Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen

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Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen
Rundschau
                                           Nr. 124 ∙ April – Juni 2022

Lyrik                 Aus der Residenz           Aus der Kindheit
Vitamine              Mein Bruder Alfred         Mausi

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In besten Händen, dem Leben zuliebe.
Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen
2 Inhalt, Impressum                                                                                                                                                                           Editoral 3

  Inhalt                                              Impressum
                                                                                                    Liebe Bewohnerinnen, liebe Bewohner!
                                                      Herausgeber
   2 Inhalt, Impressum                                Wohnpark am Wiesenkamp gGmbH                                          In diesen Tagen sollen      – Hoffnung, Licht und Wärme Einzug in unser
                                                      Wiesenkamp 16 ∙ 22359 Hamburg                                         alle tiefgreifenderen       Leben und macht es ein bisschen leichter. Dies
   3 Editoral                                         Tel. 040 644 16 - 0
                                                                                                                            Schutzmaßnahmen             mag uns allerdings angesichts der erschüttern-
                                                      Fax 040 644 16 - 915
   4 An mein Frauchen Wiebke!                         info@residenz-wiesenkamp.de                                           im Kampf gegen die          den Nachrichten aus der Ukraine schwerfallen.
                                                      Eine Gesellschaft der                                                 Corona-Pandemie
   5 Lyrik: Vitamine                                  Immanuel Albertinen Diakonie                                          fallen. Damit kehrt         Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen,
                                                      Geschäftsführer:
   6 Betr.: die Post in Volksdorf                     Andreas Schneider, Peter Kober
                                                                                                                            Deutschland in den so-      wünsche uns allen, Frieden und Sicherheit.
                                                      und Matthias Scheller                                                 genannten Verfassungs-      Wenn Sie über Ihre Sorgen und Ängste sprechen
   7 „Ich bin alt, aber kein Idiot“
                                                      Redaktion
                                                                                                                            normalzustand zurück.       möchten, wenden Sie sich gerne an unseren
   8 Lyrik: Über das fröhliche Altern                Christa Bohlken,                                                                                  Seelsorger Pastor Bobrowski oder nutzen Sie
                                                      Walburga Budde-Schmidt,                       Für uns in der Residenz am Wiesenkamp und           die Gesprächskreise im Hause.
   9 Lyrik: Freundschaft                              Ines Burmeister, Iren Engli,
                                                                                                    überall in der Gesellschaft gilt auch weiterhin,
                                                      Petra Friedmann, Elly Hamdorf,
  10 Mein Bruder Alfred                               Irmgard und Kurt Kroymann,                    dass ältere und kranke Menschen besonders           Ich will mein Vorwort dieses Mal mit einem
                                                      Dr. Helga Pohl, Erika Rüppel,                 gefährdet sind. Wir müssen weiter achtsam sein.     irischen Segensspruch schließen:
  11 Was im Leben wirklich wichtig ist                Christa Wohlers
                                                                                                    Die Masken, die Tests und der Mindestabstand
  12 Briefe aus Jahrstedt (Altmark), Ende Juli 1939   Mitarbeit                                     werden zumindest uns hier im Hause noch             Das Grün der Wiesen erfreue deine Augen, das
                                                      Barbara Gerber,
                                                                                                    lange begleiten.                                    Blau des Himmels überstrahle deinen Kummer,
  13 Die Prozesspaula und das Dachpappenlieschen      Sieglinde und André Lenzendorf,
                                                      Rosemarie Manshardt,                                                                              die Sanftheit der Nacht mache alle dunklen
  14 Lyrik: Terrasse                                  Antje Mühlenbrock, Ortwin Zielke              Ich appelliere noch einmal an Ihre Unter-           Gedanken unsichtbar.
                                                                                                    stützung beim Einhalten aller Vorsichtsmaß­
  16 Mausi                                            Anzeigen und Vertrieb
                                                      Wohnpark am Wiesenkamp gGmbH                  nahmen. Sie schützen nicht nur sich und             In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich Ihr
  17 Ein Jahr als Rentner                            Layout und Satz
                                                                                                    die Bewohnerschaft, sondern auch meine
                                                      Immanuel Albertinen Diakonie und              Kolleginnen und Kollegen.
  20 Zum Abschied in die Rente – Dank                 DKKD, David Rathke                                                                                Andreas Schneider
  21 Seit 66 Jahren glücklich verheiratet             Titelbild                                     Mit dem Frühling hält alljährlich – so altbekannt
                                                      flickr Heinz Bunse                            und doch immer wieder neu und herbeigesehnt
  22 Persönliches
                                                      Fotos
                                                      Christa Bohlken, Ines Burmeister,
                                                      flickr: S. 5 (Derrick Brutel), S. 6 (Michel
                                                      Mrazek), S. 8 (Personal Creations), S. 13
                                                      (The Case Farm), S. 14 (Boyce Duprey),
                                                      S. 15 (Herman), S. 18 (Steve Penton),
                                                      Petra Friedmann, Pastor Andreas
                                                      Hausberg, Sieglinde und
                                                      André Lenzendorf, Christa Wohlers,
                                                      Wohnpark am Wiesenkamp gGmbH

                                                      Redaktionsschluss
                                                      für die Rundschau Nr. 125
                                                      31. Mai 2022
Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen
4 Aus der Residenz                                                                                                                                                                Lyrik 5

  An mein Frauchen Wiebke!
                                                                                                        Vitamine
                       Hatte ich Dir eigentlich       viel genützt, sind doch nur zwei Portionen
                       schon geschrieben, was         gekommen … Gut, dass Du uns Futter für mich
                                                                                                        Mein Schatz,                        Wir glauben nicht an Wunder
                       ich bei Linde und André        mitgegeben hast. So brauchte ich nicht zu
                                                                                                        wir werden nicht jünger,            über den ganzen Plunder.
                       letztes Mal erlebt habe?       hungern. Na ja, ehrlich gesagt, habe ich noch
                                                                                                        wir brauchen Dünger                 Nichts ist passiert,
                       Also: Als Du mit unserem       etwas, was sie nicht mochten, von ihrem Fressen
                                                                                                        für Körper und Seele.               dieser kleine Reim
                       Auto weggefahren bist,         bekommen. So ein bisschen Abwechslung ist ja
                                                                                                        Ich verhehle es nicht,              stellte sich bei uns ein.
                       habe ich gar nicht mehr        immer gut und nicht zu verachten.
                                                                                                        vielleicht ist es schon Gicht.      Einnehmen,
                       geguckt, denn ich weiß
                                                                                                        Die kleinen grauen Zellen           das lassen wir bleiben,
  ja, dass Du gut vom Parkplatz auf die Straße        Und der anschließende Spaziergang mit Dir
                                                                                                        sind nicht mehr die schnellen.      wir können auch ohne Vitamine schreiben.
  kommst. Außerdem komme ich so schneller             und Linde war auch schön, nur auf den nassen
                                                                                                        Wir schlucken Vitamine A, B und C
  zu meinem Frühstück von André.                      Matschwegen etwas zu lange. Ich war doch froh,
                                                                                                        alles tut noch weh.                 Antje Mühlenbrock
                                                      als ich zuhause wieder in meinem gemütlichen
  In den Fluren haben mich wieder einige Damen        Körbchen lag.
  nett begrüßt, und zwei kannten sogar meinen         Dein Bobby
  Namen. Toll, nicht? Wo ich doch nur an einem        Sieglinde Lenzendorf
  Tag in der Woche dort bin … Das Frühstück
  macht André wirklich immer prima, so mit            Herr Lenzendorf mit Bobby
  Leberwurst und anderen Leckereien.

