Shared Decision Making im allgemeinpsychiatrischen Akutsetting
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Schwerpunkt Shared Decision Making im allgemeinpsychiatrischen Akutsetting Eine cluster-randomisierte Studie in der Behandlung der Schizophrenie (SDMPLUS) Stephan Heres1, Fabian Holzhüter2, Johannes Hamann2 lungen und freiheitsentziehenden Maßnahmen nacherhoben Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. 1 kbo-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der und ausgewertet. kbo-Tagesklinik und Institutsambulanz Nord Schwabing, Ergebnis: Insgesamt wurden je 161 Patienten auf den Inter- München ventions- und Kontrollstationen in die Studie aufgenommen. 2 Technische Universität München Die Intervention SDMPLUS führte zu einem höheren Maß an empfundener Einbeziehung in die Entscheidungsprozesse, dar- ZUSAMMEN FA SS UN G gestellt durch einen mittleren Unterschied von 16,5 Punkten Ziel: Patienten, die an einer schwerwiegenden psychiatrischen in der SMD-Q-9-Skala. Darüber hinaus waren die therapeuti- Erkrankung leiden, werden von den behandelnden Psychiatern sche Allianz, die Zufriedenheit mit der Behandlung und die oft nicht im Rahmen einer partizipativen Entscheidungsfindung selbstberichtete Adhärenz der Interventionspatienten höher (shared decision making, SDM) mit in die Entscheidungspro- als in der Kontrollgruppe. Allerdings fanden sich in der Nach- zesse einbezogen. Da SDM auch die Behandlungsergebnisse in beobachtungsphase über die Dauer eines Jahres hinweg keine der Therapie psychiatrischer Erkrankungen verbessern könnte, Hinweise auf eine Erhöhung der Adhärenz oder eine Redukti- untersucht die dargestellte Studie (SDMPLUS) die Anwendung on der Rehospitalisierungsraten. Auch zeigte die Intervention von SDM im Bereich akut erkrankter Patienten. keine direkte Auswirkung auf das Auftreten von Aggressions- Methodik: In dieser multizentrischen, cluster-randomisier- handlungen oder die Anwendung von freiheitsentziehenden ten Studie wurde der Einsatz von SDMPLUS gegenüber der Maßnahmen oder Zwangsbehandlungen. Patienten mit einer Standardbehandlung auf 12 akutpsychiatrischen Stationen dokumentierten Aggressionshandlungen oder der Aufnahme in 5 Kliniken untersucht. Alle Patienten, die an einer schizoaf- in die stationäre Behandlung entgegen ihrem Willen konnten fektiven Störung oder einer Schizophrenie litten und die Ein- jedoch in gleichem Ausmaß von der Intervention hinsichtlich schlusskriterien der Studie erfüllten, wurden bei Aufnahme der erlebten Einbeziehung in Entscheidungsprozesse profitie- auf die Stationen konsekutiv in die Studie eingeschlossen. Auf ren wie die restlichen Teilnehmer der Studie. den Interventionsstationen erhielten sie ein Gruppentraining Zusammenfassung: Die Studie konnte zeigen, dass die Kommu- in den Kommunikationstechniken des SDMPLUS. Die Behand- nikationstechniken des SDMPLUS (z. B. auch das Einbeziehen lungsteams dieser Stationen durchliefen 2 halbtägige Work- von Elementen der motivierenden Gesprächsführung) eine shops zum Erwerb der Techniken. Auf den Kontrollstationen Möglichkeit darstellen, die partizipative Entscheidungsfindung wurden weder Patienten noch Behandlungsteams trainiert, die auch im akutpsychiatrischen Behandlungskontext im Interesse Behandlung verlief unverändert („treatment as usual“, TAU). der Patienten einzusetzen. Die Schnittstellenproblematik zwi- Der primäre Zielparameter der Studie war das Ausmaß der schen der stationären und der post-stationären Behandlung subjektiv empfundenen Einbeziehung in die Entscheidungs- muss hierbei aber künftig noch stärker in den Fokus genommen findungsprozesse der Patienten nach 3 Wochen. Retrospektiv werden, um die Effekte nachhaltig zu festigen. wurden in einer Post-hoc-Analyse Daten zu Aggressionshand- Einleitung mitunter auch gegen ihren Willen stationär aufgenommen Die partizipative Entscheidungsfindung, im Englischen und behandelt werden, praktisch gar nicht [5, 6]. Neben etwas griffiger als „shared decision making“ (SDM) bezeich- den allgemein bekannten Umsetzungsproblemen von SDM net, wird von Patienten, Bezugspersonen und Psychiatern in der Medizin, beispielsweise dem Zeitdruck im klinischen gleichermaßen als sinnvolles Vorgehen anerkannt, da er- Alltag [7], scheinen darüber hinaus Faktoren eine Rolle zu wiesener Maßen durch sie die Zufriedenheit der Patienten spielen, die eher spezifisch für den psychiatrischen Fachbe- mit der Behandlung und die Therapieerfolge positiv beein- reich oder die psychiatrisch Erkrankten gelten. flusst werden können [1]. Generell kann man von einer ethi- schen Grundforderung sprechen, die hier erfüllt wird, denn Einleuchtend ist hierbei zunächst das mitunter deutlich ein- die Einbeziehung eines Patienten in die Entscheidungspro- geschränkte Engagement der Erkrankten, sich an einer par- zesse seiner Behandlung ist für jeden Therapeuten verpflich- tizipativen Entscheidungsfindung selbst aktiv zu beteiligen. tend [2]. Dennoch wird gerade in der Psychiatrie SDM ge- Hierbei können eine krankheitsbedingte Antriebsminde- nerell eher selten praktiziert [3, 4], und man findet die An- rung, generelle Passivität im Handeln [8], Hoffnungs- und wendung im akutpsychiatrischen Setting, in dem Patienten Perspektivlosigkeit [9, 10] oder ein Unterlegenheitsgefühl 436 Heres S et al. Shared Decision Making Nervenheilkunde 2021; 40: 436–444 | © 2021. Thieme. All rights reserved.
