Science Day 2022 Abstractbook | 23.11.2022 - Abstracts der Poster und Kurzvorträge - smith.care

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Science Day 2022 Abstractbook | 23.11.2022 - Abstracts der Poster und Kurzvorträge - smith.care
SMITH.
Klinische Forschung und Patientenversorgung nachhaltig verbessern.
www.smith.care

                            Science Day 2022
                                  Abstractbook | 23.11.2022
                           Abstracts der Poster und Kurzvorträge

    @ SMITH-Konsortium                            SMITH-Konsortium
                              @ SMITHKonsortium
    @ Medizininformatik-                          der Medizininformatik-
                              @ MII_Germany
      Initiative (MII)                            Initiative
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Science Day 2022
  Abstracts der Kurzvorträge

                                  6			Grußworte

                                10 V1 –         Use Case HELP – Nutzung der Datenintegrationszentren für eine Evaluationsstudie
                               				             und vorläufige Ergebnisse
                                 12   V2    –   Use Case ASIC – Daten und detaillierte Analyse
                                14 V3 –         Automatische Sprachverarbeitung (NLP) im SMITH-Konsortium –
                               				             Korpusannotation und Klassifikatoren für klinische Informationsextraktion
                                 16   V4    –   POLAR – POLypharmazie, Arzneimittelwechselwirkungen und Risiken - Ein Zwischenbericht
                                 18   V5    –   Semantische Modellierung und Ausführung von Phänotyp-Algorithmen
                                20 V7 –         IT & Bioinformatik – Unterstützung für das Molekulare Tumorboard
                               				             des Krukenberg Krebszentrums der UMH
                                22 V8 –         Auswirkungen einer standardisierten und digitalen Dokumentation in der Augenheilkunde
                               				             auf die Patientenversorgung und den Behandlungserfolg bei Uveitis
                                 24   V9    –   Neue Studiengänge in SMITH
                                26 V10 –        Data Engineering für die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten in Deutschland:
                               				             Ein Forschungsdesiderat
                                 28   V11   –   Erfahrungen und Lehren aus dem übergreifenden Use Case POLAR der MII
                                 30   V13   –   Terminologieserver – Baustein für die MII
                                 32   V14   –   Vom Nutzungsantrag zur Datenbereitstellung - Herausforderungen und Lösungsansätze
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34   P1    –   ASIC Daten und App Usage
                          36   P2    –   ASIC-App (Algorithmic Surveillance of ICU Patients)
                          38   P3    –   ICU Virtual Patient Modeling Framework
                          40   P4    –   Diagnostic Expert Advisor

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                               P5
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                                     –
                                     –
                                         Software-Architektur für eine KI-Unterstützung bei der ARDS Behandlung
                                         High Performance Computing für die algorithmische Erkennung von ARDS
                          46   P7    –   Vorhersage der Verweildauer auf der ITS
   Abstracts der Poster   48   P8    –   Unterstützung lokaler Datennutzungsprojekte am Beispiel
                                         Intensivmedizinischer Forschung an der Universitätsmedizin Halle
                          50   P9    –   Das MII Kerndatensatzmodul Consent – Vorstellung und FHIR Profilierung
                          52   P11   –   Analyse des IST-Zustandes und Modellierung eines SOLL-Prozesses
                                         zum klinischen Forschungsdatenmanagement mit BPMN2.0
                          54   P12   –   ToolPool Gesundheitsforschung – Ein Repository für Software und Dienste zur Unterstützung
                                         der klinischen und epidemiologischen Forschung
                          56   P13   –   FAIR Metadaten zur Beschreibung der Auffindbarkeit von Datensätzen
                          58   P14   –   Patient Journey Modeling zur menschen- und maschinenlesbaren Operationalisierung
                                         unerwünschter arzneimittelbezogener Ereignisse am Beispiel des unerwünschten Ereignisses
                                         gastrointestinale Blutung
                          60   P15   –   Struktursuche in pharmazeutischen Fachinformationen zur maschinenlesbaren Abbildung von
                                         AMTS-relevanten Informationen
                          62   P16   –   From bacterial isolates to antibiotic resistograms – Towards an automated detection
                                         of recently acquired antibiotic resistance genes (ARGs) using machine learning
                          64   P17   –   Aufbau und Etablierung der eHealth-Suite im Rahmen des SMITH-Projektes
                          66   P18   –   SMITH DIZ Referenzarchitektur – Methodik und Ergebnisse
                          68   P19   –   Dokumentation und Planung von Informationssystemarchitekturen - 3LGM2IHE
                          70   P20   –   POLAR Plausibilisierungskampagne – Technischer Test
                          72   P21   –   Die POLAR ETL – Ein wegweisender Hürdenlauf vom Idealkonzept zur realen Auswertung
                          74   P22   –   Integration von medizinischen Daten aus proprietären Systemen in ein
                                         interoperables Datenformat am Beispiel von Medikationsdaten am Standort Jena
                          76   P23   –   Entwicklung eines CDSS im akademischen Bereich im Rahmen der Medical Device Regulation
                          78   P24   –   Towards an automated detection of minority variants and mutations in SARS-CoV-2 patient samples
                          80   P25   –   Datenqualitätsanalysen im Rahmen der MII-Projectathons
                          82   P26   –   Kundenorientierte Servicegestaltung eines Datenintegrationszentrums
                                         am Beispiel des Universitätsklinikums Jena
                          84   P27   –   Distributed Analytics with the Personal Health Train: Concept, Applications and User Experience
                          86   P28   –   An Image Processing Pipeline to Detect Potential Leukodystrophy Patients
                          88   P29   –   Generating Structured Data in the Medical Domain using Generative Adversarial Networks
                          90   P30   –   Aufbau einer automatisierten NLP-Pipeline zur De-Identifikation klinischer Dokumente
                          92   P31   –   Privatsphärenschützende Datenverknüpfung in verteilten Analysen mit dem PHT
                          94   P32   –   Towards a reliable prediction of significant changes in microbial communities
                                         based on 16S time series data
Science Day 2022 Abstractbook | 23.11.2022 - Abstracts der Poster und Kurzvorträge - smith.care
Grußworte

