Unsere Arbeitsgemeinschaft blickt auf 10 Jahre erfolgreiche Arbeit zurück und stellt sich weiterhin dem Wandel in unserer Gesellschaft - LAG AVMB BW

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LANDESARBEITSGEMEINSCHAFT
DER ANGEHÖRIGENVERTRETUNGEN IN EINRICHTUNGEN
FÜR MENSCHEN MIT GEISTIGER BEHINDERUNG IN
BADEN-WÜRTTEMBERG E.V.

                              Unsere Arbeitsgemeinschaft
                                        blickt auf 10 Jahre
                                erfolgreiche Arbeit zurück
                             und stellt sich weiterhin dem
                            Wandel in unserer Gesellschaft

                           Ein Arbeitsbericht der LAG AVMB BW für
                                    Eltern, Angehörige und Betreuer
            von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung
Jahresbericht 2010

Inhalt                                              Seite

10 Jahre LAG AVMB Baden-Württemberg                    1
Unsere Einbindung auf Landes- und Bundesebene          2
Vorstand und Beirat                                    2
Unsere Arbeit 2010                                     3
  Kontaktgespräche                                     3
  Mitgliederversammlung                                4
  Informationsforum                                    5
  Landeskonferenz kommunaler Angehörigenvertreter      6
Berichte von Veranstaltungen                           7
Ausblick und Fazit                                    13
Jahresbericht 2010
Mit diesem Rückblick wollen Vorstand und Beirat der LAG AVMB Baden-Württemberg den
Mitgliedern Rechenschaft über ihre Arbeit im vergangenen Jahr geben und bei interessierten
Angehörigenvertretungen und ihren Mitgliedern darum werben, unserem Verband beizutreten.
Wir wenden uns hier zwar nicht an die Träger der Einrichtungen, aus denen unsere Mitglieder,
Angehörigenvertretungen und Angehörigenvertreter, kommen, begrüßen es aber, wenn dort
unser Bericht beachtet wird.
Kommentare sind uns ebenso wie Rückfragen allseits willkommen.

          10 Jahre LAG AVMB Baden-Württemberg
Am 11. September 2000 fand auf Initiative          munalen Teilhabeplanung aller Stadt- und
von Anton Dietenmeier bei der Caritas Stutt-       Landkreise Baden-Württembergs“.
gart ein „Interfraktionelles Treffen der Ange-     Das     Baden-Württembergische       Landes-
hörigenvertretungen von Menschen mit Be-           Heimgesetz schreibt die unabhängige Mitwir-
hinderung“ statt. Das war die Gründungsver-        kung der Eltern, Angehörigen und Betreuer
sammlung unseres Verbandes, der sich im            in den Wohneinrichtungen fest. Dies ist nach
August 2001 den Namen „Landesarbeitsge-            einer überzeugenden Darstellung unserer
meinschaft Angehörigenvertreter in Einrich-        LAG im Anhörungsverfahren entgegen Wi-
tungen der Anthroposophie, Caritas, Diako-         derständen anderer Verbände erfolgt. Wir
nie und Lebenshilfe für Menschen mit geisti-       haben dargelegt, dass „die Angehörigen und
ger und mehrfacher Behinderung in Baden-           Betreuer geistig behinderter Heimbewohner
Württemberg“ gab und schließlich im Okto-          einen wohlbegründeten Anspruch auf ein
ber 2002 unter dem heutigen Namen „Lan-            „eigenes“    Mitwirkungsgremium     (haben),
desarbeitsgemeinschaft der Angehörigenver-         (...). Denn während das Heim bzw. die
tretungen in Einrichtungen für Menschen mit        Heimleitung zunächst „nur“ den Heimvertrag
geistiger Behinderung in Baden-Württemberg         zu erfüllen hat, tragen die Angehörigen und
e.V. – LAG AVMB BW“ in das Vereinsregister         Betreuer ja im Allgemeinen die Verantwor-
eingetragen wurde.                                 tung für das gesamte Wohlergehen ihrer
Obwohl nicht von allen Verbänden in der            Betreuten (…), die ihnen das Heim nicht –
Behindertenhilfe Baden-Württembergs wohl-          auch nicht teilweise – abnehmen sondern nur
wollend begrüßt, wurde unsere LAG bald als         tragen helfen kann.“
kompetenter und aktiver Gesprächs- und             Unsere LAG unterstützt ihre Mitglieder nicht
Mitwirkungspartner von Politik und Verwal-         nur durch „Lobbyarbeit“, sondern auch direkt
tung akzeptiert. Von Oktober 2001 bis März         durch regelmäßige Informationsveranstal-
2003 war sie zum Beispiel in der Arbeits-          tungen, Memoranden und Handreichungen.
gruppe „Modellprojekt Persönliches Budget“         Die erste Informationsveranstaltung im Juli
des Baden-Württembergischen Sozialministe-         2001 befasste sich mit dem „Persönlichen
riums vertreten, und im Juni 2002 führte sie       Budget“ und der „Situation in der Behinder-
erste Gespräche mit den Landeswohlfahrts-          tenhilfe“. Seitdem steht im Mittelpunkt jeder
verbänden, die nach der Verwaltungsstruk-          Informationsveranstaltung     ein   aktuelles
turreform mit dem KVJS fortgesetzt wurden          Thema, zuletzt, im Juli 2010, „Menschen mit
und schließlich zu regelmäßigen Konsultati-        geistiger Behinderung im Krankenhaus“. Zu
onsgesprächen („Vierergesprächen“) mit den         diesem Thema, dessen Brisanz auf der In-
Kommunalverbänden KVJS, Städtetag und              formationsveranstaltung sehr deutlich wurde,
Landkreistag führten.                              hat unsere LAG auch die neueste Handrei-
Mitwirkung der Eltern, Angehörigen und Be-         chung erstellt, die große Resonanz gefunden
treuer von Menschen mit geistiger Behinde-         hat.
rung auf allen Ebenen – ohne Beeinträchti-         Unsere erste Handreichung im Jahr 2005
gung des Selbstbestimmungsrechtes der              hieß: „Wir brauchen eine bessere gesetzliche
Menschen mit Behinderung – war von Anbe-           Verankerung der Eltern-, Angehörigen- und
ginn eines der wesentlichen Ziele unserer          Betreuer-Beiräte in den Einrichtungen der
LAG. Seit der Verwaltungsstrukturreform ist        Behindertenhilfe!“ Dies ist mit dem Landes-
daher einer der Schwerpunkte unserer Arbeit        Heimgesetz geschehen.
die „Realisierung einer qualifizierten, struktu-
rierten und legitimierten Mitwirkung der El-       Ein wichtiges Element der Arbeit unserer
tern, Angehörigen und Betreuer in der kom-         Landesarbeitsgemeinschaft sind unsere seit

