SONNTAG 19. JUNI 2022 19 Uhr - SPANNUNGEN

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SONNTAG 19. JUNI 2022 19 Uhr
                                                                                            WERKBESCHREIBUNG

LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770-1827)
Quintett für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier Es-Dur op. 16
(1796)
I Grave – Allegro ma non troppo
II Andante cantabile
III Rondo. Allegro ma non troppo

Wolfgang Amadeus Mozart war in der glücklichen         Akzente sowie durch eine starke Ausweitung der
Lage, in Wien auf erstklassige, meist aus Böhmen       Durchführungsteile wiederholt seine Unschuld.
stammende Bläser zu treffen, die ihn zu bedeu-         Überhaupt ist Beethovens Septett weniger kam-
tenden Werken für diese Instrumentengruppe             mermusikalisch angelegt, sondern weist durch die
animierten und der Gattung zu großer Popularität       Konfrontation des virtuos ausgeschmückten Kla-
verhalfen. Der junge Beethoven, ein glühender          vierparts mit dem Bläserquartett Umrisse eines
Bewunderer Mozarts, nutzte den Trend und schuf         Klavierkonzerts auf. Dabei lässt sich der klangliche
1797, also noch in seiner Bonner Zeit, ein Quintett    Kontrast zwischen Klavier und den Begleitstimmen
für Klavier und Bläser in der gleichen Besetzung wie   in der originalen Besetzung für Bläser prägnanter
Mozarts berühmtes Werk in Es-Dur KV 452. Oder,         heraushören als in der oft gespielten Version für
wie es exakt heißt: Quintett auf dem Fortepiano        Klavier und Streicher.
mit 4 blasenden Instrumenten akkompagnirt. Aller-
dings ging es Beethoven nicht um eine stilistische     Die enge Beziehung des in Bonn residierenden Kölner
Imitation Mozarts, sondern, wie auch später mit        Kurfürsten, immerhin ein Bruder Kaisers Joseph II,
seinen von Haydn beeinflussten Streichquartetten,      verhalf Beethoven, das Quintett 1797 in Wien
so früh wie möglich eine eigene, unverkennbare         mit erstklassigen Bläsern aus der Taufe zu heben.
Handschrift entwickeln und damit für entsprechen-      Dazu gehörte der Star-Oboist der Mannheimer
de Aufmerksamkeit erregen zu können. Außer der         Hofkapelle Hermann Ramm, den Beethoven am
mit Mozart übereinstimmenden Besetzung für             Klavier mit dem ihm eigenen Humor mit eigenwil-
Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier sowie       ligen Improvisationen mehrmals aus der Fassung
der dreisätzigen Anlage geht Beethoven in der Tat      brachte.
eigene Wege. Eine Referenz erweist er Mozart al-
lerdings mit einem Zitat aus Zerlinas Arie Batti,                                             Pedro Obiera
batti aus dem Don Giovanni, das die thematische
Grundlage des Mittelsatzes, eines gesanglich aus-
drucksvollen „Andante cantabile“ bildet.

In den Ecksätzen verliert der durchgängige Charme,
den Mozarts auf ein ausgewogenes Verhältnis von
Kantabilität und Virtuosität ausgerichtetes Werk
prägt, bei Beethoven durch scharfe Kontraste und

                                                                               SPANNUNGEN:
                                                                               MUSIK IM RWE KRAFTWERK HEIMBACH
SONNTAG 19. JUNI 2022 19 Uhr
                                                                    WERKBESCHREIBUNG

GEORG PHILIPP TELEMANN (1681-1767)
Konzert für Trompete, Streicher und Basso continuo Nr. 1
D-Dur TWV 51:D (ca. 1730)
I     Adagio
II    Allegro
III   Grave
IV    Allegro

So ganz ist es Georg Philipp Telemann bis heute
nicht gelungen, aus dem Schatten seiner barocken
Kollegen Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich
Händel zu treten. Dass er über 3600 Kompositionen
aller Gattungen in allen denkbaren Besetzungen
hinterlassen hat, brachte ihm den Ruf eines „Viel-
schreibers“ ein, ohne die zukunftsweisende Bedeu-
tung vieler seiner Werke zur Kenntnis zu nehmen.

