SENIOREN Zeitschrift - In Frankfurt zuhause - Begegnung der Kulturen
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4 2009 SENIOREN Zeitschrift In Frankfurt zuhause – Begegnung der Kulturen Senioren Zeitschrift wird 35 Jahre alt Kurioses in der Stadt Seniorentelefon 2 12-3 70 70 www.senioren-zeitschrift-frankfurt.de
Grußwort Liebe Frankfurterinnen Aus dem Inhalt und Frankfurter, wenn Sie zu den Stamm- In Frankfurt zuhause – Freizeit und Unterhaltung leserinnen und -lesern Begegnung der Kulturen der SZ gehören, werden Das ist der Hammer ........................... 50–51 Sie unsere Rubrik „Begegnung der „Wir haben vergessen Ausflug in den Vogelsberg ............... 52–53 Kulturen“ kennen. Seit vielen Jahren zurückzukehren“ – Teil 1 ..................... 4 – 8 berichten wir unter dieser Überschrift Im Gespräch: mit Helga Nagel ................. 9 Soziales und Seniorenpolitik über Projekte von und mit älteren Migran- Porträt: Leben mit und zwischen tinnen und Migranten, aber auch über zwei Kulturen ...................................... 10 –11 Patientenverfügung .......................... 54–55 kulturelle Besonderheiten. In dieser Aus- Arbeitsgruppe: Besteuerung der Renten ......................... 56 gabe widmen wir der Thematik sogar „Mit Behinderung leben“ ........................ 11 den Schwerpunkt. Damit tragen wir der Zwei goldene Kreuze Früher und Heute Tatsache Rechnung, dass auch in der für zwei engagierte Frauen ......................12 älteren Generation die internationale Laut aber herzlich ......................................13 Mit der 11 vom Römerberg Vielfalt eine immer größere Rolle spielt. Städtepartnerschaften: Kairo........... 14–15 nach Höchst ........................................ 58–59 Sie werden überrascht sein, wie viele Respekt vor der Schöpfung .............. 16–17 Friedrich Schiller ...................................... 60 spannende Projekte es in Frankfurt be- Zu Gast in Gottes Haus ............................ 18 Frankfurt und seine Plätze: reits gibt. Einkaufsführer für Muslime .................... 19 Friedberger Platz ...................................... 61 Interkulturelle Begegnung ...................... 20 Nicht nur die kulturellen Hintergründe, Interkulturelle Wochen ........................... 21 Gesundes Leben auch die Lebensentwürfe der älteren Frankfurterinnen und Frankfurter wer- Kultur in Frankfurt Neue Mittwochsreihe im den immer bunter. Um die Angebote der Amt für Gesundheit ........................... 62–63 Altenhilfe noch besser auf die unterschied- Mahlzeit ............................................... 22–23 lichen Bedürfnisse abzustimmen, möchte Frankfurt und seine Stadtteile ich jetzt mit Ihnen ins Gespräch kommen: Das Sozialdezernat informiert Im November beginnen unsere „Foren Bornheim ............................................ 64–67 Älter werden in Frankfurt“ in den Ein- Foren Älter werden in Frankfurt ............ 24 zugsbereichen der neun Sozialrathäuser. 10 Jahre Frankfurter Programm – Leserecke Aus meiner Sicht gibt es keine Alterna- Aktive Nachbarschaft ....................... 24–25 tive zur Beteiligung der Bürgerinnen und Theater in der Vorweihnachtszeit / Wo war’s – wer war’s? ............................ 68 Bürger an der Willensbildung. Unsere Sommerreisen 2010 .................................. 26 Demokratie lebt davon, dass Entschei- Partizipative Altersplanung .................... 27 Ratgeber dungsprozesse nachvollziehbar sind. Aus dem Seniorenbeirat ......................... 29 Mehr dazu finden Sie auf Seite 24. Tipps und Termine .............................. 70–72 Für Sie gelesen Beratungs- und Vermittlungsstellen ......73 Seit 35 Jahren informiert die SZ nun Rätsel und Impressum ............................. 74 schon über wichtige Themen rund ums Buchtipps .................................................. 28 Älter werden und unterhält ihre Leser- Freizeit und Unterhaltung innen und Leser mit spannenden Ge- Aktuelles und Berichte schichten. Diese gute Tradition wollen Wolfgang Kaus zitiert ............................... 75 wir weiter pflegen. Die Beliebtheit des 35 Jahre Senioren Zeitschrift ...........30–31 „Silberblättchens“ ist nicht zuletzt auf die hohe journalistische Qualität zurück- Medien für Senioren ................................ 32 Friederike Schlegel arbeitet am Abbau von Barrieren.........................35 35 zuführen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich dafür bei der Redaktion und In Frankfurt gehen die Uhren langsamer 36 1974–2009 allen voran bei der verantwortlichen Re- Infobörse Die Senioren Zeitschrift der Stadt Frank- dakteurin Jutta Perino zu bedanken. Ich zum gemeinschaftlichen Wohnen ......... 37 furt wird 35 Jahre alt. Lesen Sie mehr hoffe, liebe Leserinnen und Leser, dass 20 Jahre Senioren Initiative Höchst ...... 39 dazu auf den Seiten 30 bis 31. Ihnen die Lektüre der Jubiläumsausgabe Seniorengerechte Geschäfte .......... 40–41 genauso viel Freude bereitet wie mir. Café Sagenhaft ......................................... 42 Zum Titelbild: Stichwort Internet ............................. 46–47 In Frankfurt zuhause fühlen sich viele Ihre Sport zum Ausprobieren ......................... 47 Menschen – auch, wenn sie woanders geboren wurden. Für das Titelbild zu Kleine Blumenecke diesem Schwerpunktthema haben sich Prof. Dr. Daniela Birkenfeld freundlicherweise Mitglieder von OASI Stadträtin – Dezernentin für Soziales, fotografieren lassen. Foto: Oeser Senioren, Jugend und Recht Blüten auch im Winter ............................ 43 SZ 4/ 2009 3
Titel: In Frankfurt zuhause – Begegnung der Kulturen „Wir haben vergessen zurückzukehren” – Teil 1 (ältere) Menschen mit Migrationshintergrund in Frankfurt am Main und in Deutschland Umschlag des Buchs „Mit Koffern voller Träume…“, Ältere Migrantinnen und Migranten erzählen, herausgegeben vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten in Frankfurt, Brandes & Apsel Verlag. Ausländer, Gastarbeiter, ausländische Mitbürger, Zuwanderer oder Men- schen mit Migrationshintergrund? Mit Zahlen und Definitionen, Migra- tionsgeschichte und- politik, aber auch mit Erinnerungen und Anekdoten in- formiert die Senioren Zeitschrift in dieser und den beiden folgenden Aus- gaben über Menschen, die in einem anderen Land geboren wurden und heute in Deutschland zu Hause sind. „Wir haben vergessen zurückzukeh- ren!