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Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau Vierter Bericht 2016 M W E LT U G ESEL FT HA SC L C HAFT W IR TS
Herausgeber Regierungsrat des Kantons Aargau Leitung und Realisation Departement Bau, Verkehr und Umwelt Interdepartementale Begleitung Norbert Kräuchi BVU ALG (Leitung) Philippe Baltzer BVU AFU Susanna Bohnenblust SK STRAT Daniel Brändli SK STRAT Sibel Karadas DVI GES Margrit Schärer DGS GES Peter Sinelli DFR FI Frédéric Voisard BKS GES Inhaltliche Beiträge Urs Meier SK GES Roland Aregger DFR KSTA David Schönbächler BVU AFU Thomas Buchmann DVI AWA Matthias Müller DFR LWAG Arno Stöckli BVU AFU Urs Schädeli DVI KAPO Irina Nüesch DGS AVS Simon Egger BVU ALG Barbara Cavelti DVI MIKA Brigitte Baschung DGS GSH Thomas Gremminger BVU ALG Marietta Frey DVI SF Susanne Gedamke DGS GSH Claudio Hagen BVU ARE Andri Vital DVI SF Cornelia Breitschmid DGS KSD Manuel Peer BVU ARE Philippe Kuhn BKS AK Margrit Schärer DGS KSD Hanspeter Gloor BVU ATB Reto Nussbaumer BKS DP Peter Barmet BVU AE Dejan Milo BVU ATB Frédéric Voisard BKS GES Werner Leuthard BVU AE Dominik Studer BVU ATB Olivier Dinichert BKS HS Peter Kuhn BVU AFU Ursula Häfliger BVU AVK Kuno Walther BKS SHW Heiko Loretan BVU AFU Fabian Dietiker BVU AW Peter Sinelli DFR FI Martin Märki BVU AFU Marcel Murri BVU AW François Chapuis DFR IMAG Daniel Schaub BVU AFU Hans-Martin Plüss BVU GES Datenbasis und Redaktionsschluss Datenbasis vorwiegend 2015, Redaktionsschluss Dezember 2016 Konzept, Koordination, Sachbearbeitung, Gesamtredaktion Corinne Schmidlin, Peter Jann, Kathrin Ruprecht, Cynthia Müller, Andreas Wolf Fachstelle Nachhaltigkeit, Naturama, Feerstrasse 17, 5000 Aarau Bezugsquelle pdf-download: www.ag.ch/nachhaltigkeit Kontakt Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Entfelderstrasse 22, 5001 Aarau Tel. 062 835 32 00 bvu@ag.ch Fotos: Brigitte Lattmann, Gränichen Gestaltung: Girod Gründisch, Baden Titelbild: Markus Rossé, Unterentfelden Druck: Binkert Buag AG, Laufenburg Klimaneutral gedruckt auf Cyclus 100 % Recycling FSC, Blauer Engel, ClimatePartner°
Inhalt Vorwort 2 Engagement des Regierungsrates 4 1 Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau, vierter Bericht 6 2 Gesamtbild Wirtschaft – Gesellschaft – Umwelt 10 3 Perspektiven aus Nachhaltigkeitssicht 14 4 Entwicklung der einzelnen Themenbereiche 20 4.1 Dimension Wirtschaft 21 W1 Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 22 W2 Standortattraktivität 23 W3 Innovation 24 W4 Finanzielle Wohnattraktivität 25 W5 Arbeitsmarkt 26 W6 Infrastrukturen und Investitionen 27 W7 Effizienter Einsatz natürlicher Ressourcen 28 W8 Öffentlicher Haushalt 29 W9 Steuern und Gebühren 30 W10 Leistungsfähiger Staat 31 4.2 Dimension Gesellschaft 33 G1 Bildung 34 G2 Einkommen, Armut und soziale Unterstützung 35 G3 Integration 36 G4 Sozialer Zusammenhalt 37 G5 Chancengerechtigkeit 38 G6 Gesundheit und Wohlbefinden 39 G7 Wohnqualität und Lärm 40 G8 Sicherheit 41 G9 Kultur 42 G10 Politische Beteiligung 43 4.3 Dimension Umwelt 45 U1 Bodenverbrauch durch Siedlungsentwicklung 46 U2 Bodenqualität 47 U3 Wasserqualität 48 U4 Luftqualität 49 U5 Lebensräume für Tiere und Pflanzen, Artenvielfalt 50 U6 Landschaft 51 U7 Landwirtschaft 52 U8 Wald 53 U9 Energie und Klima 54 U10 Verkehr 55 U11 Abfälle und einheimische Rohstoffe 56 5 Quellenverzeichnis 58
Vorwort Unter nachhaltiger Entwicklung verstehen wir gemäss dem Brundlandt- Bericht von 1987 eine Entwicklung, «welche die Bedürfnisse der gegen- wärtigen Generation befriedigt, ohne die Fähigkeit zukünftiger Genera tionen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen». Der Gedanke des langfristig angelegten, verantwortungsbewussten Umgangs mit einer Ressource wurde jedoch bereits 1713, in der «Sylvi cultura oeconomica» von Carlowitz erstmals aufgegriffen. Dieser forderte für den zu jener Zeit stark dezimierten Wald «daß es eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe», «zum Besten des gemeinen Wesens» und den «Nachkommen zum Besten». In diesem ganzheitlichen Sinne zeigt der vorliegende Bericht eine Momentaufnahme der wirt- schaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Leistungsfähigkeit des Aargaus und gibt Auskunft darüber, ob der Kanton Aargau auf Nach haltigkeitskurs ist, oder ob entgegengesetzte Tendenzen feststellbar sind. Die Erkenntnisse aus den 30 beschriebenen Themenbereichen zeichnen für den Aargau – über alle Dimensionen der Nachhaltigkeit betrachtet – ein gutes Gesamtbild. Dies gilt sowohl für die mehrheitlich konstanten gesellschaftlichen Aspekte als auch für die Qualität der Umwelt, die sich in vielen Bereichen erfreulich positiv entwickelt hat. In der Dimension Wirtschaft zeichnen sich dagegen gewisse negative Auswirkungen ab. So hat die Frankenaufwertung den exportorientierten Industrieunterneh- men besonders zugesetzt. Margen- und Unternehmensgewinne sind gesunken mit unmittelbarer Auswirkung auf die Steuereinnahmen. Im Gegenzug sind die staatlichen Ausgaben anhaltend gestiegen, was zu einem strukturellen Staatsdefizit geführt hat. Um dem Nachhaltigkeits- gedanken gerecht zu werden, muss dieses saniert werden, andernfalls «lebt» die heutige Generation auf Kosten ihrer Nachkommen. Gleichzeitig hält die Zuwanderung an und ist Ausdruck dafür, dass der Kanton Aargau ein attraktiver und beliebter Wohnkanton geblieben ist. Die Kehrseite ist, dass der Druck auf Landschaft und Biodiversität trotz Effizienzsteigerung anhält. Zudem wächst der motorisierte Individualverkehr ungebremst weiter, und die Kapazitätsgrenzen der Verkehrsinfrastrukturen sind viel- fach erreicht. Wie beim Umgang mit den finanziellen Ressourcen ist auch bei raumwirksamen Tätigkeiten eine sorgfältige Interessenabwägung im Hinblick auf die Lebensqualität der heutigen und kommenden Generati- onen sowie die Bedingungen für Flora und Fauna notwendig. 2
Zusätzlich zeichnet sich mit der Digitalisierung – Stichwort Industrie 4.0 – ein struktureller Wandel am Arbeitsmarkt ab, der über die wenig qualifi- zierten Arbeitnehmenden hinaus vermehrt auch gut Ausgebildete erfasst. Diesen Herausforderungen müssen wir uns als Gesellschaft stellen. Der vierte Bericht «Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau» präsentiert Perspektiven für mögliche Stossrichtungen aus Nachhaltigkeitssicht. Diese zeigen auf, wie der Kanton Aargau den wesentlichen Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung in den kommenden Jahren begegnen kann. Der Bericht und die abgeleiteten Perspektiven stehen dem Regierungsrat und dem Grossen Rat als Grundlage für weitere strategische Planungs berichte sowie für den Aufgaben- und Finanzplan zur Verfügung und fliessen auch in die Aktualisierung des Entwicklungsleitbilds 2017−2026 des Regierungsrats ein, das im Frühjahr vorgestellt wird. So viel zum Bericht. Seine Ergebnisse zeigen dann Wirkung, wenn es uns als Gesellschaft gelingt, das Wissen umzusetzen, um unsere Zukunft nachhaltig zu gestalten. Dabei stehen vom Kanton zu den Gemeinden, von den Arbeitnehmenden zu den Arbeitgebern, von den Konsumenten und Konsumentinnen jeder Einzelne von uns in der Verantwortung. Der Analyse müssen Taten folgen. Vincenza Trivigno Staatsschreiberin 3