Mit seinen Trompetenkonzerten eröffnete er dem
königlichen Instrument musikalische Möglichkeiten,
die ihm Bach und Händel verwehrten. Die setzten
es zwar effektvoll in einigen ihrer Chorwerke ein,
hinterließen aber kein einziges Solo-Konzert für
die Trompete. „Alldieweil aber die Veränderung be-
lustiget, so machte ich mich in jenen Jahren auch
über Concerte her. Hiervon muß ich bekennen, daß
sie mir niemahls recht von Hertzen gegangen sind,
obschon ich deren eine ziemliche Menge gemacht
habe.“ So erinnert sich Telemann später in seinem
„Lebens-Lauff“ an die Jahre 1708 bis 1712, in denen
er am Hof zu Eisenach angestellt war und Hunderte
von Konzerten schrieb, darunter auch einige Trom-
petenkonzerte. Das Erste in D-Dur fällt durch seine
ausgeprägte melodische Gestaltung auf, die weniger
die Signalwirkung der Trompete hervorkehrt, sondern
sie als kantables Melodieinstrument präsentiert. Das
betrifft vor allem das eröffnende Largo, während die
Allegro-Sätze technisch anspruchsvolle Aufgaben
bereithalten.
                                       Pedro Obiera

                                                       SPANNUNGEN:
                                                       MUSIK IM RWE KRAFTWERK HEIMBACH
SONNTAG 19. JUNI 2022 19 Uhr
                                                                                             WERKBESCHREIBUNG

RICHARD WAGNER (1813-1883)
Siegfried-Idyll, WWV 103 für Kammerorchester (1878)

„Abermal ein Wunder! ein Wunder!‘ liebster Richard.     der Kosename des kleinen Siegfrieds, der später
Dein Siegfried-Idyll ist die herzinnigste, idealste,    zusammen mit seiner Mutter Cosima bis 1930 die
bezauberndste Verherrlichung des Familien-Kultus.       Bayreuther Festspiele leitete.
In dieser tausendblättrigen Blume, welch Duft, Far-     Als hätte Wagner geahnt, dass sein Sohn Siegfried
be, Entzücken, Pracht, Reiz, holdselige Frommheit       nicht aus dem gleichen Holz wie der gleichnamige
und wonnige Kunst!“ So verzückt äußerte sich            Held aus dem Nibelungen-Ring geschnitzt ist,
Franz Liszt, als er die Partitur von Richard Wagners    klingt das Siegfried-Idyll sanft und alles andere
Siegfried-Idyll studierte. Mit der „Verherrlichung      als heldenhaft. Auch wenn die zitierten Motive im
des Familien-Kultus“ spielt Liszt auf den Anlass der    Musikdrama mit weissagenden oder verklärenden
Komposition an. Wagner komponierte das etwa             Botschaften Brünnhildes textiert sind, wie etwa
20-minütige Werk 1870 in stiller Heimlichkeit zum       „Ewig war ich, ewig bin“ oder „O Siegfried, herrli-
33. Geburtstag seiner zweiten Frau, der Liszt-Tochter   cher Hort der Welt“.
Cosima, und überraschte sie damit auf der Treppe
ihrer Villa im schweizerischen Tribschen in der Nähe                                           Pedro Obiera
Luzerns. Zugleich war es als Dank an Cosima für
die Geburt ihres Sohnes Siegfried gedacht. Dafür
verwendete er vier Motive aus seinem Musikdrama
Siegfried, die er zu einer Symphonischen Dichtung
verarbeitete.

Der Aufführungsort, die stattliche Treppe der Villa,
war für eine große Orchesterbesetzung zu klein.
Und so begnügte sich Wagner mit einem 13-köpfi-
gen Kammerensemble, besetzt mit Flöte, Oboe,
zwei Klarinetten, Fagott, zwei Hörnern, Trompete
und Streichquintett. Eine spätere, heute meist ver-
wendete Fassung sieht eine Besetzung mit Streich-
orchester vor. In Heimbach wird in diesem Jahr
jedoch die ursprüngliche Version erklingen, die mit
ihrem schlankeren, transparenteren Habitus intimer
und persönlicher wirkt.

Als Originaltitel steht auf der Partitur „Tribschener
Idyll mit Fidi-Vogelgesang und Orange-Sonnenauf-
gang, als Symphonischer Geburtstagsgruss. Seiner
Cosima dargebracht von Ihrem Richard.“ „Fidi“ war

                                                                                SPANNUNGEN:
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                                                                                         WERKBESCHREIBUNG

GUILLAUME CONNESSON (*1970)
Techno-Parade für Flöte, Klarinette und Klavier (2002)