“ lautet der Titel des sehr sehens- werten Dokumentarfilms von Fatih Akin über die Migrationsgeschichte seiner Familie aus dem Jahr 2000 (über den Mitschnittdienst des Bayerischen Fern- sehens zu beziehen). Mit dem Satz begründet Mustafa Akin, Vater des Ankunft in Frankfurt. Von „Fremden zu Frankfurtern“ heißt die Dauerausstellung im preisgekrönten Regisseurs Fatih Akin, Historischen Museum. Sie befasst sich mit der Geschichte der Menschen mit dass aus den drei Jahren, die er ur- Migrationshintergrund. sprünglich in Deutschland als Arbeiter verbringen wollte, mehr als 35 Jahre ge- und dringend benötigte Devisen ins (1961), Marokko (1963), Tunesien (1965) worden sind. Und er sinniert weiter: Land zu holen. Nach der Rückkehr der und Jugoslawien (1968). „Hergekommen sind wir in der Kabine „exportierten Arbeitskräfte“, die nach über- eines Flugzeugs auf einem Sitzplatz – einstimmender Vorstellung der Bundes- In allen Anwerbeabkommen gleich war zurück kehren wir im Frachtraum der republik und der Anwerbestaaten nur die Verpflichtung der Arbeitgeber, für Maschine in einem Sarg.“ vorübergehend hier arbeiten sollten, die Unterbringung der Arbeitskräfte zu würden diese zusätzlich durch ihr erwor- sorgen, sie tariflich zu bezahlen und an- 1955, zehn Jahre nach Kriegsende, lag benes Fachwissen die heimische Wirt- gemessen einzuarbeiten. Ausländische die Arbeitslosenquote bei Männern in schaft modernisieren. Arbeitskräfte sollten ohne ihre Familien der Bundesrepublik Deutschland bei 1,8 („lediggehend“) kommen, mussten ge- Prozent. Der Lebensentwurf von Frauen Aus der Vielzahl der Länder, die Arbeits- sund und sollten nicht älter als 35 sah damals Erwerbstätigkeit in der kräfte anboten, suchten die deutschen Jahre sein. Während den Angewor- Regel nicht oder nur vorübergehend vor. Behörden zunächst nur europäische benen aus den späteren EU-Staaten Die Wirtschaftsprognosen verwiesen Staaten aus. Die ersten Anwerbeab- prinzipiell die Möglichkeit des späteren jedoch auf ein weiterhin starkes Wachs- kommen erfolgten mit Italien (1955), Familiennachzugs in Aussicht gestellt tum, sodass für die Folgejahre mit regio- Griechenland und Spanien (1960) sowie wurde, fehlte dieser Passus in den Ab- nalem Arbeitskräftemangel zu rechnen Portugal (1964). Diese europäische Aus- kommen mit der Türkei, Tunesien und war. Wo sollten die benötigten Arbeits- wahl ließ sich jedoch auf Dauer nicht Marokko. kräfte herkommen? durchhalten, da weit weniger Menschen als erwartet und benötigt kamen. Als Die von der Bundesanstalt für Arbeit Gleichzeitig gab es eine Vielzahl von 1961 mit dem Bau der Mauer auch noch entsandten Anwerbekommissionen wähl- Ländern, die ein lebhaftes Interesse da- der Zustrom von Flüchtlingen aus der ten in den Entsendeländern die Arbeits- ran hatten, durch die Abgabe von Arbeits- DDR unterbunden wurde, folgten die kräfte entsprechend den Anforderungen kräften ihren Arbeitsmarkt zu entlasten Anwerbeabkommen mit der Türkei der Unternehmen aus und begleiteten 4 SZ 4/ 2009
Foto: privat So waren die „Gastarbeiter“ in den ersten Jahren teilweise untergebracht. Consuelo Terraza Navascués (3.v.r.) hat Fotos (3): Aufgenommen im Historischen Museum, Frankfurt am Main 1959 als Platzanweiserin im Corso-Licht- spielhaus in Frankfurt Höchst gearbeitet. in der Regel auch die Übersiedlung in land genug verdienen, um zu Hause die Bundesrepublik Deutschland mit etwas Eigenes aufbauen zu können. und Hessen, als Hilfskräfte im Hotel- Sonderzügen sowie die Verteilung auf und Gaststättengewerbe sowie in Klini- die anfordernden Firmen. Dabei kamen entgegen der öffentlichen ken bundesweit, als Näherinnen in der Wahrnehmung bei weitem nicht nur Textilindustrie Süddeutschlands und als Dem Ruf der Anwerbekommissionen Männer. Häufig entschieden sich Frauen folgten diejenigen, die in der Heimat als erste in der Familie, ins Ausland zu Frauenanteil an Arbeitnehmer- keine Arbeit fanden oder in der Land- gehen. Nicht immer waren sie unverhei- vermittlungen nach ausgesuchten wirtschaft kein ausreichendes Einkom- ratet, viele Frauen ließen Ehemann und Nationalitäten im Jahr 1967: men mehr erzielen konnten. Andere Kind(er) zurück. Die Tatsache, dass es Griechenland: 75,5% waren neugierig auf Neues oder wollten bis Ende der sechziger Jahre die soge- Türkei: 48,2 % politischer und ethnischer Diskriminie- nannten Leichtlohngruppen gab, sorgte Spanien: 44,1% rung entkommen. Oder sie wollten der dafür, dass Frauen vor allem für die Portugal: 40,5% Armut ihrer Herkunftsregionen entflie- metallverarbeitende Industrie in Nord- Italien: 2% hen und in der Bundesrepublik Deutsch- rhein-Westfalen, Baden-Württemberg Begriffe im Wandel der Zeit „Gastarbeiter“ wurden die angeworbenen ausländischen derung nach auch Auswanderung aus Deutschland gibt. In Arbeiter beiderlei Geschlechts in den fünfziger- und sechzi- Zeiten der Globalisierung wandern immer mehr Menschen ger Jahren genannt. Sowohl die Angeworbenen als auch Ausbildung und Arbeit hinterher und verbringen zum Teil nur die deutsche Politik gingen davon aus, dass die „Gastarbei- kurze Zeiten in einem Land, bevor sie in ein anderes weiter- ter“ nur vorübergehend in Deutschland arbeiten würden – wandern. vorzugsweise als an- und ungelernte Arbeitskräfte. „Ausländer“ bezeichnet in Deutschland im Gegensatz zu „Ausländische Mitbürger“ ist die Bezeichnung, die ab den „Inländer“ Menschen, die eine andere Staatsangehörigkeit siebziger Jahren vor allem auf Betreiben der Kirchen und besitzen als die deutsche. Spätestens mit den rassistischen Wohlfahrtsverbände verwendet wurde, um deutlich zu Anschlägen der neunziger Jahre wurde jedoch deutlich, dass machen, dass Menschen aus dem Ausland nicht nur hier der Begriff nicht nur beschreibend sondern zunehmend auch arbeiten, sondern auch Teil der Gesellschaft sind und somit ausgrenzend und abwertend verwendet wird. Angebote zur gleichberechtigten Teilhabe benötigen. „Menschen mit Migrationshintergrund“ ist die politisch „Immigranten“ oder „Zuwanderer / Einwanderer“ ist der Be- korrekte Bezeichnung des neuen Jahrtausends. Gemeint griff, mit dem ab den achtziger Jahren Migrantenverbände, sind damit Menschen mit und ohne deutschen Pass, in Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Gruppen dafür deren Familie mindestens eine Person zugewandert ist: stritten, dass Zuwanderung ein unumkehrbarer Prozess und Flüchtlinge, Aussiedler, binationale Familien und Partner- Deutschland de facto zum Einwanderungsland geworden ist. schaften, Studenten und Arbeitnehmer. Es ist ein techni- „Migranten“, also „Wanderer“, ist seit den achtziger Jahren scher Begriff, mit dem sich kaum eine Person tatsächlich gebräuchlich, um deutlich zu machen, dass es neben Zuwan- identifiziert. SZ 4/ 2009 5
