Solar- und Elektroflugzeuge - Geschichte und Zukunft
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Die Verwendung eines Elektroantriebes für Flugzeuge ist nicht neu. Bereits am 21. Oktober 1973 flog der Österreicher Brditschka mit einem elektrisch angetriebenen Motorsegler auf eine Höhe von 300 Metern mit einer Batterieladung. Er drehte einige Uhr auf der RAF Base Manston nicht weit Platzrunden und landete sicher nach neun Minuten Flugzeit. Der Amerikaner R. J. von London. Die direkte Verbindungs- Boucher hat als erster ein unbemanntes ferngesteuertes Flugzeug mit Solarzellen aus- strecke ist 262 Kilometer lang. Die größ- gestattet und erfolgreich erprobt. Am 4. November 1972 flog seine Sunrise I zum te Höhe während des Fluges betrug 3500 Meter MSL (Mean Sea Level). Das ersten Mal mit der von Solarzellen gelieferten Energie etwa 100 Meter hoch und Flugzeug hatte allerdings nur eine Zula- kreiste dabei etwa 20 Minuten. Das Flugzeug hatte eine Spannweite von etwa zehn dung von 42 Kilogramm (kg), und die Struktur war sehr empfindlich und damit Metern und eine Abflugmasse von zehn Kilogramm. Am 27. September 1975 er- nicht für den Alltagseinsatz geeignet. reicht Boucher mit dem Nachfolgemodell Sunrise 11 eine Flughöhe von 5250 Me- In Deutschland entwickelte Günther tern bei einer Flugzeit von drei Stunden und 24 Minuten. In Deutschland gelangen Rochelt etwa zur gleichen Zeit seinen dem Elektro- und Solarflugpionier Fred Militky am 16. August 1976 die ersten Solar- Solair 1. Als Grundlage diente ihm ein Entenflugzeug, die Canard von Farner. flüge mit seinem Modell Solaris. Die Flügelfläche wurde mit 2500 Solar- zellen belegt, die in Silicon eingebettet waren und abschließend mit einer Poly- esterfolie abgedeckt wurden. Die Lei- Kurze Historie der Solarflieger stung der Zellen betrug bei voller Be- strahlungsstärke 2200 Watt (W). Die Ab- Die größten Fortschritte auf dem Gebiet flugmasse lag bei 180 kg. Am 21. Au- des bemannten Solarflugs brachten die gust 1983 flog Rochelt mit der Solair 1 Arbeiten von Paul B. McCready in Kalifor- von Unterwössen mit Unterstützung von nien. Aufbauend auf seinen Muskelkraft- Thermik fünf Stunden und 41 Minuten. flugzeugen Gossamer Condor und Die Maschine ist heute im Deutschen Gossamer Albatross stattete er den Museum in München ausgestellt. Gossamer Penguin 1980 mit einem So- larpanel aus. Am 7. August 1980 führte Rudolf Voit-Nitschmann y die Pilotin Janice Brown mit dem Pen- Solar- und Elektroflugzeuge y guin einen drei Kilometer weiten De- monstrationsflug von14 Minuten Dauer aus. Die Fluggeschwindigkeit lag bei et- wa 6,5 Metern pro Sekunde. Das Flug- zeug war nur für sehr geringe Belastun- gen ausgelegt und konnte nur bei Wind- stille geflogen werden. Ein herausragender Meilenstein wurde mit der Entwicklung des Solar Challenger geschaffen. Es handelt sich um einen Motorsegler mit einer Spannweite von 14,3 Metern. Am 7. Juli 1981 startete Stephen Ptacek mit dem Challenger um 9:28 Uhr vom Flugplatz Puntoise-Cor- meilles bei Paris und landete um 14:51 89
WechselWirkungen y zeuge noch eines gemeinsam: Es handelt Lage sein, aus eigener Kraft mit gespei- Jahrbuch 2001 y sich in allen Fällen um Flugzeuge, die cherter Energie auf 450 Meter Höhe zu speziell auf eine Aufgabe oder einen Re- steigen, wobei die Steiggeschwindigkeit kordflug hin entworfen und gebaut wur- zwei Meter pro Sekunde betragen soll. den. Sie waren nicht praxistauglich in Ferner muß es bei einer Sonneneinstrah- dem Sinne, wie es heutige Segelflugzeu- lung von 500 W pro Quadratmeter (m2) ge oder Motorsegler sind, das heißt bei möglich sein, einen allein durch Sonnen- nicht optimalem Wetter mußten die energie getriebenen Horizontalflug durch- Geräte am Boden bleiben. Darüber hin- zuführen. aus war in allen Fällen das zulässige Pilo- Aus all diesen Vorgaben ergaben sich Einen dem Solair 1 ähnlichen Ansatz tengewicht beziehungsweise die maxi- für die anfangs über 40 Teams aus aller verfolgte Eric Raymond in den USA, der male Nutzlast gering. Welt extreme Anforderungen an Aerody- mit seinem Sunseeker 1990 mit vielen namik, Leichtbau, Effizienz und Antriebs- Zwischenstopps von Kalifornien an die technik ihrer Flugzeuge. Ostküste der Vereinigten Staaten flog. Stand der Technik bemannter Beim Sunseeker betrug die Zuladung Solarflugzeuge Auch die Fakultät Luft- und Raumfahrt- etwa 75 kg bei einer Flugzeugleermasse technik der Universität Stuttgart stellte von 90 kg. Aufgrund der zwar leichten, Preisträger des Berblinger-Wett- sich mit dem Projekt „icaré 2“ diesen jedoch im Wirkungsgrad schlechten, po- bewerbs