  Dann bin ich auf meinen Sofaplatz gehopst und
  hab erstmal ein bisschen nach draußen geguckt,
  ob alles auf dem Balkon ok ist. Linde hat mich
  dann gekrault – hatte ich auch erwartet – und
  dann bin ich eingeschlafen, denn es war sehr
  gemütlich.

  Als ich aufwachte, hat Linde mir ein Halstuch-
  Halsband umgebunden. Erst dachte ich, was
  soll das denn, aber es war nicht zu eng und war
  eigentlich ganz hübsch. Das fanden Linde und
  André auch. Und dann sagte Linde noch was,
  was ich nicht ganz verstanden habe, nämlich
  dass das von Lisa ist, und ich es in Ehren halten
  muss. Was meinten sie denn damit? Ist auch egal:
  Die Farbe passt zu meiner Leine und somit gut!

  Als das Mittagessen kam, roch es wieder prima.
  Ich habe ein bisschen gebellt, damit sie wissen,
  dass hier drei hungrige Mäuler sind und sie ’ne
  Portion mehr bringen müssen. Hat aber nicht
Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen
6 Erlebnisse                                                                                                                                                                              Wissenswertes 7

  Betrifft: Die Post in Volksdorf                                                                         an diesem Tag stand draußen eine Schlange
                                                                                                          von Menschen, die alle Geld abheben wollten.
                                                                                                                                                              ve: 20 Minuten warten – es war schon etwas
                                                                                                                                                              kalt – oder zum AEZ fahren, weil es dort eine
                      Schon seit dem vergange-        einige Male gesehen, wie Leute mit Paketen          Die nächste Poststelle für uns ist in Sasel (!) –   Poststelle gibt. Ich entschied mich fürs Warten
                      nen Jahr wurde gemunkelt,       unter dem Arm hineingingen und mit Paket            dorthin bin ich heute gefahren (24 er Bus, neun     und machte ein paar Einkäufe.
                      dass die Poststelle in Volks-   wütend wieder aus dem Gebäude herauskamen.          Haltestellen), weil ich ein Päckchen verschicken
                      dorf geschlossen werden                                                             wollte. Gegen 13:40 Uhr stand ich dort vor          Das „Päckchen“ wurde zum Maxibrief erklärt
                      sollte. Das wollten wir alle    Als ich Anfang Oktober meinen Kontostand wie        verschlossener Tür, und erst nach einigem           und auf dem Kassenbeleg steht dann noch
                      nicht so recht glauben,         üblich dort ausdrucken wollte, musste ich leider    Suchen entdeckte ich an einer Tür eine Liste mit    die Bitte, die Filiale zu bewerten … Das war
                      da es in Volksdorf mehrere      feststellen, dass bei der Post der Geld- wie auch   den Öffnungszeiten. Daraus musste ich entneh-       definitiv nicht „mein Tag“, weil mir dann
                      Altersheime gibt, und           der Auszugdrucker abmontiert worden waren.          men, dass man sich dort neuerdings zwischen         auch noch der Bus vor der Nase wegfuhr!
  wir meinten wohl, dass darauf Rücksicht             Meine Beschwerde bei der direkt gegenüber           13 und 14 Uhr Uhr eine „Pause“ gönnt. Alternati-    Christa Bohlken
  genommen würde. Weit gefehlt!                       liegenden Deutschen Bank (die soweit ich weiß,
                                                      doch wohl die Mutter der Postbank ist) wurde
  Es wurde offiziell bekanntgegeben, dass am
  30. September 2021 Schluss sein würde und
                                                      nur mit Achselzucken entgegengenommen.
                                                      „Da können wir auch nichts machen. Geld
                                                                                                          „Ich bin alt, aber kein Idiot“ – Protestkampagne
  man sich bemühe, in den Geschäften um die
  Weiße Rose eine Lösung zu finden. Davon ist
                                                      können Sie hier am Automaten mit der Post-
                                                      bankkarte abheben – ansonsten können wir
                                                                                                          macht spanischen Senioren zum Helden
  heute nicht mehr die Rede.                          Ihnen auch nicht weiterhelfen.“                                           Die Digitalisierung der       Sein Aufruf hat sich in Windeseile in Spanien
                                                                                                                                Banken bedeutet die           verbreitet, die große Unterstützung der
  Schon ab Mitte September war die Poststelle         Dort gibt es zwei Geldautomaten, von denen                                Schließung von Filialen,      Kampagne zeigt auch in der Politik Wirkung:
  nur noch sporadisch besetzt – es wurde leider       einer besetzt war mit einer Dame, die dort                                Personal wird entlassen.      Der sozialdemokratische Ministerpräsident
  auch nie irgendwie bekanntgegeben, wann die         ihre Überweisungen machte – was bekannter-                                Verlierer sind auch viele     Pedro Sánchez versicherte Ende Januar,
  Herrschaften anwesend sein würden. Ich habe         maßen immer ziemlich lange dauert – und                                   ältere Menschen, die sich     der spanische Bankenverband hätte sich bei
                                                                                                                                von Apps und Internet         einem Treffen mit Wirtschaftsministerin Nadia
                                                                                                                                überfordert fühlen. In        Calvino dazu verpflichtet, den Service für ältere
                                                                                                          Spanien fordert der 78-jährige Rentner Carlos       Menschen zu verbessern, und die Regierung
                                                                                                          San Juan de Laorden aus Valencia mehr Service       werde dies­bezüglich wachsam sein. Wirtschafts-
                                                                                                          für ältere Kunden. Seine Petition mit dem           ministerin Calvino, die in der Regierung
                                                                                                          griffigen Slogan „Ich bin alt, aber kein Idiot“     für die digitale Transformation zuständig ist,
                                                                                                          hat binnen kürzester Zeit hunderttausende           hat den Banken einen Monat Zeit gegeben,
                                                                                                          Unterstützer gefunden.                              um Vorschläge zu machen, wie eine
                                                                                                                                                              bessere „finanzielle Inklusion“ der Älteren
                                                                                                          Carlos San Juan de Laorden ist der Meinung,         aussehen könnte.
                                                                                                          dass die spanischen Banken ältere Menschen
                                                                                                          wie ihn vergessen haben. Einzahlungen,              Die Geschichte aus Spanien zeigt, dass Protest
                                                                                                          Abhebungen, Überweisungen … der Kunde               durchaus erfolgreich sein kann. Vielleicht ist
                                                                                                          macht die Arbeit der entlassenen Angestellten,      dies ein guter Ansatz, um bei Seniorinnen und
                                                                                                          fast alle Geschäfte müssen inzwischen online        Senioren auch in Deutschland wieder mehr
                                                                                                          geregelt werden. Carlos San Juan hält dies für      Zufriedenheit bei Bankgeschäften zu erreichen.
                                                                                                          eine Ausgrenzung Älterer und für eine soziale       Dies könnte damit beginnen, indem man
                                                                                                          Ungerechtigkeit, die er selbst und tausende         älteren Menschen zuhört.
                                                                                                          andere Menschen nicht verdienen, so meint er.       Ines Burmeister
Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen
8 Lyrik                                                                                                                                                                               Lyrik 9