Titel: In Frankfurt zuhause – Begegnung der Kulturen Mit Consuelo Terraza Navascués fand im No- Dass auch viele Frauen zum Arbeiten nach Deutschland kamen, war in den vember 1960 ein Interview mit Mitarbeitern des ersten Jahren kaum bekannt. Höchster Kreisblattes statt. Foto: privat Foto: aus dem Buch „Mit Koffern voller Träume...” Arbeiterinnen in der Konserven- und Ge- Anne von Oswald (Hg.): 50 Jahre Bun- stättengewerbe auf Helgoland einge- nussmittelindustrie Niedersachsens ange- desrepublik, 50 Jahre Einwanderung, setzt waren, sehr lobend: „Sie waren worben wurden. Campus Verlag Frankfurt 1999, S. 285ff). überdurchschnittlich arbeitswillig, und In Frankfurt und Umgebung waren aus- vor allem achteten sie den Gästen ge- Zwischen 1960 und 1973 versechzehn- ländische Arbeitnehmer damals haupt- genüber stets auf eine sympathische fachte sich die Zahl der ausländischen sächlich bei Firmen wie Triumph Adler, Zurückhaltung und ein einwandfreies Arbeitnehmerinnen in der Bundesrepu- VDO, Hartmann & Braun, Farbwerke Benehmen. Man hat den Eindruck, dass blik von rund 43.000 auf 706.000, ihr Hoechst oder Adam Opel AG beschäf- für diese Frauen und Mädchen, die Anteil an der Gesamtzahl der ausländi- tigt. Diese Unternehmen setzten jeweils von ihrer Heimat her an strenge Sitten schen Arbeitnehmer verdoppelte sich in auch einen hohen Anteil weiblicher Be- und patriarchalisches Denken gewohnt diesem Zeitraum von 15 auf über 30 Pro- schäftigter ein. waren, solche Korrektheit noch eine zent (alle Zahlen zur weiblichen Migra- Selbstverständlichkeit ist.“ Fortsetzung tion sind entnommen: Mattes, Monika: Die Zeitschrift „Frau und Beruf“ äußerte folgt in der Senioren Zeitschrift Aus- Zum Verhältnis von Migration und Ge- sich im Heft 5 / 6 1963 über spanische gabe 1 / 2010. schlecht, in: Jan Motte, Rainer Ohliger, Arbeiterinnen, die im Hotel- und Gast- Sabine Kriechhammer-Yagmur Frankfurterinnen und Frankfurter ausländischer Herkunft (Nach: Jahrbüchern des Amts für Wahlen und Statistik der Stadt Frankfurt am Main) 1955: 10.340 (1,7%) 1965: 52.279 (7,6%) 1975: 116.494 (18,1%) 1985: 136.579 (22,3%) 1995: 187.840 (28,8%) 2005: 166.665 (25,4%) 2007: 164.281 (24%) davon waren: 7.879 zwischen 60 und 65 Jahren alt (24% der Gesamtaltersgruppe) 5.940 zwischen 65 und 70 Jahren alt (17%) 3.824 zwischen 70 und 75 Jahren alt (14,5%) 1.940 zwischen 75 und 80 Jahren alt (10%) 965 zwischen 80 und 85 Jahren alt (6,2%) Türkische und griechische Spezialitäten wurden schon in den 531 über 85 Jahre alt ( 4%) 60er Jahren in der Kleinmarkthalle angeboten. 6 SZ 4/ 2009
Anzeige In Zeitungsberichten im Wandel der Zeit Alle Zitate entstammen der Frankfurter Das kleinste Rundschau vom 14. Dezember 2005 „Es wird sich bei italienischen Arbeits- kräften hauptsächlich um Saisonarbeiter Hörgerät der Welt. mehr ungelernten Charakters handeln.“ Wirtschaftsminister Ludwig Erhardt 1954 ✦✦✦✦✦ „Soweit die Süditaliener nicht unser Kli- ma scheuen, sind sie anpassungsfähiger Das Gerät ist auf Grund und arbeitswilliger, als erwartet wurde.“ Leitartikel der FAZ, 28. August 1959 seiner Platzierung im Gehörgang nicht sichtbar. ✦✦✦✦✦ „Wir wären froh, wenn wir in unserem Zu erhalten bei Hörakustik Land nicht gezwungen wären, soviel Pietschmann. Ausländer... zu beschäftigen. Nun sind Sie aber da, wir brauchen Ihre Hilfe, und Sie sollen es so gut haben,... wie es ein HÖREN KÖNNEN IST Gast erwarten darf. Vergessen Sie nur EIN GESCHENK. nicht, Deutsche denken etwas anders als Portugiesen, und Portugiesen empfinden manches anders als Deutsche. Das kann man nicht ändern.“ Wir helfen Ihnen, Das Handelsblatt vom 11. September 1964 Ihrem Ziel näher zu begrüßt den einmillionsten Gastarbeiter. kommen. ✦✦✦✦✦ „Den im Bundesgebiet arbeitenden Ita- lienern soll mit höflich abgefassten Handzetteln nahegebracht werden, dass es in Deutschland verboten und strafbar hörakustik Jens Pietschmann ist, Singvögel zu fangen oder zu töten.... Basaltstraße 1 (Dem) Bund für Vogelschutz ist in letzter 60487 Frankfurt/M. Bockenheim Zeit bekannt geworden, dass italienische Arbeiter... ihre Speisezettel, heimischem E-mail: J. Pietschmann@gmx.de Brauch folgend, durch selbstgefangene Singvögel bereichern.“ Frankfurter Rundschau, 10. November 1960 ✦✦✦✦✦ „Eine Reise in den Süden ist für andre schick und fein, doch zwei kleine Italiener möchten gern zu Hause sein. / Zwei kleine Italiener, die träumen von Napoli, von Tina und Marina, die war- ten schon lang auf sie. / Zwei kleine Italiener vergessen die Heimat nie, die Palmen und die Mädchen am Strande von Napoli.“ Vereinbaren Sie einfach einen Termin unter: 069/97 07 44 04 Conny Froboess im deutschen Grand-Prix- Beitrag 1962 (Text von Georg Buschor) ✦✦✦✦✦ „Nachdem ein Bäckermeister in der hes- sischen Stadt Wächtersbach vom italieni- schen Gastarbeiter Pietro L.... mit dem Messer attackiert worden war, weil er den Ihr Team: Schlager ‚Zwei keine Italiener’ gesungen Wir hören Ihnen zu. hatte, forderten die 14 Vereine der Stadt, Wir finden die beste Lösung. die sofortige Ausweisung sämtlicher Wir bleiben in Kontakt. Angehöriger der Familie L... sowie aller zu dieser Sippe gehörenden Personen.“ Hohlspiegel, Der Spiegel Nr. 48, 1963
Titel: In Frankfurt zuhause – Begegnung der Kulturen Salvatore d’Orio B ockenheim ohne ihn ist unvor- stellbar. 36 Jahre lang prägten er und seine Frau Francesca mit ihrem italienischen Lebensmittelge- schäft, in dem vom feinsten Olivenöl über erlesene Weine bis hin zum Pane italiano alles in hervorragender Qualität zu finden war, das Bild der Leipziger So kannte man Salvatore d´Orio Straße. Seine Sachkenntnis und Freund- in seinem Lebensmittelgeschäft. lichkeit sicherte ihm Kunden weit über Foto: Ungarisch Bockenheim hinaus. Die Arbeit auf den Baustellen war schwer bensmittelgeschäft in der Friesengasse Stationen des Lebenswegs und ungewohnt. Dennoch gelang es 14. Zum 1. April 1977 zog er in die Leip- von Salvatore d’Orio ihm, den Polier von seinen Qualitäten zu ziger Straße 83 , Ecke Mühlgasse um. überzeugen, sein Stundenlohn wurde Mit wachsendem geschäftlichen Erfolg Geboren wurde er am 15. Dezember rasch um 50 Pfennige erhöht. Als er entschied sich Salvatore d’Orio dazu, zu 1933 als jüngster von drei Brüdern in erneut eine Gehaltserhöhung forderte, investieren. Er kaufte 1984 zwei Häuser Solerino bei Siracusa in Sizilien / Italien. wurde ihm unterstellt, Kommunist zu in der Florastraße und verpflichtete sich, Im landwirtschaftlichen Betrieb des sein und er wurde zum italienischen sie zu sanieren. An den damit verbunde- Vaters, dem auch ein Lebensmittel- Generalkonsulat beordert. Der Vorwurf nen Belastungen trägt er noch heute. handel angegliedert war, arbeitete er erwies sich als haltlos. bereits früh mit. 