SAVE e-News 1/2022 Safeguard for Agricultural Varieties in Europe Der vierteljährliche Informationsdienst der europäischen SAVE Foundation
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SAVE e-News 1/2022 Safeguard for Agricultural Varieties in Europe Der vierteljährliche Informationsdienst der europäischen SAVE Foundation SAVE Projekt-Büro Neugasse 30, CH 9000 St. Gallen, Schweiz / www.save-foundation.net / office@save-foundation.net Arche Warder ein ungewöhnlicher Landschaftspark Arche Warder: Moderne tiergerechte Gehege, die sich ins Landschaftsbild einfügen. ©Arche Warder Der Landschaftspark Arche Warder ist Teil des über hinaus eine wissenschaftliche Institution ist. europäischen Netzwerkes Arca-Net, in dem über Dieser holistische Ansatz hat weltweit ein Alleinstel- 700 Institutionen und Höfe in 40 europäischen lungsmerkmal. Nirgendwo sonst gibt es ein derarti- Ländern erfasst sind, die die landwirtschaftliche ges Konzept (s.u.) und so viele alte Haus- und Vielfalt mit traditionellen lokalen Rassen und Nutztierrassen an einem Ort. Kulturpflanzen einer breiten Öffentlichkeit zu- 84 alte und gefährdete Haustierassen sowie 8 gänglich machen: Stammformen (Wildtiere) leben hier in einem 40 ha grossen Landschaftstierpark sowie auf 18 Aussen- flächen mit insgesamt 150 ha. Mitten in Schleswig-Holstein, dem nördlichsten Bundesland in Deutschland, liegt ein ausserge- Der eigentliche Tierpark präsentiert sich dabei den wöhnlicher Tierpark: die Arche Warder. Diese Anla- Besuchern als vielfältiges, naturnah gestaltetes ge ist als ästhetischer Landschaftstierpark gestaltet, Parkgelände, in das sich weitläufige Weideflächen in dem den Bedürfnissen von Natur, Tieren und und moderne tiergerechte Gehege ästhetisch ins Menschen Rechnung getragen wird und der dar- Landschaftsbild einfügen. Insgesamt arbeiten dort 1 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 56 Mitarbeiter aus den unter- schiedlichsten Bereichen: Tier- pflege, Tiermedizin, Verwal- tung, Handwerk, Pädagogik, Gartenbau und Gastronomie. Die Arche Warder hat im Rah- men ihres holistischen Kon- zepts 5 Säulen: 1. Erhaltungszucht Insgesamt fokussiert sich der Park auf 40 Schwerpunktrassen neben vielen Demonstrations- rassen. Die Arche ist beispiels- weise zum grössten Parkrind- züchter Deutschlands, dem ersten aktiven Züchter wieder behornter Shorthorn Rinder sowie einer von nur zwei Po- savina-Züchtern Deutschlands geworden. Zudem wird eine Extensive Beweidung mit Schafen in einem Museumsareal (Haithabu). ©Arche Warder sehr erfolgreiche Poitou-Esel- Zucht (mit Herdbuch A Tieren) betrieben. tionspartnern zu etablieren. Darunter befinden sich z.B. verschiedene Zuchtverbände, Zoos sowie in- 2. Satellitenstationen ternationale Institutionen. (Haltung auf ausgewählten Aussenflächen) Auf diese Weise konnte die Anzahl der Individuen 5. Forschung der einzelnen Rassen erheblich erhöht werden; In Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen eine Grundvoraussetzung, um die genetische Viel- Beirat, dessen 11 Mitglieder aus verschiedenen falt zu erweitern. Universitäten und Forschungseinrichtungen stam- men, werden Forschungsprojekte über die physio- 3. Bildung logischen Besonderheiten alter Haustierrassen Die anspruchsvolle Umweltbildung wird von insge- untersucht. Gegenwärtig sind 54 Publikationen ver- samt 6 Pädagogen durchgeführt. öffentlicht; z.B.: LUDWIG ET AL. Animal Genetics, 4. Vernetzung (2013); BALLWEG ET AL. Veterinary Immunology Im Laufe der letzten 15 Jahre ist es gelungen, ein and Immunopathology, (2016); BECKER ET AL. funktionierendes Netzwerk mit derzeit 236 Koopera- Journal of Anatomy, (2020). Auf der Grundlage dieses Konzeptes konnte im Jahr 2021 erstmals eine Gesamt- besucherzahl von 114.000 verzeichnet werden. Darüber hinaus stieg seit 2007 das Jahresbudget kontinuierlich auf zuletzt € 4,3 Mio. Sehr erfreulich war auch die zwei- fache Auszeichnung der Ver- einten Nationen als „Projekt der Biologischen Vielfalt“. Zudem haben zahlreiche Presseartikel und TV-Beiträge (insgesamt 3.650 seit 2007) dazu beigetragen, sowohl die öffentliche als auch politische Wahrnehmung deutlich zu erhöhen. Die Zeitschrift „Stern“ hatte 2017 beispiels- weise die Arche Warder als eines von 50 Traumzielen in Naturnahe Anlagen kennzeichnen die Arche Warder. ©Arche Warder Deutschland deklariert. 