Sportdaten - Systematisierung für Schutz und Sicherheit
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Aufsätze 4/2020 163 Sportdaten – Systematisierung für Schutz und Sicherheit Prof. Dr. Klaus Vieweg, Erlangen* Vielfalt und Menge personenbezogener Sportdaten be- speicherte Informationen erfasst, sondern auch Papier- dürfen der Systematisierung, um den Vorgaben den dokumente und Akten. DS-GVO zum Datenschutz und zur Datensicherheit Art. 9 Abs. 1 DS-GVO nennt besonders schutzwür- in der Praxis Rechnung tragen zu können. Vorgeschla- dige personenbezogene Daten, deren Verarbeitung gen wird die Bildung von acht Kategorien, die insbes. nur ausnahmsweise zulässig ist. Hierbei handelt es mit Blick auf die Zulässigkeitsprüfungen unterschied- sich um solche personenbezogenen Daten, aus denen lich zu handhaben sind. Für die Zulässigkeitsprüfung die rassische und ethnische Herkunft, politische Mei- wird ein Vorgehen in drei Schritten empfohlen. nungen, religiöse und weltanschauliche Überzeugun- gen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervor- gehen, sowie um genetische Daten, biometrische Da- I. Einleitung ten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexual- Die komplexe Vielfalt des Sports – forciert durch Pro- leben oder zur sexuellen Orientierung einer natürli- fessionalisierung und Kommerzialisierung sowie ra- chen Person. sante technische Entwicklungen wie die Digitalisie- Als Sportdaten können personenbezogenen Daten rung und das Internet – hat zu einer kaum zu über- bezeichnet werden, die mit den Erscheinungsformen schauenden Menge an Daten geführt. Mit der Europä- und Wirkungen des Sports in seiner ganzen Vielfalt im ischen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sind Zusammenhang stehen. Dazu gehören insbes. die Mit- Datenschutz und -sicherheit, nicht zuletzt wegen der gliedschaft in Sportorganisationen (Vereinen, Verbän- drohenden Bußgelder bei Verstößen, intensiv in den den, Fitness-Studios), die sportliche Betätigung in Blick der Sportverantwortlichen gerückt. Für sie stel- Training und Wettkampf, der sportrelevante physi- len sich insbes. folgende Fragen: Welche Informatio- sche und psychische Zustand der betroffenen Sport- nen sind Daten i. S. d. DS-GVO und der Datenschutz- lerinnen und Sportler, die Veranstaltung und mediale gesetze von Bund und Ländern? Wer darf diese Daten Verwertung von Sportereignissen sowie die Beziehun- unter welchen Voraussetzungen generieren? Wem „ge- gen zu Spendern, Sponsoren und Partnern aus der hören“ sie? Unter welchen Voraussetzungen dürfen Wirtschaft. sie zu welchem Zwecken verwertet werden? Wie müs- sen sie gesichert werden? Wann müssen sie gelöscht Die den Sport betreffenden Definitions- und Ab- werden? grenzungsprobleme – unter anderem bzgl. Angeln, Schach und e-Sport – setzen sich bei den Sportdaten Die Antworten auf diese Fragen müssen differenzie- fort. Auf sie kann hier nicht eingegangen werden. ren nach den Sportverantwortlichen, ihrer Beziehung Spieldaten, Tracking-Daten1 und Leistungsdaten2 sind zum betroffenen Personenkreis, nach Art und Funk- wichtige Unterkategorien der Sportdaten. tion der Daten sowie nach dem Zweck ihrer Erhebung und Verwertung. Nach kurzem Eingehen auf die Be- griffe (dazu II.) wird der Versuch unternommen, die III. Systematisierung Vielfalt der Sportdaten so zu systematisieren, dass die Sportverantwortlichen im Überblick erfassen können, Vielfalt und Menge der Sportdaten einerseits und die was sie beachten müssen, um ihrer Verantwortung von den Verantwortlichen zu beachtenden unter- gerecht werden zu können (dazu III.). Hierzu werden schiedlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Erhe- einige Empfehlungen unterbreitet, die die wesentlichen bung und Verwertung dieser personenbezogenen Da- Grundsätze des Datenschutzes und der Datensicher- ten andererseits legen es nahe, eine Systematisierung heit sowie die gesetzlich vorgegebenen Varianten zu versuchen, die den Verantwortlichen die praktische rechtmäßiger Datenverarbeitung in den Blick nehmen Handhabung erleichtert und Verstöße vermeiden hilft. (dazu IV.). 1. Systematisierungskriterien II. Begriffe Zweckmäßigerweise knüpft eine Systematisierung an die verschiedenen Anlässe und Zwecke der Erhebung Personenbezogene Daten i. S. d. Datenschutzrechts der Sportdaten an. Hieraus ergeben sich insbes. fol- sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte gende Kategorien: oder identifizierbare natürliche Person („betroffene • Organisationsdaten: Daten, die Begründung, Be- Person“) beziehen (Art. 4 Nr. 1 DS-GVO). Erfasst stand und Beendigung einer rechtlichen Dauer- sind damit nicht nur sensible, sondern auch allgemeine beziehung zwischen einer Sportorganisation und Informationen, die einer natürlichen Person zugeord- einer betroffenen Person betreffen. net werden können. Auch kommt es nicht darauf an, • Wettkampfdaten: die mit der Teilnahme an einem auf welchem Träger die Information gespeichert ist. konkreten Wettkampf oder einer Wettkampfserie Damit sind nicht nur elektronisch im Computer ge- verbundenen Daten. * Der Autor war Inhaber des Erlanger Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, • Trainingsdaten: die im Training generierten Daten. Rechtsinformatik, Technik- und Wirtschaftsrecht und ist Geschäftsfüh- rer der dortigen Forschungsstelle für Deutsches und Internationales 1 S. Karlin/L.Endrös, SpuRt 2019, 198 ff. Sportrecht. 2 N. Winter, SpuRt 2020, (168 in diesem Heft).
