Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Cemal Bozoğlu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 12.05.2021
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
18. Wahlperiode 25.08.2021 Drucksache 18/17574 Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Cemal Bozoğlu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 12.05.2021 Menschenschmuggel via Graue Dienstpässe aus der Türkei Zunächst in der türkischen Presse wurde bekannt, dass aus mehreren Orten in der Türkei, in denen die Regierungspartei AKP des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan die Bürgermeister stellt, jeweils Gruppen von 30 bis 60 Personen mit soge- nannten Grauen Dienstpässen (türkisch: Gri Hizmet Pasaportu) versorgt und für ver- meintliche Bildungsprogramme nach Deutschland geschickt wurden. Viele der Teilneh- menden sind nicht zurückgekehrt. Das System scheint wie folgt zu funktionieren und seit 2018 praktiziert worden zu sein: Die Drahtzieher, zu denen wohl der AKP-Politiker aus Bingöl zählt, finden zunächst Einlader aus Deutschland oder täuschen sie mit gefälschten Doku- menten vor. Anschließend suchen sie Kommunen in der Türkei, die mit der Entsendung einer Gruppe einverstanden sind und die Koordination übernehmen. Im Gegenzug er- halten diese materielle Vorteile (in einem Fall z. B. einen gebrauchten LKW). Innerhalb dieser Kommune wird ein Verein gefunden, welcher als offizieller Projektträger fungiert. Dieser stellt bei der Kommune den Antrag zur Genehmigung einer Deutschlandreise. Dabei wird der vermeintliche Reisezweck (z. B. Umweltbildung oder Sport) angegeben, ein Einladungsschreiben aus Deutschland beigefügt und bestätigt, dass alle Kosten durch den Einladenden getragen würden. Nach Beschlussfassung im Kommunalparla- ment übermittelt der Drahtzieher dem Verein eine Namensliste. Diese Personen haben laut Presseberichten je 6.000 bis 10.000 Euro bezahlt. Sie werden als Vereinsmitglie- der registriert und der Stadt mitgeteilt; damit für sie Graue Dienstpässe beantragt wer- den. Solche Ausweise berechtigen zu einer visafreien Einreise in den Schengenraum. Die Kommune beantragt für diese Personengruppe beim örtlichen Gouverneur, der eine untere Behörde des türkischen Innenministeriums ist, die Ausstellung der ent- sprechenden Pässe. Eigentlich erfolgt bei diesem Prozess eine umfangreiche Prüfung. Menschen mit Vorstrafen oder oppositionellen Aktivitäten erhalten für gewöhnlich keine solchen Pässe. Obwohl die Personen nicht in der entsendenden Kommune wohnhaft sind, wurde dieser Umstand anscheinend nicht hinterfragt. Das ist Indiz dafür, dass die Kommunen und die Gouverneure in Kenntnis waren, dass es sich nicht um eine übliche Bildungsreise handelt oder dass sie sogar mit den Schleusern kooperiert ha- ben. Die Einreise der Gruppe nach Deutschland erfolgt wohl mit Reisebussen. Auf der Fahrt wird den Teilnehmenden erklärt, wie sie sich bei Grenzkontrollen und im Zielland zu verhalten haben und dass sie keine Asylanträge stellen sollten, weil dies wenig Aussicht auf Erfolg habe. Die Stadtvertreter, die unabhängig von der Gruppe per Flug einreisen, versuchen auch, politische Kontakte zu knüpfen. So haben die Organisa- toren der Gruppe Yesilyurt, Malatya am 18.02.2020 Gespräche mit Verantwortlichen der Stadt Erlangen geführt und wollten sich auch mit dem Oberbürgermeister Hanno- vers treffen. In Erlangen wurden sie durch den Geschäftsführer der Mega Kilit GmbH, den offiziellen Einlader, abgeholt und nach Hannover gebracht, wo sie sich zehn Tage zu touristischen Zwecken aufhielten. Alle Kosten wurden wohl durch den Drahtzieher übernommen. Die Organisatoren sammeln die Pässe der gesamten Grup- pe ein und übergeben sie in der Türkei den zuständigen Behörden. Diese Pässe enthal- ten Aus- aber keine Einreisestempel. Auch das hätte die Zuständigen hellhörig machen und eine genaue Prüfung zur Folge haben müssen. Dass dies nicht erfolgt ist, ist ein weiteres Indiz dafür, dass die unteren Behörden des türkischen Innenministeriums in diese Masche eingebunden waren. Hinweis des Landtagsamts: Zitate werden weder inhaltlich noch formal überprüft. Die korrekte Zitierweise liegt in der Verantwortung der Fragestellerin bzw. des Fragestellers sowie der Staatsregierung. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de/parlament/dokumente/ abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de/aktuelles/sitzungen/ zur Verfügung.