Anforderungen. lykristallinen Siliziumzellen in Folienform Weitere herausragende Projekte wa- Durch die Ausschreibung des Berblinger- war die installierte Solarleistung gering. ren „Solair II“ des Teams um Prof. Günter Wettbewerbs der Stadt Ulm für 1996 Der bürstenlose Motor hatte eine Startlei- Rochelt und „O sole mio“ des italieni- wurde ähnlich wie durch die Kremer-Prei- stung von etwa 2,2 Kilowatt (kW), die schen Teams um Dr. Antonio Bubbico. se ein Anreiz geschaffen, die Technologie aber wegen der verwendeten Akkus nur Beide Projekte konnten zwar in weit fort- des solar-elektrischen Fliegens weiter vor- über kurze Zeit zur Verfügung standen. geschrittenem Zustand präsentiert wer- anzutreiben. In den Anforderungen der Ein Horizontalflug allein mit der Lei- Ausschreibung waren neben Straßen- den, waren jedoch zum Zeitpunkt des stung des Solargenerators über längere transporttauglichkeit, aerodynamischer Wettbewerbes nicht flugfähig. Solair II Zeit hinweg war bei diesen Flugzeugen Steuerung und den Bau- und Dokumenta- absolvierte dann mit ca. zweijähriger Ver- auch bei optimaler Einstrahlung nicht tionsrichtlinien vor allem folgende Punkte spätung seinen Erstflug. möglich. Trotz aller Weiterentwicklungen zu berücksichtigen: Bei einer Pilotenmas- Im Gegensatz zu icaré 2, das kompro- haben die bisher aufgezählten Solarflug- se von 90 kg muß das Flugzeug in der mißlos auf die Wettbewerbsausschrei- bung hin entwickelt wurde (25 Meter Spannweite, 25 m2 Flügelfläche), wurde bei den beiden Mitkonkurrenten eher der Kompromiß gesucht, die Flugzeuge kom- pakter und damit leichter zu gestalten (Solair II, 20 Meter Spannweite, 14,5 m2 Flügelfläche). Damit wurde allerdings die Möglichkeit aufgegeben, auch bei gerin- gerer Einstrahlung oder über längere Zeit solar fliegen zu können. Gemessene Flugleistungen der Solair II sind leider bis heute nicht verfügbar. In der Praxis be- deutet das, daß diese beiden Solarflug- zeuge mit Hilfe des eingebauten Solarge- nerators im Flug die Akkus in etwa einer Stunde wieder aufladen können. Aktueller Stand der Technik am Beispiel des icaré 2 Um eine Vorstellung der großen Heraus- forderung des Solarfluges zu erhalten, muß man sich die Randbedingungen ge- nauer betrachten. Abbildung 3 zeigt uns beispielsweise für Stuttgart die maximal gegebene Globalstrahlung der Sonne auf eine horizontale Fläche über das Jahr. Die höchste nutzbare Leistung im Juni an einem klaren Tag in Stuttgart beträgt ca. Abb. 1: Solar Challenger. 880 W/m2. Soll das Solarflugzeug auch 90
Solarflugzeug „icaré 2“ Abb. 2: Preisträger des Berblinger-Wettbewerbs. 3. Preis Solarflugzeug „Solair II“ 3. Preis Solarflugzeug „O sole mio“ bei schlechteren Bedingungen und über gen konnten damit zwar nicht vollständig längere Zeit rein solar fliegen, muß die erfüllt werden, jedoch ist das Flugzeug erforderliche Schwebeleistung wesent- damit in der Lage, ca. fünf Stunden aus- lich geringer sein. Deshalb wurden inner- schließlich mit Solarenergie zu fliegen. halb des Berblinger-Wettbewerbes 500 Bei höherer Einstrahlung um die Mittags- W/m2 als Grenzwert vorgeschrieben. Die zeit ist es dann sogar möglich, leicht zu Auswertungen der Jury zeigten für das steigen. Damit ist ein Streckenflug von et- icaré 2 einen Schwebeleistungsbedarf, wa 500 Kilometern ohne Nutzung von der einer Einstrahlung von 580 W/m2 Thermik möglich. WechselWirkungen y entspricht. Die Wettbewerbsanforderun- Jahrbuch 2001 y 91
WechselWirkungen y Abbildung 4 zeigt, daß letztendlich Die Beschaffungskosten beliefen sich auf Jahrbuch 2001 y nur 13 Prozent der verfügbaren Einstrah- ca. 150 000 Mark. Es waren zwar zur da- lung nach Abzug aller Verluste als An- maligen Zeit bereits Zellen verfügbar mit triebsleistung zur Verfügung stehen. Der 19 Prozent Wirkungsgrad zum doppelten gesamte Antriebsstrang ist eine der wich- Preis, jedoch nicht innerhalb eines halben tigsten Komponenten eines Solarflugzeu- Jahres lieferbar. Die Situation hat sich bis ges. Am Beispiel des icaré 2 soll der ge- heute kaum geändert. Das Hauptproblem Eine äußerst effiziente Nutzung der genwärtige Stand der Technik erläutert für die Anwendung von Solarzellen für verfügbaren Solarleistung ist folglich die werden. den Antrieb von Luftfahrzeugen liegt also große Herausforderung bei der Entwick- momentan noch in der Verfügbarkeit und lung leistungsfähiger Solarflugzeuge. Der Solargenerator besteht aus Solar- den Beschaffungskosten von Solarzellen Dies betrifft nicht nur den gesamten An- zellen der Firma ASE. Die monokristalli- hohen Wirkungsgrades. Die technologi- triebsstrang, sondern