Engagement des Regierungsrates Wenn wir heute in der Politik von Nachhaltigkeit sprechen, meinen wir schon lange nicht mehr nur den Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Nein, wir reden von nachhaltigem Verhalten in fast allen Lebensbereichen. Wenn ich an die in meinem Departement beheimateten Themen Gesundheit und Soziales denke, ist für mich klar: Prävention ist der Schlüssel zu einem vernünftigen Umgang mit den persönlichen Ressourcen, weil eine gescheite Vorsorge teure Reparaturen verhindert – sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft. Und die Lebensqualität nimmt dabei erst noch zu. «Prävention ist der Schlüssel zu einem vernünftigen Umgang mit den persönlichen Ressourcen.» Landammann Susanne Hochuli Departement Gesundheit und Soziales Nachhaltige Entwicklung befriedigt die Bedürfnisse der heutigen Generation, ohne die Entwicklung und die natürlichen Lebensgrundlagen der künftigen Generationen einzuschränken – gemäss der Formel: Verlasse diesen Planeten so, wie du ihn gern vorgefunden hättest. Dabei gilt es, die drei Dimensionen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft gleichwertig zu berücksichtigen. Das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung können Gemeinden, Regionen, Kanton und Bund nur gemeinsam erreichen. «Unser heutiges Handeln darf den Handlungsspielraum der künftigen Generationen nicht einschränken.» Landstatthalter Stephan Attiger Departement Bau, Verkehr und Umwelt 4
Jede Generation soll die Möglichkeit haben, ihre Welt frei zu gestalten. Mir ist es darum ein Anliegen, dass wir die kommenden Generationen nicht durch unsere Verfehlungen belasten. Zusammen mit dem Regierungsrat strebe ich in allen Bereichen eine nach- haltige Entwicklung an. Ob mit einem ausgeglichenen Finanzhaushalt, Reduktion alter Schulden, sofern es die Finanzlage erlaubt, umsichtigem Bau und Bewirtschaftung unserer Liegenschaften oder einer zukunftsorientierten Personalpolitik – wir handeln heute nachhaltig, damit der Kanton Aargau auch in Zukunft Erfolg hat. «Wir sichern heute die Zukunft des Aargaus.» Roland Brogli Departement Finanzen und Ressourcen Ein starker und nachhaltiger Wirtschaftsstandort lebt von Menschen und ihren innova- tiven Ideen. Mit unseren Anstrengungen zur Förderung des Hightech-Standorts Aargau unternehmen wir viel, um hochqualifizierten Fachkräften in wertschöpfungsintensiven Branchen in unserem Kanton attraktive Arbeitsplätze zu bieten. Dabei ist es wichtig, dass auch ältere Arbeitnehmende ihre langjährige Erfahrung einbringen können. Das starke Miteinander von Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ist ein Garant dafür, dass sich unser Kanton heute und in Zukunft nachhaltig entwickelt. «Menschen machen Zukunft. Menschen sind Zukunft.» Urs Hofmann Departement Volkswirtschaft und Inneres Ich verstehe Nachhaltigkeit als Gebot der Vernunft und Verantwortung: Wir tragen den Bedürfnissen von heute Rechnung, ohne die Chancen von morgen zu gefährden. Das geht nur im Miteinander. Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt müssen ausgewogen und in gegenseitiger Abstimmung (weiter-)entwickelt werden. Der Einzelne hat ebenso seinen Beitrag zu leisten wie die Gemeinschaft. Es geht also auch um Selbstverant wortung, um ein Handeln mit Gewissen, ganz nach der Goldenen Regel: «Was Du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu.» Alex Hürzeler Departement Bildung, Kultur und Sport 5
1 Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau, vierter Bericht Was kann und will dieser erstattungen ersetzen. Ebenso ist es nicht Aufgabe des Berichts, Massnahmenpläne auszuarbeiten. Bericht? Die Ergebnisse des Berichts und der daraus entstehende Der vorliegende Bericht zeigt eine Momentaufnahme Handlungsbedarf sind eine wichtige Grundlage für die für das Jahr 2016 und gibt Auskunft darüber, ob der politische Planung des Kantons Aargau. Sie fliessen Kanton Aargau auf Nachhaltigkeitskurs ist oder ob in die Fortschreibung des Entwicklungsleitbilds ein und entgegengesetzte Tendenzen feststellbar sind. Im Fokus stehen den Departementen für strategische Planungs stehen die wichtigsten Entwicklungen für den Zeitraum berichte und den Aufgaben- und Finanzplan zur Verfü- 2012–2016. Dazu werden die Nachhaltigkeitsdimen- gung. Der Bericht richtet sich an die Politik, die kantonale sionen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft durch Verwaltung, Fachpersonen und die interessierte Öffent- Themenbereiche konkretisiert und durch Indikatoren lichkeit. «messbar» gemacht. Die Ergebnisse werden schliesslich zu einem vernetzenden Gesamtbild verdichtet, und Verständnis von nachhaltiger daraus werden zukunftweisende Perspektiven aus Nach- haltigkeitssicht abgeleitet. Entwicklung Der Nachhaltigkeitsbericht bewegt sich bewusst auf Der Kanton Aargau orientiert sich, gleich wie der Bund, einer relativ hohen Flughöhe. Kernaufgabe ist es, einen bei seinem Nachhaltigkeitsverständnis am international Gesamtüberblick zu ermöglichen. In diesem Sinn kann breit abgestützten Konzept der nachhaltigen Entwick- und will er keine anderen fachspezifischen Bericht lung, festgelegt im sogenannten Brundtland-Bericht, Abbildung 1: Agenda 2030; 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der UNO (SDGs) 6
International Wirtschaft Gesellschaft Heutige Generation Zukünftige Generation Umwelt Lokal Abbildung 2: Zeitliche, räumliche und inhaltliche Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung im Hinblick auf die UNO-Konferenz für Umwelt und opment Goals, SDG) gefördert werden (Abbildung 1). Die Entwicklung von 1992 in Rio de Janeiro. Das Konzept Agenda 2030 wurde am UNO-Sondergipfel im beschreibt die drei Zieldimensionen gesellschaftliche September 2015 verabschiedet und geht auf den Solidarität, ökologische Verantwortung und wirtschaft- Beschluss der UNO-Konferenz über nachhaltige Ent- liche Leistungsfähigkeit. Es legt fest, dass die drei Ziel- wicklung (Rio+20) 2012 zurück. Neben dem Bund dimensionen gleichrangig sind, das heisst, ökologische, sind auch Kantone und Gemeinden aufgefordert, für ökonomische und soziale Ziele dürfen langfristig nicht die Umsetzung der neuen internationalen Agenda 2030 auf Kosten der jeweils anderen Ziele erreicht werden. ihren Beitrag zu leisten. Der vorliegende Nachhaltig keitsbericht steht im Kontext mit der Strategie des Strategie des Bundes Bundes und damit indirekt auch mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. und Agenda 2030 der Vereinten Nationen Umsetzung im Kanton Aargau Nachhaltige Entwicklung ist für den Bund und die Nachhaltigkeit als Handlungsgrundsatz für den Aargau Kantone keine freiwillige Aufgabe. In der Bundesverfas- ist im Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung sung wird nachhaltige Entwicklung zu