Stabilität und Wachstum Weichenstellung für Europa - Wolfgang Reinhart (Hrsg.) Stuttgarter Rede zu Europa 2011 mit José Manuel Durão Barroso ...

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Stabilität und Wachstum Weichenstellung für Europa - Wolfgang Reinhart (Hrsg.) Stuttgarter Rede zu Europa 2011 mit José Manuel Durão Barroso ...
EUROPASCHRIFTEN DES STAATSMINISTERIUMS BADEN-WÜRTTEMBERG HEFT NR. 14

                     Wolfgang Reinhart (Hrsg.)

           Stabilität und Wachstum
       Weichenstellung für Europa

                 Stuttgarter Rede zu Europa 2011
                 mit José Manuel Durão Barroso
             Präsident der Europäischen Kommission
ISBN: 978-3-9812857-3-4

         Herausgegeben vom
Staatsministerium Baden-Württemberg
      Richard-Wagner-Straße 15
            70184 Stuttgart

            Redaktion:
            Referat 53
EUROPASCHRIFTEN DES STAATSMINISTERIUMS BADEN-WÜRTTEMBERG HEFT NR. 14

                     Wolfgang Reinhart (Hrsg.)

           Stabilität und Wachstum
       Weichenstellung für Europa

                 Stuttgarter Rede zu Europa 2011
                 mit José Manuel Durão Barroso
             Präsident der Europäischen Kommission

                    Festakt am 19. Januar 2011
                        im Neuen Schloss
                            in Stuttgart
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Inhalt

                Seite 5

         Stefan Mappus MdL
           Ministerpräsident
         Begrüßungsansprache

                Seite 11

       José Manuel Durão Barroso
 Präsident der Europäischen Kommission
         Stabilität und Wachstum
       Weichenstellung für Europa

                Seite 33

    Prof. Dr. Wolfgang Reinhart MdL
     Minister für Bundes-, Europa-,
   und internationale Angelegenheiten
               Schlusswort

                Seite 35

 Lebenslauf José Manuel Durão Barroso

                Seite 37

Die musikalische Umrahmung des Festakts

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Stefan Mappus MdL
Ministerpräsident

Begrüßungsansprache

Exzellenz,
sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Barroso,
sehr geehrte Gäste,

ich heiße Sie im Namen der Landesregierung von Baden-
Württemberg und ganz persönlich herzlich willkommen in
unserem Land. Ich danke Ihnen, dass Sie nach Stuttgart
gekommen sind.

Sie treffen bei Ihrem Besuch nicht nur auf die Politik, sondern
Sie werden auch die Kunst genießen und mehrere Firmen im
Lande besuchen.

Sie sehen, dass wir von allem hier in Baden-Württemberg
reichlich zu bieten haben. Schließlich ist unser Land nach
aktueller Statistik die Innovationsregion Nr. 1 in der EU.

Gleichzeitig atmen wir hier im Neuen Schloss abendländische
Kulturgeschichte. Hier, in der Residenz der Könige von
Württemberg, sollen sich im Advent des Jahres 1779 zum
ersten Mal unsere großen deutschen Dichterfürsten Schiller
und Goethe begegnet sein. Schiller war damals ein junger
Eleve an der nahe gelegenen Hohen Karlsschule, Goethe war
zu dieser Zeit bereits eine nationale und internationale litera-
rische Berühmtheit.

Ihre Europarede steht heute in der Tradition des Grand-
seigneurs der französischen Politik Giscard d’Estaing, des
ehemaligen ungarischen Präsidenten Madl, der früheren
Außenministerin de Palacio aus Spanien sowie Kardinal
Kasper.

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Wir sind hocherfreut darüber, dass Sie als höchster Repräsen-
tant der EU und als „Gesicht Europas“ heute in Baden-
Württemberg unser Gast sind und zu uns sprechen werden!

Würdigung

Mit Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, begrüßen wir einen
Staatsmann, der in der zweiten Amtsperiode das höchste Amt
in der EU innehat.

Sie haben die ersten Schritte des wiedervereinigten, neuen
und jungen Europas der 25 im Jahre 2004 erfolgreich geführt.
Und Sie haben den Verfassungsprozess Europas ganz maß-
geblich mitgeprägt. Auch wenn am Ende keine förmliche
Verfassung herausgekommen ist, so ist doch der Lissabon-
Vertrag so etwas wie eine neue europäische Grundordnung
und ein Meilenstein in der Integration Europas. Untrennbar
mit der „Barroso-Ära“ verbunden.

Sie sind ein erfahrener Politiker, der auch in seinem Heimat-
land schon als Ministerpräsident gewirkt hat. Sie sind daher
alles andere als ein europäischer Technokrat. Sie haben
lebendige Politik gestaltet und so füllen Sie auch Ihr Amt auf
europäischer Ebene aus.

Das kommt bei uns vor Ort gut an. Deswegen hat mich mein
erster Weg auch bereits im Juni 2010 zu Ihnen nach Brüssel
geführt.

Ministerpräsident Stefan
  Mappus begrüßt José
 Manuel Durão Barroso
       und die Zuhörer.

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Die Herausforderungen der EU

Das vergangene Jahr war für die EU ein Jahr großer Heraus-
forderungen und wichtiger Entscheidungen.

Mit der „Europa 2020-Strategie“ haben Sie, Herr Präsident,
den Ball weit nach vorne geworfen. Sie haben gesagt, wo die
EU in den Schlüsselbereichen Bildung, Forschung und
Innovation im Jahr 2020 stehen muss, wenn sie weltweit
mithalten will. Erstmals haben wir glasklare Zielvorgaben mit
konkreten Zahlen, die es zu erreichen gilt.

Gleichzeitig müssen Lösungen für die aktuelle Schuldenkrise
einzelner Euro-Staaten gefunden werden. Ich bin überzeugt,
dass die Mitgliedstaaten nur gemeinsam mit der EU diese
Probleme lösen können.

Das heißt für mich, dass wir einerseits noch weiter zusam-
menrücken müssen, etwa durch eine stärkere wirtschaftspoli-
tische Koordinierung.

Andererseits müssen wir die Verantwortung eines jeden
Mitgliedstaates seinen Haushalt in Ordnung zu halten einfor-
dern. Denn auch dies ist Solidarität gegenüber den anderen
Mitgliedstaaten. Die Krise werden wir nicht bewältigen, wenn
wir die EU zu einer Transferunion machen.

Der EU-Kommission kommt in dieser Situation eine beson-
ders wichtige Rolle zu. Sie muss im Sinne eines präventiven
Systems die nationalen Haushalte im Auge behalten und
rechtzeitig „Alarm schlagen“. Mit dem jetzt im Januar begon-
nenen „Europäischen Semester“ ist ein guter Anfang ge-
macht. Auch bei der stärkeren Koordinierung der nationalen
Wirtschaftspolitiken kommt der Kommission eine wichtige
Rolle zu.

Ich freue mich mit Ihnen, dass Ihr Heimatland Portugal den
Rettungsschirm nicht in Anspruch nehmen musste. Allerdings
sehe ich eine weitere Aufstockung des Rettungsschirms
zurückhaltend. Eine „Versicherung“ ist gut, aber es darf keine
Versicherungsmentalität entstehen. Und diese Gefahr besteht,
wenn Hilfsmöglichkeiten in unbegrenztem Umfang in Aus-
sicht gestellt werden.

