Sinkende Grenzwerte für krebserregende Stoffe - eine wachsende Herausforderung - Draeger
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Sinkende Grenzwerte für krebserregende Stoffe – eine wachsende Herausforderung Wenn Arbeitsplatzgrenzwerte für einzelne Gefahrstoffe abgesenkt werden, hat das für die Industrie oft weitreichende Konsequenzen. Dabei stellen krebserregende Stoffe Unternehmen vor besondere Herausforderungen. Sie müssen nachweisen können, dass sie die niedrigen Grenzwerte einhalten, und dies langfristig dokumentieren. Ein innovatives Konzept hilft im Umgang mit diesen Gefährdungen. © Drägerwerk AG & Co. KGaA 1
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE – EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG Welche Ziele verfolgen Arbeitsplatzgrenzwerte? Das Einhalten von Arbeitsplatzgrenzwerten (AGW) ist eine wich- tige Aufgabe der Arbeitssicherheit. Ziel ist es, Arbeitnehmer vor gesundheitlichen Risiken durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz zu schützen. Das setzt voraus, dass ein Gefahrstoff im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung identifiziert und von den zuständigen Ar- beitssicherheitsinstitutionen als in bestimmten Dosen gefährlich eingestuft wurde. Der Arbeitsplatzgrenzwert gibt in der Regel an, bei welcher Konzentration eines Stoffs im Allgemeinen keine aku- ten oder chronisch schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit zu erwarten sind. Die Festlegung der Arbeitsplatzgrenzwerte er- folgt ausschließlich auf der Basis vorliegender arbeitsmedizinischer Erfahrungen und toxikologischer Erkenntnisse. Der AGW definiert das Schadstoffmaß, dem ein Arbeitnehmer durchschnittlich während einer Schicht – in der Regel acht Stunden – an fünf Tagen in der Woche während seiner Lebensarbeitszeit aus- gesetzt sein darf, ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen. Ist der Kontakt zum Gefahrstoff auch durch substituierende oder ar- beitsorganisatorische Maßnahmen wie vorgezogene Schichtwechsel nicht zu vermeiden und ist die tatsächliche Belastung der Arbeits- platzatmosphäre höher als der Grenzwert, muss persönliche Schutz- ausrüstung wie Atemschutz für die Sicherheit des Arbeitnehmers Verantwortung, ein Arbeitsleben lang sorgen. Die Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers reicht in vielen Ländern und Regionen weit über den eigentlichen Zeitpunkt der Beschäfti- Unternehmen in der Pflicht gung hinaus. So gibt es zum Beispiel in Deutschland seit 2015 die Die tatsächliche Konzentration bestimmter Gefahrstoffe an Ar- Zentrale Expositionsdatenbank (ZED) des IFA (Institut für Arbeits- beitsplätzen ist gemäß gesetzlicher oder anderer regulatorischer schutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung). Sie hat Vorgaben – auch innerbetrieblicher – regelmäßig zu überprüfen. ihren Ursprung in der EU- Richtlinie 2004/37/EG. Hier können Prüfturnus, -methode und die Auswertung und Aufzeichnung der Arbeitgeber, deren Mitarbeiter am Arbeitsplatz Kontakt zu krebser- Messergebnisse sind in der Regel ebenfalls Teil von Arbeitssicher- zeugenden Stoffen der Kategorien 1 A und 1 B wie Benzol, Asbest, heitsvorschriften. In Deutschland ist die Ermittlung der Konzen- Formaldehyd und Dieselpartikelemissionen haben, personenbezo- tration gefährlicher Stoffe in der Luft am Arbeitsplatz Aufgabe des gene Expositionsdaten erfassen. Damit folgen sie der aus der deut- jeweiligen Arbeitgebers. Dies ist in vielen Ländern weltweit ähnlich schen Gefahrstoffverordnung resultierenden Verpflichtung zur Do- gelagert. Der Unternehmer kann diese Aufgabe an eine geeignete kumentation des Kontakts von Mitarbeitern zu krebserzeugenden, Stelle delegieren, wenn er fachlich und personell nicht in der Lage fruchtbarkeitsgefährdenden und keimzellmutagenen Stoffen. Um ist, die Kontrollen selbst vorzunehmen. Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge im Rückblick und über einen langen Zeitraum analysieren zu können, müssen die Unternehmen diese Daten 40 Jahre lang archivarisch vorhalten. Arbeitnehmer, die aus dem Berufsleben ausscheiden, können bei der ZED ihre persönliche Expositionshistorie anfordern.1 © Drägerwerk AG & Co. KGaA 2