in der Patient-Arzt-Beziehung [6] zugrunde liegen. Diese Methoden eingeschränkte Fähigkeit, sich aktiv am Prozess der gemein- Studiendesign, Randomisierung und samen Entscheidungsfindung zu beteiligen, sehen wiede- Verblindung rum Psychiater als eine der größten Hürden in der Anwen- Die Studie wurde multizentrisch auf jeweils hinsichtlich dung von SDM in der Akutpsychiatrie, gepaart mit einer mehrerer Parameter passend gepaarter Stationseinheiten krankheitsimmanenten Schwierigkeit, die eigene Erkran- im geschützten akutpsychiatrischen Setting in Oberbayern kung als solche zu erkennen und die Behandlungsbedürf- durchgeführt. Es beteiligten sich 5 Fachkrankenhäuser mit tigkeit zu reflektieren [10–12]. Durch die Fürsorgepflicht insgesamt 12 Stationen, die in 6 Paare mittels Cluster-Ran- des Behandelnden, der im besten Interesse des Erkrankten domisierung aufgeteilt wurden [16]. Jeweils eine Station handeln sollte, und die beschriebenen Hürden entsteht ein eines Paares wurde der SDMPLUS-Intervention zugeordnet, nicht aufzulösendes Dilemma. Eine Einbeziehung des Er- auf der anderen Station wurde die reguläre Patientenver- Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. krankten in die Entscheidung kann zu einem Diskussionser- sorgung als Kontrollsetting unverändert fortgeführt („treat- gebnis führen, das aus Sicht der Therapeuten nicht optimal ment as usual“, TAU). Die bestmögliche Paarung der Statio- oder gar dem Genesungsprozess gegenläufig ist, und den- nen wurde hinsichtlich der Anzahl der behandelten Patien- noch im Sinne der partizipativen Entscheidungsfindung lege ten, der Verteilung von Diagnosen, der Rahmenbedingung artis verlaufen ist. Folglich hält die Angst vor einem derarti- der Behandlung und des Personalschlüssels vorgenommen. gen Ergebnis viele Therapeuten vom Einsatz des SDM ab, in der Annahme, so im besten Interesse des Patienten zu han- Aufgrund des gewählten Studiendesigns war es nicht er- deln, was aber auch als Bevormundung oder Eingriff in die forderlich, innerhalb einer Station eine Verblindung bezüg- Persönlichkeitsrechte eines Erkrankten verstanden werden lich der angewandten Interventionen durchzuführen. Zwi- kann oder sogar muss. schen der Interventions- und Kontrollstation wurde aber striktes Stillschweigen über die vermittelten Inhalte ver- Ziel der aktuellen Studie war es, gerade im Setting einer voll- einbart. Eine Verblindung bezüglich der Erhebung des pri- stationären akutpsychiatrischen Behandlung den Prozess mären Endpunktes der Studie war nicht möglich, da hier- einer partizipativen Entscheidungsfindung proaktiv anzu- bei eine Selbstbeurteilungsskala an die behandelten Pati- leiten und bezüglich messbarer Effekte auf die Patienten- enten ausgegeben wurde. Dies war auch bei den meisten zufriedenheit mit der Behandlung zu untersuchen. Hierzu sekundären Zielparametern der Fall. wurde eine komplexe Intervention, SDMPLUS (shared deci- sion making PLUS) [13] eingesetzt, die gezielt die beschrie- Studienteilnehmer benen Hürden in der Anwendung von SDM durch Schulun- Alle Patienten im Alter von 18 bis 65 Jahre, die unter der gen von Patienten in aktiver Entscheidungsfindung sowie Diagnose einer Schizophrenie (ICD-10 F20.x) oder einer Behandlungsteams in motivierenden und deeskalierenden schizoaffektiven Störung (ICD 10 F25.x) aufgenommen Gesprächstechniken senkt. Die komplexe Intervention soll wurden, erfüllten die Einschlusskriterien, wenn es ihnen es den Erkrankten erleichtern, eigene Präferenzen und Wün- möglich war, an einstündigen Schulungen absehbar teil- sche zu identifizieren und in die Entscheidungsfindung aktiv zunehmen und ihr schriftliches Einverständnis zur Studi- mit einzubringen. Auf Seiten des Behandlungsteams lag der enteilnahme abzugeben. Sämtlichen Patienten, die diese Schwerpunkt auf der Motivation der Patienten und spezifi- Kriterien erfüllten, wurde die Studienteilnahme angebo- schen Hilfestellungen, verfahrene Gesprächssituationen zu ten. Lediglich diejenigen Patienten, die an einem fortge- einem konstruktiveren Verlauf zu wenden. Dadurch könnte schrittenen demenziellen Prozess litten oder sich aufgrund auf Seiten der Erkrankten ein höheres Maß an empfundener geringer Sprachkenntnisse nicht aktiv an einer Entschei- Einbeziehung in Entscheidungsprozesse der eigenen The- dungsfindung in deutscher Sprache beteiligen konnten, rapie resultieren, was abgesehen von möglichen positiven wurden nicht berücksichtigt. Explizit wurde denjenigen Effekten der jeweiligen Entscheidung auf den weiteren Ver- Patienten die Studienteilnahme angeboten, die nicht auf- lauf der Therapie per se einen Zugewinn an Behandlungszu- grund ihrer freien Willensentscheidung in die stationäre friedenheit darstellen würde [2]. Denkbar wäre ebenso eine Behandlung aufgenommen worden waren. Reduktion von aggressivem Verhalten oder freiheitsentzie- hender