Der Ausschuss der Regionen und der belgische EU-Ratsvorsitz - Ausschuss der Regionen
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EUROPÄISCHE UNION Ausschuss der Regionen Der Ausschuss der Regionen und der belgische EU-Ratsvorsitz
Mercedes BRESSO Präsidentin des Ausschusses der Regionen Belgien: ein kreatives Land im Bereich der Multi-Level-Governance Das Wort "Brüssel" ist umgangssprachlich zu einem Synonym für die EU-Schaltzentrale geworden, mit dem die europäischen Institutionen insgesamt gemeint sind. Leider benutzen es die Euroskeptiker nur allzu oft auch für die Bürokratie, die mit einer gefühllosen und starren Maschinerie gleichgesetzt wird. Kurzum - "Brüssel" steht für die von allen Seiten angeprangerte, aber nach wie vor bestehende Kluft zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgerinnen und Bürgern. Und dennoch - sechs Monate lang wird "Brüssel" greifbar nahe sein. In puncto des "Regierens auf mehreren Ebenen" (Multi-Level- Governance) zählt Belgien zu den kreativsten Mitgliedstaaten: Dies ist keineswegs eine Anspielung auf den von den Belgiern so meisterlich beherrschten Surrealismus, sondern eine ganz nüchterne Feststellung. Dementsprechend groß sind die Hoffnungen, die der Ausschuss der Regionen in das Land setzt. Der belgische EU-Ratsvorsitz wird wahrscheinlich nicht der Letzte sein, der sich mit den Turbulenzen befassen muss, die die schwere Wirtschafts-, Finanz- und nun sogar Währungskrise in den 27 Mitgliedstaaten ausgelöst hat. Die örtliche Nähe zu den EU-Institutionen und die langjährige Erfahrung der belgischen Politiker und Beamten sollten jedoch dazu beitragen, dass eventuell notwendige Beschlüsse schnell gefasst werden. Aber auch die üblichen Punkte der Tagesordnung sind nicht ohne : die Schaffung der im Vertrag von Lissabon vorgesehenen neuen institutionellen Strukturen, die vom Ausschuss der Regionen besonders aufmerksam mitverfolgt werden wird; neue Impulse für den Binnenmarkt; die internationalen Klimaschutzverhandlungen; die Umsetzung des Stockholmer Programms auf dem Gebiet des Rechts, der Freiheit und der Sicherheit sowie die Fortführung des Erweiterungsprozesses. Schließlich stehen im Herbst noch die Haushaltsreform und die Gestaltung der künftigen Regionalpolitik an, die im 5. Kohäsionsbericht umrissen werden soll.Voraussichtlich werden bis dahin auch erste Vorschläge zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik vorliegen. Dies alles sind Themen, zu denen der Ausschuss der Regionen Stellung beziehen muss. Falls noch nicht geschehen, muss er sich und den Gemeinden und Regionen durch die Erarbeitung einer Stellungnahme oder die Teilnahme an den informellen Ministerräten Gehör verschaffen. Die Minister aus den anderen Mitgliedstaaten - zumindest jene, die erst seit Kurzem im Amt sind - werden nicht schlecht staunen, dass diese Sitzungen von Regionalministern geleitet werden. In der Tat werden in Belgien einige sektorale Zuständigkeiten auch im internationalen Kontext unmittelbar von den regionalen Gebietskörperschaften wahrgenommen. Ein anschauliches Beispiel für die Machbarkeit des vom Ausschuss der Regionen propagierten Konzepts. Für unsere belgischen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss der Regionen wird die größte Herausforderung im nächsten Halbjahr wohl kaum darin bestehen, die Bürgernähe Brüssels unter Beweis zu stellen. In ihrer delikaten Rolle als Vermittler und Mediatoren kommt ihnen die noch anspruchsvollere, ja einzigartige Aufgabe zu, die Europäer davon zu überzeugen, dass ganz Belgien dank der Multi-Level-Governance greifbar nahe ist. Der Ausschuss der Regionen und der belgische EU-Ratsvorsitz 3
Jerzy BUZEK Präsident des Europäischen Parlaments Zeit der Herausforderungen, Zeit der Gelegenheiten - Zeit für gemeinsames Handeln Belgien übernimmt den EU-Ratsvorsitz in einer Zeit großer Herausforderungen für Europa. Was heute so einfach als "Wirtschafts- und Finanzkrise" zusammengefasst wird, hatte weitreichende Folgen für viele Regionen und stellt neben der Arbeitsplatzsicherheit auch die Familienplanung und das wirtschaftliche Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger in Frage. Die Folgen der Krise sind nicht nur wirtschaftlicher und sozialer Natur, sie wirken sich auch auf Vertrauen und Solidarität als Grundpfeiler der europäischen Integration aus. Die Liste mit Europas langfristigen Herausforderungen ist hingegen nicht kürzer geworden:Von der Eindämmung des Klimawandels und der Verbesserung der Energiesicherheit bis zur Umsetzung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sind sie in die EU-2020-Strategie und das Programm des belgischen Ratsvorsitzes aufgenommen worden, die einen strategischen Rahmen für gemeinsames Handeln bieten. Jeder Krise wohnt auch eine Chance inne, und für jedes Problem kann im gemeinsamen Bemühen eine Lösung gefunden werden. Als direkte Vertreter der europäischen Bürgerinnen und Bürger können und werden das Europäische Parlament und der Ausschuss der Regionen einen Beitrag zur Förderung von Wachstum und besseren sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Bedingungen leisten. Die Kohäsionspolitik ist neben einem wesentlichen Instrument auch ein hervorragendes Beispiel dafür, wie alle Regionen in Europa von finanzieller Unterstützung und dem Lernen voneinander profitieren und dabei unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse das Beste aus ihren jeweiligen Besonderheiten machen können. Zudem wird im vor kurzem in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon die grundlegende Bedeutung des "Territorialen" als vornehmliche Ebene für Maßnahmen und Identifikation der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt. Nicht nur wurde der "territoriale Zusammenhalt" als allgemeines politisches Ziel anerkannt, durch den Vertrag wird auch das Subsidiaritätsprinzip auf lokale und regionale Akteure ausgeweitet - und somit insbesondere und vor allem die Rolle des Ausschusses der Regionen gestärkt. Gleichzeitig wird im Vertrag die zentrale Rolle des Europäischen Parlaments bestätigt, indem es hinsichtlich der Struktur- und des Kohäsionsfonds auf eine Ebene mit dem Rat gestellt wird. Ferner hat das Parlament stärkeren Einfluss auf den EU-Haushalt und kann auf gestärkte nationale Parlamente als Partner im Legislativverfahren zählen. Neue Vorrechte allein reichen jedoch nicht aus. Gebraucht wird eine Kohäsionspolitik, die Europa in die Lage versetzt, Krisen und Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Hierfür müssen Anpassungen vorgenommen werden - Debatten über die Reform der Kohäsionspolitik sind bereits angelaufen. Mit dem 5. Kohäsionsbericht und den Vorbereitungen für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen ergeben sich während des belgischen Ratsvorsitzes zwei konkrete Möglichkeiten. Das Europäische Parlament hat sich fest vorgenommen, das Beste aus diesen Möglichkeiten zu machen, und dies in enger Zusammenarbeit mit dem Ausschuss der Regionen und dem belgischen EU- Ratsvorsitz, damit die Kohäsionspolitik für Europas Regionen und seine Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin vorteilhaft ist. 4