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EU - Donauraumstrategie

Exzellenz, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Barroso.
Das Jahr 2011 ist ein wichtiges Jahr für die Donauanrainer-
staaten und -regionen! Am 08. Dezember hat die EU-
Kommission ihre Mitteilung zur EU-Donauraumstrategie
veröffentlicht. Wir freuen uns sehr darüber, dass die EU-
Kommission nach der Ostseestrategie mit der Donaustrategie
konsequent weiter regionale Räume und deren Potential
unterstützt.
Unser Land ist zusammen mit Bayern einer der Hauptinitiato-
ren für die Schaffung einer EU-Donaustrategie. Wichtige
Stationen waren die EU-Donaukonferenzen in der LV Brüssel
2006, 2008 und 2010. Ein politischer Höhepunkt war der
Ulmer Donaugipfel 2009 mit der „Ulmer Erklärung“ zur
Schaffung einer EU-Donaustrategie.
Wir haben nun unseren Europaminister Prof. Dr. Reinhart
zum Sonderbeauftragten für den Donauraum ernannt.
Unterstützung für seine Arbeit bekommt er durch eine eigens
eingerichtete Geschäftsstelle und eine interministerielle
Arbeitsgruppe, die alle Fachbereiche im Land in die Donau-
raumaktivitäten einbindet.
Baden -Württemberg hat aktiv eine Koordinatorenrolle zur
Stärkung der mittelständischen Wirtschaft im Donauraum
angeboten.
Wir verfügen hier über beste Voraussetzungen, diese Aufgabe
zu übernehmen.

Europäisches Jahr der Freiwilligentätigkeit

Ich freue mich sehr, lieber Herr Präsident Barroso, dass die
EU-Kommission das Jahr 2011 zum Europäischen Jahr der
Freiwilligentätigkeit ausgerufen hat.

In keinem anderen Bundesland engagieren sich mehr Bürger-
innen und Bürger ehrenamtlich als in Baden-Württemberg.

Über 41 Prozent unserer Bürgerinnen und Bürger über-
nehmen freiwillig und ohne eigenes finanzielles Interesse
Verantwortung für ihre Mitmenschen und damit auch für das
Gemeinwesen.

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Daher wird sich Baden-Württemberg auch sehr gerne im
Rahmen des Europäischen Jahres der Freiwilligendienste mit
einem Fachkongress einbringen.

Es freut mich, dass die EU-Kommission beabsichtigt, uns bei
der Durchführung dieses Leuchtturmprojekts finanziell zu
unterstützen

Schluss

Der ungarische EU-Ratsvorsitzende sagte, dass das Jahr 2011
das schwierigste Jahr für die EU werde seit 20 Jahren. Nun
bin ich gespannt zu hören, wie Ihre Einschätzung dazu ist.

Ich weiß, dass Sie intensiv Deutsch gelernt haben und sicher
spielend auf Deutsch referieren könnten. Da aber neben
Deutsch auch Englisch und Französisch zu den Arbeitsspra-
chen der EU gehören, können wir als Sprachenbeauftragte der
deutschen Länder auch Englisch akzeptieren.

Wir freuen uns auf Ihren Vortrag!

Ministerpräsident Stefan Mappus und José Manuel Durão Barroso

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José Manuel Durão Barroso
Präsident der Europäischen Kommission

Stabilität und Wachstum
Weichenstellung für Europa

Meine Damen und Herren,

Ich habe bereits gesagt, dass dies meiner Ansicht nach ein
idealer Ort ist, um über die zukünftigen Herausforderungen
für Europa zu sprechen. Nicht nur liegt Baden-Württemberg
geographisch im Herzen Europas. Es hat auch eine lange
Geschichte des Engagements für die europäische Integration.
Ihr ehemaliger Ministerpräsident Günther Oettinger ist jetzt
für ein strategisches Schlüssel-Ressort der Europäischen
Kommission zuständig, für Energie. Ein weiterer ehemaliger
Ministerpräsident dieses Landes, nämlich Erwin Teufel, hat
entscheidende Beiträge für Europa geleistet als Mitglied des
Europäischen Konvents. Und auch heute ist Baden-
Württemberg aktiv und oft führend in vielen europäischen
Foren unterwegs. Ich habe übrigens mit Ministerpräsident
Mappus bereits über europäische Politik gesprochen, als er
noch Fraktionsführer im hiesigen Landtag war. Und einer
seiner ersten Besuche nach seiner Bestätigung als Minister-
präsident führte ihn in der Tat nach Brüssel, wo wir damals
einen sehr angeregten Gedankenaustausch hatten.

Baden-Württemberg ist also in vieler Hinsicht ein perfektes
Beispiel für das, was wir in den nächsten Jahren wirtschaft-
lich und in sozialer Hinsicht auf europäischer Ebene erreichen

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wollen. Baden-Württemberg ist eine echte Erfolgsgeschichte
einer blühenden sozialen Marktwirtschaft. Die Kennzahlen
sprechen für sich:

     -   Baden-Württemberg gibt 4,4 % seines BIP für For-
         schung und Entwicklung aus, und übertrifft damit
         das von der EU selbst gesetzte Ziel von 3 %.
     -   Fast drei von vier Menschen im arbeitsfähigen Alter
         (15 – 65 Jahre) sind in einem Beschäftigungsver-
         hältnis. Damit hat Baden-Württemberg bereits er-
         reicht, was wir für Europa insgesamt erst noch errei-
         chen wollen.
     -   Baden-Württemberg liegt, was die Zahl der Patent-
         anmeldungen betrifft, mit an der europäischen Spitze
         und gehört in der Tat zu den globalen Führern bei
         Innovationen.

Baden-Württemberg ist eine der wohlhabendsten Regionen
Europas. Aber dies ist, wohlgemerkt, nicht ererbter Reich-
tum. Er beruht vielmehr auf dem ständigen Bestreben der
Menschen in diesem Land, es besser zu machen, in die
Zukunft zu investieren und kreativ und innovativ zu sein.

Aber Baden-Württemberg ist noch viel mehr. Es ist ein Land,
dem wohl bewusst ist, dass die Anhäufung von Wohlstand auf
Investition und Arbeit basieren muss. Dass gutes Unterneh-
mertum eine langfristige Verpflichtung in das Geschäft
bedeutet. Es geht nicht um schnelle Gewinnmitnahmen,
sondern um beständiges, solides Wachstum. Es ist das Gegen-
stück zu der Kurzfristigkeit, die die Finanzmärkte vor dem
Auftreten der Krise beherrscht hat. Der Erfolg der vielen
mittelständischen und äußerst erfolgreichen Unternehmen in
Ihrem Land, viele davon noch in Familienbesitz, erzählt uns
eine bemerkenswerte Geschichte. Es ist eine Geschichte, die
ganz Europa kennen sollte. Morgen Vormittag werde ich
einige davon besuchen, worauf ich mich bereits jetzt sehr
freue. Gesunde und zukunftsträchtige Investitionen, und nicht
Spekulationen, sind die Basis für langfristigen Erfolg.

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Es gibt einen Spruch in Ihrem Land, ich sage das jetzt einmal
auf Englisch „wo der Wein wächst, lässt es sich gut leben“.
Dem stimme ich aus ganzem Herzen zu. Aber ich füge auch
hinzu, dass Ihr wirtschaftlicher Erfolg und die soziale Zu-
sammengehörigkeit zeigen, dass es sich gut leben lässt, wo
eine starke Arbeitsethik Wachstum, Stabilität und Wettbe-
werbsfähigkeit unterstützt und wo es ein ausgeprägtes Ver-
ständnis dafür gibt, dass zum Leben mehr als nur die Kon-
junktur gehören: Nämlich ein Gefühl der Zugehörigkeit mit
gemeinsamen Wurzeln in Werten und ein offenes Herz für
Kultur und Kunst.