Drucksache 18/17574 Bayerischer Landtag 18. Wahlperiode Seite 2/7 Laut Presseberichten waren mind. 13 türkische Kommunen an diesem System betei- ligt. Das türkische Innenministerium hat Ermittlungen gegen 27 Kommunen eingeleitet. Der Fragesteller geht aber von einem Verwässerungsversuch aus. Der AKP-Innen- minister Süleyman Soylu gab an, dass 804 Menschen seit 2018 mit entsprechenden Pässen aus-, aber nicht wieder zurückgereist sind. In diesen Fällen kommen die Pässe nicht zurück. Bei der aktuellen Schleusermasche werden die Pässe allerdings zurück- gegeben. Diese Fälle sind somit nicht in der Zahl des türkischen Innenministeriums inbegriffen. Mit Sicherheit ist bekannt, dass eine 45-köpfige Gruppe aus Yesilyurt nach Hannover eingeladen wurde und lediglich die zwei stellv. Bürgermeister der Ortschaft in die Türkei zurückgekehrt sind. Mindestens sechs Personen haben laut Presse Asyl- anträge gestellt. Aus Ceylanpinar, Sanliurfa ist 2020 eine Gruppe nach angeblicher Ein- ladung durch Türkgücü München nach Bayern eingereist. Der Bürgermeister Ceylan- pinars behauptet, dass alle zurückgekehrt sind. Der Fragesteller bezweifelt das! Laut Bericht der „ZEIT“ sind mind. sechs Personen nicht zurückgekehrt. Türkische Medien reden von elf Personen. Es ist im Übrigen sehr wahrscheinlich, dass die Einladung fin- giert wurde. Dies deckt sich auch mit den Aussagen des Vereins Türkgücü. Solche Vorfälle haben eine höchst bedenkliche innen- und sicherheitspolitische Di- mension, die es aufzuklären gilt. Dass aus AKP-geführten Rathäusern solche Schleu- sungen organisiert wurden, belastet die türkisch-bayerischen Beziehungen, ist scharf zu verurteilen und muss diplomatische Konsequenzen haben. Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Welche Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der aktuell bekannt ge- wordenen Masche der Menscheneinschleusung mit Grauen Dienstpässen aus der Türkei hat die Staatsregierung in den letzten vier Jahren registriert? 4 1.2 Werden Einreisen mit Grauen Dienstpässen aus der Türkei grundsätzlich registriert? 4 1.3 Wie viele Personen mit Grauen Dienstpässen aus der Türkei sind in den letzten vier Jahren nach Bayern eingereist? 4 2.1 Was waren in diesem Zusammenhang die konkreten Anlässe für den Be- ginn von Ermittlungen in Weiden in der Oberpfalz Ende 2020 und zuvor in Traunstein? 4 2.2 In welchem Stadium befinden sich die Ermittlungen? 4 2.3 Gegen wie viele Personen richten sich die Ermittlungen, die in diesem Zu- sammenhang von der Staatsanwaltschaft in Weiden in der Oberpfalz und der Staatsanwaltschaft in Traustein ausgehen? 4 3.1 Wie viele Menschen aus der Türkei sind in den letzten vier Jahren jeweils mit gefälschten Dokumenten nach Bayern eingereist? 5 3.2 Wie wird mit diesen Menschen verfahren? 5 3.3 Bei wie vielen Personen gemäß Frage 3.1 besteht der Verdacht der Einreise mit Grauen Dienstpässen? 5 4.1 Kann die Staatsregierung bestätigen, dass sich die Initiatoren der Schleu- sung aus Yesilyurt, Malatya nach Hannover tatsächlich in Erlangen mit den Verantwortlichen der Stadt getroffen haben? 5 4.2 Sind der bayerischen Staatsregierung sonstige Kontakte der Schleuser aus Yesilyurt in Bayern bekannt? 