Herman VAN ROMPUY Präsident des Europäischen Rates Unsere Reaktion auf die Krise In der Europäischen Union stehen wir heute an einem Scheideweg. Es ist eine Zeit des Aufbruchs mit der Erneuerung unseres institutionellen Systems durch den Vertrag von Lissabon, und gleichzeitig stehen wir vor wirtschaftlichen Herausforderungen in noch nie dagewesenem Umfang. Einige der Veränderungen im Zuge des Vertrags von Lissabon betreffen den Europäischen Rat. Er ist jetzt ein Organ für sich mit dem Auftrag, die "allgemeinen politischen Richtungen und Prioritäten der Union" zu definieren. In dieser koordinierenden, impulsgebenden Rolle muss er in Zukunft frühzeitiger im Politikprozess tätig werden und darf nicht einfach nur eine Art Berufungsgericht für festgefahrene Fälle des "normalen" Rats sein. Von erheblicher Bedeutung in diesem Kontext sind die Neuerungen in der Ratspräsidentschaft. Die große Stärke eines auf längere Zeit ernannten Präsidenten liegt in der Zeit, die er zur Verfügung hat. Nicht mehr sechs Monate, sondern zweieinhalb oder sogar fünf Jahre, also das Fünf- bzw. Zehnfache der bisherigen Zeitspanne. Außerdem übt der Ratspräsident sein Amt in Vollzeit aus, so dass er sich zur Vor- und Nachbereitung der Tagungen Zeit nehmen kann, ohne gleichzeitig noch die Regierung seines Landes leiten zu müssen. Und schließlich können die 27 Staats- und Regierungschefs nun bestimmen, wer auf ihren Tagungen den Vorsitz führt, statt wie bisher ein Rotationssystem zu haben, an dem nicht zu rütteln war. Aber noch bevor wir uns richtig auf die Veränderungen einstellen konnten, hat uns die Staatsverschuldungskrise getroffen, die in Griechenland ihren Anfang nahm. Nur der Europäische Rat konnte diese Aufgabe bewältigen, denn hier ging es darum, Kräfte und Potenziale in den Mitgliedstaaten und in der EU in einer gemeinsamen Anstrengung zu mobilisieren. Die ganze Tragweite der Schuldenkrise für das Regieren in der EU muss erst noch ermittelt werden, nicht zuletzt in einer Task-Force, deren Leitung mir übertragen wurde. Die Krise hat unsere gegenseitige Abhängigkeit deutlich gemacht. Der europäische Binnenmarkt bindet unsere Länder zusammen, ob wir den Euro haben oder nicht. Unsere Banken operieren über unsere Staatsgrenzen hinweg, Kredite werden international aufgenommen und vergeben, und die Regeln und Bestimmungen eines Mitgliedstaates beeinflussen auch die anderen. Kurz, wir sitzen alle im selben Boot. Genau deshalb musste unsere Antwort auf die Krise auf Verantwortlichkeit und Solidarität bauen. Wir haben einen der größten Finanzmechanismen aller Zeiten mobilisiert, allerdings mussten dafür strikte Maßnahmen getroffen werden, um eklatant überhöhte Defizite jenseits aller Nachhaltigkeit zu zügeln. Wir müssen unsere Lehren aus dieser Krise ziehen, um das Risiko zu vermindern, dass so etwas je wieder geschieht. Schauen wir über die unmittelbare Wirtschaftskrise hinaus, kommen wir nicht umhin, uns den strukturellen Aspekten der EU- Wirtschaft zuzuwenden, die unser Wirtschaftswachstum gebremst haben. Ein nur einprozentiges Wachstum reicht zur Aufrechterhaltung des "European way of life" nicht aus, besonders angesichts einer alternden Bevölkerung. In der Europa-2020- Strategie geht es um fundamentale Fragen. Es geht darum, sich auf Schlüsselfaktoren zu konzentrieren, die sich in der Zukunft entscheidend auf unser Wachstumspotenzial auswirken werden. Die Umsetzung der Strategie wird auch den Regionen und Kommunen einiges abverlangen. Zwei Drittel der öffentlichen Investitionen kommen EU-weit von der regionalen und lokalen Ebene, und diese verfügen auch über die grundlegenden politischen Zuständigkeiten, von denen der Erfolg der Strategie abhängen wird. Ich freue mich, dass der AdR jetzt den "Territorialpakt der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Europa-2020-Strategie" erörtert. Der Ministerrat muss diesen berücksichtigen, wenn er die Durchführungsmaßnahmen der Strategie verabschiedet. Der Ausschuss der Regionen und der belgische EU-Ratsvorsitz 5
José Manuel BARROSO Präsident der Europäischen Kommission Die Ziele der Europa-2020-Strategie erreichen Die Wirtschafts- und Finanzkrise, die wir gerade durchleben, hat uns um zehn Jahre zurückgeworfen. Das BIP der Europäischen Union dürfte zwar langsam wieder anziehen, aber noch ist das Ende aller Schwierigkeiten nicht abzusehen. Unsere Arbeitslosenzahlen sind zu hoch, und die Staatshaushalte der meisten Mitgliedstaaten müssen dringend in Ordnung gebracht werden. Das Gebot der Stunde lautet daher, Maßnahmen zu ergreifen, die uns aus der Krise führen und das Vertrauen wiederherstellen. Wir haben uns auf ein Konjunkturprogramm und einen Finanzstabilitätsmechanismus geeinigt, die aufeinander abgestimmt sind, um in Not geratene Mitgliedstaaten zu unterstützen. Wir müssen aber noch einen Schritt weiter gehen – ob bei der Abstimmung der Wirtschaftspolitik, der Lenkung Europas oder der Kontrolle und Regulierung der Finanzmärkte. Die Kommission hat eine ganze Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die in diese Richtung weisen und die auf der Tagesordnung des Europäischen Rates vom 17. Juni standen. Wir haben eine ordnungspolitische Debatte in Gang gesetzt. Wir haben langfristige strukturpolitische Entscheidungen getroffen, die für die Zukunft Europas von großer Bedeutung sind. Wir sind dabei, einen genauen Zeitplan für die Maßnahmen aufzustellen. Die Staats- und Regierungschefs haben auch der von der Kommission erarbeiteten Strategie Europa 2020, die die europäische Wirtschaft wieder in geordnete Bahnen lenken soll, grünes Licht erteilt. Um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit wiederzugewinnen, muss Europa zwei Probleme in den Griff bekommen: zum einen muss es seine öffentlichen Finanzen konsolidieren und zum anderen ein neues wissensbasiertes Wirtschaftsmodell mit geringen Emissionen und einer hohen Beschäftigungsquote entwerfen. Dies alles sind grundlegende Reformen, damit uns unsere soziale Marktwirtschaft und unser europäisches Gesellschaftsmodell erhalten bleiben. Um die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen, wird die Union daher sämtliche vorhandenen Instrumente und gemeinsamen Politiken mobilisieren. Eine besondere Rolle wird dabei der Kohäsionspolitik zukommen. Der Europäische Rat hat keinen Zweifel daran gelassen, dass der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt gefördert werden muss. Jetzt kommt es darauf an, den Worten Taten folgen zu lassen und die notwendigen Reformen zur Modernisierung unserer Wirtschaft einzuleiten. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen Union, Mitgliedstaaten, Sozialpartner und Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen. In Zeiten leerer Kassen müssen lokale und regionale Akteure am Aufbau eines prosperierenden, sozial besser integrierten Europa mitwirken. Ihre Einbeziehung ist von grundlegender Bedeutung, da ein Großteil der politischen Entscheidungen von den lokalen Körperschaften mit Leben erfüllt und umgesetzt wird. Belgien, Mitbegründer des europäischen Einigungswerks, übernimmt jetzt die Zügel im EU-Ministerrat. Wir wissen um seine Überzeugungskraft und sein Eintreten für die europäische Sache. Ich wünsche Belgien alles Gute für einen erfolgreichen Ratsvorsitz. 6
Yves LETERME belgischer Premierminister Belgischer Ratsvorsitz: mehr Kooperation und Kohärenz Der belgische Vorsitz des Rates der Europäischen Union fällt mit dem Beginn einer neuen Phase der europäischen Integration zusammen, weil der Lissabon-Vertrag endlich in Kraft getreten ist. In den nächsten Jahren wird Europas Zukunft nicht von einer weiteren Welle institutioneller Veränderungen geprägt sein, sondern von einer neuen Art und Weise, wie in einer Europäischen Union mit 27 Mitgliedsstaaten Politik gemacht wird. Dazu gehören mehr Kooperation und Kohärenz. Wir möchten helfen, eine neue, abgestimmte Dynamik unter den wichtigsten institutionellen Akteuren der Europäischen Union zu erzeugen: dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem Präsidenten der Europäischen Kommission, dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, dem Hohen Repräsentaten für Außen- und Sicherheitspolitik und der rotierenden Präsidentschaft. In den kommenden Monaten muss die Europäische Union effektiv auf Fragen von weltweiter Bedeutung reagieren. Erstens gilt es, einige sehr wichtige Maßnahmen abzuschließen, um mit der Wirtschaftskrise fertigzuwerden (nicht zuletzt auf den Gebieten Bankenaufsicht und finanzielle Stabilität), aber auch, um die strukturellen Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum zu schaffen (Strategie Europa 2020). Zweitens muss Europa auf sein Sozialmodell bauen und sicherstellen, dass dieses Modell nachhaltig ist. Hierzu gehört auch die Bekämpfung der Armut. Drittens müssen wir daran arbeiten, einen breiten Konsens rund um den Klimawandel zu erzielen. Im Bereich der Justiz und der Innenpolitik müssen wir auch den Stockholmer Programm ausführen. Und als Letztes wollen wir Europas Rolle als globaler Akteur verbessern: Unsere Beziehungen zu den G20, den internationalen Organisationen, den Schwellenländern und zu unseren Nachbarn müssen gestärkt werden. Diese Herausforderungen werden die volle Kooperation aller öffentlichen Behörden auf nationaler und regionaler Ebene erfordern sowie aller institutionellen Akteure in der Europäischen Union selbst. Der belgische Ratsvorsitz wird deshalb zu konzentrierten und raschen Beiträgen ermutigen. Dabei wird kein Akteur ausgeschlossen und bauen wir auf unsere große Vielfalt. Unserer Hauptzweck dabei heisst: „Gemeinsam für ein Europa der Tat!“ www.eutrio.be www.premier.be Der Ausschuss der Regionen und der belgische EU-Ratsvorsitz 7
Kris PEETERS Ministerpräsident der flämischen Regierung und flämischer Minister für Wirtschaft, Außenpolitik, Landwirtschaft und die Politik für den ländlichen Raum Die Einbindung der Regionen in die EU ist für Flandern eine Priorität Die Regionen Belgiens werden während des belgischen EU-Ratsvorsitzes eine wichtige Rolle spielen, denn im Rat der Europäischen Union wird Belgien in Abhängigkeit von der Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Landes nicht nur durch föderale, sondern auch durch regionale Minister vertreten. Auch während des belgischen EU-Ratsvorsitzes werden daher regionale Minister bei Ratstagungen den Vorsitz führen, beispielsweise in den Räten Fischerei, Umwelt, Bildung, Jugend und Sport. In diesen Politikbereichen wird Flandern die erforderlichen Vorbereitungsarbeiten übernehmen, informelle Treffen durchführen und so dazu beitragen, dass der belgische EU-Ratsvorsitz ein Erfolg wird. Dadurch bietet sich uns die einzigartige Gelegenheit, bei einer breiten Palette von Themenbereichen, die oftmals unmittelbare Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften haben, den Interessen der Regionen in der europäischen Politik ganz besonderen Nachdruck zu verleihen. Deswegen hat die flämische Regierung die Einbeziehung der Regionen und Bürger in die Politik der Europäischen Union denn auch zu einer ihrer Hauptzielsetzungen erklärt. Für bestimmte informelle Veranstaltungen und Treffen war dann auch eine Partnerschaft mit dem Ausschuss der Regionen eine naheliegende Option. Während des belgischen EU-Ratsvorsitzes gibt es einiges zu tun. Eines der wichtigsten Dossiers ist die Erarbeitung der Europa-2020- Strategie, vor allem das Kapitel über Forschung und Entwicklung (FuE). Zu diesem Thema findet im Oktober 2010 eine Sondertagung des Europäischen Rates statt. Die Lissabon-Strategie hat auch deswegen nicht immer die erhofften Ergebnisse gebracht, weil sie nicht genügend Unterstützung fand. Europa 2020 muss daher ein Projekt werden, das die Menschen inspiriert und mobilisiert, in das alle Regierungs- und Verwaltungsebenen eingebunden werden und sich mit ihm identifizieren. Für Flandern kommt es vor allem auf eine stärkere und strukturiertere Einbindung der regionalen Gebietskörperschaften an. Aus diesem Grund hat sich Flandern aktiv an den Arbeiten der Monitoring-Plattform für die Lissabon-Strategie des Ausschusses der Regionen beteiligt, und auch bei der Monitoring- Plattform für die Europa-2020-Strategie möchte Flandern eine aktive Rolle übernehmen. Auf diese Weise können die mehr als 100 lokalen und regionalen Akteure, die diese Plattform bilden, zu den politischen Standpunkten des Ausschusses der Regionen betreffend die Europa-2020-Strategie einen Beitrag leisten und untereinander bewährte Verfahrensweisen austauschen. Durch die Nachfolgestrategie zur Lissabon-Strategie soll der europäischen Wirtschaft neue Impulse verliehen werden. Innovation und die effiziente Nutzung der Ressourcen (nicht zuletzt auch mit Blick auf die Energieeffizienz) sind in diesem Zusammenhang von ausschlaggebender Bedeutung. Dieses Thema wird denn auch in der außerordentlichen Präsidiumssitzung des Ausschusses der Regionen am 9./10. September 2010 in Antwerpen, bei der ich Gastgeber sein