Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion - ein pharmakologisches Ensemble zur Schmerzbekämpfung - Dr. med. Peter Klose
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Forschung an der TU Bergakademie Freiberg Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion – ein pharmakologisches Ensemble zur Schmerzbekämpfung Peter Klose1, Rolf-Michael Wagner2, Gerhard Roewer3 Die BLZ Geotechnik Service GmbH ist ein langjähriges Mitglied des VFF und Koopera- tionspartner unserer TU. Neben hauptsächlich schon realisierten gemeinsamen geotechnischen Forschungsvorhaben (z. B. zur Bodensanierung) stand auch ein von medizinischer Zielstellung geprägtes Projekt im Fokus der Kooperation. Einleitung123 Der Einsatz von polymeren Silici- umverbindungen in Medikamenten zur Erhöhung ihrer pharmakologischen Wirksamkeit ist bisher eher selten, aber dennoch Gegenstand der Forschung. Ihre speziellen Eigenschaften verleihen Silikon-Molekülen den Charakter einer „Brücke“ zwischen anorganischen und organischen Molekülen. Ein Beispiel für deren erfolgreiche Anwendung als Haupt- Abb. 1: Phasen und Phasengrenzregion in DMSO-haltigen Silikonöl-in-Wasser- bzw. Doppelemulsionen komponente zum Design von medizinisch vom Typ Öl in Wasser in Öl und Wasser in Öl in Wasser relevanten Wasser/Öl-Emulsionen ist die Emulsion IMMUNAinjekt. Interaktionen zwischen den Methylgrup- Ineinander fast unlöslich und doch pen von DMSO und denen des Silikonöls, vereint — dieses Phänomen kennzeichnet speziell in der Phasengrenzregion. eine Emulsion, ein Phasensystem aus zwei ineinander nahezu insolublen Flüssigkei- Zusammensetzung und therapeuti- ten, in dem jeweils die eine davon in der sche Effekte der DMSO-Emulsion anderen hochdispers verteilt vorliegt, wie Auf der Basis dieser grundlegenden im Falle der Kombination von Wasser/Sili- Vorstellungen ist während einer fast zwan- konöl („Dimeticon“), Abb. 1. Durch Zugabe zigjährigen Forschungsphase — unter Mit- Tab. 1: Zusammensetzung der therapeutischen geeigneter Additive gelingt sowohl das wirkung von Studenten und Mitarbeitern DMSO-Emulsion IMMUNAinjekt „Umschalten“ der jeweils dispersen Phase des Instituts für Anorganische Chemie des Systems — Öl in Wasser↔Wasser in der TU Bergakademie Freiberg — eine einer DMSO-Emulsion können variabel Öl — als auch die Herstellung sog. Dop- definierte, optimierte Rezeptur (Zusam- dosierbare Mengen von DMSO effektiv pelemulsionen: Wasser in Öl in Wasser bzw. mensetzung, Herstellungstechnologie, injiziert werden, um die positiven Effekte Öl in Wasser in Öl (Ö/W/Ö vs. W/Ö/W), Stabilität, Verträglichkeit) für den Einsatz dieses Therapeutikums zu nutzen, wobei wobei die innere Region eines Tropfens in der Humanmedizin entwickelt worden. die damit in den Körper eingebrachten wiederum eine Emulsion ist. Mittlerwei- Derzeit wird sie in Eigenherstellung auf DMSO-Konzentrationen weit unterhalb le lassen sich solche Systeme auch maß- Lizenzbasis produziert, Tab. 1. ihres toxischen Niveaus (1 g DMSO/kg schneidern, u. a. für die Aufnahme von Diese DMSO-haltige Emulsion mit Mensch, d. h. 70 g DMSO pro Patient