einem Staatsziel von Aufgaben und Finanzen (GAF) verankert. § 2 Abs. 2 erklärt, und Bund und Kantone werden dazu aufgefor- hält fest, dass «neue Aufgaben (sind) nach Massgabe ih- dert, «ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen rer Wichtigkeit, Dringlichkeit und unter Berücksichtigung der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Ent- ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits» wicklung anzugehen» sind. Weiter verlangt das Gesetz anzustreben. Die Politik für eine nachhaltige Entwicklung über die Organisation des Grossen Rates und über den legt der Bundesrat seit 1997 jeweils in einer eigenen Verkehr zwischen dem Grossen Rat, dem Regierungsrat Strategie fest. Die aktuelle «Strategie Nachhaltige Ent- und dem Obergericht (Geschäftsverkehrsgesetz), dass wicklung 2016−2019» formuliert in neun thematischen Botschaften des Regierungsrats an den Grossen Rat die Handlungsfeldern Massnahmen und konkrete Ziele Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt mit einem Zeithorizont bis 2030. Die Berichterstattung aufzeigen. Im Entwicklungsleitbild 2013–2022 verpflich- über Chancen und Defizite in Bezug auf die nachhaltige tet sich der Regierungsrat zur nachhaltigen Entwicklung Entwicklung erfolgen auf Bundesebene seit 2003 über als Handlungsmaxime, mit der die anstehenden ein umfassendes Monitoringsystem (MONET). Ähnlich Herausforderungen angegangen werden sollen: «Der wie der vorliegende Bericht des Aargaus arbeitet der Regierungsrat orientiert sich dabei am Grundsatz der Bund mit ausgewählten Indikatoren, um ein Gesamtbild nachhaltigen Entwicklung. Er fördert die Wertschöpfung, der nachhaltigen Entwicklung der Schweiz zu erhalten. die Innovation und den gesellschaftlichen Zusammen- Die «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016–2019» halt. Und er achtet insbesondere auf einen schonenden des Bundes orientiert sich an der neuen globalen Agenda Umgang mit Ressourcen. Die drei Dimensionen der 2030 der Vereinten Nationen, mit der 17 globale Ziele Nachhaltigkeit Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt, für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Devel- werden gleichwertig berücksichtigt.» Zeitlich werden 7
Kapitel 4 Kapitel 2 Kapitel 3 Entwicklung der Faktenbasiertes Gesamtbild 9 zukunftsgerichtete 30 Themenbereiche; der Nachhaltigkeit Wirtschaft Perspektiven aus Sicht Stand der Indikatoren Gesellschaft Umwelt Nachhaltigkeit (2012–2016) Trendaussagen zu den Themenbereichen (Kapitel 4) Abbildung 3: Aufbau Nachhaltigkeitsbericht dabei die Bedürfnisse der heutigen wie zukünftigen Aufbau des Berichts Generationen, räumlich die Bedürfnisse der hier Ausgehend von den, mit Indikatoren gemessenen, wie auch in anderen Regionen lebenden Menschen Entwicklungen in den 30 Themenbereichen (Kapitel 4) beachtet (Abbildung 2). zeigt der Bericht ein zusammenfassendes momentanes Zwischen den Dimensionen der nachhaltigen Entwick- Gesamtbild Wirtschaft – Gesellschaft – Umwelt lung sind Zielkonflikte unvermeidbar. Die Herausforde- (Kapitel 2). Aus diesem und den von den Fachstellen rung besteht darin, die zum Teil gegenläufigen Ziele und formulierten Trends wurden zukunftsweisende Per- Interessen zwischen, aber auch innerhalb der Dimen spektiven aus Sicht einer nachhaltigen Entwicklung sionen aufeinander abzustimmen und einen Interessen- abgeleitet, welche die für den Aargau anstehenden He- ausgleich herzustellen. Es ist die Aufgabe der Politik, rausforderungen beschreiben (Kapitel 3) (Abbildung 3). im Prozess nach Optimierungsmöglichkeiten und Syner- Nachhaltige Entwicklung ist immer nur so gut, wie sie gien zur Überwindung dieser Zielkonflikte zu suchen. auch von den Menschen gelebt wird. Zwischen den Die Berichterstattung zur nachhaltigen Entwicklung Kapiteln zeigen Menschen für den Aargau von morgen hat im Aargau Tradition. Der Regierungsrat hat mit den ihr Engagement ganz im Sinne des Slogans «Menschen Berichten 2005, 2009 und 2012 seine Verantwortung machen Zukunft» (Entwicklungsleitbild 2013–2022). schon früh wahrgenommen. Nachhaltige Entwicklung wird dabei als Querschnittsaufgabe verstanden. Ent- sprechend wird sie in sämtliche Politikbereiche integriert, Methodische Aspekte und der Regierungsrat erstellt keinen separaten Aktions- Die nachhaltige Entwicklung im Aargau wird mit 30 The- plan Nachhaltigkeit neben der vorhandenen politischen menbereichen, je 10 in den Dimensionen Wirtschaft, Planung. Gesellschaft und Umwelt, beschrieben. Die Zuordnung zu den Dimensionen ist nicht für alle Themenbereiche Vorbildfunktion eindeutig; dies verdeutlichen die sich überschneidenden drei Kreise (Abbildung 4). Die Themenbereiche wurden des Kantons Aargau im Rahmen der Arbeiten des ersten Berichts «Nach Zur nachhaltigen Entwicklung gehört auch die verant- haltigkeit 2005» in einem partizipativen Prozess innerhalb wortungsvolle Unternehmensführung des Kantons der Verwaltung ermittelt und vom Regierungsrat als Arbeitgeber, Beschaffer, Anleger und Eigentümer. beschlossen. Je ein bis zwei Indikatoren repräsentieren Der Bund betont seine Vorbildfunktion mit der neuen einen Themenbereich, wobei die Themenbereiche und «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016–2019», und Indikatoren von Bericht zu Bericht weiterentwickelt auch der Aargau will Nachhaltigkeit beispielhaft vor- werden. Auch im vorliegenden Bericht wurden einige leben. Neben Massnahmen in diversen Bereichen gehört Indikatoren ersetzt oder Themenbereiche angepasst. auch ein Monitoring der betrieblichen Nachhaltigkeit Für die Mehrheit der Indikatoren kann aber die dazu. Nach der erstmaligen Momentaufnahme wichtiger Entwicklung von 2000 bis 2015 gezeigt werden. Einige Kennzahlen im Jahr 2012 wird der Kanton 2017 erneut der Indikatoren werden auch im bundesweiten Kern über die Entwicklung der betrieblichen Nachhaltigkeit in indikatorensystem «Cercle Indicateurs» verwendet. den letzten Jahren Bericht erstatten. Der Cercle Indicateurs ist ein Zusammenschluss von 8