Guillaume Connesson ist 1970 in der Nähe von          siven Unterbrechung werden die drei Instrumente
Paris zur Welt gekommen. Eine Zeit, die stark von     in eine rhythmische Trance hineingezogen und
Pierre Boulez und seriellen Reihentechniken ge-       beenden das Stück in frenetischem Tempo.“
prägt war. Connesson ließ sich nie von Moden oder
gar Direktiven beeinflussen und bevorzugt es, die                                          Pedro Obiera
vielfältigen Möglichkeiten der Musik spielerisch
auszuschöpfen. Stilistisch wandelt er wie ein Tau-
sendsassa zwischen neoklassizistischen Tradi-
tionen des frühen 20. Jahrhunderts, prachtvoller
Symphonik und experimentellen Techniken umher.
Mittlerweile Direktor des Conservatoire National
de Région d’Aubervilliers, spürt er auch nicht die
geringsten Berührungsängste mit aktuellen Strö-
mungen wie der Techno Musik. Das schlägt sich
bereits im Titel seines Trios Techno Parade nieder.
Trotz des Titels sind Ähnlichkeiten mit den quirli-
gen, neoklassizistisch angehauchten Bläsermusiken
von Jacques Ibert oder Jean Françaix nicht aus-
geschlossen.

Der Komponist erläutert sein kurzes, nicht einmal
fünf Minuten dauerndes Werk so: „Geschrieben für
Flöte, Klarinette und Klavier, besteht meine Techno
Parade aus einem Satz mit einem beständigen Beat
von Anfang bis Ende. Zwei ansteckend vitale Motive
wirbeln herum und knallen aufeinander, was dem
Stück zugleich einen festlichen und verstörenden
Charakter verleiht. Das Heulen der Klarinette und
die obsessiven Patterns des Klaviers versuchen, die
rohe Energie von Techno Musik nachzuahmen. In
der Mitte des Stückes jagen der Pianist und sein
Notenwender die Rhythmen mit einer Bürste und
mit Notenpapier (platziert auf den Saiten des In-
struments), begleitet von den gequälten Klängen
der Flöte (die mehr wie eine Snare Drum klingt) und
den Glissandi der Klarinette. Nach dieser perkus-

                                                                            SPANNUNGEN:
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                                                                                           WERKBESCHREIBUNG

WOLFGANG ERICH KORNGOLD (1897-1957)
Quintett für Klavier, 2 Violinen,Viola und Violoncello E-Dur, op. 15
(1920-23)
I Mäßiges Zeitmaß, mit schwungvoll blühendem Ausdruck
II Adagio. Mit großer Ruhe, stets äußerst ausdrucksvoll
III Finale. Gemessen, beinahe pathetisch

Wenn jemand mit Fug und Recht als „Wunderkind“         der Zeit, mit seinem ausladenden symphonischen
bezeichnet werden darf, dann ist es Erich Wolfgang     Zuschnitt den Einfluss von Johannes Brahms nicht
Korngold. Der Sohn des seinerzeit einflussreichsten    verbergen kann. Anders als Schönberg verließ
Musikkritikers Wiens war gerade zehn Jahre jung,       Korngold die tonale Ebene jedoch nie. Korngolds
als er Gustav Mahler vorspielte, der ihn als „Genie“   Zeitgenosse Rudolf Felber hob als herausragen-
bezeichnete und in die Kompositionsklasse von          de, geradezu programmatische Eigenschaften des
Alexander Zemlinsky schickte, dem Lehrer von           Werks „Leidenschaft und Liebe“ hervor, was dem
Arnold Schönberg. Im Alter von 13 Jahren versetzte     Überschwang des in seiner melodischen Plastizität
er Richard Strauss mit seinem Talent in „Furcht        bereits den Filmmusiker ankündigenden Kompo-
und Schrecken“, wie Strauss bekannte. Korngolds        nisten durchaus gerecht wird.
Erfolgskurve hielt an und der 23-jährige erzielte
mit seiner Oper Die tote Stadt nach der von Otto                                             Pedro Obiera
Klemperer geleiteten Kölner Uraufführung einen
Welterfolg.

Mit der Machtergreifung der Nazis fand diese
glanzvolle Karriere ein abruptes Ende. Allerdings
hatte Korngold das Glück, bereits 1934 von Max
Reinhardt für die musikalische Gestaltung einer
Verfilmung des Sommernachtstraums in die USA
eingeladen zu sein. Mit dem Anschluss Österreichs
an das Deutsche Reich 1938 blieb Korngold in
Amerika und konnte sich dort als Filmkomponist
eine zweite Karriere aufbauen.

Wie viele spätromantische Komponisten, ein-
schließlich Gustav Mahler und Richard Strauss,
entstanden auch Korngolds kammermusikalische
Werke nahezu ausschließlich in der frühen Phase
ihrer Entwicklung. So auch das Klavierquintett in
E-Dur op. 15, das, typisch für die Kammermusik

                                                                              SPANNUNGEN:
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