werde, eingehend erörtert werden. Nachhaltigkeit und grüne Technologie werden übrigens auch auf der Tagesordnung verschiedener großer Veranstaltungen stehen, die Flandern im Rahmen des belgischen EU-Ratsvorsitzes organisieren wird. Dazu gehören beispielsweise der informelle Rat Umwelt zum Thema nachhaltige Materialwirtschaft, wissenschaftliche Konferenzen zur Energietechnologie, Bioökonomie sowie Meeresforschung und maritime Forschung, der Kongress zur nachhaltigen Entwicklung und eine Veranstaltung zum Thema nachhaltige Energieerzeugung aus Biomasse in Europa, die gemeinsam mit dem Ausschuss der Regionen durchgeführt wird. Der Rat Bildung, Jugend und Kultur möchte im November 2010 Schlussfolgerungen über die Bedeutung der Bildung für den Übergang zu einer grüneren und nachhaltigeren wissensbasierten Wirtschaft annehmen. Als Nachfolger Spaniens misst auch Belgien dem Bezug zwischen dem strategischen Rahmenprogramm für allgemeine und berufliche Bildung 2020 und der Europa-2020-Strategie große Bedeutung bei, wobei die Initiative "Jugend in Bewegung" eine der sieben Leitinitiativen bildet. Der flämische Minister für Bildung und Jugend wird übrigens in dieser Ratssitzung im Namen Belgiens den Vorsitz führen. Im Einklang mit der Europa-2020-Strategie hat Flandern ein eigenes Projekt "Flandern in Aktion" mit dem Ziel ins Leben gerufen, bis 2020 in Bezug auf wirtschaftliche Nachhaltigkeit und soziale Integration eine der fünf führenden Regionen Europas zu werden. Um zu gewährleisten, dass die sich aus dem Projekt "Flandern in Aktion" ergebenden Durchbrüche auch Wirklichkeit werden, wurde "Pakt 2020" lanciert. Dieser Pakt, der zwanzig konkrete Zielvorgaben enthält, zielt darauf ab, die Beschäftigungsquote zu erhöhen, die Arbeitsplätze zu verbessern und die durchschnittliche berufliche Laufbahn zu verlängern. Ich freue mich darauf, während des belgischen EU-Ratsvorsitzes gemeinsam mit dem Ausschuss der Regionen weitere Schritte zur Entwicklung der Europa-2020-Strategie unternehmen zu können und bewährte Verfahrensweisen und Langzeitstrategien zwischen den verschiedenen europäischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auszutauschen. www.flandern.be www.eutrio.be/flandern 8
Jean-Luc VANRAES für Finanzen, den Haushalt und die Charles PICQUÉ Außenbeziehungen Ministerpräsident zuständiger Minister der Regierung der der Regierung der Region Brüssel- Region Brüssel- Hauptstadt Hauptstadt Brüssel-Hauptstadt: Eine Hauptstadtregion im Zentrum der europäischen Politik Der belgische Ratsvorsitz 2010 gibt der Region Brüssel-Hauptstadt Gelegenheit, sich als starke und dynamische Region zu profilieren. Auch bietet er eine bislang einzigartige Gelegenheit, ihren europäischen Charakter hervorzuheben und die Bewohner der Stadt auf diese Tatsache hinzuweisen. Zudem sind die Präsenz und der Einfluss der Vertretungen lokaler und regionaler Gebietskörperschaften in den vergangenen 15 Jahren so groß geworden, dass Brüssel als Welthauptstadt der institutionellen Lobbyarbeit gelten kann1. Übergreifend verfolgt die Region Brüssel-Hauptstadt das Ziel, die Dynamik der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die europäische Debatte zu bringen. Diese Dynamik hat durch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon noch mehr Schwung bekommen, da in diesem Vertrag die Umsetzung des territorialen Zusammenhalts als Ziel der Gemeinschaft aufgeführt wird. In diesem Rahmen unterstützt die Region den Einsatz der Multi-Level-Governance für die Ausgestaltung der neuen EU-2020- Strategie. Diese Dynamik zugunsten der Rolle der Regionen sollte sich auch –schrittweise in den einzelnen Bereichen auf Ebene der Außenbeziehungen der EU (Union für den Mittelmeerraum usw.) fortsetzen, durch eine konkrete Einbindung der Regionen in europäische Projekte und Programme über die bestehenden Netze (ERRIN, NEREUS usw.) sowie über bilaterale Kooperationsabkommen der Regionen. Die städtische Dimension ist seit fast einem Jahrzehnt Hauptthema von Brüssel-Hauptstadt. Diese Dimension ist Wachstumsmotor für ihre Entwicklung, stellt die Region aber auch vor zahlreiche Herausforderungen, wie etwa demografischer Aufschwung, berufliche Eingliederung und nachhaltige Entwicklung. Zahlreiche Maßnahmen wurden bereits ergriffen, und in einem neuen regionalen Entwicklungsplan werden die Ziele für die kommenden zehn Jahre festgelegt werden. Brüssel-Hauptstadt unterstützt die Fortführung einer umfassenden Kohäsionspolitik nach 2013. Sie spielt eine äußerst wichtige Rolle für die Entwicklung der europäischen Städte. Daneben geht es in der Städtepolitik und dazugehörigen Programmen um zahlreiche weitere Aufgaben, so etwa um die Rolle der Städte als Teilhaber am Fortschritt unter Wahrung des sozialen Gleichgewichts und der Entwicklung des territorialen Zusammenhalts. Daher muss betont werden, dass die Strukturfonds eine konkrete Antwort auf das Erfordernis geben, sich der sozialen und räumlichen Polarisierung zu stellen. Sie ermöglichen es auch, im Einklang mit den europäischen Leitlinien (Lissabon, Leipzig-Charta, EU-2020-Strategie) die für eine nachhaltige Stadt und für die wirtschaftliche Entwicklung erforderlichen Ziele zu erreichen. Im Übrigen wird sich Brüssel insbesondere auf die Forschung konzentrieren, der Rat Wettbewerbsfähigkeit wird unter belgischem Vorsitz auf die Förderung einer voluntaristischen Vision unter Bekräftigung der Bedeutung der Forschung für die Erneuerung der Lissabon-Strategie im Sinne des übergreifenden Ziels einer "wissensbasierten Wirtschaft" ausgerichtet sein. www.bruxelles.irisnet.be 1 1994 gab es zwei Vertretungen, heute zählt Brüssel 243 Vertretungen. Der Ausschuss der Regionen und der belgische EU-Ratsvorsitz 9
