. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.1.4 Sensibilisierung der Atemwege oder der Haut Sensibilisierung ist die durch einen Kontakt mit einer Beispielsweise sind Glutaraldehyd, Diphenylme- sensibilisierenden Chemikalie ausgelöste Immun- than-4,4’-diisocyanat (Methylendiphenylisocyanat, reaktion des Körpers. Bei wiederholtem Kontakt, MDI) und Phthalsäureanhydrid (PSA), dazu Mehl- auch mit geringsten Mengen, kann es individuell zu staub sowie bestimmte exotische Hölzer, unter an- einer überschießenden allergischen Abwehrreaktion derem Abachi, atemwegssensibilisierend. des Körpers kommen. Das Gefahrenpiktogramm „Ausrufezeichen” wird für 14 Es gibt verschiedene Arten allergischer Reaktionen Chemikalien verwendet, die durch Hautkontakt all- der Haut und Atemwege, vom lebensbedrohlichen, ergische Reaktionen hervorrufen können. anaphylaktischen Schock bis zu chronischen Reak- tionen wie Asthma oder Hautekzem. Chronische, allergische Reaktionen können zu einer Berufs- H317: Kann allergische Haut- krankheit führen. reaktionen verursachen. Eine Allergie, Asthma oder Atembeschwerden können durch Einatmen atemwegssensibilisierender Chemi- kalien verursacht werden. Das Gefahrenpiktogramm „Gesundheitsgefahr“ warnt vor dieser Gefahr. Beispielsweise sind Glutaraldehyd, MDI und PSA auch hautsensibilisierend, ebenso wie Bisphenol A, Epoxidharze, Glyoxal sowie verschiedene Kautschuk- H334: Kann bei Einatmen chemikalien wie Latex und Thiram. Allergie, asthmaartige Symptome oder Atem- beschwerden verursa- chen. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.1.5 Spezifische Zielorgantoxizität nach ein- maliger Exposition, Reizung der Atem- wege und narkotisierende Wirkung Wenn von Chemikalien nach einmaliger Exposition Das Gefahrenpiktogramm „Ausrufezeichen“ warnt die Gefahr ausgeht, gesundheitsschädigende Wir- vor Chemikalien, die an dem Zielorgan Atemtrakt kungen an einem bestimmten Organ (oder auch nach einmaliger Exposition reversible atemwegsrei- mehreren Organen) zu verursachen, wird dies als zende Wirkungen verursachen können, die mit Symp- „Spezifische Zielorgan-Toxizität (STOT, einmalige tomen wie Husten, Atemnot und allgemeinen Atem- Exposition)“ bezeichnet. Diese Gesundheitsschäden beschwerden einhergehen können. können reversibel oder irreversibel sein und können 15 unmittelbar oder verzögert auftreten. H335: Kann die Atemwege In Abhängigkeit der Schwere der Gefahr wird zwi- reizen. schen „Schädigt die Organe“ und „Kann die Organe schädigen“ unterschieden. Für beide Fälle wird das Gefahrenpiktogramm „Gesundheitsgefahr“ verwen- det. Beispielsweise verursachen Ammoniaklösung, Form- aldehyd, n-Butanol und Salzsäure Reizungen der H370: Schädigt die Organe Atemwege. (oder alle betroffenen Organe nennen, sofern Das Gefahrenpiktogramm „Ausrufezeichen“ wird bekannt). weiterhin für Chemikalien verwendet, die das Ziel- organ Nervensystem angreifen und betäubende H371: Kann die Organe schä- (narkotisierende) Wirkungen wie Schläfrigkeit und digen (oder alle be- Benommenheit verursachen können. Diese Effekte troffenen Organe sind jedoch reversibel. nennen, sofern be- kannt). (Jeweils Expositionsweg H336: Kann Schläfrigkeit angeben, sofern schlüssig und Benommenheit belegt ist, dass diese Gefahr verursachen. bei keinem anderen Exposi- tionsweg besteht) Beispiele sind viele organische Lösungsmittel wie n- und iso-Butanol, n-Hexan, n-Propanol und Toluol. Methanol beispielsweise schädigt das Zielorgan Sehnerv, was in der Folge zur Erblindung führen kann. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.1.6 Spezifische Zielorgantoxizität nach 2.1.7 Aspirationsgefahr wiederholter Exposition Von Aspiration wird gesprochen, wenn eine flüssige Wenn von Chemikalien nach längerer bzw. wieder- oder feste Chemikalie direkt bei Verschlucken oder holter Exposition die Gefahr ausgeht, gesundheits- indirekt durch Erbrechen in die Luftröhre und den schädigende Wirkungen an einem bestimmten Or- unteren Atemtrakt gelangt. Die Folgen sind schwer- gan (oder auch mehreren Organen) zu verursachen, wiegende, unmittelbar hervorgerufene Lungenschä- wird dies als „Spezifische Zielorgan-Toxizität (STOT, digungen unterschiedlichen Ausmaßes, die auch töd- wiederholte Exposition)“ bezeichnet. Diese Gesund- lich sein können. heitsschäden können reversibel oder irreversibel sein 16 und können unmittelbar oder verzögert auftreten. Für Chemikalien, von denen diese Gefahr ausgeht, wird das Gefahrenpiktogramm „Gesundheitsgefahr“ In Abhängigkeit der Schwere der Gefahr wird zwi- verwendet. schen „Schädigt die Organe“ und „Kann die Organe schädigen“ unterschieden. Für beide Fälle wird das Gefahrenpiktogramm „Gesundheitsgefahr“ verwen- H304: Kann bei Verschlucken det. und Eindringen in die Atemwege tödlich sein. H372: Schädigt die Organe (alle betroffenen Organe nennen, sofern Beispiele sind organische Lösungsmittel wie Cyclo- bekannt) bei längerer hexan, n-Heptan, n-Pentan und Xylol, weiterhin be- oder wiederholter stimmte Kohlenwasserstoffgemische, die als Löse- Exposition. und Verdünnungsmittel in Farben, Lacken, Firnissen und Klebstoffen vorkommen und Bestandteil ver- H373: Kann die Organe schiedener industrieller Reinigungsmittel sind. schädigen (alle be- troffenen Organe nennen, sofern be- kannt) bei längerer oder wiederholter Exposition. (Jeweils Expositionsweg an- geben, wenn schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositions- weg besteht) Beispielsweise verursacht Nickel bei wiederholter Exposition Lungenschäden. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.1.8 Karzinogenität (Krebserzeugung) 2.1.9 Keimzellmutagenität (Erbgutveränderung) Krebserzeugende Chemikalien (auch als Karzino- gene bezeichnet) können auch erst viele Jahre nach Eine dauerhafte Veränderung des genetischen der Exposition zu einer Krebserkrankung führen Materials wird auch als Mutation bezeichnet. Löst oder die Wahrscheinlichkeit hierfür erhöhen. eine Chemikalie im Erbgut der Keimzellen (Sper- mien oder Eizellen) Veränderungen aus, die als In Abhängigkeit der Aussagekraft der Nachweise der genetische Defekte an die Nachkommen weiterge- krebserzeugenden Wirkung wird zwischen „bekann- geben werden können, spricht man von Keimzell- termaßen oder wahrscheinlich karzinogen“ oder mutagenität. Die dadurch hervorgerufenen Erbgut- „Verdacht auf karzinogene Wirkung“ unterschie- veränderungen können auch zu schweren Erb- 17 den. Für beide Fälle wird das Gefahrenpiktogramm krankheiten führen. „Gesundheitsgefahr“ verwendet. Die Schutzmaß- nahmen sind für diejenigen Chemikalien, die be- Ähnlich wie bei der Karzinogenität wird auch bei der kanntermaßen oder wahrscheinlich krebserzeugend Keimzellmutagenität in Abhängigkeit der Aussage- sind (H350 und H350i), noch strenger als für die- kraft der Nachweise der Wirkung unterschieden zwi- jenigen, die unter Verdacht stehen (H351). schen „bekanntermaßen erbgutverändernd oder so angesehen werden sollten“ und „Verdacht auf erb- gutverändernde Wirkung“. Vor beiden warnt das H350: Kann Krebs erzeugen Gefahrenpiktogramm „Gesundheitsgefahr“. (Expositionsweg an- geben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese H340: Kann genetische Gefahr bei keinem an- Defekte verursachen. deren Expositionsweg H341: Kann vermutlich besteht). genetische Defekte H350i: Kann bei Einatmen verursachen. Krebs erzeugen. (Jeweils Expositionsweg H351: Kann vermutlich Krebs angeben, sofern schlüssig erzeugen (Expositions- belegt ist, dass diese Gefahr weg angeben, sofern bei keinem anderen Exposi- schlüssig belegt ist, tionsweg besteht) dass diese Gefahr bei keinem anderen Expo- sitionsweg besteht). Beispielsweise können Acrylamid, Benzol, Benzo(a) pyren und Ethylenoxid Gendefekte verursachen. 4-Chlor-Toluidin, Formaldehyd und Glyoxal stehen Beispiele für Chemikalien, die Krebs erzeugen kön- im Verdacht, Gendefekte auszulösen. nen, sind Acrylnitril, Benzol, Chrom-VI-Verbindun- gen, Ethylenoxid, Nickeloxide, bestimmte Nitrosa- mine, Vinylchlorid sowie Asbest und Hartholzstäube. Beispiele für Chemikalien, die unter Verdacht ste- hen, krebserzeugend zu sein, sind Dichlormethan und Tetrahydrofuran. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.1.10 Reproduktionstoxizität (Fortpflanzungsgefährdung) Chemikalien werden als reproduktionstoxisch ein- gestuft, wenn sie die Fruchtbarkeit und Sexualfunk- H360: Kann die Fruchtbarkeit tion von Mann und Frau beeinträchtigen können. beeinträchtigen oder Hierzu zählen Störungen der Fortpflanzungsorgane, das Kind im Mutterleib der Gameten, der Zyklusregelmäßigkeit und der schädigen. Schwangerschaft. Chemikalien gelten ebenfalls als reproduktionstoxisch, wenn sie durch Exposition der H360F: Kann die Fruchtbarkeit 18 Eltern vor der Zeugung oder durch unmittelbare beeinträchtigen. Exposition die Entwicklung des Kindes im Mutterleib schädigen können. H360D: Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Die Unterscheidung der beiden Aspekte der