mit Therapeutika. Wirkstoffe, wie etwa DMSO den beiden Phasenbildnern (a) Wasser 70 kg Gewicht!) liegen: Bei einer Dosis im (Dimethylsulfoxid), können im Bereich der (isotonische NaCl-Lösung, die auch noch Bereich 5–25 ml Emulsion (vgl. Abschnitt Phasengrenzregion dispers eingeschlos- den Metall-Komplexbildner EDTA in sehr Applikation und Dosierung) beträgt die sen und so effektiv innerhalb des mensch- geringer Konzentration enthält) und (b) mit der Emulsion injizierte DMSO-Menge lichen Körpers transportiert werden. Das Silikonöl (Dimeticon 350) wird durch hy- lediglich 0,075–0,375 g pro Patient. Die polare DMSO-Molekül ist hydrophil und dro- und amphiphile Agenzien stabilisiert: durch die Behandlung mit dieser Emulsion sollte deshalb (wie im unteren Teil der Abbil- Sorbitantrioleat, Cetylstearylalkohol, Poly- dem Patienten applizierte DMSO-Konzent- dung 1 schematisch gezeigt) vorrangig mit sorb 80, Glycerol. Sie wird bereits in aus- ration ist somit äußerst gering. Das in dem Wassermolekülen wechselwirken. Hinzu gewählten medizinischen Einrichtungen hydrophil/hydrophoben Emulsionsgebilde kommen die schwächeren hydrophoben erfolgreich parenteral eingesetzt. gebundene DMSO kreiert temporär und DMSO besitzt eine relativ große the- reversibel eine relativ hohe Permeabilität 1 Dr. med. Peter Klose, Grabow rapeutische Bandbreite.4 Auf der Basis von biologisch relevanten Membranen (bi- 2 Dr.-Ing. Rolf-Michael Wagner, Gommern 3 Prof. em. Dr. rer nat. habil. Gerhard Roewer, 4 Vgl. auch Morton Walker: „DMSO, das Heil- layers). D. h., es besitzt auch diese schon TU Bergakademie Freiberg, Institut für mittel der Natur“, ISBN 978-3-86445-419-6, von „freiem“ DMSO her bekannte einzig- Anorganische Chemie Kopp Verlag, Febr. 2017 artige Fähigkeit, lebendes Gewebe (ohne 72 AC AMONTA 24 (2017) – Peter Klose, Rolf-Michael Wagner, Gerhard Roewer: Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion
.. Erkrankungen mit immunologischem Hintergrund bzw. solche, bei denen ver- mehrt ROS gebildet werden, sind die Zielge- Ca- bzw. biete für den Einsatz der DMSO-Emulsion: Fluoreszenz-Marker hydrophil −− Infekte (bakterieller oder viraler Genese) © De Menorval et al. PLoS ONE: 7, 2012, e4 1733 −− Schmerzen (postoperative Schmer- zen, Schmerzen des Muskelskelett- hydrophob systems, Tumorschmerzen) −− Tumorerkrankungen (auch palliativ hydrophil bei fortgeschrittenem Erkrankungs- stadium) −− weitere neoplastische Erkrankungen Abb. 2: Permeation von DMSO durch eine Phospholipid-Doppelmembran −− Rheumatoide Arthritis De Menorval et al. PLoS ONE: 7, 2012, e4 1733 −− Autoimmunerkrankungen (Rheuma, signifikanten Schaden) zu durchdringen, ˙OCnHm, ˙OOCnHm, das Superoxidanion Multiple Sklerose, Parkinson, Neuro- Abb. 2. (˙O2-) wie auch reaktive Stickstoffradikal- dermitis, Allergien) Die siliciumhaltige Komponente, Di- Spezies (RNS): Stickstoffmonoxyd (˙NO). −− Erschöpfungszustände unklarer Ge- meticon, erleichtert, bedingt durch ihre — Infolge ihrer hohen Reaktivität können nese (chronisches Erschöpfungssyn- wenn auch relativ schwache — Wechsel- Radikale in biologischen Systemen