Der Rohbau ist errichtet, die Wände stehen und das Dach        informierten, umfassenden Zustimmung der Patientinnen                   Ich erinnere mich noch gut an den Termin im November 2015         Für mich bleibt, dass ich viele tolle Kolleginnen und Kolle-
ist gedeckt - mehr oder weniger. Der Innenausbau fehlt         und Patienten (Broad Consent; BC) abzustimmen und als                   im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das Minis-        gen kennengelernt habe, ich konnte meinen Biometriker-
und der Garten ist noch Baustelle. So könnte man den           noch schwieriger erweist sich die Durchsetzung des BC                   terium stellte damals die Idee zur Medizininformatik-Initiative   horizont erweitern, habe festgesellt, dass alle Standorte vor
Zustand der Medizininformatik-Initiative und auch des          in den beteiligten Universitätsklinika in der Breite. Wir               vor und eröffnete gleichzeitig eine Art Hochzeitsbasar, da die    ähnlichen Herausforderungen stehen, habe gelernt, dass
SMITH-Konsortiums beschreiben. Viel ist in den letzten         erheben in SMITH derzeit ca. 1500 BC pro Monat, was                     Konzepte von mindestens zwei Universitätsklinika gemein-          gute Lösungen zwar mehr Aufwand, Zeit und Kommu-
Jahren geschehen und es wurde sehr viel bewegt - viele         etwa vier Prozent der aufgenommenen Patientinnen und                    sam eingereicht werden mussten. Leipzig, Aachen und Jena          nikation benötigen, aber dass es sich lohnt. Dafür an alle
Ergebnisse sind entstanden und die Digitalisierung der         Patienten entspricht und noch lange nicht zufriedend                    waren mit SMITH erfolgreich und wir haben uns sehr über die       SMITHonians einen herzlichen Dank und bitte unbedingt
Medizin in Deutschland wurde gemeinsam mit den an-             stellend sein kann.                                                     weiteren Partner gefreut, die hinzugekommen sind. Seitdem         so weitermachen!
deren Konsortien an vielen Stellen vorangebracht.                                                                                      haben wir einiges zusammen erlebt. Sei es die Corona-Pan-
                                                               Ein weiterer Aspekt ist die Förderung der Ausbildung                    demie mit ihren unmittelbaren gesundheitlichen Folgen, das
SMITH hat dazu wichtige Beiträge geleistet, die sowohl die     von Fachpersonal auf dem Gebiet der Medizininformatik                   Abtauchen in digitale Zoom-Welten bis hin zum sehr agilen
Verbesserung der Krankenversorgung mit den Use Cases           und der „Medical Data Sciences“. Hierzu wurden mehrere                  Zusammenarbeiten mit und im Netzwerk Universitätsmedizin.
HELP und ASIC, als auch die Vernetzung der Partner             neue fachübergreifende Studiengänge an den beteilig-
durch den Aufbau von Datenintegrationszentren (DIZ)            ten Universitäten angeboten, die auch den Austausch                     Dazwischen noch schnell ein Audit, ein Dashboard hier, ein
und die Möglichkeiten der klinischen Forschung mit dem         zwischen den Universitäten umfassen. Dazu haben die                     Projectathon da, Ausstiege von Industriepartnern kompen-                                             Prof. Dr. André Scherag
Use Case PheP betreffen.                                       SMITH-Partner an den beteiligten Universitäten sechs                    sieren, Anträge für Nachwuchsgruppen, übergreifende Use
                                                               zusätzliche Medizininformatik-Professuren und fünf                      Cases oder Digitale FortschrittsHubs Gesundheit schreiben                                                           1. Sprecher SMITH
                                                                                                                                                                                                                                                     Direktor des Instituts für
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben             Nachwuchsforschergruppen eingerichtet, um die For-                      und dann die neuen Anträge für die nächste Förderphase
                                                                                                                                                                                                                                            Medizinische Statistik, Informatik
große Anstrengungen unternommen, um Daten und Pro-             schung und Ausbildung auf diesem Gebiet langfristig                     ab 2023. Was bleibt von den letzten fünf Jahren der Auf-                                            und Datenwissenschaften (IMSID),
ben, die im Rahmen der Krankenversorgung an den betei-         sicherzustellen. Wie wichtig die Nachwuchsförderung in                  bau- und Vernetzungsphase?                                                                                  Universitätsklinikum Jena
ligten Universitätsklinika erhoben werden, für die klinische   der Medizininformatik ist, haben die vergangenen Jahre
Forschung nutzbar zu machen und haben Möglichkeiten            auch gezeigt. Wir hatten große Probleme, geeignetes
des Datenaustausches zwischen den Universitätsklinika          Personal zu finden. Erst im Jahr 2021 konnten alle Stellen
und anderen Forschungspartnern geschaffen. Die not-            besetzt werden. Insgesamt arbeiten in den SMITH-In-
wendigen Arbeiten betreffen sowohl die Interoperabilität       stitutionen rund 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in                SMITH wurde als Teil der Medizininformatik-Initiative des den regulatorischen Rahmen zum Datenaustausch und
in und zwischen den Datenintegrationszentren, als auch         einem sehr kompetenten, lebendigen und engagierten                      Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Datennutzung zu gestalten. Wir haben künstliche In-
die Einführung gemeinsamer Datenstandards und den              Team. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass                   gegründet. Rückblickend waren uns einige Herausforde- telligenz für unsere Ärztinnen und Ärzte nutzbar gemacht.
Aufbau der Data Use und Access Prozesse. Aber es ist           die Finanzierung aller Teile des SMITH-Konsortiums ab                   rungen, die mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens Mit Blick auf das bereits Erreichte freue ich mich sehr auf
noch viel zu tun und die vergangene Förderperiode hat          01/2023 ohne Unterbrechung fortgesetzt wird und dass                    und der Vernetzung verschiedener Standorte einhergehen, die kommenden Herausforderungen und die weitere Zu-
gezeigt, wo Schwächen und Probleme liegen.                     die Fertigstellung des Hauses MII gelingt.                              bereits bekannt und wir sind angetreten diese zu meistern. sammenarbeit.
                                                                                                                                       Weitere Herausforderungen sind während der aktuellen
So war es viel schwieriger, die Ziele der Interoperabili-                                                                              Phase hinzugekommen und mussten bewältigt werden.
tät zu erreichen, als ursprünglich erwartet. Wir muss-
ten warten, bis der Kerndatensatz definiert war, um ihn                                                                                Nach vier Jahren der Pionierarbeit in der digitalen Medi-
dann auf die lokal verfügbaren Ressourcen in KDS-FHIR                                                                                  zin im SMITH-Konsortium können wir auf bestandene
abzubilden. Die Produktionsreife der DIZ wurde daher                                                                                   Herausforderungen zurückblicken und diese wertvollen                                                    Prof. Dr. Gernot Marx
erst 2022 erreicht. Die gemeinsame Nutzung von Daten                                                                                   Erfahrungen nutzen, um die nachhaltige Digitalisierung
                                                                                                                                                                                                                                             2. Sprecher SMITH-Konsortium,
erfordert eine Kultur, zu der wir uns verpflichtet haben,                                                                              in Deutschland und Europa weiter voranzubringen. Im                                            Verbundleiter Digitaler FortschrittsHub
die jedoch noch zahlreiche Hindernisse aufweist. Mit der                                         Prof. Dr. Markus Löffler              Mittelpunkt eines solchen Vorhabens steht nach wie vor                                                                        DISTANCE
Einführung der Gremien für Datennutzung und -zugang                                                                                    das Wohl unserer Patientinnen und Patienten.                                                              Sprecher des Vorstandes des
                                                                                                             Konsortialleiter SMITH                                                                                                    Innovationszentrums Digitale Medizin,
wird der Prozess einfacher und inzwischen wurden fast
                                                                                         Direktor des Instituts für Med. Informatik,                                                                                                          Direktor der Klinik für Operative
100 Data Use Projects in SMITH beantragt. Es hat sich als                                     Statistik und Epidemiologie (IMISE),     Das Potenzial von Gesundheitsdaten ist dabei noch lange                                        Intensivmedizin und Intermediate Care,
schwierig erwiesen, ein Verfahren zur Einholung einer                                                            Universität Leipzig   nicht gänzlich ausgeschöpft. Wir haben es jedoch geschafft,                                       Universitätsklinikum RWTH Aachen
Science Day 2022 Abstractbook | 23.11.2022 - Abstracts der Poster und Kurzvorträge - smith.care
Grußworte