Rudy DEMOTTE Ministerpräsident der wallonischen Regierung und der französischsprachig en Gemeinschaft Belgiens Die Rolle Walloniens und der Französischen Gemeinschaft Der am 1. Juli 2010 beginnende belgische Vorsitz im Ministerrat der EU ist eine Gelegenheit, unseren Partnern den hohen Entwicklungsstand des belgischen Föderalismus vor Augen zu führen, der den föderierten Regionen nicht nur weitreichende Autonomie in einer Vielzahl von Angelegenheiten verliehen, sondern ihnen auch die Rechts- und Geschäftsfähigkeit an die Hand gegeben hat, um diese Autonomie auf der internationalen Bühne wahrzunehmen. Auf der europäischen Ebene bringt diese einzigartige institutionelle Konfiguration eine Aufteilung der Vertretung Belgiens zwischen nationalen und regionalen Ministern mit sich, je nach den Sachgebieten der verschiedenen Ratsformationen, sowie eine turnusmäßige Aufgabenteilung zwischen den einzelnen Körperschaften. In dieser Eigenschaft spielen die Region Wallonien und die französischsprachige Gemeinschaft eine gewichtige Rolle im belgischen Ratsvorsitz, den sie im Zuge des Dreiervorsitzes Spanien-Belgien-Ungarn mit vorbereitet haben. Im EU-Ministerrat schlägt sich das in der Form nieder, dass die Region Wallonien den Vorsitz in den Ressorts Kohäsionspolitik, Industrie und Raumordnung führt. Darüber hinaus nimmt Wallonien im Namen Belgiens den Vorsitz in den Bereichen Binnenmarkt und Tourismus wahr. Die französischsprachige Gemeinschaft zeichnet ihrerseits für die Ressorts Kultur und Audiovisuelle Medien verantwortlich. Im Bereich Landwirtschaft nimmt die föderale Regierung den Vorsitz wahr, wobei sich aber Flandern und Wallonien nach dem Rotationsprinzip in der Vertretung des Landes abwechseln. In der Praxis bedeutet dies, dass die jeweils den Vorsitz führende Region auch die entsprechenden Tagungen (auf ministerieller und anderer Ebene) organisiert und leitet sowie die sich daraus ergebenden Dossiers verwaltet und die dazugehörige Koordination übernimmt. Die wallonische Regierung will durch professionelle Organisation das Ansehen des belgischen Föderalstaats auf internationalem Parkett stärken, gleichzeitig aber auch die Gelegenheit zur Förderung eigener Prioritäten nutzen, die sie sowohl in Belgien als auch auf europäischer Ebene voranbringen will. Im einzelnen handelt es sich vorrangig um eine erneuerte, neu gewichtete und gestärkte wirtschaftliche und soziale Strategie, eine Politik zugunsten eines engeren wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, ein zukunftsweisendes Bündnis zwischen Beschäftigung und Umweltschutz, eine ambitionierte, nachhaltige und solidarische Industriepolitik, eine europäische Politik der Unterstützung für die kulturelle Vielfalt in Europa und in der Welt sowie eine Landwirtschaft, die die Menschen ernährt und strukturgebend für die ländlichen Gebiete und die ländliche Wirtschaft ist. Vor allem die Kohäsionspolitik steht im Mittelpunkt der Debatten, sowohl als Instrument zur Umsetzung der EU-2020-Strategie als auch wegen der Grundsatzdiskussionen um ihre Zukunft, die jetzt eingesetzt haben. Der Einsatz für ein ausgewogenes Projekt Europa geschieht vor allem durch eine starke Kohäsionspolitik, die als Werkzeug zur Umsetzung der Europa-2020-Strategie konzipiert ist und für ein stetiges, nachhaltiges und ausgewogenes Wirtschaftswachstum überall in der Europäischen Union eine wichtige Rolle spielt. Der fünfte Kohäsionsbericht, dessen Vorlage durch die Kommission im Herbst 2010 erwartet wird, wird zentrales Diskussionsthema des Ministertreffens im November in Lüttich sein, das unter dem Thema "Bessere thematische und territoriale Balance der Kohäsionspolitik" steht. Im Rahmen dieses zentralen Themas wird erörtert werden, welche Lösungsansätze die Kohäsionspolitik für die Herausforderungen der EU von morgen im Bezug auf den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt bietet; die Interventionen sollten dabei auf eine begrenzte Zahl von Prioritäten konzentriert und der Zusammenhang mit den anderen Bereichen der Gemeinschaftspolitik sichergestellt werden. Insbesondere ist zu überlegen: Wo setzen wir innerhalb der Kohäsionspolitik die Prioritäten für Beschäftigung, Qualifizierung und soziale Inklusion? Darüber hinaus wird es um Fragen der geografischen Konzentration der Interventionen gehen, vor allem um die zentrale Entscheidung, ob es weiterhin strukturelle Interventionen außerhalb der Regionen mit Entwicklungsrückstand geben soll (Konvergenzziel), das heißt, ob an dem Ziel "Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" festgehalten werden soll. Wenn dem so ist, ist zu fragen, für welche Regionen, mit welchen Prioritäten und auf welche Weise. Wie lassen sich in diesen Gebieten die Ziele der Kohäsion mit den Zielen der regionalen Wettbewerbsfähigkeit vereinbaren? Muss die geografische Ausrichtung verstärkt werden? Brauchen Regionen, deren BIP unter dem EU-Durchschnitt liegt, besondere Beachtung? Muss das Konzept der "Übergangsregionen" beibehalten werden? Wie können die Rahmenbedingungen für Interventionen objektiver und gerechter gestaltet werden? Zur Beantwortung dieser entscheidenden Fragen wird Wallonien in seiner Rolle als Koordinator der belgischen Position zu einer Zeit seinen Beitrag leisten, wenn die strategischen Weichenstellungen für die Gestaltung des nächsten Programms anstehen. www.eutrio.be/wallonie-bruxelles www.wallonie.be www.cfwb.be 10
Karl-Heinz LAMBERTZ Ministerpräsident der Regierung der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens Grenzregionen und grenzüberschreitende Zusammenarbeit als Motoren der europäischen Integration Nach dem Wegfall der Binnengrenzen und der immer größer werdenden Mobilität innerhalb der EU ist der Integrationsprozess in den Augen zahlreicher Beobachter ins Stocken geraten.Vor dem Hintergrund der Globalisierung und der damit einhergehenden Probleme braucht Europa daher dringend neuen Elan und ein gemeinsames Zukunftskonzept. Ein wichtiger Lösungsansatz liegt meiner Meinung nach in der Verstärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Diese Kooperation kann zahlreiche Formen annehmen und wirkt auf vielseitige Art und Weise bereichernd für alle Beteiligten. Sie trägt zur Horizonterweiterung der Partner bei und ermöglicht gleichzeitig Synergien und effiziente Lösungsansätze, die im Alleingang unerreichbar gewesen wären. Bei der Förderung dieser neuen Zukunftsvision spielen die Regionen eine ganz bedeutende Rolle, denn je weiter die Globalisierung fortschreitet, desto stärker wird die Sehnsucht der Menschen nach regionaler Verankerung.Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass den Regionen eine wichtige Rolle bei der Festigung des europäischen Einigungsprozesses zukommt. Eine ganz besondere Aufgabe haben hierbei die Grenzregionen, aus deren Perspektive betrachtet Europa wie ein riesiger Flickenteppich erscheint, der durch zahlreiche Natstellen zusammengehalten wird. Diese große Vielfalt macht den wohl bedeutendsten Reichtum unseres Heimatkontinentes aus und damit auch dessen größte Zukunftschance. Umso wichtiger ist es, dass diese Nähte stark zusammenhalten, um zu verhindern, dass sich Risse bilden, sobald Druck ausgeübt wird. Die Geschichte der Grenzregionen zeigt, wie wichtig es ist, dass sich die EU-Staaten sehr intensiv mit dem Thema Grenzen beschäftigen, wenn sie den Weg zu ihrer eigenen Zukunft definieren und diese gemeinsam gestalten möchten. Grenzregionen sind seit jeher mit anderen Kulturen und Denkweisen konfrontiert und können daher als Laboratorium für den Ausbau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit verstanden werden. Die positiven Erfahrungen, die hier gemacht werden, inspirieren