LONDON 2012 BLEIBT MEIN ZIEL

Die Seite wird erstellt Emilia Walz
 
WEITER LESEN
LONDON 2012 BLEIBT MEIN ZIEL
93. Minute l März / April / Mai / Juni 2012 l «London 2012 bleibt mein Ziel»
6

           PHILIPPE KOCH
           «LONDON 2012
           BLEIBT MEIN ZIEL»
           Im Testspiel gegen den FC Locarno am 28. Januar passierte es:
           Philippe Koch verletzt sich nach einem harmlosen Zweikampf. Er merkt
           sofort, dass es sich um eine schlimme Knieverletzung handelt. Die
           Diagnose: Innenband und hinteres Seitenband gerissen. Philippe Koch
           spricht im Interview über Gefühle, Gedanken und Ziele.
           Text: Giovanni Marti, Bilder: freshfocus
LONDON 2012 BLEIBT MEIN ZIEL
www.fcz.ch                                                93. Minute l März / April / Mai / Juni 2012 l «London 2012 bleibt mein Ziel»
                                                                                                                                         7

Philippe Koch hofft, dass sein Knie bald heilt.               FCZ-Arzt Dr. José Romero (links) untersucht das operierte Knie.

Die erste Frage ist eigentlich unumgänglich: Wie geht         José Romero am Tag darauf die Untersuchungsergebnisse
es dir?                                                       mitteilte, klinkte ich mich schon nach dem Satz aus, dass
Gut, immer besser. Ich kann das Knie von Tag zu Tag im-       ich mindestens sechs Monate ausfallen werde. Was er
mer mehr biegen. Gleichzeitig bin ich fleissig in der Phy-    sonst noch alles zum Knie sagte, weiss ich nicht mehr. Ich
siotherapie. Ich werde immer mobiler und mache wirklich       konnte nicht mehr zuhören. Ich fühlte mich richtig leer.
Fortschritte.                                                 Gleichzeitig aber dachte ich an die Olympischen Spiele in
                                                              London. Das ist mein grosses Ziel. Ich werde alles geben,
Das Testspiel in Locarno wird dir kaum in guter Erin-         um dort dabei zu sein.
nerung bleiben. An den Zweikampf, der zur Verletzung
führte, erinnerst du dich sicher sehr gut. Wie präsent        Und wie lange dauerte der Prozess, aus dem seelischen
ist diese Szene in dir?                                       Schmerz positive Energie zu machen?
Sie ist sehr präsent. Natürlich denke ich immer wieder        Nicht lange. Bereits nach der Operation und schon in den
daran. Es sind traurige Erinnerungen. Der Gegner kommt        ersten Tagen danach war der Fokus bereits auf mein
auf mich zu und läuft mir sozusagen wirklich unglücklich      Comeback gerichtet. An Unterstützung mangelte es nie.
ins Bein. Es hat harmlos ausgesehen, ich aber habe sofort     Die Familie, meine Freundin und auch der Verein waren im-
gemerkt, dass mit dem Knie etwas nicht in Ordnung war.        mer da. Diese Unterstützung gibt mir viel Kraft. Ich muss
Das merkt man als Sportler sofort. Es hat sich komisch        nach vorne schauen und meine ganze Energie auf mein
angefühlt.                                                    Comeback richten.

Woran denkt man in diesem Moment?                             Über welche SMS hast du dich am meisten gefreut?
(lacht) Gute Frage! Es ist nicht der Schmerz, den man         Ich habe viele Nachrichten erhalten. Ich möchte mich
empfindet. Vielmehr gingen mir die Dinge durch den Kopf,      auch auf diesem Weg für alle Messages bedanken. Beson-
die ich wegen der Verletzung verpassen würde. Die Meis-       ders gefreut habe ich mich über die SMS von Fredy Bickel
terschaft und vor allem die Olympischen Spiele in London.     und über jene von Pierluigi Tami.
Alles fällt wie ein Kartenhaus zusammen. In der Garde-
robe auf dem Massagetisch merkte ich erst recht, dass         Was hat der U21-Nationaltrainer zur schweren Verlet-
etwas im Knie gerissen war. Du hoffst zwar bis zum defini-    zung seines Captains gesagt?
tiven Befund, dass du dich täuschst, aber du fühlst in dir    Er war natürlich alles andere als erfreut. Wir haben schon
bereits, dass du lange pausieren wirst. So war es auf alle    einige Male miteinander telefoniert. Wir haben natürlich
Fälle bei mir.                                                auch über die Olympischen Spiele gesprochen. Er hofft ge-
                                                              nauso wie ich, dass es reicht. Ich hoffe wirklich, in London
War das der schlimmste Moment?                                dabei sein zu können.
Ja, ganz sicher. Es gibt aber noch zwei andere Momente, die
ich ebenfalls als schlimm bezeichnen würde. Am Morgen         Die Verletzung ist eigentlich zu einem denkbar schlech-
nach dem Spiel wollte ich im Hotel aus dem Bett steigen.      ten Moment gekommen. Du bist Captain der U21-Natio-
Das Knie zeigte in eine Richtung, die Wade in eine ande-      nalmannschaft geworden und du warst beim FCZ gut in
re. Das war wirklich schockierend. Als mir unser Teamarzt     Form.                                                ➔
LONDON 2012 BLEIBT MEIN ZIEL
www.fcz.ch                                                    93. Minute l März / April / Mai / Juni 2012 l «London 2012 bleibt mein Ziel»
                                                                                                                                             9

Philippe Koch (Mitte) mit Goalie Andrea Guatelli und Bruder       Den Fokus nach vorne gerichtet – Philippe Koch will bald wieder spielen.
Raphael.