grund- drom, Burnout, Manager-Syndrom) wirkung mit dem DMSO, dessen Zugang sätzlich zerstörend wirken. Andererseits −− Multimorbidität bei geriatrischen zu Lipidregionen und unterstützt dort so- macht gerade diese große Reaktionsbereit- Patienten mit den Transport des Therapeutikums schaft sie in niedrigen Konzentrationen −− Minderung der Nebenwirkungen bei im Körper. Das DMSO kann demzufolge zu wichtigen Signalträgern, vgl. Abb. 3. Es immundepressiven Therapien und sowohl mit den hydrophilen äußeren Grup- kommt also darauf an, sie zu „bändigen“ Bestrahlungen pen („Kopfgruppen“) der Doppelschicht — ihre Konzentration und Reaktivität so wechselwirken und Wassermoleküle von zu steuern, dass ihre Wirkung im phy- Applikation und Dosierung dort verdrängen als auch in die innere, siologisch relevanten Bereich gehalten Die DMSO-Emulsion wird streng nach hydrophobe Lipidschicht eindringen und wird. In einer gesunden Zelle kommt es klinischen Gesichtspunkten appliziert. dabei kurzzeitig Kanäle/Poren schaffen naturgemäß immer mal zu einer vorü- Die Initialdosis wird im Bereich 1–5 ml bzw. öffnen. Wie in Abbildung 2 gezeigt, bergehenden Zunahme der Konzentration Emulsion gewählt und subcutan (sc.) bzw. wird dadurch die Zellplasma-Membran von reaktiven Sauerstoff- und Stickstoff- intramuskulär (im.) injiziert, wobei die für Fluoreszenzmarker signifikant auf- Radikalen, sog. ROS und RNS, die eine subcutane der intramuskulären Applika- nahmefähiger und durchlässiger. Schlüsselrolle in Signalübertragungspro- tion vorzuziehen ist. Der Applikationsort Nach dem bisherigen Erkenntnisstand zessen und beim Schutz gegen Krank- wird intraglutäal (nach Hochstätter) aus- beruhen die therapeutischen Wirkungen heitserreger innehaben. Abbildung 3 führt gewählt. Die DMSO-Emulsion wird lang- des DMSO die möglichen Veränderungen im zellu- sam und schmerzfrei appliziert. Zu Beginn −− auf der Modulierung von immunolo- lären ROS-Radikal-Niveau — klassifiziert der Behandlung werden je nach Schwere gischen Effekten — sowie nach speziellen temporären Situationen der Erkrankung täglich 2,5 bis 5 ml der −− in hohem Maße auf anti-oxidativen im menschlichen Körper — vor Augen. DMSO-Emulsion sc. injiziert. Bei starken chemischen Prozessen des Abfan- Vorübergehende Erhöhungen dieses Ni- Schmerzen, z.B. bei onkologischen Erkran- gens von ROS- und RNS-Radikalspe- veaus sind für physiologische Funktionen, kungen, wird die Dosis bis zur positiven zies — sowie wie etwa die Signalübertragung oder die Schmerzbeeinflussung erhöht. Diese so −− auf einer (bislang allerdings nur Vernichtung von Krankheitserregern (z. B. ermittelte Tagesdosis kann auf zwei täg- vermuteten) Intensivierung des von Bakterien und Viren im Wege der Pha- liche Einzeldosen verteilt werden. Sobald Abtransports von Produkten der gozytose), lebenswichtig, während chro- eine klinische Besserung eintritt, kann Apoptose und der Phagozytose aus nische Erhöhungen schädigend wirken die tgl. Dosis wieder reduziert werden. dem Extrazellularraum. und Krankheiten verursachen. („Neutralisation“ der Überproduktion an Unsere Untersuchungen sind