  Über das fröhliche Altern
  Wer alt wird, der ist selber schuld             Und dann – zum Teile oder ganz –            Man trägt bedächtig alle Lasten
  und braucht dazu sehr viel Geduld               schrumpft auch noch die Gehirnsubstanz!     und haut noch manchmal auf den Kasten,
  und guten oder bösen Willen                     Was man zunächst dadurch empfindet,         doch merkt man bald, das ist nicht gut,
  sowie unzählig viele Pillen.                    dass häufig das Gedächtnis schwindet.       so bleibt man sanft und dämpft den Mut!
  Und auch Vertrauen himmelwärts
  und schließlich auch ein gutes Herz.            Weshalb man alles fein notiert              Man wird halt krummer, stummer, dummer …
                                                  auf Zettel, die man prompt verliert.        was ist dagegen schon zu tun?
  Was sich so mit dem Alter paart,                Man sucht, das ist doch nicht zum Lachen,   Nur leider wird man gegen Kummer …
  sind Mängel sehr verschied’ner Art,             nach Namen, Worten und nach Sachen:         niemals immun!
  die uns die Laune oft verderben,
  an denen wir jedoch nicht sterben.              Die allerwichtigsten Adressen               Man muss sich täglich neu bewähren,
                                                  hat man schon wieder mal vergessen.         wo soll man sich denn noch beschweren?
  Der Grundsatz: besser sein als scheinen,        Wo ist der Ring, man rauft die Haare,       Man resigniert und übt Geduld:
  ist gar kein Trost bei steifen Beinen!
  Der Rücken schmerzt, das Knie ist steif,
                                                  vielleicht gestohlen? I, bewahre.
                                                  Der findet sich schon bald danach:
                                                                                              Wer alt wird, der ist selber schuld!
                                                                                                                                                Freundschaft
  so wird man weiter abbruchreif.                 er lag nur halt im falschen Fach.           Das große Glück, noch klein zu sein               Freunde sind mir, mit denen ich
                                                                                              sieht mancher Mensch als Kind nicht ein           essen und trinken und reden kann.
  So mancher sieht auch nicht mehr klar,          Die Schlüssel – ach, wer kann dafür?        und möchte, dass er ungefähr so 15 oder 16 wär.   Die mich in meiner Küche kennen,
  Er hat – ob grün, ob grau – den Star.           die stecken draußen an der Tür.             Doch schon mit 17 denkt er halt:                  und denen ich sage: Komm, setz dich ran.
  Er meint nur, dass das nicht so störte,         Vermutlich schon die ganze Nacht?           Wer 18 wird, der ist schon alt.                   (Keine Probleme und Komplikationen:
  als wenn er, wie sein Freund, schlecht hörte!   Macht nix, das Haus wird ja bewacht.        Kaum ist die 20 dann geschafft,                   Wie füttert man den?
                                                                                              erscheint die 30 greisenhaft.                     Ist der Schnaps gut genug?)
                                                                                              Und dann die 40, welche Wende!                    Mit denen gemeinsam ich in den Jahren
                                                                                              Die 50 scheint beinah das Ende!                   meine und ihre Lasten abtrug:
                                                                                                                                                Krankheit der Kinder und Weltüberdruss.
                                                                                              Doch schon mit 60, peu à peu,                     Mit denen ich die Nächte zerrede.
                                                                                              schraubt man das Alter in die Höh'.               Und doch kommt es niemals zu einem Schluss.
                                                                                              Die 60 scheint grad noch passabel                 Das kann auch über Fernen bestehen.
                                                                                              und find die 70 miserabel.                        Auch wenn man sich lange Zeit nicht sieht:
                                                                                              Mit 70 aber denkt man still:                      Halten wir nur aneinander fest,
                                                                                              Ich werde 80, so Gott will.                       was immer sonst auch mit uns geschieht.
                                                                                              Und wer die 80 überlebt,                          Freundschaften sind wie Abenteuer,
                                                                                              zielsicher nach der 90 strebt.                    an die man sein ganzes Leben setzt.
                                                                                              Dort angelangt zählt man geschwind,               Versagt man oder wird man verraten,
                                                                                              die Menschen, die noch älter sind.                hat man sich mehr als die Haut verletzt.

                                                                                              Autor unbekannt                                   Eva Strittmatter (1930 – 2011)

                                                                                              eingebracht von Frau Engli                        eingebracht von Frau Gerber
Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen
10 Aus der Residenz                                                                                                                                                                       Philosophisches 11

                                                                                                          Was im Leben wirklich wichtig ist
                                                                                                          Ein Professor stand vor seinem Philosophie-          und sonst nichts mehr bliebe, Ihr Leben
                                                                                                          Kurs und hatte ein Experiment vor sich aufge-        trotzdem noch erfüllend wäre.“ Er fuhr fort:
                                                                                                          baut, das aus folgenden Dingen bestand: Ein          „Die Kieselsteine symbolisieren die anderen
                                                                                                          sehr großes Gurkenglas und drei weitere ver-         Dinge im Leben, die auch ihren Wert haben,
                                                                                                          schlossene Kisten. Als die Vor­lesung begann,        wie Ihre Arbeit, Ihr Haus, Ihr Auto, Ihr Hobby.
                                                                                                          öffnete er wortlos die erste Kiste und holte         Der Sand wiederum steht für alles andere,
                                                                                                          daraus Golfbälle hervor, die er allesamt in          die vielen Kleinigkeiten, die auch zum Leben
                                                                                                          das Gurkenglas füllte. Er fragte die Studenten,      gehören“. Noch immer sah er in ungläubige
                                                                                                          ob das Glas voll sei und sie bejahten dies.          Gesichter.

