Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion - ein pharmakologisches Ensemble zur Schmerzbekämpfung - Dr. med. Peter Klose

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Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion - ein pharmakologisches Ensemble zur Schmerzbekämpfung - Dr. med. Peter Klose
Forschung an der TU Bergakademie Freiberg

  Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion – ein
 pharmakologisches Ensemble zur Schmerzbekämpfung
                                              Peter Klose1, Rolf-Michael Wagner2, Gerhard Roewer3

Die BLZ Geotechnik Service GmbH ist ein
langjähriges Mitglied des VFF und Koopera-
tionspartner unserer TU. Neben hauptsächlich
schon realisierten gemeinsamen geotechnischen
Forschungsvorhaben (z. B. zur Bodensanierung)
stand auch ein von medizinischer Zielstellung
geprägtes Projekt im Fokus der Kooperation.

Einleitung123
    Der Einsatz von polymeren Silici-
umverbindungen in Medikamenten
zur Erhöhung ihrer pharmakologischen
Wirksamkeit ist bisher eher selten, aber
dennoch Gegenstand der Forschung.
Ihre speziellen Eigenschaften verleihen
Silikon-Molekülen den Charakter einer
„Brücke“ zwischen anorganischen und
organischen Molekülen. Ein Beispiel für
deren erfolgreiche Anwendung als Haupt-              Abb. 1: Phasen und Phasengrenzregion in DMSO-haltigen Silikonöl-in-Wasser- bzw. Doppelemulsionen
komponente zum Design von medizinisch                vom Typ Öl in Wasser in Öl und Wasser in Öl in Wasser
relevanten Wasser/Öl-Emulsionen ist die
Emulsion IMMUNAinjekt.                               Interaktionen zwischen den Methylgrup-
    Ineinander fast unlöslich und doch               pen von DMSO und denen des Silikonöls,
vereint — dieses Phänomen kennzeichnet               speziell in der Phasengrenzregion.
eine Emulsion, ein Phasensystem aus zwei
ineinander nahezu insolublen Flüssigkei-             Zusammensetzung und therapeuti-
ten, in dem jeweils die eine davon in der            sche Effekte der DMSO-Emulsion
anderen hochdispers verteilt vorliegt, wie               Auf der Basis dieser grundlegenden
im Falle der Kombination von Wasser/Sili-            Vorstellungen ist während einer fast zwan-
konöl („Dimeticon“), Abb. 1. Durch Zugabe            zigjährigen Forschungsphase — unter Mit-                Tab. 1: Zusammensetzung der therapeutischen
geeigneter Additive gelingt sowohl das               wirkung von Studenten und Mitarbeitern                  DMSO-Emulsion IMMUNAinjekt
„Umschalten“ der jeweils dispersen Phase             des Instituts für Anorganische Chemie
des Systems — Öl in Wasser↔Wasser in                 der TU Bergakademie Freiberg — eine                     einer DMSO-Emulsion können variabel
Öl — als auch die Herstellung sog. Dop-              definierte, optimierte Rezeptur (Zusam-                 dosierbare Mengen von DMSO effektiv
pelemulsionen: Wasser in Öl in Wasser bzw.           mensetzung, Herstellungstechnologie,                    injiziert werden, um die positiven Effekte
Öl in Wasser in Öl (Ö/W/Ö vs. W/Ö/W),                Stabilität, Verträglichkeit) für den Einsatz            dieses Therapeutikums zu nutzen, wobei
wobei die innere Region eines Tropfens               in der Humanmedizin entwickelt worden.                  die damit in den Körper eingebrachten
wiederum eine Emulsion ist. Mittlerwei-              Derzeit wird sie in Eigenherstellung auf                DMSO-Konzentrationen weit unterhalb
le lassen sich solche Systeme auch maß-              Lizenzbasis produziert, Tab. 1.                         ihres toxischen Niveaus (1 g DMSO/kg
schneidern, u. a. für die Aufnahme von                   Diese DMSO-haltige Emulsion mit                     Mensch, d. h. 70 g DMSO pro Patient mit
Therapeutika. Wirkstoffe, wie etwa DMSO              den beiden Phasenbildnern (a) Wasser                    70 kg Gewicht!) liegen: Bei einer Dosis im
(Dimethylsulfoxid), können im Bereich der            (isotonische NaCl-Lösung, die auch noch                 Bereich 5–25 ml Emulsion (vgl. Abschnitt
Phasengrenzregion dispers eingeschlos-               den Metall-Komplexbildner EDTA in sehr                  Applikation und Dosierung) beträgt die
sen und so effektiv innerhalb des mensch-            geringer Konzentration enthält) und (b)                 mit der Emulsion injizierte DMSO-Menge
lichen Körpers transportiert werden. Das             Silikonöl (Dimeticon 350) wird durch hy-                lediglich 0,075–0,375 g pro Patient. Die
polare DMSO-Molekül ist hydrophil und                dro- und amphiphile Agenzien stabilisiert:              durch die Behandlung mit dieser Emulsion
sollte deshalb (wie im unteren Teil der Abbil-       Sorbitantrioleat, Cetylstearylalkohol, Poly-            dem Patienten applizierte DMSO-Konzent-
dung 1 schematisch gezeigt) vorrangig mit            sorb 80, Glycerol. Sie wird bereits in aus-             ration ist somit äußerst gering. Das in dem
Wassermolekülen wechselwirken. Hinzu                 gewählten medizinischen Einrichtungen                   hydrophil/hydrophoben Emulsionsgebilde
kommen die schwächeren hydrophoben                   erfolgreich parenteral eingesetzt.                      gebundene DMSO kreiert temporär und
                                                         DMSO besitzt eine relativ große the-                reversibel eine relativ hohe Permeabilität
1 Dr. med. Peter Klose, Grabow                       rapeutische Bandbreite.4 Auf der Basis                  von biologisch relevanten Membranen (bi-
2 Dr.-Ing. Rolf-Michael Wagner, Gommern
3 Prof. em. Dr. rer nat. habil. Gerhard Roewer,      4 Vgl. auch Morton Walker: „DMSO, das Heil-
                                                                                                             layers). D. h., es besitzt auch diese schon
  TU Bergakademie Freiberg, Institut für               mittel der Natur“, ISBN 978-3-86445-419-6,            von „freiem“ DMSO her bekannte einzig-
  Anorganische Chemie                                  Kopp Verlag, Febr. 2017                               artige Fähigkeit, lebendes Gewebe (ohne

