Sinkende Grenzwerte für krebserregende Stoffe - eine wachsende Herausforderung - Draeger

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Sinkende Grenzwerte für krebserregende Stoffe - eine wachsende Herausforderung - Draeger
Sinkende Grenzwerte für
 krebserregende Stoffe –
 eine wachsende Herausforderung

Wenn Arbeitsplatzgrenzwerte für einzelne Gefahrstoffe abgesenkt werden,
hat das für die Industrie oft weitreichende Konsequenzen. Dabei stellen
krebserregende Stoffe Unternehmen vor besondere Herausforderungen. Sie
müssen nachweisen können, dass sie die niedrigen Grenzwerte einhalten, und
dies langfristig dokumentieren. Ein innovatives Konzept hilft im Umgang mit
diesen Gefährdungen.
                                                  © Drägerwerk AG & Co. KGaA   1
Sinkende Grenzwerte für krebserregende Stoffe - eine wachsende Herausforderung - Draeger
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE –
                                                                                                            EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG

Welche Ziele verfolgen Arbeitsplatzgrenzwerte?
Das Einhalten von Arbeitsplatzgrenzwerten (AGW) ist eine wich-
tige Aufgabe der Arbeitssicherheit. Ziel ist es, Arbeitnehmer vor
gesundheitlichen Risiken durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz zu
schützen. Das setzt voraus, dass ein Gefahrstoff im Rahmen der
Gefährdungsbeurteilung identifiziert und von den zuständigen Ar-
beitssicherheitsinstitutionen als in bestimmten Dosen gefährlich
eingestuft wurde. Der Arbeitsplatzgrenzwert gibt in der Regel an,
bei welcher Konzentration eines Stoffs im Allgemeinen keine aku-
ten oder chronisch schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit
zu erwarten sind. Die Festlegung der Arbeitsplatzgrenzwerte er-
folgt ausschließlich auf der Basis vorliegender arbeitsmedizinischer
Erfahrungen und toxikologischer Erkenntnisse.

Der AGW definiert das Schadstoffmaß, dem ein Arbeitnehmer
durchschnittlich während einer Schicht – in der Regel acht Stunden –
an fünf Tagen in der Woche während seiner Lebensarbeitszeit aus-
gesetzt sein darf, ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen. Ist
der Kontakt zum Gefahrstoff auch durch substituierende oder ar-
beitsorganisatorische Maßnahmen wie vorgezogene Schichtwechsel
nicht zu vermeiden und ist die tatsächliche Belastung der Arbeits-
platzatmosphäre höher als der Grenzwert, muss persönliche Schutz-
ausrüstung wie Atemschutz für die Sicherheit des Arbeitnehmers         Verantwortung, ein Arbeitsleben lang
sorgen.                                                                Die Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers reicht in vielen Ländern
                                                                       und Regionen weit über den eigentlichen Zeitpunkt der Beschäfti-
Unternehmen in der Pflicht                                             gung hinaus. So gibt es zum Beispiel in Deutschland seit 2015 die
Die tatsächliche Konzentration bestimmter Gefahrstoffe an Ar-          Zentrale Expositionsdatenbank (ZED) des IFA (Institut für Arbeits-
beitsplätzen ist gemäß gesetzlicher oder anderer regulatorischer       schutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung). Sie hat
Vorgaben – auch innerbetrieblicher – regelmäßig zu überprüfen.         ihren Ursprung in der EU- Richtlinie 2004/37/EG. Hier können
Prüfturnus, -methode und die Auswertung und Aufzeichnung der           Arbeitgeber, deren Mitarbeiter am Arbeitsplatz Kontakt zu krebser-
Messergebnisse sind in der Regel ebenfalls Teil von Arbeitssicher-     zeugenden Stoffen der Kategorien 1 A und 1 B wie Benzol, Asbest,
heitsvorschriften. In Deutschland ist die Ermittlung der Konzen-       Formaldehyd und Dieselpartikelemissionen haben, personenbezo-
tration gefährlicher Stoffe in der Luft am Arbeitsplatz Aufgabe des    gene Expositionsdaten erfassen. Damit folgen sie der aus der deut-
jeweiligen Arbeitgebers. Dies ist in vielen Ländern weltweit ähnlich   schen Gefahrstoffverordnung resultierenden Verpflichtung zur Do-
gelagert. Der Unternehmer kann diese Aufgabe an eine geeignete         kumentation des Kontakts von Mitarbeitern zu krebserzeugenden,
Stelle delegieren, wenn er fachlich und personell nicht in der Lage    fruchtbarkeitsgefährdenden und keimzellmutagenen Stoffen. Um
ist, die Kontrollen selbst vorzunehmen.                                Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge im Rückblick und über einen
                                                                       langen Zeitraum analysieren zu können, müssen die Unternehmen
                                                                       diese Daten 40 Jahre lang archivarisch vorhalten. Arbeitnehmer,
                                                                       die aus dem Berufsleben ausscheiden, können bei der ZED ihre
                                                                       persönliche Expositionshistorie anfordern.1