UMWELT Luftqualität Wasserqualität WIRTSCHAFT Bodenqualität Lebensräume für Tiere Ressourceneffizienz und Pflanzen, Artenvielfalt Abfälle Einheimische Rohstoffe Klima Öffentlicher Haushalt Lärm Energie Wirtschaftliche Landwirtschaft und Wald Leistungsfähigkeit Wohnqualität Leistungsfähiger Staat Infrastruktur Bodenverbrauch durch Standortattraktivität Siedlungsentwicklung Finanzielle Innovation Verkehr Wohnattraktivität Landschaft Armut Einkommen Arbeitsmarkt Kultur Gebüren Steuern GESELLSCHAFT Chancengerechtigkeit Integration Sozialer Zusammenhalt Bildung Sicherheit Politische Beteiligung Gesundheit Abbildung 4: Themen der nachhaltigen Entwicklung im Aargau 17 Kantonen und 19 Städten, welche ein gemeinsames ziehen, war vorher im Kanton Zürich wohnhaft. Bei Indikatorsystem zum Messen von nachhaltiger Ent den Herkunftsländern liegt Deutschland deutlich vorne. wicklung pflegen. Die Federführung liegt beim Bundes- Im Vergleich zur ansässigen Bevölkerung ziehen amt für Raumentwicklung. mehr Personen mit einem Hochschulabschluss zu (zum Beispiel 2014 28,2 % gegenüber 12,2 %) (DFR 2016). Zusammenarbeit mit In der Prognose erhöht sich der Ausländeranteil im Aargau von knapp 23 % im Jahr 2012 auf 29 % im Jahr allen Departementen und 2040. Bis 2040 verdoppelt sich der prognostizierte Anteil der Staatskanzlei der über 65-jährigen Personen gegenüber 2012, der jenige der über 80-jährigen Personen verdreifacht sich Der vorliegende Bericht ist in Zusammenarbeit mit sogar (DFR 2013). diversen Fachstellen aller Departemente und der Staats- kanzlei entstanden. Die einzelnen Themenbereiche Weitere wichtige Einflüsse: wurden mit den zuständigen Fachstellen diskutiert und – Technologischer Fortschritt: Mit der Digitalisierung formuliert. Wesentlichen Aussagen des Berichts wurden entstehen neue technische Anwendungen (Industrie in einer interdepartementalen Begleitgruppe diskutiert 4.0), aber auch eine zunehmende Risikodichte und und geprüft. Über die enge Zusammenarbeit mit der Verletzlichkeit von Systemen. Staatskanzlei wurde die Abstimmung der Ergebnisse – Globalisierung: Die Schwellenländer gewinnen mit der politischen Planung sichergestellt. an wirtschaftlichem Einfluss, kaufkräftige Mittel- schichten entstehen. Die Weltwirtschaft dürfte Äussere Einflussfaktoren von 2010 bis 2030 auf das Doppelte anwachsen. Bei der vorliegenden Diskussion um die nachhaltige – Starker Schweizer Franken: Nach der Aufhebung Entwicklung gilt es zu beachten, dass der Kanton nicht des Euro-Mindestkurses 2015 erstarkte der Franken. alle Entwicklungen beeinflussen und steuern kann. Darunter leiden exportorientierte Unternehmen, Diverse übergeordnete Megatrends und Entwicklungen während importierende Unternehmen profitieren. auf nationaler und internationaler Ebene wirken sich – Ressourcenknappheit: Boden und Raum werden auch auf den Aargau aus. Die wichtigsten werden knapper, städtische Ballungszentren erreichen hier exemplarisch aufgeführt. ihre Wachstumsgrenzen. Der Energie- und Rohstoff- Am bedeutsamsten ist das erwartete starke Bevölke- verbrauch wächst weiter. rungswachstum. Gemäss kantonaler Prognose 2013 – Neue Energiepolitik des Bundes: Der Bundesrat steigt die Gesamtbevölkerung bis 2040 um 188'000 und das Parlament haben 2011 den schrittweisen Personen oder 30 % auf 816'000 Einwohnerinnen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. und Einwohner. Dies sind jährlich rund 6'700 Personen. – Klimawandel: Die Erderwärmung schreitet weiter Rund fünf Sechstel der Gesamtzunahme der Bevölke- voran. In Schwellen- und Entwicklungsländern rung basiert auf Zuwanderung, der Rest auf Geburten- verschärfen sich die Umweltprobleme. überschuss (DFR 2013). Der grösste Teil der Personen, die aus anderen Schweizer Kantonen neu in den Aargau 9
2 Gesamtbild Wirtschaft – Gesellschaft – Umwelt Das folgende Gesamtbild bezieht sich auf die Entwick- Staatliche Ausgaben lungen für den Zeitraum 2012–2016. und Steuereinnahmen Die Erkenntnisse aus den 30 im Nachhaltigkeits im Ungleichgewicht bericht beschriebenen Themenbereichen zeichnen Die steigenden Nettoschulden des Kantons im Ver- für den Aargau – über alle Dimensionen der Nach hältnis zur besteuerten Wirtschaftsleistung weisen auf haltigkeit betrachtet – ein gutes Gesamtbild. Dies einen zunehmend angespannten Finanzhaushalt hin. gilt für die mehrheitlich konstanten gesellschaft Erstmals seit 2003 schloss die kantonale Jahresrech- lichen Aspekte, aber auch für die Qualität der Um nung 2014 mit einem Defizit ab. Steigende Ausgaben welt, die in vielen Bereichen eine tendenziell leicht sind vor allem in den Bereichen Gesundheitswesen, positive Entwicklung aufweist. Bildung, in der sozialen Wohlfahrt und beim Verkehrs- In der Dimension Wirtschaft zeichnen sich dagegen angebot zu verzeichnen. Aufwendungen betreffen vereinzelt negative Auswirkungen von nur schwer auch den Unterhalt der öffentlichen Bauten, um die beeinflussbaren, übergeordneten und exogen be Werterhaltung zu gewährleisten. Die Unterhaltsko- stimmten Umfeldentwicklungen ab. sten liegen über dem schweizerischen Durchschnitt und beinhalten den zunehmenden Unterhaltsbedarf Angespannte Wirtschaftslage im Tiefbau. Den allgemein wachsenden Ausgaben auch im Aargau stehen stagnierende Steuereinnahmen gegenüber. Die Steuerbelastung für natürliche Personen und Un- Die angespannte wirtschaftliche Lage widerspiegelt ternehmungen ist leicht gesunken. Im schweizweiten sich im stagnierenden Bruttoinlandprodukt pro Person. Vergleich ist die Steuerbelastung unterdurchschnittlich. Dieses zeigt die im Kanton Aargau produzierte Wert- Die Indikatoren zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit schöpfung pro Person und weist im schweizweiten des Staates weisen auf eine schlanke, effizient arbei- Vergleich einen unterdurchschnittlichen Wert auf. Die tende Kantonsverwaltung hin. breit gefächerte traditionelle Industrie des Aargaus wandelt sich weiter und entwickelt sich immer mehr zur Spitzenindustrie; der Dienstleistungssektor wächst. Der Aargau: Ein attraktiver Aufgrund der zunehmenden Spezialisierung werden und beliebter Wohnkanton mehr hoch qualifizierte und immer weniger niedrig Die starke Zuwanderung aus anderen Schweizer Kanto- qualifizierte Arbeitskräfte nachgefragt. nen zeigt, dass der Aargau ein bevorzugter Wohnkanton Im intensiven globalen Wettbewerb sind innovative ist. Das frei verfügbare Einkommen ist aufgrund ver- Produkte gefragt. Die Wachstumsrate der Exporte gleichsweise tieferer Abgaben und Fixkosten überdurch- aus dem Aargau, als ein Indiz für Innovation, lag 2015 schnittlich. Der Aargau gilt damit als finanziell attraktiver leicht über dem Schweizer Durchschnitt. Im Kantons- Wohnkanton. Die Mietpreise sind zwar gestiegen, vergleich ist der Aargau für juristische und natürliche liegen aber im schweizerischen Durchschnitt und sind Personen ein überdurchschnittlich attraktiver Standort. vor allem, verglichen mit dem urbanen Nachbarkanton Der Standortwettbewerb ist jedoch intensiv. Zürich, tiefer. Die gute und weiter verbesserte Erschlies- sung mit dem öffentlichen Verkehr, die nahegelegenen 10