auch die Auslegung nen Siliziumzellen weisen einen mittleren schen Probleme der Einbettung der So- des Flugzeuges selbst. Wirkungsgrad von ca. 17 Prozent auf. larzellen in die Tragflügelstruktur konnten sowohl bei icaré 2 als auch bei Solair II zufriedenstellend gelöst werden. Eine Schlüsselrolle hierbei spielte die Einbet- tung der Solarzellen in polyesterverstärk- tes Glasgewebe. Dadurch wurden die Zellen krümmbar und konnten somit in die gewölbte Tragflügeloberfläche inte- griert werden. Optisch konnten keine Nachteile festgestellt werden. Auch nach inzwischen fünf Jahren Flugbetrieb hat sich der Solargenerator bewährt. Ledig- lich die Verbindungen der einzelnen So- larpanels bereiteten Probleme. Acht ein- zelne Solarzellenstränge kommen beim icare 2 zum Einsatz. Jeder Strang ist mit einem sogenannten Maximum- Power- Point-Tracker ausgerüstet. Dies ist ein Regler, der die Spannung des Systems an den maximalen Leistungspunkt des Generators anpaßt. Für den Start und Steigflug sorgen 386 Nickel-Cadmium- Zellen (je 2,0 Amperestunden (Ah), Ge- Abb. 3: Einstrahlung auf eine horizontale Fläche. Abb. 4: Aufteilung der Leistungsverluste. 92
samtmasse ca. 25 kg). Zum damaligen b [m] Zeitpunkt waren dies die einzigen verfüg- baren Akkus mit der nötigen spezifischen Energie und vor allem spezifischen Lei- stung ( Energie und Leistung bezogen auf die Masse). Es mußte für den Wettbewerb ein Steigflug auf möglichst große Höhe (min- destens 450 Meter) demonstriert wer- den. Dazu ist eine möglichst hohe spezifi- sche Leistungsfähigkeit der Akkus ent- scheidend. Technologisch hat sich die Si- tuation in der Zwischenzeit auf diesem Gebiet am stärksten weiterentwickelt (da- zu später). Ein sognannter Lademanager überwacht die Ladung des Akkus im Flug und verhindert vor allem die Überladung. In der Antriebskette folgt dann der Wech- selrichter, der die Drehfelder für die bei- den Phasen des Elektromotors erzeugt. Außerdem erfolgt die Leistungsregelung über diese Komponente. Der maximale Wirkungsgrad des Wechselrichters be- trägt 98,5 Prozent. Als Antriebsmotor kommt ein Transversalfluß-Motor zum Einsatz, der eine extreme spezifische Lei- stungsfähigkeit aufweist. Der Wirkungs- grad dieses Motors liegt bei Start bezie- Abb. 5: Entwurfsdiagramm icaré 2, Überschußleistung P[W] in Abhängigkeit von Flügelfläche S [m2] S [m2] und Spannweite b[m]. hungsweise bei Schwebeleistung bei 92 Prozent und 93 Prozent Wirkungsgrad und stellt bezüglich der Leistungsfähig- W/m2 Solarstrahlung und die Steigflug- das Flugzeug gerade beginnt, den hori- keit das momentan Machbare dar. Das forderung mit zwei Metern pro Sekunde zontalen Schwebeflug zu erfüllen. Bei gesamte Antriebssystem wurde an der auf 450 Meter Höhe bildeten die größte +100 W stehen 100 W an Überschuß- Uni Braunschweig im Auftrag für das Pro- Herausforderung. leistung zur Verfügung. Aus dem Dia- jekt icaré entwickelt. Der Motor treibt ei- gramm ist ersichtlich, daß unendlich viele Auf die Auslegungsberechnungen nen kohlefaserverstärkten (Cfk) Propeller Lösungen für das Entwurfsproblem des kann hier nicht detailliert eingegangen (Durchmesser 2,4 Meter) eigener Ent- Solarflugzeuges möglich sind. Durch die werden. Zusammenfassend kann ange- wicklung an, dessen Wirkungsgrad mit Erläuterung der beiden Extremfälle soll geben werden, daß ein hinsichtlich mini- 87 Prozent vermessen wurde. Für den die Entwurfsproblematik verdeutlicht maler Antriebsleistung optimierter Ent- Segelflug kann der Propeller mit Hilfe ei- werden. wurf eine möglichst große Spannweite ner mechanischen Bremse abgebremst bei gleichzeitig geringem Gewicht und ei- Wie aus dem Diagramm ersichtlich, und nach hinten gefaltet werden. Das An- ner großen Flügelfläche für die Solarzel- besteht die Möglichkeit, ein Flugzeug mit triebssystem mit dem Motor im Seiten- len aufweisen muß. Die benötigte Lei- relativ geringer Flügelfläche zu realisieren leitwerk hat sich in der Praxis sehr be- stung für den horizontalen Schwebeflug (zum Beispiel 19 m2), allerdings bei sehr währt. Der Verfasser würde dieses An- muß durch die Solarzellen zur Verfügung großer Spannweite (größer als 30 Me- triebssystem aus eigener Flugerfahrung gestellt werden. Die bereitstehende Lei- ter). Die relativ geringe benötigte Solar- jedem Klapptriebwerk vorziehen. Ledig- stung abzüglich der erforderlichen Lei- zellenfläche würde zu einer beträchtli- lich die Verbindungen der einzelnen So- stung ergibt einen Leistungsüberschuß. chen Kosteneinsparung für den Solarge- larpanels und der Maxmimum-Power- nerator führen. Andererseits wäre eine Point-Tracker