Der Weg zum Hier und Heute war lang und steinig, aber         Wearables ist ein Beispiel. Wearables generieren Un-                  In wenigen Wochen ist die Aufbau- und Vernetzungs-            Und schließlich hat sich gezeigt, dass wir einen dringen-
er hat sich gelohnt. SMITH hat sich prächtig entwickelt,      mengen von Daten, Software verarbeitet diese und KI                   phase der Medizininformatik-Initiative (MII) Geschichte.      den Bedarf an gut ausgebildeten Medizininformatikern
auch wenn zu Beginn das Schicksal eines Waisenkindes          zieht Schlüsse. Die damit einhergehenden qualitativen                 Viele Wissenschaftler, Ärzte, Politiker, Journalisten und     und „Medical Data Specialists“ haben. Auch hier hat die MII
drohte, da sich die beiden „Elternteile“, Fakultäten und      Effekte führen also zu einer digitalen Transformation. Sie            Patienten und auch viele der unmittelbar Beteiligten aus      einen wichtigen Beitrag zur Schaffung neuer Professuren
Uniklinika, an manchen Standorten partout nicht einigen       verändern das Verhalten der Konsumenten. Aber ob sie                  der Universitätsmedizin in ganz Deutschland wollen wis-       und Studiengänge geleistet.
konnten, wem das Mündel nun von Vorteil sei. Schließ-         einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben bzw.                sen: Was haben wir dank der großen Investitionen der
lich haben Vernunft sowie strategische Weitsicht obsiegt      wie man sie gesundheitsfördernd einsetzt – d. h. wirk-                öffentlichen Hand und durch die viele harte Arbeit der        Zu allen diesen Erfolgen hat SMITH beigetragen und
und beide Elternteile sind zufrieden mit dem Verlauf der      sam und nützlich - ist nicht (ausreichend) untersucht. Wir            letzten Jahre erreicht? Für die Krankenversorgung, für        profitiert davon. Aber wir sind noch nicht da wo wir sein
Pubertät, die nun hinter uns liegt. Die Entwicklung von       benötigen nicht mehr Wearables, sondern mehr Evidenz!                 die Forschung und für die Lehre?                              müssen. Im internationalen Vergleich hat Deutschland
SMITH und der Medizininformatik-Initiative (MII) wird                                                                                                                                             noch einiges aufzuholen. Dazu benötigt wird immer auch
auch außerhalb des Elternhauses gewürdigt und die Rolle       Dies gilt nicht nur für die Datensammlung über Fitness-               Alle drei der untrennbar miteinander verbundenen Auf-         die Forschung – so wie sie am SMITH-Science Day prä-
als zentraler Impulsgeber für Innovationen im Bereich der     tracker, sondern vor allem für die Datensammelmaschinen               gaben der Hochschulmedizin haben durch neue Formen            sentiert wird. Ich bin sehr gespannt auf die vielen Bei-
Gesundheitsdatennutzung, wird in den höchsten politi-         Klinika und ambulantes Gesundheitswesen. In diesen                    der Interoperabilität, durch die Definition des Kerndaten-    träge, und darauf, wie SMITH zur Weiterentwicklung der
schen Kreisen nicht mehr angezweifelt. Dies geht sogar        Datenmassen liegt unschätzbare Erkenntnis für eine Ver-               satzes mit einer ständig wachsenden Zahl an Modulen,          der Universitätsmedizin in Deutschland beitragen kann.
so weit, dass Beziehungsinteresse bekundet und eine           besserung der patientenorientierten gesundheitlichen                  durch den Fokus auf strukturierte und wohldefinierte
Liaison mit dem Netzwerk Universitätsmedizin (NUM)            Daseinsfürsorge verborgen, die es durch echte, inter-                 Daten, und durch die Einführung des FHIR-Standards
angebahnt wird. Möglicherweise nicht ganz freiwillig, aber    professionelle und wissenschaftsgeleitetet Digitalisie-               bereits jetzt profitiert. Wichtige Elemente der notwendi-
auch angebahnte Beziehungen können glücklich enden.           rung zu heben gilt. Grundlage für diese evidenzbasierte               gen Datengovernance wurden etabliert und die Univer-
Solcherlei Avancen seitens NUM sind eindeutiger Beleg         Digitalisierung sind SMITH und die anderen Konsortien                 sitätsmedizin konnte unverzichtbare Schritte auf dem
für die erfolgreiche Entwicklung der MII.                     der MII. Damit wird klar, dass sich das Engagement für                Weg zur Digitalisierung des deutschen Gesundheits- und
                                                              SMITH ohne Zweifel gelohnt hat. Es ist ebenfalls zweifels-            Versorgungssystems gehen.
Worin begründet sich der Erfolg des SMITH-Konsortiums         frei, dass SMITH und die MII weiterhin gefördert werden
und der MII konkret? Digitalisierung in der gesundheit-       müssen, wenn Interesse an wirklicher Verbesserung der                 Die MII hat gezeigt, dass es möglich ist, in den Dateninte-
lichen Daseinsfürsorge darf nicht als Selbstzweck oder        gesundheitlichen Daseinsfürsorge besteht. Sollte NUM                  grationszentren hochstrukturierte Daten zu erstellen, zu
überwiegend aus ärztlicher Perspektive verfolgt werden.       diesen Weg mitgehen wollen, ist es als Lernender herz-                transformieren und zusammenzuführen. In einer Reihe
Lange Zeit gab es einen recht naiven und unkritischen         lich eingeladen.                                                      von Projectathons konnten die Prozesse der Dateninteg-
Umgang damit. Während für die einen rundweg alles                                                                                   ration und der gemeinsamen Bearbeitung zumindest im
großartig ist, was mit Digitalisierung zu tun hat, gibt es                                                                          Pilotstadium nachgewiesen werden. Hier zeigten sich aber
auch andere Meinungen, nach denen Fortschritt grund-                                                                                auch administrative und strukturelle Schwachpunkte, die
sätzlich negativ behaftet ist. Diese unreflektierte, unauf-                                                                         in der nächsten Förderperiode beseitigt werden müssen.
geklärte Konstellation galt es aufzulösen, um zu einer                                                                              Dazu zählt die Automatisierung von Freigabeschritten für
rationalen, unaufgeregten Diskussion und Förderung des                                                                              die Data Use Projects, um eine überbordende Bürokratie
Themas zu gelangen.                                                                                                                 zu vermeiden.