2 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 Alte, robuste Nutztierrassen sind neben dem Aspekt che wie z.B.: Jungsteinzeit, Mittelalter oder Gegen- der tiergenetischen Ressource besonders schüt- wart. zenswert, da sie eine Schlüsselpo- sition im Rahmen der extensiven Beweidung einnehmen können, was die Arche Warder an vielen Stellen in Schleswig-Holstein auch praktiziert. Diese Tiere können so- mit für die nachhaltige Pflege von Kulturlandschaften und den Erhalt der Biodiversität eine bedeutende Rolle spielen, wenn sich die Trans- formation der Landwirtschaft zu- künftig an Ökosystemleistungen orientiert (FRÖLICH Landwirt- schafts-Jahrbuch Schleswig- Holstein, 2020). Robustheit wird dabei wie folgt defi- niert: (1) optimale Anpassung an lokale Standorte, (2) effiziente Ver- wertung nährstoffarmen Futters und weitestgehende Unabhängigkeit Visualisierung des Besucherzentrums (Entwicklungsgeschichte der Domestikation), Eröffnung für das 1. Quartal 2023 geplant. . ©Arche Warder von energiereichem Futter, (3) Wi- derstandsfähigkeit gegenüber lokalen Witterungs- Ein engagiertes und kompetentes Team, viele Un- einflüssen und klimatischen Besonderheiten, (4) terstützer und ein ausgeklügeltes und tragfähiges Stressresistenz, (5) komplikationslose Geburten Konzept haben die Arche Warder zu einem echten und Aufzucht der Nachkommen sowie (6) hohe Aushängeschild der Region und zu einem einzigar- immunologische Kompetenz gegenüber Krank- tigen überregionalen Zentrum für seltene und vom heitserregern (FRÖLICH ET AL. Deutsches Tierärz- Aussterben bedrohte Haus- und Nutztierrassen teblatt, 2018). gemacht. Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Im Januar 2022 begann der Bau eines „Besucher- Korrespondierender Autor: zentrums zur Entwicklungsgeschichte der Domesti- Prof. Dr. Dr. Kai Frölich, Tierpark Arche Warder kation“. Diese Bildungseinrichtung stellt eine Erwei- e.V., Langwedeler Weg 11, 24646 Warder terung des Tierparkangebotes dar und soll die Be- kfroelich@arche-warder.de sucher über verschiedene mediale und thematische Zugänge an die Bedeutung der Haustiere für die Anmerkung: Haben sie Interesse, auch Ihre Arca- Kulturgeschichte des Menschen heranführen. Net-Institution in den SAVE eNews vorzustellen? Melden Sie sich bitte bei: Das Ausstellungserlebnis wird als Zeitreise, in Form office@save-foundation.net. eines modernen „Edutainments“, angelegt. Die ver- schiedenen Ausstellungsräume widmen sich, in chronologischer Reihenfolge, je einer anderen Epo- Beweidung eines Trockenrasens in der Arche Warder mit Poitou-Eseln. ©Arche Warder 3 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 Erfolge und Herausforderungen der On-farm Erhaltung im Getreidenetzwerk des VERN mit dem Brandenburger Landesamt für Umwelt (LfU) seit 2015 Arbeitstagungen im Herbst. Besonders erfolgreich entwickelte sich die Rekulti- vierung des 'Norddeutschen Champagnerroggen', der inzwischen bundesweit auf gut 1000 ha ange- baut wird und 2013 vom VERN als Erhaltungssorte angemeldet wurde. Verschiedene Bäckereien bie- ten Brot aus 'Champagnerroggen' an, auch Whisky und Korn werden als Spezialprodukte aus 'Cham- pagnerroggen' gebrannt. Weitere aktuelle Beispiele für Wertschöpfung aus alten Sorten sind ein Ha- ferdrink aus 'Heidegold' und ein Brot aus 'Mecklen- burger Marienroggen', das eine Bäckereikette ex- klusiv im Bundesland Mecklenburg herstellt und verkauft. Projekt zur Verbesserung der On-farm Erhaltung Um die On-farm Erhaltung agrogenetischer Res- sourcen langfristig zu verbessern, kooperiert der VERN als Projektträger mit 13 Landwirtschaftsbe- trieben, der HNEE, dem Julius-Kühn-Institut (JKI) und der Saatenanerkennung (LELF-BB) im Rahmen des Projektes „Förderung der konzeptionellen Zu- sammenarbeit für eine marktgerechte und standort- angepasste Landbewirtschaftung“. Dieses Projekt wird von 2020 bis 2022 gefördert durch das Ministe- rium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Sobotkaer Fahnenhafer. © Kappel, VERN e.V. des Landes Brandenburg (MLUK). Wichtiges Ziel ist es, diagnostizierte Schwächen in Seit über 20 Jahren bringt der VERN Genbankher- der betrieblichen Saatgutarbeit wie unzureichende künfte alter Getreidesorten in Zusammenarbeit mit der Lehr- und Forschungsstation der Hochschule Saatgutqualität oder unbefriedigende Saatgutreini- für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) auf gung zu überwinden. Bei Betrieben, die viele Sorten vermehren, war die Sortenreinheit nicht immer zu- Gut Wilmersdorf und einem Netzwerk von Landwir- friedenstellend. In diesen Fällen wird die Konzentra- ten wieder in Nutzung. Auf Gut Wilmersdorf wird tion auf wenige, dafür intensiver bearbeitete Sorten Saatgut vorvermehrt sowie Basis-Saatgut und Aus- gangsmaterial für die Erhaltung auf Landwirt- empfohlen. Die Sicherung der Qualität von