                                                                                                          Als nächstes öffnete der Professor die zweite        „Wichtig ist aber Folgendes: Falls Sie den Sand
                                                                                                          Kiste. Sie enthielt kleine Kieselsteinchen. Diese    zuerst in das Glas geben“, fuhr der Professor
                                                                                                          schüttete er zu den Golfbällen. Dabei bewegte        unbeirrt fort, „reicht der Platz weder für die
                                                                                                          er das Glas sachte und die Steinchen trudelten       Kieselsteine, noch für die Golfbälle. Und das-
                                                                                                          in die verbliebenen Zwischenräume zwischen           selbe gilt für Ihr Leben. Wenn Sie all Ihre Zeit
   Die Brüder Ortwin und Alfred Zielke                                                                    den Golfbällen. Dann fragte er die Studenten         und Energie in die vielen Kleinigkeiten investie-
                                                                                                          wiederum, ob das Glas nun voll sei. Sie stimmten     ren, werden Sie nie den nötigen Platz haben für

   Mein Bruder Alfred                                                                                     auch jetzt zu. Daraufhin öffnete der Professor
                                                                                                          die dritte Kiste. Sie enthielt feinen Sand. Diesen
                                                                                                                                                               die wirklich wichtigen Dinge. Achten Sie also
                                                                                                                                                               immer zuerst auf die Golfbälle, die Dinge, die
   Anlässlich des 100. Geburtstages von Herrn Zielke   und ich, wieder Kontakt zu Alfred. Otto hatte      schüttete er ebenfalls ins Glas zur Golfball-        wirklich wichtig sind. Achten Sie auf die Dinge,
   berichtet sein Bruder über seine persönlichen       die Adressen aller Geschwister. Woher er die       Steine-Mischung. Naturgemäß rieselte der Sand        die Ihr Glück direkt beeinflussen: Verbringen Sie
   Erinnerungen an seinen großen Bruder:               alle hatte, weiß ich nicht.                        in die nun noch verbliebenen Zwischenräume           Zeit mit Ihren Kindern und gehen Sie mit ihrem
                                                                                                          und füllte diese aus. Der Professor fragte nun       Partner mal wieder ins Restaurant. Danach
   Ich war der Jüngste in der Familie, das heißt ich   Alfred arbeitete in Hamburg. Später baute er       ein drittes Mal, ob das Glas voll sei. Und wieder    ist noch genug Zeit, um das Auto zu waschen
   bin es immer noch. Mit Alfred hatte ich als Kind    sich mit seiner Erika ein Haus in Hamburg-Sasel.   antworteten die Studenten wie im Chor mit            oder ein Fußballspiel zu schauen. Setzen Sie
   keinen Kontakt. Mir war nur bekannt, dass da        Hier habe ich beide besucht, als ich meine Zeit    „Ja!“. Schließlich holte der Professor zwei          Prioritäten, denn der Rest ist nur Sand und
   noch ein 16 Jahre älterer Bruder existierte, der    in Hamburg verbrachte. Da habe ich ihnen           Dosen Bier unter dem Tisch hervor, öffnete sie       fügt sich fast von selbst.“
   Tischler werden wollte. Auch, dass er dazu in       auch meine damalige Braut vorgestellt, meine       und schüttete deren Inhalt in den Topf und
   der Lehre war, wusste ich damals noch nicht.        heutige Frau Ursel. Und wir sind nun auch          füllte somit auch den letzten Raum zwischen          Einer der Studenten hob die Hand und wollte
   Erst als er seine Gesellenprüfung machte, da        schon 63 Jahre verheiratet.                        den Sandkörnern aus. Unter den Studenten             wissen, welche Rolle denn das Bier am Ende
   habe ich ihn gesehen. Hierzu hatten Vater und                                                          machte sich verwirrtes Lachen breit.                 spielen sollte. Der Professor schmunzelte:
   Mutter sich in Schale geworfen. Es war eben         Als Alfred kürzlich im Krankenhaus lag, haben                                                           „Ich bin sehr froh, dass Sie das fragen. Das zeigt
   etwas Besonderes. Danach verlor sich der            wir beide ihn kurzerhand besucht. Er war ganz      „Nun“, sagte der Professor, als das Lachen           Ihnen, egal wie schwierig oder vollgepfropft Ihr
   Kontakt zu ihm wieder. Ob er nun zum RAD            überrascht und freute sich. Wir telefonieren       nachließ, „ich möchte, dass Sie dieses               Leben auch erscheinen mag – es ist immer noch
   (Reichs-Arbeitsdienst) oder zum Militär             jeden Sonntag um 9 Uhr morgens und erzählen        Gurkenglas als Sinnbild Ihres Leben ansehen.         Platz für ein oder zwei Bier mit einem Freund!“
   eingezogen worden war, wusste ich nicht.            uns das Neueste. Und am Schluss singen wir         Die Golfbälle sind die großen und wichtigen          eingebracht von Frau Hamdorf
                                                       immer zusammen „In Hamburg sagt man                Dinge in Ihrem Leben: Ihre Familie, Ihre Kinder,
   Erst als wir unseren Bruder Otto im Lager           Tschüss …“                                         Ihre Gesundheit, Ihre Freunde. All die entschei-
   Pöppendorf bei Lübeck trafen, bekamen wir,          Ortwin Zielke                                      denden und richtungsweisenden Aspekte Ihres
   das waren Mutter, unser Bruder Siegfried            dem jüngsten Bruder, 84 Jahre alt                  Lebens, durch welche, falls alle Stricke reißen
Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen
12 Aus der Kindheit                                                                                                                                                                     Aus der Kindheit 13