Aus meiner Sicht muss Digitalisierung im Gesundheits-                                                                               In den letzten Jahren hat der lange Weg zu einer um-
weisen evidenzbasiert erfolgen. Nicht jeder Fortschritt in                                                                          fassenden Einwilligungsregelung, um Patientendaten
der Digitalisierung ist eine digitale Transformation und                                                                            zu Forschungszwecken nutzen zu können, zum Broad
nicht jede digitale Transformation ist perse wünschens-                                  Prof. Dr. med. Michael Gekle               Consent geführt, der in der engen Zusammenarbeit aller
wert. Der Zweck der digitalen Transformation muss die                                                                               vier Konsortien ständig weiterentwickelt wird. Die Ein-
nachweisliche Verbesserung der gesundheitlichen Da-                                           Direktor Julius-Bernstein-Institut    führung des Broad Consent hat aber auch gezeigt, wie
                                                                                                           für Physiologie (JBI),                                                                                                     Prof Dr. Stefan Uhlig
seinsfürsorge sein. Dies setzt eine wissenschaftsgeleitete                                                                          aufwendig ein solcher Prozess ist und dass wir weiter
                                                                                                 PI-SMITH Universitätsmedizin
und evidenzbasierte Digitalisierung voraus. Digitalisierung                                                       Halle (Saale)     daran arbeiten müssen, damit es gelingt, möglichst viele                                      Dekan der Medizinischen Fakultät
passiert in vielen Bereichen einfach so. Der Boom von                                                                               unserer Patienten einzuschließen.                                                                          der RWTH Aachen
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Use Case HELP – Nutzung der Datenintegrationszentren für eine                                                                       selten dafür stufenweise zu einem von 9 vordefinierten Cross-        einen Großteil der Daten ETL-Prozesse etabliert, wie beispielsweise
                                                                                                                                    over-Zeitpunkten von der Kontroll- in die Interventionsphase.        ein Tool zur Transformation der eCFR-Daten in FHIR. Neben der
Evaluationsstudie und vorläufige Ergebnisse                                                                                         Die Zuordnung der Stationen zu den Cross-over-Zeitpunkten            Entwicklung der ETL-Prozesse wurde die Profilierungsarbeit für
                                                                                                                                    erfolgte randomisiert, stratifiziert nach Zentrum und Normal-        die in HELP benötigten Ressourcentypen vorangetrieben, etwa
Autoren       André Scherag1, Ssuhir Alaid2, Danny Ammon3, Julian Brandes4, Andreas Dürschmid4, Jonas Fortmann5,                    vs. Intensivstation. Die Zeit zwischen zwei Cross-over-Zeit-         für den Mikrobiologiebefund, für den bislang kein MII-KDS-Profil
              Kristin Friebel1, Stefan Hagel6, Donghui He7, Petra Hetfeld8, Sarah Geihs9, Roland Ihle7, Suzanne Kahle4,             punkten betrug 2 Monate, sodass sich eine zentrumsbezogene           ballotiert ist. Erste lokale Auswertungen der primären Endpunkte
              Verena Koi4, Margarethe Konik10, Frauke Kretzschmann9, Henner Kruse3, Norman Lippmann11,                              Gesamtlaufzeit von 20 Monaten ergab, plus einer dreimona-            konnten erfolgreich getestet werden. Vorläufige Ergebnisse dieser
              Christoph Lübbert12, Gernot Marx8, Rafael Mikolajczyk13, Stefan Moritz14, Christoph Müller9, Susanne Müller1,         tigen Phase für die Erhebung der letzten Follow-up-Daten. In         Auswertungen sowie weitere Herausforderungen während der
              Julia Palm1, Ariadna Pérez Garriga5, Julia Pethukova4, Diana Pietzner2, Mario Popp14, Maike Rebenstorff11,            der Kontrollphase erfolgte lediglich eine Datenerfassung unter       Studiendurchführung werden im Vortrag präsentiert.
              Jonas Renz3, Florian Rißner15, Rainer Röhrig5, Kutaiba Saleh3, Anne Schlöcker11, Sebastian Schönherr12,               Bedingungen der Standardversorgung. In der Interventions-
              Cord Spreckelsen1, Julia Stahlmann11, Abel Stolz4, Susanne Thon16, Eric Thomas3, Daniel Tiller2,                      phase wurde das HELP-Manual den behandelnden Ärztinnen               Diskussion
              Sebastian Wendt12, Thomas Wendt4, Philipp Winnekens7, Oliver Witzke10, Mathias Pletz6                                 und Ärzten verfügbar gemacht – in der Regel als Verknüpfung          Mit der HELP-Studie konnte gezeigt werden, dass die Infrastruk-
Affiliation 1. Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Datenwissenschaften, Uniklinik Jena, Jena                        über Befunde der medizinischen Mikrobiologie. Details zur            tur der Datenintegrationszentrum auch zur Durchführung von
            2. Zentraler Dienst 1 - Informations- und Kommunikationstechnologie, Datenintegrationszentrum, Uniklinik Halle, Halle   Studienplanung sind in Hagel et al. [8] veröffentlicht.              Evaluationsstudien mit hybrider Datendokumentation genutzt
            3. Datenintegrationszentrum, Uniklinik Jena, Jena                                                                                                                                            werden kann. Als praktisches Beispiel werden die Erfahrungen
            4. Datenintegrationszentrum, Uniklinik Leipzig, Leipzig                                                                 Für die Auswertung der Studie wurden größtenteils Daten der          bei der Umsetzung der Studie in das Projekt „EVAluation re-
            5. Institut für Medizinische Informatik, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen                                                  stationären Krankenversorgung wie sie an den Datenintegra-           search based on data from routine clinical care 4 the MII“ (EVA-
            6. Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene, Uniklinik Jena, Jena                                          tionszentren der 5 Unikliniken im Laufe der Studie erschlossen       4MII) einfließen. EVA4MII soll u. a. die Grenzen der Akzeptanz
            7. Datenintegrationszentrum, Zentrale IT, Uniklinik Essen, Essen                                                        wurden verwendet. Daten, die entweder nicht zuverlässig elekt-       von Daten aus der stationären Versorgung mit Gremien wie
            8. Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Uniklinik RWTH Aachen                                    ronisch verfügbar waren (z. B. zum Verbrauch von bestimmten          dem Gemeinsamen Bundesausschuss diskutieren.
            9. Geschäftsbereich IT, Datenintegrationszentrum Aachen, Aachen                                                         Antibiotika), sowie Follow-Up Daten wurden zusätzlich über
            10.Klinik für Infektiologie, Zentrum für Innere Medizin, Uniklinik Essen, Essen                                         eCRF erhoben. Sämtliche erhobene Daten wurden auf das                Referenzen
            11. Bereich Mikrobiologie, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Virologie, Uniklinik Leipzig, Leipzig            interoperable Datenformat HL7 FHIR gemappt und semantisch            [1] Diekema DJ et al., Survey of infections due to Staphylococcus
            12. Bereich Infektiologie und Tropenmedizin, Klinik und Poliklinik für Onkologie, Gastroenterologie,                    annotiert (LOINC, SNOMED CT, etc.). Diese Ressourcen wurden          species: frequency of occurrence and antimicrobial susceptibility of
                Hepatologie, Pneumologie und Infektiologie, Uniklinik Leipzig, Leipzig                                              in den 5 Zentren jeweils lokal auf einem FHIR-Server für die         isolates collected in the United States, Canada, Latin America, Eu-
            13. Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Medizinische Fakultät,                           Datenanalyse zur Verfügung gestellt. Zur Auswertung wurden           rope, and the Western Pacific region for the SENTRY antimicrobial
                Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle                                                                   R-Skripte an die Standorte verteilt, welche die FHIR-Daten zu-       surveillance program, 1997-1999. Clin Infect Dis, 2001. 32: p. 114–32.
            14. Sachgebiet Klinische Infektiologie, Uniklinik Halle, Halle                                                          nächst lokal verarbeiten und aggregieren. Die auf diese Weise        [2] Schmitt, S., et al., Infectious diseases specialty intervention is
            15. Zentrum für Klinische Studien, Uniklinik Jena, Jena                                                                 verarbeiteten Daten wurden dann über eine sichere Verbindung         associated with decreased mortality and lower healthcare costs.
            16. Institut für Medizinische Mikrobiologie, Uniklinik Jena, Jena                                                       zur zentralen Analyse nach Jena übermittelt.                         Clin Infect Dis, 2014. 58(1): p. 22-8.
                                                                                                                                                                                                         [3] Vogel, M., et al., Infectious disease consultation for Staphy-
                                                                                                                                    Die koprimären Endpunkte der Studie waren die Krankenhaus-           lococcus aureus bacteremia - A systematic review and meta-
                                                                                                                                    sterblichkeit (A), sowie die 90-Tage Mortalitäts- und Rückfall-      analysis. J Infect, 2016. 72(1): p. 19-28.
Einleitung und Zielstellung                                       Therapiekosten einher. Ein fälschlicherweise als Kontamina-       rate (B) für SAB-Patienten bzw. der kumulative Verbrauch von         [4] Kern, W.V., Management of Staphylococcus aureus bacte-
Staphylokokken sind die am häufigsten nachgewiesenen Er-          tion interpretierter Nachweis von KNS in einer Blutkultur kann    Vancomycin (C) für KNS Patienten. Für Endpunkte (A) und (B)          remia and endocarditis: progresses and challenges. Curr Opin
reger bei Blutstrominfektionen [1]. Der Nachweis von Staphy-      jedoch zu einer Unterversorgung des Patienten führen.             wurde eine Nicht-Unterlegenheitshypothese und für (C) eine           Infect Dis, 2010. 23(4): p. 346-58.
lococcus aureus in mikrobiologischen Blutkulturen (SAB) ist                                                                         Überlegenheitshypothese hierarchisch mit Hilfe von (genera-          [5] Benfield T et al. Increasing incidence but decreasing in-
mit einer hohen Patientenmorbidität und -mortalität verbun-       Computerbasierte Entscheidungsunterstützungssysteme               lisierten) linearen gemischten Modellen getestet.                    hospital mortality of adult Staphylococcus aureus bacteraemia
den, insbesondere, wenn nicht zeitnah entsprechende medi-         können bei Patienten mit Staphylokokken-Nachweis zu einer                                                                              between 1981 and 2000. Clin Microbiol Infect 2007. 13: p. 257–63.
zinische Maßnahmen ergriffen werden. Bei Einhaltung von           besseren Versorgung beitragen [7]. Als Teil der Arbeiten des      Ergebnisse                                                           [6] López-Cortés LE et al. Impact of an evidence-based bundle in-
Empfehlungen zur Therapie und Diagnostik sowie geeigneter         Uses Cases HELP („Hospital-wide ELectronic medical record         Die Studie startete im Juni 2020 und bis Juni 2022 wechselten        tervention in the quality-of-care management and outcome of Sta-
Antibiotikagaben kann das Behandlungsergebnis allerdings          evaluated computerised decision support system to improve         alle 133 Stationen schrittweise in die Interventionsphase. Das       phylococcus aureus bacteremia. Clin Infect Dis 2013. 57: p. 1225–33.
deutlich verbessert werden [2-6]. Bei einem Nachweis von          outcomes of Patients with staphylococcal bloodstream infec-       HELP-Manual wurde somit an allen 5 Unikliniken ausgerollt und        [7] Holland, T.L., et al., Effect of Algorithm-Based Therapy vs
Koagulase-negativen Staphylokokken (KNS) in der Blutkultur        tion“) wurde u. a. ein Manual als Progressive Web App entwi-      läuft dort fehlerfrei. Dabei konnten bis Ende Juli 2022 mehr als     Usual Care on Clinical Success and Serious Adverse Events in
handelt es sich hingegen in 75% der Fälle um eine Kontami-        ckelt und im Rahmen einer multizentrischen Studie evaluiert.      7000 Patientinnen und Patienten in die Studie eingeschlossen         Patients with Staphylococcal Bacteremia: A Randomized Clinical
nation der Blutkultur und nicht um eine Blutstrominfektion, die                                                                     werden. Ende Oktober 2022 war die Datenerhebung an allen             Trial. JAMA, 2018. 320(12): p. 1249-1258.
behandlungsbedürftig ist. Da KNS in der Mehrzahl der Fälle        Methoden                                                          5 Standorten abgeschlossen.                                          [8] Hagel, S., et al., Hospital-wide ELectronic medical record
eine Oxacillin-Resistenz aufweisen, wird im klinischen Alltag     Die HELP-Studie ist eine multizentrische Studie, die an 5 Uni-                                                                         evaluated computerised decision support system to improve
oft eine Antibiotikatherapie eingeleitet. Dies fördert die Ent-   kliniken in Deutschland (Aachen, Essen, Halle (Saale), Jena,      Eine der größeren Herausforderungen war die Extraktion der Daten     outcomes of Patients with staphylococcal bloodstream infection
wicklung von Antibiotikaresistenzen, geht mit einem erhöhten      Leipzig) in einem „stepped-wedge cluster-randomisierten“          aus den heterogenen IT-Primärsystemen der Krankenversorgung          (HELP): study protocol for a multicentre stepped-wedge cluster
Risiko für arzneimittelbedingte Nebenwirkungen und höheren        Design durchgeführt wurde. Insgesamt 133 Stationen wech-          und deren Bereitstellung in FHIR. Zum aktuellen Zeitpunkt sind für   randomised trial. BMJ Open, 2020. 10(2): p. e033391.