164 4/2020 Aufsätze • Aufenthaltsdaten: informieren über den Aufenthalt 3. Wettkampfdaten von Sportlerinnen und Sportlern, insbes. zu Zwe- Im professionalisierten und kommerzialisierten Sport cken der Dopingkontrolle außerhalb von Wett- sind Wettkampfdaten – bei den Ballsportarten kann kämpfen. man von Spieldaten sprechen – mit Personenbezug das • Medizinische Untersuchungsdaten: die durch medi- neue Geld im digitalen Zeitalter. Wem diese Daten zinische Untersuchungen außerhalb von Wett- „gehören“ und unter welchen Voraussetzungen sie kampf und Training gewonnenen und analysierten erhoben und verwertet werden dürfen, sind deshalb Daten. zentrale Fragen. Zu deren Beantwortung werden im • Sonstige Veranstaltungsdaten: betreffen Veranstal- Wesentlichen drei Ansätze vertreten, die an folgende tungen mit Sportbezug, aber ohne Wettkampfcha- Rechtspositionen4 anknüpfen: rakter. • das allgemeine Persönlichkeitsrecht, speziell das • Anlassdaten: umfassen Informationen über sport- Datenschutzrecht (auf informationelle Selbst- fremde Anlässe mit Bezug zu sportaffinen Per- bestimmung) der Sportlerinnen und Sportler, sonen. • das Urheberrecht der Veranstalter, Produzenten • Spender- und Sponsorendaten sowie Wirtschafts- und Datenbankhersteller sowie partnerdaten: betreffen die relevanten Informatio- • die sachenrechtliche Eigentumsposition und das nen über Spender, Sponsoren und Wirtschaftspart- Hausrecht. ner. Im Hinblick auf ihre spezifische datenschutzrecht- liche Behandlung lassen sich folgende Unterkategorien 2. Organisationsdaten der Wettkampfdaten bilden: Bei den Organisationsdaten – sie können auch als Stammdaten oder Verwaltungsdaten bezeichnet wer- a) Teilnahmedaten den – handelt es sich um Informationen, die für Be- Die Teilnahme kann sich auf einen konkreten, nach gründung und Bestand der auf gewisse Dauer angeleg- Veranstalter, Zeit und Ort bestimmten Wettkampf ten (Rechts-)Beziehung zwischen einer Sportorganisa- oder eine Wettkampfsaison beziehen. Die Teilnahme- tion und einer betroffenen Person relevant sind. daten umfassen die Identifikation der Teilnehmer und Teilnehmerinnen (Name, evtl. Jahrgang, Verein etc.), Zu den Sportorganisationen im weiteren Sinn sind die Erfüllung der Teilnahmevoraussetzungen (sport- nicht nur die Sportvereine und -verbände, die rechtlich liche Qualifikation, Meldung/Nominierung, Start- verselbstständigten Sportligen und etwaige Sportkapi- berechtigung/Lizenz und Einverständniserklärung mit talgesellschaften zu zählen, sondern auch Fitness-Stu- dem Wettkampfreglement). Auch die Teilnahme der dios, Tanzschulen und sonstige Sportanbieter und Kampf-/Schiedsrichter, Trainer und sonstigen Betreuer -träger (Schulen, Hochschulen, Volkshochschulen, Re- sowie individualisierter Zuschauer lässt sich dieser ha-Anbieter). Kategorie zuordnen. Teilnahmedaten behinderter So sind bei Sportvereinen die für die Mitgliedschaft Sportlerinnen und Sportler haben zwangsläufig immer relevanten Informationen (Name, ladungsfähige Bezug zum gesundheitlichen Handicap. Adresse, evtl. Geburtsdatum, bei Minderjährigen die Erziehungsberechtigten, der Status als aktiv oder pas- b) Ereignis- und Ergebnisdaten siv bzw. fördernd, evtl. Geschlecht, die gewählte Ereignisdaten sind sportartspezifisch und haben im We- Sportart für die Zuordnung zur passenden Abteilung sentlichen statistischen Wert. Im Tennis werden z. B. in Mehrspartenvereinen) zweckgebunden und erfor- Spiele, Sätze, Asse und Doppelfehler, im Fußball5 etwa derlich. Auch die vom Deutschen Institut für Nor- die Zahl der Tore und Torschüsse, der Vorlagen, Ball- mung e. V. (DIN) 2019 veröffentlichte Empfehlung kontakte und Fouls sowie die Laufleistungen erfasst. einer 16-stelligen Sport-ID-Nummer3 zählt zu den Or- Wettkampfergebnisse – individuell oder kumuliert ganisationsdaten. Für Funktionsträger wie den Vor- für das Mannschaftsergebnis – sind die zentralen stand i. S. d. 26 BGB sind die für die Registeranmel- Sportdaten. Sie werden generiert durch die individuel- dung gesetzlich vorgegebenen Angaben maßgeblich, le Leistung der Sportlerinnen und Sportler. Sie haben für Trainer die Inhaberschaft der erforderlichen Li- Personenbezug. Vereinzelt wird diskutiert, ob der zenz. Ein ärztliches Attest (Tauchsporttauglichkeit) sportlichen Darbietung urheberrechtliche Qualität zu- gehört z.B. in Tauchsportvereinen zu den erforderli- kommt.6 Jedenfalls trägt auch der Sportveranstalter, chen Daten, ebenso die