1958 heiratete er Salvatore d’Orio war zufrieden. Zusam- Francesca. Inzwischen Vater zweier Der gebürtige Sizilianer fand eine ande- men mit seiner Ehefrau stand er von kleiner Söhne, stand er vor dem wirt- re Firma, bei der er ab November 1961 früh bis spät an der Theke, hatte Kunden schaftlichen Aus, als die legendäre tätig war, 3,20 DM pro Stunde verdiente in ganz Deutschland. Seine Kenntnis fei- „Sole Leone“ (Löwensonne) mit mör- und sich bis zum Polier hocharbeitete. ner Olivenöle ist legendär. Er erinnert derischen Temperaturen innerhalb von Wegen berufsbedingter Rückenproble- sich: „Die Arbeit in meinem Geschäft vier Tagen 1960 die gesamte Ernte der me wurde er 1965 zum Industriemecha- verschaffte mir große Befriedigung, weil Familie versengte. niker umgeschult und arbeitete dann bei ich vielen intelligenten und freundlichen der Firma Braun AG bis zu deren Über- Kunden und Kundinnen begegnet bin. Salvatore d’Orio wollte auswandern, nahme durch Gillette. Anschließend Sie arbeiteten an der Uni oder im Stadt- prüfte verschiedene Möglichkeiten: USA, wurde er in der chemischen Schmelze- teil. Manche Produkte, die sie sich Australien. Dann erfuhr er, dass in Deut- rei der Degussa tätig. wünschten, waren nicht leicht zu be- schland Arbeitskräfte gesucht werden schaffen – aber es hat mir immer Freude und bewarb sich im Januar 1961 bei der Salvatore d’Orio wohnte weiter in Wohn- gemacht, es zu versuchen und schließ- deutschen Anwerbekommission in Nea- heimen, schließlich in einer Wasch- lich erfolgreich zu sein.“ pel. Die Firma Strassing aus Kassel küche in Sossenheim. Seine Frau war suchte Rohrleger und Kanalarbeiter und auch ein Jahr als Arbeiterin in Frankfurt, Im April 2002 verstarb Francesca nach entschied sich für ihn und andere musste aber an einem anderen Ort 44 gemeinsamen Ehejahren völlig uner- Kollegen aus Siracusa. Als Gruppenlei- wohnen. Die beiden Söhne besuchten wartet an Herzversagen. Sie wurde auf ter war er für die Zugfahrt der Gruppe in dieser Zeit ein Internat in Italien. dem Bockenheimer Friedhof beigesetzt. nach Lörrach verantwortlich. Von dort Salvatore d’Orio, geschwächt durch ging es zu fünfzehnt nach Frankfurt wei- 1969 gelang es Salvatore d’Orio nach harte körperliche Arbeit und die Not- ter. Im Zug lernte Salvatore d’Orio einen mehrmonatigen vergeblichen Versuchen, wendigkeit, sich einer Herz-OP zu unter- Pfarrer kennen, der italienisch sprach eine Wohnung zu finden. In der Falk- ziehen, schloss sein geliebtes Lebens- und sich anbot, die Gruppe bis Bad Orb, straße richtete er sich mit gebrauchten mittelgeschäft nach 36 Jahren im April wo der Fahrer der Firma am Bahnhof Möbeln ein Zuhause für sich und die 2007. Noch heute rufen ihn Kunden an wartete, zu begleiten. Familie ein. Er holte Frau und Kinder nach und fragen, ob er nicht weitermachen Frankfurt. Die Söhne, bis dahin Internats- will. „Hätte ich die Kräfte, würde ich wohl Salvatores d’Orios erste Einsatzstelle schüler, besuchten zunächst die Sophien- weitermachen!“ sagt er. ab dem 17. März 1961 war der Golfplatz schule und konnten dann auf weiterfüh- in Niederrad. Mit 15 anderen Arbeitern rende Schulen wechseln. Beide haben Frankfurt ist sein Zuhause geworden, bewohnte er ein Zimmer in der „Arbeiter- Lehren absolviert und sind heute als Kauf- die Geschwister in Italien sind tot. Seine schule“ an der Lehrbaustelle und ver- leute tätig. Sie leben mit Partnerinnen Söhne und Enkelkinder leben hier. Und diente 2,68 DM pro Stunde. Jeden und Kindern ebenfalls in Frankfurt. er wird irgendwann neben seiner Frau Abend las er 15 bis 20 Minuten lang in auf dem Bockenheimer Friedhof bestat- einem deutschen Wörterbuch und sagte 1971 erfüllte sich Salvatore d’Orio sei- tet werden. die neu erlernten Wörter auf. nen Traum: Er eröffnete sein erstes Le- Sabine Kriechhammer-Yagmur 8 SZ 4/ 2009
Im Gespräch Zwanzig Jahre „Multikulti” Im Juli 1989 richtete der Magistrat der Stadt Frankfurt das Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) ein. Seine Aufgabe: das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Nationalität, Herkunft und Religiosität zu fördern. Seit 1998 arbeitet Helga Nagel im AmkA, dessen Leitung sie 2002 über- nahm. Die im Hintertaunus geborene, studierte Germanistin, Romanistin und Politikwissenschaftlerin war zuvor jahrzehnte- lang im Bereich Erwachsenenbildung tätig und äußert sich im Gespräch mit Lore Kämper zu Fragen der Migration. Helga Nagel Foto: Oeser SZ: Das AmkA feiert sein zwanzigjähri- Schritte voran gekommen. Beispielswei- selber. In dieser Zeit dieses Amt zu ges Bestehen. Ist es eine der ersten se, was die Wahrnehmung der Vielfalt in gründen, das war schon seiner Zeit weit Institutionen dieser Art? dieser Stadt und ihrer Angebote angeht. voraus. Wenn man sich das Land Nagel: Es war die allererste Einrichtung anschaut und überlegt, ab wann das in der Bundesrepublik überhaupt und ist SZ: Frankfurt ist ja eine besonders inter- Thema Integration und Einwanderung dokumentiert und bekannt geworden nationale Stadt. Wie viele Nationalitäten fokussiert wurde, das war erst Ende der als „Modell Frankfurt“. Bereits meine Vor- leben denn überhaupt hier? Neunziger. Ein wichtiges Merkmal der gängerin im Amt (Rosi Wolf-Almanasreh Nagel: Ich kann’s in Prozentzahlen sa- Frankfurter Politik war, dass man früher d.Red.) hat bei vielen Gelegenheiten gen. Etwa 25 Prozent der Gesamtbevöl- als andere Städte diese Themen als daran erinnert, dass Frankfurt für andere kerung sind Ausländer. Das ist ein sehr Realität wahrgenommen und gestaltet Städte eine Art Geburtshilfe geleistet hoher Anteil, der allerdings leicht zurück- hat. So datiert die Frankfurter Erklärung hat. Es ist auch immer noch Tradition, geht. Das hat damit zu tun, dass es zu Rassismus und Antisemitismus be- dass zu vielen unserer Projekte Nachfra- bereits eine große Gruppe von Frank- reits in die frühen neunziger Jahre. Und gen anderer Kommunen kommen und furtern mit deutschem Pass gibt, Spät- zwei Jahre nach seiner Gründung wurde dass man sie sehr gern übernimmt. aussiedler, Eingebürgerte. Sie werden das Amt offiziell Antidiskriminierungsstelle. in der Statistik als Deutsche gezählt, Sie SZ: Zum Beispiel? müssen also zu den 25 Prozent noch SZ: Wir sollten unbedingt noch das The- Nagel: Ein Beispiel, das nicht nur natio- einmal rund dreizehn Prozent zählen, ma ältere Einwanderer ansprechen. nal, sondern auch international buch- wenn Sie auf den Anteil an Frankfurtern Nagel: Ja, hier stehen wir vor großen stäblich Schule gemacht hat, ist unser mit dem so genannten Migrationshin- Herausforderungen, da bekanntlich we- Programm „Mama lernt