Schädi- gung spiegelt sich auch in der Kennzeichnung H361: Kann vermutlich die wider: Fruchtbarkeit beein- • Beeinträchtigungen von Fruchtbarkeit und Sexual- trächtigen oder das funktion bei Mann und Frau (fruchtbarkeitsgefähr- Kind im Mutterleib dend): Buchstabe „F“ bzw. „f“ nach dem H-Satz schädigen. (nach englisch fertility, Groß- oder Kleinbuchstabe entsprechend der Aussagekraft des Nachweises). H361f: Kann vermutlich die • Schädigungen des Kindes im Mutterleib (frucht- Fruchtbarkeit beein- schädigend oder entwicklungsschädigend): Buch- trächtigen. stabe „D“ bzw. „d“ nach dem H-Satz (nach eng- lisch development, Groß- oder Kleinbuchstabe H361d: Kann vermutlich das entsprechend der Aussagekraft des Nachweises). Kind im Mutterleib schädigen. Die Reproduktionstoxizität umfasst ebenfalls Beein- trächtigungen der Bildung der Muttermilch oder die (Jeweils auch konkrete Wir- Schädigung der Säuglinge über die Muttermilch. kung angeben, sofern bekannt, Alle Auswirkungen für die Fortpflanzung können und Expositionsweg angeben, einzeln oder in Kombination von einer Chemikalie sofern schlüssig belegt ist, ausgehen. dass die Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg be- Bei der Reproduktionstoxizität wird sowohl bei der steht) fruchtbarkeitsgefährdenden als auch bei der frucht- schädigenden Wirkung in Abhängigkeit der Aussa- gekraft der Nachweise zwischen „bekanntermaßen oder wahrscheinlich reproduktionstoxisch“ und „Ver- dacht auf reproduktionstoxische Wirkung“ unter- schieden. Für beide Fälle wird das Gefahrenpikto- gramm „Gesundheitsgefahr“ verwendet. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.1.11 E rstickung und Kälteverbrennungen Der Sauerstoffgehalt der Luft beträgt rund 21 Pro- Beispielsweise können Borsäure und Ethylglykol zent. Ein Sauerstoffgehalt unterhalb von 19 Prozent sowohl die Fruchtbarkeit als auch das Kind im Mut- kann gesundheitsschädigend sein, denn Sauerstoff- terleib schädigen (H360FD). Bleialkyle und Bleiaze- mangel kann zum Versagen lebenswichtiger Körper- tat können das Kind im Mutterleib schädigen und funktionen führen. Wenn der Sauerstoffgehalt in zusätzlich vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchti- der Umgebungsluft durch austretende Gase redu- gen (H360Df). Dimethylformamid (DMF) und Koh- ziert wird, besteht Erstickungsgefahr – unabhängig lenmonoxid können das Kind im Mutterleib schädi- davon, ob die Gase giftig sind oder nicht. Auch der gen (H360D). Chloroform kann vermutlich das Kind Umgang mit Trockeneis kann durch das austretende 19 im Mutterleib schädigen (H361d). Kohlendioxid ähnliche Auswirkungen haben. Für Chemikalien, die die Bildung der Muttermilch So können Gase, die beispielsweise durch Leckagen beeinträchtigen oder Säuglinge über die Muttermilch und Undichtigkeiten austreten, insbesondere in schädigen können, wird kein Gefahrenpiktogramm beengten, schlecht belüfteten Räumen (beispiels- verwendet, sondern nur ein Gefahrenhinweis. Ein weise Keller, Behälter oder Silos sowie Aufzugskabi- Beispiel hierfür ist Bleipulver. nen und Fahrzeuginnenräume) zum Erstickungstod führen. H362: Kann Säuglinge über Mit dem Gefahrenpiktogramm „Gasflasche“ werden die Muttermilch schädi- verdichtete Gase, Flüssiggase und unter Druck ge- gen. löste Gase gekennzeichnet (siehe Abschnitt 2.2.1). Falls die Gase gekühlt sind, können sie Verletzun- gen durch Kälteverbrennungen hervorrufen. H281: Enthält tiefgekühltes Gas; kann Kälteverbren- nungen oder -verlet- zungen verursachen. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.2 Physikalische Gefahren 2.2.1 Gase unter Druck 2.2.2 Explosive und selbstzersetzliche Stoffe und Gemische sowie organische Das Gefahrenpiktogramm „Gasflasche“ warnt (neben Peroxide den genannten Gesundheitsgefahren) vor verdich- teten, verflüssigten oder unter Druck gelösten Ga- Wenn sich eine Chemikalie in kürzester Zeit (im sen. Wenn Gasbehälter erwärmt werden, können sie Bereich von Sekundenbruchteilen) durch Reaktion explodieren. oder Zersetzung schlagartig ausdehnt und es dabei zu einer immensen Druckerhöhung kommt, besteht 20 Gefahr durch Splitter, Spreng- und Wurfstücke. H280: Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwär- Das Gefahrenpiktogramm „Explodierende Bombe“ mung explodieren. wird zum einen für explosive Chemikalien oder bestimmte Erzeugnisse mit Explosivstoffen verwen- det. Diese werden bewusst zu dem Zweck herge- stellt, eine Explosion oder einen pyrotechnischen Auch von Spraydosen