                                          José Manuel Durão
                                          Barroso hält die
                                          Stuttgarter Rede zu
                                          Europa 2011

Genau dies wollen wir für die gesamte Europäische Union
erreichen. Und ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten für
sein Engagement in Europa. Ich weiß, dass dieses Land sich
stark dem Projekt der Europäischen Union verpflichtet fühlt,
genauso wie der regionalen Integration. Ich habe von der
neuen Donau-Strategie gesprochen, in der Tat entwickelt die
Kommission diesen regionalen Ansatz. Ich war heute im
Europäischen Parlament, zusammen mit dem Premierminister
von Ungarn, welches ja für die nächsten sechs Monate die
Präsidentschaft des Rats der Europäischen Union innehat, und
wir haben beschlossen, dieses mit Priorität auf unsere Agenda
zu setzen. Die Kommission wird Ihr Partner sein bei der
Donaustrategie, denn wir sind der Überzeugung, dass inner-

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halb der Europäischen Union die verschiedenen Erfahrungen
regionaler Integration vertieft werden müssen.

Der von Baden-Württemberg erreichte Fortschritt ist natürlich
für viele Teile Europas noch in weiter Ferne. Aber, wir
können besser werden. Wir müssen besser werden. Wir
müssen unsere Anstrengungen konzentrieren, mit Entschlos-
senheit und Durchsetzungsvermögen, um unsere Ziele von
makroökonomischer Stabilität, Haushaltskonsolidierung und
Wachstum mit Schaffung von Arbeitsplätzen zu erreichen.
Damit die Menschen hier und überall in Europa zuversichtlich
sein können, dass die gute Zukunft nicht hinter uns, sondern
noch vor uns liegt.

Wir können die Krise gemeinsam bewältigen und daraus
stärker und geschlossener hervorgehen. Gemeinsam können
wir den Einfluss Europas in einer immer stärker konkurrie-
renden und globalisierten Welt erhalten.

Gemeinsam heißt, dass jeder seinen Beitrag leisten muss.
Nicht nur ein Teil von Europa, sondern alle Teile Europas
müssen dazu beitragen. Wenn ich sage, alle, dann meine ich
damit sowohl die Regionen als auch die Städte, und besonders
die wirtschaftlich erfolgreichen wie Baden-Württemberg und
Stuttgart, wenn wir die Europäische Union insgesamt wohl-
habender und stabiler machen wollen.

Meine Damen und Herren,

in vieler Hinsicht war das Jahr 2010 für die Europäische
Union sehr turbulent. Wir hatten schwere Prüfungen zu
überstehen, die mit nichts in den vergangenen 60 Jahren zu
vergleichen waren. Es war die bei weitem größte Krise seit
den Anfängen des europäischen Integrationsprozesses, die
größte Finanzkrise, die größte Weltkrise. Aber, das Jahr 2010
war für mich vor allem ein Jahr von herausragenden politi-
schen Entscheidungen für Europa, die sich als entscheidend

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für unsere Zukunft herausstellen werden. Im Jahr 2011
werden wir diese Entscheidungen mit großer Entschlossenheit
und ohne Zögern und Zagen in die Praxis umsetzen müssen.

Wir müssen uns jetzt an die von uns getroffenen Entschei-
dungen halten. Und wenn ich wir sage, meine ich die europäi-
schen Institutionen und die Mitgliedstaaten, im Geist der
vollständigen Zusammenarbeit, mit Achtung vor dem Subsi-
diaritätsprinzip und mit der gemeinsamen Verantwortung im
Dienste am allgemeinen europäischen Interesse.

Übergreifend über die sozio-ökonomischen Unterschiede
zwischen unseren verschiedenen Ländern ist es uns gelungen,
einen europäischen Konsens für einen breit angelegten
strategischen Ansatz für unsere gemeinsame Zukunft zu
entwickeln. Wir sollten das Kommentieren den Kommentato-
ren überlassen. Politische Führer und diejenigen, die Verant-
wortung für politische Entscheidungen tragen, sollten nicht
kommentieren, sondern Entscheidungen treffen. Wir werden
unermüdlich, und undogmatisch, dafür arbeiten, dass die
politischen Entscheidungen, die wir getroffen haben, in die
Realität umgesetzt werden.

Die Krise hat viele unserer Schwächen und Unzulänglichkei-
ten auf grausame Weise bloßgestellt. Aber die Krise hat uns
auch mit einem neuen und starken Anreiz zur europäischen
Integration versehen. Wie schon Hölderlin sagte:

„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“

Ich glaube, dies ist ja aus einem wunderbaren Gedicht, ich
glaube fest, dass dies zutrifft. Und ich glaube, dass Europa in
der Lage ist, diese Gefahren und Herausforderungen umzu-
wandeln in Chancen für Wachstum, wenn wir gemeinsam aus
diesen Lektionen lernen, die uns erteilt wurden.

In den letzten Monaten hat sich Europa weiter fortbewegt als
dies in den letzten Jahren der Fall war. Wir haben Meinungs-

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unterschiede überwunden, die vor einigen Monaten noch als
unüberwindlich galten.

Die Krise hat in der Tat unsere Fehler und Schwächen drama-
tisch entblößt:

     -   Die Verschuldung hat ein Ausmaß erreicht, das an
         die Grenzen der Zukunftsverträglichkeit stößt; fast
         alle Mitgliedstaaten haben über ihre Verhältnisse ge-
         lebt und haben in den letzten zehn Jahren versagt bei
         dem Versuch, die Staatsverschuldung zu beschrän-
         ken;
     -   Die bedeutenden makroökonomischen Ungleichge-
         wichte aufgrund der anhaltenden Wettbewerbsunter-
         schiede im Euroraum haben das wirtschaftliche
         Wachstum behindert;
     -   Unsere gemeinsame Wirtschafts- und Währungs-
         union ist immer noch nicht vollständig hergestellt
         und somit Opfer von Instabilität;
     -   Insbesondere besitzt unser Überwachungssystem
         noch nicht die notwendige Glaubwürdigkeit; da die
         Mitgliedstaaten immer noch die Möglichkeit haben,
         die sich selbst gesetzten Regeln sehr freizügig auszu-
         legen.

Wenn man sich ein gemeinsames Schicksal teilt, und beson-
ders, wenn man sich eine gemeinsame Währung teilt, dann
heißt dies, dass jeder Mitgliedstaat sich an die Spielregeln
halten muss. Sie sind unerlässlich für den Zusammenhalt der
Union als Ganzes. Sie können nicht straffrei ignoriert werden.
Der französische Intellektuelle Jacques Lacan hat einmal
gesagt: „Realität stößt dich vor den Kopf“. Die Realität hat
uns schwer getroffen.

Jetzt müssen wir die Zeche zahlen. Die menschlichen, wirt-
schaftlichen und politischen Kosten wiegen schwer. In vielen
Teilen Europas, glücklicherweise nicht hier, bestehen die
Kosten zuvörderst in einem steilen Anstieg der Arbeitslosen-

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rate, die bei jungen Menschen in manchen Ländern 40 %
beträgt.

Dies ist nicht zukunftsträchtig, dies ist untragbar, sowohl aus
wirtschaftlicher als auch moralischer Sicht.

Die in Ihrem Land voraussichtig durchgeführten strukturellen
Reformen, einschließlich auf dem Arbeitsmarkt, sind in
anderen Ländern viel zu lange aufgeschoben worden. Es ist
zum heutigen Zeitpunkt natürlich schwieriger, diese Refor-
men durchzuführen, als dies in einer wirtschaftlich günstige-
ren Konjunktur der Fall gewesen wäre. Dies kann jedoch
nicht als Entschuldigung für weiteren Aufschub gelten,
Europa braucht diese Reformen jetzt mehr denn je.

Für die Europäische Union sind Schuldenabbau, strukturelle
Reformen und größere Annäherung der wirtschaftlichen
Modelle sowie strengere wirtschaftspolitische Steuerung
keine Optionen, sondern Imperative, besonders im Euroraum.
Es ist unerlässlich, den von uns eingeleiteten Reform-
schwung aufrecht zu erhalten und unsere Aktionen zu konso-
lidieren.