➔ Ja, leider kann man es sich nicht aussuchen. Es lief mir        Im Moment und für einige Zeit musst du gezwungener-
wirklich gut. Ich wurde sogar zum ersten Mal in die A-Na-         massen deine Teamkollegen des FCZ von der Tribüne
tionalmannschaft aufgeboten. Es lief wirklich optimal. Ein        aus verfolgen und unterstützen. Was für einen Ein-
Profi muss aber mit Rückschlägen umgehen können. Nun              druck hast du vom neuen FC Zürich?
hat es mich erwischt. Ich bleibe positiv und arbeite mich         Einen sehr guten. Ich merke, dass wieder Freude da ist.
zurück.                                                           Jeder kämpft für alle. Jeder arbeitet hart. Man spürt einen
                                                                  neuen, positiven Groove. Man hat das Gefühl, dass jemand
Es lief so gut, dass sogar die ersten Vereine aus dem             einen Schalter umgestellt hat.
Ausland angeklopft haben …
Das kommt noch dazu. Klubs aus Deutschland und Eng-               Was für Gefühle gehen dir durch den Kopf, wenn du den
land haben ihr Interesse angemeldet und mir versichert,           FCZ spielen siehst?
mich weiter zu beobachten.                                        Uiii! Das sind ganz komische Gefühle. Die ersten zwei Wo-
                                                                  chen hat man mich nicht gesehen. Ich konnte das einfach
Reden wir kurz über dein erstes Aufgebot für die A-               nicht. Ich konnte nicht zuschauen, wie Fussball gespielt
Nationalmannschaft. Wie verlief die erste Begegnung               wurde. Es tat sehr weh. Ich brauchte Zeit.
mit Ottmar Hitzfeld?
Es war am Morgen beim Mannschafts-Frühstück. Ich                  Brisant ist die Tatsache, dass dein Bruder Raphael dei-
stiess zum Team nach meinem Einsatz in der U21. Ich               ne Rolle eingenommen hat. Er hat die ersten Spiele auf
wurde zuerst von Michel Pont begrüsst. Ich gebe zu, dass          deiner Position gespielt. Wie zufrieden warst du mit
ich ziemlich aufgeregt war. Als ich mich dann zum Buffet          ihm?
begab, kam Herr Hitzfeld auf mich zu und begrüsste mich           Ich bin stolz auf meinen Bruder. Er hat seine Sache wirk-
herzlich. Meine Nervosität wurde noch grösser. Es war ein         lich sehr gut gemacht. Wir reden viel miteinander über die
grossartiger Moment.                                              Spiele und tauschen unsere Meinungen aus.

Herr Hitzfeld?                                                    Hat er sich als gelernter Innenverteidiger Tipps ge-
Ja das ist so. Herr Hitzfeld! Wir haben nach dem Frühstück        holt, wie er als Aussenverteidiger zu spielen hat?
nochmals rund fünf Minuten gesprochen. Er sagte mir               Ja, hie und da. Er fragt mich vor allem nach Feedbacks zu
dabei, dass ich mir das Aufgebot mit meinen Leistungen            gewissen Szenen.
verdient habe. Er freue sich, dass ich mal alles miterleben
dürfe. Er habe meine Spiele mit dem FCZ mitverfolgt und           Er ist aber nicht nur dein Bruder, sondern auch dein
habe auch sehr viel Positives von Pierluigi Tami gehört.          bester Freund. Es muss bei der Familie Koch sehr spe-
                                                                  ziell sein, dass ihr beide Super League spielt und dies
Dieses Aufgebot war zweifelsohne eines deiner bishe-              auch noch im selben Team?
rigen Karrieren-Highlights …                                      Es war schon immer unser Traum. Wir haben ihn wahr ge-
Ja, absolut! Neben der Champions-League-Gruppenphase,             macht und darauf sind wir alle in der Familie mächtig stolz.
dem Meistertitel und der U21-EM ist dieses Aufgebot von
Ottmar Hitzfeld wirklich ein Highlight.
LONDON 2012 BLEIBT MEIN ZIEL
www.fcz.ch                                                          93. Minute l März / April / Mai / Juni 2012 l Schwierige Saisons
                                                                                                                                       37

SCHWIERIGE
SAISONS
Die Spielzeit 2011/12 bringt dem FCZ nicht die erhofften Erfolge. Saisons,
die nicht nach Wunsch verliefen, gab es schon früher. Ein Rückblick auf die
letzten 50 Jahre.
Text: Michael Lütscher, Bild: Reto Oeschger