 72                    AC AMONTA 24 (2017) – Peter Klose, Rolf-Michael Wagner, Gerhard Roewer: Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion
Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion - ein pharmakologisches Ensemble zur Schmerzbekämpfung - Dr. med. Peter Klose
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                                                                                                                                                                 Erkrankungen mit immunologischem
                                                                                                                                                              Hintergrund bzw. solche, bei denen ver-
                                                                                                                                                              mehrt ROS gebildet werden, sind die Zielge-
                                                    Ca- bzw.                                                                                                  biete für den Einsatz der DMSO-Emulsion:
                                                    Fluoreszenz-Marker
                                                                                                                        hydrophil                             −− Infekte (bakterieller oder viraler
                                                                                                                                                                 Genese)
© De Menorval et al. PLoS ONE: 7, 2012, e4 1733

                                                                                                                                                              −− Schmerzen (postoperative Schmer-
                                                                                                                                                                 zen, Schmerzen des Muskelskelett-
                                                                                                                                           hydrophob
                                                                                                                                                                 systems, Tumorschmerzen)
                                                                                                                                                              −− Tumorerkrankungen (auch palliativ
                                                                                                                        hydrophil                                bei fortgeschrittenem Erkrankungs-
                                                                                                                                                                 stadium)
                                                                                                                                                              −− weitere neoplastische Erkrankungen
                                                  Abb. 2: Permeation von DMSO durch eine Phospholipid-Doppelmembran                                           −− Rheumatoide Arthritis
                                                                        De Menorval et al. PLoS ONE: 7, 2012, e4 1733                                         −− Autoimmunerkrankungen (Rheuma,
                                                  signifikanten Schaden) zu durchdringen,              ˙OCnHm, ˙OOCnHm, das Superoxidanion                       Multiple Sklerose, Parkinson, Neuro-
                                                  Abb. 2.                                              (˙O2-) wie auch reaktive Stickstoffradikal-               dermitis, Allergien)
                                                      Die siliciumhaltige Komponente, Di-              Spezies (RNS): Stickstoffmonoxyd (˙NO).                −− Erschöpfungszustände unklarer Ge-
                                                  meticon, erleichtert, bedingt durch ihre —           Infolge ihrer hohen Reaktivität können                    nese (chronisches Erschöpfungssyn-
                                                  wenn auch relativ schwache — Wechsel-                Radikale in biologischen Systemen grund-                  drom, Burnout, Manager-Syndrom)
                                                  wirkung mit dem DMSO, dessen Zugang                  sätzlich zerstörend wirken. Andererseits               −− Multimorbidität bei geriatrischen
                                                  zu Lipidregionen und unterstützt dort so-            macht gerade diese große Reaktionsbereit-                 Patienten
                                                  mit den Transport des Therapeutikums                 schaft sie in niedrigen Konzentrationen                −− Minderung der Nebenwirkungen bei
                                                  im Körper. Das DMSO kann demzufolge                  zu wichtigen Signalträgern, vgl. Abb. 3. Es               immundepressiven Therapien und
                                                  sowohl mit den hydrophilen äußeren Grup-             kommt also darauf an, sie zu „bändigen“                   Bestrahlungen
                                                  pen („Kopfgruppen“) der Doppelschicht                — ihre Konzentration und Reaktivität so
                                                  wechselwirken und Wassermoleküle von                 zu steuern, dass ihre Wirkung im phy-                  Applikation und Dosierung
                                                  dort verdrängen als auch in die innere,              siologisch relevanten Bereich gehalten                     Die DMSO-Emulsion wird streng nach
                                                  hydrophobe Lipidschicht eindringen und               wird. In einer gesunden Zelle kommt es                 klinischen Gesichtspunkten appliziert.
                                                  dabei kurzzeitig Kanäle/Poren schaffen               naturgemäß immer mal zu einer vorü-                    Die Initialdosis wird im Bereich 1–5 ml