                                                                                                                                                                                                                                                                  Vortrag    1
Science Day 2022 Abstractbook | 23.11.2022 - Abstracts der Poster und Kurzvorträge - smith.care
Use Case ASIC – Daten und detaillierte Analyse                                                                                                                                                        Informationen aus realen Evidenzdaten extrahiert. Die
                                                                                                                                                                                                      Arbeiten in beiden Zweigen des ASIC-Systems zeigen
                                                                                                                                                                                                      vielversprechende Aussichten auf den Nutzen und die
Autoren       Gernot Marx1, Andreas Schuppert2, Andre Scherag, Joyce Kao1; Andreas Bleilevens1,
                                                                                                                                                                                                      Realität des maschinellen Lernens in CDSSs (Abbildung 2).
              Volker Lowitsch3, Johannes Bickenbach1
Affiliation 1. Uniklinik RWTH Aachen Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care                                                                                                       Referenzen
            2. Uniklinik RWTH Aachen, Institute for Computational Biomedicine                                                                                                                         [1] Phua J, Badia JR, Adhikari NKJ, Friedrich JO, Fowler
            3. Healthcare IT Solutions                                                                                                                                                                RA, Singh JM, Scales DC, Stather DR, Li A, Jones A, Gat-
                                                                                                                                                                                                      tas DJ, Hallett D, Tomlinson G, Stewart TE, Ferguson ND.
                                                                                                                                                                                                      Has mortality from acute respiratory distress syndrome
                                                                                                                                                                                                      decreased over time? A systematic review. Am J Respir
Einleitung und Zielstellung                                      ·   Mild    PaO2/FiO2: 201-300 mmHg bei PEEP                                                                                         Crib Care Med 2009; 179: 220-227.
Ziel des Use Cases „Algorithmische Surveillance von ICU                      ≥ 5 cmH2O --> tiefstellung prüfen                                                                                        [2] Villard J, Blanco J, Anon JM et al. The ALIEN study:
Patienten mit akutem Lungenversagen (ASIC)” ist es,              ·   Moderat PaO2/FiO2: 101-200 mmHg bei PEEP                                                                                         incidence and outcome of acute respiratory distress syn-
durch Nutzung bereits vorhandener, klinischer Routi-                         ≥ 5 cm H2O                                                                                                               drome in the era of lung protective ventilation. Intensive
nedaten eine Verbesserung der Versorgungsqualität zu             ·   Schwer PaO2/FiO2≤ 100 mmHg bei PEEP                                                                                              Care Med 2011; 37: 1932–1941.
erreichen.                                                                   ≥ 5 cm H2O                                                                                                               [3] Fröhlich S, Murphy N, Doolan A, Ryan O, Boylan J.
                                                                                                                                                                                                      Acute respiratory distress syndrome: underrecognition
Das akute Lungenversagen (acute respiratory distress             Methoden und Ergebnisse                                                                                                              by clinicians. J Crit Care 2013;28(5):663-8.
syndrome, ARDS) ist ein vital bedrohliches, intensiv-            Im Use Case ASIC wurde eine Quality Improvement Stra-                                                                                [4] ARDS Definition Task Force, Ranieri VM, Rubenfeld
medizinisches Krankheitsbild mit einer bereits vor Jah-          tegy (QIS) [5] durchgeführt, um den Nutzen eines klini-                                                                              GD, Thompson BT, Ferguson ND, Caldwell E, Fan E, Cam-
ren beschriebenen Mortalität von etwa 45% [1]. In einer          schen Entscheidungsunterstützungssystems (Clinical                                                                                   porota L, Slutsky AS. Acute respiratory distress syndrome:
neueren, multizentrischen Studie zur Inzidenz des ARDS           Decision Support Systems, CDSS) in Form einer mobilen                                                                                the Berlin Definition. JAMA 2012; 307(23): 2526-33.
                                                                                                                                Abbildung 1: Anteil gestellter ARDS Diagnosen während der beiden
sowie zum Outcome unter lungenprotektiver Beatmung,              Anwendung zu untersuchen, die Ärzte bei der rechtzei-                                                                                [5] Marx G, Bickenbach J, Fritsch SJ, et al. Algorithmic
                                                                                                                                Phasen der QIS. Die Interventionsphase zeigt eine Steigerung in der
also dem Einsatz niedriger Tidalvolumina und der Be-             tigen Diagnosestellung und Leitlinieneinhaltung in der                                                                               surveillance of ICU patients with acut respiratory di-
                                                                                                                                Anzahl diagnostizierter ARDS-Fälle.
grenzung von Beatmungsdrücken, konnte eine Inzidenz              ARDS-Behandlung unterstützt. Für die Analyse wurden                                                                                  stress syndrome (ASIC): protocol for a multicentre step-
von 7.2/100.000 Einwohner pro Jahr nachgewiesen wer-             im Voraus wichtige Leistungindikatoren (auch Key perfo-                                                                              ped-wedge cluster randomized quality improvement
den. In dieser ersten prospektiven Untersuchung konn-            mance Indikatoren, KPI) definiert. Acht Universitätskliniken                                                                         strategy. BMJ Open. 2021; 11:e045589.doi:10.1136/bmjo-
ten erstmalig vorteilhafte Daten unter lungenprotektiver         in ganz Deutschland mit insgesamt 31 Intensivstationen                                                                               pen-2020-045589.
Beatmung gegenüber konventioneller maschineller Be-              wurden im Rahmen des QIS 12 Clustern zugewiesen, die
atmung mit weitaus höheren Beatmungsdrücken gezeigt              ein dreiphasiges, stufenweises, cluster-randomisiertes
werden. Trotz dieser eigentlich Outcome-verbessernden            Design hatten. Die teilnehmenden Ärzte der 12 Cluster
Strategie ist allein die ICU-Letalität mit über 40% noch         wurden auf die Anwendung der ASIC-App anhand von
immer ernüchternd hoch [2]. Mögliche Gründe dafür sind           Präsenz- und Onlineterminen geschult, eingewiesen und
unter anderem prozessuale Defizite, die durch intelligente       trainiert. Zusätzlich wurde ein Monitoring Tool entwickelt,
                                                                                                                                Abbildung 2: UseCase ASIC, parallele Durchführung von App-
Lösungen optimiert werden können. Des Weiteren erfolgt           um die Anwenderfreundlichkeit und Anwendung der App
                                                                                                                                Entwicklung, QIS und ASIC System
die Diagnosestellung des ARDS oftmals gar nicht oder             im ärztlichen Alltag zu begleiten und zu überprüfen. Dazu
erst verspätet [3], obwohl mit der sogenannten Berlin-           gehörten u. a. standortbezogene wöchentliche Berichte.
Definition klare Kriterien (siehe Tab. 1) für die Diagnose       Außerdem wurde zur Sicherstellung einer guten störungs-        Nach ersten Analysen zeigt sich eine Steigerung der
vorliegen [4].                                                   freien App-Nutzung ein technischer Support durch direkte       ARDS-Diagnoserate von ca. 8% gegenüber der voran-
                                                                 Ansprechpartner bereitgestellt und ein Ticketsystem ein-       gegangenen Kontrollphase (siehe Abbildung 1).
Die Definitionskriterien teilen sich in 4 Bereiche auf:          geführt, um mögliche Fehler zu melden.
                                                                                                                                Parallel zum QIS mit der ASIC-App wurden auch Unter-
·   Zeitpunkt ist definiert als “Beginn innerhalb einer Woche”   Im Rahmen der QIS wurden insgesamt 14.833 Patienten            suchungen zum Potenzial klinischer Daten durchgeführt,
·   Bildgebung der Lunge: Bilaterale Verdichtungen (nicht        mit ARDS-relevanten Datenpunkten klinikübergreifend            wobei sowohl der öffentlich verfügbare MIMIC-Datensatz
    alleine auf Ergüsse, Atelektase oder Rundherde erklärbar)    eingeschlossen, die derzeit zu den primären Key-perfor-        als auch die im QIS mit der ASIC-App erhobenen Daten
·   Ursprung des Lungenödems: Respiratorisches Ver-              mance-Indikatoren (KPI) Diagnoserate und Leitlinienadhä-       verwendet wurden. Dieser als ASIC-System bezeichnete
    sagen nicht alleine erklärbar durch Herzinsuffizienz         renz für lungenprotektive Beatmung ausgewertet werden.         Teil des Use Cases befasst sich mit der Entwicklung des
    (Echokardiographie) oder Hyperhydration                      Zusätzlich zu den primären KPIs wurde die ASIC-App auch        Diagnostic Expert Advisor (DEA), einer Plattform, die ma-
·   Grade der Oxygenierungsstörung teilt sich in 3               hinsichtlich sekundärer KPIs bezüglich Benutzerakzeptanz       schinelles Lernen für die Prognose auf der Intensivstation
    Kategorien:                                                  und der Benutzerfreundlichkeit bewertet.                       ermöglicht, sowie des Virtual Patient, der medizinische