hochwertigen Erholungs- und Naturräume sowie die Gesellschaftliche Fortschritte, vergleichsweise unterdurchschnittliche Belastung mit Verkehrslärm tragen zu einer hohen Wohnqualität bei. aber auch Herausforderungen Die objektive öffentliche Sicherheit bleibt im Aargau Die aargauische Bevölkerung ist mehrheitlich gesund. auf einem hohen Niveau. Die Anzahl schwerer Straf- Ein Indiz dafür sind die abnehmenden potenziell taten ist 2015 leicht gestiegen, liegt aber unter dem verlorenen Lebensjahre, die aus der vorzeitigen Sterb- schweizerischen Durchschnitt. Die Zahl der Einbruch- lichkeit berechnet werden. Nur wenige Aargauer und diebstähle konnte deutlich gesenkt werden. Die Anzahl Aargauerinnen sind auf eine existenzsichernde Unter- Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden nimmt stützung durch den Staat angewiesen. Ihr Anteil an der trotz zunehmendem Verkehr ab. Gesamtbevölkerung ist zwar gestiegen, im schweize- rischen Vergleich jedoch unterdurchschnittlich. Bildung als wichtige Grundlage Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren machen im Aargau wie auch im Schweizer Durchschnitt mit für gesellschaftlichen Fortschritt knapp einem Drittel mit Abstand die grösste Alters- Nach der obligatorischen Volksschule beginnt ein gruppe der Sozialhilfeempfänger aus. grosser, konstant bleibender Teil der Schulabgänger Das solidarische Engagement der Bevölkerung für die und Schulabgängerinnen direkt eine nachobligato- Gesellschaft, gemessen an der Freiwilligenarbeit, stag- rische Bildung, zum Beispiel eine Lehre, oder tritt in niert gesamtschweizerisch auf einem tieferen Niveau die Mittelschule ein. Die Maturitätsquote im Aargau als vor zehn Jahren. Vor allem der Anteil derjenigen, ist gesamthaft leicht gestiegen. Die Quote der gym- die freiwillig politische Ämter oder Funktionen ausüben, nasialen Matura liegt deutlich unter dem Schweizer sinkt. Umgekehrt beteiligt sich die Aargauer Bevölke- Durchschnitt, die der Berufsmaturität hingegen leicht rung zunehmend stärker an kantonalen Wahlen und darüber. Für die Standortattraktivität ist der Aargau auf Abstimmungen. Die Beteiligung an eidgenössischen gut qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen. Die Verfüg- Wahlen und Abstimmungen ist konstant und unter- barkeit an Fachkräften ist eher überdurchschnittlich, durchschnittlich. diejenige von Hochqualifizierten, das heisst Personen Die gestiegene Zufriedenheit mit persönlichen Bezieh mit einem Tertiärabschluss (Hochschule oder höhere ungen zeigt, dass Nordwestschweizerinnen und Berufsbildung), unterdurchschnittlich. Die Arbeitslosig- Nordwestschweizer in ein gutes soziales Netz einge- keit im Aargau stieg wenig und liegt nach wie vor unter bunden sind. Der Anteil der Frauen in Kaderpositionen dem schweizerischen Durchschnitt. Zugenommen ist im Aargau nur wenig gestiegen und liegt unter hat der Anteil der über 50-Jährigen an allen Stellensu- dem schweizerischen Durchschnitt. chenden. Die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich ebenfalls Der Aargau gilt mit seinem vielfältigen kulturellen erhöht. Auch hier ist vor allem die Altersklasse der über Angebot als Kulturkanton, obwohl die jährlichen staatli- 50-Jährigen betroffen. chen Kulturausgaben pro Kopf, verglichen mit anderen Die ausländische Bevölkerung ist im Aargau nicht Kantonen, unterdurchschnittlich sind. Die Anzahl optimal in den Bildungs- und Arbeitsprozess integriert kantonal geschützter Bauten, als Zeugen des kultu und beansprucht überproportional häufig Sozialhilfe. rellen Erbes, steigt langsam. Ausländische Schülerinnen und Schüler sind nach der obligatorischen Schulzeit öfter auf Zwischenlö- Landschaft und Biodiversität sungen angewiesen als Schweizer Jugendliche. Sie sind zudem in der Realschule überproportional, in unter Druck der Sekundarschule und der Bezirksschule unterpro- Der Druck auf die Landschaft durch das Bevölkerungs- portional vertreten. Auch bei der Arbeitslosenquote wachstum besteht weiter. Die Zerschneidung der bestehen Unterschiede. Die Arbeitslosenquote der aus- Landschaft durch Verkehrsträger und Siedlungsgebiete ländischen Bevölkerung liegt seit Jahren deutlich über bleibt gross. Ausgedehnte zusammenhängende derjenigen der schweizerischen Bevölkerung. Vor allem Landschaftsräume sind vor allem im Jura zu finden. wenig qualifizierte Ausländer und Ausländerinnen sind Jährlich wird eine konstant hohe Zahl landschafts tendenziell schlechter in den Arbeitsmarkt integriert. relevanter Bauten ausserhalb der Bauzone realisiert. Positiv ist, dass zwischen 2012 und 2013 die Fläche wertvoller Lebensräume im Aargau um rund 5 % zu- genommen hat. Die über Jahre festgestellte Abnahme der Vielfalt an Pflanzen und Tieren im Siedlungs gebiet scheint momentan gestoppt zu sein. Obwohl 11
im Landwirtschaftsgebiet Biodiversitätsförderflächen Gleichbleibend gute zunehmen, ist die Artenvielfalt aufgrund des Produk- tionsdrucks weiterhin in Bedrängnis. Die Waldfläche Umweltqualität im Kanton Aargau bleibt konstant. Naturwaldreservate Die Umweltqualität bewegt sich insgesamt auf einem und Altholzinseln nehmen flächenmässig zu, und die guten Niveau. Zukünftige, auch kleinere Verbesse- Artenvielfalt im Wald hat sich stabilisiert. rungen bedingen häufig überproportionale Anstreng ungen. Eigentliche Qualitätssprünge sind zurzeit Hoher Ressourcenverbrauch deshalb kaum mehr feststellbar. Auf die Fortführung der Bodenqualitätserhebung hat der Kanton vorläufig trotz Effizienzsteigerung verzichtet. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, Der Verbrauch der endlichen Ressourcen nimmt zu. dass sich die Qualität aufgrund der bestehenden Mass- Die Siedlungsfläche vergrössert sich im Aargau mit nahmen auf einem guten Niveau hält. Die durchschnitt- einem Bodenverbrauch von 135 ha pro Jahr oder knapp liche Grundwasserqualität, gemessen am Nitratgehalt, einem Fussballfeld pro Tag kontinuierlich. Ansätze für ist gut und konstant. Weiterhin werden aber bei rund einen haushälterischen Umgang mit der begrenzten einem Viertel der beobachteten Fassungen zu hohe Ressource Boden sind jedoch sichtbar. So ist das Nitratwerte gemessen. Die Wasserqualität in Seen und Wachstum der Bevölkerung grösser als das Wachstum Flüssen kann als gut bezeichnet werden. Sie hat sich an überbauter Bauzone. Die landwirtschaftlichen in den letzten Jahren weiter verbessert. Zunehmend Nutzflächen verkleinerten sich insbesondere aufgrund problematisch für Grund- und Oberflächenwasser sind der Ausdehnung des Siedlungsgebiets. Mikroverunreinigungen durch Pestizide oder andere Der motorisierte Individualverkehr wächst weiter. Auch biologisch wirksame Stoffe. Die Luftbelastung bleibt, der öffentliche Zug- und Busverkehr hat zugenommen. in Abhängigkeit zur Nähe der Verkehrsträger, auf einem Die Kapazitätsgrenzen der Verkehrsinfrastrukturen sind mässigen bis erheblichen Niveau. Nennenswerte vielfach erreicht. Verbesserungen in der Lufthygiene konnten in den Die direkt konsumierte, grundsätzlich auf einem letzten Jahren nicht mehr erreicht werden. Technische hohen Niveau liegende Energiemenge pro Person ist Fortschritte bei den Fahrzeugen werden durch die gesunken. Aufgrund der wärmeren Witterung der Zunahme der Verkehrsmenge teilweise wieder letzten Jahre ging insbesondere der Bedarf an kompensiert. Der weltweite Klimawandel, der auf die Heizenergie zurück. Mehr als ein Drittel der Energie anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen zu- wird für den Verkehr aufgewendet. Der Anteil an rückzuführen ist, ist auch im Aargau unter anderem mit erneuerbaren Energien steigt leicht an und beträgt steigenden Luft- und Wassertemperaturen spürbar. rund 23 %. Die Energie- und Materialeffizienz bei der Produktion von Gütern und Dienstleistungen in der Schweiz ist in den letzten Jahren besser geworden. Für die Erzeugung eines Frankens Wertschöpfung müssen weniger Energie und Material aufgewendet werden. Der punktuell verbesserte haushälterische Umgang mit Ressourcen zeigt sich auch mit dem zunehmenden Einsatz von Recyclingbaustoffen. Trotz den erzielten Fortschritten übersteigt der Ressourcenverbrauch der Schweiz das naturverträgliche Mass. Gemäss ökologischem Fussabdruck wäre die Fläche von rund drei Erden nötig, hätten alle Bewohnerinnen und Bewohner der Erde den gleichen Lebensstandard wie die Schweizerinnen und Schweizer. 12