Maßnahmen während des Aufenthaltes, was in einer Intervention und Kontrollbedingung Post-hoc-Analyse näher betrachtet wurde. Ein besonderes Die SDMPLUS-Intervention wurde von den Autoren konzi- Augenmerk lag hierbei in der Gruppe derjenigen Patienten, piert [13], einige Bestandteile (z. B. die Schulung der Pati- die entgegen ihrem Willen in die Klinik aufgenommen wor- enten) sind bereits in vorausgegangenen Studien erprobt den waren oder bereits in der Vergangenheit aggressives und beschrieben worden [18]. Die komplexe Intervention Verhalten aus Sicht der Behandler gezeigt hatten. Auch über SDMPLUS unterstützt Patienten und Behandlungsteams den stationären Behandlungsrahmen hinaus wären positi- im wechselseitigen Initiieren und gemeinsamen Führen ve Effekte auf das generelle Patienten-Arzt-Verhältnis, die von partizipativen Entscheidungsprozessen. Bestehen- Beteiligung an der Gestaltung des weiteren Genesungspro- de Konzepte zur Schulung von Behandlungsteams [19] zesses und die Verhinderung von Rückfällen denkbar und wurden vor allem hinsichtlich des aktiven Einbeziehens wünschenswert [14, 15]. von Patienten mit eingeschränkter oder fehlender Krank- Heres S et al. Shared Decision Making Nervenheilkunde 2021; 40: 436–444 | © 2021. Thieme. All rights reserved. 437
Schwerpunkt heitseinsicht, aber auch Erkrankter mit eingeschränkten Baselinedaten Fähigkeiten zur gemeinsamen Entscheidungsfindung er- Von allen Teilnehmern wurden anamnestische (Anzahl der weitert. Techniken der motivationalen Gesprächsführung stationären Voraufenthalte, Dauer der Erkrankung etc.) fanden ebenso Berücksichtigung wie Interventionen aus und soziodemografische Daten, die Diagnose und die der deeskalierenden Verhandlungsführung [13]. Einschätzung der Krankheitsschwere (CGI-S) und des glo- balem Funktionsniveaus (GAF) bei Studieneinschluss er- Die beiden Studieninitiatoren JH und SH der TUM (Fachärz- fasst. Ergänzend wurde die Krankheitseinsicht anhand der te für Psychiatrie und Psychotherapie) führten interaktive „Birchwood Insight Scale“ [21] und die Wahrnehmung der Workshops mit den gesamten Behandlungsteams (Pfle- aktuellen stationären Einweisung mittels der „MacArthur gepersonal, Ärzte, Sozialpädagogen, Psychologen, Fach Admission Experience Survey“ [22] beurteilt. therapeuten) der Interventionsstationen durch. Die beiden Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. halbtägigen Workshops in den teilnehmenden Fachkran- Studienendpunkte kenhäusern umfassten Vorträge zum wissenschaftlichen Primärer Studienendpunkt Hintergrund, Einführungen in die unterschiedlichen Inter- Wir definierten als primären Studienendpunkt die sub- ventionen, Fallbeispiele und zahlreiche Rollenspiele, um jektiv empfundene Einbeziehung in die medikamentöse die Techniken einzuüben. Für das komplette ärztliche Per- Therapieentscheidung während des stationären Aufent- sonal war die Teilnahme an beiden Workshops verpflich- haltes, gemessen durch die SDM-Q-9-Skala nach 3 Wo- tend und Voraussetzung für die Studiendurchführung, die chen (T1) im Studienverlauf (oder zum Zeitpunkt der Ent- anderen Berufsgruppen sollten in möglichst hohem Aus- lassung, falls diese vor Ablauf der 3 Wochen stattfand). maß vertreten sein. Die Ärzte wurden über den gesamten Entsprechend der Erfahrung der Forschungsgruppe Ro- Fortgang der Studie kontinuierlich vom Studienteam in der denburg-Vandenbussche und Kollegen [23] mit der An- Umsetzung der Techniken wöchentlich durch Supervision wendung der SDM-Q-9-Skala interpretierten wir einen Un- unterstützt und fortlaufend dazu angehalten, das Erwor- terschied von 15 Punkten zwischen der Interventions- und bene in die Behandlung der Patienten fortwährend einzu- der Kontrollgruppe als klinisch relevant. bringen. Die Patienten wurden in einem Gruppentraining 2-mal pro Woche fortlaufend geschult. Hierbei wurden Sekundäre Studienendpunkt (3-Wochen- Rollenspiele und unterstützende Materialien, z. B. Frage- Messzeitpunkt) bögen zur Vorbereitung der Visitengespräche oder Anlei- Den möglichen Einfluss auf die therapeutische Allianz bzw. tungen zur Hierarchisierung der Wünsche und Präferenzen das Patient-Therapeuten-Verhältnis beurteilten wird durch genutzt [20]. Das Programm wurde über den gesamten die „Helping Alliance Scale“ (Patientenversion HAS-P und Ablauf der Studie hinweg in allen teilnehmenden Kliniken Therapeutenversion HAS-C) [24]. Die Patientenzufrie- vom Studienpersonal der TUM (unter Umständen auch in denheit mit der Behandlung untersuchten wir mittels der Gegenwart von Mitgliedern des Behandlungsteams) an- „Questionnaire on Patients’ Treatment Satisfaction” (ZUF8) geboten, und es wurde sichergestellt, dass jeder Studi- und das Bestehen bzw. Fortbestehen von bisher nicht aus- enteilnehmer mindestens 2 der angebotenen Schulungs- reichend adressierten Bedürfnissen in der Bewältigung