5 4.3 Was ist der Staatsregierung über die Gruppe aus Ceylanpinar, Sanliurfa bekannt? 6 5.1 Geht die Staatsregierung davon aus, dass es sich bei dem angeblichen Einladungsschreiben des Vereins Türkgücü München nach Ceylanpinar in Urfa um ein nicht authentisches Dokument handelt? 6 5.2 Auf der Beschlussvorlage der Kommune Ceylanpinar wird die Person als einladender Unternehmer im Namen des Vereins Türkgücü angegeben, handelt es sich dabei um eine dem Staatsministerium des In- nern, für Sport und Integration bekannte real existierende Person? 6 5.3 Wie viele Personen aus der Gruppe Ceylanpinar, Sanliurfa, deren Namensliste der Fragesteller dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration bereits zur Verfügung gestellt habt, befinden sich aktuell in Deutschland? 6
Drucksache 18/17574 Bayerischer Landtag 18. Wahlperiode Seite 3/7 6.1 Wurden von diesem Personenkreis Asylanträge gestellt? 6 6.2 Wurde eine Einreise der Stadtvertreter aus Ceylanpinar nach Bayern re- gistriert? 6 6.3 Hatten die Stadtvertreter aus Ceylanpinar auch Kontakte mit Kommunen in Bayern? 6 7.1 Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung zu einer Gruppe aus Gölköy, Ordu vor, die auf Basis einer vermeintlichen Einladung eines Tanzvereins in München ebenfalls nach Bayern kommen sollte? 6 7.2 Fanden dazu Gespräche mit Verantwortlichen des vermeintlich einladenden Vereins „Münih Türkiyem Folklör Kültür ve Spor Dernegi“ statt? 6 7.3 Kann die Staatsregierung die Aussage des Bürgermeisters von Gölköy, Ordu bestätigen, wonach die Reise nicht stattfand? 6 8.1 Gibt es derzeit eine bundesweite Koordination zu Ermittlungen in den Fällen von Menschenschleusung mit Grauen Dienstpässen aus der Türkei? 7 8.2 Haben Mitglieder der Staatsregierung oder der ermittelnden Behörden zu diesen Vorfällen Gespräche mit Verantwortlichen der Türkischen Konsulate in Bayern geführt und welche Erkenntnisse hatten die Konsulate über diese Vorfälle und besonders über die Gruppe aus Ceylanpinar, Sanliurfa? 7 8.3 Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass offensichtlich staatliche Organe der Türkei, AKP-regierte Kommunen und die unteren Behörden des türkischen Innenministeriums an Schleusungen beteiligt waren und führt dieser Umstand zu politischen bzw. diplomatischen Konsequenzen? 7
Drucksache 18/17574 Bayerischer Landtag 18. Wahlperiode Seite 4/7 Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration im Einvernehmen mit der Staatskanzlei und dem Staatsministerium der Justiz, betreffend die Frage 8.2 im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus, dem Staatsministe- rium für Wissenschaft und Kunst, dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, dem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Ener- gie, dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dem Staatsmi- nisterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, dem Staatsministerium für Digitales alles Ressorts vom 02.08.2021 1.1 Welche Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der aktuell bekannt ge- wordenen Masche der Menscheneinschleusung mit Grauen Dienstpässen aus der Türkei hat die Staatsregierung in den letzten vier Jahren registriert? Dem Staatsministerium der Justiz sind in diesem Zusammenhang lediglich Ermittlungs- verfahren der Staatsanwaltschaften Traunstein, Weiden und München I bekannt. Inso- weit wird auf die Antwort zum Fragenkomplex 2 Bezug genommen. Darüber hinaus wurden bei der Direktion der Bayerischen Grenzpolizei im Zeitraum von 2017 bis 2020 keine Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem o. g. Phänomen bekannt. 