Menschen für den Aargau von morgen «Nachhaltigkeit? Den sozialen Kontakt und Austausch zwischen den Generationen fördern.» An den Nachmittagen, an denen die Freiwilligen des Jugendrotkreuzes ins Seniorenzentrum Wasserflue in Küttigen kommen, wird gesungen, gespielt oder gebastelt. Christina Dössegger und ihre Kollegen und Kolleginnen stellen das Programm selber zusammen und informieren die Bewohnenden über das Angebot. Die Aktivitäten bringen Abwechslung, Farbe und Bewegung in den Alltag der Seniorinnen und Senioren. Be- sonders aber ermöglichen sie den persönlichen Kontakt zwischen Jung und Alt und fördern das gegenseitige Verständnis. Christina Dössegger, Oberentfelden Freude weiterzugeben, ein gutes Gespräch zu Freiwillige beim Jugendrotkreuz Aargau führen oder auch nur ein Lächeln zu gewinnen, ist Jugendrotkreuz Aargau: Austausch zwischen Jung und Alt Christina Dösseggers Motivation. Die grosse An- durch gemeinsame Aktivitäten mit Seniorinnen und zahl Seniorinnen und Senioren, die sich mit Freude Senioren im Altersheim für einen Nachmittag aus ihrem Alltag entführen www.srk-aargau.ch/jugendrotkreuz lassen, bestärken Christina Dössegger in ihrem Engagement. «Nachhaltigkeit? Begeisterung für eine Sportart mit Köpfchen weitergeben.» Beim Aargauer sCool Cup werden alle Schul- klassen aus dem ganzen Kanton eingeladen, an einem OL-Wettkampf teilzunehmen. Freiwillige wie Nicole Hitz führen die rund 2'800 Kinder in das Handwerk des Kartenlesens ein, bevor diese in Zweierteams zu einem kurzen OL-Parcours starten dürfen. Dabei erfahren die Kinder, dass es für diese Sportart nicht nur schnelle Beine, sondern auch Köpfchen braucht, und sie können sogar einen OL-Star persönlich treffen. Eine geschickte Wettbewerbsanlage sorgt dafür, dass es viele Gewinner, jedoch keine Verlierer gibt. Der erlebnisreiche OL-Tag mit Spiel und Spass Nicole Hitz, Oberentfelden kann nur Dank der Arbeit vieler Freiwilligen Freiwillige Helferin beim sCool Cup durchgeführt werden. Auch bei lausigem Wetter Aargauer sCool Cup: Orientierungslauf – Event, lassen sich die Kinder ihre gute Laune nicht der Schülerinnen und Schülern die Freude am Sport verderben. Das freut Nicole Hitz besonders und und insbesondere am OL näherbringen will zeigt ihr, wie sehr die Kinder den Tag schätzen. www.scool.ch 13
3 Perspektiven aus Nachhaltigkeitssicht Die nachfolgenden neun Perspektiven bilden mögliche und eine hohe Wohnqualität sind Anreize dafür, dass Stossrichtungen für den Kanton Aargau aus Nachhaltig- Fachkräfte weniger abwandern. keitssicht ab. Ohne konkrete Massnahmen zu formulieren, Die zunehmende Sensibilisierung der Konsumentinnen zeigen sie auf, wie der Kanton Aargau wichtigen Heraus- und Konsumenten für umwelt- und ressourcenscho- forderungen einer nachhaltigen Entwicklung in den kom- nende sowie sozialverträgliche Produkte schafft menden Jahren begegnen kann. Die Perspektiven basie- Anreize zur Entwicklung von innovativen Lösungen ren auf dem zusammenfassenden Gesamtbild und den in und neuen Formen von Dienstleistungen. Mit Hightech den Themenbereichen festgestellten Entwicklungsten- Aargau und dem PARK innovAARE hat der Kanton denzen. Die vorliegende Fassung der Perspektiven wurde zukunftstaugliche Strukturen und Dienstleistungen mit der interdepartementalen Begleitgruppe erarbeitet. geschaffen, welche generell die Rahmenbedingungen Die Perspektiven eröffnen mögliche Handlungsansätze für eine erfolgreiche Innovationstätigkeit verbessern. und sollen zu Diskussionen anregen. Auf dem Weg Insbesondere im Energiebereich ist der Aargau gefor- in Richtung nachhaltiger Entwicklung sind neben den dert. Durch die Energiewende und den damit verbun- Bemühungen des Kantons auch die Anstrengungen denen Ausstieg aus der Kernenergie könnte der Aargau von Wirtschaft, Forschung, Bevölkerung und Gemein- seine führende Position als Energiekanton verlieren. den erforderlich. Hightech Aargau bietet die Chance, mit dem Schwer- punkt in der Forschung und Entwicklung von Techno- 1 Innovationspotenzial mit logien zur Energieproduktion, -speicherung und -ver- teilung sowie intelligenten Energiesystemen weiterhin bestehenden Stärken nutzen eine zentrale Rolle im schweizerischen Energiesektor Innovation wird infolge der andauernden Globalisierung einzunehmen. Eine weitere Herausforderung, welche zu einem der wichtigsten Wachstumstreiber und Wett- innovativer Lösungen bedarf, stellt die prognostizierte bewerbsfaktoren. Die fortschreitende Digitalisierung, Verkehrsentwicklung dar. Mit hier ansässigen High- Automatisierung und Robotik verändert den Alltag und tech- und Softwareentwicklungsunternehmen sowie die Arbeitswelt zusätzlich. Die vergleichsweise mittlere Forschungsanstalten (zum Beispiel PSI, FHNW) verfügt Innovationskraft des Aargaus soll durch den Erhalt und der Aargau über optimale Rahmenbedingungen, um die Optimierung idealer Strukturen für Forschung und zum Beispiel beim Fahrzeugantrieb oder im Logistik Entwicklung erhöht werden. Entscheidend ist dabei die bereich zu besseren Mobilitätslösungen beizutragen. Verfügbarkeit von Fachkräften. Im technischen Bereich Die Förderung der Aargauer Innovationskraft darf werden sie über die Stärkung der naturwissenschaft- sich nicht allein auf technische Ansätze und staatliche lichen und technischen Fächer in der Volksschule, in Interventionen beschränken. Innovative Lösungen im den allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe II gesellschaftlichen Bereich, zum Beispiel in Zusammen- sowie über die Bildungs- und Forschungsinstitutionen hang mit der demografischen Entwicklung, bei neuen (zum Beispiel Fachhochschule Nordwestschweiz Wohnformen oder im Gesundheitswesen sowie gene- FHNW, Paul Scherrer Institut PSI, Swiss Nanoscience rell beim Umgang mit der Begrenztheit der Ressourcen Institute SNI) in der Aus- und Weiterbildung gefördert. sind für den Aargau genauso wichtig. Geeignete Arbeitsplätze mit guten Arbeitsbedingungen 14