der termine besucht hat. Die Patienten und das Personal der Aufgaben des täglichen Lebens anhand des „Camberwell Kontrollstationen wurden nicht geschult und keinerlei In- Assessment of Need self-report questionnaire“ (CANSAS-P). formationen zur Studie wurden in den betreffenden Klini- Das Ausmaß der Adhärenz mit der aktuellen medikamentö- ken zugänglich gemacht. Im Nachgang der Studie wurde sen Behandlungsstrategie bildeten wir durch die „Medicati- ihnen angeboten, einen kompletten Schulungszyklus zu on Adherence Rating Scale“ (MARS) ab [25]. durchlaufen und die Durchführung der Patientengruppen kennenzulernen. Sekundäre Studienendpunkte (6- bzw. 12-Monate-Messzeitpunkt) Datenerhebung Im weiteren Verlauf nach Entlassung erfassten wir jeweils Zu 4 Zeitpunkten (Baseline; 3 Wochen nach Baseline bzw. das subjektive Wohlbefinden und die Lebensqualität der bei Entlassung, je nachdem, was zuerst eintrat; 6 und Patienten durch den „WHO-5 well-being index“ und die 12 Monate nach Entlassung) wurden in gleicher Weise „EUROHIS-QOL“ (generic quality of life questionnaire) Daten der Interventions- und Kontrollgruppe erhoben. Da- [26]. Ebenso wurde der weiter behandelnde Psychiater rüber hinaus wurden die retrospektiv erhobenen Daten nach möglichen erneuten stationären Aufnahmen des zu Aggression von Patientenseite und freiheitsentziehen- Studienteilnehmers im Nachverfolgungszeitraum befragt. den Maßnahmen 3 Zeitfenstern zugeordnet: Präinterven- tionsphase (stationäre Aufnahme bis Studieneinschluss), Daten zu Aggressionshandlungen und Interventionsphase (Studieneinschluss bis zur Entlassung freiheitsentziehenden Maßnahmen oder Zeitpunkt 3 Wochen, je nachdem, was früher ein- In den 3 Zeitfenstern wurden die Beschreibungen der Vor- trat) und Postinterventionsphase (Ende der Intervention kommnisse, ihre Häufigkeit und die jeweilige Dauer aus bis zur Entlassung, falls Patienten nicht zuvor entlassen den Krankenakten extrahiert. Die Operationalisierung der worden waren). Aggressionshandlungen erfolgte über die „modified overt 438 Heres S et al. Shared Decision Making Nervenheilkunde 2021; 40: 436–444 | © 2021. Thieme. 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▶Tab. 1 Soziodemografie Intervention (n = 161) Kontrolle (n = 161) p-Wert Alter in Jahren (Mittelwert, Standardabweichung) 42,1 (12,9) 41,4 (13,6) 0,61 Frauen 84 (52 %) 76 (47 %) 0,37 Hauptdiagnose F20: 99 (61 %) F20: 115 (71 %) 0,21 F25: 52 (32 %) F25: 38 (24 %) Andere F2x-Diagnose: 10 (6 %) Andere F2x-Diagnose: 8 (5 %) Unfreiwillige stationäre Aufnahme 61 (40 %) 41 (28 %) 0,03 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Bestehendes Betreuungsverhältnis 94 (61 %) 86 (58 %) 0,31 Dauer der Erkrankung in Jahren (Mittelwert, Standardabweichung) 12,4 (10,3) 13,0 (11,3) 0,62 Vorausgegangene stationäre Aufenthalte (Mittelwert, Standardabwei- 6,9 (6,7) 7,6 (7,5) 0,39 chung) CGI (Mittelwert, Standardabweichung) 5,3 (0,9) 5,5 (0,8) 0,04 GAF (Mittelwert, Standardabweichung) 37,7 (13,3) 36,1 (12,4) 0,28 Krankheitseinsicht (Mittelwert, Standardabweichung) 7,7 (2,9) 8,0 (3,1) 0,45 MacArthur Admission Experience (Mittelwert, Standardabweichung) 2,5 (2,0) 2,1 (1,9) 0,13 aggression scale” (MOAS), einer validierten Skala zur Er- nearen Regressionsmodells analysiert, entsprechend dem fassung aggressiver Handlungen und deren Schweregrad primären Zielparameter. Für den binären kategorischen se- [27]. Die ursprüngliche Form der Skala unterscheidet 4 Ka- kundären Parameter (Rehospitalisierung) wurde wiederum tegorien von Aggression – verbale Aggression, Aggression ein gemischtes lineares Regressionsmodell herangezogen. gegenüber Objekten, Autoaggression und Aggression ge- Da alle Zielparameter des Beobachtungszeitraums nach der genüber Dritten – und fasst diese in einem Summenwert Entlassung aus der stationären Behandlung statistisch nicht zusammen. Für unsere Analyse wurde der Summenwert signifikant waren, beschränken wir uns in diesem Bericht auf in dichotomer Weise betrachtet, wobei lediglich ein Wert die Darstellung der wesentlichen Parameter. gleich Null als Nichtauftreten von Aggression, alle ande- ren Werte als Auftreten von Aggression angesehen wurde. Registrierung der Studie und Votum der Ethikkommission Freiheitsentziehende Maßnahmen oder Zwangsbehand- Die Studie wurde durch die Ethikkommission der Medizini- lung wurden ebenfalls dichotom erfasst, sodass jeglicher schen Fakultät der Technischen Universität München, Kli- Einsatz, unabhängig von der Häufigkeit, gleichermaßen als nikum rechts der Isar, begutachtet. Nach dem auflagefrei- das Kriterium erfüllend bewertet wurde. Da diesen Maß- en Votum wurde die Studie im Oktober 2016 begonnen. nahmen Antragsprozesse vor-/nachgeschaltet sind, waren Sämtliche Befragte gaben nach ausführlicher Aufklärung entsprechende Aufzeichnungen in den Krankenakten ver- ihr schriftliches