Angaben zum Waffenerwerb der Sportstätte, Messgeräte, Organisation, Personal und -besitz in Schießsportvereinen ( 14 WaffenG). und EDV zur Verfügung stellt, zur Feststellung der Im professionellen Sport ergeben sich die relevanten Wettkampfergebnisse bei, und zwar sowohl hinsicht- Daten idealerweise aus den Anstellungsverträgen wie lich der individuellen Leistung als auch für die Zusam- den Lizenzspielerverträgen im Fußball. menstellung der Ergebnislisten, aus der sich z. B. die Bei den Sportverbänden gehören z. B. die Aufnahme individuelle Platzierung ergibt. Nahe liegt deshalb die in einen Kader oder eine Auswahlmannschaft sowie bei der NADA die Aufnahme in einen Testpool zu den 4 Vgl. hierzu K. Vieweg, Die Auswertung von Fahrzeugdaten bei der Unfallanalyse – Rechtliche Grundlagen und Grenzen, in: Deutsche Aka- personenbezogenen Organisationsdaten. demie für Verkehrswissenschaft e. V. (Hrsg.), 45. Deutscher Verkehrs- gerichtstag 2007, Hamburg 2007, S. 292–307; A. Ohly, Digitale Daten- 3 Mit der DIN SPECH 91396 „Digitalisierung von Teilnehmererkennun- banken aus immaterialgüter- und persönlichkeitsrechtlicher Sicht, in: K. gen im Sport – numerischer Aufbau und Schnittstellendefinition“ soll ein Vieweg/H. Gerhäuser (Hrsg.), Digitale Daten in Geräten und Systemen, übergreifender Standard für das digitale Mitgliedermanagement von Köln 2010, S. 123 ff. Sportvereinen und -verbänden geschaffen werden. Hierzu A 4 – Das 5 S. Karlin/L.Endrös, SpuRt 2019, 198 (198 f). DIN-Magazin Ausgabe 02/19, S. 36 f. Die digitale Mitgliederverwaltung 6 C. Morgenroth, Interesse als Einfluss- und Entscheidungsfaktor im auf Basis einer datenschutzkonformen Cloudlösung wird für die ca. Sportrecht am Beispiel des Sportsponsoring, in: K. Vieweg (Hrsg.), Ak- 12.000 bayerischen Sportvereine durch die Plattform BLSVdigital Basis zente des Sportrechts, Berlin 2012, S. 287 (300); zurecht ablehnend S. angeboten, siehe DOSB-Presse Nr.20 vom 12. 5. 2020, S. 10. Karlin/L.Endrös, SpuRt 2019, 198 (199).
Aufsätze 4/2020 165 Annahme einer Co-Inhaberschaft von Sportler/in und sonstige Kommentare des Sportgeschehens14. Trainer- Veranstalter. Dies hat Konsequenzen für die Nutzung, ansagen in der Auszeit – so im Handball – und dem- insbes. die Bekanntgabe durch Aushang, Pressemittei- nächst wohl auch in der Kabine während der Halb- lung und Internetpräsentation. zeitpause markieren einen neuen Trend. c) Positions- und Bewegungsdaten h) Foto- und Filmdaten Als traditionelle Positions- und Bewegungsdaten sind Die Medialisierung des Sports, insbes. der sog. Events, die Schachzüge berühmter Großmeister in Erinnerung. hat nicht nur die Sportfotografie in ihrer Bedeutung Im digitalen Zeitalter erlaubt die sensor- und chip- gestärkt. Fernsehen und Internet wirken als Treiber gestützte Funktechnologie die Generierung von Positi- der technischen Entwicklung von Bewegtbildern, die ons- und Bewegungsdaten in Echtzeit. Sie werden auch individuelle Personen (Sportler, Schiedsrichter, auch Tracking-Daten7 genannt. Im Skispringen zeigt Trainer, Zuschauer) zeigen. Auch bei diesen für das z. B. ein 30,7 g schwerer Chip Geschwindigkeit, Flug- Fernsehen und das Internet produzierten Bewegtbil- höhe in jeder Phase des Fluges, den Winkel der V- dern handelt es sich um Daten. Deren rechtliche Zu- Stellung und die Aufkantung der Ski an.8 Im Fußball ordnung ist geradezu ein „Klassiker“ des Sportrechts. wird ein Chip-Sensoren-System von Kinexon und SAP Dem Veranstalter15 steht über das Hausrecht das eingesetzt, das unter anderem Positionsdaten, Ge- Recht zu, Bewegtbilder selbst zu produzieren oder schwindigkeit und Laufwege anzeigt.9 Der kommer- produzieren zu lassen.16 Die rechtliche Position der zielle Nutzungswert10 dieser Daten steht außer Frage. Sportlerinnen und Sportler ist durch das Kunsturhe- Auch die vorwiegend im Breitensport verwendeten bergesetz (KUG) vorgezeichnet. Maßgeblich ist, ob es sog. Wearables11 liefern mit Standort und Schritt- sich dabei um eine „Person der Zeitgeschichte“ i. S. d. anzahl Positions- und Bewegungsdaten. 