Solothurner Fasnacht - Lebendige Traditionen

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Solothurner Fasnacht - Lebendige Traditionen
Solothurner Fasnacht

                                                                 Die Solothurner Fasnacht beginnt am 13. Januar, dem
                                                                 Namenstag des Heiligen Hilarius. Das lateinische Wort
                                                                 «hilaris» («fröhlich», «heiter») verweist auf das freudige
                                                                 Treiben, das nun folgt. Seit dem 17. Jahrhundert ist der
                                                                 «Hilari-Tag» als Beginn der Fasnachtsbälle belegt, seit
                                                                 1853 läutet die «Narrenzunft Honolulu» am Hilari mit ih-
                                                                 rer närrischen Generalversammlung und dem anschlie-
                                                                 senden «Hilari-Umgang» die Fasnacht ein. Der Ober
                                                                 der Narrenzunft Honolulu setzt den Stadtammann ab,
                                                                 die Rathausgasse nimmt ihren einstigen Namen «Esels-
                                                                 gasse» an und Solothurn nennt sich bis zum Aschermitt-
                                                                 woch «Honolulu».

«Chesslete» in der Altstadt von Solothurn am frühen Morgen des   Der Auftakt der eigentlichen Fasnachtswoche ist die
Schmutzigen Donnerstags (© Oliver Menge, 2006)
                                                                 «Chesslete» am Schmutzigen Donnerstag. Mehrere tau-
                                                                 send Fasnächtler in weissen Hemden und Schlafmüt-
                                                                 zen, mit roten Halstüchern und Lärminstrumenten we-
                                                                 cken – vom Oberchessler angeführt – die Bevölkerung
                                                                 für die «fünfte Jahreszeit». Ähnlich anderer Fasnachten
                                                                 in der Schweiz finden Umzüge und Bälle statt, präsen-
         Verbreitung   SO                                        tieren sich Guggenmusiken und Schnitzelbankgruppen
                                                                 an der Strassen- und Beizenfasnacht, werden Fas-
            Bereiche   Mündliche Ausdrucksweisen
                       Darstellende Künste                       nachtszeitungen herausgegeben und ein «Böögg» ver-
                       Gesellschaftliche Praktiken               brannt. «Hilari» und «Chesslete» sind jedoch charakte-
                                                                 ristisch für die Solothurner Fasnacht und strahlen in den
             Version   Juni 2018
                                                                 ganzen Kanton aus. Selbst nördlich des Juras werden
          Autorinnen   Kira von Rickenbach, Franziska Schürch    sie in Gemeinden des Kantonsgebiets gefeiert.

                                                                 Die Liste der lebendigen Traditionen in der Schweiz
                                                                 sensibilisiert für kulturelle Praktiken und deren Vermittlung.
                                                                 Ihre Grundlage ist das UNESCO-Übereinkommen zur
                                                                 Bewahrung des immateriellen Kulturerbes. Die Liste wird
                                                                 in Zusammenarbeit und mit Unterstützung der kantonalen
                                                                 Kulturstellen erstellt und geführt.

Ein Projekt von:
Die «fünfte Jahreszeit» in der Stadt und Region Solo-       Narrenzunft Honolulu alte Stadtoriginale auf den Markt-
thurn ist geprägt von zwei grossen Auftaktanlässen und      platz, beispielsweise «Hilarius Immergrün» und seine
zahlreichen närrischen Elementen, mancherlei Tönen          Tochter «Elisi», «Postheiri», «Cheschtelemuni» und
und vielfältigen Farben. Im Unterschied zu anderen Fas-     viele mehr. Hier vernehmen die «Honolulesen» die Pro-
nachtstraditionen beginnen die närrischen Tage im Kan-      klamation. Und wer am Donnerstagabend durch die
ton Solothurn nicht am 11. November, sondern am 13.         Gassen Solothurns geht, kann sich ein Bild über die So-
Januar – dem Namenstag des Heiligen Hilarius. Da das        lothurner Strassen- und Beizenfasnacht machen: Gug-
lateinische Wort «hilaris» mit «fröhlich» und «heiter»      genmusiken spielen ihre einstudierten Stücke, Schnit-
übersetzt wird, befanden die Solothurner bereits im         zelbankgruppen treten in Restaurants auf. Ab 20 Uhr
17. Jahrhundert, dass der «Hilari-Tag» für den Beginn       findet im Höfli vor dem Gemeindehaus das traditionelle
der Fasnachtszeit am treffendsten sei.                      «Höfli-Singen» statt. Dabei werden Politiker, Prominente
                                                            und andere das Jahr über aufgefallene Persönlichkeiten
Narrenzunft Honolulu                                        von den Schnitzelbankgruppen in ihren Schnitzelbänken
                                                            aufs Korn genommen.