Mai 2011                                                                                      1
Jahresbericht 2010

2006 jährlich veranstalteten „Landeskonfe-      aktiv und engagiert“. 2007 betonten wir:
renzen der Angehörigenvertreter zu den          „Unsere Arbeitsgemeinschaft gestaltet part-
kommunalen Teilhabe-Planungen“. Sie die-        nerschaftlich kritische Mitwirkung“, und 2008
nen der Information über aktuelle Entwick-      konnten wir berichten: „Unsere Arbeitsge-
lungen in der Behindertenhilfe und einem        meinschaft begrüßt die wachsende Akzep-
intensiven Erfahrungsaustausch der Konfe-       tanz der Angehörigenmitwirkung“. Noch im-
renzteilnehmer untereinander. Hiermit be-       mer gilt das Jahresmotto 2009: „Unsere Ar-
fördert die LAG die noch immer nur teil-        beitsgemeinschaft      begrüßt die UN-Behin-
weise zufrieden stellende Angehörigenvertre-    dertenrechtskonvention und beobachtet ihre
ter-Mitwirkung auf kommunaler Ebene.            Auswirkungen in unserer Gesellschaft“.
Einen Jahresbericht in der vorliegenden Form    Und auch das Fazit des Jahresberichts 2009
haben wir erstmals für das Jahr 2003 er-        gilt noch: „Es wäre (…) bedauerlich, wenn
stellt. Das Titelmotto lautete damals: „Unse-   wir in unseren Anstrengungen nachlassen
re Arbeitsgemeinschaft hat sich etabliert“.     oder gar angesichts der vielen Baustellen
2004 hieß es „Unsere Arbeitsgemeinschaft ist    den Mut oder die Lust verlieren würden.“