insbeson- reaktiven Sauerstoffspezies). dere auf die Kontrolle/Steuerung der Unerwünschte Nebenwirkungen wur- Konzentration von biologisch relevanten den bisher nicht festgestellt. Unsere Er- Radikalen fokussiert. fahrungen — gewonnen aus einer langen In biologischen Systemen sind Radikale Reihe von Einzelbeobachtungen bei der allgegenwärtig. Sie erfüllen essenzielle Behandlung von Patienten mit unter- Aufgaben, sind aber generell toxisch für schiedlichen Arten von Erkrankungen — die Zelle, deren Funktionsmechanismen zeigen eindeutig, dass die Therapie mit und den gesamten Organismus. Radika- dieser DMSO-Emulsions-Rezeptur sogar lische Sauerstoffspezies (reactive oxygen positive Nebeneffekte verursacht: bessere species, ROS) spielen dabei eine sehr wich- Leistungsfähigkeit des Muskel-, Skelett- tige Rolle: das Hydroxyl-Radikal (˙OH), Abb. 3: Zeitabhängige Schwankungen des zellulären und Nervensystems sowie eine Verbes- organische Oxy- und Peroxy-Radikale ROS-Konzentrationsniveaus im Organismus serung der Hautbeschaffenheit. AC AMONTA 24 (2017) – Peter Klose, Rolf-Michael Wagner, Gerhard Roewer: Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion 73
Forschung an der TU Bergakademie Freiberg Erfahrungen aus der Behandlung der Borreliose eröffnet sich mit dieser somit zur Verbesserung der Lebensqua- einzelner Patienten: Optimierung Emulsion ebenfalls eine neue, effiziente lität beitragen können, liefert die komple- des Dosis-Wirkprinzips Methode. mentäre Anwendung von Chemotherapie Die bisher mit der DMSO-Emulsion und DMSO-Emulsionsinjektion, verifiziert behandelten zahlreichen Patienten las- Studien durch eine klinische Studie. Der Gewinn sen sich bezüglich des zu wählenden Eine Studie auf der Basis der Bewer- an Lebensqualität bei einer Patientinnen- Applikations-Prozederes in drei Gruppen tungskriterien Beurteilung der Ergebnis- Gruppe mit fortgeschrittenem Mammakar- einteilen: se der Behandlung von multimorbiden zinom, deren Mitgliedern zusätzlich zur −− Patienten, die das Präparat zur Patienten mit dem Präparat durch den Standardtherapie — Chemotherapie — die Gesundheitsvorsorge erhalten Patienten sowie durch den Arzt (Wirk- in Rede stehende DMSO-Emulsion injiziert −− Patienten mit nachgewiesenen samkeit, Verträglichkeit, Erfassung von worden war im Vergleich zu einer Patien- Erkrankungen (z. B. Autoimmun- Nebenwirkungen) mittels deskriptiver Sta- tinnen-Gruppe ohne DMSO-Behandlung erkrankungen) tistik (Mittelwert, Standardabweichung) ist aus Abbildung 4 deutlich abzulesen: Die −− Patienten mit akuten Krebs- für 640 Patienten sowie 15 Ärzte ergab, Verbesserung der Lebensqualität durch erkrankungen dass 88,5 % der Ärzte und 83,6 % der Pa- die DMSO-Applikation nach 17 Visiten — Zur ersten Gruppe zählen Patienten, die tienten die Wirksamkeit der Behandlung indiziert über den Karnovsky-Index — ist mehr als zwei Mal im Jahr an Virusin- mit „gut“ und „sehr gut“ bewerteten; die hochsignifikant. In die Analysepopulation fekten erkranken, die immer wieder an Verträglichkeit befanden 99,1 % der Ärzte (ITT, intention to treat) wurden 46 Patien- periodisch auftretenden