deutsch – Papa tergrund kommen wollen. sentlich mehr Ausländer in Deutschland auch“, das wir uns vor über zehn Jahren bleiben als erwartet. In unserem Amt ausgedacht haben. SZ: Und wie viele unterschiedliche Na- gibt es eine eigene Stelle „Alter und tionalitäten leben hier? Migration“, die koordiniert und vermit- SZ: Ist das Projekt erfolgreich? Nagel: Etwa 170 bis 175, das ändert telt. Ich möchte hier den Begriff „kultur- Nagel: Ausgesprochen erfolgreich. sich immer wieder mal. sensibel“ einbringen, soll heißen, in Al- tenheimen und -einrichtungen muss der SZ: Es ist oder war doch sicher gar nicht SZ: Den größten Anteil stellen wohl die Service so gestaltet werden, dass man so einfach, an die „Mamas“ heran zu Türken? individuell auf die Bedürfnisse der Be- kommen? Nagel: Das hat damit zu tun, dass Ju- wohner eingehen kann. Außerdem Nagel: Eben, und der wesentliche Teil goslawien in Teile zerfallen ist. So sind kommt der ambulanten Pflege künftig des Programms war, andere Zugangs- die Türken die größte Gruppe, die zweit- noch größere Bedeutung zu. Es gibt da wege zu den Frauen zu finden. Wir größte die Italiener, dann Kroaten, Ser- bereits gute Beispiele, etwa einen Pfle- haben da mit Schulen und Kindertages- ben und die Polen. gedienst, gegründet von einer Frankfur- stätten vor Ort zusammen gearbeitet, terin mit afghanischen Wurzeln. und das hat sich sehr bewährt. SZ: Wie werden Sie denn ihr Zwan- zigjähriges feiern? SZ: Nach zwanzig Jahren nun ein Aus- SZ: Ziel des Amtes ist es erklärtermaßen, Nagel: Also, da gibt es eine Publikation, blick in die Zukunft? zu informieren, zu beraten, zu vernetzen in der wir unsere Entwicklung doku- Nagel: Wir werden wohl künftig anders und Diskriminierung zu verhindern. Sind mentieren. Man kann ja wirklich einige auf das Thema Migration schauen müssen Sie diesen Zielen näher gekommen Meilensteine nennen. Man muss sich und nicht mehr nach Herkunft, Mehrhei- oder haben Sie sie gar schon erreicht? zum Beispiel klar machen, dass 1989 ten und Minderheiten unterscheiden, son- Nagel: Solche Dinge sind ja immer das Jahr der Wiedervereinigung war, dern nach sozialen und kulturellen Milieus. Prozesse, und von Erreichen würde ich und die Bevölkerung dieser Republik Jedenfalls dürften wir noch für mindestens da nie sprechen. Aber natürlich sind wir beschäftigte sich vorwiegend mit sich zwanzig weitere Jahre Arbeit haben. 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Porträt Leben mit und zwischen zwei Kulturen Heidemarie Pandey hatte zwar in ihrer Ehe mit einem indischen Staatsange- hörigen keine größeren Probleme mit deutschen Behörden. Aber mit der Er- ziehung zweier Söhne ihres Mannes, die bei der Heirat 17 und zehn Jahre alt waren, hatte sie doch eine nicht geringe Herausforderung angenommen. 1975 stieß sie zur IAF, weil es sie interessier- te, wie andere bikulturelle Paare ihr Leben gestalteten. Dass daraus eine langjährige ehren- und hauptamtliche Tätigkeit werden sollte, ahnte sie da- mals noch nicht. Kinder werden Deutsche Als erste „Großtat” konnte sich die IAF, die heute Verband bikultureller Partner- schaften heißt, zugute halten, dass sie zur Änderung des Staatsangehörigkeits- rechts beigetragen hatte. Endlich konn- ten in Deutschland geborene Kinder auch dann Deutsche werden, wenn die Mut- ter Deutsche war und nicht nur, wie bis dahin, wenn der Vater die deutsche Staatsangehörigkeit hatte. Ein Ehepaar mit bewegter Geschichte: die Pandeys. Foto: wdl Vieles von dem, was die IAF-Gründer- innen damals bewegte, sind „Dauer- „Ich bin ein glücklicher Mensch, ich verwirklichte sich, wenn auch anders brenner” bis heute: Welchen Status ha- habe ein Leben ohne Stress” – wenn als geplant. Nicht Korrespondentin ben Menschen, die über Drittstaaten Indu Prakash Pandey seinen Alltag wurde sie in Indien. Dafür wurde sie einreisen? Wie sieht es mit der Fami- beschreibt, versteht man, was er „Inderin ehrenhalber”, nämlich PIO lienzusammenführung aus, oder ist der meint. Arbeit und Leben waren und (Person of Indian Origin), ein Titel, der Aufenthalt gesichert? sind für den heute 85-Jährigen immer Ehefrauen indischer Staatsbürger zuge- eine Einheit. standen wird. Heute lebt das Paar meh- Mit den unterschiedlichen Formen des rere Monate im Jahr in seiner Wohnung interkulturellen Zusammenlebens be- Schon als junger Mensch stand für den in Nordindien am Ufer des Ganges und schäftigte sich Heidemarie Pandey auch Mann aus dem indischen Norden fest, das übrige Jahr in seiner Wohnung in nach ihrem Ausscheiden aus dem Jour- dass er Lehrer werden wollte. An unter- Schwalbach. nalistenberuf, als sie im Alter von 38 schiedlichen Orten in aller Welt hat er Jahren ein Soziologiestudium begann. seine Muttersprache Hindi und indische Als die beiden 1973 heirateten, war ein In mehreren Büchern zur bikulturellen Literatur gelehrt. Auch an der Frankfur- Jahr zuvor die Interessengemeinschaft Erziehung und interkulturellem Lernen ter Universität, wo er von 1967 an bis zu der mit Ausländern verheirateten deut- fanden ihre eigenen Erfahrungen und seiner Pensionierung im Jahr 1989 als schen Frauen (IAF) gegründet worden. die aus der IAF-Arbeit später ihren Nie- deutscher Beamter mit indischer Staats- „Generalpräventiv”, wie es damals hieß, derschlag. angehörigkeit tätig war, hat er wissen- waren zahlreiche Palästinenser aus schaftliche Arbeit und Lehrveranstaltungen Deutschland – oft bei Nacht und Nebel – Indu Pandey war bei den IAF-Aktionen stresslos bewältigt. Dort lernte er auch ausgewiesen worden, nachdem arabi- und- Veranstaltungen immer dabei, häu- seine Frau Heidemarie kennen, mit der sche Attentäter die israelische Olympia- fig als einziger Mann unter Frauen. er seit 1973 verheiratet ist. mannschaft in München überfallen hat- ten. Rosi Wolf-Almanasreh, betroffene 1985 gründete das Ehepaar Pandey ge- Die frühere Agenturjournalistin hatte Ehefrau und spätere erste Leiterin des meinsam das Indische Kulturinstitut in einen Traum: Korrespondentin in Indien. Frankfurter Amtes für Multikulturelle Frankfurt, in dem beide lange Jahre lehr- Beim Hindi-Unterricht an der Frankfur- Angelegenheiten, schuf eine Selbsthilfe- ten. Ebenfalls gemeinsam übersetzten ter Uni lernte sie dann ihren späteren organisation, die sich für die Rechte sie indische Romane. Dabei galt und gilt Mann kennen. Der Traum von Indien bikultureller Familien einsetzte. das Interesse von Indu Pandey vor allem 10 SZ 4/ 2009