Einverständnis zur Teilnahme an der Stu- fügbar. Darüber hinaus wurde das Vorliegen einer gesetzli- die, die beim Deutschen Register Klinischer Studien ange- chen Betreuung, die Einweisung entgegen den Willen des meldet wurde (Registrierungsnummer DRKS00010880). Patienten und der Zeitpunkt des ersten unbegleiteten Aus- gangs von Station nach Aufnahme erfasst. Ergebnisse Statistische Analyse Von Oktober 2016 bis März 2018 wurden insgesamt Der primäre Zielparameter der dargestellten Studie war der 322 Patienten in die Studie eingeschlossen. Vergleich des Mittelwertes der SDM-Q-9-Skala zum Zeit- punkt Woche 3 (bzw. bei Entlassung, je nachdem, was zu- Daten bei Studieneinschluss erst aufgetreten war] zwischen der Interventions- und der Die Teilnehmer waren überwiegend weiblich, im Mittel Kontrollgruppe. Um den Effekt der Intervention auf den circa 42 Jahre alt und litten zumeist an einer Schizophre- kontinuierlichen primären Endpunkt abzuschätzen, ver- nie. Die bisherige Krankheitsdauer lag bei durchschnittlich wendeten wir ein gemischtes lineares Regressionsmodell 13 Jahren und beinhaltete im Mittel 7 stationäre Aufent- mit der Clusterzuteilung als zufälliger und der Interventi- halte vor der aktuellen Aufnahme. Die Krankheitsschwere onszuweisung als fixer Größe, bei dem ein Signifikanzlevel wurde anhand des CGI-S mit „deutlich erkrankt“ beschrie- von α = 5 % angenommen wurde. Der Einfluss der Interven- ben, das globale Funktionsniveau erreichte im Mittel einen tion auf die sekundären Zielparameter wurde anhand von Wert von 37 (von 100) auf der GAF-Skala (▶ Tab. 1). Von exploratorischen Analysen beschrieben. Die kontinuierli- den Studienteilnehmern wurden 103 Patienten (32 %) ent- chen sekundären Zielparameter wurden anhand eines li- gegen ihrem Willen in die Klinik eingewiesen. Bei 111 Pati- Heres S et al. Shared Decision Making Nervenheilkunde 2021; 40: 436–444 | © 2021. Thieme. All rights reserved. 439
Schwerpunkt Mögliche Rekruerungseinheiten: 12 Cluster = 6 Paare vergleichbarer geschützter Staonen Davon ausgeschlossen: keine Randomisierte Rekruerungseinheiten: Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. 12 Cluster = 6 Paare vergleichbarer geschützter Staonen Der Intervenon zugeordnet: Der Kontrolle zugeordnet: 6 Cluster (Staonen), Intervenon wurde 6 Clusters (Staonen), treatment as usual von allen komple absolviert (TAU) wurde aufrecht erhalten Milere Clustergröße 27 Paenten Milere Clustergröße 27 Paenten (min/max: 22/31) (min/max: 22/30) Paenten im Screening: 495 Paenten im Screening: 376 Anzahl der ausgeschlossenen Paenten: Anzahl der ausgeschlossenen Paenten: Ausschlusskriterium: 128 Ausschlusskriterium: 85 Keine Zusmmung: 206 Keine Zusmmung: 130 Paenten rekruert: 161 Paenten rekruert: 161 „Lost to follow up“ „Lost to follow up“ bis zum primären Studienendpunkt: bis zum primären Studienendpunkt: Kein Cluster vorzeig verloren Kein Cluster vorzeig verloren 32 Paenten aufgrund vorzeiger 31 Paenten aufgrund vorzeiger Entlassung ohne Messung verloren Entlassung ohne Messung verloren Stassch analysierte Fälle: Stassch analysierte Fälle: Die Daten aller Cluster wurden analysiert, Die Daten aller Cluster wurden analysiert, primäre Endpunktanalyse bei primäre Endpunktanalyse bei 129 Paenten möglich 130 Paenten möglich ▶Abb. 1 Rekrutierungsübersicht (CONSORT-Diagramm) enten fanden wir mindestens eine dokumentierte Aggres- sen Therapie klinisch und statistisch signifikant (p = 0,002) sionshandlung über den gesamten stationären Aufenthalt mehr einbezogen als diejenigen der Kontrollgruppe. Dies hinweg. Freiheitsentziehende Maßnahmen ließen sich bei konnte durch einen mittleren Unterschied von 16,5 Punk- 76 Teilnehmern den Krankenakten entnehmen und bei ten in der SMD-Q-9-Skala gezeigt werden. 31 Patienten fand eine medikamentöse Zwangsbehand- lung statt. Wie man der Darstellung des zeitlichen Verlaufs SDMPLUS zeigte keinen nachweisbaren Effekt auf das Auf- in ▶Abb. 1 entnehmen kann, datieren die meisten Aggres- treten von Aggressionshandlungen oder freiheitsentziehen- sionshandlungen und freiheitsentziehenden Maßnahmen den Maßnahmen während der Interventionsphase. Auch auf die ersten Tage nach der stationären Aufnahme und bei Patienten, die nach der Intervention weiter in der Kli- somit in die Präinterventionsphase der Studie. nik behandelt wurden, konnte in der Postinterventionspha- se kein Effekt gezeigt werden. Ebenso ergab sich kein Hin- Primärer Zielparameter weis auf einen Unterschied zwischen den Behandlungsgrup- Die Teilnehmer in der Interventionsgruppe fühlte sich in pen auf die Latenz bis zum ersten Alleinausgang von Station die Entscheidungsprozesse bezüglich der medikamentö- [28]. Hinsichtlich des primären Studienendpunktes konn- 440 Heres S et al. Shared Decision Making Nervenheilkunde 2021; 40: 436–444 | © 2021. Thieme. All rights reserved.