Seit ihrer Gründung 1853 hält die «Narrenzunft Hono-
lulu» am Hilari ihre närrische Generalversammlung ab.       Die Tage bis zum Fasnachtssonntag beinhalten keine
Daran anschliessend kommt es seit 1940 zum «Hilari-         offiziellen Programmpunkte. Diejenigen, die ihre Vorbe-
Umgang». Die Zunftmitglieder marschieren im grünen          reitungen für die kommenden Umzüge abgeschlossen
Nachtwächtergewand mit passender Mütze durch die            haben, begeben sich mitunter auf ihre eigenen Fas-
Stadt. Begleitet werden sie von Tambouren und der seit      nachtstouren, so beispielsweise die Guggenmusik «Am-
1881 belegten «Hilari-Musik». Als Erkennungszeichen         bassadonner», welche manchmal samstags im Alters-
tragen die Zünftler das Narrenzepter, die Narrenglocke      heim spielt. Unterschiedliche Fasnachtsbälle sowie die
sowie die Narrenlaterne und das «blecherne Buch» mit        grosse Strassen- und Beizenfasnacht am Samstag bie-
sich. Während des «Hilari-Umgangs» kehren sie viermal       ten ebenfalls die Möglichkeit, das närrische Treiben voll
ein und präsentieren in den Gaststuben ihr satirisches      und ganz auszukosten.
Programm. «Tout Soleure» kann bei dieser Gelegenheit
die «chronique scandaleuse» des letzten Jahres ver-         Mit einem Kanonenschuss auf dem Amthausplatz am
nehmen. Am Ende jedes Hilari-Tages sind drei wichtige       Sonntagnachmittag um 14.31 Uhr startet der Fasnachts-
Geschehnisse vonstattengegangen: Der Ober der Nar-          umzug, der seit 1938 von der «Vereinigten Fasnachts-
renzunft Honolulu hat den Stadtammann abgesetzt, die        gesellschaft Solothurn» organisiert wird. Einst präsen-
Rathausgasse hat ihren einstigen Namen «Eselgasse»          tierten sich die seit Mitte des 18. Jahrhunderts belegten
angenommen und Solothurn hat seinen bürgerlichen            Umzüge im Karneval-Stil. Heute treten die Teilnehmen-
Namen abgelegt und heisst bis zum Aschermittwoch            den in Kostümen entsprechend ihrem jeweils gewählten
«Honolulu». Schliesslich steht in der närrischen Zeit die   Motto auf, welches nicht zwangsläufig in Verbindung mit
Welt auf dem Kopf und die Solothurnerinnen und Solo-        dem jährlichen Fasnachtssujet stehen muss. Seit 1969
thurner identifizieren sich mit ihren Antipoden – mit den   wird im Anschluss an den Umzug die «Monster-Gugge-
Menschen, die auf der anderen Seite der Erdkugel le-        rete» durchgeführt: Gross und Klein schunkelt zu den
ben.                                                        Klängen zahlreicher Guggenmusiken, die gemeinsam
                                                            auf der St. Ursen-Treppe vor der Kathedrale spielen.