Titel: In Frankfurt zuhause – Begegnung der Kulturen der Literatur von indischen Frauen. In seinem Buch „Die Was ist das Geheimnis dieser bikulturellen Ehe, die mehr als Pockengöttin” etwa hat er Fastenmärchen der Frauen von 36 Jahre andauert? „Das gleiche wie bei einer deutsch-deut- Awadh gesammelt und dann gemeinsam mit seiner Frau ins schen Ehe”, schmunzelt Heidemarie Pandey. Konflikte er- Deutsche übersetzt. In mehreren wissenschaftlichen Werken wachsen ihrer Meinung nach aus Unsicherheiten im Umgang hat er sich ebenfalls mit Frauenliteratur befasst. miteinander. Und die gebe es genauso in deutsch-deutschen Ehen. „Nach so langem Zusammenleben aber hat man Sicher- Vom Idealbild entfernt heit gewonnen”, so ihre Erfahrung. Und auf dem Schreibtisch von Heidemarie Pandey wartet Hat Indu Pandey manchmal Sehnsucht, das Alter ganz in der ebenfalls ein besonderes Projekt: Sie hat indische Kurz- Heimat zu verbringen? Er ist zufrieden damit, nur zeitweise in geschichten zum Thema Alter und Altern gesammelt, die sie sein Land zurückzukehren. „Die Gesellschaft dort hat sich auch in deutscher Sprache herausbringen möchte. Denn auch in verändert”, sagt er. Vieles sei anders als in der Erinnerung. Indien, so stellt sie bei ihren Aufenthalten dort immer wieder Und nicht zuletzt wisse er die Annehmlichkeiten des Lebens in fest, entfernt sich die Realität des Alters immer mehr vom Deutschland zu schätzen. Lieselotte Wendl vorherrschenden Idealbild der Großfamilie. „Mit Behinderung leben” Anzeige Arbeitskreis „Ältere Migrantinnen und STOP für Osteoporose und HERZTOD ... Migranten” lädt zum Workshop ein Diese Entdeckung hat den Nobelpreis verdient! D er Frankfurter Arbeitskreis „Ältere Migrantinnen und Dr. Reinhard Hittich Migranten” initiiert jährlich Workshops zu aktuellen ge- sellschaftlichen Themen. 1997 fand der erste Workshop Doppelsensation für Herz und unter dem Motto: „Älter werden in der zweiten Heimat Knochen! Stellen Sie sich vor: Frankfurt/M.” statt. Die Veranstaltungen sind stets gut besucht. In Ihrem Körper gibt es einen Weichensteller, der die Weichen neu stellt: Zwingt den Kalk raus aus den Das Besondere an den Workshops ist, dass nicht über die € 14,90 Migrantinnen und Migranten gesprochen wird, sondern dass G R AT IS Arterien und rein in die Knochen! Fachleute mit Betroffenen und Interessierten zusammen- kommen. Für das Verständnis und den besseren Dialog unter- D ieses gebundene Buch enthüllt auf 56 Seiten die Sensation für gesunde Arterien und Knochen! Arterien- Verkalkung ist der größte Risikofaktor, nicht Cholesterin! einander stehen in der Veranstaltung Übersetzer zur Verfü- Erfahren Sie alles über das sensationelle Vitamin mit der gung. Nur so kann gewährleistet werden, dass Interessierte unglaublichen Kraft, die Weichen für Kalk richtig zu stellen. und Betroffene Informationen bekommen und ihre Wünsche Forscher sind hell begeistert! Die Rotterdam-Studie mit und Bedürfnisse mitteilen können. Daraus können sich pra- 4.807 Teilnehmern berichtet statistisch klipp und klar: xisnahe und bedürfnisorientierte Angebote entwickeln, und 1. Risiko fürs Herz halbiert für die Fachleute werden so auch Handlungsempfehlungen 2. Lebenserwartung erheblich verlängert deutlicher und transparenter. Die Diskussionsrunden beste- Herzlichst, Angebot nur hen aus drei Arbeitsgruppen, die sich aus Fachpersonen, Über- 2 Wochen gültig! setzern und Protokollanten zusammensetzen. Die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen werden für den späteren Dokumen- Dr. Reinhard Hittich, Bio-Chemiker tationsbericht protokolliert. PS: Fordern Sie das neue Buch gratis und unverbindlich an. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Veranstaltung stets eine 0800 - 1 827 298 gebührenfrei GRATIS Buch-Gutschein Ausfüllen. Ausschneiden. Abschicken! wichtige Schnittstelle für Fachdienste und Interessierte ist, um Kontakte herzustellen. Die Geschäftsführung für den Frank- furter Arbeitskreis „Ältere Migrantinnen und Migranten“ wird Ja! Schicken Sie mir gratis und unverbindlich das neue Buch „STOP für Osteoporose und HERZ- TOD“ im Wert von € 14,90. Ich bezahle lediglich € 1,65 für von der Beratungsstelle HIWA wahrgenommen. Der Arbeits- Versand: bitte auf Rechnung liegt in Briefmarken bei kreis ist seit zehn Jahren tätig und vernetzt alle Angebote in Absender Frau Herr Frankfurt. Zudem vereint er als Multiplikator und Vernetzer alle Verbände, Vereine und Selbsthilfegruppen sowie die Po- Name, Vorname litik. Sein Augenmerk richtet er auch auf die institutionelle Be- Str. Nr. ratung und die Vernetzung. PLZ, Ort An Dr. Hittich Gesundheits-Mittel Workshop „Mit Behinderung leben“ am 4. Dezember Postfach 500 462, 52088 Aachen von 12 bis 15 Uhr im Haus der Jugend, Großer Saal, GRATIS Fax 0800 - 310 32 36 Deutschherrnufer 12, 60594 Frankfurt /M. Aktions-Nr. N91A2039-7 SZ 4/ 2009 11
Titel: In Frankfurt zuhause – Begegnung der Kulturen Zwei goldene Kreuze für zwei engagierte Frauen Orientierunglosigkeit und Minderwer- tigkeitsgefühle.“ Oft fehle ihnen jeder familiäre und religiöse Halt mitsamt „sichernden Grenzen und Regeln, Nor- men und Werten“. Die kriminelle Tat aus Mangel an Empathie (Einfühlung) mit Gewaltopfern sei dann Krisensignal und Hilferuf. Die Gruppenarbeit wirke mit persönlichkeitsbildender Selbstreflexion dagegen. Der therapeutischen „Suche Anna Mangano. Foto: Hladek Lala de Brito. Foto: privat nach der Hand des Vaters“ liege die Hoffnung zugrunde, dass die Hilfe kein W as haben ein Frauenkongress Caritas und setzt diese Tätigkeit noch in Tropfen auf dem heißen Stein sei, son- und ein Treff für Migrantinnen Altersteilzeit bis 2011 fort. Ihr Schwer- dern heile wie ein Tropfen Medizin. gemeinsam? Was eine Erzähl- punkt ist indes ein anderer: jugendliche runde der ersten „Gastarbeiter“-Gene- Straftäter italienischer Sprache. Was die Anna Manganos Job dabei ist zunächst ration mit ihrem Koffer voller Träume gebürtige Sizilianerin für ihre Arbeit in die Jugendgerichtshilfe. Dazu analysiert mit interkulturellen Nachbarschafts- der Jugendgerichtshilfe qualifiziert, sind sie mit Jugendlichen die Vorgeschichte treffs oder psychosozialer Beratung älte- das Jurastudium an der Universität der Straftat, schält das Problem heraus rer Migranten? Catania und die Fachausbildung an der und spricht mit dem Umfeld, tritt vor katholischen Fachhochschule Freiburg. Gericht für den Täter ein, empfiehlt das All diese Veranstaltungen und Projekte Ebenso wichtig ist ihr leidenschaftlicher Jugend- oder Erwachsenenrecht zur An- haben ihren Ort in Frankfurt. Beteiligt Einsatz für die Jugendlichen, für die sie wendung und schlägt Maßnahmen vor – war in jedem Fall Lala de Brito, portugie- vor Gericht kämpfte wie eine Löwin. wie zum Beispiel die Seminarteilnah- sische Mitarbeiterin im Team Stadtmitte Wer ihr einmal begegnet ist, den ver- me. Dass sich die Gewalttaten verschärft des Caritas-Fachdienstes für Migration: zaubert ihr freundlich scheues Lächeln. haben, steht für sie fest. Seit Jahrzehn- teils als Anlaufstelle, teils als Modera- Dass es sie nach Deutschland zog, lag an ten seien Vereinzelung und psychische torin oder Organisatorin, aber immer als ihrem Erfahrungsdurst, wie sie erzählt. Störungen angewachsen: „Das spiegelt Caritas-Mitarbeiterin mit dem Schwer- „Dann bin ich einfach geblieben.