zu weiterführender Kooperation in der gesamten EU und wirken somit als Motor für die nächste Stufe der Integration. Als Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, des kleinsten Gliedstaates im belgischen Staatsgefüge und weltweit einer der kleinsten Regionen mit Gesetzgebungshoheit, mache ich tagtäglich die Erfahrung, dass die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg und mit den Nachbarn unerlässlich, ja sogar überlebenswichtig ist. Mit rund 75.000 Einwohnern grenzt die Deutschsprachige Gemeinschaft an das Königreich der Niederlande, an das Großherzogtum Luxemburg und an die Bundesrepublik Deutschland mit den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Sie ist seit vielen Jahren aktiver Partner in den Kooperationsverbünden der Euregio Maas-Rhein und der Großregion Saar-Lor-Lux. Sie nutzt die Kleinräumig entwickelten Lösungen und bewährten Verfahren der Nachbarn konsequent für ihre eigene Entwicklung, bringt sich systematisch in grenzüberschreitende Netzwerke ein und bemüht sich, eine Brücken- und Scharnierfunktion wahrzunehmen. In den letzten Jahren hatte ich darüber hinaus die Gelegenheit, verschiedenste Grenzregionen zu besuchen. Dabei konnte ich mich persönlich von der Vielfalt und Komplexität der Kooperationsformen an den alten und neuen Binnengrenzen der EU, an deren Außengrenzen sowie an zahlreichen Grenzen von Staaten ohne direkte Nachbarschaft zur EU überzeugen. Überall an diesen Nahtstellen ist der bedeutende Mehrwert der Zusammenarbeit für die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften dies- und jenseits der Grenze eindeutig und sichtbar, auch wenn sie die handelnden Personen und Einrichtungen immer wieder vor große Herausforderungen stellt. Ich freue mich daher ganz besonders, dass das Thema der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit einen wichtigen Stellenwert im Rahmen der belgischen Ratspräsidentschaft einnimmt. So wird am 1. Oktober 2010 in Tournai ein Seminar zur grenzüberschreitenden territorialen Zusammenarbeit stattfinden, an dem auch die Fachkommission COTER beteiligt sein wird. Zudem werden die Deutschsprachige Gemeinschaft und die Wallonische Region anlässlich der Open Days 2010 mit Partner aus der Großregion und dem Oberrhein das Projekt Metroborder sowie das Thema des Bürgerengagements aufgreifen. Ich hoffe, dass zahlreiche interessierte Teilnehmer aus der gesamten EU an diesen wichtigen Gelegenheiten des Gedankenaustausches teilnehmen werden. www.dg.be Der Ausschuss der Regionen und der belgische EU-Ratsvorsitz 11
Michel LEBRUN Erster stellvertretender Vorsitzender der Kommission für Finanz- und Verwaltungsfragen des AdR Interview mit Michel Lebrun, Leiter der belgischen Delegation Weshalb haben Sie die Herausforderung als Leiter Ihrer nationalen Delegation im Ausschuss der Regionen angenommen? Der Ausschuss der Regionen ist eine relativ junge Institution, die noch Unterstützung braucht, um den Kinderschuhen ganz zu entwachsen und die Anerkennung zu erhalten, die sie verdient. Aufgrund meiner Erfahrungen als Minister, meiner Mitgliedschaft im Ausschuss seit mehr als 15 Jahren und meines Interesses an internationalen Fragen kenne ich diese Institution und ihr komplexes Räderwerk: Es ist mir ein Vergnügen, die neuen Delegationsmitglieder bei der Entdeckung des Ausschusses zu begleiten, aber auch die Gesamtheit der belgischen Mitglieder zu vertreten. Ich möchte unser Team dafür begeistern, effizient an verschiedenen uns wichtigen Themen zu arbeiten. Welches sind die wichtigsten Fragen, die die Europäische Union nach Ansicht der Gebietskörperschaften Ihres Landes angehen sollte? Die energiepolitische Herausforderung lokal, unions- und weltweit anzugehen, ist sicherlich eines der großen Ziele des 21. Jahrhunderts. Es ist von grundlegender Bedeutung, die Wirkung zu berücksichtigen, die eine "kleine Gebietskörperschaft" hier haben kann; deshalb hat die Europäische Union ein Interesse daran, solche lokalen Projekte zu unterstützen. Gleichzeitig steht auch der Verkehr im Zentrum der Debatte: Die Institutionen müssen sowohl über den Eisenbahn- als auch über den Autobahn- und den Binnenschiffverkehr eingehend diskutieren.Transportmöglichkeiten für alle, Mobilität,Treibhausgasemissionen: Die EU muss unsere Gebietskörperschaften bei der Bewältigung dieses Problems unterstützen. Und schließlich ist allen die derzeitige Wirtschaftslage bekannt: Es müssen konkrete und wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um eine von der Krise schwer gebeutelte Wirtschaft wieder anzukurbeln. Erhalt von Arbeitsplätzen, Coaching von Arbeitssuchenden, Unterstützung der Forschung und Neukonzipierung unseres Bildungssystems: Auch das sind lokale und regionale Ziele, für die der Rückhalt in der EU erforderlich ist. Wie wollen Sie die Kommunikation über die EU in Ihrem Land verbessern und dabei mit den Verbänden zusammenarbeiten, die die Gebietskörperschaften vertreten? Als Erstes möchte ich an eines der Ziele des Vertrags von Lissabon erinnern: Europa soll auf der Grundlage einer gezielteren und direkteren Kommunikation ein menschlicheres Antlitz bekommen, bürgernah und offen für die Belange der Bevölkerung sein. In diesem Zusammenhang sollten wir nicht vergessen, dass die Schlüsselrolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Vertrag von Lissabon anerkannt wird - durch die ausdrückliche Ausweitung des Subsidiaritätsprinzips auf diese Ebene und durch die Schaffung von Instrumenten, die den Gemeinden und Regionen die Kontrolle der ordnungsgemäßen Anwendung dieses Prinzips ermöglichen. Der Vorsitzende einer Delegation ist auch ein wichtiges Bindeglied bei diesem Aspekt der Bürgernähe. Ebenso wie seine Delegationskollegen ist er ein Akteur vor Ort, der den Bürgerinnen und Bürgern nahe steht. Und wenn er Anliegen und Vorhaben an seine Gebietskörperschaften weiterleitet, so kann er das über den Ausschuss der Regionen auch auf europäischer Ebene tun. So kann ein Bürgermeister oder Abgeordneter, nachdem er mit einem Bürger gesprochen hat, dessen Ansichten an die europäischen Stellen weiterleiten. Schließlich spielt eine von ihrem Leiter engagiert geführte nationale Delegation wirklich eine Schlüsselrolle bei der Kommunikation zwischen den regionalen Gebietskörperschaften und dem Ausschuss der Regionen. 12