23 KUG handelt. Das Recht auf Kurzberichterstat- d) Leistungs- und Belastungsdaten (Fitnessdaten) tung17, das Laufbildrecht gem. 19 Abs. 4 UrhG und Der Einsatz moderner Technologien ermöglicht die die Diskussion um die Schaffung eines speziellen Leis- hochpräzise Generierung der Herz- und Atemfre- tungsschutzrechts für Sportveranstalter18 sind in die- quenzdaten, die die Grundlage für eine Leistungs- und sem Zusammenhang zu erwähnen. Nahe liegt auch Belastungsanalyse beinahe in Echtzeit bilden. Sie kön- hier die Annahme einer Co-Inhaberschaft von Ver- nen damit eine wertvolle Entscheidungsgrundlage für anstalter und Produzent des Sendesignals. den Trainer sein, ob der Spieler weiterspielen soll oder ob er besser ersetzt wird. Bei diesen Daten handelt es 4. Trainingsdaten sich um Gesundheitsdaten i. S. v. Art. 9 Abs. 1 DS- GVO, die erhöhten Schutzanforderungen unterliegen. Hinsichtlich der Trainingsdaten ergeben sich einige Parallelen zu den Wettkampfdaten. Praktische Bedeu- e) Verletzungs- und Krankheitsdaten tung haben die Positions- und Bewegungsdaten, die Verletzungs- und krankheitsbedingte Leistungsdefizite Leistungs- und Belastungsdaten19 sowie die Foto- und sind im Wettkampfsport an der Tagesordnung. Positi- Filmdaten. Diese Daten werden in erster Linie für ve Covid-19-Tests und eine damit verbundene Quaran- interne Zwecke erhoben und genutzt. In Betracht zu täne erzielen derzeit besondere Aufmerksamkeit. Zu ziehen ist aber auch die Verwendung der Leistungs- den Verletzungs- und Krankheitsdaten zählen auch et- und Belastungsdaten eines Profispielers im Rahmen waige Operationen und Reha-Maßnahmen. Alle diese von Transferverhandlungen sowie die Nutzung von Informationen unterliegen grundsätzlich der ärztlichen Sprach-, Foto- und Filmdaten für Lehrmaterialien. Schweigepflicht und sind besonders zu schützende per- sonenbezogene Daten i. S. d. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO. Bei dem verletzungsbedingten Ausfall eines zentralen 5. Aufenthaltsdaten Spielers einer börsennotierten Fußball-Kapitalgesell- Aufenthaltsdaten ohne konkreten Wettkampf- und schaft kann dies gem. 17 MMVO vor kursrelevanten Trainingsbezug spielen im Rahmen der Dopingkon- Spielen zu einer entsprechenden Publizitätspflicht füh- trolle eine große Rolle. Art. 6 NADA-Code und das ren, die datenschutzrechtlich zu berücksichtigen ist. von der WADA eingeführte Anti-Doping Administra- f) Dopinganalysedaten tion & Management System (ADAMS) verpflichten Bei den Analyseergebnissen sog. Wettkampfkontrol- die Athletinnen und Athleten mit erheblichem Vorlauf len12 handelt es sich ebenfalls um Gesundheitsdaten zu präzisen Aufenthaltsangaben, um überraschende i. S. v. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO. Dopingkontrollen zu ermöglichen.20 g) Sprachdaten 14 Legendär: die Wutausbrüche von J. McEnroe. Zu den Sprachdaten zählen zum einen die Interviews 15 Vgl. zum Veranstalter-Begriff H. Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, Berlin 1999, S. 44 ff.; R. M. Hilty/F. Henning-Bode- von Sportlern und Trainern13 und zum andern deren wig, Leistungsschutzrechte zugunsten von Sportveranstaltern? Rechts- gutachten, Stuttgart 2007, S. 54 f. 7 S. Karlin/L.Endrös, SpuRt 2019, 198 (199). 16 BGH, ZUM 1990, 522 f.; H. Waldhauser (Fn. 15), S. 68 ff.; Praxishand- 8 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. 12. 2017, S. 28. buch Sportrecht/Summerer 3. Aufl., München 2014, IV 2 Rn. 88. 9 A. Höpner, Handelsblatt vom 8. 10. 2018 https://www.handels- 17 BVerfG, 1 BvF 1/91 vom 17. 2. 20199 = BVerfGE 97, 228 ff; EuGH, Urt. blatt.com/unternehmen/it-medien/sportanalyse-start-up-kinexon-ist-auf- vom 22. 1. 2013 (C-283/11) – Sky Österreich. dem-weg-zur-milliardenbewertung/23152600.html. 18 R. M. Hilty/F. Henning-Bodewig (Fn. 15), S.67 ff. 10 Dazu näher S. Karlin/L.Endrös, SpuRt 2019, 198. 19 Dazu eindrucksvoll der Beitrag des Mannschaftsarztes des VfB Stuttgart 11 Dazu A. Heuberger, Wearables, in K. Vieweg (Hrsg.), Festgabe Institut Prof. Dr. Dr. H. Striegel, Digitalisierung im medizinischen und trainings- für Recht und Technik, Köln 2017, S. 397 ff. wissenschaftlichen Bereich, in K. Vieweg (Hrsg.), Rechtsfragen der Digi- 12 Hierzu schon unter Einbeziehung der datenschutzrechtlichen Beurteilung talisierung im Sport, Stuttgart 2020, S. 9 ff. K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme zum Zwecke 20 Die datenschutzrechtliche Problematik wird deutlich in der umfangrei- der Dopingkontrolle, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), chen Untersuchung von J. Niewalda, Dopingkontrollen im Konflikt mit Blut und/oder Urin zur Dopinganalytik, Schorndorf 1996, S. 89 – 126. allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Datenschutz, Berlin 2011, S. 487- 13 Legendär G.Trappatoni: „Was erlaube Strunz? Ich habe fertig.“ 577.