“ Nach eine Krise der Gesellschaft.“ Strafen sei punkt Migranten portugiesischer und Frankfurt kam sie anfangs durch ein Stu- da zuwenig, denn die Gesellschaft trage spanischer Sprache, später besonders dienpraktikum. für viele der Ursachen – zerrüttete Frauen. Ein Engagement, das ihr Aner- Familien, selektive Schulstrukturen, die kennung und zuletzt das Goldene 35 Jahre ist das heute her. Rückblickend Gewaltneigung verachteter Sonder- Caritas-Kreuz eingetragen hat. Den Weg ist die Zeit nur so verflogen. Man denke schüler – eine Mitverantwortung. nach Deutschland fand die 1948 gebore- nur an ihre Diplomarbeit über die Vaterfi- ne de Brito recht früh. Bis 1971 hatte sie gur in der Emigration. In Frankfurt knüpfte Mangano hilft Migranten nicht nur. Sie in ihrer Heimat, die damals eine Diktatur sie bis zuletzt daran an und entwickelte ist auch eine. So sehr sie Sizilien und war, bereits als Sozialarbeiterin der mit Karl Wolf, einem Psychoanalytiker auch Griechenland liebe, sei es für sie Caritas gearbeitet und musste aufgrund und Priester, Seminare für Jugendliche, wichtig gewesen, in Deutschland zu dieser Arbeit mit armen Barackenbe- in denen diese erwachsenen Straffälli- bleiben. Das habe ihren Horizont erwei- wohnern um ihr Leben, zumindest ihre gen der Vollzugsanstalt Diez begegne- tert. „Ich kenne Frankfurt mehr von den Gesundheit, fürchten. „Ich wollte weg, ten, wobei insbesondere die schwierige sozialen Störungen, der Kriminalität, raus aus Portugal.“ Die Chance, zur Cari- Vaterrolle von Jugendlichen mit Migra- den interkulturellen Konflikten her“, gibt tas nach Mainz und später nach Frank- tionshintergrund thematisiert wurde. sie zu, „das hat meinen Blick geprägt. furt zu gehen, kam ihr also gerade recht. Ein Ansatz, um den kaum herumzu- Diese Arbeit frisst deine Energien auf. Bedauert hat sie diesen Schritt nie: kommen war, weil die Verunsicherung Seit ich nur noch in Teilzeit bin, fühle ich „Das mit der Heimat ist so eine Sache. durch ein prekäres Verhältnis zum Vater aber auch einen Entzug der ganzen Welt Mein Wohnsitz ist und bleibt Frankfurt, oft den Weg in die Straffälligkeit mit aus Justiz und Jugendhilfe.“ Was ihr in auch jetzt in der Teilzeitarbeit – immerhin sich brachte. Deutschland am ehesten fehle? „Die hat mein Mann hier zu tun. Seit ich nicht Sonne – vor allem in den Kontakten. Zwi- mehr Vollzeit arbeite, reise ich aber wohl „Es ist nicht so, dass ich hassen will“, schenmenschliches ist in Sizilien anders, etwas öfter nach Portugal, wo meine hieß 2008 eine Ausstellung im Frank- wärmer. Ich bin froh, geblieben zu sein, Mutter und die ganze Familie leben, und furter Haus am Dom, die die Seminare aber ich habe einen Preis bezahlt. Ich bleibe etwas länger da.“ von Mangano und Wolf durch Bilder und wurde ohne Clan groß und habe hier Texte der Jugendlichen vorstellte. „Die keine Familie.“ Und in Zukunft? „Ach, ich Auch Anna Mangano wurde das Goldene Lebensgeschichten der Jungen“, so werde pendeln“, lacht sie: „Frankfurt – Kreuz des deutschen Caritasverbandes Mangano damals, „zeigen oft Leere und Sizilien – und Griechenland.“ verliehen. Seit 1974 arbeitete sie für die Ohmacht, Freudlosigkeit und Kälte, Marcus Hladek 12 SZ 4/ 2009
Laut, aber herzlich Internationaler Seniorentreff erhält Altenhilfepreis Lauschig geht es zu in der Albanusstraße in Höchst. Fachwerkhäuser schmiegen sich aneinander, hier und da läuft mal jemand über die Kopfstein gepfla- sterte, schmale Straße. Über der Tür der Hausnum- mer 3 hängt ein rotes Schild. „Caritas” steht darauf. Die Tür steht offen. Wer eintritt, ist mitten drin. Mitten im interkulturellen Seniorentreff Oasi. Vorbei ist es mit der Lauschigkeit. Hier Miteinander gestalten Bei Oasi lernen sich die unterschiedlich- herrscht Piazza-Atmosphäre. Laut geht sten Menschen kennen und unternehmen es zu. Zumindest freitags. Denn dann Voneinander lernen, miteinander gestal- gemeinsam etwas – zum Beispiel einen ist Frauenfrühstück. In dem knapp 30 ten, die Kultur des anderen verstehen, Ausflug an den Main. Foto: Oeser Quadratmeter großen Raum sitzen gemeinsam Spaß haben, das ist das Ziel Frauen aus Deutschland, Spanien und von Oasi. „Die Senioren erleben hier Frankfurt und arbeitete bei den Farb- Italien zusammen, reden über die Hei- Gemeinschaft, fühlen sich aufgehoben, werken als Ausländerbetreuer. Heute, mat, Freunde und Alltagssorgen, essen treffen sich auch im Stadtteil wieder”, im Ruhestand, berät er unter anderem belegte Brötchen und trinken Kaffee. beobachtet Rosa Meneses-Grohnwald. ehrenamtlich bei Oasi Migranten zum „Hier kann jeder herkommen, egal aus Das schafft ein soziales Netzwerk, Thema Rente. „Offiziell“, wie er betont. welchem Land”, betont Rosa Meneses- gegen die Isolation, jeder schaut nach Manchmal ginge es auch darum, zu hel- Grohnwald vom Höchster Team der dem anderen. „Rosa ist mein Schutzen- fen, wenn jemand eine barrierefreie Caritas-Fachdienste für Migration. gel”, flüstert eine Dame am Tisch mit Wohnung im Parterre sucht oder der weißem, hochgesteckten Haar. Sie heißt Partner sich trennt. „Die Leute wissen, Prompt kommt eine Asiatin zur Tür her- Carmen Sobieski, ist 75 Jahre alt und wo sie hinkommen können, zu mir in ein, schaut sich neugierig um. Rosa Me- kommt aus Spanien. Ihr deutscher Ehe- den Garten oder direkt zu Oasi“. neses-Grohnwald geht auf sie zu, lädt mann ist vor zehn Jahren gestorben. sie ein, Platz zu nehmen. Oasi ist eine Obwohl sie mit ihm lange in Nied ge- Auch Juan Moral aus Granada hat sich Einrichtung, die ihresgleichen sucht und wohnt hat, kann sie kaum Deutsch. Im bei ihm beraten lassen. 39 Jahre lang deshalb mit dem Deutschen Altenhilfe- Treff fand sie Freunde, die sie auch mal war er bei Lufthansa, Opel und den Farb- preis ausgezeichnet wurde, der von zum Arzt begleiten. Carmen Sobieski werken tätig. „Es ist wichtig, eine An- einer Treuhandstiftung des Deutschen nickt dankbar. laufstelle zu haben, wenn man in Roten Kreuzes vergeben wird. Oasi steht Deutschland all die Jahre hart gearbeitet für „offen, aktiv, SeniorInnen, interkultu- „Früher haben sich die Leute auf der hat und plötzlich ohne Job dasteht“, sagt rell”. Den Namen haben die Besucher Straße getroffen, weil sie nicht wussten, der Vorruheständler. „Im Treff findet man selbst gewählt. Für einen Ort, an dem wo sie hingehen können nach Feier- Gleichgesinnte und man fühlt sich nicht sich Menschen unterschiedlicher Natio- abend”, erzählt Meneses-Grohnwald von so alt, wie man ist.