2 Hohe Standortattraktivität 3 Durch Bildung die Partizipa- mit ausgeglichenem tion an der Gesellschaft Finanzhaushalt erhalten und im Arbeitsmarkt fördern Der Steuer- und Standortwettbewerb bleibt intensiv. Unsere Gesellschaft ist auf die Vielfalt der vorhandenen Gleichzeitig steigen nicht nur im Aargau die Ausgaben Talente angewiesen. Zugunsten der allgemeinen Wohl- im Gesundheitswesen, in der Bildung, der sozialen fahrt und der sozialen Sicherheit ist ein entsprechend Wohlfahrt und beim Verkehrsangebot. Es sind reichhaltiger, öffentlich legitimierter Bildungsauftrag Massnahmen zur Dämpfung der Kostensteigerung nötig. Es sind Lern- und Entwicklungsgelegenheiten zu insbesondere in den Bereichen Gesundheitswesen bieten, um Interessen und Begabungen zu entdecken und soziale Wohlfahrt angezeigt. Für einen langfristig und zu fördern. Dabei soll auch die Bereitschaft, sich ausgeglichenen Finanzhaushalt bedarf es neben mit seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Gestaltung der Ausgabenreduktion auch auf der Einnahmeseite von Gegenwart und Zukunft einzubringen, geweckt Anpassungen. werden. Gleichzeitig gilt es abzusichern, dass mög- Bei Investitionen und Erneuerungsarbeiten, vor allem lichst alle Schülerinnen und Schüler sowie Lernenden im Bereich der öffentlichen Infrastrukturen, kann mit die in die Lehrpläne eingeschriebenen Mindestan einer Lebenszyklusbetrachtung vermieden werden, forderungen erfüllen und möglichst viele die Lernziele dass kurzfristige Einsparungen bei den Unterhalts in einzelnen Fachbereichen oder insgesamt aber auch kosten zur Vernachlässigung des Werterhalts führen übertreffen können. und somit die Kosten auf zukünftige Generationen Mit Blick auf die verstärkte Nachfrage nach Fach verlagert werden. kräften und Hochqualifizierten sollen die vorhandenen Standortfaktoren wie Steuerbelastung, Erreichbar- Potenziale ausgeschöpft werden. Gerade in den keit und Verfügbarkeit von Arbeitskräften sind für die Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft Ansiedlung von Unternehmungen und damit für höhere und Technik (MINT-Bereich) werden die Interessen und Steuereinnahmen wichtig. Aus Sicht der natürlichen Begabungen, insbesondere der Mädchen, noch zu Personen hat der Aargau Potenzial, sich neben dem gu- wenig erkannt und gefördert. ten Preis/Leistungs-Verhältnis des Immobilienmarkts, Voraussetzung für jegliches Fachlernen, die berufliche der guten Erreichbarkeit und zentralen Lage sowie Integration sowie für die soziale Teilhabe ist jedoch der moderaten Besteuerung auch mit den weichen die Sprache. Das Erlernen der Unterrichtssprache darf Standortfaktoren von Nachbarkantonen abzuheben. daher von staatlicher Seite nicht vernachlässigt wer- Dazu gehören gute Schulen, ein ausreichendes An den. Um Kindern, insbesondere aus sozioökonomisch gebot an Kinderbetreuungsmöglichkeiten, aber auch benachteiligten oder fremdsprachigen Familien, den eine intakte Umwelt. Der Jurapark, der Auenschutzpark Schulstart zu erleichtern, ist die vorschulische Sprach- und generell die Nähe zur Natur sowie die landschaft- förderung wichtig. lichen Schönheiten werden in Bevölkerungsumfragen Ein durchlässiges Bildungssystem bietet die Möglich- regelmässig positiv hervorgehoben. Daneben pflegt keit von individuell massgeschneiderten Bildungs der Aargau mit seinen Schlössern, archäologischen wegen. Die Erwartungen an die Begabungs- und Highlights, Museen und Angeboten aus der Theater- Talentförderung sowie die Befähigung zum lebens und Musikwelt ein reichhaltiges Kulturangebot. langen Lernen werden unter anderem wegen der Insgesamt steht der Kanton vor der Herausforderung, hohen Dynamik im Arbeitsmarkt, des zunehmenden trotz steigenden Ausgaben in bestimmten Aufgaben Innovationsdrucks und verschärften Standortwett gebieten und dem verfassungsmässigen Ziel eines bewerbs immer wichtiger. langfristig ausgeglichenen Finanzhaushalts, die Ältere Arbeitnehmende, die sich nicht laufend die auf Standortattraktivität für Private und Unternehmen zu dem Arbeitsmarkt nachgefragten Kompetenzen ange- erhalten. In Anbetracht der knappen finanziellen Mittel eignet haben, tragen ein erhöhtes Risiko, arbeitslos zu sollten die harten (zum Beispiel öffentliche Infrastruktur, werden. Generell bilden ältere Arbeitnehmende jedoch Krippenplätze) wie die weichen Standortsfaktoren aufgrund ihrer Erfahrung gerade im Hinblick auf den (zum Beispiel Kultur, Landschaftswerte) fokussiert Fachkräftemangel ein grosses nutzbares Arbeitskräfte- gepflegt werden. potenzial. Die steigenden Anforderungen an die beruflichen Qualifikation führen dazu, dass Personen ohne oder mit tiefem Bildungsabschluss im Erwerbs- leben geringe Chancen haben. Dadurch werden sie an 15
den Rand der Gesellschaft gedrängt und sind häufig beteiligen, genauso wie die informelle Freiwilligen auf die Arbeitslosenversicherung oder Sozialhilfe ange- arbeit, wie zum Beispiel Nachbarschaftshilfe oder wiesen. Programme, die durch den Kanton, Gemeinden die Betreuung von Verwandten und Bekannten. und insbesondere Unternehmen unterstützt werden Gründe dafür können die steigenden Anforderungen und den Aufbau und Erhalt von Arbeitsplätzen für des Arbeitsmarkts, mit daraus resultierenden über Geringqualifizierte zum Ziel haben, können die Wieder- mässigen zeitlichen Belastungen, oder der zuneh- eingliederung ins Arbeitsleben und in die Gesellschaft mende Anteil der Bevölkerung mit geringem Bezug erleichtern. Gleichzeitig soll damit eine Entlastung der zum Wohnort (Pendler, Expatriates) sein. sozialen Sicherungssysteme erreicht werden. Unternehmen sollen dafür sensibilisiert werden, über entsprechende Strukturen und Arbeitszeitregelungen 4 Die ausländische das soziale und politische Engagement der Mitar- beitenden, beispielsweise über die Besetzung eines Bevölkerung integrieren politischen Amtes oder in der Freiwilligenarbeit, zu Insgesamt wird der Anteil der ausländischen Bevölke- ermöglichen und die darüber erworbenen Fähigkeiten rung im Aargau in den kommenden Jahren zunehmen. als zusätzliche Qualifikationen zu betrachten. Neben gut- und hochqualifizierten Zuwanderern steigt Mit der demografischen Entwicklung werden immer auch die Anzahl Flüchtlinge und Asylsuchende ohne mehr Menschen mit der Anforderung konfrontiert anerkannte berufliche beziehungsweise schulische sein, sich um betagte Angehörige zu kümmern. Bildung. Aufgrund der Kriege, der heiklen politischen Die «Care-Arbeit», sei es für die Kinderbetreuung oder Lage in vielen Herkunftsländern und der entsprechend für die Angehörigenpflege, wird nach wie vor mehrheit- hohen Schutzquote ist damit zu rechnen, dass lich von Frauen geleistet. Ein bedarfsgerechter Ausbau viele Flüchtlinge längerfristig in der Schweiz bleiben. und Betrieb von familienergänzenden Betreuungsstruk- Spracherwerb und Zugang zum Arbeitsmarkt sind turen oder von spezifischen Angeboten, die zum Bei- wichtige Voraussetzungen zur gesellschaftlichen und spiel work & care unterstützen, kann es ermöglichen, sozialen Einbindung. Beruf, Familie und soziales Engagement besser zu Die Volksschule ist die integrativste Institution unserer vereinigen. Indem sich Frauen so gleichwertig beruflich Gesellschaft. Durch die steigende Anzahl unterschied- engagieren können, wird die Gleichstellung von Mann licher Kulturen und Religionen und das daraus ent und Frau gefördert. Ebenfalls steigt die Möglichkeit stehende Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit für die Besetzung von Kaderpositionen durch Frauen. nach Integration und dem Wunsch nach Individua- lismus ist die Bildungslandschaft stark gefordert. Die 6 Mobilität