hatten während des Flug- Abbildung 5 zeigt die Überschußlei- Spannweite von über 30 Meter im prakti- betriebes Probleme bereitet. stung, aufgetragen über der Flügelfläche schen Betrieb kaum mehr handhabbar. und der Spannweite. Hierbei wurde Abgesehen vom Antriebsstrang ist der selbstverständlich die Änderung des Flü- Entwurf des Solarflugzeuges selbst für gelgewichtes in Abhängigkeit von Spann- minimale Antriebsleistung eine wichtige weite und Streckung berücksichtigt. Be- Aufgabe für den Entwicklungsprozeß ei- züglich der verfügbaren Leistung wurde nes leistungsfähigen Solarflugzeuges. Für von jeweils maximal möglicher Solarzel- das Projekt icaré wurden hier konsequent lenbelegung der Flügelfläche ausgegan- die Forderungen des Berblinger-Wettbe- gen. Man könnte diese Darstellung als werbes zugrunde gelegt. Die Forderung Entwurfsdiagramm für ein Solarflugzeug WechselWirkungen y des solaren Schwebefluges bei nur 500 bezeichnen. Die Kurve 0 bedeutet, daß Jahrbuch 2001 y 93
WechselWirkungen Schwebefluges hatte sicherlich für die y Ausblick auf zukünftige Jahrbuch 2001 y Wettbewerbsjury die erste Priorität und Entwicklungen macht andererseits den besonderen Reiz des Flugzeuges aus. Bei abgestelltem An- Weiterentwicklungen der Einzelkom- trieb allerdings muß man Segelfluglei- ponenten stungen hinnehmen, die nicht den ge- genwärtigen Stand der Technik repräsen- Die Weiterentwicklung der herkömmli- tieren. Zukünftige Ausschreibungen soll- chen Silizium-Solarzellen wird sich in klei- ten sich mehr daran orientieren, elektri- nen Schritten vollziehen. Auch die Preise schen beziehungsweise solarelektrischen werden erst dann in Bewegung geraten, Antrieb mit einem Hochleistungssegel- wenn größere Stückzahlen zur Anwen- flugzeug zu kombinieren. dung kommen. Erfolgversprechender scheint beispielsweise die Entwicklung Der andere extreme Auslegungsfall wäre Für die gesamte Struktur des icare 2 von Silizium-Dünnschicht-Zellen laut Aus- eine sehr große Flügelfläche von ca. 29 kommt hauptsächlich die CFK-Wa- kunft unseres Kollegen, Prof. Jürgen H. m2 mit einem entsprechend großen und bensandwich-Bauweise zur Anwendung. Werner, Institut für Physikalische Elektro- teuren Solargenerator, aber andererseits Der icaré-Flügel ist dreiteilig ausgeführt. nik (IPE). Labormuster dieser Zellen mit einer wesentlich besser handhabbaren Der größte Teil erhielt einen rechteckigen einem Wirkungsrad von ca. 20 Prozent Spannweite von ca. 20 Metern. Diese Grundriß, um die Solarzellen optimal auf- waren bereits vor Jahren am IPE ent- Auslegung hätte natürlich den Nachteil bringen zu können. Es wurde in Kauf ge- wickelt worden. Die Verfügbarkeit derarti- des wesentlich teureren Solargenerators nommen, daß der große Rechteckteil ger Zellen in genügender Anzahl und zu und würde außerdem bei abgeschalte- Nachteile für die Manövrierbarkeit um die einem akzeptablen Preis würde der solar- tem Antrieb schlechtere Segelflugleistun- Längsachse mit sich bringt. Die Flügel- elektrischen Fliegerei zum Durchbruch gen aufweisen als eine Auslegung mit struktur erhielt eine geschlossene Tor- verhelfen. Die aufwendige Integration der größerer Spannweite beziehungsweise sionsnase aus einem Kohlegelege-Wa- relativ schweren Silizium-Zellen-Panel größerer Streckung. Wie so oft beim bensandwich. Auf der Oberseite erstreckt (1,2 kg/m2) in die Struktur wird damit Flugzeugentwurf wurde ein Kompromiß sich das Wabensandwich bis zur Hinter- überflüssig, und die Zellen könnten getroffen. Das icaré 2 wurde schließlich kante, um die Solarzellen zu tragen. Hin- nachträglich auf die Tragflügelstruktur mit einer Spannweite von 25 Metern und ter dem Holm sind Stütz-Rippen ange- aufgebracht werden. Innerhalb der näch- einer Flügelfläche von 25,7 Quadratme- bracht. Auf der Unterseite ist der Flügel sten fünf bis zehn Jahre wäre dies vor- tern realisiert. hinter dem Holm bespannt. stellbar. Vor allem die Forderung nach horizon- talem Schwebeflug bei einer Einstrah- lung von 500 W/m2 in Verbindung mit n der hohen Zuladung machen eine sehr n große Flügelfläche erforderlich. Die ge- n wählte Flügelfläche für den icare 2 ist etwa um zehn Quadratmeter größer als Wie so oft beim Flugzeugent- die Flügelfläche eines Leistungssegelflug- zeuges der offenen Klasse mit derselben Spannweite. Dies führt in der Konse- wurf wurde ein Kompromiß quenz zu einer äußerst geringen Flächen- belastung, die sich im Segelflug ungün- stig auf die Streckenfluggeschwindigkeit auswirkt und führt gleichzeitig zu einer getroffen. n n schlechteren Gleitzahl (Verhältnis von Wi- n derstand zu Auftrieb 1:36) im