Aktiv von Donnerstag bis Dienstag                           Am Abend findet schliesslich ein weiteres Highlight der
                                                            Solothurner Fasnacht statt, wenn im Stadttheater
Am Schmutzigen Donnerstag findet der Auftakt der ei-        Schnitzelbankgruppen auftreten. Die «Schnitzelbänkler»
gentlichen Fasnachtswoche statt. Um 5 Uhr morgens           pflegen heute nicht mehr nur den traditionellen Schnit-
besammeln sich bis zu 6’000 Personen in der Altstadt        zelbankvers – wie er typischerweise an der Basler Fas-
von Solothurn für die seit 1883 durchgeführte «Chess-       nacht kultiviert wird –, sondern sie führen darüber hin-
lete». Die Beteiligten tragen ein weisses Nachthemd,        aus auch professionelle Arrangements auf, die an
eine weisse Schlafmütze, ein rotes Halstuch und brin-       Aufführungen in Varieté- und Cabaret-Theater erinnern.
gen Lärminstrumente unterschiedlicher Art (beispiels-       Schnitzelbänke können sowohl mit als auch ohne Bilder
weise eine «Rätsche») mit. Damit ziehen sie in einem        vorgetragen werden. Dabei sind Instrumente aller Art
Umzug, angeführt durch den «Oberchessler», durch die        zugelassen, was eine solothurnische Spezialität darstel-
Gassen, um einerseits die Bevölkerung für die Fas-          len mag.
nachtswoche zu wecken und andererseits den Winter zu
vertreiben. Anschliessend gibt es in diversen Beizen        Umzüge und andere Traditionen am Fasnachtsmontag
gratis Mehlsuppe und Brot. Am Nachmittag findet seit        (Rosenmontag), wie sie in der Zentralschweiz oder im
1982 ein Kinderumzug statt und gegen 16 Uhr führt die       rheinischen Karnevalstreiben – stattfinden, sind der So-
                                                            lothurner Fasnacht unbekannt. An diesem Tag finden

Lebendige Traditionen · Solothurner Fasnacht · Juni 2018                                                            2
keine offiziellen Anlässe für die Bevölkerung statt. Allein   Ambassadoren und ihr Einfluss
der «Drumm-Gugu-Lala-Pfiff» – ein exklusiver Anlass
für aktive Fasnächtler – wird durchgeführt: Die Fas-          Die närrische Zeit ist ein Konglomerat aus heidnischen,
nächtler spielen sich gegenseitig ihre Lieder und Schnit-     griechischen, römischen und christlichen Bräuchen. Al-
zelbankprogramme vor, die sie als Aktive während der          ten Glaubensvorstellungen zufolge sollten die Bräuche
Fasnachtszeit sonst nicht sehen können.                       Dämonen von der erwachenden Vegetation fernhalten
                                                              und den Winter vertreiben.
Bevor am Dienstagabend der «Zapfenstreich» droht, ge-
ben die Narren nochmals alles. Der Nachmittag ist für         Die Grundzüge der heutigen solothurnischen Fasnacht
die Reprise des Umzuges reserviert, und im Stadtthea-         bestehen seit dem 19. Jahrhundert. Es gibt jedoch auch
ter werden Schnitzelbankverse zum Besten gegeben.             Hinweise auf ältere Vorläufer: So konnte nachgewiesen
Um 17.30 Uhr tritt sodann das Narrenvolk zum Zapfen-          werden, dass die Wurzeln der Solothurner Fasnacht bis
streich an. Entlang der Umzugsstrecke hüpfen sie und          in das 14. Jahrhundert zurückreichen. Damals wurden
beteuern das Schwinden ihrer Kräfte mit den gesunge-          Fasnachtsspiele aufgeführt, die das gesellschaftliche
nen und von Guggenmusiken unterstützten Worten «I             Leben und seine offiziellen Vertreter aufs Korn nahmen
ma nümm». Entsprechend folgt am Aschermittwoch der            und verspotteten. Seither fand das närrische Treiben in
letzte offizielle Programmpunkt: Die Fasnacht findet mit      seinen diversen Ausprägungen mit wenigen Unterbrü-
dem seit 1900 bestehenden «Böögverbrennen» ihr                chen und Verboten während der Zeit der Französischen
Ende, und es kommt zur närrischen Abdankung inklu-            Revolution sowie der häuslich geprägten Biedermeier-
sive Laternenlöschen in den Solothurner Beizen durch          zeit kontinuierlich statt.