                                                  bzw. öffnen. Wie in Abbildung 2 gezeigt,             bergehenden Zunahme der Konzentration                  Emulsion gewählt und subcutan (sc.) bzw.
                                                  wird dadurch die Zellplasma-Membran                  von reaktiven Sauerstoff- und Stickstoff-              intramuskulär (im.) injiziert, wobei die
                                                  für Fluoreszenzmarker signifikant auf-               Radikalen, sog. ROS und RNS, die eine                  subcutane der intramuskulären Applika-
                                                  nahmefähiger und durchlässiger.                      Schlüsselrolle in Signalübertragungspro-               tion vorzuziehen ist. Der Applikationsort
                                                      Nach dem bisherigen Erkenntnisstand              zessen und beim Schutz gegen Krank-                    wird intraglutäal (nach Hochstätter) aus-
                                                  beruhen die therapeutischen Wirkungen                heitserreger innehaben. Abbildung 3 führt              gewählt. Die DMSO-Emulsion wird lang-
                                                  des DMSO                                             die möglichen Veränderungen im zellu-                  sam und schmerzfrei appliziert. Zu Beginn
                                                  −− auf der Modulierung von immunolo-                 lären ROS-Radikal-Niveau — klassifiziert               der Behandlung werden je nach Schwere
                                                      gischen Effekten — sowie                         nach speziellen temporären Situationen                 der Erkrankung täglich 2,5 bis 5 ml der
                                                  −− in hohem Maße auf anti-oxidativen                 im menschlichen Körper — vor Augen.                    DMSO-Emulsion sc. injiziert. Bei starken
                                                      chemischen Prozessen des Abfan-                  Vorübergehende Erhöhungen dieses Ni-                   Schmerzen, z.B. bei onkologischen Erkran-
                                                      gens von ROS- und RNS-Radikalspe-                veaus sind für physiologische Funktionen,              kungen, wird die Dosis bis zur positiven
                                                      zies — sowie                                     wie etwa die Signalübertragung oder die                Schmerzbeeinflussung erhöht. Diese so
                                                  −− auf einer (bislang allerdings nur                 Vernichtung von Krankheitserregern (z. B.              ermittelte Tagesdosis kann auf zwei täg-
                                                      vermuteten) Intensivierung des                   von Bakterien und Viren im Wege der Pha-               liche Einzeldosen verteilt werden. Sobald
                                                      Abtransports von Produkten der                   gozytose), lebenswichtig, während chro-                eine klinische Besserung eintritt, kann
                                                      Apoptose und der Phagozytose aus                 nische Erhöhungen schädigend wirken                    die tgl. Dosis wieder reduziert werden.
                                                      dem Extrazellularraum.                           und Krankheiten verursachen.                           („Neutralisation“ der Überproduktion an
                                                  Unsere Untersuchungen sind insbeson-                                                                        reaktiven Sauerstoffspezies).
                                                  dere auf die Kontrolle/Steuerung der                                                                            Unerwünschte Nebenwirkungen wur-
                                                  Konzentration von biologisch relevanten                                                                     den bisher nicht festgestellt. Unsere Er-
                                                  Radikalen fokussiert.                                                                                       fahrungen — gewonnen aus einer langen
                                                      In biologischen Systemen sind Radikale                                                                  Reihe von Einzelbeobachtungen bei der
                                                  allgegenwärtig. Sie erfüllen essenzielle                                                                    Behandlung von Patienten mit unter-
                                                  Aufgaben, sind aber generell toxisch für                                                                    schiedlichen Arten von Erkrankungen —
                                                  die Zelle, deren Funktionsmechanismen                                                                       zeigen eindeutig, dass die Therapie mit
                                                  und den gesamten Organismus. Radika-                                                                        dieser DMSO-Emulsions-Rezeptur sogar
                                                  lische Sauerstoffspezies (reactive oxygen                                                                   positive Nebeneffekte verursacht: bessere
                                                  species, ROS) spielen dabei eine sehr wich-                                                                 Leistungsfähigkeit des Muskel-, Skelett-
                                                  tige Rolle: das Hydroxyl-Radikal (˙OH),              Abb. 3: Zeitabhängige Schwankungen des zellulären      und Nervensystems sowie eine Verbes-
                                                  organische Oxy- und Peroxy-Radikale                  ROS-Konzentrationsniveaus im Organismus                serung der Hautbeschaffenheit.