Gegensatz zu vergleichbaren Segelflugzeugen der offenen Klasse mit derselben Spannweite (Gleitzahl ca. 1:60). Durch die konsequente Anwendung Der dem Solargenerator nachgeschal- Die Kombination von großer Flügel- der CFK-Wabensandwich-Bauweise konn- tete Maximum-Power-Point-Tracker weist fläche und der an der unteren Grenze te das Strukturgewicht im Vergleich zu bereits beim icaré 2 einen Wirkungsgrad dimensionierten Größe des Seitenleitwer- Serienflugzeugen wesentlich reduziert von 98 Prozent auf. Bei dieser Kompo- ke führten zu einem sehr hohen negati- werden, dies allerdings teilweise auf Ko- nente kann zukünftig lediglich eine Minia- ven Wendemoment (Rollwendemoment), sten der Oberflächenqualität und somit turisierung verbunden mit einer Ge- welches die Handhabung des Flugzeuges der aerodynamischen Güte. Weitere wichtsreduzierung erwartet werden. erschwert. In diesem Punkt wurden zwar Kompromisse wurden bezüglich der Auch bezüglich Wechselrichter, Motor- geringe Verbesserungen mit einfachen Steifigkeit der Einzelkomponenten hinge- steuerung und Elektromotor selbst ist Maßnahmen erzielt, aber im Grundsatz nommen (vor allem Torsionssteifigkeit das technisch Machbare bezüglich der muß man sich mit diesem Nachteil abfin- des Tragflügels), was die Schnellflugtaug- Wirkungsgrade ausgereizt. Die zukünftige den. Die Verwirklichung des rein solaren lichkeit einschränkt. Aufgabenstellung wird hier vor allem die 94
Entwicklung preiswerterer Systeme bei möglichst hohem Wirkungsgrad sein. Im Rahmen der Entwicklung des Antriebssy- stems für die Antares (Lange Flugzeug- bau) wurde gezeigt, daß dies möglich ist. Abgesehen vom Solargenerator stellt der Energiespeicher die Komponente mit dem zukünftig größten Weiterentwick- lungspotenzial dar. Seit Entwicklungsbe- ginn des icaré bis heute hat sich bei- spielsweise die nutzbare Kapazität der eingesetzten Ni-Cd-Akkus nahezu verdop- pelt ( derzeitig ca. 41 Wh/kg ). Für den Startvorgang ist vor allem die spezifische Leistung (W/kg) eines Energiespeichers entscheidend ( momentan ca. 520 W/kg bei Ni-Cd-Akkus ). Die verfügbare Energie Abb. 6: Ansicht eines zukünftigen Solarflugzeuges. muß in möglichst kurzer Zeit in Höhe um- gesetzt werden. 1996 waren diesbezüg- lich immer noch Ni-Cd-Sinterzellen Ak- gelder einzuwerben und kompetente In- dem Aspekt der zusätzlichen direkten kus allen anderen Systemen überlegen. dustriepartner zu gewinnen. Weltweit Nutzung der Solarenergie neu überdacht In der Zwischenzeit weisen Ni-Metall-Hy- steht die Verwirklichung eines über eine werden. drid-Akkus oder auch Lithium- Ionen- Ak- Brennstoffzelle betriebenen bemannten Welche Serienflugzeug-Kategorien kus ähnliche spezifische Leistungen auf. Luftfahrzeuges noch aus. werden sich auf der Basis solar/elektri- Bezüglich der spezifischen Energie sind scher Antriebssysteme zukünftig auf dem sie den Ni-Cd-Akkus weit überlegen. Für Markt etablieren? Die Antwort könnte fol- die Antares werden mit Hilfe dieser Akku- Auslegung von zukünftigen solar/ gendermaßen aussehen: systeme beeindruckende Steighöhen er- elektrisch getriebenen Motorseglern b Segelflugzeuge mit ausklappbarer reicht. In die Zukunft extrapoliert er- Die Integration des Antriebes in die Sei- elektrischer Heimkehrhilfe scheint eine weitere Verdoppelung der tenleitwerksflosse hat sich am Beispiel b Segelflugzeuge selbststartend mit spezifischen Energie innerhalb der näch- des icaré 2 sehr gut bewährt. Der Antrieb elektrischem Antriebssystem sten 15 Jahre möglich. kann kurzzeitig jederzeit aktiviert werden b Solarflugzeuge mit Pufferakkus (Solar- und bietet somit auch Sicherheitsvorteile generator nur zum Aufladen der Akkus gegenüber Klapptriebwerken. Im Segel- innerhalb von zwei bis vier Stunden di- Integration einer Brennstoffzelle – flugbetrieb faltet sich der abgebremste mensioniert) Forschungsgelder und Industrie- Propeller nach hinten und beeinflußt so- b Reine Solarflugzeuge mit Pufferakkus partner könnten Verwirklichung mit nur geringfügig die Segelflugleistun- (solarer Flug über längere Zeit auch erleichtern gen. Da der Antrieb nicht nur für kurze ohne Inanspruchnahme der Pufferak- Zeit im Steigflug, sondern bei entspre- kus möglich, nach gegenwärtigen FAI- Als Energiequelle der Zukunft für chender Einstrahlung auch über längere Regularien bei einer Einstrahlung ab solar/elektrisch getriebene Motorsegler Zeit im Reiseflug betrieben wird, ist bei 500W/m2). könnte ebenso wie für Fahrzeuge die Solarflugzeugen ein Klapptriebwerksy- Brennstoffzelle zur Anwendung kommen. Abbildung 6 zeigt, wie ein zukünftiges stem nicht sinnvoll. Aus