SACHVERSTÄNDIGEN-AUSSCHUSS FÜR VERSCHREIBUNGSPFLICHT - BFARM
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Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) Ergebnisprotokoll 82. Sitzung 23. Januar 2020 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bonn Teilnehmende Der Vorsitzende Sachverständige des Ausschusses für Verschreibungspflicht Vertreterinnen/Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) Vertreterinnen/Vertreter des BfArM Vertreterinnen/Vertreter des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) Vertreterinnen/Vertreter des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Vertreterinnen/Vertreter des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Hinweis Der Ausschuss unabhängiger Sachverständiger nach § 53 Absatz 2 AMG berät das BMG und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Hinblick auf Fragen zur Ver- schreibungspflicht von Arzneimitteln und gibt hierzu fachliche Empfehlungen ab. Mit diesen Ausschussempfehlungen wird der – in jedem Einzelfall erforderlichen – Entscheidung des jeweils zuständigen Bundesministeriums nicht vorgegriffen. Änderungen der Arzneimittelverschrei- bungsverordnung (AMVV) erfolgen durch Rechtsverordnungen des BMG bzw. des BMEL; diese Verordnungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Tagesordnung 1. Eröffnung der Sitzung Der Vorsitzende begrüßt die Anwesenden und stellt fest, dass bei keinem Ausschussmitglied ein Interessenkonflikt besteht. Ferner wird die Beschlussfähigkeit des Gremiums festgestellt. Der Vorsitzende hält fest, dass die Ausschussmitglieder einer Einführungspräsentation zum Tages- ordnungspunkt (TOP) 6 durch den Antragsteller vorab zugestimmt hatten. 27. Februar 2020 Seite 1 von 8
2. Annahme der Tagesordnung Der Vorsitzende gibt bekannt, dass vorgesehen ist, unter „Verschiedenes“ geplante Änderungen der Geschäftsordnung des Sachverständigen-Ausschusses kurz vorzustellen (neuer TOP 8.3.). Die Tagesordnung wird mit der genannten Änderung angenommen. 3. Letzte Änderungen in der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) Das BfArM stellt die letzten Änderungen in der AMVV vor (siehe Anlage 1). Es gibt keine Fragen oder Anmerkungen zum TOP 3. 4. Zubereitung aus Flumethrin und Imidacloprid zur Anwendung bei der Katze Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht Das BVL eröffnet den TOP mit einer Präsentation (siehe Anlage 2). Ein Ausschussmitglied hat eine Nachfrage zur Indikation, nach der Katzen jünger als 10 Wochen von der Behandlung ausgeschlossen sind. Das BVL erläutert, dass dies aufgrund fehlender Daten erfolgt sei. Es gibt eine Diskussion zur Frage der Sicherheit bei jüngeren Katzen. Aus der vorhan- denen Datenlage kann nach Auffassung des BVL und eines Ausschussmitgliedes kein spezifisches Risiko für jüngere Katzen abgeleitet werden. Zwei Ausschussmitglieder fragen, ob in der Positionsformulierung die spezielle Darreichungs- form nicht benannt werden müsste. Hierzu führt das BVL aus, dass derzeit nur ein Arzneimittel in Form eines Halsbandes zugelassen sei. Daher sei die Benennung der Darreichungsform in der AMVV nicht erforderlich. Sofern weitere Arzneimittel zugelassen werden würden, würde sich für diese erneut die Frage der Verkaufsabgrenzung stellen, die AMVV-Position würde dann ggf. an- gepasst werden müssen. Diese Sichtweise wird auch vom BfArM unterstützt. Es gibt keinen weiteren Diskussionsbedarf, der Vorsitzende bittet daher um Abstimmung. Abstimmung: Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich, dem Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für die Zubereitung aus Flumethrin und Imidacloprid zur Anwendung bei der Katze zuzustimmen. Des Weiteren empfiehlt der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht mehrheit- lich, die Einzelposition für Flumethrin entsprechend anzupassen. 5. Lithium Antrag auf Änderung der Positionsformulierung Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation (siehe Anlage 3). Ein Ausschussmitglied fragt, warum aus der bisherigen Positionsformulierung der Begriff „Psy- chosen“ nicht übernommen worden sei. Das BfArM führt aus, dass die vorgeschlagene Formulie- rung auf den Indikationsangaben der aktuellen Produktinformationen beruhen würde, die Psy- chosen seien dort nicht mehr als Indikation genannt. Da es keine weiteren Fragen gibt, bittet der Vorsitzende um Abstimmung 27. Februar 2020 Seite 2