166 4/2020 Aufsätze 6. Medizinische Untersuchungsdaten thodisches Vorgehen könnte darin bestehen, in einem ersten Schritt die gesetzlich vorgegebenen Ansätze einer Außerhalb von Wettkampf und Training können rechtmäßigen Datenverarbeitung und die für die Ein- sportmedizinische Untersuchungen turnusmäßig oder zelprüfung relevanten Prinzipien des Datenschutzes anlassbezogen erfolgen. Zu den turnusmäßigen Unter- und der Datensicherheit zusammenzustellen. In einem suchungen zählen z. B. die der Kader-Athletinnen und zweiten Schritt wären die konkret in Frage stehenden -Athleten. Anlassbezogen sind z. B. die Untersuchung Sportdaten zu identifizieren und mit den Verarbei- auf Tauchsporttauglichkeit und der Gesundheitscheck tungstätigkeiten in einem Verzeichnis gem. Art. 30 DS- im Zusammenhang mit dem geplanten Transfer eines GVO aufzulisten. Im dritten Schritt könnte dann die Profifußballers. Die gewonnenen Daten unterfallen konkrete Zulässigkeitsprüfung im Einzelfall erfolgen. dem besonderen Schutz des Art. 9 Abs. 1 DS-GVO. 1. Ausgangspunkt: Der gesetzliche Rahmen 7. Sonstige Veranstaltungsdaten Ausgangspunkt für die Bestimmung der Rechtmäßig- Neben den Wettkämpfen gibt es eine Reihe von Ver- keit der Verarbeitung personenbezogener Daten ist anstaltungen mit Sportbezug und entsprechenden Art. 6 Abs. 1 DS-GVO – der Funktion nach ein Ver- Sportdaten. Zu erwähnen sind insbes. Aus- und Fort- bot mit Erlaubnisvorbehalt. Danach kommt es darauf bildungslehrgänge, Tagungen, Neujahrsempfänge und an, ob einer der folgenden Tatbestände vorliegt: Feiern (Stiftungsfeste, Jubiläen, Ehrungen). Teilneh- • Die betroffene Person hat ihre Einwilligung erklärt merlisten, Fotos und Videoaufzeichnungen gehören zu oder dieser Datenkategorie. • die Verarbeitung ist zur Erfüllung eines Vertrages oder zur Durchfüh- 8. Anlassdaten rung vorvertraglicher Maßnahmen, Bei Personen mit Sportbezug sind Geburtstage und zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, Familiennachrichten – etwa die Hochzeit oder die Ge- zum Schutze lebenswichtiger Interessen, burt eines Kindes – personenbezogene Sportdaten. zur Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffent- lichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher 9. Spender- und Sponsorendaten sowie Daten von Gewalt oder Wirtschaftspartnern aufgrund einer Interessenabwägung erforderlich. Spenden und Sponsoring sind in vielen Bereichen des Ausgangspunkt für die Bestimmung der Daten- Sports unverzichtbar. Die personenbezogenen Infor- schutz-Prinzipien ist ebenfalls Art. 6 Abs.1 DS-GVO. mationen über Spender und Sponsoren (Name, Bezie- Das darin zum Ausdruck kommende Grundanliegen hung zur geförderten Sportorganisation, Förderbetrag wird durch eine Reihe datenschutzrechtlicher Grund- etc.) können als Spender- und Sponsorendaten be- sätze umgesetzt: zeichnet werden. Zu dieser Kategorie lassen sich eben- • Der in 4 Abs.2 S.1 BDSG a. F. geregelte Grund- falls die Daten von persönlichen Partnern aus der satz der Direkterhebung personenbezogener Daten Wirtschaft (Medien, Marketing etc.) rechnen. beim Betroffenen findet zwar in der DS-GVO keine ausdrückliche Entsprechung. Diese unterscheidet aber – mit Blick auf die Transparenz – zwischen IV. Empfehlungen für die Praxis der Datenerhebung beim Betroffenen und der Da- tenerhebung ohne Mitwirkung des Betroffenen. DOSB21 und einige Landesdatenschutzbeauftragte22 Die Informationspflichten sind entsprechend unter- haben wertvolle Handreichungen für die Praxis ver- schiedlich geregelt (Art. 13 und 14 DS-GVO). öffentlicht. Adressaten sind in erster Linie die in den • Nach dem Transparenzgebot (Art. 5 Abs. 1 lit. a (Sport-)Vereinen Verantwortlichen. Wissenschaftliche DS-GVO) müssen personenbezogene Daten in ei- Veröffentlichungen zu speziellen Sportdaten betreffen ner für die betroffene Person nachvollziehbaren vorrangig die Dopingproblematik23 und die im Pro- Weise verarbeitet werden. fifußball24 generierten Daten. Ein übergreifendes me- • Der Grundsatz der Zweckbindung (Art. 5 Abs.1 lit. b DS-GVO) besagt, dass personenbezogene Da- 21 https://ehrenamt.dosb.de/news/details/news/datenschutz-handlungsemp- fehlungen-fuer-vereine-undverbaen de/?tx_news_pi1 %5Bcontroller% ten für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke 5D=News&tx_news_pi1 %5Baction%5D=de- erhoben und nicht in einer mit diesen Zwecken tail&cHash=bde50ead2e0c8a1b288728795d2b412f nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet 22 Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein- Westfalen (Hrsg.), Datenschutz im Verein nach der Datenschutz-Grund- werden dürfen. verordnung (DS-GVO), November 2018; Landesbeauftragter für den • Der Grundsatz der Erforderlichkeit besagt, dass Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz, Datenschutz im Verein unter Berücksichtigung der Datenschutz-Grundverordnung – die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung per- Die 10 wichtigsten Hinweise für Vereinsvorstände und andere Personen, sonenbezogener Daten nur zulässig ist, wenn sie die im Verein mit datenschutzrechtlichen Belangen befasst sind, Stand: zur rechtmäßigen Erfüllung der Aufgaben der da- 3. 