diesen Gründen Untersuchungen am Institut für Flugzeug- Solarflugzeug aussehen könnte. und eigener Flugerfahrung ist der Verfas- bau unserer Universität und bei der DLR ser überzeugt von den Vorteilen der An- Stuttgart brachten das Ergebnis, daß das triebsanordnung im Seitenleitwerk. Dies icaré 2 etwa zwei Stunden im Horizontal- wäre auch eine gute Anordnung für elek- flug über eine Leichtbau-Brennstoffzelle trisch selbststartende Segelflugzeuge. Als betrieben werden könnte. Die Masse der Nachteil muß akzeptiert werden, daß die Brennstoffzelle selbst und die spezifische Umrüstung eines Serienflugzeuges sich Leistung liegt dabei im Kurzzeit-Überlast- wesentlich aufwendiger gestaltet. Auf- betrieb (Startvorgang) etwa in der glei- grund der Massenverteilung wird zumin- chen Größenordnung wie die der Ni-Cd dest das Verschieben des Tragflügels Akkus. Allerdings müssen zusätzlich noch nach hinten erforderlich. die Tanks für Wasserstoff und Sauerstoff berücksichtigt werden. Ein entsprechen- Ein weiterer interessanter Aspekt wird des Forschungsprojekt mit dem Ziel der durch den wahlweisen beziehungsweise Integration einer Brennstoffzelle bei- teilweisen Einsatz der Solarenergie für spielsweise in ein UL-Flugzeug wurde bei Absaugungsmaßnahmen zur Laminarhal- uns vorgeschlagen. Leider ist es noch tung der Flügelumströmung eröffnet. Die WechselWirkungen y nicht gelungen, die nötigen Forschungs- Definition des Segelfluges sollte unter Jahrbuch 2001 y 95
WechselWirkungen y generators größere Flügelflächen und ge- b einen kostengünstigeren Betrieb, Jahrbuch 2001 y ringere Flächenbelastungen benötigen, b flexiblere Einsatzmöglichkeiten, da die- als es bei abgestelltem Antrieb für ein se je nach Bedarf positioniert werden entsprechendes Leistungs-Segelflugzeug können, nötig wäre mit den bereits beschriebenen b missionsangepasste Upgrade- und negativen Auswirkungen auf die Wartungsmöglichkeiten, Streckenflugleistungen. In der Praxis b einen umweltschonenderen Betrieb kann damit gerechnet werden, daß gute durch den Einsatz neuartiger Antriebs- Solarflugwetterlagen und gute Thermik- konzepte (Solar-Antrieb, Brennstoffzel- wetterlagen meist gleichzeitig auftreten, len) sowie die Vermeidung von Lang- wenn man einmal von alternden, stabilen zeit-Abfallprodukten, wie dies bei Sa- Hochdruckwetterlagen absieht. Dann ist telliten unumgänglich ist. für einen zeitoptimierten Streckenflug Das Kernproblem für die Realisierung das moderne Hochleistungssegelflug- derartiger Plattformen liegt vor allem im zeug dem reinen Solarflugzeug überle- Energiebedarf für den langanhaltenden gen. Der unverhältnismäßig hohe Auf- Einsatz (mehrere Tage oder gar Monate). wand für das reine Solarflugzeug lohnt Auch aus der Arbeitshöhe von größer 20 sich unter diesem luftsportlichen Aspekt Kilometer ergeben sich weitere hohe An- nicht. Aus diesem Blickwinkel erscheint forderungen an das Gesamtsystem. Bei- Visionen für den solar/elektrisch das Solarflugzeug mit Pufferakku, das auf spielsweise beträgt die Luftdichte nur unterstützten Segelflug Streckenflugleistungen hin optimiert ist, noch 1/100 des Wertes in Meereshöhe, als die in näherer Zukunft interessanteste die Temperaturen liegen bei ca. –40° C Auch für Thermik-Streckenflüge sind völ- Variante. und die mittleren Windgeschwindigkeiten lig neue Flugszenarien für reine Solarflug- Die Vision des konsequent umwelt- betragen 20-60 Meter pro Sekunde. Die zeuge denkbar. Etwa der frühzeitige Start freundlichen eigenstartfähigen Solar-Se- Lösung dieser Probleme ist trotz vielfälti- mit Hilfe der Pufferakkus mit anschließen- gelflugzeuges, das multifunktionsfähig ei- ger weltweiter Anstrengungen bis heute dem Horizontalflug mit Solarenergie bei nerseits stundenlange Flüge nur unter nicht gelungen. Bereits 1997 wurde von minimalem Leistungsbedarf des Flugzeu- Nutzung des eingebauten Solargenera- der Fakultät gemeinsam mit dem Deut- ges, allerdings deshalb verbunden mit ei- tors ausführt und andererseits bei abge- schen Zentrum für Luft- und Raumfahrt ner geringen Reisegeschwindigkeit. Spä- stelltem Antrieb vergleichbare Leistun- (DLR) ein Forschungsantrag beim Bundes- ter bei entwickelter Thermik der Über- gen heutiger Leistungsegelflugzeuge auf- forschungsministerium eingereicht mit gang in den klassischen Segelflug mit weist, wird somit in nächster Zukunft Visi- der Absicht, aufbauend auf den Projekten Unterstützung des Vorwärtsfluges durch on bleiben. Doch die Hoffnung bleibt, Lotte, icaré und Solitair (DLR) Grundlagen den Elektromotor, um die mittlere Flugge- daß Entwicklungen wie beispielsweise für