ten unter dem Aspekt der Aggressionshandlungen fand sich serte sich die therapeutische Beziehung zu den Ärzten , die ein marginal signifikanter Unterschied in der SDM-Q-9-Ska- Zufriedenheit mit der Therapie und (selbst eingeschätzte) la bei Patienten, die entgegen ihrem Willen in die Behand- Adhärenz mit der vereinbarten medikamentösen Behand- lung aufgenommen wurden versus derjenigen, die freiwillig lungsstrategie. Im anschließenden Nachbeobachtungszeit- in die Klinik gekommen waren (26,1 vs. 12,4; t-test = 1,988, raum zeigten sich über ein Jahr hinweg jedoch keine Effek- df = 228, p = 0,048). Diese Subgruppenanalyse legt nahe, te auf Wiederaufnahmeraten, die berichtete Adhärenz oder dass der Effekt der SDMPLUS-Intervention auf die subjektiv die Lebensqualität der Teilnehmer. Auch konnten wir keinen erlebte Einbeziehung in Therapieentscheidungen bei un- Effekt auf das Auftreten von aggressivem Verhalten oder freiwilliger Aufnahme messbar bleibt, oder in dieser Grup- freiheitsentziehenden Maßnahmen während des stationä- pe vielleicht sogar stärker ausgeprägt sein könnte. ren Aufenthaltes feststellen. Interessanter Weise prädizierte aber das Auftreten von Aggressionshandlungen und/oder Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Sekundäre Zielparameter freiheitsentziehender Maßnahmen nicht das Ausmaß des Auch hinsichtlich der Beurteilung des therapeutischen Ver- Effekts der Intervention, schienen diese also, zumindest in hältnisses, der Zufriedenheit mit der Behandlung und der unserer Analyse, nicht zu beeinträchtigen. Auch profitierten Selbstbeurteilung der Adhärenz mit der gewählten medi- Patienten, die unfreiwillig in die Klinik gekommen waren, kamentösen Behandlungsstrategie zeigten die Patienten mindestens im selben Ausmaß von der Intervention wie Pa- in der Interventionsgruppe am Beobachtungszeitpunkt T1 tienten, die freiwillig aufgenommen worden waren. (3 Wochen nach Studieneinschluss bzw. zum Zeitpunkt der Entlassung, je nachdem, was zuerst eingetreten war) höhe- Stärken und Schwächen der Studie re Werte als diejenigen der Kontrollgruppe, was für alle 3 Während des Ablaufs der Studie wurden die Teilnehmer Parameter ein besseres Ergebnis darstellt[29]. Im Gegen- konsekutiv rekrutiert, um einen Selektionsbias zu verhin- satz hierzu konnten wir keine statistisch signifikanten Un- dern. Gleichzeitig konnten sich aber weniger Patienten auf terschiede in der Dauer des stationären Aufenthaltes, der den Interventionsstationen, denen die Studienteilnahme Krankheitsschwere, dem globalen Funktionsniveau oder vorgeschlagen wurde, zur Teilnahme entschließen. Dies den Berichten zu den nicht ausreichend adressierten Be- könnte einen Einfluss auf die Ausgewogenheit des Rekru- dürfnissen in der Bewältigung der Aufgaben des täglichen tierungsprozesses zwischen der Interventions- und der Lebens am Beobachtungszeitpunkt T1 finden [29]. Kontrollgruppe gehabt haben. Entsprechend beobachte- ten wir beispielsweise eine höhere Rate von unfreiwilligen Langfristige sekundäre Zielparameter stationären Aufnahmen in der Interventionsgruppe. Dies Während des insgesamt 12-monatigen Nachbeobach- sollte jedoch in überschaubarem Ausmaß zum Tragen ge- tungsintervalls zeigten sich keine Unterschiede zwischen kommen sein, da die Ergebnisse der Gruppenunterschiede den Gruppen bezüglich der Einschätzung der Adhärenz, sowohl im primären als auch in den sekundären Zielpara- der berichteten Lebensqualität und der Anzahl der statio- metern unter Berücksichtigung der Baseline-Unterschie- när-psychiatrischen Aufnahmen. de unverändert blieben. Obwohl wir in wöchentlichen Kontakten mit den Interventi- Diskussion onsstationen versuchten, die vermittelten Inhalte zu vertie- Bisher haben mehrere Studien untersucht, wie man die fen und deren Anwendung in der Therapie der dort behan- partizipative Entscheidungsfindung in der Psychiatrie bes- delten Patienten zu unterstützen, konnten wir das Ausmaß ser zur Anwendung bringen könnte. Es zeigten sich aber der tatsächlichen Umsetzung letztlich methodisch nicht höchstens mäßige Effekte, außerdem wurden nur selten standardisieren und müssen von einer gewissen Varianz in akut Erkrankte oder Patienten, die entgegen ihrem Willen der Umsetzung der komplexen Intervention rechnen. Das in die stationäre Behandlung gekommen waren in die Stu- ärztliche Personal konnte im Rahmen der Schulungen voll- dien mit einbezogen [5]. ständig erfasst werden, die Einbindung der anderen Berufs- gruppen erreichte in den unterschiedlichen Kliniken jedoch In dieser Studie kam erstmals eine komplexe Intervention lediglich 10–50 % der potenziell schulbaren Mitarbeiter. Dies zum Einsatz, in der gleichzeitig sowohl Patienten in ihren kann in multiprofessionell arbeitenden Behandlungsteams Bemühungen, an der partizipativen Entscheidungsfindung ebenfalls einen limitierenden Faktor in der ganzheitlichen mitzuwirken als auch komplette Behandlungsteams in der Umsetzung der Schulungsinhalte darstellen. deren Engagement, Erkrankten an Entscheidungsprozes- sen proaktiv teilhaben zu lassen, unterstützt wurden. Die Diskussion der Ergebnisse Untersuchung wurde im akutpsychiatrischen Setting unter Vorrangiges Ziel des SDMPLUS Ansatzes ist die Unterstüt- Einbeziehung auch gegen ihren Willen aufgenommener zung der tatsächlichen Umsetzungen von partizipativen Patienten durchgeführt. Durch die komplexe Intervention Entscheidungsprozessen in der Akutpsychiatrie im klini- konnte die von Patienten erlebte Einbeziehung in die Ent- schen Alltag. Gerade diejenigen Patienten, die schwer er- scheidungsprozesse während eines stationären Aufenthal- krankt sind, eine geringe oder nicht gegebene Krankheits- tes klinisch signifikant gesteigert werden, ebenso verbes- einsicht mit in die Behandlung bringen oder sogar entge- Heres S et al. Shared Decision Making Nervenheilkunde 2021; 40: 436–444 | © 2021. Thieme. All rights reserved. 441