Abstimmung: Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, dem Antrag auf Änderung der Positionsformulierung mit folgendem Wortlaut zuzustimmen: Lithium - zur Prophylaxe und/oder Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen (wie z. B. bipolaren Störungen, Depressionen) und Cluster-Kopfschmerzen - 6. Blutzubereitungen humanen Ursprungs Antrag auf Freistellung von der Verschreibungspflicht für Eigenblut und Eigenblutzube- reitungen Zunächst trägt der Antragsteller vor. Anschließend beantwortet er die von den Ausschussmitglie- dern an ihn gerichteten Fragen. Ein Ausschussmitglied fragt bezüglich der Regelungen im Transfusionsgesetz zu der Thematik nach. Der Antragsteller antwortet, dass die entsprechenden Regelungen im Transfusionsgesetz unterschiedlich ausgelegt würden und sich in der weiteren (juristischen) Klärung befänden. Durch die Änderungen im GSAV1 hätte der Gesetzgeber jetzt aber eine neue Situation geschaffen. Ein anderes Ausschussmitglied bittet um Erläuterung der erwähnten apparativen Anwendungen bei der Eigenbluttherapie. Der Antragsteller führt aus, dass es apparative Verfahren gäbe, bei de- nen das Eigenblut im geschlossenen System mit UV-Strahlen bestrahlt werden würde. Hierbei seien die reinfundierten Blutmengen auch etwas größer und könnten maximal 50–70 ml betra- gen. Ein Ausschussmitglied fragt, welcher Nutzen bei der Eigenbluttherapie gesehen wird. Der An- tragsteller antwortet, dass damit ein Reiz gesetzt werden würde, der eine Stimulation im Körper bewirken würde. Ein weiteres Ausschussmitglied fragt, wie die Risikosituation sei und wie Nebenwirkungen ge- meldet werden würden. Nach Auskunft des Antragstellers würde eine Meldung an das BfArM er- folgen, allerdings sei das Verfahren sehr risikoarm. Die theoretisch möglichen Risiken würden in der Praxis nicht beobachtet werden. Der Vorsitzende weist darauf hin, dass Nebenwirkungen der Eigenbluttherapie an das PEI zu melden wären. Ein Ausschussmitglied führt aus, dass nach seinem Verständnis die Anwendungen sowohl intra- venös als auch intramuskulär und subkutan erfolgen würden. Dies wird vom Antragsteller bestä- tigt wobei die intramuskuläre und die subkutane Anwendung am häufigsten seien. Das Aus- schussmitglied sieht ein Infektionsrisiko insbesondere bei der intramuskulären Injektion. Da keine weiteren Fragen bestehen, verlässt der Antragsteller den Raum. Das PEI eröffnet die weitere Diskussion zu dem TOP mit einer Präsentation (siehe Anlage 4). Ein Ausschussmitglied führt aus, dass es bei dieser Therapieform Risiken gäbe und unklar sei, was passieren würde, wenn man Blut unkontrolliert in einer Spritze mit Substanzen mischen würde. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sei negativ und dem Antrag könne nicht zugestimmt werden. Ein anderes Ausschussmitglied erwidert darauf, dass die Hauptanwendung die Verabreichung von unbehandeltem Eigenblut sei. Es sei unklar, warum unbehandeltes Eigenblut jetzt rezept- pflichtig sein solle. Heilpraktiker hätten eine Sorgfaltspflicht, die Risiken des Eigenblutes sollten 1 Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung 27. Februar 2020 Seite 3