die Narrenzunft Honolulu.
                                                              Die heutige Form fasnächtlicher Traditionen entwickelte
Fasnachtselemente anderer Regionen                            sich einst in den Städten, so auch in der Stadt Solo-
                                                              thurn. Hier übten ausserdem die Ambassadoren einen
Die Solothurner Fasnacht mit ihren Umzügen am Sonn-           grossen Einfluss auf die Fasnachtsbräuche aus. Weil
und Dienstagnachmittag, der Strassen- und Beizenfas-          die Patrizier das Hofleben in Versailles und die dazuge-
nacht mit den Guggenmusiken und Schnitzelbankgrup-            hörige Kultur kennenlernten, veränderte sich das närri-
pen, den Fasnachtsbällen, der Fasnachtszeitung sowie          sche Treiben in der Folge im heimischen Solothurn. Der
dem Böögverbrennen weist Ähnlichkeiten mit Fasnacht-          ehemals verbreitete Maskenlauf wich beispielsweise im
straditionen in Basel und der Zentralschweiz auf. Ge-         16. Jahrhundert den Maskenbällen, die als ehrbare
rade die Fasnachtsbälle und das Böögverbrennen sind           Masqueraden galten und bis in die 1920er-Jahre der
keine Eigenheit der Solothurner Fasnacht, sondern fin-        breiten Bevölkerung nicht zugänglich waren.
den sich beispielsweise auch in Baar (ZG) und Sisikon
(UR). Auch im Einzugsgebiet der Stadt Solothurn, etwa         Die ersten organisierten Umzüge sind für das 18. Jahr-
in Lommiswil, und in anderen Teilen des Kantons wer-          hundert dokumentiert. Auch bei diesen spielten die Am-
den Elemente der städtischen Solothurner Fasnacht in          bassadoren eine wichtige Rolle. Sie initiierten den ers-
die eigene Fasnachtstradition aufgenommen, so etwa in         ten Umzug im alten Solothurn, der 1735 zu Ehren des
Olten. Hier finden ebenfalls Schnitzelbank-Abende, Fas-       französischen Gesandten de Bonnac stattfand. Rund
nachtsbälle sowie Guggenmusikkonzerte statt und die           zwanzig Jahre später nahmen bereits 22 Gruppen am
Bevölkerung geniesst das lustige Treiben während der          Umzug teil, der das Motto «Hundertjähriger Kalender»
Beizenfasnacht. Zusätzlich weist die Fasnacht in Olten        hatte und fünf mythologisch-kalendarische Szenen
eigene Programmpunkte auf: So stehen der Empfang              zeigte. Der grosse Fasnachtsumzug in Olten wurde erst-
des Obernaars, die Schlüsselübergabe durch den Stadt-         mals im Jahr 1871 festgehalten. In Grenchen folgte der
präsidenten und die Verlesung der Proklamation unter          erste Fasnachtsumzug 1902. Einst begleitete die Stadt-
dem Namen «Naarenstopf» bereits am Mittwoch auf               musik die Umzüge, später begannen sich jedoch an ih-
dem Programm. Das Laternenfest im Stadtfoyer dürfte           rer Stelle Guggenmusikgruppen zu beteiligen.