kann eine Berstgefahr ausge- Effekt hervorzurufen. Dabei können sich Gase in hen. Wenn die Aerosole nicht brennbar sind, erfolgt solcher Geschwindigkeit und mit solch einer Tempe- eine Kennzeichnung ohne Gefahrenpiktogramm. ratur und unter solchem Druck entwickeln, dass in der Umgebung Zerstörungen eintreten. Beispiele sind zivile und militärische Sprengstoffe (zum Bei- H229: Behälter steht unter spiel Trinitrotoluol (TNT) und Nitroglycerin) sowie Druck: kann bei Feuerwerkskörper. Erwärmung bersten. Das Gefahrenpiktogramm „Explodierende Bombe“ wird weiterhin verwendet für explosionsgefährliche Stoffe und Gemische (beispielsweise Chemikalien mit starker exothermer Zersetzung) sowie für beson- ders gefährliche organische Peroxide (beispiels- weise Dibenzoylperoxid) und besonders gefährliche selbstzersetzliche Chemikalien (zum Beispiel be- stimmte aliphatische Azoverbindungen, organische Azide, Diazoniumsalze sowie N-Nitrosoverbindun- gen). Selbstzersetzlichen Chemikalien werden ex- plosive Eigenschaften zugewiesen, wenn die Formu- lierungen im Laborversuch leicht detonieren, schnell deflagrieren oder bei Erhitzen unter Ein- schluss heftig reagieren. Für desensibilisierte explosive Chemikalien sowie weniger gefährliche organische Peroxide und weni- ger gefährliche selbstzersetzliche Chemikalien wird das Gefahrenpiktogramm „Flamme” verwendet. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
H200: Instabil, explosiv. H206: Gefahr durch Feuer, Druckstoß oder Spreng- H201: Explosiv, Gefahr der stücke; erhöhte Explo- Massenexplosion. sionsgefahr, wenn das H202: Explosiv; große Gefahr Desensibilisierungs- durch Splitter, Spreng- mittel reduziert wird. und Wurfstücke. H207: Gefahr durch Feuer 21 H203: Explosiv; Gefahr durch oder Sprengstücke; Feuer, Luftdruck oder erhöhte Explosionsge- Splitter, Spreng- und fahr, wenn das De- Wurfstücke. sensibilisierungsmittel H204: Gefahr durch Feuer reduziert wird. oder Splitter, Spreng- und Wurfstücke. H208: Gefahr durch Feuer; erhöhte Explosions- H240: Erwärmung kann Explo- gefahr, wenn das De- sion verursachen. sensibilisierungsmittel reduziert wird. H242: Erwärmung kann H241: Erwärmung kann Brand verursachen. Brand oder Explosion verursachen. Desensibilisierte explosive Chemikalien sind mit einer solchen Menge Wasser oder Alkohol befeuchtet oder enthalten eine solche Menge Plastifizierungs- oder Phlegmatisierungsmittel, dass die explosiven Eigen- schaften unterdrückt sind. H205: Gefahr der Massen- explosion bei Feuer. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.2.3 Brände und Explosionen Brände und Explosionen können durch eine Reak- tion brennbarer Chemikalien mit dem Sauerstoff H220: Extrem entzündbares der Luft und einer wirksamen Zündquelle verursacht Gas. werden. Das Gefahrenpiktogramm „Flamme“ wird H222: Extrem entzündbares für verschiedene Chemikalien verwendet, die Aerosol. (Nur in Kombi- Brände auf unterschiedliche Weise verursachen nation mit H229) oder verstärken können. H223: Entzündbares Aerosol. 22 Brände und Explosionen können durch eine explo- (Nur in Kombination sionsfähige Atmosphäre ausgelöst werden, die bei- mit H229) spielsweise durch brennbare Gase (beispielsweise H224: Flüssigkeit und Dampf Methan) und Flüssigkeitsdämpfe (beispielsweise von extrem entzündbar. Kraftstoffen wie Benzin und Lösemitteln wie Aceton) gebildet werden kann. Das Gefahrenpiktogramm H225: Flüssigkeit und Dampf „Flamme“ weist auf diese Gefahr hin. leicht entzündbar. H226: Flüssigkeit und Dampf Manche Feststoffe sind ebenfalls entzündbar und entzündbar. müssen mit dem Gefahrenpiktogramm „Flamme“ gekennzeichnet werden, zum Beispiel Schwefel. Die Entzündbarkeit von Metallpulver hängt von der Feinheit der Pulverpartikel ab, zum Beispiel bei Magnesium. H221: Entzündbares Gas. Weißer Phosphor ist bekannt dafür, dass er sich bei Luftkontakt entzündet. Er wird, wie auch andere ver- gleichbare Feststoffe (beispielsweise Aluminiumal- kyle) und Flüssigkeiten (beispielsweise Butyllithium), als „pyrophor“ bezeichnet. Auch hier wird das Ge- fahrenpiktogramm „Flamme“ verwendet – es sollte aber unbedingt vermieden werden, diese Chemika- lien mit entzündbaren Flüssigkeiten in Kontakt zu bringen, auch wenn beiden Stoffklassen das gleiche Gefahrenpiktogramm zugeordnet ist. Schlussendlich entwickeln manche Chemikalien (beispielsweise Natrium) bei Kontakt mit Wasser brennbare Gase, welche sich spontan selbst entzün- den. Hier wird ebenfalls das Gefahrenpiktogramm „Flamme“ verwendet. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.2.4 Oxidierende (brandfördernde) Wirkung So wie Brände und Explosionen durch die Reaktion H228: Entzündbarer Feststoff. entzündbarer Chemikalien mit Sauerstoff verur- sacht werden können, so können auch Chemikalien, H230: Kann auch in Abwesen- die Sauerstoff abgeben, Brände verursachen oder heit von Luft explo- verstärken. sionsartig reagieren. (Nur in Kombination Das Gefahrenpiktogramm „Flamme über einem mit H220) Kreis“ warnt vor Chemikalien, die leicht Sauerstoff H231: Kann auch in Abwesen- (oder andere oxidierende Chemikalien wie Chlor) 23 heit von Luft bei erhöh- abgeben und so einen Brand auslösen oder verstär- tem Druck und/oder ken können. Dazu zählen beispielsweise Kaliumnit- erhöhter Temperatur rat (das beim Schwarzpulver als oxidierendes Me- explosionsartig reagie- dium wirkt), hochkonzentrierte Salpetersäure und ren. (Nur in Kombina- Perchlorsäure sowie die anorganischen Peroxide, tion mit H220) wie das flüssige Wasserstoff- und das feste Natrium- peroxid. H232: Kann sich bei Kontakt mit Luft spontan ent- zünden. (Nur in Kombi- H270: Kann Brand verursa- nation mit H220) chen oder verstärken; H250: Entzündet sich in Be- Oxidationsmittel. rührung mit Luft von H271: Kann Brand oder Explo- selbst. sion verursachen; star- H251: Selbsterhitzungsfähig; kes Oxidationsmittel. kann in Brand geraten. H272: Kann Brand verstärken; H252: In großen Mengen Oxidationsmittel. selbsterhitzungsfähig; kann in Brand geraten. Auch gasförmiger Sauerstoff wird als oxidierend H260: In Berührung mit gekennzeichnet, wie auch einige andere Gase wie Wasser entstehen ent- Chlor oder Stickoxid, die ebenfalls einen Brand ver- zündbare Gase, die ursachen oder beschleunigen können. sich spontan entzünden können. H261: In Berührung mit Wasser entstehen entzündbare Gase. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2.3 Umweltgefahren 2.3.1 Gewässergefährdend 2.3.2 Die Ozonschicht schädigend Das Gefahrenpiktogramm „Umweltgefahr“ warnt vor Das Gefahrenpiktogramm „Ausrufezeichen“ warnt Chemikalien, die kurz- oder langfristig Gewässer und davor, dass die Chemikalie die Ozonschicht in der die darin lebenden Fische, Krebstiere und Algen bzw. Stratosphäre (äußeren Atmosphäre) abbauen und Wasserpflanzen schädigen können. so die öffentliche Gesundheit und die Umwelt schä- digen kann. Beispiele sind halogenierte Kohlenwas- serstoffe. 24 H400: Sehr giftig für Wasser- organismen. H420: Schädigt die öffentli- H410: Sehr giftig für Wasser- che Gesundheit und die organismen, mit lang- Umwelt durch Ozon- fristiger Wirkung. abbau in der äußeren H411: Giftig für Wasserorga- Atmosphäre. nismen, mit langfristi- ger Wirkung H412: Schädlich für Wasser- organismen, mit lang- fristiger Wirkung. H413: Kann für Wasserorga- nismen schädlich sein, mit langfristiger Wirkung. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
25 Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
3 Ermittlung der Eigenschaften und der Gefahren 3.1 Das Etikett Nr. Kennzeichnung eines Gemischs (Beispiel) Das Etikett gibt Auskunft über die Gefahren, die von Kohlenwasserstoffgemisch 1 einem gefährlichen Stoff oder Gemisch ausgehen, Kohlenwasserstoffe C9–C11, n-Alkane, iso-Alkane, und muss die nachfolgenden Kennzeichnungsele- cyclische Verbindungen, < 2 % Aromaten mente aufweisen. • Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar. (H225) 2 • Kann bei Verschlucken und Eindringen in die Atem- wege tödlich sein. (H304) 26 • Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen. (H336) • Giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung. (H411) • Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen 3 Flammen und anderen Zündquellenarten fernhalten. Nicht rauchen. (P210) • Einatmen von Rauch / Gas / Nebel / Dampf / Aerosol vermeiden. (P261) • Freisetzung in die Umwelt vermeiden. (P273) • Bei Verschlucken: Sofort Giftinformationszentrum / 1 5 Arzt anrufen. (P301 + P310) • Kein Erbrechen herbeiführen. (P331) 6 Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut 2 4 4 führen. (EUH066) 3 GEFAHR 5 7 8 6 Hergestellt von: 7 Muster-Chemie AG Musterstraße 23 11111 Musterstadt Tel. +49 (0) 8888-99-3333 8 1L Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