von denen der Technik/Injektion unterschieden werden. Es gäbe die Empfehlung, intramusku- läre Injektionen zu vermeiden, besonders propagiert würde die subkutane Injektion. Die vorge- schlagene AMVV-Position könnte vielleicht auf unbehandeltes Eigenblut in geringen Mengen begrenzt werden. Für die Blutentnahme gäbe es nach dem Transfusionsgesetz (TFG) keinen Arzt- vorbehalt. Das PEI erwidert, dass nach PEI-Auffassung im TFG auch für die Blutentnahme ein Arztvorbe- halt besteht. Ein weiteres Ausschussmitglied unterstützt die Empfehlung des PEI und spricht sich gegen die vorgeschlagene Ausnahmeregelung aus. Abstimmung: Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, den Antrag auf Freistellung von der Verschreibungspflicht für Eigenblut und Eigenblutzubereitungen abzu- lehnen. 7. Naratriptan und Almotriptan Antrag auf Änderung der Positionsformulierungen Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation (siehe Anlage 5). Da es keine Fragen gibt, bittet der Vorsitzende um Abstimmung Abstimmung: Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt jeweils einstimmig, dem Antrag auf Änderung der Positionsformulierungen mit folgendem Wortlaut zuzustimmen: Almotriptan - ausgenommen zur akuten Behandlung der Kopfschmerzphase bei Migräneanfällen mit und ohne Aura, nach der Erstdiagnose einer Migräne durch einen Arzt, in festen Zubereitungen zur oralen Anwendung in Konzentrationen von 12,5 mg je abgeteilter Form und in einer Gesamt- menge von 25 mg je Packung - Naratriptan - ausgenommen zur akuten Behandlung der Kopfschmerzphase bei Migräneanfällen mit und ohne Aura, nach der Erstdiagnose einer Migräne durch einen Arzt, in festen Zubereitungen zur oralen Anwendung in Konzentrationen bis 2,5 mg je abgeteilter Form und in einer Gesamtmenge von 5 mg je Packung - 8. Verschiedenes 8.1. Diphenhydramin – Überprüfung der Verkaufsabgrenzung bei Patienten über 65 Jahren und 8.2. Doxylamin – Überprüfung der Verkaufsabgrenzung bei Patienten über 65 Jahren Das BfArM eröffnet die TOP 8.1 und 8.2 mit einer Präsentation (siehe Anlage 6). Aufgrund der großen thematischen Schnittmenge von TOP 8.1. und 8.2. werden die beiden TOP in einem Vor- trag dargestellt und anschließend gemeinsam diskutiert. 27. Februar 2020 Seite 4
Ein Ausschussmitglied führt aus, dass es keine entsprechenden Daten aus Studien gäbe, auch die Daten aus der Spontanerfassung seien unzureichend. Es gäbe aber einen Konsens unter Fachleu- ten, die sich mit der Alterspharmakologie beschäftigten, dass diese Substanzen negativ zu bewer- ten seien. Da die sedierenden Eigenschaften allen diesen Substanzen eigen seien, sei eine Bewer- tung der Einzelsubstanzen nicht erforderlich. Ein anderes Ausschussmitglied merkt an, ob es nicht im Sinne der Patientensicherheit das rich- tige Vorgehen wäre, die Substanzen der Verschreibungspflicht zu unterstellen, bis entsprechende Studiendaten die Unbedenklichkeit belegen würden. Das pharmakologische Profil ließe ein Ri- siko wahrscheinlich erscheinen und die entsprechende S3-Leitlinie2 würde von den Substanzen abraten. Das BfArM führt aus, dass es fragwürdig erscheine, Substanzen, die seit Jahrzehnten apotheken- pflichtig verfügbar seien, ohne belastbare neue Daten jetzt der Verschreibungspflicht zu unter- stellen. Auch neuere Studien wie z. B. die von Alvarez et al. hätten keine Aufschlüsselung nach Substanzen vorgenommen. Es würden sich aber z. B. die Halbwertzeiten der verschiedenen Anti- histaminika unterscheiden, daher erscheine es fraglich, ob hier Gruppeneigenschaften ohne Dif- ferenzierung Grundlage für die Verschreibungspflicht sein könnten. Ein Ausschussmitglied fragt, ob sich die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit dem Thema Alterspharmakologie beschäftige und ob es seitens des BMG Möglichkeiten zu Förderpro- jekten in diesem Bereich gäbe. Das BfArM antwortet, dass es Diskussionen zum Thema Arzneimittel bei Älteren auf europäi- scher Ebene gäbe. Allerdings sei die Verkaufsabgrenzung dabei kein Aspekt, da diese für national zugelassene Arzneimittel national geregelt werden würde. Das BMG führt aus, dass es den Aktionsplan Arzneimitteltherapiesicherheit gäbe, der derzeit für die Jahre 2020–2023 neu konzipiert werden würde. Ein Aspekt dort sei auch die Arzneimittelthe- rapiesicherheit bei älteren Patienten. Ein Ausschussmitglied merkt an, dass sich bei Altsubstanzen generell die Frage einer aktuellen Bewertung stelle. Zu diesen seien teilweise in der Vergangenheit Entscheidungen gefallen, die heute einer kritischen Überprüfung bedürften. Dies sei hier der Fall. Das BfArM antwortet, dass das mit der jetzigen Aufarbeitung zu Doxylamin und Diphenhydra- min versucht worden sei. Es