Europäischen Kommission vereinbart, dass die Kommission in regelmäßigen Abständen darüber Bericht erstattet, inwieweit unsere Stellungnahmen berücksichtigt wurden. Und ich möchte auch noch einmal betonen, dass die politische Arbeit des Ausschusses der Regionen nicht nur aus der Vorlage von Stellungnahmen besteht. Wir haben auch noch andere Instrumente, um Einfluss auf die europäische Beschlussfassung zu nehmen. Könnten Sie ein Beispiel hierfür nennen? Diesbezüglich verweise ich gerne auf meine Zeit als Präsident. Aus der Luc Überzeugung heraus, dass alle Regierungs- und Verwaltungsebenen, von der VAN DEN BRANDE kommunalen bis zur europäischen Ebene, ihren eigenen und spezifischen Vorsitzender der AdR- Beitrag zum Zustandekommen von Lösungen beisteuern müssen, habe ich Fachkommission für das Konzept des Regierens auf mehreren Ebenen, die Multi-Level- Unionsbürgerschaft, Regieren, institutionelle Governance, erneut und nachdrücklich auf die europäische Agenda gesetzt. Fragen und Europa kann schlicht und einfach keine Antworten auf den Klimawandel Außenbeziehungen geben, wenn die Mitgliedstaaten und die Regionen und die Städte und Gemeinden hierbei nicht aktiv mitwirken und einbezogen werden. Wir haben hierzu mit Wissenschaftlern mehrere Workshops und in Brügge mit dem Europa-Kolleg eine große Konferenz veranstaltet, wir haben ein Interview mit Luc Van den Brande Weißbuch zur Multi-Level-Governance erstellt, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Reflexionsgruppe, der "Rat der Weisen", unter dem Vorsitz des Vorsitzender der AdR-Fachkommission ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Felipe González hat in ihrem für Unionsbürgerschaft, Regieren, Abschlussbericht auf die Bedeutung der Multi-Level-Governance für das europäische Regieren hingewiesen. institutionelle Fragen und Kurz gesagt: Unsere Stellungnahmen werden inhaltlich immer bedeutsamer, und es gelingt uns, Themen, die für regionale und lokale Gebietskörperschaften Außenbeziehungen von Interesse sind, auf die europäische Tagesordnung zu setzen. Luc Van den Brande ist gewissermaßen ein Mann der ersten Stunde des Als Präsident des Ausschusses der Regionen haben Sie Ausschusses der Regionen: Seit Gründung des Ausschusses im Jahr 1994 ist auch über verschiedene Initiativen versucht, die politische er als Mitglied dabei. Er war u.a. Leiter der belgischen Delegation.Von 2006 Resonanz des Ausschusses zu verstärken. bis 2008 war er Erster Vizepräsident und von 2008 bis Februar 2010 Das ist richtig. Ich habe mit Unterstützung durch die Europäische Kommission Präsident des Ausschusses der Regionen. Derzeit ist er Vorsitzender der die Initiative "europäische Unternehmerregion" (European Entrepreneurial Fachkommission für Unionsbürgerschaft, Regieren, institutionelle Fragen und Region - EER) ins Leben gerufen. Die europäische Unternehmerregion (EER) Außenbeziehungen (CIVEX). ist ein Projekt, mit dem EU-Regionen mit der vielversprechendsten politischen Vorstellung von Unternehmertum gewürdigt werden sollen. Unabhängig von Wie würden Sie den Ausschuss der Regionen beschreiben? ihrer Größe, ihrem finanziellen Hintergrund und ihren Befugnissen können sich In meiner Amtszeit als Präsident haben wir mit den 344 Mitgliedern des alle Regionen in der Europäischen Union um diese Auszeichnung bewerben. Die Ausschusses eine "Grundsatzerklärung zu den Aufgaben" aufgestellt, weil wir Regionen mit dem glaubwürdigsten und zukunftsorientiertesten Aktionsplan es für wichtig hielten, dass wir selbst sagen, wofür wir stehen. Die werden mit dem von der EU vergebenen Titel "Unternehmerregion des Jahres" Grundsatzerklärung beginnt mit folgenden Worten: "Der Ausschuss der ausgezeichnet. Das ist nicht einfach ein Preis unter vielen, sondern ein Regionen ist die Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der europäisches Gütesiegel für ein zukunftsgerichtetes Projekt, vergleichbar mit der Europäischen Union. Wir sind eine politische Versammlung, der gewählte Europäischen Kulturhauptstadt. Mandatsträger der regionalen und lokalen Ebene im Dienste der europäischen Eine andere Initiative, die ich hier nennen möchte, ist die "Versammlung der Integration angehören. Gestützt auf unsere politische Legitimation sorgen wir lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer" (ARLEM), die für die institutionelle Vertretung aller Gebiete, Regionen, Städte und das Ziel verfolgt, der Partnerschaft Europa-Mittelmeer eine regionale und lokale Gemeinden der Europäischen Union. Unsere Aufgabe ist es, die regionalen Dimension zu verleihen. Die ARLEM hat 84 Mitglieder - die Hälfte sind Mitglieder und lokalen Gebietskörperschaften in die Beschlussfassung der Union des Ausschusses der Regionen, die andere Hälfte Vertreter lokaler und regionaler einzubinden und somit eine bessere Teilhabe der Unionsbürger zu fördern." Gebietskörperschaften aus den 16 Partnerländern im Mittelmeerraum. Die Der Ausschuss der Regionen möchte Regionen, Städte und ARLEM wurde Anfang des Jahres in Barcelona gegründet. Trotz der politischen Gemeinden auf europäischer Ebene vertreten und sie in den und institutionellen Probleme in der Region möchten wir zum Ausdruck europäischen Beschlussfassungsprozess einbeziehen. Ist bringen, dass eine Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen dieses Ziel nicht eher illusorisch vor dem Hintergrund, dass Gebietskörperschaften möglich ist und Ergebnisse hervorbringen kann. der Ausschuss nur eine beratende Rolle hat? Gemäß den europäischen Verträgen hat der Ausschuss tatsächlich eine Und was haben die Regionen, Städte und Gemeinden davon? beratende Funktion. Bei der Aufstellung europäischer Rechtsvorschriften, die Ob sie unmittelbar etwas davon haben, weiß ich nicht. Eines steht jedoch fest: für regionale und lokale Gebietskörperschaften von Bedeutung sind, ist die Der Ausschuss der Regionen versucht, die Distanz zwischen den Bürgerinnen Europäische Kommission verpflichtet, eine Stellungnahme des Ausschusses und Bürgern und der europäischen Beschlussfassung zu verringern. Die einzuholen. Hiervon betroffene Politikbereiche sind z.B. Bildung, Gesundheit, Gestaltung der europäischen Politik ist nicht nur Sache der Europäischen sozialer und wirtschaftlicher Zusammenhalt, Klimawandel, Energie usw. Kommission, des Europäischen Rates oder des Europäischen Parlaments. Sie Darüber hinaus kann der Ausschuss auch von sich aus tätig werden und ist auch Sache der Regionen und Gemeinden. Und wenn es uns nicht gelingt, Initiativstellungnahmen vorlegen. Ich bin mir zwar durchaus bewusst, dass es die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften stärker in die europäische sich hierbei lediglich um Stellungnahmen handelt - aber mit den Jahren sind die Beschlussfassung einzubeziehen, ist zu befürchten, dass "Europa" für viele Stellungnahmen des Ausschusses qualitativ immer besser geworden, und sie Bürger der Sündenbock für alles bleibt, was schiefgeht oder schiefgehen werden im Gesetzgebungsverfahren beachtet. Außerdem haben wir mit der kann. Und das wäre dann besonders schade. Der Ausschuss der Regionen und der belgische EU-Ratsvorsitz 13