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE – EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG Beispiel US-OSHA: über 40 Jahre alte Grenzwerte liche Wirkweisen der in der Industrie eingesetzten Stoffe oder Stoff- Häufig leisten erst neueste Erkenntnisse aus Wissenschaft und For- mischungen zu dokumentieren und zu kontrollieren. schung und die rückblickende Ursachenanalyse bezüglich potenziell Dieses Wissen ist nötig, um die Arbeitsplatzgrenzwerte immer wieder beruflich bedingter Krankheits- und Todesfälle Aufschluss über Art an das tatsächliche Gefährdungspotenzial anzupassen. Das ist in der und Ausmaß der Gefährlichkeit eines Stoffs auf den menschlichen Regel Aufgabe der Ländergesetzgebung. In den USA etwa hat die Körper. Mit der EU-weiten REACH-Verordnung ist ein wichtiger Occupational Safety and Health Administration (OSHA) im Frühjahr Schritt getan, um die Zusammensetzung, Einsatzbereiche und mög- 2016 nach 40 Jahren erstmals den Arbeitsplatzgrenzwert für alveo- Jährlich gibt es weltweit 660.000 Todesfälle durch arbeitsplatzbedingten Krebs. * KREBS ALS BERUFSKRANKHEIT – SEIT 1755 BEKANNT 1895: 2011: Identifikation von 2-Naphthylamin Formaldehyd als krebs- als Ursache des Blasenkrebses erzeugend eingestuft bei Arbeitern in Farbstofffabriken 1755: 1974: Erkennung des Hoden- Vinylchlorid als Ursache von krebses der Schornstein- Lebertumoren in der Kunst- feger als Berufskrebs stoffindustrie aufgedeckt * Nenonen N., Hämäläinen P., Takala J., et al. (2014) Global estimates of occupational accidents and fatal work-related diseases in 2014, Singapore, Workplace Safety & Health Institute. http://goo.gl/UlZorD © Drägerwerk AG & Co. KGaA 3
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE – EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG lengängiges kristallines Silizium (auch Quarzfeinstaub/engl. respira- Die Zeit läuft ble crystalline silica) um das Zwei- bis Fünffache auf 50 μg/m3 – je Aber warum kommt der Impuls zur Grenzwertabsenkung mitunter nach bisherigem Industriestandard – herabgesetzt.2 Das Einatmen so spät, wo doch jeder Moment einer reduzierten Exposition eine des Quarzfeinstaubs verursacht Lungenschäden bis hin zu Krebs. Investition in das Leben sein kann? Wie beschrieben, äußern sich Allerdings liegen zwischen der Erstexposition von Quarzfeinstaub manche beruflich induzierten Krankheiten mit erheblicher Zeitver- und dem Ausbruch der Erkrankung oft bis zu 30 Jahre und mehr. Ei- zögerung und lassen sich somit erst spät diagnostizieren. Spätfol- ner Studie des National Institute for Occupational Safety and Health gen sind auch bei neu kreierten Substanzen – wie insbesondere (NIOSH) zufolge sterben in den USA jährlich immer noch rund 100 bei Nanomaterialien – häufig nicht absehbar. Hier muss begleitend Menschen an einer Silikose (Staublunge) Quarzfeinstaubexposition.3 Forschung und Dokumentation erfolgen. Hinzu kommen mitunter Nach Schätzungen der OSHA kann die neue Grenzwertfestlegung fehlende oder versagende Kontrollmechanismen auf nationaler oder jährlich über 600 Leben retten und 900 neue Fälle an Silikose ver- betrieblicher Ebene. Das erschwert eine neutrale Beurteilung und