Basis- schaftsbetrieben erzeugt. Weiterhin werden poten- tiell wertvolle historische Sorten einem Sichtungs- anbau unterzogen. Im Getreidenetzwerk bestellen die Betriebe zwi- schen 0,5 und 10 ha mit historischen Sorten. Die Landwirte erzeugen eigenes Saatgut und tauschen es überbetrieblich aus. Im Land Brandenburg ko- operiert das Netzwerk mit der amtlichen Saatenan- erkennung (LELF), die die Saatgutqualität prüft. Insgesamt umfasst das Getreidenetzwerk mehr als 100 Mitglieder aus dem gesamten Bundesgebiet. Darunter engagieren sich neben Landwirten auch Verarbeiter wie Bäckereien, Mühlen oder Brauerei- en. Um den fachlichen Austausch und die Koopera- tion zwischen Landwirten und Verarbeitern zu un- Vermehrungsparzellen Gut Wilmersdorf im Mai. © Köster, terstützen sowie den Aufbau von Wertschöpfungs- VERN e.V. ketten anzuregen, organisiert der VERN zusammen 4 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 seines Ausgangsmusters aus der Gen- bank und dem anderer Roggensorten und Genbankherkünften verglichen. Der genetische Fingerabdruck wurde mit Hilfe eines neu entwickelten Nachweis- verfahrens durchgeführt, womit mehrere tausend Genorte im Erbgut des Roggens im Hinblick auf ihre genetische Vielfalt simultan beschrieben werden können. Proben vom 'Norddeutschen Champag- nerroggen' aus der langjährigen Erhal- tung von 11 Landwirten wurden mit einer Probe des Ausgangsmaterials aus der Genbank in Gatersleben verglichen. Weiterhin wurden Proben der Genpools Petkus und Carsten, sowie weitere Gen- bankherkünfte als Referenzen in die Vermehrungsparzellen Gut Wilmersdorf im Juni. © Köster, VERN e.V. Studie einbezogen. Das Ergebnis (siehe Grafik) zeigt, dass sich der Saatgut wird über die Zusammenarbeit mit dem 'Norddeutschen Champagnerroggen' auf der Kooperationspartner LELF gefördert. Zur Verbesse- Grundlage seines DNA-Profils klar von anderen rung des überbetrieblichen Saatguttausches in grö- ßeren Chargen wird im Projekt eine systematische Roggen-Populationen abgrenzen lässt. Dieser Be- Kommunikation zwischen den Betrieben aufgebaut. fund dokumentiert, dass die On-farm Erhaltung weder durch den Eintrag von Pollen noch durch Unter phytopathologischen As- pekten sind die Nutzung von Nachbausaatgut und Saatgut- austausch eine Herausforde- rung. Eigene Infektionen, deren Verschleppung bei der Ernte, sowie überbetrieblicher Aus- tausch sind eine erstzunehmen- de Quelle für Pilzkrankheiten und gefährden die Gesundheit von Saat- und Erntegut. Insbesonde- re Steinbrand ist ein Problem. Deshalb wird das Erntegut in Zusammenarbeit mit dem LELF überprüft, sowie Versuche zur Saatgutbehandlung durchge- führt. Diese Versuche mit Heiß- wasserbeizen und mit Tillecur (Gelbsenfmehl) werden durch Laboruntersuchungen des LELF begleitet. Die Ergebnisse werden den Betrieben durch Beratungen und Hinweise verfügbar ge- macht. Bewahrung der Sortenidentität in einem On- Vermengung von Saatgut beeinträchtigt wurde. Die farm Erhalternetzwerk phylogenetische Analyse zeigt auch, dass eine Am Beispiel des 'Norddeutschen Champagnerrog- Diversifizierung der Sub-Populationen stattgefun- gens' wurde untersucht, ob sich Land- und andere den hat, die vermutlich auf Anpassung an die spezi- alte Sorten durch On-farm-Erhaltung auf landwirt- fischen Umweltbedingungen der 11 Erhaltungsbe- schaftlichen Betrieben im Laufe der Jahre genetisch triebe zurückzuführen ist. durch Fremdbefruchtung oder durch Vermengung von Saatgut verändern und eventuell ihre Sor- Kontakt: Cornelia Lehmann (Vorsitzende VERN tenidentität verlieren. Dafür wurde 2019 vom Julius- e.V.) cornelia.lehmann@hu-berlin.de, Kühn-Institut (JKI) der genetische Fingerabdruck https://vern.de/ des 'Norddeutschen Champagnerroggens' mit dem 5 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 Die Schlüsselrolle der Crop Wild Relatives Genbanken und Pflanzenzüchtungsprogramme auf der ganzen Welt arbeiten in diesem Projekt zu- sammen. Das Projekt ist ein globales, langfristiges Bemühen, wilde Verwandte von Nutzpflanzen zu sammeln, zu konservieren und zu nutzen, um Nah- rungspflanzen zu entwickeln, die nicht nur überle- ben, sondern unter dem Klimawandel gedeihen. Das Projekt umfasst vier Hauptkomponenten: die Priorisierung von wilden Verwandten von Kultur- pflanzen auf der Grundlage einer Lückenanalyse, die Sammlung von CWR im Feld, die Erhaltung von CWR in Genbanken und die Verwendung von CWR in Vorzüchtungsbemühungen, um sie für Pflanzen- Der Klimawandel erhöht den Bedarf an neuen Ei- züchter vorzubereiten. genschaften in den heutigen Nahrungspflanzen. Die Das Projekt ist auf die wilden