Stoffname Im Falle eines Gemisches ist die Identität aller enthaltenen Stoffe anzugeben, die zur Einstu- (oder bei fung des Gemisches in Bezug auf die folgenden Gefahrenklassen beitragen: akute Toxizität, Gemischen Ätzwirkung auf die Haut oder die Verursachung schwerer Augenschäden, Keimzellmutagenität, Handels- Karzinogenität, Reproduktionstoxizität, Sensibilisierung der Haut oder der Atemwege, spezifi- name) sche Zielorgan-Toxizität oder Aspirationsgefahr. Gefahren- H-Sätze (engl. Hazard statements) liefern eine Textaussage zu einer bestimmten Gefahren- hinweise klasse und -kategorie, die die Art und den Schweregrad der von einem gefährlichen Stoff oder (H-Sätze) Gemisch ausgehenden Gefahr beschreibt. H-Sätze können mit dem jeweiligen Kürzel versehen sein (in diesem Fall H225, H304, H336 und H411). 27 Sicherheits- P -Sätze (engl. Precautionary statements) liefern eine Textaussage, die Maßnahmen beschrei- hinweise ben, um Gefährdungen für Mensch und Umwelt bei der Verwendung oder Beseitigung zu (P-Sätze) begrenzen oder zu vermeiden. P-Sätze können mit dem jeweiligen Kürzel versehen sein (hier: P210, P261, P273, P301+P310, P331). Ergänzende Ein Abschnitt für ergänzende Informationen, dazu zählen zum Beispiel die EUH-Sätze Informationen (hier: EUH066). Signalwort Das Signalwort gibt das Ausmaß der Gefahr an. „Gefahr“ wird für die schwerwiegenden Gefahrenkategorien und „Achtung“ für die weniger schwerwiegenden Gefahrenkategorien verwendet. Gefahren- Die Gefahrenpiktogramme sind eine bildliche Darstellung, die Informationen zur jeweiligen piktogramme Gefahr verdeutlicht. Kontaktdaten Name, Adresse und Telefonnummer des Herstellers, Importeurs oder Lieferanten. Nennmenge ie Nennmenge des Stoffs oder des Gemisches in der Verpackung, die der breiten Öffentlichkeit D zugänglich gemacht wird, außer diese Menge ist an anderer Stelle auf dem Packstück vermerkt. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
1 Allgemeine Informationen ermitteln • Bezeichnung des Stoffes/ Abschnitt 1 3.2 Das Sicherheitsdatenblatt des Gemisches und des Unternehmens Das Sicherheitsdatenblatt (SDB) bietet mehr Einzel- • Mögliche Gefahren (Ein- Abschnitt 2 heiten als das Etikett und ist daher eine wichtige stufung, Kennzeichnungs- Informationsquelle für Arbeitgeberinnen und Arbeit- elemente) geber sowie Beschäftigte, um zu erkennen, ob es • Zusammensetzung/ Abschnitt 3 am Arbeitsplatz Gefahrstoffe gibt und um Gefähr- Angaben zu Bestandteilen dungen für die Sicherheit und Gesundheit beim • Sonstige Angaben, die Abschnitt 16 Umgang zu beurteilen. nicht in den Abschnitten 1 bis 15 enthalten sind, 28 Sind dem SDB im Anhang Expositionsszenarien bei- beispielsweise Angaben gefügt, können die Angaben zu den dort beschrie- zur Überarbeitung des SDB benen Verwendungsbedingungen helfen, das Risiko am Arbeitsplatz zu beherrschen. Expositionsszena- rien sind nicht immer beschrieben, nur wenn der Lieferant einen Stoffsicherheitsbericht erstellen musste. Das SDB und eventuelle Aktualisierungen müssen 7 Expositionsszenarien zu Rate ziehen • Expositionsszenarien legen Anhang kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Die Spra- dar, wie die Exposition von che muss klar und prägnant und das SDB muss in Mensch und Umwelt für der Amtssprache des Landes verfasst sein, in das der bestimmte Verwendungen Stoff oder das Gemisch geliefert wird. kontrolliert werden kann. Das SDB beinhaltet 16 Abschnitte, die nachfolgend erklärt werden. 6 Informationen für den Notfall bereithalten • Notrufnummer Abschnitt 1 • Erste-Hilfe-Maßnahmen Abschnitt 4 • Maßnahmen zur Brand- Abschnitt 5 bekämpfung • Maßnahmen bei unbeab- Abschnitt 6 sichtigter Freisetzung Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
2 Gefährliche Eigenschaften erkennen • Physikalische und chemi- Abschnitte sche Eigenschaften, Stabi- 2, 9 und 10 3 Gefahrstoffe sicher verwenden lität und Reaktivität • Relevante identifizierte Abschnitt 1 • Gefahren für die Gesund- Abschnitte Verwendungen und Ver- heit und toxikologische 2 und 11 wendungen, von denen Angaben abgeraten wird • Gefahren für die Umwelt Abschnitte • Handhabung und Lagerung Abschnitt 7 und umweltbezogene 2 und 12 • Arbeitsplatzgrenzwert Abschnitt 8 Angaben (AGW) und Biologischer Grenzwert (BGW) sowie gegebenenfalls weitere Grenzwerte • Begrenzung und Überwa- Abschnitt 8 chung der Exposition (Lüftung) 29 • Persönliche Schutzaus- Abschnitt 8 rüstungen (Handschutz, Atemschutz, Augen- und Gesichtsschutz, Schutz- kleidung) • Rechtsvorschriften und Abschnitt 15 Die sieben nationale Regelungen (in Punkte Deutschland beispielsweise des SDB Wassergefährdungsklassen) 4 Abfälle sicher entsorgen • Hinweise zur Entsorgung Abschnitt 13 • Umgang mit kontaminier- Abschnitt 13 ten Verpackungen 5 Gefahrgut sicher transportieren • Angaben zum Transport Abschnitt 14 • Transportklassifizierungen Abschnitt 14 für verschiedene Verkehrs- wege Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