   Briefe aus Jahrstedt (Altmark), Ende Juli 1939                                                             Die Prozesspaula und das Dachpappenlieschen
   Liebe Ursel,                                        Kraftübertragung. Alles roch nach Mehl und                                  Nach dem Krieg,             Untergebracht wurden die beiden beim
                                                       altem Holz. Opa trank seinen Kaffee, und dann                               1946 / 1947, in der         Bürovorsteher, der einen großen Garten hatte.
   nun muss ich dir aber von dem besonderen Haus       kam ein Fuhrwerk, Männer trugen gebückt                                     ganz schlechten Zeit,       Und wir Kinder mussten ein Mal in der Woche
   erzählen, das auch zum Hof gehört. Gestern          unter Säcken Getreide in das Häuschen, und                                  da musste jeder sehen,      das Heu, das uns ein Bauer lieferte, mühsam
   waren wir dort, wir sollten Opa Heider, dem         bevor Opa die Mühlräder löste, mussten                                      wie er Dinge in Essen       zu diesem Garten schleppen.
   Altbauern, der immer so nett mit uns sprach,        wir gehen.                                                                  eintauschen konnte.
   aber oft nicht auf dem Hof war, das Frühstück                                                                                   Leider hatte mein           Wir mochten die Ziegenmilch gar nicht, aber
   bringen. Also zogen wir die Dorfstraße wieder an    Nun müsste ich eigentlich eine Bäckerei besu-                               Vater keinen Beruf,         wir haben unseren jüngsten Bruder, der 1946
   dem Gehöft entlang, wo ich mich im Gedanken         chen. Aber, liebe Ursel, ihr kauft doch euer Brot      der unmittelbar mit Essbarem in Verbindung       geboren wurde, damit gefüttert. Er kannte ja
   an den winterlichen Kompott immer ekelte:           auch am Ende der Farmsener Landstraße –                stand, er war Anwalt. Und so sagte er seinen     nicht den Unterschied.
   an langen Schnüren hingen unter dem Dach-           dort, das ist doch nur eine Verkaufsfiliale …          Mandanten, anstatt eines Honorars sei ihm
   überstand Äpfel-, Birnen-, Pflaumenschnitzel,       Erika Rüppel                                           Essbares lieber.                                 Leider weiß ich nicht, was aus den Ziegen
   umschwirrt von Schmeißfliegen, dick schwarz                                                                                                                 wurde, aber die beiden Namen habe ich
   von ihnen umhüllt. Viele Felder sind schon ohne     P. S. der Autorin: Wenige Wochen später wurde          So bekamen wir zwei Ziegen, die wir Prozess­­-   nie vergessen.
   Hocken, blass schimmernd bis zum Horizont,          Polen überfallen und der Krieg angezettelt.            paula und Dachpappenlieschen tauften.            Rosemarie Manshardt
   manchmal vor kleinen Wäldchen.
   Im heißen Wegesrand wirbelten kleine funkelnde
   Steinchen auf, zwischen dürren Grashalmen
   leuchten weiße Blüten, Ackerwinden, die nichts
   zum Klettern gefunden haben, hintereinander
   wie Wölkchen am Himmel – und leuchtend blau
   darüber, stufenweise an trockenen Stängeln
   hochkletternd – kletternd die vielblättrigen
   Kränzchen der Wegwarte.

   Und dann, auf der linken Seite, kamen wir zu
   einem dunkelbraunen Spitzdachhäuschen auf
   kleinem Hügel, mit Tür und kleinem Fenster,
   darunter nach vorne herausragend ein großer
   Balken, den Opa Heider gerade aus seiner
   Verankerung hob. Der kleine Mann hob den
   Balken an und drehte das ganze Haus ein wenig
   zur Seite! Dabei hatte das noch vier große Flügel
   auf dem Rücken: eine Windmühle! Wir gingen
   mit Opa die Stufen hoch und zur Tür hinein.
   Was es darin alles zu sehen gab kannte ich nur
   aus Geschichten, z. B. den Mühlstein, den in der
                                                       Heute steht die über 200 Jahre alte Bockwindmühle im
   biblischen Geschichte der Sündige um den Hals       Freilichtmuseum Diesdorf. Anlässlich des Deutschen
   bekommen sollte. So groß? Das Funktionieren         Mühlentages am Pfingstmontag, den 6. Juni 2022,
   des Zahnrades stellte ich mir vor, Opa erklärte     finden auch Führungen durch die Mühle statt.
Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen
14 Lyrik                                                                                                                                                                       Lyrik 15

                                                                                            wo sich, wenn sich Herr Puhfcke sonnte,   So ging so manches Jahr in’s Land,
                                                                                            Ameisennachwuchs bilden konnte.           bis Käuferin und Käufer fand
                                                                                            Auch Regenwasser spülte fort              man müsse die Terrasse richten
                                                                                            an einen tiefgeleg’nen Ort,               und alle abgesackten Schichten
                                                                                            was Puhfcke oben haben wollte,            durch bess’res Material ersetzen
                                                                                            wo es die Platten stützen sollte.         – dann könnte man sich neu ergötzen.

                                                                                            Bald war das Ganze buckelig,              Sie räumten, was vorhanden war
                                                                                            und Puhfcke sagte: „Fürchterlich!         – das alte Loch war wieder da!
                                                                                            Wie sieht bloß die Terrasse aus!“         Dann rissen sie die Mauern weg
                                                                                            – und flugs verkaufte er das Haus,        – das Loch verharrte still am Fleck.
                                                                                            nachdem (mit etwas Sand, geschichtet)     Dann kamen (für so manche Mark)
                                                                                            das Ganze wieder hergerichtet.            die Handwerksburschen, jung und stark,
                                                                                                                                      und schlugen eine neue Gasse
                                                                                            Der Käufer bräunte in der Sonne.          der Muße – neu steht die Terrasse
                                                                                            Die Muße war auch seine Wonne.            und lädt im Frühlingssonnenschein
                                                                                            Die fleißgewohnten Krabbeltiere           zum Sonnebad-Genießen ein!
                                                                                            besorgten weiterhin das Ihre:
                                                                                            Sie stopften Sand in Loch und Ritzen,     Kurt Kroymann

   Terrasse                                                                                 den sie von unterwärts stibitzten,
                                                                                            und auf der ehemals so glatten
                         Herr Puhfcke will         die halbgeleerte Farbendose              Terrasse senkten sich die Platten!
                         der Muße pflegen.         und auch die ausgediente Hose,
                         Das schätzt er sehr,      was ihm an Kacheln übrig blieb,
                         der Muse wegen.           war ihm für die Terrasse lieb;
                         Er schlägt der Freizeit   er füllt’ das Loch mit alten Taschen,
                         eine Gasse                dem Dutzend Wein-entleerter Flaschen
                         und baut am Haus          und allem, was Herr Puhfcke fand
                         eine Terrasse.            – und oben füllt’ er es mit Sand.
                                                   Dann wurden Platten draufgelegt,
   Dort war zunächst nichts als ein Loch           was sandig war, ward abgefegt,
   – Herr Puhfcke füllte es jedoch;                und Puhfcke konnt’ (der Muse wegen)
   er wusste stets es einzurichten,                im Sonnenschein der Muße pflegen.
   was er so fand, dort aufzuschichten:
                                                   Bald hatt’ er braungebrannte Backen
   Was übrig blieb beim Essenkochen,               – der Untergrund begann zu sacken!
   er schüttet’s hin, speziell die Knochen.        Er lag zu lose; überdies erwies
   Ihm war ein Sack Zement versteinert?            er sich als Paradies
   Den warf er hin, ganz unzerkleinert.            für mehrere Insektenstaaten,
                                                   die fleißig ihre Arbeit taten
   Ein alter Schuh, erstarrter Gips,               und Korn für Körnchen Sand stibitzten;
   ein Brett, ein Federbett, ein Schlips,          den stopften sie in Loch und Ritzen,
Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen
16 Aus der Kindheit                                                                                                                                                         Aus dem Leben gegriffen 17