                                                                                            © Drägerwerk AG & Co. KGaA                    2
Sinkende Grenzwerte für krebserregende Stoffe - eine wachsende Herausforderung - Draeger
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE –
                                                                                                                                        EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG

Beispiel US-OSHA: über 40 Jahre alte Grenzwerte                                           liche Wirkweisen der in der Industrie eingesetzten Stoffe oder Stoff-
Häufig leisten erst neueste Erkenntnisse aus Wissenschaft und For-                        mischungen zu dokumentieren und zu kontrollieren.
schung und die rückblickende Ursachenanalyse bezüglich potenziell                         Dieses Wissen ist nötig, um die Arbeitsplatzgrenzwerte immer wieder
beruflich bedingter Krankheits- und Todesfälle Aufschluss über Art                        an das tatsächliche Gefährdungspotenzial anzupassen. Das ist in der
und Ausmaß der Gefährlichkeit eines Stoffs auf den menschlichen                           Regel Aufgabe der Ländergesetzgebung. In den USA etwa hat die
Körper. Mit der EU-weiten REACH-Verordnung ist ein wichtiger                              Occupational Safety and Health Administration (OSHA) im Frühjahr
Schritt getan, um die Zusammensetzung, Einsatzbereiche und mög-                           2016 nach 40 Jahren erstmals den Arbeitsplatzgrenzwert für alveo-

           Jährlich gibt es weltweit                                      660.000 Todesfälle
                                   durch arbeitsplatzbedingten Krebs. *

     KREBS ALS BERUFSKRANKHEIT – SEIT 1755 BEKANNT

                                                                   1895:                                                                     2011:
                                     Identifikation von 2-Naphthylamin                                                       Formaldehyd als krebs-
                                       als Ursache des Blasenkrebses                                                           erzeugend eingestuft
                                     bei Arbeitern in Farbstofffabriken

                             1755:                                                                               1974:
          Erkennung des Hoden-                                                          Vinylchlorid als Ursache von
        krebses der Schornstein-                                                        Lebertumoren in der Kunst-
           feger als Berufskrebs                                                           stoffindustrie aufgedeckt

* Nenonen N., Hämäläinen P., Takala J., et al. (2014) Global estimates of occupational accidents and fatal work-related diseases in 2014,
   Singapore, Workplace Safety & Health Institute. http://goo.gl/UlZorD

                                                                                                                       © Drägerwerk AG & Co. KGaA                     3
Sinkende Grenzwerte für krebserregende Stoffe - eine wachsende Herausforderung - Draeger
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE –
                                                                                                                                        EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG

lengängiges kristallines Silizium (auch Quarzfeinstaub/engl. respira-                      Die Zeit läuft
ble crystalline silica) um das Zwei- bis Fünffache auf 50 μg/m3 – je                       Aber warum kommt der Impuls zur Grenzwertabsenkung mitunter
nach bisherigem Industriestandard – herabgesetzt.2 Das Einatmen                            so spät, wo doch jeder Moment einer reduzierten Exposition eine
des Quarzfeinstaubs verursacht Lungenschäden bis hin zu Krebs.                             Investition in das Leben sein kann? Wie beschrieben, äußern sich
Allerdings liegen zwischen der Erstexposition von Quarzfeinstaub                           manche beruflich induzierten Krankheiten mit erheblicher Zeitver-
und dem Ausbruch der Erkrankung oft bis zu 30 Jahre und mehr. Ei-                          zögerung und lassen sich somit erst spät diagnostizieren. Spätfol-
ner Studie des National Institute for Occupational Safety and Health                       gen sind auch bei neu kreierten Substanzen – wie insbesondere
(NIOSH) zufolge sterben in den USA jährlich immer noch rund 100                            bei Nanomaterialien – häufig nicht absehbar. Hier muss begleitend
Menschen an einer Silikose (Staublunge) Quarzfeinstaubexposition.3                         Forschung und Dokumentation erfolgen. Hinzu kommen mitunter
Nach Schätzungen der OSHA kann die neue Grenzwertfestlegung                                fehlende oder versagende Kontrollmechanismen auf nationaler oder
jährlich über 600 Leben retten und 900 neue Fälle an Silikose ver-                         betrieblicher Ebene. Das erschwert eine neutrale Beurteilung und
hindern. Die OSHA hat angekündigt, viele weitere, ebenfalls seit 40                        die Erkenntnis, wie gefährlich der Stoff tatsächlich ist.
Jahren unveränderte Grenzwerte sukzessive anzupassen.

       AUSGEWÄHLTE KREBSARTEN UND MÖGLICHE URSACHEN

       Lungenkrebs                                                                                                                      Nasenrachenraumkrebs
       Asbest, kristallines Silizium,                                                                                                                    Formaldehyd
       Dieselabgase, Arsen, Chrom, Nickel

                                                                                                                                                      Kehlkopfkrebs
       Magen- und Gallenkrebs                                                                                                                    Säurenebel, Asbest
       Trichlorethylen, Vinychlorid
                                                                                                                                                        Mesotheliom
                                                                                                                                                               Asbest

       Harnblasenkrebs                                                                                                                                Eierstockkrebs
       Aromatische Amine                                                                                                                                       Asbest

                                                                                                                                                           Leukämie
       Hautkrebs                                                                                                                               Benzol, Formaldehyd
       Mineralöle, polyzyklische
       aromatische Kohlenwasserstoffe
                                                                                                                                        Non-Hodgkin-Lymphom
                                                                                                                                                        Trichlorethylen

Überarbeitet nach Siemiatycki, J, et al. Listing occupational carcinogens. Environmental Health perspectives, Vol. 112, no. 15 (2004). p. 1447-1459

                                                                                                                        © Drägerwerk AG & Co. KGaA                        4
Sinkende Grenzwerte für krebserregende Stoffe - eine wachsende Herausforderung - Draeger
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE –
                                                                                                            EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG

                                                                      Bei Benzol6 handelt es sich um einen krebserregenden Stoff der Ka-
 GRENZWERTABSENKUNG: HERAUSFORDERUNG                                  tegorie 1 A. Hier gilt das Modell der Expositions-Risiko-Beziehung
 FÜR UNTERNEHMEN                                                      (ERB). Es beschreibt den Zusammenhang zwischen der Stoffkon-
                                                                      zentration (beim Einatmen) und dem Auftreten einer Krebserkran-
 Jede Absenkung von Arbeitsplatzgrenzwerten löst                      kung. So lässt sich ableiten, wie hoch die statistische Wahrschein-
 in Unternehmen neue Entscheidungen und Aktionen                      lichkeit ist, bei einer bekannten Benzol-Belastung von täglich acht
 aus, etwa                                                            Stunden (Arbeitstag) über einen Zeitraum von 40 Arbeitsjahren an
 –	das Überarbeiten von Gefährdungsbeurteilungen,                    Krebs zu erkranken.
    Betriebsanweisungen und Erlaubnisscheinen,
 – den Umstieg auf weniger gefährliche Substanzen,
 – das Umgestalten von Arbeitsplätzen,                                 ZAHLEN UND FAKTEN
 –	das Überprüfen betriebsärztlicher Präventionsprogramme,
 – die Neueinteilung von Schichtlängen und -plänen und                 Benzol
 –	das Anpassen von Arbeitsplatzkontrollmechanismen
    und -routinen.                                                     Formel: C6H6
                                                                       CLP: entzündbare Flüssigkeit,
                                                                       toxisch, krebserzeugend
Um neue Grenzwertniveaus durch Kontrollmessungen überhaupt
                                                                       Explosionsgrenze in vol%: LEL 1,2; UEL 8,6
abbilden zu können, ist häufig nicht nur eine neue Messstrategie,
                                                                       Geruchsschwelle: 0,78 ppm
sondern auch eine größere Investition in den Gerätepark notwendig.
Denn mitunter eignen sich die bisherigen Messmethoden und              Akute Wirkungsweisen: Reizung von Augen, Nase und
-geräte aufgrund ihres eingeschränkten Messbereichs nicht, um in       Atemwegen, verbunden mit Kopfschmerzen, Krämpfen
Zukunft einen zum Beispiel zehnmal niedriger angesetzten Grenz-        und Benommenheit bis hin zur Bewusstlosigkeit
wert zu messen. Neben dem zeitlichen Aufwand für die Auswahl           Chronische Folgen: Krebs (Leukämie)
des für die neue Messaufgabe passenden Produkts, ist dieser
Prozess natürlich auch mit Kosten verknüpft. Hinzu kommen ggf.
strengere Sanktionen durch die regulierenden Arbeitssicherheits-      Benzol – ein wichtiger Grundstoff in der chemischen
organisationen bei zukünftigen Grenzwertüberschreitungen. Fazit:      Industrie
Grenzwertabsenkungen haben auch immer eine wirtschaftliche            Der aromatische Kohlenwasserstoff Benzol ist eine farblose Flüs-
Auswirkung auf Arbeitgeber.                                           sigkeit, die in fossilen Rohmaterialien wie Rohöl und Steinkohle
                                                                      vorkommt. Die Substanz ist Bestandteil von Benzin und Petroleum.
Bestimmung von AGWs: das Beispiel Benzol                              Die chemische Industrie verwendet Benzol als Ausgangsprodukt
In Deutschland wird grundsätzlich differenziert zwischen dem ge-      für andere Verbindungen, und erst diese fließen in die Produkti-
sundheitsbasierten AGW, angegeben in mg/m3 oder ppm 4, und            on von Konsumartikeln ein. So wird Benzol für die Synthese vieler
einem risikobasierten Wert. Letzterer gilt für karzinogene Stoffe:    Verbindungen gebraucht, wie zum Beispiel Anilin, Styrol, Nylon,
Hier kann der Stoff in keiner Konzentration als völlig unbedenklich   Synthesekautschuk, Kunststoffe, waschaktive Stoffe, Insektizide,
angesehen werden. Lassen sich Tätigkeiten in Anwesenheit eines        Farbstoffe und vieles mehr. Des Weiteren dient Benzol zur Her-
solchen Stoffs gar nicht vermeiden, gelten ein besonders strenges     stellung wichtiger Grundstoffe in der chemischen Industrie wie zum
Schutzmaßnahmenkonzept sowie besondere, risikobezogene Ex-            Beispiel Phenol, Nitrobenzol, Anilin, Chlorbenzol, Hydrochinon und
positionsgrenzen auf Basis der von der Bundesanstalt für Arbeits-     Pikrinsäure. Gebraucht wird Benzol auch zum Beispiel als Extrak-
schutz und Arbeitsmedizin (BAuA) herausgegebenen Technischen          tions- und Lösemittel, als Laborchemikalie und als Additiv in Benzin.
Regel für Gefahrstoffe TRGS 910.5                                     Laut einer aktuellen Marktforschungsstudie wird eine weitere, konti-

                                                                                            © Drägerwerk AG & Co. KGaA                    5
Sinkende Grenzwerte für krebserregende Stoffe - eine wachsende Herausforderung - Draeger
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE –
                                                                                                              EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG

                                                                      Ein beispielhaftes Konzept zur Risikominimierung bei
                                                                      Benzolexposition
                                                                      Für krebserzeugende Stoffe wie Benzol lassen sich in der Regel kei-
                                                                      ne Höchstgrenzen angeben, deren Unterschreitung eine Beeinträch-
                                                                      tigung der Gesundheit komplett ausschließen würde. Kein Kontakt
                                                                      wäre hier immer das Beste – immerhin stellt Krebs mit einem Anteil
                                                                      von 53 % die häufigste arbeitsbedingte Todesursache innerhalb der
                                                                      EU dar.10 Da sich aber Tätigkeiten mit Benzol – gerade in der che-
                                                                      mischen Industrie – häufig nicht vermeiden lassen, gelten EU-weit
                                                                      besondere Schutzmaßnahmen. Vorreiter bei der Umsetzung dieser
                                                                      für krebserregende Substanzen besonders strengen Richtlinie über
                                                                      Karzinogene und Mutagene (2004/37/EG) ist Deutschland. Dort
                                                                      leitet sich das Sicherheitskonzept für Benzol-Arbeitsplätze aus dem
                                                                      sogenannten Risiko-Akzeptanz-Konzept – einem Ampelprinzip –
                                                                      ab: Es unterscheidet zwischen einem hohen (Rot), mittleren (Gelb)
                                                                      und geringen Risiko (Grün). Die Grenze zwischen hohem Risiko
                                                                      und mittlerem Risiko wird als Toleranzrisiko bezeichnet. Das To-
                                                                      leranzrisiko entspricht einem statistischen zusätzlichen Krebsrisiko
                                                                      von 4:1.000. Das heißt, bei diesem Risiko besteht statistisch die
                                                                      Wahrscheinlichkeit, dass von 1.000 während des gesamten Arbeits-
nuierliche Steigerung der weltweiten Benzolnachfrage erwartet: Bis    lebens exponierten Personen vier an Krebs erkranken.
zum Jahr 2021 wird sich der Verbrauch um über 7 Mio. Tonnen
erhöhen; der Benzolumsatz wird dann voraussichtlich mehr als 69                      RISIKO-AKZEPTANZ-KONZEPT
Mrd. US-Dollar erreichen. Ausschlaggebend für die Entwicklung                                                     Rot: Stopp!
des globalen Benzolmarkts sind die massiven Erweiterungen der                                                     Gesundheitsrisiko nicht
                                                                                                                  mehr tolerierbar – Anwen-
Produktionskapazitäten für Benzol und dessen nachgelagerte Pro-                                                   dungsverbot, falls keine
dukte im Mittleren Osten/Afrika und in Raum Asien-Pazifik.7                                                       deutliche Expositionsmin-
                                                                                                                  derung erfolgt.
Schon in den 1920er Jahren wurden schwere Bluterkrankungen
durch Benzol festgestellt. Seit 1950 erschienen medizinische Fall-                                                Gefahrenbereich
                                                                                                                  Risiko > 4:1000
beschreibungen, deren Aussage eindeutig war: Benzol erzeugt
Blutkrebs. Seit den 1970er Jahren gilt Benzol als krebserzeugender                                                Gelb: Achtung!
Stoff, der auch mit bösartigen Veränderungen der Lymphknoten in                                                   Gesundheitsrisiko ist
                                                                               Steigendes                         unerwünscht – über
Verbindung gebracht wurde. Daraufhin hat die International Labour         Gesundheitsrisiko                       aktives Risikomanagement
Organization (ILO) im Jahr 1971 das ›Übereinkommen 136 über den                                                   verständigen.
Schutz vor den durch Benzol verursachten Vergiftungsgefahren‹ ver-
öffentlicht.8 Schon zwei Jahre zuvor hatte die US-OSHA einen Acht-
                                                                                                                  Besorgnisbereich
Stunden-Arbeitsplatzgrenzwert (Time Weighted Average – TWA)
von 10 ppm definiert. Heute liegt der US-OSHA-TWA für Benzol bei
                                                                                                                  Grün: Gehe!
1 ppm TWA. Die American Conference of Governmental Industrial                                                     Gesundheitsrisiko ist hin-
Hygienists (ACGHI®) gibt für Benzol einen Grenzwert von nur 0,5                                                   nehmbar – Sorgfaltspflich-
                                                                                                                  ten bleiben bestehen.
ppm (Threshold Limit Value – TLV®) vor.9 Dieser Wert wird in vielen                                               Basisvorsorgebereich
Industriebetrieben als interner Maßstab zugrunde gelegt.                                                          Risiko < 4:10.000

                                                                                              © Drägerwerk AG & Co. KGaA                       6
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE –
                                                                                                                      EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG

Die Grenze zwischen mittlerem Risiko und niedrigem Risiko wird         Damit Unternehmen die Chance bekommen, die neuen, anspruchs-
als Akzeptanzrisiko bezeichnet. Arbeitgeber sind dazu angehalten,      volleren Grenzwertvorgaben erfüllen zu können, hat Dräger das
innerhalb dieser Zone Maßnahmen zu ergreifen, um das Restrisiko        neue Dräger-Röhrchen® Benzol 0,25/a entwickelt. Es ist in der
bis hin zum Akzeptanzrisikowert zu reduzieren. Bis 2018 gilt laut      Lage, diesen niedrigen Messbereich abzubilden und ist gleichzeitig
der von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin         ist leichter zu handhaben als sein Vorgänger (ein Doppelröhrchen).
(BAuA) ausgegebene TRGS11 910 für Benzol noch ein Akzeptanz-
risiko von 4:10.000/Arbeitslebenszeit – Alz.12 Der Wert beschreibt
die theoretische Akzeptanz von vier Krebserkrankungen auf 10.000         BENZOL – INTERNATIONALE ARBEITSPLATZ-
dauerhaft exponierte Arbeitnehmer. Dieses noch bis 2018 gültige          GRENZWERTE IM VERGLEICH
Akzeptanzrisiko entspricht einer Akzeptanzschwelle von 0,06 ppm
bzw. 0,2 mg/m3 Benzol. Ab 2018 wird das Akzeptanzrisiko auf              Arbeitsplatzgrenzwert (acht Stunden)
4:100.000 herabgesetzt – die Akzeptanzschwelle für Benzol sinkt                                       ppm      mg/m3
damit auf 0,006 ppm bzw. 0,02 mg/m3. Die Richtwerte für das To-           Australien                   1        3,2
leranzrisiko (4:1.000/Alz) bleiben ebenso wie die Toleranzschwelle        Belgien                      1        3,25
(0,6 ppm) bestehen.                                                       China		6
                                                                          Dänemark                     0,5      1,6
Mit der deutlichen Absenkung der Akzeptanzschwelle ab 2018 müs-           Deutschland                  0,6 13   1,9 14
sen – zunächst innerhalb Deutschlands und nachfolgend eventuell          		                            0,06 15  0,2 16
auch in weiteren Ländern – Tätigkeiten und Arbeitsplätze in der           Europäische Union            1        3,25
Gefährdungsbeurteilung neu bewertet und als Bereiche mittleren            Finnland                     1        3,25
Risikos eingestuft werden. Das kann etwa dazu führen, dass die            Frankreich                   1        3,25
tatsächliche Benzolkonzentration in bestimmten Arbeitsbereichen           Großbritannien               1
nicht mehr nur per Zeitpunktmessung, sondern per dauerhafter Ar-          Irland                       1        3
beitsplatzüberwachung kontrolliert werden muss. An das Messver-           Italien                      1        3,25
fahren werden dabei hohe Anforderungen gestellt: Das Messsystem           Japan                       10
muss empfindlich und genau genug sein, um auch Konzentrationen            Kanada – Ontario             0,5
im Bereich unterhalb von 1 ppm sicher erfassen zu können. Das             Kanada – Québec              1        3
Messergebnis muss möglichst kurzfristig – typischerweise binnen           Litauen                      1        3,25
weniger Minuten – vorliegen. Weiterhin sollte das Messsystem im           Neuseeland                   1
Wesentlichen frei von Querempfindlichkeiten sein. Das heißt, dass         Niederlande		                         3,25
andere im Arbeitsbereich vorkommende Substanzen wie Kohlen-               Norwegen                     1        3
wasserstoffe oder Aromaten das Messergebnis nicht beeinflussen            Österreich                   1        3,2
dürfen. Daher ist die zuverlässige Ermittlung von Benzolkonzentrati-      Polen		                               1,6
onen unterhalb von 0,5 ppm generell schon eine Aufgabe für Spezi-         Schweden                     0,5      1,5
alisten und besonders präzise Messtechnik. Die Messleistung hängt         Schweiz                      0,5      1,6
einerseits von der Sensibilität des Messgeräts ab, andererseits aber      Singapur                     1        3,18
auch – bei Pumpeneinsatz – von der Qualität des für Probenah-             Spanien                      1        3,25
me eingesetzten Schlauchmaterials. Wird etwa für den Pumpen-              Südkorea                     1        3
schlauch ein Material benutzt, an dem sich Benzol ablagert, kann          USA – NIOSH                  0,1      0,32
dies das Messergebnis verfälschen. Gleiches gilt bei nicht korrekter      USA – OSHA                   1
Kalibrierung des Messgeräts vor der eigentlichen Messung.                 USA – TLV®                   0,5