                                                                        AC AMONTA 24 (2017) – Peter Klose, Rolf-Michael Wagner, Gerhard Roewer: Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion            73
Forschung an der TU Bergakademie Freiberg

Erfahrungen aus der Behandlung                           der Borreliose eröffnet sich mit dieser               somit zur Verbesserung der Lebensqua-
einzelner Patienten: Optimierung                         Emulsion ebenfalls eine neue, effiziente              lität beitragen können, liefert die komple-
des Dosis-Wirkprinzips                                   Methode.                                              mentäre Anwendung von Chemotherapie
   Die bisher mit der DMSO-Emulsion                                                                            und DMSO-Emulsionsinjektion, verifiziert
behandelten zahlreichen Patienten las-                   Studien                                               durch eine klinische Studie. Der Gewinn
sen sich bezüglich des zu wählenden                          Eine Studie auf der Basis der Bewer-              an Lebensqualität bei einer Patientinnen-
Applikations-Prozederes in drei Gruppen                  tungskriterien Beurteilung der Ergebnis-              Gruppe mit fortgeschrittenem Mammakar-
einteilen:                                               se der Behandlung von multimorbiden                   zinom, deren Mitgliedern zusätzlich zur
−− Patienten, die das Präparat zur                       Patienten mit dem Präparat durch den                  Standardtherapie — Chemotherapie — die
   Gesundheitsvorsorge erhalten                          Patienten sowie durch den Arzt (Wirk-                 in Rede stehende DMSO-Emulsion injiziert
−− Patienten mit nachgewiesenen                          samkeit, Verträglichkeit, Erfassung von               worden war im Vergleich zu einer Patien-
   Erkrankungen (z. B. Autoimmun-                        Nebenwirkungen) mittels deskriptiver Sta-             tinnen-Gruppe ohne DMSO-Behandlung
   erkrankungen)                                         tistik (Mittelwert, Standardabweichung)               ist aus Abbildung 4 deutlich abzulesen: Die
−− Patienten mit akuten Krebs-                           für 640 Patienten sowie 15 Ärzte ergab,               Verbesserung der Lebensqualität durch
   erkrankungen                                          dass 88,5 % der Ärzte und 83,6 % der Pa-              die DMSO-Applikation nach 17 Visiten —
Zur ersten Gruppe zählen Patienten, die                  tienten die Wirksamkeit der Behandlung                indiziert über den Karnovsky-Index — ist
mehr als zwei Mal im Jahr an Virusin-                    mit „gut“ und „sehr gut“ bewerteten; die              hochsignifikant. In die Analysepopulation
fekten erkranken, die immer wieder an                    Verträglichkeit befanden 99,1 % der Ärzte             (ITT, intention to treat) wurden 46 Patien-
periodisch auftretenden Erschöpfungszu-                  und 98,2 % der Patienten für gut und sehr             tinnen einbezogen.
ständen leiden — und jene, die zu bestimm-               gut. Die DMSO-Emulsion kann demnach                       Die DMSO-Emulsion ist gemäß dieser
ten Jahreszeiten körperliche und seelische               zur Verbesserung des Befindens bei Pa-                Studie das Mittel der Wahl zum Einsatz
Leistungsminderungen verspüren, ohne                     tienten mit recht unterschiedlichen Dia-              bei allen mit Schmerz verbundenen Er-
dass konkrete Erkrankungen gefunden                      gnosen erfolgversprechend angewendet                  krankungen. Die belastenden Effekte
werden. Diese Patienten erhalten das Me-                 werden.                                               eventueller Sekundärinfektionen wer-
dikament nach einer Sofortinjektion dann                     Die Eignung der DMSO-Emulsion als                 den durch diese Behandlung ebenso
14- bis 28-täglich in einer Dosierung von                zusätzliches Medikament während einer                 minimiert wie die Schwere des Verlaufs
jeweils 3 bis 5 ml sc.                                   Chemotherapie (adjuvante Krebstherapie)               akuter Infektionserkrankungen, solange
   Zur zweiten Gruppe zählen Patienten                   ist bisher schon durch zahlreiche Heilver-            der Körper noch eigene Widerstandskraft
mit Autoimmunerkrankungen, wie Lu-                       suche belegt worden. Die Chemotherapie                aufzubauen vermag. Die hohe Signifikanz