Wann wird eine Saison schwierig? Wüsste man das               tertitel. Doch die Saison begann harzig. Bald hiess es, Zü-
zum Voraus, könnte man sie vermeiden … Die Gründe für         rich habe mit Klaus Stürmer «seinen Konstrukteur verlo-
Misserfolge sind, wie diese Aufstellung zeigt, vielfältig.    ren» («Sport»). Stürmer-Nachfolger Bild hatte es schwer:
Mal ging der FCZ ungenügend vorbereitet in eine Saison        Er wurde wegen mangelnden Einsatzes ausgepfiffen. Ein
(1970/71), mal wurde die Mannschaft stark umgebaut            anderes Problem war die lange Verletztenliste: Wichtige
(1987/88, 1995/96, 1999/2000, 2003/04).                       Leute wie Leimgruber und Martinelli fielen monatelang
Helfen harte Massnahmen wie Suspendierungen von Spie-         aus. Ernst Meyer verletzte sich, Peter Meier auch, Bild
lern oder ein Trainerwechsel aus der Patsche? Meistens        hatte Zahn-, dann Knieprobleme. Verteidiger Szabo brach
nicht (1970/71, 1983/84, 1987/88, 2009/10) – manchmal         sich ein Schien- und Wadenbein. In einem Spiel in Luzern
aber schon (1999/2000). Mit einem schlechten Start ist        musste Torhüter Schley verletzt raus, dann auch sein Er-
der Verlauf einer Spielzeit meist besiegelt. Aber nicht im-   satz Otmar Iten. Köbi Kuhns Nasenbein ging bei einem
mer. Es gab auch verkorkste Saisons mit Happy End – die       Zusammenstoss mit Team-
Cupsiege 1973 und 2000. Und 2003/04 gelang in der zwei-       kollege René Brodmann in
ten Saisonhälfte ein Umschwung – dank eines Umbaus des        Brüche. Und in der Rückrun-
Teams.                                                        de brach sich Harry Bild das
Insgesamt lässt sich nur eine – banale – Gesetzmässig-        Wadenbein. Zum Trübsal
keit feststellen: Sind mehrere wichtige Spieler verletzt,     der Saison passte, dass es
wird’s schwierig.                                             während der Spiele auffal-
                                                              lend oft und heftig regne-
1964/65: Forfait gegen GC                                     te. Im Cup verlor man in der
Im Frühjahr 1964 erreichte der FCZ den Halbfinal des Eu-      vierten Hauptrunde gegen
ropacups der Meister und verpasste die Titelverteidigung      Lugano. Und in der Meister-
nur um einen einzigen Punkt. Gleichwohl handelte FCZ-         schaft lag der FCZ nach 22
Präsident Edi Naegeli im Sommer auf dem Transfermarkt,        (von 26) Runden auf dem
getreu seiner Maxime, wonach ein Team stets verjüngt          zweitletzten Platz. Erst im
werden müsse, um erfolgreich zu bleiben. «Düsen» Ferdi        letzten Match konnte der
Feller und Peter von Burg (Torschützenkönig 1962/63)          Meisterschaftsfavorit den
wurden verkauft, Harry Bild, Schwedens Fussballer des         Abstieg verhindern, mit
Jahres 1963, neu verpflichtet. Spielen durfte damals aber     zwei Bild-Toren und einem
nur ein Ausländer. Und so kam es, dass Klaus Stürmer,         3:0 gegen Bellinzona.
der deutsche Spielmacher, am letzten Tag der Transfer-        Und doch gab es in dieser
periode dem Absteiger Young Fellows ausgeliehen wurde.        Saison einen Lichtblick.
Trotzdem war das Team von Trainer Louis Maurer für das        Er hiess Fritz Künzli. Der
Fachblatt «Sport» einer der Hauptfavoriten auf den Meis-      damals 18-Jährige wech-
LONDON 2012 BLEIBT MEIN ZIEL
93. Minute l März / April / Mai / Juni 2012 l Schwierige Saisons
38