stelle sich die Frage, ob es eine ausreichende Evidenz dafür gäbe, die Substanzen jetzt der Verschreibungspflicht zu unterstellen. Diese ließe sich so aus den Daten nicht ableiten. Ein weiteres Ausschussmitglied äußert, dass die zugelassenen Dosen von Diphenhydramin be- reits relativ hoch seien und ein Maximum an anticholinergen Wirkungen hätten. Patienten wür- den individuell sehr unterschiedlich reagieren, eine graduierte Betrachtung bezüglich der Dosis sei daher fraglich. Es müsse eine Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden. Die Wirkung von Diphenhydramin als Schlafmittel sei sehr begrenzt. Zudem gäbe es nach kurzer Zeit eine To- leranzentwicklung. Es würden aber massive Nebenwirkungen vor allem im neurokognitiven Be- reich bei älteren Patienten auftreten. Hierzu gäbe es aussagekräftige Daten. Diphenhydramin könne bereits nach einer Dosis massive neurokognitive Einschränkungen verursachen. Die neu- rokognitiven Effekte seien auch Langzeiteffekte. Das BfArM stimmt zu, dass potentielle Risiken bestehen würden. Allerdings sei die Datenlage für eine Änderung der Verkaufsabgrenzung nicht ausreichend. Wichtig sei das Bewusstsein für die Risiken durch Kommunikation zu schärfen sowie die Einbindung der Apotheker. Ein Ausschussmitglied fragt bezüglich der Angaben in der S3-Leitlinie zu Schlafstörungen nach. 2 S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen, Somnologie 2017 21: 2–44 27. Februar 2020 Seite 5
Das BfArM führt aus, dass in der Leitlinie die Antihistaminika benannt würden, aufgrund fehlen- der Evidenz wäre aber keine Aussage zur Anwendung getroffen worden. Ein anderes Ausschussmitglied merkt an, wenn man die Substanzen der Verschreibungspflicht unterstelle, blieben für die Selbstmedikation bei Schlafstörungen nur Baldrian und ähnliche Prä- parate, die kaum wirksam seien. Die Patienten würden dann voraussichtlich den Arzt aufsuchen und Benzodiazepine oder Z-Substanzen verschrieben bekommen. Es erscheine fraglich, ob dies die besseren Alternativen seien. Des Weiteren solle man Diphenhydramin gemeinsam mit Di- menhydrinat betrachten. Ein weiteres Ausschussmitglied antwortet darauf, dass es gewollt sei, dass die Patienten zum Arzt gingen. Der Arzt könnte die Schlafstörung adäquat behandeln. Im Alter seien alle Schlafmittel problematisch, es ginge um die Beeinflussung der Schlafumstände, von Sekundärerkrankungen etc. Ein Ausschussmitglied stellt eine Frage bezüglich der Standardzulassungen und der Meldung von Nebenwirkungen bei Nutzung dieser Standardzulassungen. Das BfArM erläutert, dass auch hier Meldeverpflichtungen bestünden. Die Daten würden sich – sofern vorhanden – in EudraVigilance wiederfinden. Die entsprechenden Auswertungen seien auf der letzten Sitzung des Ausschusses vorgestellt worden. Die jetzt vorgestellten Daten basier- ten auf Auskünften der Zulassungsinhaber, die angefragt wurden, da in EudraVigilance erst Da- ten ab 1995 erfasst seien. Bei den Standardzulassungen gäbe es keine Zulassungsinhaber, die ge- fragt werden könnten. Ein Ausschussmitglied äußert, dass vorrangig die Kommunikation verbessert werden sollte. Bei der Abgabe in der Apotheke sollten dem Patienten Hinweise auf mögliche Risiken gegeben wer- den. Eine Verschreibungspflicht ab 65 Jahren sei eine Ausnahmeregelung in der AMVV, die Al- tersgrenze sei zudem nicht belegt. Ein anderes Ausschussmitglied bekräftig nochmals, dass erhebliche neurokognitive Einschrän- kungen inklusive Demenz bei Gabe von Diphenhydramin bei Älteren auftreten könnten. Hierzu gäbe es ausreichend Daten, auch aus kontrollierten Studien. Ein Ausschussmitglied merkt an, dass die Umsetzung einer Verschreibungspflicht nur für die Al- tersgruppe ab 65 Jahren in der Praxis schwer vorstellbar sei. Ältere Patienten könnten sich zudem bevormundet fühlen. Sofern die Selbstmedikation eingeschränkt werden solle, müsste eine Ver- schreibungspflicht für alle Altersgruppen erwogen werden. Auch ein anderes Ausschussmitglied sieht praktische Umsetzungsprobleme bei der vorgeschla- genen Altersbegrenzung u. a. auch im Zusammenhang mit