hindern. Die OSHA hat angekündigt, viele weitere, ebenfalls seit 40 die Erkenntnis, wie gefährlich der Stoff tatsächlich ist. Jahren unveränderte Grenzwerte sukzessive anzupassen. AUSGEWÄHLTE KREBSARTEN UND MÖGLICHE URSACHEN Lungenkrebs Nasenrachenraumkrebs Asbest, kristallines Silizium, Formaldehyd Dieselabgase, Arsen, Chrom, Nickel Kehlkopfkrebs Magen- und Gallenkrebs Säurenebel, Asbest Trichlorethylen, Vinychlorid Mesotheliom Asbest Harnblasenkrebs Eierstockkrebs Aromatische Amine Asbest Leukämie Hautkrebs Benzol, Formaldehyd Mineralöle, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe Non-Hodgkin-Lymphom Trichlorethylen Überarbeitet nach Siemiatycki, J, et al. Listing occupational carcinogens. Environmental Health perspectives, Vol. 112, no. 15 (2004). p. 1447-1459 © Drägerwerk AG & Co. KGaA 4
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE – EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG Bei Benzol6 handelt es sich um einen krebserregenden Stoff der Ka- GRENZWERTABSENKUNG: HERAUSFORDERUNG tegorie 1 A. Hier gilt das Modell der Expositions-Risiko-Beziehung FÜR UNTERNEHMEN (ERB). Es beschreibt den Zusammenhang zwischen der Stoffkon- zentration (beim Einatmen) und dem Auftreten einer Krebserkran- Jede Absenkung von Arbeitsplatzgrenzwerten löst kung. So lässt sich ableiten, wie hoch die statistische Wahrschein- in Unternehmen neue Entscheidungen und Aktionen lichkeit ist, bei einer bekannten Benzol-Belastung von täglich acht aus, etwa Stunden (Arbeitstag) über einen Zeitraum von 40 Arbeitsjahren an – das Überarbeiten von Gefährdungsbeurteilungen, Krebs zu erkranken. Betriebsanweisungen und Erlaubnisscheinen, – den Umstieg auf weniger gefährliche Substanzen, – das Umgestalten von Arbeitsplätzen, ZAHLEN UND FAKTEN – das Überprüfen betriebsärztlicher Präventionsprogramme, – die Neueinteilung von Schichtlängen und -plänen und Benzol – das Anpassen von Arbeitsplatzkontrollmechanismen und -routinen. Formel: C6H6 CLP: entzündbare Flüssigkeit, toxisch, krebserzeugend Um neue Grenzwertniveaus durch Kontrollmessungen überhaupt Explosionsgrenze in vol%: LEL 1,2; UEL 8,6 abbilden zu können, ist häufig nicht nur eine neue Messstrategie, Geruchsschwelle: 0,78 ppm sondern auch eine größere Investition in den Gerätepark notwendig. Denn mitunter eignen sich die bisherigen Messmethoden und Akute Wirkungsweisen: Reizung von Augen, Nase und -geräte aufgrund ihres eingeschränkten Messbereichs nicht, um in Atemwegen, verbunden mit Kopfschmerzen, Krämpfen Zukunft einen zum Beispiel zehnmal niedriger angesetzten Grenz- und Benommenheit bis hin zur Bewusstlosigkeit wert zu messen. Neben dem zeitlichen Aufwand für die Auswahl Chronische Folgen: Krebs (Leukämie) des für die neue Messaufgabe passenden Produkts, ist dieser Prozess natürlich auch mit Kosten verknüpft. Hinzu kommen ggf. strengere Sanktionen durch die regulierenden Arbeitssicherheits- Benzol – ein wichtiger Grundstoff in der chemischen organisationen bei zukünftigen Grenzwertüberschreitungen. Fazit: Industrie Grenzwertabsenkungen haben auch immer eine wirtschaftliche Der aromatische Kohlenwasserstoff Benzol ist eine farblose Flüs- Auswirkung auf Arbeitgeber. sigkeit, die in fossilen Rohmaterialien wie Rohöl und Steinkohle vorkommt. Die Substanz ist Bestandteil von Benzin und Petroleum. Bestimmung von AGWs: das Beispiel Benzol Die chemische Industrie verwendet Benzol als Ausgangsprodukt In Deutschland wird grundsätzlich differenziert zwischen dem ge- für andere Verbindungen, und erst diese fließen in die Produkti- sundheitsbasierten AGW, angegeben in mg/m3 oder ppm 4, und on von Konsumartikeln ein. So wird Benzol für die Synthese vieler einem risikobasierten