Hochfliegende Plattformen zu erfor- schwindigkeit zu steigern. Oder je nach die Berblinger-Preisträger oder die aktuel- schen. Aufgrund der fehlenden Industrie- Wetterlage Speicherung der Solarener- len Elektrosegler Projekte wie Silent und beteiligung und der mangelnden Einsicht gie, um Flauten zu überbrücken oder um Antares uns dieser Vision immer näher über die Bedeutung dieser Thematik ist einen Flugplatz anzufliegen, um eine bringen. dieser Antrag gescheitert. Außenlandung zu vermeiden. Selbst für Solarflugzeuge mit Pufferakkus sind takti- Damit wollten wir uns jedoch nicht sche Entscheidungen zu treffen. Etwa geschlagen geben. Die Herausforderung die Frage, ob die gespeicherte Energie Anwendungen für Beobachtungs- und dieser stark interdisziplinär geprägten für die Überbrückung von Flauten oder Überwachungsaufgaben Forschungsaufgaben möchte man inner- für die Erhöhung der Reisegeschwindig- halb der Fakultät Luft- und Raumfahrt- keit eingesetzt werden soll. Für die takti- Bereits während der Projektarbeiten zu technik annehmen. Das Thema „Autono- sche Planung und Durchführung eines icaré 2 wurde erkannt, daß die erarbeite- me Hochfliegende Plattformen“ wurde optimalen Streckenfluges unter Berück- ten Technologien für sogenannte „Hoch- deshalb von der Fakultät als eines der sichtigung der klassischen Streckenflug- fliegende Plattformen“ einsetzbar Leitprojekte für die Zukunft benannt. theorie in Kombination mit der direkten sind. Unter Hochfliegenden Plattformen Gegenwärtig sind wir bestrebt, im Rah- Nutzung der Solarenergie eröffnen sich (HALE, high flying long endurance) men einer Landesfinanzierung einen For- somit bisher nicht bekannte Möglichkei- versteht man Nutzlastplattformen, die in- schungsschwerpunkt zu dieser Thematik ten. nerhalb der Stratosphäre ( 20 bis 30 Ki- einzurichten. Die Fakultätsprojekte Lotte lometer Höhe) oberhalb des Wetterge- (Solarluftschiff) und das Solarflugzeug- Gespräche mit Vertretern der Fédéra- schehens und oberhalb des übrigen Luft- projekt icaré bilden eine solide Grundlage tion Aéronautique Internationale (FAI) verkehrs stationiert werden. Sie können für dieses Vorhaben. Für die Anregung, zeigten sehr viel Aufgeschlossenheit be- dann teilweise Aufgaben übernehmen, Luftschiffe als Basis für hochfliegende züglich der Schaffung neuer, an die Sze- für die heutzutage noch Satelliten einge- Plattformen anzuwenden, erhielt Profes- narien von Solarflugzeugen angepaßten setzt werden (Telekommunikationsdien- sor Kröplin 1999 den Körber Preis. Im Wettbewerbsregeln. ste, Umwelt- und Erdbeobachtung). Man Rahmen dieser Projekte wurden bereits Die Kategorie der reinen Solarflugzeu- erhofft sich von derartigen Plattformen im Grundlagen für Kerntechnologien erarbei- ge wird jedoch zukünftig auch bei deut- Vergleich zu weltraumbasierten oder fest tet, die auch für Höhenplattformen zur lich besseren Wirkungsgraden des Solar- am Boden installierten Einrichtungen Anwendung kommen können: 96
Boeing 747) wird angestrebt, in Höhen bis zu 70000 feet (ca. 21 Kilometer) bis zu 96 Stunden Erdbeobachtung und At- mosphärenforschung zu betreiben. Das Flugzeug wird von 14 Elektromotoren an- getrieben. Es stehen insgesamt 35 kW Solar-Leistung zur Verfügung. Der Wir- kungsgrad der Solarzellen beträgt18,3 Prozent. Damit steigt das Gerät im Laufe mehrerer Tage auf seine Einsatzhöhe. Zur Überbrückung der Nacht ist die Integrati- on regenerativer Brennstoffzellen vorge- sehen. Tagsüber eingespeicherte Über- schußenergie läßt sich damit für die Höhenhaltung während der Nacht einset- zen. Nachwort Abb. 7: SOLITAIR, Studie einer hochfliegenden Solardrohne für ganzjährige Stationierung bis ca. +/- 55° Breite, DLR, Institut für Flugsystemtechnik. Bedeutung des Solarflugzeug- projektes icaré für Lehre und Forschung der Fakultät Luft- und Raumfahrttechnik Das Solarflugzeugprojekt icaré erforderte vielseitige Fähigkeiten und Erfahrungen aller Beteiligten. Ein Projekt dieser Größen- ordnung und Komplexität konnte nur von einem hochmotivierten und hocheffizien- ten Team zum Erfolg gebracht werden. Es gelang, die Ressourcen und Fähigkei- ten der gesamten Fakultät zu bündeln und in das Projekt einzubringen. Alle Insti- tute, deren Mitarbeiter und Professoren leisteten wesentliche Beiträge für das Gelingen dieses Projektes. Zahlreiche Konstruktions- und Entwicklungsaufga- ben wurden im Rahmen der Lehre als Studien- und Diplomarbeiten bearbeitet. Entwicklung und Bau des Prototypen wurden am Institut für Flugzeugbau durchgeführt. Die Studierenden und Wis- senschaftler trainierten dabei das Umset- zen der