                                                                       Quelle: Gestis17, Dräger VOICE®18

                                                                                                     © Drägerwerk AG & Co. KGaA                      7
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE –
                                                                                                                EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG

Da die deutschen bzw. EU-weiten Arbeitssicherheitsstandards in            Generell gilt: Das Präventionsprinzip stellt in der Arbeitssicherheit
der Regel international als fortschrittlich gelten, ist in anderen Län-   einen internationalen Trend dar. Das Ziel ist, die berufliche Exposi-
dern nachgelagert ebenfalls mit Grenzwertabsenkungen für Benzol           tion mit krebserregenden Substanzen und die von ihnen ausgehen-
zu rechnen. Die US-NIOSH hat bereits auf die besonders toxische           den, nachweislich schädlichen Gefahren für den menschlichen Kör-
Wirkung des Benzols reagiert und den Grenzwert auf 0,1 ppm her-           per auf Null zu reduzieren. Damit dies möglich wird, müssen sowohl
abgesenkt. Sie liegt damit zurzeit sogar noch unterhalb der aktuel-       die Produktionsanlagen als auch die Gefährdungsbeurteilungen und
len deutschen Vorgabe.                                                    die einzuleitenden Gegenmaßnahmen auf den neuesten Stand der
                                                                          Technik gebracht werden. Geeignete Messstrategien, kontinuier-
                                                                          liches Monitoring und eine gute Dokumentation der auftretenden
                                                                          Gefahrstoffkonzentrationen tragen zum Erreichen dieses Ziels bei.

                                                                                                © Drägerwerk AG & Co. KGaA                    8
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE –
                                                                                                                                EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG

                                                                               QUELLEN :

1    http://www.dguv.de/ifa/GESTIS/Zentrale-Expositionsdatenbank-(ZED)/index.jsp; Abruf: 16.06.2016

2    https://www.osha.gov/silica/; Abruf: 16.06.2016

3    http://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/mm6405a1.htm; Abruf: 16.06.2016

4    ppm – parts per million

5    http://www.baua.de/en/Topics-from-A-to-Z/Hazardous-Substances/TRGS/pdf/TRGS-910.pdf?__blob=publicationFile&v=6; Abruf: 17.06.2016

6 	Weitere Informationen zum Gefährdungspotenzial von Benzol bzw. zum sicheren Umgang mit Benzol unter http://gestis-en.itrust.de/nxt/gateway.
     dll?f=templates$fn=default.htm$vid=gestiseng:sdbeng; Abruf: 170.06.2016

7    http://www.ceresana.com/en/market-studies/chemicals/benzene/ceresana-market-study-benzene.html; Abruf: 21.06.2016

8    http://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=NORMLEXPUB:12100:0::NO::P12100_ILO_CODE:C136; Abruf: 17.06.2016

9	http://www.acgih.org/forms/store/ProductFormPublic/2016-guide-to-occupational-exposure-values; Abruf: 31.10.2016. TLV® ist ein eingetragenes Warenzeichen der
   ACGHI®.

10 http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-1656_en.htm; Abruf: 10.10.2016

11 Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)

12 http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/pdf/TRGS-910.pdf?__blob=publicationFile&v=17; Abruf: 17.06.2016

13   Aktuelles Toleranzrisiko; Stand: Juni 2016

14   Aktuelles Toleranzrisiko; Stand: Juni 2016

15 Aktuelles Akzeptanzrisiko; Stand: Juni 2016; ab 2018: 0,006 ppm

16 Aktuelles Akzeptanzrisiko; Stand: Juni 2016; ab 2018: 0,02 mg/m3

17 http://limitvalue.ifa.dguv.de; Abruf: 20.06.2016

18 http://www.draeger.net/voice/getSubstanceDetails.do?substanceId=50; Abruf: 11.10.2016

                                                                                                                           IMPRESSUM
                                                                                                                           DEUTSCHLAND
                                                                                                                           Dräger Safety AG & Co. KGaA
                                                                                                                           Revalstraße 1
                                                                                                                           23560 Lübeck
                                                                                                                                                                       PDF-7729

                                                                                                                           www.draeger.com

                                                                                                               © Drägerwerk AG & Co. KGaA                          9
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