pus Erythemathodus, Multiple Sklerose,                   ist in ihrer Effektivität bekanntlich gene-           in der Verbesserung der Lebensqualität
Rheuma etc. In diesen Fällen wird nach                   rell begrenzt und auch mit z. T. erheblichen          und der Schmerzreduktion bei guter
einem festen Schema verfahren. Je nach                   Nebenwirkungen verbunden, z. B. im Fall               Verträglichkeit der DMSO-Emulsion er-
Schwere und Art der Erkrankung werden                    von Brustkrebs. Daraus resultieren schwe-             laubt deren breiten Einsatz in großen
der Spritzrhythmus und die Einzeldosie-                  re Beeinträchtigungen der Lebensqualität.             Patientengruppen.
rung festgelegt. Klinisch positive Effekte               Ein positives Ergebnis bei der Suche nach
sollten hier nach kürzester Zeit eintreten.              geeigneten Therapieformen, die insbeson-              Wirkmechanismus
Bei Patienten mit akuten Krebserkran-                    dere bei Patientinnen mit fortgeschritte-                Der Wirkmechanismus der DMSO-
kungen wird die DMSO-Emulsion in der                     nem Mamma-Karzinom das Ausmaß der                     Emulsion ist bis dato noch nicht voll-
Regel täglich gespritzt. In der Therapie                 systemischen Toxizität reduzieren und                 ständig aufgeklärt. Das DMSO-Molekül
                                                                                                               greift spezifisch in die Regulation des
                                                                                                               Immunsystems ein — vorrangig in die
                                                                                                               des angeborenen Immunsystems (innate
                                                                                                               immune response): z. B. in die Aktivität der
                                                                                                               Makrophagen, Abb. 5.
                                                                                                                  Der Prozess der Phagozytose — Ein-
                                                                                                               hüllen und Zerstören eindringender Mi-
                                                                                                               kroorganismen in diese(n) Fresszellen
                                                                                                               über eine Entzündungsreaktion — ist
                                                                                                               eine prinzipielle Antwort des zellulären
                                                                                                               Immunsystems. Hinzu kommt die Be-
                                                                                                               seitigung abgestorbener (apoptotischer)
                                                                                                               Zellen. Makrophagen lösen vor Ort eine
                                                                                                               lokale Entzündungsreaktion aus, wo-
                                                                                                               bei - neben reaktiven Sauerstoffspezies
                                                                                                               ROS (˙O2-, H2O2, ˙OH, ˙NO sowie das
                                                                                                               aus ˙O2- und ˙NO gebildete Peroxynitrit,
                                                                                                               ONOO -) — auch Proteine und Lipide frei-
                                                                                                               gesetzt werden. Die Transkriptionsfakto-
                                                                                                               ren NF-κB und AP-1 werden durch die
Abb. 4: Verbesserung der Lebensqualität der an Brustkrebs erkrankten Patientinnen durch die Applikation der    reaktiven Sauerstoffspezies besonders
IMMUNAinjekt-Emulsion – indiziert durch den Karnofsky-Index (ITT)                                              intensiv aktiviert. NF-κB reguliert die