   Mausi                                                                                                   Ein Jahr als Rentner
                       Es ist schon eine ziemlich                                                          24. Mai                                           Danach Rasen mähen und Fahrt zu OBI. Ich
                       lange Zeit her, als die                                                             Es ist geschafft! Mein letzter Arbeitstag.        lasse mir Holz für ein weiteres Vogelhäuschen
                       Geschichte mit Mausi                                                                Ich bin endlich Rentner. Jetzt geht mein          zuschneiden. Dann habe ich zwei. Eins für
                                                      Mausi
                       begann. Mausi war eine                                                              Leben richtig los. Ich will endlich das           die Vogelmännchen und eins für die Vogel­
                       Hündin, geboren irgendwo       doll, wenn ich wieder an Bord konnte. So             machen, woran mich diese verdammte                weibchen.
                       in der damaligen DDR.          vergingen eine ganze Reihe von Jahren, bis zu        Arbeit immer gehindert hat.
                                                      dem Tag, als Mausi plötzlich nicht mehr da war.                                                        22. Juni
                         Meine Eltern waren                                                                25. Mai                                           Bis mittags geschlafen. Dann noch ein Vogel-
   Binnenschiffer und meistens zwischen Hamburg       Meine Eltern waren auf der Fahrt von Berlin          Ich stehe früh auf, und weiß gar nicht, was ich   häuschen für Vogelkinder gebaut. Dann den
   und Berlin unterwegs. Das bedeutete, dass sie      nach Hamburg. Auf einem der kleinen Seen, die        zuerst tun soll. Der Rasen muss gemäht werden,    Rasen gedüngt, damit er schneller wächst
   bei dieser Fahrt die meiste Zeit durch das DDR-    sie durchqueren mussten, ging Mausi über Bord.       ich will die Dachrinne reparieren, ich muss       und häufiger gemäht werden muss.
   Gebiet fuhren, ohne Landgang, dafür aber mit       Wie das passieren konnte, wusste keiner, denn        die Wasserhähne entkalken, ich will ein Vogel-
   strenger Kontrolle an der Grenze. Ein russischer   niemand hatte es gesehen. Was mein Vater sah,        häuschen bauen und endlich mal „Krieg und         Danach Tee mit meiner Frau getrunken.
   Soldat mit einem Gewehr schritt die ganze Zeit     war Folgendes: Einige Fischerboote ruderten zu       Frieden“ lesen.                                   Ich gebe ihr Tipps für den Haushalt. Aber
   während der Kontrolle auf Deck hin und her.        einem schwimmenden schwarz-weissen Knäuel                                                              manchmal habe ich den Verdacht, dass ich
   Für mich war das immer furchteinflößend. Es        und fischten es aus dem Wasser. Es war meine         Treffe vor dem Haus meinen Nachbarn. Er ist       sie nerve. Z. B. wenn wir im Garten zusammen
   wurde alles durchsucht nach verstecktem Geld       Mausi. Als mein Vater mir das erzählte, kam mir      auch Rentner. Er läuft unrasiert im Joggingan-    Darts spielen. Nicht dass wir uns streiten, aber
   und nicht zuletzt nach Menschen, die nicht         sofort eine Idee: Ich wollte an den Bürgermeister    zug rum, sieht aus wie Jörg Kachelmann nach       warum klebt sie immer ein Foto von mir vor
   im „Schiffsbuch“ eingetragen waren. Ich war        des nächsten größeren Ortes schreiben. Wie           30 Tequila. Er schaut den ganzen Tag Nachmit-     dem Werfen auf die Dartscheibe?
   eingetragen, denn in den Schulferien war ich       gedacht, so getan – und tatsächlich bekam ich        tagstalkshows oder löst Kreuzworträtsel. Das
   immer an Bord.                                     eines Tages Antwort. Jetzt wusste ich, bei wem       wäre nichts für mich! Ich mähe erst mal den       30. Juni
                                                      Mausi ihr neues Zuhause gefunden hatte. Ein          Rasen, reinige die Dachrinne und fange mit        Ich will mal wieder mit einem anderen Men-
   Bei einer dieser Fahrten trafen wir auf Mausi.     Geschwisterpaar im Alter von zehn bis zwölf          dem Vogelhäuschen an.                             schen reden und gehe zum Arzt. Viele Rentner
   Wir waren in der Schleuse von Havelberg (wenn      Jahren freute sich über Mausi, die jetzt natürlich                                                     gehen zum Arzt, um mal zu quatschen. Ich habe
   ich das richtig erinnere). Da sahen wir einen      einen anderen Namen hatte, genau so herzlich,        Das Leben ist wunderbar!                          mir Prostatabeschwerden ausgedacht. Aber der
   Mann mit einem kleinen schwarz-weissen             wie ich es getan hatte.                                                                                Arzt schickt mich nach Hause. Prostata würde
   Hund auf dem Arm. Er schaute zu mir herüber,                                                            2. Juni                                           bei Kassenpatienten in meinem Alter nicht
   kam näher und fragte, ob ich den süßen Hund        An eine Rückgabe war in der damaligen Zeit           Der Rasen ist gemäht, die Dachrinne gereinigt     mehr behandelt – Rentner hätten genug Zeit
   haben möchte. Natürlich wollte ich! Meine          natürlich nicht zu denken und ehrlich gesagt,        und das Vogelhäuschen ist fertig. Die Piepmätze   zum pinkeln!
   Eltern sahen sich erschrocken um, ob uns           ich wollte es auch gar nicht. Ich freute mich,       kommen und tirilieren fröhlich. Ich fahre zu
   jemand beobachtete, denn jeglicher Kontakt         dass es Mausi dort gut ging. Ich war über viele      OBI und besorge Entkalker für die Wasserhähne.    13. Juli
   mit DDR-Bürgern war verboten. Bevor wir richtig    Jahre (bis über ihren Tod hinaus) mit der            OBI ist voll mit Rentnern. Jeden Morgen trifft    Schlafen bis Zwei.
   reagieren konnten, hatte ich das Hündchen auf      Familie im Briefkontakt. Irgendwann ist              sich da das Krampfadergeschwader am Holz­
   dem Arm – und schon ging es aus der Schleuse       dann auch dieser Kontakt eingeschlafen.              zuschnitt. Trübe Tassen. Fahre nach Hause und     Danach Rasenmähen und Vogelhäuschen
   hinaus. Ich war überglücklich! Nun hatten                                                               entkalke die Wasserhähne.                         basteln. Im Garten stehen jetzt 28 Stück.
   wir einen Hund an Bord. Ich gab ihm, d. h. ihr,    Meine Gedanken weilen von Zeit zu Zeit                                                                 Als ich es aufstellen will, entdecke ich auf dem
   den Namen Mausi.                                   bei Mausi und werden es wohl immer tun.              7. Juni                                           Rasen einen Brief: Die Vögel haben geschrieben:
                                                      So hatte sich der Kreis um sie geschlossen.          Etwas länger geschlafen. Dann frühstücke ich      „Alter, hör auf mit dem scheiß Vogelhäuschen.
   Mausi fühlte sich von Anfang an auf dem Kahn       Sie war wieder in ihrer „alten Heimat“.              und kontrolliere, ob die Wasserhähne neuen        Wir sind satt, und es ist uns vor den anderen
   zuhause und ich freute mich immer doppelt so       Christa Wohlers                                      Kalk angesetzt haben.                             Tieren peinlich“.
Rundschau - In besten Händen, dem Leben zuliebe - Nr. 124 April - Juni 2022 - Albertinen
18 Aus dem Leben gegriffen                                                                                                                                                   Aus dem Leben gegriffen 19