“ nalitäten seit 2001 treffen können, um den Anfängen. „Ich dachte, das kann sich auszutauschen, Karten zu spielen, nicht sein, nach 40 Jahren Migration”, Ohne das große ehrenamtliche Engage- gemeinsam Sport zu treiben, zu essen, entrüstet sich die quirlige 51-jährige ment wäre der Treff nicht das, was er zu malen und Ausflüge zu machen. Spanierin und schüttelt ihren schwarzen jetzt ist, betont Rosa Meneses-Grohn- Lockenkopf. Immerhin läge der Migran- wald. Finanziert wird Oasi von der Stadt „Hier fühle ich mich wohl”, sagt Gisela Graf tenanteil im Stadtteil bei 40 Prozent. Frankfurt, der Caritas und durch Spenden. begeistert. Sie ist eine von rund 200 Se- Schnell war klar: „Wir brauchen einen Der Raum in der Albanusstraße ist zu klein nioren, die den Treff regelmäßig aufsu- Ort, der für alle offen ist, nicht nur zu be- für die vielen Angebote und Menschen, chen. Von Beginn an. Durch Zufall kam stimmten Uhrzeiten.” So haben jetzt fünf die Oasi aufsuchen. Eine Erweiterung die 68-Jährige aus Nied dazu. Damals Ehrenamtliche einen Schlüssel für den wünscht sich nicht nur Meneses-Grohn- bot eine Kolumbianerin bei Oasi einen Treff, damit der Raum auch außerhalb wald. Die Leiterin des Treffs muss zum Salsa- und Merenguekurs an. Graf war der offiziellen Öffnungszeiten genutzt nächsten Termin. Die Tür bleibt offen. Die die einzige Deutsche. Im Kurs und im werden kann. Frauen frühstücken weiter. Judith Gratza Treff. Das machte ihr nichts aus. „Ich unter- hielt mich mit Händen und Füßen”, erin- Einer von ihnen ist Ignazio Contu aus Kontakt: Interkultureller Senioren- nert sie sich und lacht. Graf tanzte nicht Nied. Der 72-Jährige darf für das Inter- treff Oasi, Albanusstraße 3, Höchst, nur mit den Italienern, Spaniern, Griechen, view ausnahmsweise am Frauenfrüh- Telefon 0 69/ 30 05 97 31. Türken und Osteuropäern, sondern zeig- stück teilnehmen. 1959 kam der braun- www.caritas-frankfurt.de te ihnen auch, wie man Plätzchen backt. gebrannte Mann aus Sardinien nach SZ 4/ 2009 13
Titel: In Frankfurt zuhause – Begegnung der Kulturen Fremde Freundin Kairo, Khan-el-Khalili-Basar. Zahlreiche Moscheen ragen in der Kairoer Altstadt in den H S ie ist laut, voll und hektisch. Kairo, Die geschätzten 16 Millionen Einwohner Neben dem Gegensatz von Arm und Al-Qahira, die Siegreiche, ist seit leben auf engem Raum, etwa so, als Reich steht der von Tradition und Mo- 30 Jahren durch eine Freundschafts- ob die Einwohner Nordrhein-Westfalens derne und auch der zwischen Muslimen vereinbarung mit Frankfurt verbunden. sich auf der Fläche Berlins drängten. und Kopten. Kairo ist in erster Linie eine Dem stehen die Bewohner Kairos gelas- muslimische Stadt. Schätzungsweise Die Städtefreundschaft zu Kairo und auch sen gegenüber, sie sind bekannt für ihre 90 Prozent der Bevölkerung sind sunniti- zu Tel Aviv entstand im historischen Kon- Freundlichkeit, ihren Humor und ihre Kom- sche Muslime. Allein schon durch die Al- text des Camp David Friedensvertrags. munikationsbereitschaft. Sie beherrschen Azhar Moschee und die angeschlosse- Begegnungen zwischen Israelis und das Chaos mit ihrem Improvisations- ne Universität ist Kairo der Mittelpunkt Ägyptern sollten in der Dreiecksbezie- talent, mit dem sie den Widrigkeiten des sunnitischen Islam. Die Universität hung mit Frankfurt erleichtert werden. des Alltags, wie beispielsweise der besitzt eine große Autorität in islami- Anfang Oktober wird der 30. Jahrestag schlechten Wasser- oder Luftqualität, schen Rechtsfragen. mit einer offiziellen Delegation aus der mangelhaften Stromversorgung und Frankfurt in Kairo feierlich begangen. der Wohnungsnot begegnen. Moscheen, Kirchen, Pyramiden Laut und atemberaubend Stadt der Gegensätze Auf den Programmen der meisten Rei- Kairo ist nicht nur Ägyptens Hauptstadt, Wie in vielen Städten in sogenannten severanstalter stehen die Zitadelle, Alt- Zentrum des sunnitischen Islam und Af- Entwicklungsländern gibt es auch in Kairo, der Khan-el-Khalili-Bazar und das rikas größte Metropole. Sie ist auch der Kairo einen großen Gegensatz zwischen Ägyptische Museum. Des Weiteren ist Ausgangspunkt der meisten Ägypten- Arm und Reich. Da gibt es zum Beispiel in der Regel ein Ausflug zu den Pyra- reisen. Es lohnt sich, die Attraktionen das Stadtviertel Manshiet Nasser, dessen miden von Gizeh geplant. Man kann sich der Nilmetropole anzuschauen und die Bewohner, größtenteils koptische Chris- getrost auf diese „ausgetrampelten“ Tou- laute, hektische und wimmelnde Stadt ten, den Müll sortieren, den die Müll- ristenpfade begeben, sie haben nichts auf sich wirken zu lassen. männer täglich hierher bringen. Organi- von ihrer Faszination eingebüßt. Vom scher Müll wird an die Tiere verfüttert, 184 Meter hohen Kairo Tower hat man Auf einen kleineren Kulturschock muss wieder verwertbaren versucht man zu einen unvergesslichen Blick auf das man sich schon einstellen. Denn der verkaufen. Häusermeer der Stadt, durchzogen vom erste Eindruck auf den Durchschnitts- Nil und von der Wüste umrandet. europäer ist der eines heillosen Chaos, Der Durchschnitts-Kairener hat nicht ei- dessen Ordnung sich höchstens mittel- nen Job, sondern zwei oder drei: Er ist Kairos Stadtbild ist geprägt von der Zita- fristig erschließt. beispielsweise tagsüber Lehrer und delle im islamischen Viertel, einer mit- fährt abends Taxi. Oder er bekleidet ein telalterlichen Festung aus dem 12. Jahr- Es herrscht ein unglaubliches Ver- Amt im Ministerium und geht nach hundert. Sie umfasst drei bedeutende kehrschaos, in dem sich nicht zwei oder Feierabend klempnern. Es gibt in Aus- Moscheen und mehrere Museen. Einen drei Autos parallel in eine Richtung nahmefällen aber auch immer wieder Besuch des Khan el Khalili, des größten drängen, sondern gleich fünf oder Bilderbuchkarrieren. So startete ein Bazars im Orient, sollte man sich nicht sechs. Kommuniziert wird durch Blicke, heutiger Multimillionär und Inhaber entgehen lassen. Besonders abends ist Handzeichen und lautes Hupen – ein einer beliebten Catering-Kette sein er ein Erlebnis. Das Café Fishawi ist für Auto ohne Hupe gilt als nicht ver- Geschäft mit dem Straßenverkauf von seinen Tee mit frischen Minzeblättern kehrstüchtig. Sandwiches. berühmt – eine köstliche Spezialität. 14 SZ 4/ 2009
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