    Unsere Einbindung auf Landes- und Bundesebene
LAG Selbsthilfe Baden-Württemberg                Werkstätten und Wohneinrichtungen für
                                                 Menschen mit Behinderungen (BKEW).
Auf Landesebene ist unser Verband seit
2005 Mitglied in der Landesarbeitsgemein-        Der BKEW ist der einzige Angehörigen-
schaft Selbsthilfe behinderter Menschen          bzw. Angehörigenvertreter-Verband auf
Baden-Württemberg e.V. Die LAG Selbst-           Bundesebene, der nicht „fraktionsgebun-
hilfe Baden-Württemberg ist Mitglied der         den“ ist, d. h. er ist nicht in der Nähe oder
Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe.           gar abhängig von einem Trägerverband
                                                 von Einrichtungen der Behindertenhilfe.
Die LAG Selbsthilfe Baden-Württemberg ist
der Dachverband von rund 60 Selbsthilfe-         Tübinger Initiative
verbänden von Menschen mit Behinderun-           gegen die Bioethik-Konvention
gen. Sie kann zum Beispiel die den Behin-
dertenverbänden gesetzlich eingeräumten          Auf „ethischer Ebene“ unterstützt unser
Mitwirkungs- und Klagerechte wahrneh-            Verband die Tübinger Initiative gegen die
men. Sie ist zurzeit mit der „Regie“ der         Bioethikkonvention. Sie wurde 1996 ge-
Arbeitsgruppe    „Umsetzung    der   UN-         gründet, um den geltenden Embryonen-
Konvention auf Landesebene“ des Landes-          schutz zu erhalten.
Behindertenbeirat beauftragt, in welcher         Die Tübinger Initiative fördert einen regen
auch die LAG AVMB Baden-Württemberg              Austausch über den aktuellen Stand der
mitwirkt.                                        Biomedizin und die Auswirkungen, die sich
                                                 daraus für Angehörige von Menschen mit
BKEW                                             Behinderungen ergeben können. Ihre
                                                 Arbeit hat durch die noch immer andau-
Auf Bundesebene ist die LAG AVMB Baden-
                                                 ernde gesellschaftliche Debatte über die
Württemberg Mitglied im Bundesverband
                                                 Präimplantationsdiagnostik (PID) durchaus
von Angehörigen- und Betreuerbeiräten in
                                                 an Aktualität gewonnen.

                            Vorstand und Beirat
Der Vorstand der LAG AVMB Baden-                Vorstand
Württemberg hat sich leicht verändert: Bei      Anton Dietenmeier (CARITAS)
der Mitgliederversammlung am 3. Juli 2010          Vorsitzender
hat Dr. Karl-Heinz Wiemer sein Amt des          Dr. Michael Buß (DIAKONIE)
Sprechers der DIAKONIE-Fraktion und des            stv. Vorsitzender
Vorstandsvorsitzenden nach zehn Jahren
                                                Barbara Hummel (LEBENSHILFE)
engagierter Arbeit im Vorstand unserer Lan-
desarbeitsgemeinschaft niedergelegt. Zum        Ute Krögler (ANTHROPOSOPHIE)
neuen Sprecher der DIAKONIE-Fraktion wurde      Auch im Beirat hat es Veränderungen gege-
Dr. Michael Buß gewählt.                        ben:

2                                                                                  Mai 2011
Jahresbericht 2010

Beirat                                         aus den verschiedenen Trägerverbänden, hat
Runhardt Graf (ANTHROPOSOPHIE)                 sich weiterhin bewährt. Auf diese Weise
Rolf Hennig (ANTHROPOSOPHIE)                   nehmen wir Rücksicht auf die Besonderhei-
Rainer Ostheim (ANTHROPOSOPHIE)                ten der weltanschaulichen Anliegen und
                                               Fachwissen und persönliche Kontakte können
Birgit Falter (CARITAS)
                                               effektiv genutzt werden.
Wolfgang Himmelein (CARITAS)
Karl Möndel (CARITAS)                          Jede „Fraktion“ hat dasselbe Gewicht und
                                               bestimmt für sich ihre Repräsentanten in
Manfred Molz (DIAKONIE)
                                               Vorstand und Beirat. Die Verteilung der Ar-
Dr. Uwe Reiff (DIAKONIE)
                                               beit und die Zuweisung der Termine kann
Renate Hofmann (LEBENSHILFE)                   effektiv organisiert werden. Die Betonung
Dietrich Sievert (LEBENSHILFE)                 liegt auf Zusammenarbeit, Koordination,
Die Beiratsmitglieder Rolf Hennig und Dr.      Vernetzung, Nutzung von Synergien, Erfah-
Uwe Reiff üben weiterhin im erweiterten Vor-   rungsaustausch und gegenseitiger Hilfe.
stand die Funktionen des Schatzmeisters und    Vorstand und Beirat treffen sich etwa alle
des Schriftführers aus.                        sechs Wochen, um die interne Arbeit zu re-
Die Gliederung unseres Verbandes in „Frakti-   geln, die sozialpolitische Entwicklung zu ver-
onen“, also nach der Herkunft der Angehöri-    folgen und Aktionen und Reaktionen zu ko-
genvertreter und Angehörigenvertretungen       ordinieren.