                                                                                                                                                                                                                                                    Vortrag   2
Science Day 2022 Abstractbook | 23.11.2022 - Abstracts der Poster und Kurzvorträge - smith.care
Automatische Sprachverarbeitung (NLP) im SMITH-Konsortium –                                                                    Ergebnisse                                                     in ihrer Funktionsbreite und Analysetiefe einen neuen Mei-
                                                                                                                               Diese sieben Annotationsebenen wurden mit unterschied-         lenstein für die deutschsprachige klinische NLP definieren.
Korpusannotation und Klassifikatoren für klinische                                                                             lichen Erfüllungsgraden an den drei Kernstandorten für das
Informationsextraktion                                                                                                         klinische Hauptkorpus (3000PA bzw. ClinDoc) behandelt          Referenzen
                                                                                                                               – während in Jena alle 7 Aufgaben bearbeitet wurden,           [1] Hahn U, Oleynik M. Medical information extraction
Autoren      Udo Hahn, Christina Lohr, Luise Modersohn, Tobias Kolditz, Jakob Faller, Stephanie Luther, Franz                  geschah dies in Aachen und Leipzig nur für die Aufga-          in the age of deep learning. In: Fultz Hollis K, Soualmia
             Matthies, Sven Büchel, Johannes Hellrich & Erik Fäßler                                                            bengebiete 4 und 5. Da für die lokalen Korpus-Daten an         LF, Séroussi B, editors. Yearbook of Medical Informatics
                                                                                                                               jedem Klinikstandort trotz aufwändiger Anonymisierung          2020 – Ethics in Health Informatics. IMIA & Georg Thieme,
Affiliation 1. Jena University Language & Information Engineering (JULIE) Lab                                                  bzw. Pseudonymisierung [3] aus Datenschutzgründen              2020, pp. 208-20.
            2. Friedrich-Schiller-Universität Jena & SMITH-Konsortium der Medizininformatik-Initiative                         keine Nutzungserlaubnis außerhalb des jeweiligen Hauses        [2] Hahn U, Matthies F, Lohr C, Löffler M. 3000PA: to-
                                                                                                                               erreicht werden konnte, wurden – ergänzend zu den im           wards a national reference corpus of German clinical lan-
                                                                                                                               Projektplan fixierten Aufgaben – drei öffentlich zugängliche   guage. In: MIE 2018 – Proceedings of the 29th Conference
                                                                                                                               Alternativkorpora aufgebaut und annotiert:                     on Medical Informatics in Europe; Gothenburg, Sweden,
Einleitung und Zielstellung                                     daten das inhaltlich korrekte Verständnis klinischer Be-                                                                      24-26 April 2018, pp. 26-30.
Krankenhaus-Informationssysteme (KIS) halten patien-            richte im Sinne eines Goldstandards beschreiben. Solche        1. JSynCC [4] – ein Korpus, das sich aus Beispieltexten        [3] Lohr C, Eder E, Hahn U. Pseudonymization of PHI
tenbezogene Informationen in tabellenartig strukturierter       Metadaten sind für jedwede Form der Systemevaluation              von medizinischen Lehrbüchern (Operationsberichte,          items in German clinical reports. In: MIE 2021 – Proceedings
Form in Electronic Health Records (EHR) vor, die zielgenau      unverzichtbar und können zugleich als Trainingsmaterial           Fallstudien usw.) speist. Sofern für diese Texte lokale     of the 31st Conference on Medical Informatics in Europe.
abgefragt und nachfolgend weiter ausgewertet werden             für (semi-)überwachte maschinelle Lernverfahren (ML)              e-book-Lizenzen vorliegen, kann durch eine im JULIE         [Athens, Greece,] 29-31 May 2021. (Virtual Event), pp. 273-7.
können. Neben diesen strukturierten Daten sind in einem         aus der Künstlichen Intelligenz genutzt werden. Dieser            Lab entwickelte Software die identische Rekonstruktion      [4] Lohr C, Buechel S, Hahn U. Sharing copies of synthetic
KIS aber auch unstrukturierte Daten in großer Fülle ver-        zuletzt genannte Aspekt ist andererseits die Grundlage            des Korpus mit seinen Metadaten vor Ort garantiert          clinical corpora without physical distribution: a case study
fügbar. Hierzu zählen etwa Bilddaten (aus der Radiologie),      für das maschinelle Lernen von Klassifikationssystemen,           werden.                                                     to get around IPRs and privacy constraints featuring the
aber auch textuelle Daten (Arztbriefe, klinische Berichte und   also konkreter Software zur Informationsextraktion. Da-        2. GGPOnc [5] – ein Korpus deutschsprachiger Leitlinien        German JSynCC corpus. In: LREC 2018 – Proceedings of the
Notizen usw.). Solche unstrukturierten Daten sind derzeit       rüber hinaus sind (große) Korpora unverzichtbar für die           zur Krebsbehandlung, die sich auf dem Portal der Deut-      11th International Conference on Language Resources and
maschinell schwer bzw. gar nicht interpretierbar und somit      automatische Generierung bzw. (Domänen-)Adaption von              schen Krebsgesellschaft finden.                             Evaluation; Miyazaki, Japan, May 7-12, 2018, pp. 1259-66.
auch nicht zielgenau auswertbar. Im SMITH-Konsortium            statistischen Sprachmodellen (Deep Learning) als Alter-        3. GraSSCo [6] – ein Korpus von ursprünglich authenti-         [5] Borchert F, Lohr C, Modersohn L, Witt J, Langer T,
wurde der Versuch unternommen, mit Verfahren zur auto-          native zu überwachten Lernverfahren.                              schen klinischen Berichten, die durch umfassende Para-      Follmann M, Gietzelt M, Arnrich B, Hahn U, Schapranow
matischen Informationsextraktion [1], einer auf Textanalytik    In SMITH wurden mehrere Ebenen von Metadaten auf ver-             phrasierung und fiktive Abwandlungen nicht mehr den         M-P. GGPOnc 2.0 — the German Clinical Guideline Cor-
basierenden Form der automatischen Sprachanalyse (na-           gleichbarem Textmaterial an unterschiedlichen klinischen          zugrundeliegenden Fällen zugeordnet werden können.          pus for Oncology: curation workflow, annotation policy,
tural language processing; NLP), diesen Mangel zu beheben       Standorten (Jena, Aachen und Leipzig) erstellt (Korpus-                                                                       baseline NER taggers. In: LREC 2022 – Proceedings of
und eine inhaltlich getreue Abbildung von unstrukturierter      annotation) [2]:                                               Diese drei Korpora sind für die NLP-Community frei zu-         the 13th International Conference on Language Resources
natürlicher Sprache in strukturierte Informationsschemata                                                                      gänglich. Zusammen mit 3000PA/ClinDoc enthalten sie            and Evaluation; Marseille, France, June 20-25, 2022, pp.
des KIS zu leisten. Der Anspruch ist hierbei, ergänzende        1. Formale Sprachstrukturdaten wie Satz- und Wort-             insgesamt ca. 1,8 Mio. Annotate, also von Domänenexper-        3650‑60.
Informationen für ärztliche Entscheidungen im Klinikalltag         grenzen,                                                    ten (Medizinstudenten nach dem 1. Staatsexamen bzw. me-        [6] Modersohn L, Schulz S, Lohr C, Hahn U. GRASCCo:
bereitzustellen, die nicht (ausreichend) im strukturierten      2. Formal-inhaltliche Makrostrukturen klinischer Berichte      dizinischen Dokumentaren) manuell vergebene Metadaten-         the first publicly shareable, multiply-alienated German
Teil des KIS verfügbar sind, sondern hauptsächlich oder            in Form von Sektionskategorien wie Familien- und Pa-        Instanzen. Auf der Basis dieser reich annotierten Korpora      clinical text corpus. In: German Medical Data Sciences 2022
nur in unstrukturierten klinischen Berichten.                      tientenanamnese oder Diagnosen in Aufnahme- und             wurden Klassifikatoren für alle sieben oben erwähnten          – Proceedings of the Joint Conference of the 67th Annual
                                                                   Entlassbriefen,                                             Arten von Metadaten entwickelt. Diese Systeme sind nun         Meeting of the GMDS & 14th Annual Meeting of the TMF;
Die folgende Darstellung konzentriert sich auf die Arbeiten     3. Charakterisierung potenziell personenidentifizierender      in der Lage, in klinischen Texten automatisch Wort- und        [Kiel, Germany,] 21-25 August 2022 (Virtual Event), pp.
des Jena University Language & Information Engineering             sprachlicher Ausdrücke (Patientennamen, Alters- und         Satzgrenzen zu erkennen, sie zu sektionieren sowie perso-      66–72.
(JULIE) Lab an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Das        Adressangaben, digitale Identifikatoren (URLs, Telefon-     nenidentifizierende Merkmale, klinisch relevante Entitäten
SMITH-Konsortium sticht aus der Gruppe der übrigen ge-             nummern) usw.,                                              (wie etwa Medikationen, Befunde und Prozeduren) sowie
förderten MII-Konsortien durch eine besondere Betonung          4. Klinische Entitäten, also semantische Typen wie Krank-      inhaltliche und zeitliche Beziehungen zwischen diesen zu
der Rolle der klinischen NLP im Kontext des Use Case Phe-          heiten, Medikationen, Symptome und Befunde, Diag-           erkennen und deren Faktizität zu bestimmen.
notyping (PheP) hervor – neben dem JULIE Lab sind die              nosen und Prozeduren,
Beiträge von ID Berlin und Averbis Freiburg ebenfalls auf       5. Semantische Relationen zwischen diesen Entitäten            Diskussion
klinische NLP fokussiert.                                          (etwa Medikament – rezeptiert-wegen – Krankheit,            Angefangen von Routinen zur Textausleitung aus dem lo-
                                                                   Krankheit – ist-lokalisiert-an – Körperteil),               kalen KIS (sog. ETL-Strecken unter der Hoheit des DIZ) über
Methoden                                                        6. Temporale Bezüge zwischen Entitäten bzw. semanti-           die De-Identifikation bis hin zur tiefen semantischen In-
Die Arbeiten im JULIE Lab gliedern sich in zwei große Auf-         schen Relationen (etwa A vor B),                            haltsanalytik klinischer Berichte sind großvolumige Korpora
gabengebiete: Einerseits den Aufbau von Textkorpora,            7. Sicherheit bzw. Verlässlichkeit (Faktizität) extrahierter   mit vielschichtigen Metadaten und Software-Werkzeuge
also textueller Datensätze, die durch medizinische Meta-           Aussagen: sicher – unsicher – negiert.                      zur vollautomatischen Textanalytik aufgebaut worden, die