Verwandten von 29 wildlebenden Verwandten unserer Nutzpflanzen, Nutzpflanzen konzentriert. Diese wurden aufgrund die „crop wild relatives“ (CWR), spielen eine ihrer Bedeutung und ihres Vorkommens in Anhang Schlüsselrolle dabei, die genetische Vielfalt in den 1 des Internationalen Vertrags über pflanzengeneti- Nahrungs- und Futterpflanzen der Zukunft sicher- sche Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zustellen. CWRs sind Taxa, die zur gleichen Gat- ausgewählt. Eine beeindruckende interaktive Karte tung wie die kultivierten Arten gehören. zeigt auf, welche Aktivitäten für welche Pflanzenart Lange wurde der Beziehung zwischen unseren von wem unternommen wurden oder werden. Nutzpflanzen und deren wilden Verwandten in der Natur wenig Beachtung geschenkt. Doch inzwi- schen sind die CWR zu einem wichtigen For- schungsthema geworden. Wirtschaftlich betrachtet haben CWR einen erheblichen Beitrag zur Agrarin- dustrie und Weltwirtschaft geleistet. Es wird ge- schätzt, dass die „wilden Verwandten“ unserer Kul- turpflanzen etwa 20 Milliarden und weltweit 115 Milliarden US-Dollar Gewinn durch höhere Ernteer- träge beitragen. Der Verlust solcher Wildpflanzen stellt also einen erheblichen wirtschaftlichen Verlust für die Landwirtschaft dar. Rund 80% der europäischen und mediterranen Pflanzenarten können als CWRs betrachtet werden und sind daher aus sozioökonomischer Sicht sehr wichtig. Dabei sind nur solche Arten, die sich mit kultivierten Arten kreuzen können, ein CWR Diversi- tätsreservoir. Dieses ist nutzbar, damit sich die Pflanzen an ändernde Umweltbedingungen anpas- sen können. Es wird angenommen, dass sich wilde Verwandte einer bestimmten Nutzpflanze im selben Genpool befinden, und selbst, wenn sie taxono- misch unterschiedlich zu sein scheinen, können sie Gene mit ihrem verwandten kultivierten Taxon aus- tauschen. Das vom Global Crop Diversity Trust geleitete und von Norwegen finanzierte Projekt „Adapting Agricul- ture to Climate Change: Collecting, Protecting and Preparing Crop Wild Relatives“ zielt darauf ab, wichtige Arten von den wilden Verwandten unserer Nutzpflanzen zu sammeln, langfristig zu erhalten und für die Züchtung neuer, verbesserter Nutz- 29 Nutzpflanzen, die im Rahmen des Projektes untersucht werden. Quelle: https://www.cwrdiversity.org/ pflanzen zu nutzen. Nationale und internationale 6 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 Die in der nordischen Region wachsenden CWRs Crop Wild Relative conservation" besondere Auf- sind wie andere Wildpopulationen an das lokale merksamkeit geschenkt. Klima und die Bedingungen angepasst. Es kommen Quellen: https://www.cwrdiversity.org/ insbesondere wilde Verwandte von Futterpflanzen, Beeren und einige Nutzpflanzenarten wie Gemüse https://www.nordgen.org/en/projekts/crop-wild- und Cerealien vor. Beispiele sind die wilde Rübe als relatives/ wilder Verwandter der Ölpflanze Raps und Pak- Choi, die Seerübe, als Verwandter der Zuckerrübe Perrino, E.V. et al (2021) Crop Wild Relatives (CWR) Priority in Italy. Sustainability 2021, 13, und der Futterrübe sowie das wilde Lieschgras als- 1682. https://doi.org/10.3390/su13041682. Verwandter des Futtergrases Lieschgras. Diesen und anderen CWR Arten wird im Projekt "Nordic Sind Saatgutvorschriften verfassungswidrig? tieft mit dem Zulassungsverfahren, den Regelungen und Vorschriften im Zusammenhang mit Pflanzens- orten beschäftigt. Ihr Urteil ist zumindest für die Schweiz sehr kritisch und europaweit dürfte es nicht anders sein. Sie sagt: „Die Saatgutvorschriften schützen Umwelt und menschliche Gesundheit nur ungenügend. Und sie beeinträchtigen die wirtschaft- liche Freiheit der verschiedenen Akteure, die am Anbau und an der Produktion von Saatgut beteiligt sind. Die Saatgutregulierung könnte in der Schweiz sogar verfassungswidrig sein.“ Um die Saatgutregelung zu entwirren und zu ver- stehen brauchte die Juristin ein ganzes Jahr. Weil dies zuvor noch nie gemacht wurde, leistete sie Pionierarbeit. In ihren Fachinterviews stellte sie fest, Bohnensamen, Genbank Portugal. Quelle: SAVE dass viele der Befragten bezüglich der Gesetzesla- ge und den Vorschriften kaum wussten, was erlaubt Camille Vallier forscht an der Universität in Genf zu ist und was nicht. Die Regelung des Saatguthan- Fragen des öffentlichen Rechts. Für ihre Dissertati- dels in der Schweiz basiert nicht auf einem Gesetz on hat sie ein Thema gewählt, das auch die SAVE- im eigentlichen Sinne. Einzig ein Passus im Land- Community umtreibt. Sie untersuchte die rechtli- wirtschaftsgesetz weist darauf hin, dass die Regie- chen Fragen im Zusammenhang mit „pflanzlichem rung „für bestimmte Arten vorschreiben kann, dass Vermehrungsmaterial“ beziehungsweise deren Wei- in der Schweiz nur Sorten eingeführt, in Verkehr tergabe an Dritte, die ja verboten ist, wenn eine gebracht, zertifiziert oder verwendet werden dürfen, Pflanze nicht in einem nationalen Sortenkatalog die in einem Sortenkatalog eingetragen sind.