zukunftsorientiert Integrationsmöglichkeiten im Bildungs- und Arbeits- markt sind über die konsequente, möglichst rasch gestalten einsetzende Sprachförderung und die Vermittlung Die verkehrstechnische Erreichbarkeit von Arbeitsplatz, von Grundkompetenzen zu erhöhen. Wohn-, Erholungs- oder Einkaufsort ist ein wichtiger Für eine verbesserte Integration in den Arbeitsmarkt Faktor der Standortattraktivität. Die Bevölkerungs allgemein und für die konkrete Schaffung von Arbeits- zunahme und die weiterhin steigenden Mobilitätsan- möglichkeiten ist die Zusammenarbeit zwischen sprüche führen zu einem höheren Verkehrsaufkommen den Betroffenen, den kantonalen Fachstellen, den auf Strasse und Schiene. Die Kosten für die Verkehrs Gemeinden, den Unternehmen, den Sozialpartnern infrastrukturen werden durch den geplanten Ausbau und privaten Organisationen zu intensivieren. Eben- und den Unterhalt steigen. falls eine wichtige Rolle spielt die Kultur. Sie fördert Der motorisierte Individualverkehr prägt die Aargauer die gesellschaftliche Integration und Beteiligung am Mobilität. Der Trend deutet auf eine weitere Zunahme öffentlichen Leben. hin und wirkt sich auf die Umwelt (zum Beispiel Aus- stoss von Ozon-Vorläufersubstanzen, Bodenverbrauch 5 Soziales und gesellschaft- und Landschaftszerschneidung), aber auch auf die menschliche Gesundheit (Bewegungsarmut, Lärm) aus. liches Engagement unterstützen Die dadurch entstehenden externen Kosten (zum Die Bevölkerung leistet immer weniger Freiwilligen Beispiel Kosten für Spitalaufenthalte) werden nicht arbeit und damit einen geringeren Beitrag zum gesell- verursachergerecht getragen. Die Förderung des schaftlichen Zusammenleben. Davon betroffen ist öffentlichen Verkehrs, des Rad- und Fussverkehrs auf das Engagement, sich in einer institutionalisierten der Angebotsseite sowie technische Errungenschaften Form, in einem Verein oder einer politischen Partei zu beim Individualverkehr, wie zum Beispiel die Elektro 16
mobilität, wirken sich positiv auf die Ökobilanz des wie notwendige Planungsgrundlagen vorbildlich Verkehrs aus. in die kommunalen Bau- und Nutzungsplanungen Mit qualitativ hochstehenden Siedlungsentwicklungen einfliessen können. nach innen werden Verkehrswege verkürzt und so für den Fuss- und Radverkehr attraktiver. Die Nähe von 8 Qualität von Luft, Wasser neuen Siedlungsgebieten zu Verkehrsknotenpunkten des öffentlichen Verkehrs macht die Taktverdichtung und Boden weiter verbessern ökonomisch interessant. Die Vorteile des Fuss- und und mindestens halten Radverkehrs sollen aber auch aus gesundheitlichen Gründen im Sinne der Bewegungsförderung gestärkt Technische Errungenschaften haben massgeblich dazu und die Erreichbarkeit der Naherholungsgebiete ohne beigetragen, dass sich die Qualität der Umweltgüter Auto soll verbessert werden. Neben verkehrslenkenden Boden, Luft und Wasser in den letzten zehn Jahren Massnahmen ist für eine Abschwächung des Verkehrs- verbessert hat. Sie ist jedoch noch nicht generell auf wachstums die Steuerung des Mobilitätsverhaltens einem Niveau, das für die langfristige Sicherstellung durch gezielte Sensibilisierungsmassnahmen notwendig. der menschlichen Gesundheit und als hochwertiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen ausreicht. Nur 7 Siedlungsentwicklung nach schon aufgrund sogenannter Mengeneffekte ist es eine stetige Herausforderung, die Qualität der Umweltgüter innen mit hoher Qualität fördern mindestens auf dem aktuellen Stand zu halten. So kann Seit einigen Jahren zeigt sich eine Tendenz zur beispielsweise die Verkehrszunahme technologische Entkoppelung des Bevölkerungswachstums von der Verbesserungen an den Fahrzeugen zugunsten einer Zunahme an überbauter Wohn- und Mischzone. besseren Luftqualität wieder kompensieren. Die Die leicht höhere Einwohnerdichte beschränkt sich je- Anstrengungen zur Verminderung der Treibhausgas doch mehrheitlich auf Neubauten. Die Siedlungsfläche emissionen sind fortzusetzen. Gleichwohl wird sich und damit die versiegelte Bodenfläche wachsen auf- das Klima in Zukunft weiter erwärmen. Die Anpassung grund der Bevölkerungszunahme und des steigenden an die Auswirkungen des Klimawandels wird deshalb individuellen Wohnflächenanspruchs weiter an. immer wichtiger. Die bereits gestartete Zusammen Zur Aufnahme des prognostizierten Bevölkerungs- arbeit mit dem Bund gilt es, zielgerichtet und in den wachstums wird im Aargau eine im Richtplan festge- für den Aargau prioritären Bereichen weiterzuführen. legte Strategie der Siedlungsentwicklung nach innen Um mögliche Gefährdungen durch Schadstoffe verfolgt. Eine erfolgreiche Umsetzung dieser Strategie frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen, ist das bedingt eine intensive Zusammenarbeit unter den bisherige Qualitätsmonitoring weiterzuführen. Der Gemeinden und Regionen und muss auf einem hohen Eintrag von bekannten und neueren Substanzen oder qualitativen Niveau erfolgen. So kann der Aargau Partikeln, die die Umwelt gefährden, zum Beispiel seine Rolle als beliebter Wohnkanton beibehalten Mikroverunreinigungen in Gewässern, soll weiterbeo- und seine Standortattraktivität ausbauen. Wichtige bachtet, untersucht und wo möglich durch geeignete Voraussetzungen sind ein gutes Verkehrsnetz sowie die Massnahmen reduziert werden. Eine Steigerung der Erreichbarkeit von Naherholungsräumen in Gehdistanz. Qualität gegenüber heute kann über eine verbesserte Die Qualität einer Siedlungsentwicklung nach innen bereichsübergreifende überregionale Zusammenarbeit, zeigt sich in einem breiten Angebot an Raum und Nut- wie sie zum Beispiel beim Eintrag von Stickstoff aus zungen mit kurzen Wegen zwischen Wohnen, Arbeit, der Landwirtschaft ins Grundwasser bereits eingeleitet Freizeitaktivitäten, kulturellen Einrichtungen sowie wurde, erreicht werden. Die negativen Auswirkungen geschickter Förderung der Biodiversität im Siedlungs- von Mengeneffekten können mit Informations- und gebiet und energieeffizienten Bauten. Die Bauweise Sensibilisierungskampagnen über den schonenden soll die nötigen räumlichen Voraussetzungen für ein Umgang mit Ressourcen und möglichen Verhaltens- gemeinschaftliches Leben und für sichere persönliche änderungen angegangen werden. Dämpfend auf den Begegnungen über alle Generationen und Einkom- Materialverbrauch wirkt eine konsequent umgesetzte mensschichten hinweg schaffen. Kreislaufstrategie. Hier kann der Kanton Aargau bei Der Kanton kann beispielhafte Projekte für Siedlungs- der Abfallbewirtschaftung oder bei der Verwendung entwicklung nach innen unterstützen, sie dokumen von Baumaterialien im Hoch- und Tiefbau vorbildlich tieren, mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit bekannt handeln. Als Initiant und Organisator des Ressourcen machen, um so weiteren Projekten zum Durchbruch Trialogs, welcher sich mit dem aktuellen Thema der zu verhelfen. Ebenso gilt es, vom Kanton aufzuzeigen, stofflichen und energetischen Nutzung des Abfalls als 17
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