                                                                          1983/84: Chaotische Ordnung
                                                                          Der neue Trainer war eine Notlösung: Hans Kodric kam zum
                                                                          FCZ, weil Wunschkandidat Vaclav Jezek verhindert war (er
                                                                          kam dann ein Jahr später auf den Letzigrund). Kodric ver-
                                                                          sprach das, was im FCZ nach einer chaotischen Vorsaison
                                                                          gefragt war: Ordnung zu schaffen. Er verordnete Bussen,
                                                                          legte sich mit den Stars an und setzte Spielmacher Jure
                                                                          Jerkovic als Captain ab. Das grösste Problem aber waren
                                                                          die Verletzungen. Nacheinander erlitten Torhüter Grob,
                                                                          Heinz Lüdi, Gianpietro Zappa, Roger Kundert, Roland Häu-
                                                                          sermann sowie Wynton Rufer Bänderrisse. Nach einer
                                                                          Serie von fünf sieglosen Meisterschaftsspielen war der
                                                                          FCZ im Spätherbst in der Krise. Um diese zu beheben,
                                                                          entliess die Clubführung Sportchef Erich Vogel und eine
            selte Ende 1964 zum FCZ – und schoss in seinem ersten         Woche später Trainer Kodric, der die Mehrheit der Spieler
            Meisterschaftsspiel gleich ein Tor, zum 1:1 gegen GC. Der     gegen sich hatte. Köbi Kuhn übernahm das Team bis Ende
            Stadtrivale, der den Glarner auch wollte, war der Ansicht,    Saison – mit mässigem Erfolg. Der FCZ beendete die Meis-
            Künzli sei noch nicht spielberechtigt, rekurrierte gegen      terschaft auf Rang 12 (bei 16 Teams). Die sportlichen Tur-
            die Wertung des Spiels – und erhielt in erster Instanz ei-    bulenzen führten im Frühjahr 1984 auch zum vorzeitigen
            nen 3:0-Forfaitsieg zugesprochen. Dagegen beschwerte          Rücktritt von Clubpräsident Alfred Zweidler; Hans Stanek
            sich der FCZ – und bekam kurz vor Saisonende Recht und        wurde sein Nachfolger, Sven Hotz Vizepräsident. Die neue
            einen Punkt zurück.                                           Führung kündigte einen «Neuaufbau» an; noch vor Saison-
                                                                          ende stellte sie drei wichtige Spieler frei: Den Deutschen
            1970/71: Die Weltreise ermüdete alle                          Gerd Bold, Zappa und Ruedi Elsener.
            Zur Vorbereitung dieser Saison ging der FCZ auf Reisen –
            auf einen einmonatigen Trip um die Welt. Die Clubführung      1987/88: Abstieg
            musste sich dafür gegenüber Journalisten rechtfertigen,       Sven Hotz, inzwischen FCZ-Präsident, wollte anstelle von
            die am Nutzen der Reise zweifelten. Gleichwohl gehörte        Routiniers «zwei, drei junge Spieler» einbauen. Diese Po-
            der FCZ zu den Meisterschaftsfavoriten: «Basel, Zürich        litik wurde mit einer gewissen Skepsis beurteilt. «Was,
            oder ein Dritter?», titelte der «Sport». Die Saison begann    wenn zwei bis drei Schlüsselspieler verletzungshalber
            schlecht, mit einer 2:5-Niederlage zuhause gegen Lau-         ausfallen, und wenig erfahrene Nachwuchsspieler ein-
            sanne. Als man im November «nur» auf Rang fünf, fünf          springen müssen?», fragte der «Tages-Anzeiger». So kam
            Punkte hinter den führenden Grasshoppers lag, wurde           es dann, Lüdi, Massimo Alliata und die Neuverpflichtung
            Trainer Georges Gawliczek entlassen. Sein starres Defen-      Wolfgang Vöge, ein ehemaliger Bundesligaspieler, fehlten
            sivkonzept habe die Spieler zu «passiver Meuterei» verlei-    zeitweise. Nach der sechsten Niederlage im zehnten Spiel
            tet, stand im «Züri-Leu». Als zweiter Grund für die mässige   entliess Hotz Trainer Hermann Stessl. Um «ein Zeichen zu
            Platzierung nannte die Presse die schlechte Kondition         setzen», wie er erklärte, verpflichtete er Timo Konietzka,
            des Teams – wegen der vergnüglichen Weltreise. Doch un-       den Meistertrainer der siebziger Jahre. Der setzte auf
            ter Gawliczeks Nachfolger Juan Schwanner, der Offensiv-       «Disziplin, Ordnung und Kampfgeist» und holte den engli-
            fussball predigte, wurde der FCZ nicht besser. Er schied      schen Stürmer John «Terror» Linford, einen unbarmherzi-
            im Viertelfinal aus dem Cup aus, beendete die Saison als      gen Kämpfer. Trotzdem fiel der FCZ in die Abstiegsrunde.
            Fünfter und konnte sich nicht für den Europacup qualifi -     Dafür verstärkte er sich mit dem Schweden Jonas Thern,
            zieren. Die Weltreise sei ein Fehler gewesen, bilanzierte     der später bei der AS Roma und Benfica Lissabon glänzen
            Edi Naegeli.                                                  sollte. Doch auch Thern verletzte sich. Am Ende fehlten
                                                                          dem FCZ 14 Punkte zum Klassenerhalt. Nach 30 Jahren Na-
            1972/73: Vier von fünf Penalties vergeben                     tionalliga A stieg er ab. «Die Routiniers waren verletzt und
            Wieder war der FCZ, Zweiter und Cupsieger der voran-          wir Junge überfordert,» resümiert Beat Studer, der von
            gegangenen Saison, Mitfavorit. Und wieder einmal star-        Trainer Konietzka in der Not vom Stürmer zum Verteidiger
            tete er schlecht: Von den ersten fünf Penalties, die er       umfunktioniert worden war.
            zugesprochen erhielt, vergab er vier. Im Europacup der
            Cupsieger schied er in der ersten Runde aus, gegen den        1995/96: Kein Jubel zum Jubiläum
            englischen Drittligisten Wrexham, den walisischen Cup-        Diese Saison sollte besonders erfolgreich werden – 1996
            sieger. Kuhn und Martinelli, die Mittelfeldmotoren, waren     wurde der FCZ 100 Jahre alt. Ein neues Logo wurde kre-
            zeitweise verletzt, und so stellte sich Trainer Konietzka     iert (das mit dem Löwen, der aus dem runden FCZ-Symbol
            selbst auf den Platz. Eine Folge davon war Konfusion auf      herausspringt), neue Spieler, vor allem Zürcher (Fischer,
            der Bank, wo ein Coach fehlte. Mal spielte der FCZ besser,    Güntensperger, Di Jorio) geholt. Doch noch vor dem ers-
            mal schlechter; er beendete die Saison auf dem siebten        ten Meisterschaftsspiel ging Leibchensponsor Rothmayr
            Platz. Und doch gab es ein Happy End: Der FCZ gewann den      Pleite. Und dann verlor der FCZ in den ersten sieben Run-
            Cup. Zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren besiegte er    den sechs Mal. Der Werbeslogan «Löwengebrüll auf dem
            im Final den FC Basel.                                        Letzigrund – jubeln Sie mit» wurde mit Häme bedacht. Im
LONDON 2012 BLEIBT MEIN ZIEL
www.fcz.ch                                                         93. Minute l März / April / Mai / Juni 2012 l Schwierige Saisons
                                                                                                                                      39

Die Saison 1999/2000 war für Martin Stocklasa und den FCZ
eine mit Höhen und Tiefen.