 74                      AC AMONTA 24 (2017) – Peter Klose, Rolf-Michael Wagner, Gerhard Roewer: Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion
˙O2- -Radikal („leak“ in der Atmungskette)
                                                                                                              und Wasserstoffperoxid generiert eben-
                                                                                                              falls ˙OH-Radikale, Abb. 6.
                                                                                                                  Prinzipiell verhindern bzw. begren-
                                                                                                              zen die neben den Abbausubstanzen
                                                                                                              freigesetzten Entzündungsmediatoren
                                                                                                              den durch außer Kontrolle geratene Ra-
                                                                                                              dikalproduktion entstandenen Schaden.
                                                                                                              In diesem Kontext wird auch die Rolle
                                                                                                              von DMSO gesehen. Es wirkt — wie in
                                                                                                              Tierexperimenten festgestellt — selbst in
                                                                                                              septischen Situationen auf die von Neu-
                                                                                                              trophilen, Makrophagen und Monozyten
                                                                                                              provozierte Immunantwort. Die DMSO-
                                                                                                              Emulsion zeigt ebenfalls diese entzün-
                                                                                                              dungshemmende, analgetisch antioxida-
                                                                                                              tive und immunmodulierende Wirkung.
                                                                                                                  Die spezifische Interaktion mit der
                                                                                                              durch Stimuli (z. B. durch Lipopolysac-
                                                                                                              charide, LPS) ausgelösten proinflamm-
Abb. 5: Phagozytose – Immunabwehr und Entzündung mit Radikalgenese im Körper                                  atorischen Kaskade durch das Abfangen
                                                                                                              von reaktiven Sauerstoffspezies bedingt
Aktivierung von proinflammatorischen                    Mitte. Die Schädigungen erreichen im Fall             eine Hemmung des nuklearen Regulator-
Zytokinen (Interleukin-1, Interleukin-6                 der Pathomechanismen einer Sepsis ein                 proteins NF-κB. Dadurch wird die pro-
und Tumornekrosefaktor-α) sowie das                     extrem großes Ausmaß: Gerinnungsakti-                 inflammamatorische Kaskade mit der
Makrophage-inflammatorische Protein                     vierung sowie Störung von Permeabilität               intensivierten sowie zeitlich verlänger-
MIP-2. Die hochreaktiven Sauerstoff-                    und Mikrozirkulation in Konsequenz der                ten Bildung von Zytokinen (IL-3…IL-6),
Spezies schädigen — bei der Abtötung                    intensivierten Bildung von ROS und ˙NO.               dem vasodilatorisch5 wirksamen ˙NO,
von Pathogenen sowie apoptotischer, ne-                    Das ˙OH-Radikal als das reaktions-                 dem Platelet Activating Faktor (PAF, löst
krotischer und entarteter körpereigener                 freudigste Sauerstoffradikal im biolo-                Thrombozyten-Aggregation aus) und den
Zellen — auch das umliegende Gewebe.                    gischen System kann mit nahezu allen                  in Abbildung 5 aufgeführten oxidierenden