Wert. Letzterer gilt für karzinogene Stoffe: Verbindungen gebraucht, wie zum Beispiel Anilin, Styrol, Nylon, Hier kann der Stoff in keiner Konzentration als völlig unbedenklich Synthesekautschuk, Kunststoffe, waschaktive Stoffe, Insektizide, angesehen werden. Lassen sich Tätigkeiten in Anwesenheit eines Farbstoffe und vieles mehr. Des Weiteren dient Benzol zur Her- solchen Stoffs gar nicht vermeiden, gelten ein besonders strenges stellung wichtiger Grundstoffe in der chemischen Industrie wie zum Schutzmaßnahmenkonzept sowie besondere, risikobezogene Ex- Beispiel Phenol, Nitrobenzol, Anilin, Chlorbenzol, Hydrochinon und positionsgrenzen auf Basis der von der Bundesanstalt für Arbeits- Pikrinsäure. Gebraucht wird Benzol auch zum Beispiel als Extrak- schutz und Arbeitsmedizin (BAuA) herausgegebenen Technischen tions- und Lösemittel, als Laborchemikalie und als Additiv in Benzin. Regel für Gefahrstoffe TRGS 910.5 Laut einer aktuellen Marktforschungsstudie wird eine weitere, konti- © Drägerwerk AG & Co. KGaA 5
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE – EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG Ein beispielhaftes Konzept zur Risikominimierung bei Benzolexposition Für krebserzeugende Stoffe wie Benzol lassen sich in der Regel kei- ne Höchstgrenzen angeben, deren Unterschreitung eine Beeinträch- tigung der Gesundheit komplett ausschließen würde. Kein Kontakt wäre hier immer das Beste – immerhin stellt Krebs mit einem Anteil von 53 % die häufigste arbeitsbedingte Todesursache innerhalb der EU dar.10 Da sich aber Tätigkeiten mit Benzol – gerade in der che- mischen Industrie – häufig nicht vermeiden lassen, gelten EU-weit besondere Schutzmaßnahmen. Vorreiter bei der Umsetzung dieser für krebserregende Substanzen besonders strengen Richtlinie über Karzinogene und Mutagene (2004/37/EG) ist Deutschland. Dort leitet sich das Sicherheitskonzept für Benzol-Arbeitsplätze aus dem sogenannten Risiko-Akzeptanz-Konzept – einem Ampelprinzip – ab: Es unterscheidet zwischen einem hohen (Rot), mittleren (Gelb) und geringen Risiko (Grün). Die Grenze zwischen hohem Risiko und mittlerem Risiko wird als Toleranzrisiko bezeichnet. Das To- leranzrisiko entspricht einem statistischen zusätzlichen Krebsrisiko von 4:1.000. Das heißt, bei diesem Risiko besteht statistisch die Wahrscheinlichkeit, dass von 1.000 während des gesamten Arbeits- nuierliche Steigerung der weltweiten Benzolnachfrage erwartet: Bis lebens exponierten Personen vier an Krebs erkranken. zum Jahr 2021 wird sich der Verbrauch um über 7 Mio. Tonnen erhöhen; der Benzolumsatz wird dann voraussichtlich mehr als 69 RISIKO-AKZEPTANZ-KONZEPT Mrd. US-Dollar erreichen. Ausschlaggebend für die Entwicklung Rot: Stopp! des globalen Benzolmarkts sind die massiven Erweiterungen der Gesundheitsrisiko nicht mehr tolerierbar – Anwen- Produktionskapazitäten für Benzol und dessen nachgelagerte Pro- dungsverbot, falls keine dukte im Mittleren Osten/Afrika und in Raum Asien-Pazifik.7 deutliche Expositionsmin- derung erfolgt. Schon in den 1920er Jahren wurden schwere Bluterkrankungen durch Benzol festgestellt. Seit 1950 erschienen medizinische Fall- Gefahrenbereich Risiko > 4:1000 beschreibungen, deren Aussage eindeutig war: Benzol erzeugt Blutkrebs. Seit den 1970er Jahren gilt Benzol als krebserzeugender Gelb: Achtung! Stoff, der auch mit bösartigen Veränderungen der Lymphknoten in Gesundheitsrisiko ist Steigendes unerwünscht – über Verbindung gebracht wurde. Daraufhin hat die International Labour Gesundheitsrisiko aktives Risikomanagement Organization (ILO) im Jahr 1971 das ›Übereinkommen 136 über den verständigen. Schutz vor den durch Benzol verursachten Vergiftungsgefahren‹ ver- öffentlicht.8 Schon zwei Jahre zuvor hatte die US-OSHA einen Acht- Besorgnisbereich Stunden-Arbeitsplatzgrenzwert (Time Weighted Average – TWA) von 10 ppm definiert. Heute liegt der US-OSHA-TWA für Benzol bei Grün: Gehe! 1 ppm TWA. Die American Conference of Governmental Industrial Gesundheitsrisiko ist hin- Hygienists (ACGHI®) gibt für Benzol einen Grenzwert von nur 0,5 nehmbar – Sorgfaltspflich- ten bleiben bestehen. ppm (Threshold Limit Value – TLV®) vor.9 Dieser Wert wird in vielen Basisvorsorgebereich Industriebetrieben als interner Maßstab zugrunde gelegt. Risiko < 4:10.000 © Drägerwerk AG & Co. KGaA 6
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE – EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG Die Grenze zwischen mittlerem Risiko und niedrigem Risiko wird Damit Unternehmen die Chance bekommen, die neuen, anspruchs- als Akzeptanzrisiko bezeichnet. Arbeitgeber sind dazu angehalten, volleren Grenzwertvorgaben erfüllen zu können, hat Dräger das innerhalb dieser Zone Maßnahmen zu ergreifen, um das Restrisiko neue Dräger-Röhrchen® Benzol 0,25/a entwickelt. Es ist in der bis hin zum Akzeptanzrisikowert zu reduzieren. Bis 2018 gilt laut Lage, diesen niedrigen Messbereich abzubilden und ist gleichzeitig der von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ist leichter zu handhaben als sein Vorgänger (ein Doppelröhrchen). (BAuA) ausgegebene TRGS11 910 für Benzol noch ein Akzeptanz- risiko von 4:10.000/Arbeitslebenszeit – Alz.12 Der Wert beschreibt die theoretische Akzeptanz von vier Krebserkrankungen auf 10.000 BENZOL – INTERNATIONALE ARBEITSPLATZ- dauerhaft exponierte Arbeitnehmer. Dieses noch bis 2018 gültige GRENZWERTE IM VERGLEICH Akzeptanzrisiko entspricht einer Akzeptanzschwelle von 0,06 ppm bzw. 0,2 mg/m3 Benzol. Ab 2018 wird das Akzeptanzrisiko auf Arbeitsplatzgrenzwert (acht Stunden) 4:100.000 herabgesetzt – die Akzeptanzschwelle für Benzol sinkt ppm mg/m3 damit auf 0,006 ppm bzw. 0,02 mg/m3. Die Richtwerte für das To- Australien 1 3,2 leranzrisiko (4:1.000/Alz) bleiben ebenso wie die Toleranzschwelle Belgien 1 3,25 (0,6 ppm) bestehen. China 6 Dänemark 0,5 1,6 Mit der deutlichen Absenkung der Akzeptanzschwelle ab 2018 müs- Deutschland 0,6 13 1,9 14 sen – zunächst innerhalb Deutschlands und nachfolgend eventuell 0,06 15 0,2 16 auch in weiteren Ländern – Tätigkeiten und Arbeitsplätze in der Europäische Union 1 3,25 Gefährdungsbeurteilung neu bewertet und als Bereiche mittleren Finnland 1 3,25 Risikos eingestuft werden. Das kann etwa dazu führen, dass die Frankreich 1 3,25 tatsächliche Benzolkonzentration in bestimmten Arbeitsbereichen Großbritannien 1 nicht mehr nur per Zeitpunktmessung, sondern per dauerhafter Ar- Irland 1 3 beitsplatzüberwachung kontrolliert werden muss. An das Messver- Italien 1 3,25 fahren werden dabei hohe Anforderungen gestellt: Das Messsystem Japan 10 muss empfindlich und genau genug sein, um auch Konzentrationen Kanada – Ontario 0,5 im Bereich unterhalb von 1 ppm sicher erfassen zu können. Das Kanada – Québec 1 3 Messergebnis muss möglichst kurzfristig – typischerweise binnen Litauen 1 3,25 weniger Minuten – vorliegen. Weiterhin sollte das Messsystem im Neuseeland 1 Wesentlichen frei von Querempfindlichkeiten sein. Das heißt, dass Niederlande 3,25 andere im Arbeitsbereich vorkommende Substanzen wie Kohlen- Norwegen 1 3 wasserstoffe oder Aromaten das Messergebnis nicht beeinflussen Österreich 1 3,2 dürfen. Daher ist die zuverlässige Ermittlung von Benzolkonzentrati- Polen 1,6 onen unterhalb von 0,5 ppm generell schon eine Aufgabe für Spezi- Schweden 0,5 1,5 alisten und besonders präzise Messtechnik. Die Messleistung hängt Schweiz 0,5 1,6 einerseits von der Sensibilität des Messgeräts ab, andererseits aber Singapur 1 3,18 auch – bei Pumpeneinsatz – von der Qualität des für Probenah- Spanien 1 3,25 me eingesetzten Schlauchmaterials. Wird etwa für den Pumpen- Südkorea 1 3 schlauch ein Material benutzt, an dem sich Benzol ablagert, kann USA – NIOSH 0,1 0,32 dies das Messergebnis verfälschen. Gleiches gilt bei nicht korrekter USA – OSHA 1 Kalibrierung des Messgeräts vor der eigentlichen Messung. USA – TLV® 0,5 Quelle: Gestis17, Dräger VOICE®18 © Drägerwerk AG & Co. KGaA 7