                             Unsere Arbeit 2010
In der Mitgliederversammlung im Juli 2010       Kommunalverbände
(s. u.) wurden die Schwerpunkte und Ziele       Baden-Württemberg
unserer Arbeit im laufenden Jahr vorge-         Mit den Sozialdezernentinnen der beiden
stellt. Als besonders aktuell haben sich        kommunalen Spitzenverbände Städtetag
 Mitwirkung bei der kommunalen                 (Agnes Christner) und Landkreistag
  Teilhabeplanung                               (Christa Heilemann) und dem Sozialde-
 Umsetzung der UN-Behinderten-                 zernenten des Kommunalverbandes für
  rechtskonvention (UN-BRK) in Baden-           Jugend und Soziales KVJS (Franz Schmel-
  Württemberg                                   ler) wurden im April die turnusmäßigen
                                                Gespräche weitergeführt. Zweck der Ge-
 Landes-Heimmitwirkungsverordnung              spräche ist der Meinungs- und Informati-
  (LHeimMitVO) Baden-Württemberg                onsaustausch über aktuelle sozialpolitische
 WfbM und Integration in den Allgemei-         Entwicklungen und Themen wie zum Bei-
  nen Arbeitsmarkt                              spiel zuletzt.
 Kontaktgespräche mit Politik, Verwal-         Unser „Dauerthema“ Mitwirkung bei der
  tung und Verbänden der freien Wohl-           kommunalen Teilhabeplanung konnten wir
  fahrt                                         anhand eines auf der 5. Landeskonferenz
 Situation von Menschen mit geistiger          der kommunalen Angehörigenvertreter (s.
  Behinderung im Krankenhaus                    u.) beschlossenen Memorandums in weite-
                                                ren Gesprächen mit der Sozialdezernentin
erwiesen. Hier haben wir in Gesprächen          des Städtetags, Christa Heilemann, und
und durch Mitwirkung in Arbeitsgruppen          dem Direktor des KVJS, Senator e. h. Ro-
unsere Positionen vertreten und durch Re-       land Klinger, erörtern. Der KVJS wird im
ferate, Memoranden und Informations-            Herbst 2011 zusammen mit der LAG AVMB
schriften verbreitet.                           BW eine Schulung für Angehörige und An-
                                                gehörigenvertreter durchführen.
Kontaktgespräche
                                                Bundes-Behindertenbeauftragter
Der Vorstand hat Kontaktgespräche mit
Personen aus Politik, Verwaltung und ein-       Herr Dr. Wiemer hat im Oktober zusam-
schlägigen Verbänden geführt, in denen die      men mit dem Vorsitzenden des BKEW den
Situation der Behindertenhilfe erörtert         Beauftragten der Bundesregierung für die
wurde. Unsere Gesprächsbereitschaft und         Belange behinderter Menschen, Hubert
unsere Mitwirkung in Arbeitsgruppen und         Hüppe, besucht.
Teilnahme an Foren wurden, wie schon            Hauptthema war die Umsetzung der UN-
zuvor, erwartet und begrüßt.                    BRK in Deutschland. Da die LAG AVMB BW
                                                in einer Arbeitsgruppe des Landes-

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Jahresbericht 2010

Behindertenbeirats die Umsetzung auf            und –ansätzen in Baden-Württemberg“
Landesebene begleitet, war der Austausch        vorgestellt. Darin sind für acht so genannte
über die Zielsetzungen der UN-BRK inte-         Handlungsfelder Ziele beschrieben, die sich
ressant und informativ. Einig waren sich        in Baden-Württemberg aus der UN-BRK
die Gesprächsteilnehmer, dass die UN-BRK        ergeben. Diese Handlungsfelder sind
eine Ablösung der Bevormundung und der           Bildung
„paternalistischen Fürsorge“ durch selbst-
bestimmte Teilhabe zur Folge haben wird.         Erziehung
Von Seiten der Angehörigenvertreter wur-         Gesundheit
de die Notwendigkeit einer eher erweiter-        Arbeit
ten Angehörigenmitwirkung dargelegt.             Wohnen

AG „Umsetzung der UN-BRK in Baden-               Barrierefreiheit
Württemberg“ des Landes-Behinder-                Kultur, Freizeit, Sport
tenbeirats                                       Persönlichkeitsrechte.
Die im Mai 2009 eingesetzte Arbeitsgrup-        Auf dieser Grundlage, so schließt der Ar-
pe, in der die LAG AVMB BW, vertreten           beitsbericht, sollen konkrete Maßnahmen
durch Dr. Wiemer, mitwirkt, hat Ende 2010       ermittelt werden, um die Teilhabe und
als ersten Arbeitsbericht „Grundlagen für       Selbstbestimmung von Menschen mit Be-
die Identifizierung von Handlungsfeldern        hinderungen weiter voranzubringen.