Schwerpunkt gen ihrem eigenen Willen stationär aufgenommen worden Hinsichtlich des Auftretens von Aggressionshandlungen sind, und große Schwierigkeiten in der Mitgestaltung ihrer oder freiheitsentziehenden Maßnahmen konnte durch eigenen Therapie haben, sollen von dieser komplexen In- unsere Intervention kein Effekt nachgewiesen werden. tervention profitieren können. Denn gerade diesen Pati- Wir können jedoch nicht ausschließen, dass dies vor allem enten wird oft die Teilnahme am gemeinsamen Entschei- auch methodische Gründe hat. Die meisten derartigen dungsprozess per se nicht angeboten oder von den The- Handlungen oder Maßnahmen fanden direkt nach Auf- rapeuten nicht zugetraut [11]. Die Studie sollte zeigen, nahme, also in der Präinterventionsphase statt. Eventu- dass die Anwendung von SDMPLUS-Techniken bei genau ell setzte also die Intervention im zeitlichen Verlauf des dieser Patientengruppe ein höheres Maß an erlebter Ein- stationären Aufenthaltes zu spät ein, um einen Effekt auf beziehung in Entscheidungsprozesse während eines sta- die Vorkommnisse haben zu können. Während der Inter- tionären Aufenthaltes bewirken kann. Man kann nun ge- ventionsphase und in der Postinterventionsphase war die Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. teilter Meinung sein, ob die bloße Einbeziehung zu einer Inzidenz dieser Vorkommnisse per se sowohl in der Kon- tatsächlichen Verbesserung der therapeutischen Behand- troll- als auch in der Interventionsgruppe sehr gering, lungsergebnisse in klinischer oder gar ökonomischer Hin- was den Nachweis eines möglicherweise existierenden sicht führen kann, dennoch sehen wir 2 klar hervorzuhe- Effekts methodisch erschwert („floor effect“). Darüber bende Vorteile unseres Ansatzes: hinaus war von Interesse, ob sozusagen in einem Umkehr- schluss solche Vorkommnisse den Effekt der Interventi- Generell haben Klienten und Patienten den nachvollzieh- on minimieren oder komplett aufheben. Diese Annah- baren und gerechtfertigten Anspruch an das Gesundheits- me wird durch Aussagen von Patienten, dass das Erleben system, so auch an das psychiatrische Versorgungssys- von „Ohnmacht“ und „Ausgeliefersein“ (z. B. im Rahmen tem, ihre Autonomie und ihre Würde bestmöglich wäh- einer mechanischen Beschränkung oder Zwangsbehand- rend einer Konsultation oder Therapie gewahrt zu sehen lung) zu einer geringeren Beteiligung in Entscheidungs- [30]. SDMPLUS unterstützt diesen Wunsch. Des Weiteren prozessen führt [23], oder die Ausübung von Zwang ge- unterstreichen unsere Studienergebnisse, dass Patienten nerell die therapeutische Allianz stört [24], untermauert. trotz schwerer psychischer Erkrankung an einer partizi- Diesen Effekt konnten wir in unsere Studie nicht erken- pativen Entscheidungsfindung teilhaben können. Weder nen. Somit kann man daraus den Schluss ziehen, dass es aktuelle Symptome noch Krankheitseinsicht des Patien- für eine gemeinsame Entscheidungsfindung quasi „nie ten sollten Therapeuten davon abhalten, die Autonomie zu spät“ ist. der Behandelten in Entscheidungsprozessen maximal zu wahren. Die Forschungsergebnisse von Kollegen [31], die FA ZIT F Ü R DI E KL I N I SCH E PR A XI S im Einklang mit unseren aktuellen Erkenntnissen stehen, zeigen, dass dies trotz aller Vorbehalte der Therapeuten Der Einsatz der komplexen Intervention SDMPLUS möglich ist. Abgesehen davon besteht selbstredend und zeigt, dass die Teilhabe an Entscheidungsprozessen allgemein anerkannt die ethische Verpflichtung, die Pati- auch schwer psychisch Erkrankten, die auf geschütz- entenautonomie und die Bedürfnisse der Erkrankten zu re- ten Stationen und möglicherweise entgegen ihrem spektieren und deren Erfüllung zu unterstützen. Willen behandelt werden, möglich ist. Die Adapta- tion bestehender Modelle, beispielsweise der moti- Unsere Studie konnte darüber hinaus zeigen, dass die Zu- vierenden Gesprächsführung und deeskalierender friedenheit mit der stationären Behandlung, das therapeu- Interaktionstechniken, konnte den bisher konzipier- tische Verhältnis und die erlebte Adhärenz mit der medi- ten, klassischen Shared-Decision-Making(SDM)-An- kamentösen Therapiestrategie durch SDMPLUS positiv be- satz erweitern und die Anpassung auf die Bedürf- einflusst werden können. Dies fügt sich in den Kontext von nisse dieser Patientengruppe weiter optimieren beschriebenen Beobachtungen von Giacco und Kollegen helfen. Gepaart mit fortlaufenden unterstützenden ein, die durch intensivierte individuelle Behandlungspla- Schulungen der Patienten in der aktiven Teilnahme nung bei unfreiwillig stationär Behandelten eine Verbes- an Entscheidungsprozessen entsteht erstmals eine serung mehrerer weiterer Therapieziele abseits der Einbe- mehrdimensionale Empowerment-Strategie, die ziehung in Entscheidungsprozesse erreichen konnten [32]. tatsächlich das Ausmaß der empfundenen Einbezie- In dieser Interventionsstudie waren die erzielten Effekte hung in Entscheidungsprozesse, die Zufriedenheit sogar über den Entlassungszeitpunkt hinaus weiter nach- mit der Behandlung, das therapeutische Verhältnis weisbar, was in unserer aktuellen Studie bedauernswerter und die Adhärenz gegenüber der vereinbarten medi- Weise nicht gezeigt werden konnte. Möglicherweise wäre kamentösen Behandlungsstrategie verbessern kann. ein nachhaltigerer Effekt zu erzielen gewesen, hätte man Diese positiven Effekte scheinen jedoch nach Verlas- die Therapeuten, die sich um die Fortführung der Behand- sen der Klinik nicht weiter messbar fortzubestehen. lung Patienten nach der Entlassung gekümmert haben, Daher wäre eine behandlungssektorübergreifende ebenso in der SDMPLUS-Intervention geschult, und letzt- Strategie in künftigen Studien hinsichtlich einer lich auch die Schulungsangebote für die Patienten, bei- nachhaltigeren Verbesserung empfehlenswert. spielsweise über elektronische Formate, fortgeführt. 442 Heres S et al. Shared Decision Making Nervenheilkunde 2021; 40: 436–444 | © 2021. Thieme. All rights reserved.