                                                                                                                                                                                                                                               Vortrag   3
Science Day 2022 Abstractbook | 23.11.2022 - Abstracts der Poster und Kurzvorträge - smith.care
POLAR – POLypharmazie, Arzneimittelwechselwirkungen und Risiken -
Ein Zwischenbericht

Autoren      Markus Loeffler1, Daniel Neumann1, Torsten Thalheim1, Florian Schmidt1, Frank Meineke1,
             Miriam Kesselmeier2, Renke Maas3, Petra A. Thürmann4, Ulrich Jaehde5, Hanna Seidling6,
             Martin F. Fromm3, Tobias Dreischulte7, Thomas Ganslandt8, André Scherag2 für das POLAR-Team
Affiliation 1. Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE), Universität Leipzig
            2. Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Datenwissenschaften (IMSID),
               Universitätsklinikum Jena
            3. Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Lehrstuhl für Klinische
               Pharmakologie und Klinische Toxikologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
            4. Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Universität Witten/Herdecke
            5. Abteilung klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Universitätsklinikum Heidelberg
            6. Pharmazeutisches Institut, Abteilung Klinische Pharmazie, Universität Bonn
            7. Institut für Allgemeinmedizin, LMU Klinikum
            8. Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, FAU Erlangen

Einleitung                                                       Ergebnisse
Mit der zunehmenden Anzahl eingenommener Arzneimittel            In POLAR konnte erstmals gezeigt werden, dass stationäre
steigen die Medikationsrisiken. Hierzu zählen u. a. Arznei-      Behandlungsdaten standortübergreifend auf der Basis
mittelwechselwirkungen, welche unerwünschte Wirkungen            abgestimmter, interoperabler Datenaustauschformate da-
einzelner Arzneistoffe reduzieren oder verstärken können.        tenschutzkonform für Forschungsfragen zu arzneimittel-
Das interkonsortiale Verbundvorhaben POLAR (POLyphar-            bezogenen Problemen nutzbar gemacht werden können.
mazie, Arzneimittelwechselwirkungen und Risiken) hat das         Neben der Beantwortung der eigentlichen Fragestellungen
Ziel, mit Methoden und Prozessen der Medizininformatik-          haben sich vor allem Handlungsempfehlungen für Folge-
Initiative (MII) auf Basis von „Real World Data“ (stationärer    vorhaben in allen MII-relevanten Bereichen ergeben. Auf
Behandlungsdaten von Universitätskliniken) einen Beitrag         der Basis der bisher erhaltenen Daten haben wir in POLAR
zur Detektion von Medikationsrisiken bei Patientinnen und        eine Kampagne für die Plausibilisierung der Daten begon-
Patienten zu leisten. Es wurden mehrere Datenausleitungs-        nen, die hinsichtlich der Aussagekraft der algorithmisch
projekte definiert, die über die Häufigkeit von potentiell in-   abfragbaren Daten genauere Einblicke verschafft.
adäquaten Medikationen (PIMs), Medikationen bei Kontra-
indikationen und über Assoziationen zwischen Medikationen        Diskussion
mit Nebenwirkungen Auskunft geben. Im Artikel werden die         Dieser Zwischenbericht wird erste vorläufige Ergebnisse
Projektergebnisse und Interpretationsprobleme illustriert [1].   zum Thema Arzneimittelsicherheit und Datenplausibi-
                                                                 lisierung aufzeigen. Darüber hinaus werden technische
Methoden                                                         und rechtliche Herausforderungen bei der Verwendung
Fünf konkrete pharmakologische Fragekomplexe werden              stationärer „Real World Data“ für die Forschung dar-
algorithmisch abgebildet, an 13 Datenintegrationszentren         gestellt.
in verteilten Analysen durchgeführt und in einer gepool-
ten Metaanalyse zusammengeführt. Eine wesentliche Vo-            Referenzen
raussetzung für die Anwendung dieser Algorithmen ist die         [1] Scherag, André; Andrikyan, Wahram; Dreischulte,
Kerndatensatzstruktur der MII, die auf internationale IT-, In-   Tobias; Dürr, Pauline; Fromm, Martin; Gewehr, Jan; Jaeh-
teroperabilitäts- und Terminologiestandards aufsetzt. Die Al-    de, Ulrich; Kesselmeier, Miriam; Maas, Renke; Thürmann,
gorithmen wurden an die standortspezifischen ETL-Belange         Petra A.; Meineke, Frank; Neumann, Daniel; Palm, Julia;
angepasst. Alle 13 Standorte haben zu mindestens einer der       Peschel, Thomas; Räuscher, Editha; Schulze, Susann;
fünf Fragestellungen Daten ausgeleitet. Die Auswertungen         Thalheim, Torsten; Wendt, Thomas; Löffler, Markus
sind fallbezogen. Insgesamt wurden Daten von ca. 400.000         (2022): “POLAR – „POLypharmazie, Arzneimittelwech-
Fällen aus den Jahren 2018 - 2021 verfügbar gemacht.             selwirkungen Und Risiken“ – Zwischenergebnisse ”