3.3 Andere Informationsquellen GESTIS Weitere Informationsquellen im Internet sind bei- GESTIS ist das Gefahrstoffinformationssystem der spielsweise: Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Die GESTIS-Stoffdatenbank enthält Informationen für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen und ande- ren chemischen Stoffen am Arbeitsplatz, wie bei- spielsweise die Wirkungen der Stoffe auf den Men- schen, die erforderlichen Schutzmaßnahmen und die Maßnahmen im Gefahrenfall (einschließlich 30 Erste Hilfe). Darüber hinaus wird der Nutzer über wichtige physikalisch-chemische Daten sowie über spezielle Regelungen zu den einzelnen Stoffen in- formiert, insbesondere zur Einstufung und Kenn- zeichnung nach GHS gemäß CLP-Verordnung (Pikto- gramme, H-Sätze, P-Sätze). Es sind Informationen zu etwa 8800 Stoffen enthalten. www.dguv.de/ifa/gestis/index.jsp Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
GisChem WINGIS online (GISBAU) GisChem ist das Gefahrstoffinformationssystem WINGIS online ist ein Programm des Gefahrstoffin- Chemikalien der Berufsgenossenschaft Rohstoffe formationssystems der Berufsgenossenschaft der und chemische Industrie und der Berufsgenossen- Bauwirtschaft (GISBAU). WINGIS enthält die Module: schaft Holz und Metall. Mit GisChem möchten die Produkt-Informationen und Entwürfe für Betriebs- BG RCI und die BGHM insbesondere kleinere und anweisungen (in 16 Sprachen), Erstellen / Verwalten mittlere Betriebe ansprechen, die entweder Gefahr- von Gefahrstoffverzeichnissen, Erstellen eigener stoffe herstellen oder in den unterschiedlichen Betriebsanweisungen, Hilfe zur Gefährdungsbeur- Branchen dieser beiden Berufsgenossenschaften teilung und deren Dokumentation, Berechnung von Gefahrstoffe verwenden. Jeweils bezogen auf den Gefahrguttransporten sowie Handschuhdatenbank. 31 konkreten Gewerbezweig wird ein Überblick über Neben der Online-Version gibt es mit WINGIS mobile die Gefahrstoffsituation sowie die zu treffenden auch eine mobile Version der Gefahrstoff-App. Schutzmaßnahmen gegeben. GisChem besteht aus mehreren Modulen, die unabhängig voneinander www.wingisonline.de/ genutzt werden können: GisChem-Interaktiv (Erstel- www.gisbauapps.de/ lung von Betriebsanweisungen ausgehend von www.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/ Sicherheitsdatenblättern), Gefahrstoffverzeichnis (Er- gefahrstoffe/gisbau/ stellung von Gefahrstoffverzeichnissen) und Gemisch- rechner (Berechnung der Einstufung und Kenn- zeichnung von Gemischen nach den Regelungen der CLP-Verordnung). www.gischem.de/ Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
C&L Verzeichnis eChemPortal Diese Datenbank der Europäischen Chemikalien- eChemPortal bietet (in englischer Sprache) einen agentur ECHA enthält Informationen zur Einstufung Zugang zu Informationen über Eigenschaften von und Kennzeichnung von angemeldeten und regis- Chemikalien (inklusive physikalische und chemische trierten Stoffen, die Hersteller und Importeure über- Eigenschaften, Umweltverhalten, Ökotoxizität, Toxi- mittelt haben, einschließlich einer Liste harmoni- zität) mit direkten Links zu gesammelten Informa- sierter Einstufungen. Die Datenbank wird regelmäßig tionen, die für Chemie-Regierungsprogramme auf durch neue und aktualisierte Meldungen auf den nationaler, regionaler und internationaler Ebene er- neusten Stand gebracht. fasst wurden. Die Organisation für wirtschaftliche 32 Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist für die https://echa.europa.eu/de/information-on-chemi- Entwicklung des Portals verantwortlich, die Europäi- cals/cl-inventory-database sche Chemikalienagentur (ECHA) für das Hosting. www.echemportal.org/echemportal/ Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
IPCS INCHEM Das Internationale Programm für Chemische Sicher- heit (IPCS) bietet mit der INCHEM Website (in engli- scher Sprache) Informationen zu Chemikalien über das gesamte Spektrum der Expositionen (Umwelt, Nahrungsmittel, Arbeitsplatz). IPCS INCHEM ist ein Gemeinschaftsprogramm des International Program- me on Chemical Safety (IPCS) und des Canadian Centre for Occupational Health and Safety (CCOHS). IPCS INCHEM entstand aus einem der Hauptanliegen 33 des Intergovernmental Forum on Chemical Safety (IFCS), aktuelle, von internationalen Experten ge- prüfte Publikationen und Datenbankeinträge zum Thema „Chemische Sicherheit“ zusammenzutragen und öffentlich verfügbar zu machen. www.inchem.org/ Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