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE – EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG Da die deutschen bzw. EU-weiten Arbeitssicherheitsstandards in Generell gilt: Das Präventionsprinzip stellt in der Arbeitssicherheit der Regel international als fortschrittlich gelten, ist in anderen Län- einen internationalen Trend dar. Das Ziel ist, die berufliche Exposi- dern nachgelagert ebenfalls mit Grenzwertabsenkungen für Benzol tion mit krebserregenden Substanzen und die von ihnen ausgehen- zu rechnen. Die US-NIOSH hat bereits auf die besonders toxische den, nachweislich schädlichen Gefahren für den menschlichen Kör- Wirkung des Benzols reagiert und den Grenzwert auf 0,1 ppm her- per auf Null zu reduzieren. Damit dies möglich wird, müssen sowohl abgesenkt. Sie liegt damit zurzeit sogar noch unterhalb der aktuel- die Produktionsanlagen als auch die Gefährdungsbeurteilungen und len deutschen Vorgabe. die einzuleitenden Gegenmaßnahmen auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Geeignete Messstrategien, kontinuier- liches Monitoring und eine gute Dokumentation der auftretenden Gefahrstoffkonzentrationen tragen zum Erreichen dieses Ziels bei. © Drägerwerk AG & Co. KGaA 8
SINKENDE GRENZWERTE FÜR KREBSERREGENDE STOFFE – EINE WACHSENDE HERAUSFORDERUNG QUELLEN : 1 http://www.dguv.de/ifa/GESTIS/Zentrale-Expositionsdatenbank-(ZED)/index.jsp; Abruf: 16.06.2016 2 https://www.osha.gov/silica/; Abruf: 16.06.2016 3 http://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/mm6405a1.htm; Abruf: 16.06.2016 4 ppm – parts per million 5 http://www.baua.de/en/Topics-from-A-to-Z/Hazardous-Substances/TRGS/pdf/TRGS-910.pdf?__blob=publicationFile&v=6; Abruf: 17.06.2016 6 Weitere Informationen zum Gefährdungspotenzial von Benzol bzw. zum sicheren Umgang mit Benzol unter http://gestis-en.itrust.de/nxt/gateway. dll?f=templates$fn=default.htm$vid=gestiseng:sdbeng; Abruf: 170.06.2016 7 http://www.ceresana.com/en/market-studies/chemicals/benzene/ceresana-market-study-benzene.html; Abruf: 21.06.2016 8 http://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=NORMLEXPUB:12100:0::NO::P12100_ILO_CODE:C136; Abruf: 17.06.2016 9 http://www.acgih.org/forms/store/ProductFormPublic/2016-guide-to-occupational-exposure-values; Abruf: 31.10.2016. TLV® ist ein eingetragenes Warenzeichen der ACGHI®. 10 http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-1656_en.htm; Abruf: 10.10.2016 11 Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 12 http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/pdf/TRGS-910.pdf?__blob=publicationFile&v=17; Abruf: 17.06.2016 13 Aktuelles Toleranzrisiko; Stand: Juni 2016 14 Aktuelles Toleranzrisiko; Stand: Juni 2016 15 Aktuelles Akzeptanzrisiko; Stand: Juni 2016; ab 2018: 0,006 ppm 16 Aktuelles Akzeptanzrisiko; Stand: Juni 2016; ab 2018: 0,02 mg/m3 17 http://limitvalue.ifa.dguv.de; Abruf: 20.06.2016 18 http://www.draeger.net/voice/getSubstanceDetails.do?substanceId=50; Abruf: 11.10.2016 IMPRESSUM DEUTSCHLAND Dräger Safety AG & Co. KGaA Revalstraße 1 23560 Lübeck PDF-7729 www.draeger.com © Drägerwerk AG & Co. KGaA 9
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