         Mitgliederversammlung und Informationsforum
Die Mitgliederversammlung und die offene        Eine wichtige Stelle, von der aus Einfluss-
Informationsveranstaltung wurden wie in         nahme möglich ist, bietet unsere Mitarbeit
den Jahren zuvor am selben Tag abgehal-         im Landesbehindertenbeirat; sie wird von
ten.                                            Dr. Wiemer wahrgenommen.
Ort war wieder das Bischof-Moser-Haus der       Das derzeitige Betreuungsrecht, so Herr
Caritas in Stuttgart, Datum der 03.07.2010      Dietenmeier weiter, enthält Unvereinbares
                                                mit Artikel 12 der UN-BRK; hierzu liegen
Mitgliederversammlung                           zwei Papiere auf dem Auslagentisch aus.
                                                Abschließend nennt Herr Dietenmeier die
Die Mitgliederversammlung begann um
                                                aktuellen Mitgliederzahlen der LAG AVMB
11:00 Uhr nach den Fraktionssitzungen.
                                                Baden-Württemberg: 29 ordentliche Mit-
Nach den Formalien gab der Vorstand zu-
                                                glieder (also Angehörigenbeiräte) und 41
nächst einen
                                                außerordentliche Mitglieder (also Angehöri-
                                                genvertreter) werden gezählt. Gastmitglie-
Situations- und Tätigkeitsbericht
                                                der gibt es zurzeit keine.
Der Stv. Vorsitzende, Anton Dietenmeier,
stellte fest, dass sich in der Behinderten-     Finanzbericht
arbeit die begrüßenswerte UN-BRK und die
                                                Der Schatzmeister, Herr Hennig, stellte
beklagenswerten      Sparmaßnahmen       von
                                                den Kassenbericht für das Jahr 2009 vor.
Bund und Land gegenüber stehen. In die-
                                                Daraus war ersichtlich, dass die Ausgaben
sem Zusammenhang hat die Stellungnah-
                                                der LAG nur dadurch gedeckt sind, dass sie
me der LAG AVMB Baden-Württemberg zur
                                                außer Mitgliedsbeiträgen vereinzelt Spen-
Lage der Behindertenarbeit im Jahr 2006
                                                den einnimmt. Herr Hennig dankte den
nach wie vor Gültigkeit: Es ist weiterhin so,
                                                Spendern.
dass das Geld bestimmt, was machbar ist.
Die Mitwirkung der Angehörigen ist weiter-      Der Kassenprüfer, Herr Himmelein, lieferte
hin gefordert und wird erwartet.                den Bericht zur Kassenprüfung und dankte
                                                Herrn Hennig für dessen übersichtliche und
Erfreulich ist, dass die Stellungnahmen der
                                                gute Kassenbuchführung.
LAG AVMB Baden-Württemberg in der An-
hörung zum Landes-Heimgesetzes und zur          Nach der Aussprache über den     Tätigkeits-
Landes-Heimmitwirkungsverordnung        Be-     und Finanzbericht stellte Herr   Himmelein
achtung fanden, denn die Mitwirkung der         den Antrag auf Entlastung des    Vorstands.
Angehörigen ist sowohl im Gesetz als auch       Dem Antrag wurde einstimmig      per Hand-
in der Verordnung festgeschrieben.              zeichen zugestimmt.