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Die Europäische Union hat sich im Jahr 2010 auf eine ge-
meinsame Strategie für Arbeit und Wachstum, die Europa-
Strategie 2020, geeinigt, die auf einer breiten Zusammen-
arbeit aller Partner in der Europäischen Union basiert, bis hin
zur kommunalen Ebene.

Mit der Europa-Strategie 2020 haben wir uns alle auf struktu-
relle Reformen, die zu Haushaltskonsolidierungen und Ar-
beitsplatzbeschaffung führen, festgelegt. Wir haben uns zu
einem neuen Modell für Wachstum in Europa verpflichtet,
welches intelligent, nachhaltig und von umfassendem Wachs-
tum, d.h. einschließlich der Schaffung von Arbeitsplätzen, ist
und uns ermöglicht, unsere soziale Marktwirtschaft und unser
europäisches soziales System zu erhalten. Wir haben uns
verpflichtet, in ein Europa des Wissens und der Innovation zu
investieren, für ein wettbewerbsfähigeres Europa und für ein
Europa von Beschäftigung und sozialer Kohäsion.

Wir haben uns auch auf eine gemeinsame Strategie für eine
stärkere europäische wirtschaftspolitische Steuerung ent-
schieden. Wir haben uns verpflichtet, den Stabilitäts- und
Wachstumspakt fester zu schnüren, makroökonomische
Ungleichgewichte zu korrigieren und den Rahmen für ein
solides Krisenmanagement zu schaffen. Wir haben uns
verpflichtet, die Koordinierung der Haushaltspolitiken zu
verbessern sowie auf makroökonomische Maßnahmen im
Allgemeinen und auf strukturelle Reformen.

Wir haben einen Europäischen Rettungsfond aufgestellt, die
Europäische Finanzstabilitätsfazilität (EFSF). Dies gibt uns
die Möglichkeit, falls erforderlich, in den nächsten drei Jahren
schnelle und effiziente Stabilisierungen bei Mitgliedstaaten,
die in Schwierigkeiten geraten sind, durchzuführen, um damit
die Stabilität des Euroraums als Ganzes abzusichern.
Deutschland ist hier der Haupteinzahler. Dieses wurde auf der
Grundlage des Prinzips ins Leben gerufen, dass es in der
Europäischen Union, und besonders im Euroraum, keine
Stabilität ohne Solidarität geben kann und auch keine Solida-

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rität ohne Stabilität, und, ich füge hinzu, keine Solidarität
ohne Verantwortung.

Ich bin mir bewusst, dass, vor allem in Deutschland, die
Frage gestellt wurde, ob dieser Fond mit der ‚No-Bail-Out‘-
Klausel des Vertrags kompatibel ist. Ich darf Ihnen versi-
chern: Dies ist weder ein Freifahrtschein noch der Weg in die
Transferunion. Wir unterbreiten keineswegs den Vorschlag
einer Transferunion. Der Stabilitätsmechanismus beruht auf
Darlehen, nicht auf Subventionen. Er ist an strenge Auflagen
geknüpft. Die Länder, die sich seiner bedienen, müssen
rigorose, um nicht zu sagen schmerzhafte Anpassungen
durchführen. Um sich der Solidarität der anderen zu versi-
chern, müssen sie sich mutige, ehrgeizige Programme wirt-
schaftlicher und budgetärer Anpassungen auferlegen. Und
auch strukturelle Reformen einleiten, die bisher in diesen
Ländern nicht akzeptiert wurden, wie ja auch nicht, um
ehrlich zu sein, in vielen anderen Ländern Europas. Ich habe
großen Respekt vor dem Mut und der Entschlossenheit
sowohl der politischen Führung als auch der bürgerlichen
Gesellschaft insgesamt in den Ländern, die dies betrifft.

Aber, dies ist und wird keine Einbahnstraße sein. Wir muss-
ten in der Finanzkrise erfahren, dass niemand eine Insel ist.
Unsere Gesellschaften sind derartig miteinander verwoben,
dass niemand auf die Dauer seine Stabilität und seinen
Wohlstand wahren kann, wenn nicht die anderen, die Nach-
barländer, ebenfalls stabil und wohlhabend sind.

Für die gesamte Europäische Union trifft zu, dass über 60 %
sämtlicher EU-Exporte in andere EU-Länder gehen. Im Fall
von Deutschland, mit seiner exportorientierten Industrie, ist
dies sogar noch zutreffender. Deutschland hat allen Grund,
auf seine beeindruckenden Wachstumszahlen und auf den
erheblichen Abbau der Arbeitslosigkeit stolz zu sein.

Diese Erfolge wären jedoch ohne den Euro und den Binnen-
markt nicht vorstellbar. Letztes Jahr sind 63 % aller deutschen

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Exporte in den EU Binnenmarkt geflossen, und 40 % aller
deutschen Exporte gingen in den Euroraum. Deutschland
exportiert mehr Waren und Dienstleistungen jeweils nach
Frankreich, die Niederlande, Italien, Österreich oder Belgien
als nach China. Können Sie sich das vorstellen, dass ein Land
wie Deutschland mehr nach Belgien exportiert, mit seiner
Bevölkerung von unter 10 Millionen Menschen, oder nach
Österreich, als nach China? Über 85 % der deutschen Über-
schuss-Handelsbilanz werden durch den europäischen Bin-
nenmarkt erzielt. Umgekehrt kommen 65 % sämtlicher
deutschen Importe aus diesem.

Dies gibt Ihnen eine ungefähre Vorstellung von dem Grad
gegenseitiger Abhängigkeit in Europa und wie sehr wir auf
nachhaltiges Wachstum in den Mitgliedstaaten angewiesen
sind.

Das deutsche Wirtschafts- und Sozialmodell, ein großer
globaler Erfolg, ist stark abhängig von einem gesunden Euro
und einem funktionierenden EU-Binnenmarkt. Ohne diese
würden sich deutsche Waren im Ausland und in den Nachbar-
ländern verteuern und damit weniger wettbewerbsfähig sein.
Die Exporte wären rückläufig und somit auch das Wirt-
schaftswachstum, die Beschäftigung und der Wohlstand in
Deutschland.

Deutschland müsste Milliarden von Euro ausgeben, um ein
Gegengewicht zu den Risiken volatiler Währungen zu schaf-
fen. Vor allem die kleinen und mittelständischen Betriebe in
Deutschland würden sich in einer schwierigen Situation
befinden aufgrund von Abwertungen aus Wettbewerbsgrün-
den, ganz abgesehen von der allgemeinen systemischen
Instabilität. Deutsche Investitionen in Drittländern, und nicht
nur die der Banken, würden an Wert verlieren und gegebe-
nenfalls einen Ausfall bedeuten. Letztendlich würde Europa,
und somit Deutschland, an wirtschaftlichem Gewicht verlie-
ren sowie auf globaler Ebene an politischem Einfluss.

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Ich bin mir absolut sicher, dass Deutschland als das wirt-
schaftlich stärkste Land Europas, mit den größten Interessen
in unserem Projekt Europäische Union, ganz außergewöhn-
lich eng mit der Zukunft der europäischen Wirtschaft verbun-
den ist. Und natürlich ist die Zukunft der europäischen Wirt-
schaft wiederum außergewöhnlich eng an die Zukunft und
den Erfolg der deutschen Wirtschaft geknüpft.

Wir sollten uns nichts vormachen, meine Damen und Herren:
Die Schwächung des Binnenmarktes oder jedwede Form des
Zerfalls des Euro würden in Europa nicht ohne ernsthafte
politische Spannungen vor sich gehen, begleitet von protek-
tionistischen Tendenzen. Diese Spannungen würden sämt-
liche Mitgliedstaaten, aber vor allem die exportstarken,
betreffen. Wirtschaftliche und soziale Stabilität braucht auch
eine systemische politische Stabilität.