   21. Juli                                             30. September                                      die Figur „der Arbeitnehmer betätigt die            im Wald auf einer Bank und mein Blick fällt auf
   Mein Nachbar bietet mir ein Kreuzworträtselheft      Krieg und Frieden lese ich nicht mehr. Schaue      Stechuhr“. Werde aus dem Kurs geworfen.             die Ameisen am Boden. Tja, die arbeiten und
   an. Ich schaue mal rein. Russischer Fluss            jetzt mehr Nachmittagstalkshows. Heute ist das                                                         arbeiten. Von denen sagt keine „Ich bin in Rente
   mit sieben Buchstaben. Ach was denkt sich            Thema: „Ich mach dich kalt du blöde Summse“.       3. Januar                                           und mache jetzt Pilates“.
   der Idiot denn? Meint er, ich habe Zeit mir          Na ja, ein bisschen lehnt sich das ja auch an      Habe mit dem Sport aufgehört.
   im Atlas Flüsse aus Russland mit sieben              „Krieg und Frieden“ an.                                                                                12. Februar
   Buchstaben rauszusuchen?                                                                                Nur den Jogginganzug trage ich noch ganz            Bin nachts nicht müde. Wovon auch? Stehe
                                                        26. Oktober                                        gerne. Rasieren tue ich mich auch nicht mehr.       deshalb auf, setze mich ins Auto und fahre durch
   1. August                                            Meine Frau meint, wir sollen etwas für unseren     Wenn ich auf die Straße gehe, fragen mich           die nächtliche Stadt. Ich lande bei meiner alten
   Es gibt insgesamt 1376 russische Flüsse              Körper tun. WELLNESS … Sobald man Rentner          manchmal die Obdachlosen, ob ich einen              Firma, steige aus und streichele das Gebäude.
   mit sieben Buchstaben. Die bekanntesten              ist, soll alles nur noch Wellness sein. Man soll   Euro brauche.
   sind: Bjelaja, Dnjestr, Irtysch, Utschur und         die Seele baumeln lassen. Warum? Wenn man                                                              Auf der Rückfahrt sehe ich, wie an einer Land-
   Wolchow.                                             älter wird, baumelt am Körper sowieso schon        19. Januar                                          straße Türken auf dem illegalen Arbeitsstrich
                                                        so viel. Da muss die Seele nicht auch noch         Meine Frau will mich jetzt aktivieren und schafft   rumstehen und warten, dass sie zur Schwarz­
   Am Abend Krise mit meiner Frau. Unser erotisches     mitbaumeln.                                        einen Dackel an. Das ist das Ende. Wenn der         arbeit abgeholt werden. Traurig so etwas.
   Leben ist eingeschlafen. Passiert vielen Rentnern.                                                      beste Freund eines Mannes eine Wurst mit
   Meine Frau schlägt als Lösung vor, wir sollten mal   Meine Frau schleppt mich zum Rentner-Joga,         Beinen ist, die Purzel heißt, ist es Zeit für ihn   3. März
   Sex an ungewöhnlichen Orten probieren.               zur Rentner-Sauna, zum Pilates. Pilates!           abzutreten.                                         Habe mich dunkel geschminkt, mir einen
                                                        Das war für mich bislang der Typ, der Jesus                                                            Schnäuzer angeklebt und reihe mich unter
   4. September                                         gekreuzigt hat!                                    Dackel wurden Anfang des 20.Jhds. in England        die Türken an der Straße ein. Serhat, Mehmet,
   Wir haben die Seiten im Bett getauscht. Hilft                                                           gezüchtet. Ziel der Züchtung war es, eine           Ügür und Öczan. Im Auto stellt sich heraus, die
   auch nicht. Habe gelesen, 50 % der Männer            12. November                                       Nackenrolle zu haben, die selbstständig in die      heißen eigentlich Franz, Theo, Günther und
   über 65 nehmen Viagra. 70 % davon können sich        Beim Rentner-Joga soll ich die Figur machen        Waschmaschine gehen kann. Ich schäme mich.          Willi. Sie sind auch Rentner mit angeklebten
   allerdings nicht mehr erinnern. Warum?               „das Gnu liegt in der Morgensonne“. Ich mache      Aber ich gehe mit ihm spazieren, sitze dann         Schnäuzern.

                                                                                                                                                               Am Nachmittag – Arbeit auf einer Baustelle.
                                                                                                                                                               Ich war lange nicht so glücklich!

                                                                                                                                                               12. April
                                                                                                                                                               Fahre jetzt jeden Morgen mit den anderen
                                                                                                                                                               Rentnern auf die Baustelle.

                                                                                                                                                               Nachmittags sitzen wir zusammen und überlegen,
                                                                                                                                                               was wir noch alles machen können. Wir wollen
                                                                                                                                                               eine Firma gründen, einen Konzern erschaffen,
                                                                                                                                                               wir wollen ackern und malochen. Auch mit 65
                                                                                                                                                               kann man noch viel bewegen. Eine Geschäftsidee
                                                                                                                                                               für unseren Konzern haben wir auch schon …

                                                                                                                                                               VOGELHÄUSCHEN!