Eine erhöhte Konzentration von ROS im                   biologischen Molekülen (Lipiden, Prote-               Spezies inhibiert. In seiner Eigenschaft als
Gewebe führt zur Lipidperoxidation, deren               inen, Nukleinsäuren, Kohlenhydraten)                  Radikalfänger blockt DMSO generell die
quantitatives Ausmaß sich durch Mes-                    im lebenden Organismus reagieren. Das                 toxischen Effekte der Radikale ˙OH, ˙O2-
sung der Malondialdehyd-Konzentration                   Radikal entsteht über die Fenton-Reaktion,            bzw. des Peroxynitrits, Abb. 6. D.h. deren
bestimmen lässt. Eine unzureichende                     Abb. 6 oben. Sie wird von Eisen(II)- und              schädliche Überproduktion als Antwort
Kontrolle bzw. übermäßige Produktion                    Kupfer(II)-Ionen katalysiert. Die Haber               auf Stress-Situationen im Körper — z. B. in
von Radikalen führt zur Entstehung                      Weiss-Reaktion zwischen dem u. a. in der              Mytochondrien, im Haber-Weiss-Prozess
verschiedener Krankheiten, vgl. Abb. 5,                 mitochondrialen Atmungskette gebildeten               sowie über das Bildungsgleichgewicht
                                                                                                              von PON — wird durch das sehr schnelle
        Fenton:
                                                                                                              Abfangen der Radikale (Geschwindig-
         Fe2+ + H2O2 → ●OH + OH- + Fe3+
                                                                                                              keitskonstante für ˙OH-Abfang: k= 6x109
        Haber-Weiss:                                                                                          M-1s-1) geblockt. In aktivierten Phagozyten
         H2O2 + O2- → ●OH + HO- + O2                                                                          reagiert DMSO — wie in Abbildung 6 formu-
                                                                                                              liert — mit dem ˙OH-Radikal, wobei auch
                            PON     Radikalkäfig
                                                                                                              Methan freigesetzt werden sollte. D. h.,
         H+ + ●O2- + ●NO → ONOOH ↔ [HO● ●NO2]
                                                            Methansulfinsäure                                 das Methylradikal ˙CH3 reagiert unter sog.
         Abfang von ●OH:                     HO● + (H3C)2SO → H3CS(O)OH + ●CH3                                H-Abstraktion mit Komponenten in seiner
                                                                                                              Umgebung, kann aber auch per Addition
                                             Methansulfonsäure
                           H3CS(O)OH + ONOOH → H3CS(O)2OH + NO2- + H+                                         an die C=C-Doppelbindungen der Additive
                                                                                                              Sorbitantrioleat oder Polysorbat 80 ohne
                                                                                                              Methanbildung gebunden werden.
                                                                                                                  Eigene im Rahmen von Qualifizierungs-
              -C + ●CH3                -C-CH3                                                                 arbeiten durchgeführte In-vitro-ESR-
                                                                                                              spektroskopische Untersuchungen (sog.
              -C + ●CH3                 -C-CH3
                                                                                                              spin trapping mit Phenyl-tert-butylnitron)
                                                                                                              belegen eindeutig, dass das in der DMSO-
                                                                                                              Emulsion enthaltene DMSO-Molekül zum
DMSO-Emulsion                ROS-Konz.-Steuerung: Mediatoren ↔ lokale ●OH-Genese                              Abfangen von ˙OH-Radikalen befähigt
                                                physiologisch   pathophysiologisch
Abb. 6: DMSO als Radikalfänger im biologischen System                                                         5 gefäßerweiternd