Daher würden ernsthafte wirtschaftliche und finanzielle
Instabilitäten in Europa auch Deutschland treffen. Wir haben
die Wahl, entweder gemeinsam zu schwimmen oder getrennt
unterzugehen. Der Weg aus dieser Krise kann nur ein ge-
meinsamer sein.

Und es muss ein Weg in eine neue, nachhaltige Zukunft sein.
Wir haben uns daher entschlossen, beginnend mit dem Jahr
2012, einen permanenten Mechanismus für Krisenmanage-
ment einzurichten, den Europäischen Stabilitätsmechanismus
ESM, welcher entsprechend der Hauptkriterien, die gegen-
wärtig für den Rettungsfond Europäische Finanzstabilisie-
rungsfazilität EFSF gelten, arbeiten wird, einschließlich der
strengen Auflagen.

Bis zum Inkrafttreten dieses permanenten Mechanismus, an
dessen einzelnen Vorkehrungen die Kommission gegenwärtig
noch arbeitet, haben wir beschlossen, für ausreichende finan-
zielle Unterstützung durch den Rettungsfond zu garantieren.
In der Tat haben bei der letzten Sitzung des Europäischen
Rates im Dezember alle Staatsoberhäupter und Regierungen

                                                           21
in der Europäischen Union sowie die EU Institutionen sich
darauf geeinigt, „dass sie bereit sind, für den Euroraum alles
erforderliche zu tun, um die Stabilität des gesamten Euro-
raums sicherzustellen“.
Ich zitiere hier und werde noch weiter zitieren. Die Staats-
oberhäupter haben vor allem verlangt nach, Zitat: „entschlos-
senem Handeln, um die Verfügbarkeit ausreichender finan-
zieller Unterstützung durch die Europäische Finanzstabilitäts-
fazilität sicherzustellen bis der permanente Mechanismus in
Kraft tritt“. Ende des Zitats.

Das Europäische Semester, welches wir letzte Woche anläss-
lich des ersten Jahres-Wirtschaftsberichts begonnen haben,
fügt sämtliche Stränge zusammen. Konsequenterweise hat die
Kommission erklärt, „dass die effektive Finanzkapazität der
EFSF zu verstärken und der Umfang ihrer Aktivitäten zu
erweitern sei“. Ende des Zitats. Dies ist ein Teil, aber nur ein
Teil, unserer umfassenden Antwort auf die Herausforderun-
gen für die Stabilität des Euroraums.

Wenn Sie unser Dokument noch nicht gelesen haben, und ich
rate allen, die es noch nicht getan haben, dies sorgfältig zu
tun, erkennen Sie, es ist ein sehr konzentriertes, pointiertes
Dokument. Es geht um fiskale Konsolidierung, es geht um
strukturelle Reformen, es geht um wachstumsfördernde
Maßnahmen. Es ist eine klare Botschaft zur Unterstützung
von Reformen in der Europäischen Union, mit Mut und
Entschlossenheit. Die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen
sollten im Zusammenhang, und nicht getrennt voneinander
gesehen werden, denn jede einzelne macht Sinn, wenn man
sie als Teil einer umfassenden, systemischen Antwort sieht.

Im Jahre 2010 haben wir uns auf eine gemeinsame Strategie
für Reformen und die Regulierung finanzieller Dienstleistun-
gen geeinigt. Wir haben uns die Aufgabe gegeben, ein stärke-
res, stabileres und solideres Finanzsystem für Europa einzu-
richten. Wir haben die europäische Architektur der Finanz-

22
aufsicht reformiert, den Eckstein des gesamten Reformpro-
gramms.

Im Jahre 2010, dem ersten Jahr nach Inkrafttreten des Ver-
trags von Lissabon, haben die Europäischen Institutionen und
die Mitgliedstaaten effizient und demokratisch zusammen-
gearbeitet, welches natürlich Kompromisse und gegenseitige
Zugeständnisse beinhaltetet. Ohne diese effiziente Zusam-
menarbeit hätten wir niemals all die Entscheidungen erreicht,
die ich gerade genannt habe und die besser als jede hochge-
stochene Rhetorik Zeugnis für ein gestärktes politisches
Engagement ablegen. Diese Entscheidungen sind die Grund-
lage der umfassenden Reaktion der Europäischen Union auf
die Krise.

Ich möchte auch betonen, dass diese gemeinsamen Entschei-
dungen auf einer breiten Palette von Kommissionsvorschlä-
gen beruhen; die Kommission hat von ihrem Initiativrecht
Gebrauch gemacht und wird dies natürlich auch weiterhin
tun.

Die Krise hat uns unsere Verantwortung vor Augen geführt.
Und wir haben uns dieser Herausforderung gestellt. Dies ist
um so wichtiger, als dass die Krise die Auswirkungen der
Globalisierung noch deutlicher hat zutage treten lassen, vor
allem die der Multi-Polarisierung der Welt, mit anderen
Worten, das Auftreten einer neuen Weltordnung mit zweifel-
los großem Potential aber auch mit unweigerlich verstärkter
Konkurrenz. Und wir Europäer sollten nicht naiv sein im
Hinblick auf die Verhältnisse in dieser sich abzeichnenden
globalen Ordnung.

Zum Ende des Jahres 2010 hat sich ein Europa dargestellt,
welches sowohl mehr Verantwortung als auch Solidarität
zeigt. Sagen wir es ganz klar. Europa wird gelenkt. Der Euro
ist solide und lebensfähig. Es gibt, wie manche sagen, keine
Krise des Euro, der Euro ist eine starke Währung. Es ist
richtig, dass es in einigen Mitgliedstaaten Probleme gibt, aber

                                                            23
ich glaube, wir können sagen, dass zweifellos der Euro
weiterhin ein essentielles Element der europäischen Integra-
tion bleiben wird. Es können keine Zweifel mehr über unser
politisches Engagement herrschen, dass wir alles in unserer
Macht stehende tun werden, um die Stabilität des Euroraums
als Ganzes sicherzustellen. Unser Engagement ist unerschüt-
terlich, denn die Kosten bei einem Zerfall des Euroraums
wären enorm. Diese Arbeit ist noch nicht beendet. Und es
zeichnet sich eine neue Kultur der Verantwortung ab.

Ich möchte, dass Sie wissen, dass dies die Denkweise der
Kommission ist. Ich spreche jetzt zu Ihnen in Baden-
Württemberg, in Deutschland, aber Sie müssen wissen, dass
wir mit allen Mitgliedern des Euroraums sprechen, sowie mit
allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, und
dass unsere Botschaft und die von uns getroffenen Entschei-
dungen ganz eindeutig zugunsten von Stabilität ausfallen und
zugunsten von Reformen. Wir müssen alle auffordern, ihren
Beitrag zu leisten. Dies will ich erreichen – Solidarität,
Solidarität mit Verantwortung.

Wieder einmal hat sich die Weitsicht eines der großen Grün-
der der Europäischen Union, Jean Monnet, als richtig erwie-
sen. Er schrieb in seinen Mémoires, und ich zitiere auf Eng-
lisch: „Europa wird in Krisen geschmiedet werden, und wird
das Ergebnis der Lösungen sein, die wir für diese Krisen
finden.“ Ich glaube fest an diesen Satz. Die Art und Weise,
wie wir auf die Krisen reagieren wird uns zu einer stärkeren
Union machen.

Im Jahre 2011 müssen wir uns von der frenetischen Hektik
von Notmaßnahmen und kurzfristigen Reaktionen lösen. Wir
müssen wieder zu einer gelasseneren Einstellung zurück-
finden für das, was wichtig ist, denn wir dürfen in unserer
Wachsamkeit nicht nachlassen, damit wir langfristig den
Kampf um die Sicherung unserer Stellung in der Welt gewin-
nen.