“ In eingetragen ist. Die Rechts-, aber sicher nicht Durchführungsverordnungen wird festgelegt, wer im Zuchtexpertin Camillie Vallier bezeichnet nationale Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) einen Katalog Sortenkataloge als „obskur“. Abgesehen davon sei erlässt, in welchem Anhang sich Regelungen befin- deren Existenz für die meisten unbekannt. Vallier ist den, welche Kriterien für die Aufnahme einer Sorte nicht die erste, die das Verbot der Inverkehrbrin- in den Katalog gelten, wer die Entscheidungen trifft, gung von nicht gelistetem Saatgut von Getreide, welche Sanktionen bei Verstössen gelten und vieles Gemüse, Futterpflanzen oder Obst für den gewerb- mehr. Nach Einschätzung von Vallier sind die meis- lichen Gebrauch kritisiert, denn die starren Rege- ten diesbezüglichen Verordnungen in der Praxis gar lungen verhindern zwar die Verbreitung uner- nicht anwendbar. Trotz langer Suche fand die Juris- wünschter Pflanzen, aber auch oft züchterische tin auch keinen Fall von Sanktionen. Im Courrier Innovationen. Vallier stellt in der Genfer Tageszei- sagt Vallier: „Kaum jemand hat den Überblick, aber tung „Le Courrier“ fest, dass sich die Komplexität die meisten scheinen mit dem juristisch ziemlich der Vorschriften und Anmerkungen in Sortenver- unscharfen System zufrieden zu sein.“ zeichnissen im Laufe der Jahrzehnte zu einem ech- ten juristischen und administrativen gordischen Die heutige Landwirtschaftspolitik wurzelt in den Knoten entwickelt habe. Die Juristin machte den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und der Ab- Versuch, diesen Knoten Strang für Strang zu ent- sicht, die Ernährungssicherheit um jeden Preis si- wirren und zu verstehen. Dabei betrat sie Neuland, cherzustellen. Gefördert wurden deswegen be- denn es haben sich bisher nur wenige Juristen ver- stimmte Kultursorten mit Krankheitsresistenz und 7 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 hohen Erträgen. Diese Sorten wurden in den ersten tungskriterien ausgerichtete Saatgutpolitik habe Saatgutbüchern, den Vorgängern der heutigen Sor- nicht nur in der Schweiz zu Umweltzerstörung, Kli- tenkataloge, eingetragen. Die Kriterien für die Auf- mawandel und Gesundheitsschäden geführt. Des- nahmen einer neuen Sorte in die Kataloge sind halb schlägt Vallier vor, die Beschränkung der Ni- auch heute noch ertrags- und resistenzorientiert. schenkulturen aufzuheben, die Eintragungen in die Weitere dominierende Kriterien sind die Kälteresis- Kataloge zu erweitern und die Bedingungen dafür tenz, die Tauglichkeit für die mechanisierte Land- zu lockern, um die Agrarpolitik in Richtung einer wirtschaft, eine einheitliche Grösse, die Backfähig- nachhaltigen Landwirtschaft zu lenken. Vallier ist keit etwa bei Weizen und ähnliche Kriterien, die auf jedoch dezidiert gegen eine komplette Liberalisie- die Befriedigung eines Massenmarktes abzielen. rung. Es brauche auch beim Saatgut ein System Hinzu kommt die Anforderung, dass eine neue Sor- der Qualitätskontrolle, um Bauern und Verbraucher te diese Kriterien besser erfüllen sollte als die be- vor ungenügenden Sorten zu schützen. Doch sie reits gelisteten Sorten. Seit über 20 Jahren fokus- sagt auch: „Die jetzige Saatgutregulierung liegt siert die Landwirtschaftspolitik aber nicht mehr nur nicht mehr im öffentlichen Interesse, da der Wille, auf die Versorgungssicherheit, sondern sie muss immer mehr zu produzieren, mit den anderen in der zunehmend den Anforderungen einer nachhaltigen Verfassung festgelegten Zielen im Bereich des Entwicklung und dem Erhalt natürlicher Ressour- Umweltschutzes im Konflikt steht. Mit anderen Wor- cen, der Pflege von Kulturlandschaften und dem ten, sie ist verfassungswidrig geworden.“ Diese Erhalt der Artenvielfalt gerecht werden. ungeschminkte Feststellung dürfte nicht nur für die Schweiz, sondern auch für die EU und viele Natio- Vallier fand keine Verordnungen, die schwarz auf nalstaaten zutreffen. weiss festlegen, dass Saatgut, das nicht im Katalog gelistet ist, nicht in Verkehr gebracht werden darf. Quellen: https://lecourrier.ch/2021/10/03/des- Stattdessen fand sie immer wieder Verweise auf semences-hors-la-loi-vraiment/ andere Verweise und Regeln. Sie sagt: „Meine Ar- https://archive-ouverte.unige.ch/unige:150840 beit glich mehr und mehr einer wahren Schnitzel- https://www.unige.ch/droit/publi/vallier/ jagd.