1.2 Werden Einreisen mit Grauen Dienstpässen aus der Türkei grundsätzlich registriert? Einreisekontrollen finden grundsätzlich an den Außengrenzen des Schengenraums statt. Die Bayerische Polizei führt Einreisekontrollen aus der Türkei grundsätzlich an den Ein- richtungen des Luftverkehrs in Bayern, mit Ausnahme des Flughafens München „Franz Josef Strauß“, durch. Diese richten sich bei Drittstaatsangehörigen nach den in Art. 8 Abs. 3 Schengener Grenzkodex (SGK) normierten Standards. Eine pauschale Erfassung von Grauen Dienstpässen erfolgt hierbei nicht. 1.3 Wie viele Personen mit Grauen Dienstpässen aus der Türkei sind in den letzten vier Jahren nach Bayern eingereist? Auf die Antwort zu Frage 1.2 wird Bezug genommen. Eine Beantwortung dieser Frage- stellung ist demnach nicht möglich. 2.1 Was waren in diesem Zusammenhang die konkreten Anlässe für den Be- ginn von Ermittlungen in Weiden in der Oberpfalz Ende 2020 und zuvor in Traunstein? 2.2 In welchem Stadium befinden sich die Ermittlungen? 2.3 Gegen wie viele Personen richten sich die Ermittlungen, die in diesem Zu- sammenhang von der Staatsanwaltschaft in Weiden in der Oberpfalz und der Staatsanwaltschaft in Traustein ausgehen? a) Staatsanwaltschaft Weiden: Anlass für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Weiden war, dass innerhalb eines kurzen Zeitraums (Oktober/November 2020) in mehre- ren Fällen identische Personen als Organisatoren für den Transport von Menschen aus der Türkei nach Deutschland auftraten, wobei die türkischen Staatsangehörigen jeweils über türkische Dienstpässe für die Einreise verfügten. Das Ermittlungsver- fahren richtet sich aktuell gegen zwölf Personen, von denen aber lediglich sieben bereits hinreichend identifiziert werden konnten. Die Ermittlungen befinden sich noch im Anfangsstadium. Die Bewertung der überaus schwierigen Rechtslage wird
Drucksache 18/17574 Bayerischer Landtag 18. Wahlperiode Seite 5/7 in Kürze abgeschlossen werden. Die Durchführung weiterer Ermittlungsmaßnahmen wird aktuell geprüft. b) Staatsanwaltschaft Traunstein: Gegenstand des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Traunstein ist die Ein- reise einer türkischen Reisegruppe bestehend aus 46 Personen und vier Busfahrern in das Bundesgebiet Anfang August 2020. Die 46 Reisenden wiesen jeweils gültige Reisepässe, neu ausgestellte türkische Servicepässe sowie Einladungsschreiben vor. Die vier Busfahrer befanden sich im Besitz türkischer Reisepässe und gültiger Schengenvisa. In der Folge stellten fünf Erwachsene aus der Reisegruppe neben einem Kleinkind in verschiedenen Bundesländern außerhalb Bayerns Asylanträge, wobei sie die Servicepässe nicht mehr vorweisen konnten. Die Ermittlungen ergaben Zweifel an dem touristischen Reisezweck zumindest für einen Teil der Reisegruppe. Es wurden Ermittlungsverfahren gegen die vier Busfahrer, gegen den als „Schein“- Einlader