wohl auch nur in Olten gefeiert werden, ebenso wie die
«Rollmopsiade» am Aschermittwoch. Mit all ihren Ver-          Ober-Ober, Ober, Zünftler, Guggenmusiker und an-
anstaltungen während der Fasnachtswoche hat die               dere aktive Fasnächtler
Oltner Fasnacht entsprechend der Solothurner Fasnacht
eine grosse wirtschaftliche Bedeutung für die gesamte         So vielfältig die Elemente der Solothurner Fasnacht
Region.                                                       sind, so zahlreich existieren aktive Fasnächtler, die die
                                                              lebendige Tradition als Gesamtheit gestalten und prä-
                                                              gen. Die 1938 gegründete «Vereinigte Fasnachtsgesell-
                                                              schaft» – seit 1947 bekannt als «UNO» – besteht aus
                                                              sechs Stammzünften: «Fasnachtszunft Vorstadt»,

Lebendige Traditionen · Solothurner Fasnacht · Juni 2018                                                                3
«Hauptgass-Leist», «Hudibras Chutze», «Mamfi Gug-             neue Elemente gehen aus ihrer Mitte hervor. So initiierte
genmusig», «Weschtstadt-Zunft» und «Narrenzunft Ho-           die Guggenmusik «Gugaaggeri» beispielsweise die
nolulu». Als oberste Fasnachtsinstitution obliegt ihr die     erste «Monster-Guggerete» anfangs der 1970er-Jahre.
Hauptaufgabe, die beiden grossen Fasnachtsumzüge              Der Wandel der Zeit wird stets aufgegriffen, sodass aus
durchzuführen und den Zapfenstreich abzuwickeln. Fer-         Gründen der Gleichberechtigung beispielsweise ab-
ner ist sie für das Fasnachtssujet verantwortlich und sie     wechslungsweise ein Mann und eine Frau als «Böög»
lanciert stets den Wettbewerb, der die neue Plakette          verbrannt werden.
und das neue Plakat der Solothurner Fasnacht hervor-
bringen soll. Die jährliche Plakettenbörse, an der Samm-      Die «chronische Krankheit» im gesellschaftlichen
ler und Interessierte alte Plaketten erwerben und ver-        Wandel
kaufen, wird ebenfalls durch sie organisiert. Des
Weiteren prämiert sie die schönsten Schaufensterdeko-         Die Fasnacht wurde in der Vergangenheit aufgrund poli-
rationen, sie kümmert sich um die Nachwuchsgenerie-           tischer Wirren und Kriege einige Male nicht durchge-
rung und hat ein Auge auf die Durchführung des Hilari-        führt, jedoch konnte die Fasnacht stets wieder Fuss fas-
Morgens, welcher durch die Stammzunft des jeweiligen          sen und sich weiterentwickeln. Auch heute stellen sich
Ober-Obers organisiert wird.                                  der Fasnacht Hindernisse entgegen. Der rasche gesell-
                                                              schaftliche Wandel, verbunden mit der Anforderung
Die älteste Fasnachtszunft und somit eine der Stamm-          nach höherer Mobilität, lässt sich in manchen Fällen
zünfte ist die «Narrenzunft Honolulu», bestehend aus          nicht mit dem Brauchtum vereinen, der von Persönlich-
dem Ober, mindestens 11 Zünftlern und rund sechzig            keiten und lokaler Verbundenheit lebt. Schnitzelbank-
einfachen Mitgliedern («Lulus»). Entsprechend jeder           sowie Guggenmusikgruppen und auch die Narrenzünfte
Zunft hat der für gewöhnlich vier Jahre amtierende Ober       kämpfen mit Nachwuchssorgen. Ferner darf der jährli-
weitreichende Kompetenzen inne und ist zunftintern            che Kostenbeitrag für beispielsweise die neuen Kos-
meist das ganze Jahr über beschäftigt. Traditionelle An-      tüme nicht unterschätzt werden.