“ Die Analyse der Rechtslage beim Saatgut führte Vallier zu dem Schluss, dass bestimmte Be- schränkungen heutzutage unverhältnismässig sei- en, auch wenn sie in den 1960er Jahren ihre Be- rechtigung gehabt hätten. Die einseitig auf Leis- Neues von der Girgentanaziege Die stattlichen Girgentana Ziegen wurden in der Umgebung von Girgenti oder Agrigent, einer kleinen Stadt in der Provinz Agrigento in Sizilien gezüchtet. Girgenti ist schon seit der Antike besiedelt. Davon zeugen die archäologischen Fundstätten im „Tal der Tempel“, einem berühmten UNESCO- Weltkulturerbe. Der Legende nach hatte die Milch dieser Ziege tatsächlich den Göttervater Jupiter ernährt, und ihr spiralförmiges Horn galt als Behäl- ter für Reichtum, Fruchtbarkeit und Opulenz. Schon Plinius der Ältere erinnerte in seiner „Naturalis his- toria“ bereits vor zweitausend Jahren daran, dass Sizilien die Caprino von Agrigentum nach Rom ex- portierte. Bis in die 1970er Jahre war die Girgentana Ziege die „Kuh des kleinen Mannes“ in Agrigento, denn sie lieferte rund 3 Liter Milch am Tag. Strukturwan- del und Landflucht führten dazu, dass die Ziegen- haltung vielerorts aufgegeben wurde. Ende der 1980er Jahre wurden einige der mit ihren spiralig gedrehten Schraubenhörnern sehr majestätisch wirkenden Girgentana Ziegen nach Deutschland (Tierpark Kleve, Tierpark Warder) verkauft. Das Girgentanaziegen in Agrigent. Quelle: SAVE einzigartige Aussehen der Girgentana Ziegen wur- de bekannter und es wurden Liebhaberpreise für Jungtiere gezahlt, die sich die verbliebenen Bauern 8 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 nicht mehr leisten konnten. Damit wurde die Dege- Schraubenziege aus Zentralasien (Capra falconeri) neration der Rasse eingeläutet, die Inzucht nahm zu den Vorfahren zu zählen ist. zu. Klarheit über die genetischen Beziehungen brachte SAVE Foundation setzte sich in einem Erhaltungs- nun eine Studie zur Abstammung der Girgentana projekt für einen Zuchttieraustausch zwischen Sizi- Ziege, die 2021 veröffentlicht wurde. Mit geneti- lien und Deutschland ein. Das war mit einigen Hür- schen Markern wurden die mütterliche (mitochond- den verbunden: So blockierte das Auftreten der riale DNA) und väterliche (Y-Chromosomale Varia- Blauzungenkrankheit zunächst den Austausch mit tionen) Abstammung der Girgentana Ziegen be- Deutschland. Im Domestic Animal Diversity Infor- stimmt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Girgentana mation System DAD-IS der FAO ist für 1994 nur Ziege wie die meisten Ziegenrassen von der Be- noch eine Population von 420 Tiere in Italien aufge- zoarziege abstammt. Für eine Beteiligung der führt, heute sind es rund 1500 Tiere. In Deutschland Markhor Ziege an der Entstehung der Girgentana umfasst die Population Anfang 2022 gemäss DAD- Ziege konnte kein genetischer Nachweis gefunden IS 56 Tiere. Als „Slow-Food-Presidium“ wird die werden. Milch- und Käsetradition in Agrigento heute wieder- Es ist sehr interessant, nun mehr über die Abstam- belebt. Die Azienda Agricola Montalbo ist seit 1999 mung der Girgentanas zu wissen. Die In-Wert- eine der wenigen Girgentana-Käseproduzenten. Setzung vor Ort soll ihr Überleben auch in Zukunft Girgentana-Halter haben sich zu einem Verein in sichern. der Region zusammengeschlossen und beliefern die Azienda mit Milch, der Nturcina, wie sie im loka- Quellen: len Dialekt heisst. K. Frölich et al 2021 Is the Markhor the ancestor of Unsere Ziegenrassen sind auf die Bezoar-Ziege domestic Girgentana goat Zool.Gart 89-2 93-101 (Capra aegagrus) zurückzuführen, die rund 10000 v. Chr. im fruchtbaren Halbmond domestiziert wur- https://formaggidicapragirgentana.it/ de. Bei der Girgentanaziege liegt nicht zuletzt we- https://www.fao.org/dad-is/en/ gen ihrer imposanten Schraubenhörner die Vermu- tung nahe, dass bei ihr auch die Markhor-oder Kurznachrichten Wilde Oliven: Erhaltung und Nutzung Der Oleaster (Olea Daher kann die Rolle des Oleaster in der Zukunft europaea L. subsp. des Olivenanbaus von entscheidender Bedeutung Europaea var. Syl- sein. Trotz des grossen Potenzials hat die Notwen- vestris) ist der Vor- digkeit, die wilden Olivenressourcen gründlich zu fahre der Kulturolive charakterisieren und angemessen zu erhalten, erst (Olea europaea L. kürzlich die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich subsp. Europaea gezogen. In dieser Übersichtsstudie wurden die var. Europaea). Sein wichtigsten morphologischen und genetischen