                                                4
Jahresbericht 2010

                                              rem aus einem Artikel von Prof. Michael
Neuwahl der Kassenprüfer/innen                Seidel:
Herr Himmelein und Herr Graf wurden ein-      Besorgniserregend mehren sich in jüngster
stimmig gewählt.                              Zeit die Hinweise, dass sich die Situation
                                              von Menschen mit schwerer geistiger und
Neue Fraktionssprecher/innen und              mehrfacher Behinderung, die stationär im
Beiräte                                       Krankenhaus behandelt werden müssen,
ANTHROPOSOPHIE-Fraktion:                      sehr verschlechtert.
Frau Krögler bleibt Sprecherin.               Seine besondere Aktualität aber, so Dr.
CARITAS-Fraktion:                             Wiemer, beziehe das Thema aus dem Wi-
Herr Dietenmeier wird nur noch bis zur        derspruch zwischen den Forderungen der
nächsten Mitgliederversammlung das Amt        UN-Behindertenrechtskonvention einerseits
des Sprechers wahrnehmen.                     und den diversen Sparpaketen in Folge der
                                              Finanz- und Wirtschaftskrise andererseits.
DIAKONIE-Fraktion:
Herr Dr. Wiemer hat das Amt des Spre-         In zwei Referaten wurde das Tagesthema
chers an Herrn Dr. Buß abgegeben.             aufbereitet:
LEBENSHILFE-Fraktion:                         Ina Ströbele, langjährige, aktive Angehö-
Frau Hummel bleibt Sprecherin.                rigenvertreterin, hat lange Jahre die
                                              Betreuung ihres Bruders in den Händen
Zu den Veränderungen im Beirat vgl. S. 3.
                                              und ist Vorsitzende des Angehörigen- und
Herr Dr. Wiemer bleibt bis zur baldigen       Betreuerbeirates Wilhelmsdorf der Ziegler-
konstituierenden Sitzung des neuen Vor-       schen Behindertenhilfe, in welcher ihr Bru-
stands (Herr Dr. Buß, Herr Dietenmeier,       der lebt. Und sie ist die Vorsitzende des
Frau Hummel, Frau Krögler) kommissari-        Angehörigen- und Betreuerbeirates im
scher Vorstandsvorsitzender.                  Bundesverband ev. Behindertenhilfe (BeB).
                                              Frau Ströbele berichtete beispielhaft von
Abschluss
                                              den Vorgängen und Vorkommnissen, die
In seinem Schlusswort erläuterte Dr. Wie-     sie anlässlich eines Krankenhausaufenthal-
mer, dass künftig der Status der Mitglieder   tes ihres Bruders erleben musste. Bereits
neu zu definieren sei, um der im Zuge der     im Vorfeld des Aufenthaltes kam es zu etli-
Dezentralisierung der Einrichtungen zu        chen Problemen, die bei bedarfsgerechter
befürchtenden Schwächung bzw. Vereinze-       Behandlung nicht hätten eintreten müssen.
lung der Angehörigenvertretungen zu be-
                                              Wolfgang Oppolzer ist Geschäftsführer
gegnen.
                                              der St. Lukas-Klinik in Meckenbeuren, die
Mit dem Hinweis, dass die LAG AVMB Ba-        zur Stiftung Liebenau gehört. Die St. Lu-
den-Württemberg samt dem Vorgänger            kas-Klinik behandelt und betreut
„Interfraktioneller Arbeitskreis“ nunmehr     – je nach Bedarf ambulant oder stationär –
seit 10 Jahren bestehe und dass er das        geistig und mehrfach behinderte Menschen
Amt des Diakonie-Fraktionssprechers und       aller Altersstufen, die körperlich und / oder
des Vorstandsvorsitzenden abgebe, gab         psychisch erkrankt sind, ….
Dr. Wiemer einen knappen persönlichen
                                              Herr Oppolzer, der seit 25 Jahren in der
Rückblick.
                                              Behindertenhilfe tätig ist, berichtete aus-
Herr Dietenmeier dankte Dr. Wiemer für        führlich über die Schwierigkeiten, die ein
das über Jahre hinweg hohe Engagement         Krankenhaus, das geistig behinderte Men-
und die gute Zusammenarbeit im Vor-           schen mit psychischen Störungen versorgt,
stand.                                        zu bewältigen hat. Herr Oppolzer führte
Dr. Wiemer beendete die Sitzung um            viele Punkte an, die das Spannungsfeld der
13:10 Uhr und wies auf das auf den Nach-      Behindertenarbeit in diesem speziellen
mittag angesetzte Informationsforum hin.      Arbeitsfeld zeigen, von denen hier nur eine
                                              kleine Auswahl zitiert wird:
Informationsforum                                Die Patienten sind außergewöhnlich
                                                  schwierig.
Die Veranstaltung begann um 14:00 Uhr.           Krankenhäuser nehmen zum Teil be-
Der Vorsitzende, Dr. Wiemer, begrüßte die         hinderte Kranke gar nicht auf.
Teilnehmer und führte in das Tagesthema          Die zur Verfügung stehenden Betten
„Menschen mit geistiger Behinderung im            reichen für den Bedarf bei weitem
Krankenhaus“ ein. Er zitierte unter Ande-         nicht aus.

Mai 2011                                                                                 5
Jahresbericht 2010

   Die Krankenkassen verweigern immer         Das Informationsforum endete nach einer
    wieder die Übernahme der Kosten.           lebhaften Aussprache um 16:00 Uhr.
   Die Dokumentation erfordert eine neue           Der ausführliche Bericht zum Informationsforum
    Software, auch neue Hardware ist an-                                  kann angefordert oder von
    zuschaffen.                                          unserer Website herunter geladen werden.