Die belgische Delegation im Ausschuss der Regionen Die belgische Delegation im Ausschuss der Regionen zählt zwölf Mitglieder und zwölf stellvertretende Mitglieder. Delegationsleiter ist Michel Lebrun. Diese bürgernahen Mandatsträger repräsentieren die regionale Vielfalt und die drei Sprachgemeinschaften Belgiens (die flämische, die französische und die deutschsprachige Gemeinschaft). Die interministerielle Konferenz für Außenpolitik erstellt eine Liste von Kandidaten, die von den Regionen und Gemeinschaften anhand geografischer und politischer Kriterien sowie unter Berücksichtigung einer spezifischen Verteilung zwischen den Regierungen der Regionen und Gemeinschaften vorgeschlagen werden. In jeder der beiden großen Sprachgemeinschaften (der flämischen und der französischen) sind jeweils ein Sitz eines Mitglieds und ein Sitz eines Stellvertreters zwei Vertretern dieser Gemeinschaften aus der Region Brüssel-Hauptstadt vorbehalten. Die beiden großen Sprachgemeinschaften stellen der deutschsprachigen Gemeinschaft abwechselnd einen ihrer Sitze zur Verfügung; der Wechsel findet nach der Hälfte der Mandatsperiode der belgischen Delegation statt. Die Föderalregierung trifft auf der Grundlage der vorgeschlagenen Mitgliederliste eine Entscheidung und übermittelt diese dem Rat der Europäischen Union, der die Mitglieder des Ausschusses der Regionen ernennt. CHABERT Jos (EVP) Mitglieder BOURGEOIS Geert (EA) Stellvertreter im Parlament der Region Minister der Regierung von Flandern Brüssel-Hauptstadt DESGAIN Xavier (NI) DE VITS Mia (SPE) Mitglied des Wallonischen Parlaments Mitglied des Flämischen Parlaments ISTASSE Jean-François (PSE) FICHEROULLE Paul (SPE) Mitglied des Parlaments der Mitglied des Stadtrats von Charleroi Französischen Gemeinschaft LAMBERTZ Karl-Heinz (SPE) LEBRUN Michel (EVP) Ministerpräsident der Regierung der Mitglied des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Französischen Gemeinschaft PICQUÉ Charles (SPE) ROEGIERS Jan (SPE) Ministerpräsident der Regierung der Mitglied des Flämischen Parlaments Region Brüssel-Hauptstadt VAN DEN BRANDE Luc (EVP) SAUWENS Johan (EVP) Vorsitzender des Verbindungsbüros Mitglied des Flämischen Parlaments Flandern-Europa DE LAMOTTE Michel (EVP) Stellvertreter CALUWE Ludwig (EVP) Mitglied des Parlaments der Mitglied des Flämischen Parlaments Französischen Gemeinschaft DISABATO Emmanuel (NI) HENDRICKX Marc (EA) Mitglied des Wallonischen Parlaments Mitglied des Flämischen Parlaments 14
HUTCHINSON Alain (SPE) Stellvertreter MOERMAN Fientje (ALDE) Mitglied des Parlaments der Region Mitglied des Flämischen Parlaments Brüssel-Hauptstadt PESZTAT Yaron (NI) PEHLIVAN Fatma (SPE) Mitglied des Parlaments der Region Mitglied des Flämischen Parlaments Brüssel-Hauptstadt POLEYN Sabine (EVP) VAN DER TAELEN Luckas (NI) Mitglied des Flämischen Parlaments Mitglied des Flämischen Parlaments VANRAES Jean-Luc (ALDE) ZRIHEN Olga (SPE) Minister der Regierung der Region Mitglied des Wallonischen Parlaments Brüssel-Hauptstadt Der institutionelle und territoriale Aufbau Belgiens ""Belgien ist ein Föderalstaat, der sich aus den Gemeinschaften und Die Regionen üben in ihrem jeweiligen Gebiet Befugnisse aus in den Regionen zusammensetzt", so lautet Artikel 1 der belgischen Bezug auf Wirtschaft, Beschäftigung, Wohnungsbau, öffentliche Verfassung. Das bedeutet, dass die Entscheidungsbefugnis in Arbeiten, Energie, Verkehr, Umwelt und Raumordnung. Belgien nicht zentralisiert, sondern auf den Föderalstaat, drei Darüber hinaus betreffen die Befugnisse der Regionen und Gemeinschaften und drei Regionen verteilt ist. Gemeinschaften auch die internationalen Beziehungen in ihrem Die drei Regierungsebenen sind selbstständig, verfügen über jeweiligen Zuständigkeitsbereich. wichtige Befugnisse und sind auch für die internationale Organisation des Vorsitzes Zusammenarbeit zuständig, worunter auch der Abschluss einschlägiger Verträge fällt. Der belgische EU-Ratsvorsitz wird auf der Grundlage einer Seit Belgien 1993 ein Föderalstaat wurde, hat die föderale zwischen der föderalen Regierung, den drei Gemeinschaften und Ebene einige Befugnisse inne, die alle Belgier betreffen und die den drei Regionen vereinbarten Aufteilung ausgeübt. für das gesamte Staatsgebiet ausgeübt werden. Hierbei handelt Da es in der Europäischen Union um eine ganze Reihe von es sich um Außenbeziehungen, Verteidigung, Justiz, soziale Politikbereichen geht, für die in Belgien die Regionen und die Sicherheit und einen wesentlichen Teil der Gesundheitspolitik Gemeinschaften auch zuständig sind, werden sie eng in die sowie des Inneren. belgische Vertretung und die Festlegung von Standpunkten auf Die Gemeinschaften sind staatliche Einheiten, die auf der europäischer Ebene einbezogen. jeweiligen Sprache gründen. Da Belgien drei Amtssprachen hat, gibt es auch drei Gemeinschaften: die Flämische Gemeinschaft, Im Rat der Europäischen Union kann Belgien durch einen die Französische Gemeinschaft und die Deutschsprachige föderalen, einen Regional- oder einen Gemeinschaftsminister Gemeinschaft. Das Territorium der Gemeinschaften entspricht vertreten werden, je nach Aufteilung der Befugnisse in Belgien. den Sprachgebieten: das flämische Sprachgebiet, das So werden während des belgischen Ratsvorsitzes sowohl französische Sprachgebiet, das deutsche Sprachgebiet. föderale als auch Regional- und Gemeinschaftsminister den Die Gemeinschaften sind, auf ihren jeweiligen Territorium, Vorsitz übernehmen. Die genaue Regelung hierfür ist in einem zuständig für alle Fragen, die die Flämischsprachigen, die Abkommen über die Zusammenarbeit festgehalten. Französischsprachigen und die Deutschsprachigen angehen, Für jeden Rat wird in Absprache mit den befugten Vertretern auf wie etwa Sprache, Kultur, Unterrichtswesen, audiovisueller föderaler, regionaler und auf Gemeinschaftsebene ein belgischer Sektor und Hilfe für bedürftige Personen. Standpunkt festgelegt. Die Regionen und die Gemeinschaften Belgien zählt drei Regionen: die Flämische Region, die Region haben diesbezüglich auch eine Aufgabenverteilung vereinbart, Brüssel-Hauptstadt und die Wallonische Region. Das Territorium die bestimmt, welche Ebene für welches Politikfeld den der Flämischen Region entspricht dem flämischen Sprachgebiet. belgischen Vorsitz übernimmt. Das Territorium der Wallonischen Region besteht aus dem französischen und dem deutschen Sprachgebiet. Das Territorium der Region Brüssel-Hauptstadt besteht aus dem zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt.. www.eutrio.be www.belgium.be Der Ausschuss der Regionen und der belgische EU-Ratsvorsitz 15
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