                        AC AMONTA 24 (2017) – Peter Klose, Rolf-Michael Wagner, Gerhard Roewer: Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion            75
Forschung an der TU Bergakademie Freiberg

                                                                                                                               LPS
                                                                                                                               R●

                                                                                                                     ●O2-, ●OH ROS
                                                                                                                                               NF-κB
                                                                                                                   DMSO
                                                                                                                                             p50    p65
                                                                                                         ROS           makromolekularer
                                                                                                                       Schaden
                                                                                                                              DMSO    proinflammatorische Mediatoren
                                                                                                                   ●O2- + ●NO → ONOO-

                                                                                                                        iNOS            AP-1       p50    p65
                                                                                                           ●NO

                                                                                                      Abb. 8: Eingriff von DMSO in eine proinflammatorische Kaska-
                                                                                                      de (LPS: Lipopolysaccharid, iNOS: induzierbare NO-Synthase,
                                                                                                      NF-κB: Nuklearfaktor kappa B, AP-1:Aktivatorprotein)

Abb. 7: ESR-spektroskopischer Radikalnachweis: Spin trapping mit Phenyl-tert.-Butylnitron in der
Emulsion

ist, Abb. 7. Das vom ˙OH- freigesetzte,                  der ROS — bis hin zum „Umschalten“ von                nahezu vollständig blockt und die Wir-
ebenfalls kurzlebige Methylradikal ˙CH3                  den sogenannten pathophysiologischen in               kung der Transkriptionsfaktoren AP-1
reagiert mit dem Nitron zum langlebigen                  die normalphysiologischen Funktionen —                hemmt sowie den Anstieg des proinflamm-
Nitroxid-Radikal („Sekundär-Radikal“,                    in der Rolle als regulatorisch wirkendes              atorischen Faktors TNF-α verhindert. Die
oben im Bild), das ESR-spektroskopisch                   Molekül. Bei der Analyse von in Tierex-               Hemmung des NF-k B durch das DMSO
anhand des Signalmusters (unten im Bild)                 perimenten („Maus-Modell“) ausgelösten                unterdrückt auch die „Überproduktion“
identifiziert werden kann.                               septischen Situationen zeigte sich, dass              von ˙NO.
    Die DMSO-Emulsion eröffnet somit die                 DMSO — neben dem Abfangen von ROS —                      Abbildung 8 fasst diese Effekte sche-
Möglichkeit zur Konzentrationssteuerung                  auch die Aktivierung des Faktors NF-kB                matisch zusammen.

 76                      AC AMONTA 24 (2017) – Peter Klose, Rolf-Michael Wagner, Gerhard Roewer: Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion
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