5. 2018. Informativ, insbes. mit Blick auf neue Technologien wie RFID ist der Beitrag des seinerzeitigen Schweizer Datenschutzbeauftrag- tenverarbeitenden Stelle für den damit verbunde- ten B. Baeriswyl, Datenschutzrecht und Sport, in: O. Arter/M. Baddeley nen Zweck erforderlich ist.25 Dieser Grundsatz ist (Hrsg.), Sport und Recht, Bern 2006, S. 133 ff. (auch abrufbar unter zwar nicht ausdrücklich normiert, wird aber in https://dsb.zh.ch/internet/datenschutzbeauftragter/de/publikationen/fach- publikationen/_jcr_content/contentPar/downllist/downloaditems/daten- Art. 25 Abs. 2 DS-GVO umgesetzt. Danach soll schutzrecht_und.spooler.download.1485878412368.pdf/Datenschutz- durch geeignete technische und organisatorische recht_und_Sport.pdf. 23 J. Niewalda, Dopingkontrollen im Konflikt mit allgemeinem Persönlich- Maßnahmen sichergestellt werden, dass durch Vor- keitsrecht und Datenschutz, 2011; L. Mortsiefer, Datenschutz im Anti- Doping-Kampf, 2010. 25 Eingehend zum Grundsatz der Erforderlichkeit Wolff, in: Wolff/Brink, 24 S. Karlin/L.Endrös, SpuRt 2019, 198 ff.; N. Winter, SpuRt 2020, (168 in Beck OK Datenschutzrecht, Grundlagen und bereichsspezifischer Daten- diesem Heft). schutz, Rn. 25.
Aufsätze 4/2020 167 einstellung grundsätzlich nur personenbezogene Problemen. Welche personenbezogenen Daten sind Daten verarbeitet werden, deren Verarbeitung für für die Erfüllung des Vertrags mit der betroffenen den jeweiligen Verarbeitungszweck erforderlich ist. Person wirklich erforderlich? Wann ist die Verarbei- • Dem Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 tung zur Wahrung des berechtigten Interesses des für Abs. 1 lit. c DS-GVO) zufolge müssen personenbe- die Verarbeitung Verantwortlichen erforderlich, ohne zogene Daten dem Zweck angemessen und erheb- dass die Interessen oder Grundrechte und Grundfrei- lich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung heiten der betroffenen Person überwiegen? Sind die notwendige Maß beschränkt sein. Art. 25 Abs.1 Anforderungen der Einwilligung der betroffenen Per- DS-GVO nimmt darauf Bezug und nennt die Pseu- son erfüllt? – Gem. Art. 4 Nr. 11 DS-GVO muss es donymisierung als Mittel des Datenschutzes durch sich um eine freiwillig für den bestimmten Fall, in Technikgestaltung. informierter Weise und unmissverständlich abgegebe- • Der Grundsatz der sachlichen Richtigkeit per- ne Willensbekundung in Form einer Erklärung oder sonenbezogener Daten (Art. 5 Abs. 1 lit. d DS- einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung GVO) betrifft unter anderem die Aktualität der handeln, mit der die betroffene Person zu verstehen Information. gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden • Der Grundsatz der Integrität und Vertraulichkeit personenbezogenen Daten einverstanden ist. der Daten (Art. 5 Abs. 1 lit. f DS-GVO) soll ein Die Schwierigkeiten mit der Erfüllung der Anforde- dem Risiko angemessenes Schutzniveau personen- rungen an eine rechtskonforme Einwilligung sind hin- bezogener Daten gewährleisten. Hierzu gehören länglich bekannt. Ebenso klar ist, dass Interessenbe- der Schutz vor unbefugter und unrechtmäßiger wertungen, insbes. als vor- oder nachrangig, sehr un- Verarbeitung sowie vor unbeabsichtigtem Verlust, terschiedlich ausfallen können. Das Beispiel der Ver- unbeabsichtigter Zerstörung oder Schädigung. Die- öffentlichung von Dopingsanktionen zeigt dies ser Schutz wird erreicht z. B. durch Verschlüsse- überaus deutlich. Art. 14.3.2 NADA-Code sieht die lung, Pseudonymisierung oder regelmäßige Ba- Veröffentlichung des rechtskräftig festgestellten Ver- ckups der Daten (Art. 32 DS-GVO).26 stoßes gegen Anti-Doping-Bestimmungen mit Anga- ben u. a. zur Sportart, zur verbotenen Substanz oder 2. Praktische Handhabung Methode und zum Namen des Athleten vor. Die DIS- a) Zusammenstellung der identifizierten und verarbei- Sport-Schiedsgerichtsordnung erlaubt der DIS in 42 teten Sportdaten die Veröffentlichung des Schiedsspruchs, falls die Für die Sportdatenverantwortlichen empfiehlt es sich, Schiedsparteien dies nicht übereinstimmend frist- mit dem nötigen Problembewusstsein die in ihrer Or- gemäß ausgeschlossen haben. In den Sonderbestim- ganisation erhobenen Sportdaten systematisch zu er- mungen für Anti-Doping-Streitigkeiten wird in 63 fassen und die betreffenden Verarbeitungstätigkeiten diese Regelung dahingehend modifiziert, dass Ver- zu dokumentieren. Diese Verfahrensweise entspricht