Team gab es Zoff – Trainer Ponte suspendierte zeitweise
die Internationalen Giuseppe Mazzarelli und Jürg Studer.
Mit der Verpflichtung des Norwegers Jörn Andersen wur-
de das Team stärker, doch zur Qualifikation für die Final-
runde reichte es nicht mehr. Durch die Abstiegsrunde kam
der FCZ dann recht souverän. Was mit einem neuen, aus-
ländischen Spieler zu tun hatte: Dem 19-jährigen Shabani
Nonda, der Anfang 1996 aus Burundi nach Zürich kam.

1999/2000: Cupsieg und Rettung im letzten Match              lipescu neue sowie mit Marc Schneider und Franco Di Jorio
Die Probleme der Saison 1999/2000 waren eine direkte         frühere Spieler. Im Frühling 2004 folgte das vernichtende
Folge der erfolgreichen Vorsaison (Uefa-Cup-Achtelfinal      5:6 nach 5:2-Führung im Cup-Halbfinal gegen die Grass-
gegen die AS Roma): Viele Spieler verliessen den FCZ,        hoppers, nicht zuletzt wegen Patzern von Torhüter Davi-
noch mehr neue kamen. Das zusammengewürfelte Team            de Taini. Doch nach dieser Schlappe rappelte sich der FCZ
tat sich schwer. Nach neun Runden war der FCZ Letzter.       auf, wurde zum erfolgreichsten Team der Rückrunde und
Mit einem 1:1 im letzten Match der Qualifikation in Neu-     verpasste die Uefa-Cup-Qualifikation nur um zwei Punkte.
enburg rettete sich der Club gerade noch in die Finalrun-
de – vermeintlich. Xamax protestierte gegen einen Auslän-    2009/10: Champions-League-Kater
der zuviel auf der FCZ-Bank – und bekam Recht und einen      Die Saison begann für den Titelverteidiger FCZ mit einem
3:0-Forfaitsieg zugesprochen. Danach hatte Trainer Pon-      2:3- zuhause gegen YB. Auch Spiel zwei, gegen Xamax, ging
te das Vertrauen der Spieler verloren. Nach drei aufeinan-   verloren. Manche Spieler liebäugelten mit einem Wechsel
derfolgenden Niederlagen in der Abstiegsrunde musste er      ins Ausland; um die Konzentration für die Champions-
gehen. Ex-Nationalcoach Gilbert Gress kam; unter seiner      League-Qualifikation zu erhöhen, verhängte die Clubfüh-
Leitung erreichte der FCZ den Cupfinal. Und gewann mit       rung ein dreiwöchiges Transfermoratorium. Das Heimspiel
dem Sieg über Lausanne den ersten Titel seit 1981. Zehn      gegen Maribor in der CL-Quali ging trotzdem verloren. Aber
Tage später sicherte man auch den Klassenerhalt – im         das Rückspiel wurde 3:0 gewonnen. In diesem Berg- und
letzten Spiel, mit einem 1:0 über das ebenfalls gerettete    Tal-Stil ging es weiter. Der FCZ qualifi zierte sich für die
Aarau.                                                       Champions League und verlor erneut gegen Xamax. Eric
                                                             Hassli brach sich ein Schienbein, Almen Abdi erlitt einen
2003/04: zuerst Letzter, dann Erster                         Muskelfaserriss und stritt mit der Clubführung endlos
«Transfersieger» wurde der FCZ vor dem Saisonstart ge-       über einen Transfer. Der FCZ besiegte in Mailand sensa-
nannt – weil er die auch von anderen Clubs gejagten Mit-     tionell die AC Milan. Und verlor vier Tage später in Bellin-
telfeldspieler Augustine Simo (vorher Xamax) und Artur       zona. Irgendwann zeigte die Leistungskurve nur noch ab-
Petrosyan (YB) verpflichtet hatte. Auch arbeitete ein neu-   wärts: Eine fahrlässige Heimniederlage gegen Marseille in
er Trainer im Letzigrund: Lucien Favre, der den Job bekam,   der Champions League, das Out im Schweizer Cup gegen
weil Wunschkandidat Joachim Löw sich zu lange geziert        Basel, Hänger in der Meisterschaft. Ludovic Magnin kam
hatte. Einige Spieler hatten den FCZ verlassen (müssen),     aus der Bundesliga, man träumte von einer Aufholjagd in
als prominentester der zuverlässige, slowakische Nati-       der Rückrunde, doch der Krebsgang ging weiter. Trainer
onaltorhüter Miroslaw König. Das neue Team fand nicht        Bernard Challandes, lange ein Meister der Motivation,
zusammen; bei Saisonhälfte war der FCZ Letzter. Trainer      konnte mit seinen Botschaften die Spieler nicht mehr
Favre, viel kritisiert, durfte bleiben. Doch Fredy Bickel    packen. Auch seine Entlassung und Ersetzung durch Urs
kam als neuer Sportchef, und der holte mit Harald Gäm-       Fischer brachte den FCZ nicht ins minimale Saisonziel, die
perle einen neuen Assistenztrainer und mit César und Fi-     Qualifikation für die Europa-Liga.
LONDON 2012 BLEIBT MEIN ZIEL
www.fcz.ch                                                                93. Minute l März / April / Mai / Juni 2012 l Ein Leben, ein Verein
                                                                                                                                                65