dem Versandhandel. Ein Ausschussmitglied führt aus, dass ein wesentlicher Punkt die Polypharmazie bei alten Men- schen sei, die Patienten nähmen neben Diphenhydramin ggf. eine Vielzahl weiterer Medika- mente. Ein weiteres Problem sei, dass die Exposition bei älteren Patienten nicht bekannt sei. Ins- gesamt würden aussagefähige Daten und Studien insbesondere zu Wechselwirkungen fehlen. Das BfArM betont, dass die Risiken der Substanzen durchaus gesehen werden. Um aber die Sub- stanzen, die seit Jahrzehnten apothekenpflichtig verfügbar seien, jetzt der Verschreibungspflicht zu unterstellen, seien neue Daten zum Risiko notwendig. Diese würden aber fehlen, das Neben- wirkungsspektrum sei seit langem bekannt, es gäbe keinen neuen Kenntnisstand. Der Ansatz der verstärkten Kommunikation wird als zielführender angesehen. Zahlen zu den Abgabemengen seien von den Zulassungsinhabern angefordert worden. Allerdings sei hier nur die Gesamtabga- bemenge bekannt, belastbare Daten zur Abgabe in den verschiedenen Altersgruppen lägen nicht vor. Ein Ausschussmitglied merkt an, dass die Spontanmeldungen nur als Aufgreifkriterium geeignet seien. Alle Sachverständige des Ausschusses würden die Substanzen als problematisch bei älteren Menschen ansehen. Diese Expertenmeinungen hätten insbesondere bei fehlenden Studiendaten auch einen Evidenzlevel. Dies sollte nicht außer Acht gelassen werden. 27. Februar 2020 Seite 6
Ein anderes Ausschussmitglied äußert, dass die betreffenden pharmazeutischen Unternehmen überlegten, wie eine Verbesserung der Datenlage möglich sei. Ein Unternehmen hätte einen Stu- dienansatz über eine webbasierte Abfrage bei Ärzten verfolgt. Der Sachverständige stellt einige erste Ergebnisse der Untersuchung vor. Nach Ansicht eines anderen Ausschussmitgliedes seien diese aufgrund der sehr geringen Rücklaufquote und der Qualität der Studie nicht belastbar und sollten nicht weiter diskutiert werden. Ein Ausschussmitglied führt aus, das unklar sei, wie häufig die Substanzen auf grünen Rezepten verordnet und wie viele ohne solche Verordnung erworben werden würden. Für eine Entschei- dung wäre es wichtig, solche Daten zu erheben. Nach Ansicht eines weiteren Ausschussmitgliedes stellt sich die Frage, ob es genügend Evidenz dafür gibt, um die Substanzen komplett der Verschreibungspflicht zu unterstellen. Eine Ver- schreibungspflicht ab 65 Jahren sei nicht praktikabel, eine Umsetzung im Versandhandel er- scheine unrealistisch. Nach einer kurzen Diskussion zur Frage des weiteren Vorgehens bittet der Vorsitzende um Ab- stimmung. Abstimmung: Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich, Diphenhy- dramin zur Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen ab dem 65. Lebensjahr der Ver- schreibungspflicht zu unterstellen. Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich, Doxylamin zur Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen ab dem 65. Lebensjahr der Verschrei- bungspflicht zu unterstellen. Es wird festgehalten, dass für die nächste Sitzung der Stoff Dimenhydrinat aufgearbeitet werden sollte. 8.3. Geschäftsordnung Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation (siehe Anlage 7). Ein Ausschussmitglied fragt, ob bei der geplanten Änderung die Zahl der externen sachverständi- gen Personen begrenzt werden würde. Das BfArM antwortet – ohne den Änderungen vorgreifen zu wollen – dass diesbezüglich keine Begrenzung geplant sei. Allerdings sei die Redezeit begrenzt, diese betrage insgesamt 10 Minuten. Termin der 83. Sitzung 23. Juni 2020 – 10 Uhr BfArM, Bonn Anlagen Anlage 1: Präsentation zu TOP 3 – BfArM Anlage 2: Präsentation zu TOP 4 – BVL Anlage 3: Präsentation zu TOP 5 – BfArM Anlage 4: Präsentation zu TOP 6 – PEI 27. Februar 2020 Seite 7
Anlage 5: Präsentation zu TOP 7 – BfArM Anlage 6: Präsentation zu TOP 8.1. und TOP 8.2. – BfArM Anlage 7: Präsentation zu TOP 8.3. – BfArM Anlage 8: Empfehlungen zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) (zu TOP 4, TOP 5, TOP 7, TOP 8.1., TOP 8.2.) 27. Februar 2020 Seite 8
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