öffentlichungspflichten, die sich aus anwendbaren An- Art. 30 DS-GVO. Dabei ist die weite Definition des ti-Doping-Bestimmungen ergeben, zu beachten sind. Begriffs der Verarbeitung zu berücksichtigen. Danach Demgemäß soll eine Entscheidung, die einen Verstoß ist Verarbeitung jeder mit oder ohne Hilfe automati- gegen Anti-Doping-Bestimmungen feststellt, veröffent- sierter Verfahren ausgeführte Vorgang oder jede sol- licht werden. Regelungszweck dieser Bestimmungen cher Vorgangsreihen im Zusammenhang mit per- ist zum einen die Information der Öffentlichkeit28 und sonenbezogenen Daten. Klarstellend nennt Art. 4 zum andern wohl auch der Gedanke an eine general- Nr. 2 DS-GVO mehrere Phasen: das Erheben, das präventive Wirkung und an die wünschenswerte Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speiche- Rechtsfortbildung. Ob diese undifferenzierten Rege- rung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, lungen einer staatlich-gerichtlichen Inhaltskontrolle, die Verwendung, das Abfragen, die Verwertung, die die letztlich auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz Offenlegung, die Übermittlung, die Verteilung oder der praktischen Konkordanz und der Verhältnis- eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich mäßigkeit hinauslaufen würde,29 standhalten können, oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Lö- mag immerhin bezweifelt werden.30 schen oder die Vernichtung. Unter dem Aspekt der Bereitstellung ist z. B. die V. Zusammenfassung Kommunikation per Email oder WhatsApp27 wegen der damit – selbst bei Verschlüsselung – verbundenen Vielfalt und Menge personenbezogener Sportdaten be- Sicherheitsproblematik zu dokumentieren. dürfen der Systematisierung, um den Vorgaben den b) Konkrete Zulässigkeitsprüfung DS-GVO zum Datenschutz und zur Datensicherheit in Die mit konkretem Bezug zu Art. 6 Abs.1 DS-GVO der Praxis Rechnung tragen zu können. Vorgeschla- vorzunehmende Prüfung der Zulässigkeit der Ver- gen wird die Bildung von acht Kategorien, die insbes. arbeitung von Sportdaten begegnet häufig praktischen mit Blick auf die Zulässigkeitsprüfungen unterschied- lich zu handhaben sind. In einem ersten Schritt wird 26 Zu informativen Einzelheiten siehe Fraunhofer IOSB/FH Bielefeld, Guide – Leitlinien für den Datenschutz in der wissenschaftlichen Forschung zu 28 Die Überschrift im NADA-Code lautet „14.3. Information der Öffent- Aspekten der Mensch-Technik-Interaktion, S.33 f. sowie die Checkliste lichkeit“. TOM zur Datensicherheit gem. Art. 32 DS-GVO abrufbar unter https:// 29 K. Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler www.iosb.fraunhofer.de/servlet/is/Entry.77819.Display/. Verbände, Berlin 1990, S.230 ff.; BGH SpuRt 1995,43 ff. und K. Vieweg, 27 Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicher- SpuRt 1995,97 ff. heit U. Kelber hat in einem Schreiben an alle Bundesbehörden den Ein- 30 J. Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, Tübingen 2003, S. 205 ver- satz des Messenger-Dienstes WhatsApp verboten. Trotz Ende-zu-Ende- neint ein überwiegendes Interesse an der Information über Dopingfälle; Verschlüsselung würden unverschlüsselte Metadaten wie Standorte und eingehende Abwägung der Interessen bei J. Niewalda (Fn. 20), S. 705 ff; Identitäten von Sender und Empfänger erzeugt; Frankfurter Allgemeine ablehnend zu Online-Veröffentlichungen ebda. S.713; vgl. zu Online- Zeitung vom 19. 5. 2020, S. 21. Publikationen auch K. Vieweg/C. Röhl, SpuRt 2009, 192 ff.
168 4/2020 Aufsätze empfohlen, sich den insbes. in Art. 6 DS-GVO gezoge- sigkeitsprüfung sind in der Praxis häufig das Vorliegen nen Rechtsrahmen zu verdeutlichen. Danach sind die der Einwilligungsvoraussetzungen und die Gewich- erhobenen Sportdaten systematisch zu erfassen und tung der beteiligten Interessen problematisch. Ver- die betreffenden Verarbeitungstätigkeiten zu doku- bandsregelungen bedürfen unter Umständen der vor- mentieren. Bei der abschließenden konkreten Zuläs- sorglichen Inhaltskontrolle. Leistungsdaten im Kontext des Datenschutzrechts Über die datenschutzrechtlichen Anforderungen bei der Analyse von Trainingsdaten Von Rechtsanwalt Nico Winter LL. M., Köln* Footbonaut1, RFID2 oder Belastungssteuerung sind über die Herz- und Atemfrequenz, Beschleunigung, Begriffe, die jedem Trainerteam, jedem Sportler und Richtungswechsel, Passhäufigkeit und -genauigkeit, jedem Fußball-Fan bekannt sind. Nicht nur während Schusskraft in km/h, die Bewegung im Raum und die eines Spiels, sondern auch und vor allem während der Position auf dem Spielfeld. Aus diesen Daten können Trainingseinheiten erheben und verarbeiten professio- verschiedene Werte und Informationen direkt oder nelle Sportvereine eine Vielzahl an Daten von ihren indirekt abgeleitet werden, wie etwa der Fitness- Spielern, um