Stu- Verbreitungsgebiet dien zusammengefasst, die an Oleaster-Bäumen in im gesamten Mittel- verschiedenen Ländern des Mittelmeerbeckens meerraum überlappt durchgeführt wurden. Darüber hinaus wurden die sich mit dem der bisher eingeführten Strategien zur Erhaltung und Kultur-olive. Eine der Oleaster-Keimplasmasammlungen überprüft. kürzlich veröffentli- Zukünftige Perspektiven zur Nutzung des Oleasters che Studie fasst die zur Bewältigung der zukünftigen landwirtschaftli- wichtigsten bisheri- chen Herausforderungen, die durch klimatische gen Ergebnisse zur Veränderungen und neu auftretende Krankheiten genetischen Identifi- entstehen, werden aufgezeigt. zierung und Erhal- Quelle: Valentina Fanelli, V. et al (2022): Current tung dieser wichti- Status of Biodiversity Assessment and Conserva- gen Ressource für tion of Wild Olive (Olea europaea L. subsp. euro- Oleaster. Quelle: Wikipedia.org den Olivenanbau paea var. sylvestris). https://www.mdpi.com/2223- der Zukunft zusam- 7747/11/4/480/htm men. 9 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 SUPERB – Wald-Erneuerung und -anpassung in Europa und politischen Faktoren für eine erfolgreiche Wiederherstellung der Wälder und deren Leis- tungen zu sammeln. Sondern es werden auch konkrete Restaurationsmassnahmen umgesetzt, die in zwölf gross angelegten Demonstrationsge- bieten in dreizehn Ländern auch grenzüber- schreitend durchgeführt werden. Diese Gebiete repräsentieren die ganze Vielfalt europäischer Wälder sowie die Stressfaktoren, unter denen sie Im Dezember 2021 startete das Projekt SUPERB vor allem durch den Klimawandel stehen. „Systemic solutions for upscaling of urgent ecosys- Quelle: tem restoration for forest related biodiversity and https://www.bfw.gv.at/pressemeldungen/neues- ecosystem services“ des EU- green-deal-projekt-superb-will-die-restaurierung- Forschungsrahmenprogramms Horizon 2020. Hier von-waldern-im-klimawandel-europaweit- geht es nicht nur darum, das verstreute Wissen verbessern/ über die ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen ProSpecieRara: Tier-Expo 8. & 9. Oktober 2022 Alle fünf Jahre Schluss kommen, eine der alten Schweizer Rassen laden ProSpe- in Zukunft zu halten und zu züchten.. cieRara und die Verschiedene Präsentationen in der Arena und Zuchtvereine Marktstände runden das Erlebnis ab. zur «Nationalen Schau gefähr- Vianco-Arena Brunegg deter Nutztier- Sa, 08.10.2022, 10:00 - 20:00, So, 09.10.2022, rassen» ein. Hier können Sie 10:00 - 17:00 alle 32 ProSpecieRara-Rassen – von der Dunklen https://www.prospecierara.ch/de/erleben/veranstaltu Biene bis zum Freibergerpferd – hautnah erleben, ngen/veranstaltungen-detail/events/tier-expo-1.html Fragen an Experten stellen und vielleicht zu dem 22. Peliti Seed Festival 2022 & 4. Olympic Seed Festival Das Peliti Seed Das Peliti Seed Festival zum Austausch Festival hat traditioneller Sorten findet seit 1999 regelmässig schon Tausende statt. Das Peliti Seed Festival am 30. April 2022 ist von Menschen in eingebunden in das 4. Olympische Seed Festival, Griechenland und das vom 27. – 30. April mit vielen Aktivitäten im Ausland zelebriert wird. inspiriert. Ort: In Mesochori, ParanesΠελίτι / Peliti, Paranesti Saatgutfeste in 660 35, Greece Griechenland, Bulgarien, Zypern Weitere Informationen: und anderswo wurden von dieser Feier inspiriert. https://peliti.gr/categories/english/ GIAHS-Stätten in Europa Die Globally Important Agricultural Heritage Sys- tems (GIAHS) sind Agrarökosysteme, die von Gemeinschaften bewohnt werden, die in einer komplexen Beziehung zu ihrem Territorium leben. Diese sich ständig weiter entwickelnden Gebiete sind widerstandsfähige Systeme, die sich durch eine bemerkenswerte Agrobiodiversität, traditio- 10 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 nelles Wissen, unschätzbare Kulturen und Land- wirtschaftet werden und so einen Beitrag zu deren schaften auszeichnen und von Landwirten, Hirten, Lebensunterhalt und Ernährungssicherheit leisten. Fischern und Waldbewohnern nachhaltig so bewirt- schaftet werden, dass sie zu ihrem Lebensunterhalt und ihrer Ernährungssicherheit beitragen. Durch das Globally Important Agricultural Heritage Sys- tems Programme hat die Ernährungs- und Land- wirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen über 60 Stätten auf der ganzen Welt ausgewiesen. In Europa gibt es bisher sieben GIHAS Gebiete. Italien, Spanien und Portugal bilden das derzeitige Netzwerk der GIAHS in Europa, das Olivenhaine, Weinlandschaften, Weidesysteme und sogar Be- wässerungssysteme umfasst. Jedes dieser Gebiete Barroso