                                                                                                                                                               Eingebracht von einer Bewohnerin
20 Aus der Residenz                                                                                                                                                    Aus der Residenz 21

   Zum Abschied in die Rente – Dank                                                     Seit 66 Jahren glücklich verheiratet:
   Liebe Bewohnerinnen und Bewohner,                                                    Gesa und Gerd Kruse haben ihre
   liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
   der Residenz!                                                                        Schnittlauchhochzeit gefeiert
   Ich möchte mich bei all denen ganz herzlich                                          Der besondere Hochzeitstag der Eheleute Kruse       viel gereist. So führten sie viele Reisen auf
   bedanken, die mir den Abschied „schwer“ und                                          war dem Heimat Echo                                 Stückgutfrachtern rund um die Welt.
   sehr schön gemacht haben. Die Art und Weise,                                         ein großer Artikel wert. Darin berichten sie, wie
   wie Sie mir den Abschied unter den Pandemie-                                         sie sich in den 50er Jahren in einem Ruderclub      Die Schnittlauchhochzeit haben die Kruses –
   Bedingungen gestaltet haben, hat mich sehr                                           an                                                  wie bereits ihre Hochzeit – mit 20 Freunden
   berührt und ist ein sehr schönes Zeichen der                                         der Alster kennenlernten und im Dezember 1955       und bei gutem Essen und Wein gefeiert.
   Wertschätzung und Würdigung meines Seins in                                          heirateten. Gerd Kruse war im Außendienst bei       Toleranz, Liebe und Humor sind ihre Zutaten
   der Residenz. Ich nehme dieses als Vermächtnis                                       der Deutschen Gold- und Silberscheideanstalt        für die lange, glückliche Ehe.
   mit in die kommende Zeit. Für mich ist es ein                                        tätig. Gesa Kruse arbeitete als Bankangestellte     Ines Burmeister
   großer Segen, dankbar auf meine Zeit zurück-                                         bei der Hamburgischen Landesbank. Beide
   schauen zu können. In den Begegnungen mit                                            sind immer gerne
   Ihnen, ob als Bewohner oder als Mitarbeiter,
   haben Sie mir meine berufliche Zeit zu einem
   Teilen des Lebens gemacht. Mit Bildern, Briefen
   und Texten, vielem Wein und anderen Aufmerk-
   samkeiten haben Sie mich verabschiedet. So
   möchte ich Ihnen von ganzem Herzen danken!

   Ihr
   Axel ter Haseborg

   Axel ter Haseborg mit seiner Ehefrau Hilke und den beiden Söhnen anlässlich seiner
   Entpflichtung in der St. Michaelskapelle
22 Persönliches                                                                                                                                                                            Anzeigen 23

   Herzlichen Glückwunsch
                                                                                                 Wir kümmern uns um Ihre Gesundheit!
   April                      Gisela Hey,                      Ingelore Hansen,
   Helga Arnold,              Eva Holzkamm,                    Gerda Kock, Gerda Köhler,
   Hildegard Baron,           Karla Kasat,                     Agnes Kramolowsky,
   Renate Benze,              Rita Krause,                     Irene Lange,
   Ingeborg Bernstein,        Heinz-Georg Kremer,              Irmgard Leiner,
   Claus Borgwardt,           Hildegard Kühl,                  Jutta Martens,
   Maria Breuer,              Hans Mahlmeister,                Hannelore Mirow,
   Margarete Döhlinger,       Erika Marzi,                     Gisela Posewang,
   Marion Eddelbüttel,        Marlis Mendrzik,                 Margret Schwegmann,
   Irmgard Emmel,             Hildegard Meyer,                 Monika Steinhagen,                                                       INH. CHRISTINA GLOYER

   Gerd Goldammer,            Paul Meyer,                      Dorit Storm,                              Greifenberger Str. 57b                          Grönlander   Damm
                                                                                                                                                         Spitzbergenweg    32 1
                                                                                                         22147 Hamburg                                   22145
                                                                                                                                                         22145 Hamburg
                                                                                                                                                                Hamburg / EKZ Meiendorf
   Hilde Karl,                Bodo Pansch,                     Ursula Voß, Erika Weich,                  Telefon: (040) 609 025 30                       Telefon:  (040) 678
                                                                                                                                                         Telefon: (040)  678 65
                                                                                                                                                                              65 77
   Charlotte Kind,            Ilse Petersen,                   Hans-Ulrich Wilken                        Telefax: (040) 609 025 35                       Telefax:
                                                                                                                                                         Telefax: (040) 679 411152
                                                                                                                                                                  (040)  679 41   52
   Marianne Krieger,          Hildegard Pries,                                                           info@greifenberg-apotheke.de                    nordland.apo@t-online.de
                                                                                                                                                         nordland.apo@t-online.de
                                                                                                         www.greifenberg-apotheke.de                     www.nordland-apotheke-hamburg.de
                                                                                                                                                         www.nordland-apotheke-hamburg.de
   Hanna Kutz,                Marianne Rautenberg,
                                                               Herzlich willkommen            Gerne beraten wir Sie in allen Gesundheitsfragen. Was immer Sie benötigen, beschaffen wir kurzfristig.
   Margot Mählmann,           Britta Rüde,                                                    Wir passen Ihnen -ebenfalls nach Absprache- Kompressionsstrümpfe an und beraten Sie eingehend dazu.
   Liesel Männich,            Marianne Schade,                 Haus 1
                                                                                              Oder kommen Sie einfach vorbei. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
   Hannelore Möller,          Elfriede Scheufler,              Claus Borgwardt,
   Erika Müller,              Karl-Uwe Wagner,                 Veronika Gluba,
   Hildegard Müßig,           Horst Webendörfer,               Ute und Peter Hiller,
   Erika Rüppel,              Dr. Hans Hermann Wilking         Dr. Hartwig Thieme
   Ilse Samtleben,
                                                               Haus 2
   Margrit Schläger,          Juni
                                                               Renate Ehlers,
   Anneliese Schönefuß,       Klaus Achs,
                                                               Gerda Schneider
   Peter Schoppitsch,         Dr. Jürgen Arndt,
   Ottilie Speckert,          Eva Becker,                      Haus 4
   Hulda Tietje,              Waltraud Bening,                 Dieter Gerth, Annelies Lang,
   Rosemarie van Teeffelen,   Dorothea Bialas,                 Edith Messmer, Erika Runge,
   Margit Vick,               Jan Grot,                        Margrit Schläger
   Berbe Westphalen,
   Kathrin Zier

   Mai                                    In stillem Gedenken an:
   Christel Arfs,                         Erika Averdieck (98), Gretchen Dreesen (82),
   Renate Barth,                          Prof. Dr. Ulrich Drobnig (93),
   Rosemarie Bruns,                       Annelies Gatermann (92), Klaus Geschke (94),
   Ursula Curth,                          Günther Hey (91), Margot Hundt (90),
   Maria Theresia Ebbert,                 Rolf Posewang (98), Elke Pudler (90),
   Dieter Eschenbach,                     Rudi-Franz Schmidt (90), Klaus Winter (83),
   Klaus Henneberg,                       Reinhold Wiwiorra (82), Hildegard Wyrobisch (71)
Residenz am Wiesenkamp
Wiesenkamp 16
22359 Hamburg
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