Verdächtigen sowie gegen den angeblichen Organisator der Reise aus der Türkei wegen Schleusungsdelikten eingeleitet. Das Ermittlungsverfahren gegen die vier Busfahrer wurde gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt, weil nicht zu beweisen war, dass sie davon wussten, dass ein Teil der Reisegruppe in Deutschland Asylantrag stellen wollte. Das Ermittlungsverfahren gegen den an- geblichen Organisator der Reise wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil die Identität nicht sicher geklärt werden konnte. Das Ermittlungsverfahren gegen den mutmaßlichen „Schein“-Einlader wurde an die für dessen Wohnsitz zuständige Staatsanwaltschaft in einem anderen Bundesland abgegeben. c) Staatsanwaltschaft München I: Bei der Staatsanwaltschaft München I wurden in diesem Zusammenhang zwei weitere Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das eine geht auf Strafanzeigen zurück. Das andere Ermittlungsverfahren wurde aufgrund eines Informationsvermerks des Kommissariats 34 des Polizeipräsidiums München vom 28.04.2021 von Amts we- gen am 20.05.2021 eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt insoweit gegen eine unbekannte Anzahl unbekannter Personen. Die Ermittlungen befinden sich noch im Anfangsstadium. Über Ermittlungsaufträge bzw. schriftliche Anfragen sollen der Sachverhalt konkretisiert, die Herkunft der Informationen geklärt und ver- schiedene Dokumente, bestenfalls Originale derselben beigebracht sowie potenziel- le Zeugen ermittelt und befragt werden. 3.1 Wie viele Menschen aus der Türkei sind in den letzten vier Jahren jeweils mit gefälschten Dokumenten nach Bayern eingereist? 3.2 Wie wird mit diesen Menschen verfahren? 3.3 Bei wie vielen Personen gemäß Frage 3.1 besteht der Verdacht der Einreise mit Grauen Dienstpässen? In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) sind keine expliziten, validen Recherchepara- meter vorhanden, die eine automatisierte statistische Auswertung im Sinne der Frage- stellung ermöglichen. Dementsprechend können die Fragen nicht beantwortet werden. 4.1 Kann die Staatsregierung bestätigen, dass sich die Initiatoren der Schleu- sung aus Yesilyurt, Malatya nach Hannover tatsächlich in Erlangen mit den Verantwortlichen der Stadt getroffen haben? 4.2 Sind der bayerischen Staatsregierung sonstige Kontakte der Schleuser aus Yesilyurt in Bayern bekannt? Nach Auskunft der Stadt Erlangen besuchten am 18.02.2020 zwei Vertreter der Stadt Yesilyurt (Malatya) die Stadt Erlangen. Der Besuch sei durch eine Privatperson an- geregt worden, die in der Nähe der Stadt Erlangen lebe und mit Yesilyurt (Malatya) privat verbunden sei. Schwerpunktthema des Besuchs sei „Erlangen als Fahrradstadt“ gewesen, weshalb ein zweistündiges Gespräch mit der damaligen – für Radverkehr zu- ständigen – zweiten Bürgermeisterin stattgefunden habe. Weitere Programmpunkte mit der Stadtverwaltung habe es nicht gegeben. Nach den der Stadt Erlangen vorliegenden Informationen seien die Vertreter aus Yesilyurt (Malatya) bereits am 19.02.2020 nach Hannover weitergereist. Die Schleusung nach Hannover ist Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Hannover. Weitergehende Erkenntnisse zu den Fragen 4.1 und 4.2 liegen nicht vor.