                                                                                                              Vortrag   4
Science Day 2022 Abstractbook | 23.11.2022 - Abstracts der Poster und Kurzvorträge - smith.care
Semantische Modellierung und Ausführung von Phänotyp-Algorithmen                                                                atomaren Phänotypen, die alle über Terminologie-Code           Diskussion
                                                                                                                                Annotationen verfügen sollten. Für jeden Phänotyp kann         Häufig werden Bio-Informatiker, Statistiker und ver-
                                                                                                                                eine Abfrage abgeleitet werden, die in die entsprechende       gleichbare Personengruppen mit der Implementierung
Autoren       Christoph Beger1,2,3, Franz Matthies1,2, Ralph Schäfermeier1,2, Alexandr Uciteli1,2
                                                                                                                                Abfragesprache des Quellsystems übersetzt und ausgeführt       von Algorithmen beauftragt. Dieser Umstand ist darauf
Affiliation 1. SMITH-Konsortium der Medizininformatik-Initiative                                                                wird. Diese Ableitung wird von generischen oder speziell auf   zurückzuführen, dass oft keine einfach zugängliche Ent-
            2. Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Universität Leipzig                           das Quellsystem abgestimmten Adaptern umgesetzt. Für           wicklungsumgebung für Entwurf und Ausführung von
            3. Wachstumsnetzwerk CrescNet, Universität Leipzig                                                                  SQL und FHIR Search haben wir generische Java-basierte         Algorithmen eingesetzt wird. Somit ist keine klare Tren-
                                                                                                                                Adapter entwickelt (basierend auf [5]), die mit einem Map-     nung zwischen Modellierung und Implementation möglich.
                                                                                                                                ping konfiguriert werden können. Die Abfrageergebnisse         Algorithmen müssen daher oft in Programmiersprachen
                                                                                                                                werden für die Auswertung von Ausdrücken der zusam-            (z.B. R, Python, CQL) verfasst werden, die zwar mächtiger
Einleitung und Zielstellung                                       den Zugriff auf elektronische Patientendaten kommt in der     mengesetzten Phänotypen genutzt.                               und ausdrucksstärker als das TOP Framework sind, aber
In der Medizininformatik Initiative (MII) sollen innovative IT-   MII HL7 FHIR zum Einsatz und Forschungsdatenbanken                                                                           Domänenexperten nicht geläufig sind. Zudem muss der
Lösungen zur Unterstützung der medizinischen Forschung            sind oft SQL-basiert. Daher haben wir uns auf SQL-basier-     Die gesamte Modellierung der Phänotypen und Erstellung         Zugriff auf Quelldaten gesondert umgesetzt werden (z.B.
und zur Verbesserung der Patientenversorgung entwickelt           te Datenbankmanagementsysteme und FHIR-Server mit             von Algorithmen kann von Domänenexperten durchgeführt          durch Verwendung von Bibliotheken wie FHIRcrackr oder
werden. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die automatische De-       FHIR Search Unterstützung fokussiert. Das hier vorgestellte   werden. Lediglich Quellsystem-Mapping und Adapter müs-         FHIR-PYrate).
tektion von Erkrankungen, Risiken für ebenjene und Neben-         Konzept kann jedoch auch in Verbindung mit anderen Ab-        sen von IT-Spezialisten bereitgestellt werden. Das Mapping
wirkungen von Medikamenten. Für die Durchführung der              fragesprachen eingesetzt werden.                              umfasst eine Liste aller im Quellsystem enthaltenen Daten-     Die im TOP Framework verwendeten Ausdrücke zur Mo-
Detektion müssen Patientendaten aus elektronischen Patien-                                                                      elemente mit Terminologie-Code Annotationen. So können         dellierung von zusammengesetzten Phänotypen sind ge-
tenakten oder Forschungsdatenbanken extrahiert und aus-           Als Grundlage für strukturierte Phänotyp-Algorithmen          beispielsweise Codes auf FHIR-Strukturen (z. B. Ressourcen-    nerisch und somit geeignet, einen Großteil, aber nicht alle
gewertet werden. Dabei können maschinell interpretierbare         nutzen wir ein aus der Core Ontology of Phenotypes [4]        typen „Observation“ und „Condition“) oder SQL Datenbank        in der Praxis vorkommenden Berechnungen und Regeln
Phänotyp-Algorithmen eingesetzt werden, die strukturierte         abgeleitetes Modell, in welchem atomare Phänotypen (nicht     Tabellen und Spalten gemappt werden. Zusätzlich lassen         in Algorithmen abzubilden. Für einige Phänotypen exis-
Filterkriterien und Regeln verwenden, um Individuen mit           zusammengesetzt) mit Begriffen aus Terminologien (z.B.        sich im Modell enthaltene Wertebereiche modifizieren. Dies     tieren komplexe Berechnungsvorschriften oder Machine-
bestimmten Merkmalen zu identifizieren (Auswahlkrite-             LOINC, SNOMED CT) annotiert werden können. Diese Anno-        kann hilfreich sein, um Modelle an einrichtungsspezifische     Learning-Algorithmen, die vom Framework noch nicht
rien) und weitere Merkmale abzuleiten. Computergestützte          tationen werden für die Zuordnung von Datenelementen aus      Normwerte anzupassen (z. B. Laborgrenzwerte).                  unterstützt werden. Zukünftig möchten wir eben solche
Algorithmen können so unter anderem die Rekrutierung für          den Quellsystemen zu atomaren Phänotypen verwendet. So                                                                       komplexen Berechnungen als externe Services in das TOP
klinische Studien verbessern [1].                                 ist der Phänotyp „Körpergröße“ mit dem Code LOINC:3137-7      Ergebnisse                                                     Framework einbinden.
                                                                  annotiert. Mit einem entsprechenden Mapping können dem        Basierend auf dem beschriebenen methodischen Grundbau
Der Aufwand, diese Algorithmen zu erstellen, kann abhän-          Phänotyp alle Größenwerte aus elektronischen Patienten-       haben wir eine interaktive Webanwendung, das TOP Frame-        Diese Forschung wurde vom Bundesministerium für Bil-
gig von deren Komplexität sehr hoch sein [2] und bedarf           akten zugeordnet werden.                                      work, entwickelt. Domänenexperten können dieses nutzen,        dung und Forschung im Rahmen der Projekte SMITH TOP
typischerweise einer engen Zusammenarbeit zwischen                                                                              um Phänotyp-Algorithmen zu modellieren und auszuführen.        (Förderkennzeichen: 01ZZ2018) und SMITH (Förderkenn-
Domänen- und IT-Experten. Um bei der Modellierung und             Zusammengesetzte Phänotypen ergeben sich aus Kombi-           Es besteht aus einem JavaScript-basierten Frontend, einem      zeichen: 01ZZ1803A) gefördert.
Ausführung der Algorithmen zu unterstützen, haben wir             nationen von atomaren oder anderen zusammengesetzten          Java Spring Backend und einer Datenbank. Das Framework
das Terminologie- und Ontologie-basierte (TOP) Frame-             Phänotypen. Wir haben hierfür eine generische Spezifi-        erlaubt die Suche in existierenden Algorithmen, unterstützt    Referenzen
work entwickelt, in dem Domänenexperten selbstständig             kation entwickelt, die vorsieht, dass zusammengesetzte        unter anderem bei der Erstellung von Ausdrücken für zu-        [1] Thadani SR, Weng C, Bigger JT, Ennever JF, Wajng-
Phänotypen mit entsprechenden Filtern und Regeln de-              Phänotypen immer einen auswertbaren Ausdruck besitzen,        sammengesetzte Phänotypen und sorgt somit für syntakti-        urt D. Electronic Screening Improves Efficiency in Clinical
finieren können. Das Framework kann von IT-Spezialisten           der entweder einen Phänotyp, eine Konstante oder genau        sche Korrektheit. Front- und Backend kommunizieren über        Trial Recruitment. J Am Med Inform Assoc. 1. November
in Krankenhausinformationssystemen eingebettet werden             eine Funktion mit einer beliebigen Anzahl von Argumenten      eine API (OpenAPI Spezifikation ist verfügbar unter https://   2009;16(6):869–73.
und ermöglicht somit die Ausführung der Algorithmen auf           repräsentiert. Die Argumente sind ebenfalls Ausdrücke,        github.com/Onto-Med/top-api), mit der das Backend auch         [2] Zhang H, He Z, He X, Guo Y, Nelson DR, Modave F, u.
Patientendaten aus der Routineversorgung und medizini-            sodass Verschachtelungen möglich sind. Funktionen über-       programmatisch gesteuert werden kann. Über Frontend oder       a. Computable Eligibility Criteria through Ontology-driven
schen Forschung.                                                  führen Argumentmengen (Ausdrucksmengen) auf einen             API können die im Methodenteil beschriebenen Phänotyp          Data Access: A Case Study of Hepatitis C Virus Trials. AMIA
                                                                  einzelnen Ausdruck (meistens einen Wert), wobei sie nicht     Abfragen erstellt und ausgeführt werden. Je nach ausge-        Annu Symp Proc AMIA Symp. 2018;2018:1601–10.
Methoden                                                          auf mathematische Funktionen beschränkt sind und ihre         wähltem Quellsystem kommt ein passender Adapter zum            [3] Scheuermann RH, Ceusters W, Smith B. Toward an
Diese Arbeit verwendet den Begriff „Phänotyp“ nach der            Menge erweiterbar ist. Beispielsweise kann der Ausdruck       Einsatz, der Abfragen in Quellsystem-spezifische Sprache       ontological treatment of disease and diagnosis. Summit
Definition von Scheuermann et al. [3], wonach Phänoty-            des Phänotyp „Körper-Masse-Index“ wie folgt dargestellt       übersetzt und ausführt.                                        Transl Bioinforma. 1. März 2009;2009:116–20.
pen alle beobachtbaren (Kombinationen von) körperlichen           werden: „Quotient(Gewicht, Potenz(Größe, 2))“.                                                                               [4] Uciteli A, Beger C, Kirsten T, Meineke FA, Herre H.
Eigenschaften eines Organismus sind.                                                                                            Das Framework wurde mit zufällig generierten Testdaten,        Ontological representation, classification and data-driven
                                                                  Phänotyp-Algorithmen werden durch Angabe von (ato-            bestehend aus 10.000 Patienten mit etwa 50.000 Visiten,        computing of phenotypes. J Biomed Semant. Dezember
Des Weiteren setzen wir voraus, dass für Algorithmen rele-        maren oder zusammengesetzten) Phänotypen als Ein-/            getestet. Dabei haben wir die Daten sowohl in einer SQL Da-    2020;11(1):15.
vante Datenelemente in strukturierter Form vorliegen und          Ausschlusskriterien initiiert. Zusammengesetzte Phänoty-      tenbank als auch über einen FHIR-Server bereitgestellt und     [5] Beger C, Matthies F, Schäfermeier R, Kirsten T, Herre
mit entsprechenden Abfrage¬sprachen aus datenhaltenden            pen können auf Atomare zurückgeführt werden, aus denen        entsprechende Mapping-Konfigurationen erstellt. Abfragen       H, Uciteli A. Towards an Ontology-Based Phenotypic Query
Systemen (Quellsystem) abgerufen werden können. Für               sie hergeleitet werden. Somit ergibt sich eine Menge von      an beide Quellsysteme ergaben identische Ergebnismengen.       Model. Appl Sci. 21. Mai 2022;12(10):5214.

                                                                                                                                                                                                                                              Vortrag   5
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