24
Ich darf Ihnen sagen, dass wir in Europa von denen draußen
beobachtet werden, sie beobachten uns von jenseits des
Atlantiks und von anderen Teilen der Welt. Und wenn sie
diese Themen diskutieren, dann diskutieren sie nicht nur die
Verschuldung der Schuldnerstaaten, sondern sie diskutieren
auch: Ist Europa in der Lage, das Problem zu lösen? Hat
Europa die notwendigen Kontrollsysteme, um sich diesen
Herausforderungen zu stellen? Dies ist somit auch eine
politische Frage der Entschlossenheit. Ich kenne das deutsche
Engagement für Europa, und für ein starkes Europa in der
Welt. Sie beobachten uns außerhalb von Europa jeden Tag.
Nicht nur unsere amerikanischen Partner und Freunde, auch
die Schwellenländer, und es ist meiner Meinung nach unsere
Pflicht ihnen zu zeigen, dass Europa in der Lage ist, die
Herausforderungen zu meistern. Wir haben in der Vergan-
genheit schon viele Probleme gemeistert, einige waren weit-
aus schwieriger und wir werden auch die gegenwärtigen
Probleme meistern. Und wir werden eine bessere Zukunft für
uns und für die Welt schaffen.

Dazu sind wir durchaus in der Lage, wir haben uns die dafür
notwendigen Mittel gegeben. Und wir müssen es tun, denn
die Zukunft kommt immer zurück und verfolgt jene, die sie
ignorieren. Wenn wir uns heute als schwach und zögernd
zeigen, werden vielleicht nicht diese Generation, sondern
zukünftige Generationen den Preis dafür zahlen. Dies ist
schlicht unakzeptabel.

Ich habe Vertrauen in unseren politischen Willen, den von
uns gesteckten Kurs rigoros beizubehalten. Das neue Jahr hat
bereits mit der Errichtung eines neuen europäischen Rahmen-
werks für eine Finanzaufsicht begonnen. Gemeinsam mit dem
Europäischen Systemischen „Risk Board“, dem Risikorat,
haben am 1. Januar drei europäische Finanzaufsichtsbehörden
ihren Dienst aufgenommen. Damit hat die Europäische Union
jetzt die Aufsichtsinstrumente die notwendig sind, um jedwe-
des Entstehen von Risiken im Finanzsektor zu erkennen.

                                                          25
Offen gesagt, wenn ich Sie vor zwei Jahren gefragt hätte:
Glauben Sie, es wird gelingen, die Zustimmung für die
Errichtung einer Aufsichtsbehörde für Banken, Versicherun-
gen und für die Märkte einstimmig von den Mitgliedstaaten
zu bekommen, und zwar nicht nur für den Euroraum, sondern
für die gesamte Europäische Union? Die meisten hätten wohl
gesagt – dies ist nicht möglich, das ist nicht realistisch. Jetzt
haben wir es getan. Und warum? Weil die Länder den Grad
wechselseitiger Abhängigkeit erkannt haben und dass wir,
abgesehen von dem, was wir auf nationaler Ebene tun kön-
nen, einen gemeinsamen Rahmen brauchen, um auf die Krise
zu reagieren. Dies ist also keine Frage, wie es manchmal
gesehen wird, dass die Föderalisten, dass diejenigen, die mehr
Integration wollen, dies durchgesetzt haben – die Märkte
verlangen es, der gesunde Menschenverstand erfordert es,
unsere Partner wollen von uns wissen, was wir zu tun geden-
ken. Es ist eine Frage von gesundem Menschenverstand, der
Rationalität und der Vernunft und der Forderung, dass Europa
gemeinsam handelt, und zwar entschlossener und kohärenter.

Aus diesem Grund verbessern wir auch die Situation im
Bankwesen, die Transparenz muss noch weiter gesteigert
werden und wir werden auch noch Verbesserungen bei der
neuen Serie von Stress-Tests durchführen, die für das Früh-
jahr geplant sind.

Wie ich eingangs bereits sagte, haben wir den ersten Schritt
zu einer neuen Ära gemeinsamer wirtschaftspolitischer
Steuerung in der Europäischen Union mit der Einführung des
„Europäischen Semesters“ getan.

Zum ersten Mal ermöglicht das Europäische Semester eine ex
ante Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und den
EU-Institutionen. Diese Koordinierung wird alle Aspekte der
Wirtschaftspolitik abdecken. Dadurch werden die Mitglied-
staaten und die Kommission gemeinsam an einem umfassen-
den Rahmen für makroökonomische Stabilität, strukturelle

26
Reformen und Maßnahmen zur Wachstumsförderung arbeiten
können.

Das Europäische Semester greift in keiner Weise die Haus-
haltshoheit der nationalen Parlamente an. Im Gegenteil, das
Europäische Semester ermöglicht es den nationalen Parla-
menten, sich enger in die europäischen Angelegenheiten
einzumischen.

Noch einmal: Wenn ich Sie vor zwei Jahren gefragt hätte:
Glauben Sie, dass es möglich ist, auf europäischer Ebene,
nicht nur im Euroraum, also auch in Ländern außerhalb des
Euroraums, eine ex ante Koordinierung der Haushalte vorzu-
nehmen, bevor die Regierungen die Haushalte ihren Parla-
menten vorlegen? Ich bin sicher, die meisten hätten gesagt,
dies ist nicht möglich, die Skeptiker werden dies zu verhin-
dern wissen. Heute ist dies möglich, und warum? Weil die
Krise uns unsere gegenseitige Abhängigkeit aufgezeigt hat.

Es ist ganz klar, meine Damen und Herren, dass die größte
wirtschaftliche Herausforderung, vor der wir stehen, die
Vermeidung des Teufelskreises von untragbarer Verschul-
dung, instabilen Finanzmärkten und schwachem Wirtschafts-
wachstum ist. Stattdessen müssen wir einen positiven Kreis-
lauf in Gang setzen, durch rigorose Haushaltskonsolidierung
und größere makroökonomische Stabilität, strukturelle Re-
formen und Wachstum, das zu mehr Beschäftigung führt. Die
Europäische Kommission hat zu diesem Ziel letzte Woche in
ihrem Jahres-Wirtschaftsbericht dringende Maßnahmen
vorgeschlagen. Diese werden uns, glauben wir, in die Lage
versetzen, den negativen in einen positiven Kreislauf zu
drehen, wenn alle Mitgliedstaaten das tun, zu dem sie sich
jetzt bekennen.

Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ist ein Punkt, den ich
noch ansprechen möchte, denn die sozialen und wirtschaftli-
chen Kosten sind unerträglich. Nichts wäre schlimmer, als
eine Rückkehr zu Wachstum ohne die Schaffung neuer

                                                          27
Arbeitsplätze. Denn dies würden die Menschen nicht verste-
hen. Wir haben daher mehrere dringende Maßnahmen vorge-
schlagen, um die Arbeitsmärkte und die Schaffung neuer
Arbeitsplätze zu mobilisieren.

Dabei müssen wir ganz besonders den langfristigen Aus-
schluss der Schwächsten vom Arbeitsmarkt verhindern: Zum
Beispiel diejenigen mit niedrigem Einkommen oder junge
Menschen. Aus diesem Grund sollten die Unterstützungs-
maßnahmen enger mit Ausbildung und Arbeitssuche ver-
knüpft werden.

Wir müssen auch die Wiedereingliederung von Arbeitslosen
in den Arbeitsmarkt fördern und, wenn der wirtschaftliche
Aufschwung im Gang ist, die Arbeitslosenunterstützung
dahingehend überprüfen, dass sie einen Anreiz zur Wieder-
aufnahme von Arbeit darstellt. Dies ist von großer Bedeutung.
Wir müssen das beste Umfeld schaffen, um Arbeit zu begüns-
tigen.