3.4 Nicht gekennzeichnete 3.5 Tätigkeiten oder Verfahren, Gefahrstoffe bei denen Gefahrstoffe entste- hen oder freigesetzt werden Nicht alle Gefahrstoffe sind mit Gefahrenpikto- Zusätzlich zu den Gefahrstoffen, die im Betrieb her- grammen gekennzeichnet. Hierzu zählen Stoffe und gestellt oder verwendet werden, können auch bei Gemische, die aufgrund ihrer physikalisch-chemi- Tätigkeiten oder Verfahren Gefahrstoffe entstehen schen, chemischen oder toxikologischen Eigenschaft oder freigesetzt werden, die nicht gekennzeichnet und der Art ihrer Verwendung oder ihres Vorhan- sind. denseins am Arbeitsplatz eine Gefahr für die Sicher- 34 heit und Gesundheit der Beschäftigten darstellen, Hierzu zählen beispielsweise krebserzeugende Me- beispielsweise Trockeneis und flüssiger tiefkalter talle und Metallverbindungen: Stickstoff (siehe hierzu auch Abschnitt 2.1.11), hei- ßer Wasserdampf und Metallschmelzen. • Chrom-VI-Verbindungen, Cobaltmetall und Cobalt- oxide, Nickeloxide in den Schweißrauchen bei CNT (carbon nanotubes, Kohlenstoffnanoröhren) Schweißarbeiten, sind zylindrische Kohlenstoffmoleküle, die in der • Chrom-VI-Verbindungen in der Galvanik, Elektronik, Optik, Materialtechnologie und vielen • Beryllium-, Chrom-, Cobalt- und/oder Nickelver- anderen Bereichen eingesetzt werden. Da manche bindungen bei der mechanischen Bearbeitung von CNT anderen Fasern ähneln, die krebserzeugend Legierungen. sein können (zum Beispiel Asbestfasern), stehen sie unter genauer Beobachtung, was allfällige Auswir- Weiterhin können als Gefahrstoffe entstehen: kungen auf die Gesundheit des Menschen anbe- langt. In manchen Ländern müssen Beschäftigte, • Formaldehyd als Zersetzungsprodukt bei der Be- die CNT ausgesetzt sind, strenge Schutzmaßnahmen oder Verarbeitung bestimmter Kunststoffe, einhalten und werden in besonderen arbeitsmedizi- • krebserzeugende Hartholzstäube, beispielsweise nischen Vorsorgeprogrammen überwacht. bei der Bearbeitung von Buche und Eiche, • Dieselrußpartikel, Stickoxide, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid in Abgasen von Dieselmotoren. Bei der Bearbeitung von Stein oder bei Bauarbeiten entstehen Stäube, die ebenfalls eine Gefahr für die Gesundheit darstellen, die je nach Zusammenset- zung der Stäube unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
3.6 Die Schnittstelle zum Gefahrgutrecht Gefahrstoffe werden zu Gefahrgütern, wenn sie auf öffentlichen Verkehrswegen transportiert werden. Gefahrgut wird wieder zum Gefahrstoff, sobald es auf einem Firmengelände ankommt und die Trans- portvorgänge abgeschlossen sind. Weitere Informa- tionen finden sich im Video „Gefahrgut und Gefahr- stoff: sicher transportieren – sicher arbeiten“ auf 35 (http://downloadcenter.bgrci.de/shop/ivss). Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
4 Von der Gefahr über die Gefähr- dung hin zu Schutzmaßnahmen 4.1 Einleitung Wenn die Gefahren, die von den Gefahrstoffen aus- In Deutschland kann sich der Arbeitgeber bzw. die gehen, mit der Möglichkeit einer gesundheitlichen Arbeitgeberin zur fachkundigen Durchführung der Beeinträchtigung der Beschäftigten zusammentref- Gefährdungsbeurteilung von der Fachkraft für fen können, spricht man von Gefährdung. Um die Arbeitssicherheit oder der Betriebsärztin bzw. dem erforderlichen Maßnahmen für Sicherheit und Ge- Betriebsarzt beraten lassen. sundheit festlegen zu können, müssen zunächst alle Gefährdungen ermittelt und beurteilt werden. Dieser Gesamtprozess der Gefährdungsbeurteilung ist konti- 36 nuierlich fortzuführen, das heißt bei Veränderungen anzupassen. Verantwortlich für die Gefährdungsbe- urteilung ist der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin, einzubeziehen sind alle für Sicherheit und Gesund- heit zuständigen Personen sowie die Beschäftigten. Informationen beschaffen und Gefährdungen ermitteln 4.2 Wirksamkeit Gefährdungen überprüfen und 4.3 anhand von Gefährdungs- 4.6 Eigenschaften beurteilung und Exposition aktualisieren beurteilen 4.5 4.4 Dokumentation der Schutzmaßnahmen treffen, Gefährdungsbeurteilung welche die Gefährdungen ausschließen oder minimieren Vorbereitet für den Umgang mit Chemikalien
Sie können auch lesen