FCZ HIS STORY
EIN LEBEN,
EIN VEREIN
Mister FCZ. Wer verdient diesen Namen? Es gibt nur wenige. Hermann Burger-
meister ist einer. Sven Hotz und Edi Nägeli auch. Und mit Sicherheit ist es auch
Köbi Kuhn. Fan von Kindsbeinen an, schnürte er 17 Jahre lang seine Fussball-
schuhe für den FC Zürich. Und auch nach seiner aktiven Karriere als Fussballer
hat er dem Stadtclub nie den Rücken gekehrt. Wie könnte er auch? Er ist ein
FCZ’ler durch und durch. Blau-weiss vom Scheitel bis zu Sohle. Doch lassen wir
ihn selber erzählen von seinem Leben mit dem Fussball.
Text: Sarah Steiner, Bilder: FCZ-Archiv, Walter Scheiwiller

Ich wuchs in Wiedikon auf, gleich neben der Fritschiwiese.         baller werden. Es gab für mich nichts anderes als Fuss-
Der Letzigrund einen Katzensprung weit weg. Somit war              ball. Von morgens früh bis abends spät drehten sich meine
von Anfang an klar, für welchen Verein dieser Stadt mein           Gedanken um das runde Leder. Meine ganze Kindheit lang
Herz schlagen würde. An der Hand meines Vaters ging ich            kickte ich auf der Fritschiwiese und durfte da schon bald
ins Stadion. Und wusste: In diesem Stadion wollte ich              mit den Grossen mitspielen, weil mein Talent wohl damals
selbst einmal spielen, Tore schiessen, ein grosser Fuss-           schon erkennbar war. Wenn die beiden Teamchefs ihre ➔

  Köbi Kuhn in Aktion beim Cupfinal 1973 gegen den FC Basel (Bild: Walter Scheiwiller).
LONDON 2012 BLEIBT MEIN ZIEL
www.fcz.ch                                                           93. Minute l März / April / Mai / Juni 2012 l Ein Leben, ein Verein
                                                                                                                                           67

➔ Mannschaft wählten, musste ich nie lange warten, bis
ich aufgerufen wurde. «Köbi» fiel immer als erstes. Das
Einzige was mich nach Hause brachte, war der Pfi ff mei-
nes Vaters.