Erschöpfungszu- und 98,2 % der Patienten für gut und sehr tinnen einbezogen. ständen leiden — und jene, die zu bestimm- gut. Die DMSO-Emulsion kann demnach Die DMSO-Emulsion ist gemäß dieser ten Jahreszeiten körperliche und seelische zur Verbesserung des Befindens bei Pa- Studie das Mittel der Wahl zum Einsatz Leistungsminderungen verspüren, ohne tienten mit recht unterschiedlichen Dia- bei allen mit Schmerz verbundenen Er- dass konkrete Erkrankungen gefunden gnosen erfolgversprechend angewendet krankungen. Die belastenden Effekte werden. Diese Patienten erhalten das Me- werden. eventueller Sekundärinfektionen wer- dikament nach einer Sofortinjektion dann Die Eignung der DMSO-Emulsion als den durch diese Behandlung ebenso 14- bis 28-täglich in einer Dosierung von zusätzliches Medikament während einer minimiert wie die Schwere des Verlaufs jeweils 3 bis 5 ml sc. Chemotherapie (adjuvante Krebstherapie) akuter Infektionserkrankungen, solange Zur zweiten Gruppe zählen Patienten ist bisher schon durch zahlreiche Heilver- der Körper noch eigene Widerstandskraft mit Autoimmunerkrankungen, wie Lu- suche belegt worden. Die Chemotherapie aufzubauen vermag. Die hohe Signifikanz pus Erythemathodus, Multiple Sklerose, ist in ihrer Effektivität bekanntlich gene- in der Verbesserung der Lebensqualität Rheuma etc. In diesen Fällen wird nach rell begrenzt und auch mit z. T. erheblichen und der Schmerzreduktion bei guter einem festen Schema verfahren. Je nach Nebenwirkungen verbunden, z. B. im Fall Verträglichkeit der DMSO-Emulsion er- Schwere und Art der Erkrankung werden von Brustkrebs. Daraus resultieren schwe- laubt deren breiten Einsatz in großen der Spritzrhythmus und die Einzeldosie- re Beeinträchtigungen der Lebensqualität. Patientengruppen. rung festgelegt. Klinisch positive Effekte Ein positives Ergebnis bei der Suche nach sollten hier nach kürzester Zeit eintreten. geeigneten Therapieformen, die insbeson- Wirkmechanismus Bei Patienten mit akuten Krebserkran- dere bei Patientinnen mit fortgeschritte- Der Wirkmechanismus der DMSO- kungen wird die DMSO-Emulsion in der nem Mamma-Karzinom das Ausmaß der Emulsion ist bis dato noch nicht voll- Regel täglich gespritzt. In der Therapie systemischen Toxizität reduzieren und ständig aufgeklärt. Das DMSO-Molekül greift spezifisch in die Regulation des Immunsystems ein — vorrangig in die des angeborenen Immunsystems (innate immune response): z. B. in die Aktivität der Makrophagen, Abb. 5. Der Prozess der Phagozytose — Ein- hüllen und Zerstören eindringender Mi- kroorganismen in diese(n) Fresszellen über eine Entzündungsreaktion — ist eine prinzipielle Antwort des zellulären Immunsystems. Hinzu kommt die Be- seitigung abgestorbener (apoptotischer) Zellen. Makrophagen lösen vor Ort eine lokale Entzündungsreaktion aus, wo- bei - neben reaktiven Sauerstoffspezies ROS (˙O2-, H2O2, ˙OH, ˙NO sowie das aus ˙O2- und ˙NO gebildete Peroxynitrit, ONOO -) — auch Proteine und Lipide frei- gesetzt werden. Die Transkriptionsfakto- ren NF-κB und AP-1 werden durch die Abb. 4: Verbesserung der Lebensqualität der an Brustkrebs erkrankten Patientinnen durch die Applikation der reaktiven Sauerstoffspezies besonders IMMUNAinjekt-Emulsion – indiziert durch den Karnofsky-Index (ITT) intensiv aktiviert. NF-κB reguliert die 74 AC AMONTA 24 (2017) – Peter Klose, Rolf-Michael Wagner, Gerhard Roewer: Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion
˙O2- -Radikal („leak“ in der Atmungskette) und Wasserstoffperoxid generiert eben- falls ˙OH-Radikale, Abb. 6. Prinzipiell verhindern bzw. begren- zen die neben den Abbausubstanzen freigesetzten Entzündungsmediatoren den durch außer Kontrolle geratene Ra- dikalproduktion entstandenen Schaden. In diesem Kontext wird auch die Rolle von DMSO gesehen. Es wirkt — wie in Tierexperimenten festgestellt — selbst in septischen Situationen auf die von Neu- trophilen, Makrophagen und Monozyten provozierte Immunantwort. Die DMSO- Emulsion zeigt ebenfalls diese entzün- dungshemmende, analgetisch antioxida- tive und immunmodulierende Wirkung. Die spezifische Interaktion mit der durch Stimuli (z. B. durch Lipopolysac- charide, LPS) ausgelösten proinflamm- Abb. 5: Phagozytose – Immunabwehr und Entzündung mit Radikalgenese im Körper atorischen Kaskade durch das Abfangen von reaktiven Sauerstoffspezies bedingt Aktivierung von proinflammatorischen Mitte. Die Schädigungen erreichen im Fall eine Hemmung des nuklearen Regulator- Zytokinen (Interleukin-1, Interleukin-6 der Pathomechanismen einer Sepsis ein proteins NF-κB. Dadurch wird die pro- und Tumornekrosefaktor-α) sowie das extrem großes Ausmaß: Gerinnungsakti- inflammamatorische Kaskade mit der Makrophage-inflammatorische Protein vierung sowie Störung von Permeabilität intensivierten sowie zeitlich verlänger- MIP-2. Die hochreaktiven Sauerstoff- und Mikrozirkulation in Konsequenz der ten Bildung von Zytokinen (IL-3…IL-6), Spezies schädigen — bei der Abtötung intensivierten Bildung von ROS und ˙NO. dem vasodilatorisch5 wirksamen ˙NO, von Pathogenen sowie apoptotischer, ne- Das ˙OH-Radikal als das reaktions- dem Platelet Activating Faktor (PAF, löst krotischer und entarteter körpereigener freudigste Sauerstoffradikal im biolo- Thrombozyten-Aggregation aus) und den Zellen — auch das umliegende Gewebe. gischen System kann mit nahezu allen in Abbildung 5 aufgeführten oxidierenden Eine erhöhte Konzentration von ROS im biologischen Molekülen (Lipiden, Prote- Spezies inhibiert. In seiner Eigenschaft als Gewebe führt zur Lipidperoxidation, deren inen, Nukleinsäuren, Kohlenhydraten) Radikalfänger blockt DMSO generell die quantitatives Ausmaß sich durch Mes- im lebenden Organismus reagieren. Das toxischen Effekte der Radikale ˙OH, ˙O2- sung der Malondialdehyd-Konzentration Radikal entsteht über die Fenton-Reaktion, bzw. des Peroxynitrits, Abb. 6. D.h. deren bestimmen lässt. Eine unzureichende Abb. 6 oben. Sie wird von Eisen(II)- und schädliche Überproduktion als Antwort Kontrolle bzw. übermäßige Produktion Kupfer(II)-Ionen katalysiert. Die Haber auf Stress-Situationen im Körper — z. B. in von Radikalen führt zur Entstehung Weiss-Reaktion zwischen dem u. a. in der Mytochondrien, im Haber-Weiss-Prozess verschiedener