Drucksache 18/17574 Bayerischer Landtag 18. Wahlperiode Seite 6/7 4.3 Was ist der Staatsregierung über die Gruppe aus Ceylanpinar, Sanliurfa bekannt? Im zu Frage 2.1 genannten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I wird von den Anzeigeerstattern die Behauptung aufgestellt, dass eine Gruppe von 37 Perso- nen aus Ceylanpinar, Sanliurfa, im Februar 2020 nach Deutschland eingereist sein soll. Diese Gruppe soll angeblich unter Berufung auf ein Einladungsschreiben des Vereins Türkgücü München zu einem sportlichen Austausch mit türkischen Grauen Pässen aus- gestattet worden sein. Ein Teil dieser Gruppe soll – entgegen offenbar anderslautender Erklärungen des Bürgermeisters der Gemeinde Ceylanpinar – nicht wieder in die Tür- kei zurückgereist, sondern im Bundesgebiet verblieben sein. Es kann allerding bislang von der Staatsanwaltschaft München I weder bestätigt werden, dass es eine derartige Gruppe gab, noch, dass diese nach Deutschland ein- und in unter Umständen geringe- rer Stärke wieder ausreiste. 5.1 Geht die Staatsregierung davon aus, dass es sich bei dem angeblichen Einladungsschreiben des Vereins Türkgücü München nach Ceylanpinar in Urfa um ein nicht authentisches Dokument handelt? 5.2 Auf der Beschlussvorlage der Kommune Ceylanpinar wird die Person als einladender Unternehmer im Namen des Vereins Türkgücü angegeben, handelt es sich dabei um eine dem Staatsministerium des In- nern, für Sport und Integration bekannte real existierende Person? 5.3 Wie viele Personen aus der Gruppe Ceylanpinar, Sanliurfa, deren Namens- liste der Fragesteller dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration bereits zur Verfügung gestellt habt, befinden sich aktuell in Deutschland? Die Klärung dieser Fragestellungen ist u. a. Gegenstand eines derzeit bei der Staats- anwaltschaft München I anhängigen Ermittlungsverfahrens. Eine Beantwortung ist daher derzeit nicht möglich. Auf die Antwort zu Frage 1.2 wird ergänzend Bezug genommen. 6.1 Wurden von diesem Personenkreis Asylanträge gestellt? 6.2 Wurde eine Einreise der Stadtvertreter aus Ceylanpinar nach Bayern regis- triert? Für die Durchführung von Asylverfahren ist allein das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig. Das BAMF hat auf Nachfrage keine Informationen über- mittelt. Eigene Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen liegen der Staatsregierung vor diesem Hintergrund nicht vor. 6.3 Hatten die Stadtvertreter aus Ceylanpinar auch Kontakte mit Kommunen in Bayern? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. 7.1 Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung zu einer Gruppe aus Gölköy, Ordu vor, die auf Basis einer vermeintlichen Einladung eines Tanzvereins in München ebenfalls nach Bayern kommen sollte? 7.2 Fanden dazu Gespräche mit Verantwortlichen des vermeintlich einladenden Vereins „Münih Türkiyem Folklör Kültür ve Spor Dernegi“ statt? 7.3 Kann die Staatsregierung die Aussage des Bürgermeisters von Gölköy, Ordu bestätigen, wonach die Reise nicht stattfand? Zu den Fragen 7.1 bis 7.3 liegen bei den Staatsanwaltschaften Weiden, Traunstein und München I keine Erkenntnisse vor.
Drucksache 18/17574 Bayerischer Landtag 18. Wahlperiode Seite 7/7 8.1 Gibt es derzeit eine bundesweite Koordination zu Ermittlungen in den Fällen von Menschenschleusung mit Grauen Dienstpässen aus der Türkei? Die Ermittlungen werden in Bayern bei den dafür zuständigen Dienststellen geführt. Eine bundesweite Koordination erfolgt hierbei nicht, ein sachgerechter Informationsaustausch ist dennoch sichergestellt. 8.2 Haben Mitglieder der Staatsregierung oder der ermittelnden Behörden zu diesen Vorfällen Gespräche mit Verantwortlichen der Türkischen Konsulate in Bayern geführt und welche Erkenntnisse hatten die Konsulate über diese Vorfälle und besonders über die Gruppe aus Ceylanpinar, Sanliurfa? Es wurden weder vonseiten der Staatsregierung noch vonseiten der ermittelnden Be- hörden Gespräche mit Verantwortlichen der Türkischen Konsulate in Bayern zu dem der Schriftlichen Anfrage zugrunde liegenden Sachverhalt geführt. 8.3 Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass offensichtlich staatliche Organe der Türkei, AKP-regierte Kommunen und die unteren Behörden des türkischen Innenministeriums an Schleusungen beteiligt waren und führt dieser Umstand zu politischen bzw. diplomatischen Konsequenzen? Die Aufklärung des Sachverhalts ist derzeit Gegenstand eines laufenden Ermittlungsver- fahrens und einer Bewertung durch die Staatsregierung daher nicht zugänglich. Die Be- urteilung etwaiger diplomatischer Konsequenzen gegenüber der Türkei obliegt dem Bund.
Sie können auch lesen