1960 erfüllte sich mein grösster Traum
Ich träumte davon, in einem Verein zu spielen. Doch erst
mit 12 war dies möglich. Die erste Juniorenstufe die es
gab, waren die C-Junioren. Und nur mit einer Spezialbewil-
ligung durfte man da früher schon mitmachen. Ich stand
das erste Mal für den FC Wiedikon mit 10½ Jahren auf
dem Platz. Wir trainierten bloss einmal in der Woche am
Mittwochnachmittag. Den Rest der Zeit trainierten wir
uns selber. Eines Tages dann erfüllte sich mein grösster
Traum: Edi Nägeli holte mich 1960 zum FCZ. Dass es je-
doch so schnell mit der ersten Mannschaft klappen sollte,
habe nicht mal ich mir zu träumen gewagt. Erst hiess es        1976: Der FCZ gewinnt mit Köbi Kuhn (vorne, 2.v.r.) das Double.
nämlich, dass ich auf ein Turnier ins Ausland mit den Inter-
A-Junioren mit solle, dann, dass es auch für die Reserve
reiche und schliesslich gehörte ich nach wenigen Spielen
bereits zum Kader der ersten Mannschaft.                       chen trinken gehen oder mal auf den Putz hauen. Sie müs-
Den Profi fussball, den man heute kennt, gab es damals         sen alles im Versteckten machen. Auf der anderen Seite,
noch nicht. Wir trainierten bloss drei Mal die Woche, alle     lernen sie es heute von Anfang an. Die sind ja noch nicht
Spieler gingen einer «normalen» Arbeit nach. Ob dies nicht     mal zur Schule raus und haben schon einen Profi vertrag
anstrengend war? Nein, wieso denn auch. Fussballspielen        in der Tasche. Auch das ist wieder eine völlig andere Welt.
ist doch Spass! Der Spassfaktor stand immer an erster
Stelle, meine ganze Karriere lang. Man muss aber schon         Die Weltreise von 1970
auch sehen, dass die Meisterschaft weniger anstrengend         Meine schönsten Erlebnisse beim FCZ? Oh, da gab es vie-
war. Wir bestritten 26 Spiele und das ganze internationale     le. Doch das wahrscheinlich wirklich Tollste und Atembe-
Programm gehörte auch nicht zur Tagesordnung. Zumin-           raubendste, das ich erlebt habe, war die Weltreise 1970.
dest meistens nicht.                                           Es war einfach fantastisch. Vier Wochen lang waren wir
                                                               unterwegs, vier Wochen lang spielten wir Fussball an den
Geschichten aus dem Blätterwald                                skurrilsten Plätzen dieser Erde, gegen bekannte und unbe-
Nur zwei Jahre nach meinem Debüt beim FCZ, lief ich erst-      kannte Mannschaften. Und doch stand der Fussball nicht
mals im Schweizer Natidress auf. Wir verloren 1:3 gegen        zuvorderst. Es war vor allem Spass und Teambildung, die
Holland. Natürlich war meine Natizeit nicht super erfolg-      diese Reise zu dem machten, was sie war. Wir fingen an in
reich, doch ich habe wunderbare Erinnerungen an dieses         Teheran – heute kaum vorstellbar. Es war damals noch die
Team. 1966 haben wir uns für die Weltmeisterschaft in          Zeit des Schahs. Die Fussballbegeisterung im Iran war un-
England qualifi ziert. Das war ein Riesending! Sie müssen      glaublich, wir fielen wirklich aus allen Wolken. Weiter ging
sich das nicht wie heute vorstellen. Damals waren es bloss     es in Indien. Fussball hatte da überhaupt keinen Stellen-
16 Mannschaften, die sich für ein solches Turnier qualifi -    wert und so spielten wir gegen das Firmenteam eines Mil-
zierten. Und wir hatten es geschafft. Leider war der Traum     liardärs. In Thailand kickten wir gegen die Nationalmann-
aber auch schnell vorbei. Wir waren in einer Gruppe mit        schaft. Über Singapur kamen wir nach Australien. Auch
Deutschland, Argentinien und Spanien. Das war eine ande-       hier wieder: unvergesslich. Die Australier spielen zwar den
re Welt. Meine persönliche Geschichte zu dieser WM? Sie        gleichen Sport, haben jedoch leicht andere Regeln. Und sie
wollen was über die sogenannte «feuchtfröhliche Nacht          spielen sehr harten Fussball. Das war eine Holzerei! Karli
von Sheffield hören» oder über die «Nacht von Oslo» zehn       Grob, unser Torhüter, ist irgendwann so sauer geworden,
Jahre später? Diese Geschichten sind doch bloss ein My-        dass er einem australischen Spieler in den Allerwertes-
thos, Geschichten aus dem Blätterwald. Ich bin halt kei-       ten getreten hat. Der Schiedsrichter wollte ihn vom Platz
ner, der am Abend ins Bett liegt und gleich schlafen kann.     stellen, doch Grob wollte nicht gehen. Da haben wir halt zu
Aber ich habe in Oslo zum Beispiel nicht einen Schritt aus     elft weitergemacht. Über Auckland ging es in die Südsee
dem Hotel raus gemacht. Wir waren bloss mit den Hotel-         nach Tahiti und Moorea. Eine ganze Woche waren wir da.
angestellten in der Küche noch ein Bierchen trinken.           Ich kann es nur immer wieder sagen: Es war unglaublich.
Zum Glück wissen die Medien nicht immer alles über ein         Dies sind Eindrücke, die ein Leben lang bleiben, die noch
Fussballerleben. Prinzipiell habe ich eigentlich Verständ-     immer sehr präsent sind.
nis für die Journalisten, die dichten und nicht denken.
Schliesslich ist es ihr Job, auch an einem Tag, an dem         Die Zeit beim FCZ war wunderbar
nichts läuft, die Menschen mit Geschichten zu unterhal-        Natürlich waren da auch die Meistertitel und die Cupsie-
ten. Genau deshalb sind die Fussballer von heute jedoch        ge. Und die beiden Meistercuphalbfinale. Das ist heute
«armi Cheibe». Sie können nicht einfach so mal ein Bier-       die Champions League und wir waren da ganz vorne mit ➔
www.fcz.ch                                                              93. Minute l März / April / Mai / Juni 2012 l Ein Leben, ein Verein
                                                                                                                                              69