lässe müssen organisiert, die Fasnachtszeitungen edi-
tiert und der eigene Wagen für die beiden Umzüge an-          Allerdings gibt es aktuell keine Anzeichen für einen Be-
gefertigt werden. Die Koordination dieser Aufgaben und        deutungsverlust der äusserst lebendigen und stark ver-
nicht zuletzt die Zunft-Auftritte an Hilari und Aschermitt-   wurzelten Tradition. Der grösste Teil der Bevölkerung ist
woch sind in der Verantwortung des Obers.                     befallen von der «chronischen Krankheit», die alle zwölf
                                                              Monate ausbricht. Trotz grossem Zeitaufwand erfreuen
An den beiden grossen Umzügen nahmen zwischen                 sich Solothurnerinnen und Solothurner stets an den
2014 und 2016 rund 35 Gruppen und damit gegen 1’000           kreativen Tätigkeiten, welche die Fasnacht erfordert.
aktive Fasnächtler teil. Als Gruppe mit Fasnachtswagen        Sich zu verkleiden und mittels einer Kostümierung in
und -motto können sich beispielsweise Quartiere und           eine andere Welt einzutauchen, fasziniert viele aktive
einzelne Familien aktiv an der Solothurner Fasnacht be-       Fasnächtler. Ebenso reizen viele die Satire, die politi-
teiligen. Häufig stellen diese familiären oder durch das      schen Sprüche und das «Hochnehmen» der Gesell-
Wohnquartier organisierten Teilnahmen an den Umzü-            schaft. Jeder kann in irgendeiner Form an der Fasnacht
gen den ersten Kontakt mit der Solothurner Fasnacht           mitwirken. Menschen, die kreativ sind und lachend närri-
dar. Später tradiert mancher Nachwuchs die Fasnachts-         sche Ideen aushecken, werden zusammengeführt. Des-
bräuche beispielsweise als Mitglied in einer Guggenmu-        halb wirkt die Solothurner Fasnacht integrierend: Sie
sik.                                                          schafft Identität, ruft ein Lokalbewusstsein hervor und
                                                              schafft vielfältige Bezüge zur Stadt. Die Zahl 11 bei-
Neben den Zünften zählt die Stadt Solothurn rund zwan-        spielsweise, die als lokales Symbol in Solothurn eine
zig Guggenmusik- und neun Schnitzelbankgruppen. Die           lange Tradition besitzt, ist in unterschiedlicher Art an der
seit den 1970er-Jahren bestehenden Guggenmusiken              Fasnacht präsent. Beliebt ist sie etwa bei der Namens-
organisieren sich wiederum selber, sodass sie neben ei-       gebung (die Guggenmusikgruppe «11-i Schränzer» oder
nem Präsidenten (Ober) und einem Generalsekretär              die Fasnachtszeitung «11 Minuten») oder gar einmal in
ebenfalls einen Tourenmanager haben, der das Pro-             der Vergangenheit als Fasnachtsmotto.
gramm mit Auftritten und Umzugsteilnahmen während
der Fasnachtswoche plant. Kostümverantwortliche koor-
                                                              Weiterführende Informationen
dinieren das Nähen der alljährlichen Verkleidung und
die Herstellung der Masken.                                   Interview mit Peter Keller (Ober der Narrenzunft Honolulu) vom
                                                              11. Oktober 2011. Projekt Immaterielles Kulturerbe Aargau-Solo-
                                                              thurn
Mit diesen zeitaufwändigen Tätigkeiten leisten die akti-
ven Fasnächtler einen wertvollen Beitrag zur Bewah-
rung der Solothurner Fasnacht. Veränderungen und

Lebendige Traditionen · Solothurner Fasnacht · Juni 2018                                                                    4
Interview mit André Kilchenmann (Mitglied der Guggenmusig
«Abassadonner») vom 6. September 2011 in Basel. Projekt Im-
materielles Kulturerbe Aargau-Solothurn

Wolfgang Wagmann: Solothurner Fasnacht im Wandel der Zeiten
(Mitteilungen der Töpfergesellschaft Solothurn). Solothurn, 1998

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