Natürlich müssen wir auch die demographische Entwicklung
in unsere Überlegungen einfließen lassen und die Alterung
der Bevölkerung berücksichtigen. Dies erfordert eine Refor-
mierung unserer Rentensysteme und Schaffung von Beschäf-
tigung für Ältere.

Wie Sie wissen, haben sich endlich viele Mitgliedstaaten zu
Reformen aufgerafft, einschließlich Reformen im Hinblick
auf das Rentenalter. Und noch einmal: Wenn ich viele von
Ihnen vor zwei Jahren gefragt hätte: Ist es möglich, dass
Staaten, die jetzt ein Renteneintrittsalter von 60 oder 62
Jahren haben, dies zu ändern beabsichtigen? Die meisten von
Ihnen hätten wohl gesagt: Nein. Aber dies geschieht jetzt,
denn nun hat man verstanden, dass dies ein entscheidender
Beitrag zur Erhaltung der Systeme, einschließlich der sozialen
Systeme, ist.

28
Der Jahres-Wirtschaftsbericht unterstreicht auch, dass wir das
Potential des Gemeinsamen Marktes ausschöpfen, Privatkapi-
tal anlocken und Zugang zu Energie zu erschwinglichen
Preisen sichern müssen, wenn Wachstum die Priorität ist.

Ich werde jetzt nicht die Energiefrage ansprechen, dies wird
eines der wichtigsten Themen bei der nächsten Sitzung des
Europäischen Rats sein. Und dafür haben Sie jetzt ja den
wahren Experten für diese Angelegenheit, nämlich Günther
Oettinger.

Ich darf Ihnen aber noch sagen, dass ich gerade mit ihm
gereist bin, wir waren zusammen in Aserbeidjan und Turk-
menistan. Und auch dort wurden wir wieder gefragt: Habt ihr
eine gemeinsame Energiepolitik? Ich sage Ihnen, wenn wir
auf europäischer Ebene gemeinsam handeln und unseren
Gemeinsamen Binnenmarkt stärken und schützen, wenn wir
eine gemeinsame Außenpolitik im Hinblick auf Energie
entwickeln, können wir sehr viel mehr für unser Wachstum
und unsere Energiesicherheit tun.

Wie Sie sehen, wird im Wirtschaftsbericht ein kohärenter
Plan vorgestellt, um Europa die Rückkehr zu starkem wirt-
schaftlichen Wachstum und Vollbeschäftigung zu ermögli-
chen. Wenn er vollständig umgesetzt wird, werden wir auch
erfolgreich sein.

Wir müssen also im Laufe dieses Jahres ein Programm
umsetzen, das sowohl ehrgeizig als auch notwendig ist. Damit
dies gelingt, brauchen wir das Engagement eines jeden
Einzelnen.

Über viele Jahrzehnte konnte sich das europäische Schicksal
vor einem relativ freundlichen Hintergrund entfalten. Wir
genossen Jahre mit starkem Wachstum, wodurch sich wieder-
um eine Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten ausbilden
konnte und wir hatten den Komfort einer unipolaren Welt,
was den Europäern in vieler Hinsicht vielleicht ein falsches

                                                           29
Gefühl von Sicherheit vermittelt hat. In Europa hat man
Sicherheit und Wohlstand als gegeben betrachtet.

Jetzt hat sich die Situation jedoch verändert. Und jetzt will ich
sehen, wer diejenigen sind, die sich wirklich für Europa
engagieren. Denn es ist leicht, sich der Europäischen Union
verpflichtet zu fühlen, wenn man von der EU nur etwas
bekommt und man keine Anstrengungen unternehmen muss.
Es ist leicht, ein guter Europäer zu sein, wenn alles glattgeht.
Jetzt muss es sich jedoch zeigen, wer die wahren Europäer
sind, die sich den europäischen Idealen wie Frieden, Freiheit,
Rechtstaatlichkeit und unserem gemeinsamen Projekt ver-
pflichtet fühlen. Erst in schwierigen Zeiten können wir
zeigen, ob wir den Test bestehen und wirklich bereit sind,
gemeinsam ein Europa aufzubauen.

Die Situation hat sich in der Tat völlig verändert und die
Realitäten in der Welt sind verändert. Da ist es leicht, protek-
tionistischen Versuchungen nachzugeben, und manchmal
auch nationalistischen Versuchungen. Aber mit diesen altbe-
kannten Versuchungen sind wir nur allzu vertraut. Wir
wissen, dass dies nicht der Weg nach vorn ist, sondern dies
nur für ganz Europa zerstörerisch wäre.

Deswegen dürfen wir nicht in Resignation verfallen. Es gibt
keinen Grund, warum wir nicht unser Schicksal selbst
bestimmen sollten, wenn wir den politischen Willen dazu
haben.

Unser alter Kontinent ist der Geburtsort der Aufklärung und
der Menschenrechte. Unser alter Kontinent hat Jahrhunderte
gewaltsamer Teilung überstanden und sich auf ein gewaltiges
Abenteuer eingelassen, unser europäisches Unternehmen,
welches uns Frieden und Wohlstand beschert hat.

Wir stehen heute vor der Herausforderung, dieses europäische
Unternehmen vorwärts zu bringen, und damit unsere Werte,

30
unseren Platz und unseren Einfluss in einer globalisierten
Welt zu erhalten.

Wir stehen heute vor der Herausforderung, uns zur Verteidi-
gung unserer europäischen Interessen zu wappnen und die
entscheidenden Kämpfe zu Themen wie Marktanteile oder
Energieunabhängigkeit für uns zu entscheiden.

Das ist Ziel der Entscheidungen, zu denen wir uns verpflichtet
haben und die wir jetzt in die Praxis umsetzen müssen. Die
Europäische Union muss sich bereit machen, um zu regulie-
ren und politischen und wirtschaftlichen Einfluss zu nehmen,
um ihren Platz in einer Welt, in der sich die geopolitischen,
geoökonomischen und geostrategischen Gegebenheiten
grundsätzlich wandeln, zu behaupten oder zu bestärken. Mehr
denn je ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, daran zu denken,
dass „Wer nichts wagt, nichts gewinnt.“

Ich habe Ihnen ein sehr detailliertes Bild gezeichnet davon,
wo wir stehen und wohin wir meiner Meinung nach gehen
sollten. Viele von Ihnen haben vielleicht eine blumigere Rede
erwartet. Man hat mir jedoch gesagt, dass Sie hier in Baden-
Württemberg sehr praktische Menschen sind mit gesundem
Menschenverstand. Ich entschuldige mich dafür, wenn die
Rede etwas lang geraten ist, aber ich nehme an, dass Sie mit
Ihrer Anwesenheit zeigen, dass Sie die meiner Ansicht nach
ganze und wahre Geschichte hören wollen, und nicht nur
einige Sprechblasen oder Schlagzeilen.

Meine Damen und Herren,

ich glaube, dass wir in der Kommission mit Ihrer Unterstüt-
zung rechnen können. Aber ich möchte mich auch ganz
herzlich hier und heute bei Ihnen und Ihren deutschen Mit-
bürgern bedanken für alles was dieses Land für Europa
geleistet hat und noch leisten wird. Ich lasse keine Gelegen-

                                                             31
heit aus, um öffentlich oder nicht-öffentlich dies zum Aus-
druck zu bringen.

Ich erinnere mich noch gut, dass als mein Land 1974 eine
Demokratie wurde, unsere deutschen Freunde mit die ersten
waren, die uns ihre Unterstützung gaben. Dies werde ich nie
vergessen.

Ich habe eingangs gesagt, dass Baden-Württemberg eine
lange Geschichte des Engagements zur europäischen Integra-
tion hat. Es hat auch eine lange Geschichte des Beitrags zur
europäischen Kultur, Kunst und Literatur. Dies ist das Land
von Friedrich Schiller und Friedrich Hölderlin, das Land, in
dem Georg Friedrich Hegel geboren wurde und das Land von
Hermann Hesse, um nur einige wenige zu nennen. Diese
Namen stehen für Baden-Württemberg. Sie stehen auch für
die große deutsche und europäische Kultur.