Krankheiten, vgl. Abb. 5, mitochondrialen Atmungskette gebildeten sowie über das Bildungsgleichgewicht von PON — wird durch das sehr schnelle Fenton: Abfangen der Radikale (Geschwindig- Fe2+ + H2O2 → ●OH + OH- + Fe3+ keitskonstante für ˙OH-Abfang: k= 6x109 Haber-Weiss: M-1s-1) geblockt. In aktivierten Phagozyten H2O2 + O2- → ●OH + HO- + O2 reagiert DMSO — wie in Abbildung 6 formu- liert — mit dem ˙OH-Radikal, wobei auch PON Radikalkäfig Methan freigesetzt werden sollte. D. h., H+ + ●O2- + ●NO → ONOOH ↔ [HO● ●NO2] Methansulfinsäure das Methylradikal ˙CH3 reagiert unter sog. Abfang von ●OH: HO● + (H3C)2SO → H3CS(O)OH + ●CH3 H-Abstraktion mit Komponenten in seiner Umgebung, kann aber auch per Addition Methansulfonsäure H3CS(O)OH + ONOOH → H3CS(O)2OH + NO2- + H+ an die C=C-Doppelbindungen der Additive Sorbitantrioleat oder Polysorbat 80 ohne Methanbildung gebunden werden. Eigene im Rahmen von Qualifizierungs- -C + ●CH3 -C-CH3 arbeiten durchgeführte In-vitro-ESR- spektroskopische Untersuchungen (sog. -C + ●CH3 -C-CH3 spin trapping mit Phenyl-tert-butylnitron) belegen eindeutig, dass das in der DMSO- Emulsion enthaltene DMSO-Molekül zum DMSO-Emulsion ROS-Konz.-Steuerung: Mediatoren ↔ lokale ●OH-Genese Abfangen von ˙OH-Radikalen befähigt physiologisch pathophysiologisch Abb. 6: DMSO als Radikalfänger im biologischen System 5 gefäßerweiternd AC AMONTA 24 (2017) – Peter Klose, Rolf-Michael Wagner, Gerhard Roewer: Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion 75
Forschung an der TU Bergakademie Freiberg LPS R● ●O2-, ●OH ROS NF-κB DMSO p50 p65 ROS makromolekularer Schaden DMSO proinflammatorische Mediatoren ●O2- + ●NO → ONOO- iNOS AP-1 p50 p65 ●NO Abb. 8: Eingriff von DMSO in eine proinflammatorische Kaska- de (LPS: Lipopolysaccharid, iNOS: induzierbare NO-Synthase, NF-κB: Nuklearfaktor kappa B, AP-1:Aktivatorprotein) Abb. 7: ESR-spektroskopischer Radikalnachweis: Spin trapping mit Phenyl-tert.-Butylnitron in der Emulsion ist, Abb. 7. Das vom ˙OH- freigesetzte, der ROS — bis hin zum „Umschalten“ von nahezu vollständig blockt und die Wir- ebenfalls kurzlebige Methylradikal ˙CH3 den sogenannten pathophysiologischen in kung der Transkriptionsfaktoren AP-1 reagiert mit dem Nitron zum langlebigen die normalphysiologischen Funktionen — hemmt sowie den Anstieg des proinflamm- Nitroxid-Radikal („Sekundär-Radikal“, in der Rolle als regulatorisch wirkendes atorischen Faktors TNF-α verhindert. Die oben im Bild), das ESR-spektroskopisch Molekül. Bei der Analyse von in Tierex- Hemmung des NF-k B durch das DMSO anhand des Signalmusters (unten im Bild) perimenten („Maus-Modell“) ausgelösten unterdrückt auch die „Überproduktion“ identifiziert werden kann. septischen Situationen zeigte sich, dass von ˙NO. Die DMSO-Emulsion eröffnet somit die DMSO — neben dem Abfangen von ROS — Abbildung 8 fasst diese Effekte sche- Möglichkeit zur Konzentrationssteuerung auch die Aktivierung des Faktors NF-kB matisch zusammen. 76 AC AMONTA 24 (2017) – Peter Klose, Rolf-Michael Wagner, Gerhard Roewer: Silicium im Medikament: Die DMSO-Emulsion
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