wissenschaftlichen Lehrinhalte in Abb. 8: Landung des Helios- Prototypen, Dryden Flight Research Center, USA, Foto: NASA Dryden, Tom Tschida. die Schaffung eines Hochtechnologie- Produktes. b Einbettung der Solarzellen in hochfle- International am weitesten fortge- Der Nutzen für die Lehre läßt sich xible, gewölbte und belastete Flächen schritten sind Forschungsarbeiten in den durch die Vermittlung von folgenden b Solarelektrischer Antriebsstrang mit USA auf diesem Gebiet. Im Jahre 1994 Fähigkeiten aufzeigen: hohem Gesamtwirkungsgrad bei gerin- wurde - zuerst im Rahmen der SDI-Initia- gem Gewicht tive der US-Regierung und jetzt im Rah- b Entwurf von Luftfahrzeugen mit mini- men des „Environmental Research malem Antriebsbedarf Aircraft and Sensor Technology“ (ERAST) b Betriebserfahrungen mit einem be- Programms der NASA – der Pathfinder mannten Versuchsträger mit elektri- von Aero Vironment fertiggestellt. Dieser schem Antriebssystem. Erprobungsträger wurde in der Zwi- schenzeit weiterentwickelt zur Plattform Auch die Industrie hat in der Zwi- Helios. Bei diesem unbemannten Nurflü- schenzeit ihr Interesse an derartigen Vor- gelflugzeug mit einer Spannweite von WechselWirkungen y haben bekundet. 247 feet (75 Meter, größer als die Jahrbuch 2001 y 97
WechselWirkungen y Jahrbuch 2001 y b Interdisziplinäres Denken und teamori- entierte Zusammenarbeit, Vermittlung von sozialer Kompetenz, Informations- Prof. Dipl.-Ing. austausch zwischen Industrie, For- Rudolf Voit-Nitschmann schung und Lehre Prof. Dipl.-Ing. Rudolf Voit- b Abwicklung eines Projektes im Zeit- Nitschmann, Autor des Ausblicks und Kostenrahmen, Einblick in Projekt- auf die „Entwicklung der Solar- planung, Entwicklungsablauf und Ma- und Elektromotorsegler“, ist seit Januar 1994 als Professor für nagement Flugzeugentwurf am Institut für b Anwendung der Lehrinhalte an einem Flugzeugbau tätig. 1950 in Ei- Projekt senbach in Thüringen geboren, b Entwurfsseminare studierte Rudolf Voit-Nitsch- b Motivation der Studenten durch den mann an der Universität Stutt- Wettbewerbscharakter. gart Luft- und Raumfahrttechnik und erhielt dort 1977 sein Di- Auch für die Forschung gingen we- plom. Seine Stationen: Wissen- sentliche Impulse von diesem Projekt schaftlicher Mitarbeiter beim aus. Es kristallisierten sich im Rahmen DLR Stuttgart, Entwicklungslei- der Projektarbeiten zukünftige For- ter und Chefkonstrukteur bei schungsschwerpunktthemen heraus wie Gyroflug/FFT (SC 01 Speed Canard, Eurotrainer), Leiter des die „Hochfliegenden Plattformen“. Im Zu- Bereiches Leichtflugzeugbau bei sammenhang mit der Attraktivität des der Grob Luft- und Raumfahrt- Projektes wurden Drittmittel in Höhe von technik GmbH (EFIS, G 115T), ca. 1,7 Mio DM akquiriert. Als Haupt- Hauptabteilungsleiter Struktur- sponsor konnte der Ehrensenator der Uni entwicklung und Technologie bei Stuttgart, Prof. Dr. h.c. Artur Fischer, ge- der Dornier Luftfahrt GmbH. Auf wonnen werden. Weitere Sponsoren dem Gebiet der Forschung arbei- waren tet Prof. Voit-Nitschmann heute neben dem schwerpunktmäßig b Ministerium für Wissenschaft und For- am Institut für Flugzeugbau be- schung Baden-Württemberg triebenen Gebiet Faserverbund- b Landesgirokasse Stuttgart – Stiftung Leichtbau vor allem auf dem Natur und Umwelt Gebiet Flugzeugentwurf und Konstruktion. In der Lehre liegt b Leonberger Bausparkasse ihm daran, den Studierenden ei- b Daimler Benz AG. nen guten Gesamtüberblick, Ge- Außerdem wurde in Zeiten der rück- samtsystemdenken und praxis- läufigen Studentenzahlen innerhalb der nahe Konstruktionsmethoden für den Flugzeugbau zu vermitteln. Ingenieurwissenschaften ein spürbarer Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit Werbeeffekt für die Fakultät verbucht. an der Universität Stuttgart wur- de ihm die Projektleitung des Literatur Solarsegelflugzeuges icaré über- tragen, das die Fakultät Luft- und M. Rehmet, W. Scholz, R.Voit-Nitschmann (1995): Raumfahrttechnik als Beitrag für Das Solarflugzeug icaré, Vorläufer für eine Kategorie elektrisch getriebener Flugzeuge den Ulmer Berblinger-Wettbe- M. Rehmet, R.Voit-Nitschmann, B. Kröplin (1997), werb 1996 entwickelt hat. Prof. Eine Methode zur Auslegung von Solarflugzeugen. Voit-Nitschmann ist auch der ak- DGLR-Jahrestagung 1997 – 031 tiven Fliegerei verbunden (PPL Autorengruppe, Stadt Ulm (2000): Fliegen mit Licht. A,B,C, ca. 1000 Flugstunden). Dokumentation über solares Fliegen und den Solar- flugzeugwettbewerb Berblinger 1996 der Stadt Ulm, Süddeutsche Verlagsgesellschaft Ulm, ISBN 3- 88294-240-1 98
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