Agro-Sylvo-Pastral System, Portugal. Quelle: wurde aufgrund seiner Resilienz hinsichtlich der www.fao.org/giahs Erhaltung der Biodiversität, des traditionellen Wis- sens, der einzigartigen Kulturen und der Landschaf- Mehr Informationen: https://www.fao.org/giahs/en/ ten ausgewählt, die von Landwirten, Hirten, Fi- schern und Forstwirten auf nachhaltige Weise be- Eating to Extinction In den letzten Jahr- achthundert verschiedenen Pflanzen und Tieren zehnten hat die besteht und die mit Vögeln kommunizieren, um Globalisierung unsere Bienennester zu finden. Oder denken Sie an Ernährung homogenisiert, Murnong – einst das Grundnahrungsmittel der und zwar rücksichtslos. australischen Ureinwohner, erlebt dieses kleine Die Zahlen sind Wurzelgemüse mit dem süßen Geschmack von erschreckend: Von den Kokosnuss eine Wiederbelebung, nachdem es vom rund sechstausend Aussterben bedroht war. Und in Sierra Leone gibt verschiedenen Pflanzen, es nur noch wenige überlebende Stenophylla- die einst von Menschen Bäume, eine Art, die heute als entscheidend für die verzehrt wurden, sind Zukunft des Kaffees gilt. heute nur noch neun In diesem originellen und unterhaltsamen Buch wichtige Grundnahrungs- zeigt Saladino, dass wir, wenn Lebensmittel mittel. Nur drei davon – gefährdet sind, nicht nur den Verlust traditioneller Reis, Weizen und Mais – Lebensmittel riskieren, sondern auch Aromen, liefern 50 Prozent aller unserer Kalorien. Graben Gerüche und Texturen, die möglicherweise nie Sie tiefer und die Trends sind noch wieder erlebt werden. Und die Konsolidierung besorgniserregender: 95 Prozent der in den unserer Lebensmittel hat andere hohe Kosten, Vereinigten Staaten konsumierten Milch stammt einschliesslich mangelnder Widerstandsfähigkeit von einer einzigen Kuhrasse, während jedes vierte gegenüber Klimawandel, Schädlingen und Bier, das weltweit getrunken wird, das Produkt Parasiten. Unsere Lebensmittel-Monokultur ist eine eines einzigen Brauers ist. Bedrohung für unsere Gesundheit – und für den In Eating to Extinction reist der angesehene BBC- Planeten. Als Reaktion darauf bietet Saladino einen Lebensmitteljournalist Dan Saladino um die Welt, Fahrplan für ein Ernährungssystem, das gesünder, um unsere am stärksten gefährdeten Lebensmittel robuster und vor allem reicher an Geschmack und zu erleben und zu dokumentieren, bevor es zu spät Bedeutung ist. ist. Von einem indigenen amerikanischen Koch, der Dan Saladino (2021): Eating to Extinction: the vorkoloniale Rezepte verfeinert, bis hin zu Bauern, worls’ds rarest foods and why we need to save die rote Geechee-Erbsen auf den Sea Islands of them. ISBN 9780374605322 Georgia pflegen, sind die Personen, die in Eating to Extinction vorgestellt werden, wichtige Wegweiser https://www.vox.com/down-to- zu wertvollen Lebensmitteln, die der Rest der USA earth/22906478/food-diversity-extinction-dan- vergessen hat oder von deren Existenz er nichts wusste. Nehmen Sie Honig – nicht das bekannte saladino Produkt, das in Plastikflaschen verkauft wird, sondern den wilden Honig, der von den Hadza in Ostafrika gesammelt wird, deren Ernährung aus 11 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
SAVE e-News Ausgabe 1 / 2022 Auch das noch Apfelschaufeln Bevor es in Grossbritannien Zahnersatz für alle gab, waren Apfelschaufeln eine Möglichkeit für älte- re Menschen, die kaum mehr Zähne im Mund hat- ten, die frischen Früchte zu geniessen. Die Schaufeln stammen aus den 1600er Jahren und wurden bis in die frühen 1900er Jahre verwen- det. In ihrer Blütezeit war Zahnersatz ein Luxusarti- kel, oft gefertigt aus Elfenbein oder sogar Gold. Die besonders wertvollen Ersatzgebisse wurden aus den Zähnen gefallener Soldaten oder sonstigen frisch Verstorbenen gefertigt. Diese Gebisse hatten den Beinamen „Waterloo Zähne“. Apfelschaufeln wurden oft von Hirten aus Schaf- knochen hergestellt. In hingebungsvoller Schnitzar- beit entstanden so richtige Kunstwerke mit Griffen wie gotische Fenster, mit eingeätzten Initialen oder besonderen Mustern. Die Apfelschaufeln funktio- nierten so gut, dass das Fruchtfleisch bis zum letz- Quelle: https://collection.sciencemuseumgroup.org.uk ten Streifen präzise von der Schale gelöst werden konnte und zum Schluss nur noch die pergament- dünne Apfelhaut übrig blieb. Einen produktiven Frühling wünscht Ihr SAVE Team Quelle: Timo Klostermeier / pixelio.de 12 / 12 Elektronischer Informationsdienst der SAVE Foundation www.save-foundation.net office@save-foundation.net / Neugasse 30, CH-9000 St. Gallen, Schweiz www.agrobiodiversity.net
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