diese gezielter und effektiver trainieren zustand, Erschöpfungsgrad, technische Fähigkeiten, zu können3 und Verletzungen durch eine falsche Be- Laufwege oder taktisches Verhalten in bestimmten lastung oder eine Überlastung zu verhindern.4 Diese Spielsituationen. Erfasst werden diese und andere Da- Datenanalyse gehört längst zu einer anerkannten und ten auf verschiedenen Wegen: Durch festinstallierte häufig eingesetzten Methode im Leistungssport.5 In Kamerasysteme am Trainingsplatz, durch GPS-Syste- diesem Beitrag werden die datenschutzrechtlichen Im- me, die das Verhalten oder die Position des Spielers plikationen der Analyse von Trainingsdaten am Bei- zentimetergenau erfassen oder durch Sensoren in der spiel eines Fußball-Bundesligaclubs (Sportverein), der Ausrüstung des Spielers oder in dem Spielgerät.7 Aus- im Trainingsbetrieb Daten über die Leistung der ein- gewertet werden diese Daten – regelmäßig in Echtzeit zelnen Lizenzspieler (Spieler) erhebt und diese auswer- – durch spezielle Software. Die Ergebnisse der Aus- tet, untersucht.6 Nach einer kurzen Einführung zum wertung werden genutzt, um die Mannschaft oder den Einsatz der Datenanalyse im Rahmen eines Trainings einzelnen Spieler gezielter zu trainieren, die Belastung (I.) wird der Begriff des Leistungsdatums näher be- gezielter zu steuern oder die beste Aufstellung für trachtet (II.). Anschließend wird – als zentrale Frage einen anstehenden Wettkampf zu wählen.8 Da die vor- dieses Beitrags – untersucht, auf welche Rechtsgrund- bezeichneten Daten insgesamt zur Analyse der Leis- lage die Erhebung und Analyse von Trainingsdaten tungen des einzelnen Spielers dienen, sollen sie nach- gestützt werden kann (III.). Dem folgend werden folgend zusammenfassend als Leistungsdaten bezeich- überblickartig die weiteren datenschutzrechtlichen net werden.9 Die Trainingssteuerung aufgrund einer Pflichten des Sportvereins im Kontext dieser Daten- Datenanalyse bietet aber nicht nur im Fußball sondern verarbeitung aufgeführt (IV). Danach wird ein Blick für nahezu jede Sportart die Möglichkeit der Unter- auf die von der DFL bereitgestellten Muster-Daten- stützung einer gezielten Leistungssteigerung.10 Dies schutzerklärung geworfen (V.), bevor der Beitrag mit gilt sowohl für Teamsportarten aber auch für Einzel- einer Zusammenfassung schließt (VI.). sportarten oder den Motorsport. Daher finden die in diesem Beitrag gemachten Ausführungen auch auf an- dere professionell durchgeführte Sportarten entspre- I. Datenanalyse im Rahmen des Trainings chende Anwendung. Während des Trainings werden eine Vielzahl von Da- II. Leistungsdaten im Kontext des Datenschutzrechtes ten bei einem Spieler erhoben. Dazu gehören Daten * Verf. ist ist Rechtsanwalt bei Dentons Europe LLP in Düsseldorf und 1. Leistungsdaten als personenbezogene Daten i. S. d. spezialisiert auf die Bereiche IP/IT- und Datenschutzrecht. Datenschutzrechtes 1 https://www.deutschlandfunkkultur.de/digitalisierung-im-profisport-da- ten-doping-im-footbonaut.966.de.html?dram:article_id=390597, zuletzt Das Datenschutzrecht ist in sachlicher Hinsicht auf abgerufen am 19. 12. 2019. 2 https://www.bi-scout.com/die-vermessung-des-sports, zuletzt abgerufen personenbezogene Daten anwendbar.11 Von per- am 19. 12. 2019. 3 https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.leistungsanalyse-beim-vfb- 7 Ausführlich zu den Techniken der Datenerhebung und Zwecken der stuttgart-warum-die-profis-einen-chip-im-trikot-tragen.d0fb3c6f-fd07- Datenanalyse: Memmert/Raabe, Revolution im Profifußball, Mit Big 47a6-8e9e-7815dfb01c78.html, zuletzt abgerufen am 19. 12. 2019. Data zur Spielanalyse 4.0, Springer 2017, Kapitel 3, S. 59 f.; https:// 4 https://barcainnovationhub.com/when-interpreting-training-data-think- www.dw.com/de/im-netz-der-daten-hightech-in-der-bundesliga/a- twice-before-doing-nothing/, zuletzt abgerufen am 19. 12. 2019. 49750273, zuletzt abgerufen am 19. 12. 2019. 5 Vgl. dazu etwa https://www.dw.com/de/im-netz-der-daten-hightech-in- 8 https://www.dw.com/de/digitalisierung-im-profifußball/a-38846769, zu- der-bundesliga/a-49750273, zuletzt abgerufen am 16. 2. 2020. letzt abgerufen am 19. 12. 2019. 6 Der Beitrag knüpft an den zur Rechtslage vor der DSGVO erschienenen 9 Auch Börding/v. Schönfeld sprechen zusammenfassend von Leistungs- Beitrag „Big Data im Leistungssport – Datenschutzrechtliche Anforde- daten, Börding/v. Schönfeld, SpuRt 2016, 7, 8. rungen an die Vereine“ (Börding/v. Schönfeld, SpuRt 2016, 7) an und 10 Vgl. dazu etwa Straker/Tillmann, in: Hoeren, Phänomene des Big-Data- betrachtet die bestehenden Rechtsfragen nunmehr unter Beachtung des Zeitalters, Daten-Doping: Big Data im Profisport, S. 259 f. neuen Datenschutzrechtes. 11 Vgl. Art. 2 Abs. 1 DSGVO.
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