Wir müssen nun ebenfalls zu Europa stehen, in diesem
entscheidenden Augenblick, in dem es um die Rolle Europas
in einer neuen Phase der Globalisierung geht.

Dies bedarf einer Anstrengung. Aber Baden-Württemberg ist
ein Land, und Stuttgart ist eine Stadt, wo man an Anstrengung
gewöhnt ist und Bemühungen nicht scheut. In diesem Geist,
glaube ich, werden wir Erfolg haben.

Wie Friedrich Hölderlin sagte:

„Es wird uns leicht, etwas durchzusetzen, sobald wir nur nicht
ans Ziel getragen sein, sondern mit eigenen Füßen gehen
wollen und es nicht achten, wenn zuweilen ein hartes Stein-
chen die Sohle drückt.“

Ich danke Ihnen.

32
Prof. Dr. Wolfgang Reinhart MdL
Minister für Bundes-, Europa-, und internationale
Angelegenheiten

Schlusswort

Im Namen der Landesregierung von Baden-Württemberg
möchte ich Ihnen, Exzellenz, meinen herzlichen Dank
für Ihre hervorragende Rede aussprechen. Sie haben uns in
beeindruckender Weise die aktuellen europäischen Heraus-
forderungen in vielen Bereichen gezeigt. Ich bin Ihnen
dankbar dafür, dass Sie uns Mut und Zuversicht vermitteln.

                                    Minister Wolfgang
                                    Reinhart spricht ein
                                    Schlusswort

Baden-Württemberg wird als Bundesland im Herzen Europas
seinen Teil dazu beitragen, dass Europa gelingt. Der deutsch-
französische Motor, der für die EU so wichtig ist, wird nun
auch von Baden-Württemberg ein wenig befeuert werden.

Ministerpräsident Mappus wird als deutsch-französischer
Kulturbevollmächtigter sein Amt nutzen, um Impulsgeber
zum Wohle von ganz Europa zu sein.

                                                           33
Ich möchte Ihnen, Exzellenz, noch einmal im Namen der
Landesregierung von Baden-Württemberg für Ihren exzellen-
ten Redebeitrag heute danken und ich freue mich mit Ihnen
darüber, dass das Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger
hier im Land so groß war! Der volle Saal spricht für sich!

Danken möchte ich dem Ensemble „City Brass Stuttgart“ mit
Prof. Wolfgang Bauer, Prof. Christian Lampert, Prof. Hen-
ning Wiegräbe, Prof. Stefan Heimann und Sebastian Zech,
Anke Herrmann, Christian Wenzel, Friedrich Mück, Daniel
Schmidt, Max Bentz.
Sie haben unsere heutige Festveranstaltung musikalisch
wunderbar umrahmt und einen sehr schönen musikalischen
Bogen vom Barock bis zum Tango geschlagen. Herzlichen
Dank dafür!

Was mich ganz besonders fasziniert ist die Tatsache, dass
„City Brass Stuttgart“ ein Ensemble ist, das aus „gestande-
nen“ Musikdozenten an der Staatlichen Hochschule für Musik
und Künste hier in Stuttgart und aus Studentinnen und Stu-
denten dieser Hochschule besteht. Es ist Ihnen gelungen, uns
durch Ihr musikalisches Können zu begeistern und Sie haben
– im Sinne von Johann Wolfgang von Goethe der einmal
gesagt hat: „Wer musiziert, spricht eine zweite Sprache!“ –
unseren 27 europäischen Sprachen heute Abend wieder eine
weitere hinzugefügt!

Meine Damen und Herren, auch Europa lebt von Symbolen.
Optisch symbolisiert die Europaflagge unseren Kontinent,
musikalisch geschieht dies durch die Europa-Hymne. Lassen
Sie uns also deshalb unser Bekenntnis zu Europa durch das
gemeinsame Singen der ersten Strophe der Hymne „Freude
schöner Götterfunken“ von Ludwig van Beethoven bekräfti-
gen. Das Ensemble „City Brass“ wird uns begleiten. Ihnen
allen wünsche ich einen schönen Abend und bedanke mich,
dass Sie heute unsere Gäste hier im Weißen Saal des Neuen
Schlosses waren!

34
Lebenslauf
José Manuel Durão Barroso
Geb. 23. März 1956

1975-1976      Vorsitzender der Associação Académica der
               Fakultät für Rechtswissenschaften der
               Universität Lissabon
1979           Gründer der Akademischen Vereinigung für
               Europastudien (Associação Universitária de
               Estudos Europeus)
1985-2004      Abgeordneter des portugiesischen Parla-
               ments, sechsmal in Folge gewählt
1985-1987      Staatssekretär im portugiesischen Innen-
               ministerium
1987-1991      Staatssekretär für Auswärtige Angelegen-
               heiten und Zusammenarbeit
Seit 1991      Mitglied des Mouvement européen, Jahr der
               Reaktivierung der portugiesischen Sektion
1991-1995      Außenminister Portugals
1995-1996      Vorsitzender der Kommission für Auswär-
               tige Angelegenheiten der portugiesischen
               Nationalversammlung
1995-1999      Leiter der Abteilung für internationale
               Beziehungen der Lusíada Universität
1996-1998      Gastprofessor an der Georgetown Universi-
               tät in Washington D.C.
1999-2004      Parteivorsitzender der liberal-konservativen
               Partido Social Democrata (PSD)
1999-2002      Stellvertretender Vorsitzender der Europä-
               ischen Volkspartei
2001-2005      Stellvertretender Vorsitzender von Center
               Democrats International
2002-2004      Ministerpräsident Portugals
Seit 2004      12. Präsident der Europäischen Kommission
Seit 2009      Wiedergewählt als Präsident der Europä-
               ischen Kommission

                                                        35
36
Die musikalische Umrahmung des Festaktes
Ein internationaler musikalischer Streifzug

Die Stuttgarter Rede zu Europa 2011 wurde musikalisch
umrahmt durch das Blechbläserensemble CITY BRASS
Stuttgart, bestehend aus Prof. Wolfgang Bauer (Trompete),
Prof. Dr. Christian Lampert (Horn), Prof. Henning Wiegräbe
(Posaune), Prof. Stefan Heimann (Tuba) sowie Sebastian
Zech, Anke Herrmann und Christian Wenzel (jeweils Trom-
pete) und Friedrich Mück, Daniel Schmidt und Max Bentz
(jeweils Posaune). Die vier Professoren lehren Blechblas-
instrumente an der Staatlichen Hochschule für Musik und
Darstellende Kunst Stuttgart und gründeten das Ensemble
2005 - damals noch unter dem Namen „Stuttgart Brass“. Die
weiteren Mitspieler sind aktuelle oder ehemalige Studierende
aus ihren Klassen. CITY BRASS Stuttgart etablierte sich mit
seinem vielfältigen Programm, das von der Renaissancemusik
bis zu modernerer Unterhaltsmusik wie Jazz, Musical und
Pop reicht, schnell in der Musikszene. Eine historisch infor-
mierte Aufführungspraxis verbindet das durch die Presse
gelobte Spitzenensemble mit ungetrübter Intonation und
virtuosem Zusammenspiel zu besonderen Klangerlebnissen.
2007 erhielt CITY BRASS Stuttgart bei einem Preisträger-
konzert den hochdotierten Bruno-Frey-Preis der Landesaka-
demie Baden-Württemberg in Ochsenhausen. Im Jahr 2009
erschien die Debut-CD der Musiker (Coviello) und der
Mitbegründer Wolfgang Bauer erhielt den angesehenen
ECHO Klassik 2009 als Instrumentalist des Jahres.

                                                          37
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