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CME-Fortbildung Punkte sammeln auf CME.thieme.de Diese Fortbildungseinheit ist bis zu 12 Monate online für die Teilnahme verfügbar. Den genauen Einsendeschluss finden Sie beim Modul auf https://cme.thieme.de/CXGRKIE. Sollten Sie Fragen zur Online-Teilnahme haben, finden Sie unter https://cme.thieme.de/hilfe eine ausführliche Anleitung. Wir wünschen viel Erfolg beim Beantworten der Fragen! Unter https://eref.thieme.de/CXGRKIE oder über den QR-Code kommen Sie direkt zum Artikel. VNR 2760512021160211169 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Frage 1 Frage 4 Mit dem Begriff „shared decision making“ (SDM) beschreibt man … SDMPLUS-Training umfasst … A die gemeinsame Entscheidung von Patient und Angehörigen A Workshops für Angehörige von psychisch Erkrankten. im Rahmen eines professionell angeleiteten Gespräches. B virtuelle Informationsangebote für Angehörige von psychisch B die gemeinsame Entscheidung mehrerer medizinischer Fach- Erkrankten. disziplinen in Form eines multidisziplinären Boards. C eModule mit Entscheidungsalgorithmen in der Antipsychoti- C die gemeinsame Entscheidung von gesetzlichem Betreu- katherapie. er und Vertretern des Behandlungsteam nach festgelegten D einen circa einjährigen Fachkurs. Checklisten. E Patiententraining in Kommunikationstechniken sowie paralle- D die gemeinsame Entscheidung von Patient und Behandler le Workshops für Behandlungsteams in den SDMPLUS-Techni- nach beiderseitigem Austausch von Informationen zum Ent- ken (double empowerment strategy). scheidungsgegenstand. E die Entscheidung des Patienten nach Durchsicht von virtuell Frage 5 aufbereiteten evidenzbasierten Informationsmaterialien. In der beschriebenen SDMPLUS-Studie wurden Patienten … A im ambulanten Behandlungssetting untersucht. Frage 2 B mit einer schweren Depression eingeschlossen. Das Konzept des SDM … C im tagklinischen Behandlungssetting einbezogen. A wird von Patienten weitestgehend abgelehnt. D im Rahmen eines akutpsychiatrischen vollstationären Aufent- B wird von Psychiatern zu nahezu 95 % in allen Entscheidungs haltes in einem geschützten Setting um ihre Teilnahme gebe- situationen angewandt. ten. C ist in vielen Bereichen der Psychiatrie zwar allseits gewünscht, E mit der Grunderkrankung einer Schizophrenie ohne Einwil- wird aber wenig angewandt. ligung aufgrund der nicht gegebenen Einwilligungsfähigkeit D kann im psychiatrischen Setting aufgrund der eingeschränk- in der Akutphase der Erkrankung mit Zustimmung der Ethik- ten Krankheitseinsicht der Patienten, die an Schizophrenie lei- kommission erstmals rekrutiert. den, kategorisch nicht angewandt werden. E kann nur in Notfallsituationen angewandt werden. Frage 6 An der Studie nahmen … Frage 3 A Patienten aus Kliniken in insgesamt 7 europäischen Ländern SDMPLUS wiederum … teil. A führt zu besseren Ergebnissen als klassisches SDM in allen kli- B Angehörige aus dem Landkreis München teil. nischen Settings. C Patienten und deren Angehörige aus den deutschsprachigen B ersetzt das klassische SDM komplett und sollte ausschließlich Ländern der EU teil. Anwendung finden. D Patienten und Behandlungsteams von 12 Akutstationen aus C verwendet z. B. Techniken der motivationalen Gesprächsfüh- 5 Kliniken teil. rung (motivational interviewing). E ausschließlich Trialoggruppen aus Angehörigen, Patienten D ist bisher nur theoretisch verfügbar, aber wurde noch nie in und einem Arzt teil. einer Studie untersucht. E existiert nur für andere Fachbereiche, aber nicht in der Psychi atrie. Nervenheilkunde 2021; 40: 445–446 | © 2021. Thieme. All rights reserved. 445
CME-Fortbildung Punkte sammeln auf CME.thieme.de Fortsetzung … Frage 7 Frage 9 Die Randomisierung der Studie erfolgte … Das Messinstrument für den primären Endpunkt der Studie war A doppelblind und placebokontrolliert. die … Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. B im Matching-Verfahren. A PANSS-Skala. C durch ein Mirror-Image-Verfahren. B CGI-S-Skala. D in Form einer Einzelrandomisierung jedes teilnehmenden Pa- C MARS-Skala. tienten. D PSP-Skala. E als Cluster-Randomisierung, d. h. die Stationen wurden ein- E SDM-Q-9-Skala. malig randomisiert, nicht aber die Teilnehmer selbst. Frage 10 Frage 8 Die Intervention wirkte sich … Die Ergebnisse der SDMPLUS-Studie zeigten zugunsten der Inter- A auf Patienten, die entgegen ihrem Willen in die stationäre Be- vention … handlung aufgenommen worden waren, hinsichtlich der er- A eine statistisch signifikant erhöhte subjektiv erlebte Einbezie- lebten Einbeziehung in Entscheidungsprozesse in etwa ver- hung der Teilnehmer in Entscheidungsprozesse. gleichbar aus wie auf die freiwillig stationär aufgenommenen B deutlich niedrigere Rehospitalisierungsraten in der Postinter- Teilnehmer. ventionsphase. B auf Patienten, die dokumentierte Aggressionshandlungen C eine Verdoppelung der Compliance mit der verordneten aufwiesen, besonders effektiv aus. Medikationseinnahme nach Entlassung aus der stationären C auf Patienten, die Zwangsbehandlungen in der Präinterventi- Behandlung. onsphase erlebt hatten, in besonders hohem Maße aus. D eine messbare Zunahme der therapeutischen Allianz bis zum D bei allen Patienten mit einer Verkürzung der Dauer bis zum Endpunkt der Nachbeobachtung nach 12 Monaten. ersten Alleinausgang von der geschützten Station aus. E eine Zunahme der Diskussionsdauer der Entscheidungsfin- E vor allem in der Postinterventionsphase bei Patienten mit do- dungsprozesse während des stationären Aufenthaltes um kumentierten freiheitsentziehenden Maßnahmen in Form circa 30 %. einer signifikant erhöhten therapeutischen Allianz aus. 446 Nervenheilkunde 2021; 40: 445–446 | © 2021. Thieme. All rights reserved.
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