➔ dabei. Das war schon aussergewöhnlich. Auch gegen
aussergewöhnliche Menschen habe ich gespielt. Zum Bei-
spiel beim Freundschaftsspiel gegen den FC Santos. Da
standen Pelé und all die brasilianischen Superstars auf
dem Rasen. Das war ein Feuerwerk auf dem Platz. Doch sie
hatten uns mächtig unterschätzt. Es stand irgendwann 5:2
für den FCZ und dann haben sie plötzlich gemerkt, dass sie
vielleicht doch nicht nur die ruhige Kugel schieben können.
Die Zeit hat aber nicht mehr gereicht: Wir gewannen 5:4.
Die schlechten Zeiten beim FCZ? Natürlich, das Leben hält
nicht nur Gutes bereit, doch im Grossen und Ganzen muss
ich wirklich sagen: Die Zeit beim FCZ war wunderbar. Klei-
ne Unstimmigkeiten gab es vielleicht hie und da, doch wo
gibt es die nicht. Ich hätte beispielsweise immer gerne
ins Ausland gewechselt. Doch die Ligen, die interessant
gewesen wären, nämlich Spanien und Italien, kannten
damals Ausländersperren. Es gab Angebote aus Deutsch-
land, Belgien, Holland oder Portugal, aber das wollte ich
alles nicht. Ich bereue nicht, dass ich nie im Ausland war.       Plakat vom Abschiedsspiel für Kuhn gegen Milan im Jahr 1978.
Zumindest sportlich nicht. Ich hatte in Zürich mehr inter-
nationale Erfolge als manch einer im Ausland. Heute ist           und wunderschöne Momente. Als Natitrainer bist du na-
dies natürlich anders. Talentierte, junge Fussballer haben        türlich nicht so nahe bei deinen Spielern, weil du sie nur
die Qual der Wahl. Und das ist wunderschön, dass sie die          alle paar Monate siehst. Doch ich habe mir immer sehr viel
Chance haben, ihre Träume zu verwirklichen.                       Zeit genommen. Ich bin viel gereist, habe die Clubs, bei
                                                                  denen meine Spieler angestellt waren, besucht, mit ihren
Für mich war klar: Das muss ich, das will ich                     Trainern gesprochen. Ich habe versucht, ihnen zu helfen
1977 habe ich meine Aktivkarriere beendet. Ich hätte              wo ich konnte.
gerne weitergemacht, doch nach einer Operation am Knie
ging es einfach nicht mehr. Nach jedem Match musste ich           Ich beneide die Fans
mich wieder fi t spritzen lassen, damit ich schmerzfrei war.      Vor knapp vier Jahren habe ich meine Karriere beendet.
Der Fussball machte mir immer noch Spass, doch es war             Dieses Mal definitiv. Meine persönlichen Verhältnisse ha-
mühsam geworden. Die Uhr war abgelaufen. Und ich war              ben sich verändert. Meine Frau Alice wurde krank und ich
ohne Bedauern. Mit Edi Nägeli habe ich meinen Abgang              will für sie da sein. Alice musste unser ganzes Leben lang
besprochen und das einzige Versprechen, das ich ihm ge-           viel auf mich warten und hat das immer ohne Murren ge-
ben musste, war, nirgendwo anders hinzugehen. Mein Weg            macht. Nun will ich für sie da sein. Ich kann deshalb kein
führte mich dann in die Selbstständigkeit. Ich gründete           Amt annehmen, das mich regelmässig fordert. Was heisst
meine Agentur und verkaufte Versicherungen. Doch mit              ich kann nicht, ich will nicht. Ich will die gemeinsame Zeit
einer kurzen Pause bin ich immer beim Fussball geblieben.         mit meiner Frau geniessen. Es geht nicht mehr lange und
Ich erhielt ein Angebot von GC, um dessen Junioren zu trai-       wir feiern goldene Hochzeit. Es ist auch schön, mal nichts
nieren. Als Sven Hotz davon Wind bekam, erinnerte er mich         zu machen. Und ich bleibe ja dabei. Fussball wird immer
an mein Versprechen, das ich damals Edi Nägeli gegeben            zu mir gehören, die Liebe zum FC Zürich nie vergehen. Ich
hatte und bot mir die Junioren des FCZ an. Natürlich muss-        musste diese zum Glück auch nie verleugnen. Es wussten
te ich nicht lange überlegen. Meine einzige Bedingung war,        immer alle: Der Köbi, das ist ein Zürcher. Der FCZ hat mir
dass ich das gerne halbprofessionell machen wollte. In der        so viel gebracht und ich habe mit Freude auch ihm weiter-
Zeit beim FCZ war ich zweimal Interimstrainer der ersten          geholfen. Wir haben viele Erfolge zusammen gefeiert: Als
Mannschaft und machte all meine Trainerdiplome bis zur            Fan, als Spieler und als Trainer. Jetzt habe ich eine andere
UEFA-Pro-Lizenz. 1996 kam die Anfrage des Schweizeri-             Rolle. Ich geniesse den Fussball, aber nicht so wie die Fans
schen Fussballverbandes und ich wurde Nachwuchstrai-              es tun. Ich beneide diese manchmal wirklich. Diese Vor-
ner. Es war eine irrsinnig spannende und intensive Zeit, mit      freude aufs Spiel, den Spass, den sie während des Matchs
diesen jungen Fussballern zusammenzuarbeiten. Und als             haben, die Euphorie, die sie bei einem Sieg verspüren oder
dann 2001 das Angebot für die A-Nati kam, war für mich            eben die Enttäuschung bei einer Niederlage. Das Gefühl
klar: Das muss ich, das will ich tun. Ich kannte ja alle, wuss-   zu haben, das einem soweit bringt, am Sonntagabend die
te genau, wer in meiner Nati spielen wird. Ich hatte auch         Saisonkarte zu zerreissen, weil man so sauer ist, um sie
ein Angebot vom FCZ, doch Sven Hotz wusste genau, dass            dann am Montagmorgen wieder zusammenzukleben, weil
ich diese Chance, zur A-Nati zu wechseln, packen musste.          man eben doch nicht kann ohne seinen Verein. Das muss
Ich habe mich selbst nie unter Druck gesetzt und mich             wunderbar sein. Meine Herangehensweise ist viel analy-
auch nie unter Druck setzen lassen. Ich wusste immer,             tischer. Auch sie ist spannend, aber es ist halt nicht das
was ich tat: Ich setzte das um, was ich vom Fussball ver-         Gleiche. Ich freue mich bei Siegen und ärgere mich bei Nie-
stand. Am Anfang war es eine schwierige Zeit, es war eine         derlagen, aber nie mit der gleichen Passion. Das ist meine
Zeit des Umbruchs. Doch wir hatten danach viel Erfolg             déformation professionnelle.
Sie können auch lesen