     Landeskonferenz kommunaler Angehörigenvertreter
Die   5.    Landeskonferenz   fand  am         einen Platz auch auf kommunaler Ebene
06.11.2010 im Bischof-Moser-Haus in            werden aufbauen müssen.
Stuttgart statt. Sie hatte drei Themen-
schwerpunkte:                                  Referat von Dr. Karl-Heinz Wiemer
   Dezentralisierung, Ambulantisierung –      zum Artikel 19 der UN-BRK
    was wird aus den Angehörigenvertre-        Herr Dr. Wiemer führte zunächst aus, dass
    tungen?                                    die UN-BRK Bestandteil der deutschen
   Zum Artikel 19 der UN-BRK:                 Rechtsordnung ist, und zwar (seit März
    Unabhängige Lebensführung und Ein-         2009) als verbindliches Recht. Er zitierte
    beziehung in die Gemeinschaft              den Wortlaut des Artikels 19 und erläuterte
                                               zunächst die Rechtsposition der UN-BRK
   Berichte von Angehörigenvertretern         und danach die Auswirkungen des Art. 19
    aus den Stadt- und Landkreisen             auf die Weiterentwicklung der Behinder-
Nach der Begrüßung und der Einführung in       tenhilfe.
die Tagesthemen durch Herrn Dr. Wiemer         Er hielt fest, dass der Artikel 19 zwar hin-
folgten Referate zu den beiden ersten          reichend konkret sei, um unmittelbar an-
Themen.                                        wendbar zu sein, dass sich daraus aber
                                               noch nicht unmittelbar für den Einzelnen
Referat von Dr. Stefanie Goeke,                eine subjektive Rechtsposition ergebe.
Kompetenzzentrum Sozialpolitik der
                                               Es zeige sich nun, dass einzelne Bestim-
Diözese Rottenburg-Stuttgart des
                                               mungen des SGB XII nicht mit der UN-
Caritasverbandes
                                               BRK, insbesondere mit Art. 19, vereinbar
zu Dezentralisierung und
                                               seien. Als Fazit stellte Dr. Wiemer fest:
Ambulantisierung
                                               Deutsche Behörden und Gerichte können
Frau Dr. Goeke führte zunächst aus, dass
                                               solche mit Artikel 19 UN-BRK unvereinbare
im Zuge der fortschreitenden Dezentralisie-
                                               Vorschriften des SGB XII „eigentlich“ nicht
rung und Ambulantisierung für Angehöri-
                                               mehr anwenden, entweder
genvertretungen verstärkt die Frage in den
                                                weil Art. 19 a) UN-BRK diesen nach Art.
Vordergrund rückt, wo die Verantwor-
                                                  25 Grundgesetz als „Menschenrechts-
tungsbereiche liegen. Angehörigenvertre-
                                                  norm“ vorangeht, oder
tungen in kleineren Wohneinheiten sind
schwieriger zu bilden und die Ansprech-         weil Art. 19 a) UN-BRK diesen als eine
partner der Angehörigenvertretungen fin-         spätere Norm (eine sog. „lex posterior“)
det man meist nicht mehr zentral, wie bis-       gleichen Ranges vorangeht.
lang in den Heimen.
                                               Berichte aus den
Frau Dr. Goeke sieht aber in einem Teilbe-
                                               Stadt- und Landkreisen
reich der Behindertenarbeit nach wie vor
Bedarf an Heimplätzen, und zwar bei            Herr Dietenmeier stellte noch einmal die
Schwerstbehinderten. Diese Gruppe wird,        vier Fragen vor, an denen sich die Berichte
nicht zuletzt aus Kostengründen, nicht un-     orientieren sollten:
ter die politisch gewollte Dezentralisierung   1.    Wie weit ist die Teilhabeplanung des
fallen.                                              Stadt- bzw. Landkreises?
Dass im Einzelfall ein behinderter Mensch      2.    Wirken Angehörigenvertreter an der
nicht in der Lage sein wird, seine Interes-          Teilhabeplanung mit?
sen gegenüber anderen wahrzunehmen,            3.    Gibt es eine regionale Angehörigen-
bedingt jedoch, so Frau Dr. Goeke, eine              konferenz, z. B. als „Angehörigennetz-
„Mitarbeit“ der Angehörigen. Diese wieder-           werk“?
um bedürfen der Hilfe von anderer Seite,       4.    Werden Angehörige in das Fallmana-
wobei nicht nur die fachlich kompetenten             gement einbezogen?
Stellen gemeint sind. Es bedarf also der       Aus folgenden Stadt- und Landkreisen wa-
Angehörigenvertretungen, die bezüglich         ren Angehörigenvertreter anwesend und
Dezentralisierung und Ambulantisierung         berichteten:

6                                                                                      Mai 2011
Jahresbericht 2010

   Bodenseekreis                             Mitwirkung in den Stadt- und Landkreisen“
   Stadt und Landkreis Heilbronn             organisiert sein sollte.
   Landkreis Schwäbisch Hall
   Landkreis Esslingen                       Memorandum zur
   Landkreis Rottweil                        kommunalen Angehörigenvertretung
   Landkreis Göppingen                       Dr. Wiemer stellte unter Hinweis auf die
   Ostalbkreis                               insgesamt unbefriedigende Angehörigen-
   Stadt Stuttgart                           mitwirkung eine Resolution vor, die nach
   Enzkreis und Stadt Pforzheim              Darlegung der Mängel in fünf begründeten
   Landkreis Konstanz                        Thesen Vorschläge zur Entwicklung einer
   Landkreis Ravensburg                      qualifizierten, strukturierten und legitimier-
   Rems-Murr-Kreis                           ten Mitwirkung der Eltern, Angehörigen
   Stadt Mannheim                            und Betreuer in der kommunalen Teilhabe-
   Landkreis Ludwigsburg                     planung aufführt.
   Landkreis Böblingen
   Landkreis Waldshut-Tiengen                Die Resolution wurde von den Teilnehmern
                                              beschlossen und der Vorstand der LAG
Die Berichte waren, auch in Bezug auf die     AVMB Baden-Württemberg mit der Endbe-
obigen Fragen, verschieden ausführlich.       arbeitung und Veröffentlichung beauftragt.
Herr Dietenmeier stellte fest, dass mit 18    Nach Beratung mit den Sozialdezernaten
Stadt- und Landkreisen erst weniger als die   von Städte- und Landkreistag und mit dem
Hälfte aller Stadt- und Landkreise durch      KVJS wurde die Resolution in Form eines
die LAG AVMB Baden-Württemberg erfasst        Memorandums verbreitet.
sind. Anhand eines Struktogramms erläu-
                                               Der ausführliche Bericht zur Landeskonferenz und
tert er, wie die „Angehörigenvertreter-
                                                 das Memorandum können angefordert oder von
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                     Berichte von Veranstaltungen
Wir berichten über die uns angesichts des     gen in die Diskussion, was eine gleichbe-
laufenden Umbaus der Behindertenhilfe am      rechtigte Teilhabe von Menschen mit Be-
wichtigsten erscheinenden Aussagen und        hinderungen in unserer Gesellschaft be-
Erkenntnisse auf Veranstaltungen anderer      deutet.
Verbände oder Gremien, an denen Vor-          Am Beispiel der Verwendung einer leichten
stands- oder Beiratsmitglieder unserer        Sprache, welche für Menschen mit Lern-
Landesarbeitsgemeinschaft teilgenommen        schwierigkeiten wichtig ist, wird deutlich,
haben.                                        dass eine barrierefreiere Gesellschaft für
Dabei werden viele ebenfalls wichtige und     alle Menschen besser ist. Vorbildlich wurde
merkenswerte Aussagen kompetenter Re-         das von Henrik Nolte vom Netzwerk
ferentinnen und Referenten zwangsläufig       „Mensch zuerst“ (People first) mit seinem
außer Acht gelassen. Soweit verfügbar         Vortrag: „Das sind unsere Rechte“ prakti-
geben wir daher jeweils Bezugsmöglichkei-     ziert.
ten für vollständigere Berichte an.           Zu dem Thema „Gesundheit“ weist er Ärzte
                                              und Schwestern darauf hin, den Patienten
Kongress                                      ernst zu nehmen, gut zu behandeln, leichte
“Rechte kennen und umsetzen!“                 Sprache zu verwenden und ihn nicht gegen
zur UN-Konvention über die Rechte             seinen Willen zu untersuchen, zu operieren
von Menschen mit Behinderung                  oder an ihm zu forschen. Eine weit verbrei-
                                              tete Unsitte ist auch, dass beim Arzt häufig
20.05.10 in Rüppur
                                              nicht der Mensch mit Behinderung direkt
Veranstalter war die LIGA der freien Wohl-    angesprochen wird, sondern lediglich sein
fahrtsverbände Baden-Württemberg.             Betreuer.
Ziel dieses Kongresses war, vor allem den     In einer der Arbeitsgruppen wurde noch-
Menschen mit Behinderungen die in der         mals Wert darauf gelegt, dass gesprochene
UN-Behindertenrechtskonvention verbrief-      und geschriebene Sprache sehr leicht ver-
ten Rechte näher zu bringen.                  ständlich sein müssen und nach Möglich-
Mehr als 250 Teilnehmer lernten verschie-     keit zusätzlich Bildsprache und Piktogram-
dene Aspekte eines selbstbestimmten Le-       me eingesetzt werden.
bens kennen und waren aktiv mit einbezo-

Mai 2011                                                                                     7
Jahresbericht 2010

Eine andere Arbeitsgruppe wies auf die                sprach in einer Video-Botschaft einen nati-
wichtigsten Artikel der UN-BRK für den                onalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-
Bereich der „Rechte von Menschen mit                  Konvention, an dem behinderte Menschen
Behinderungen“ hin: Es handelt sich dabei             und Verbände beteiligt werden sollen.
vor allem um:                                         Die Veranstalter legten großen Wert dar-
     Art. 12                                         auf, dass den Teilnehmern die Angst vor
      Gleiche Anerkennung vor dem Recht               den neuen Ideen zur Inklusion behinderter
     Artikel 13                                      Menschen genommen wird. Nach Aussage
      Zugang zur Justiz                               der Lebenshilfe soll dieses Ziel erfolgreich
     Artikel 14                                      verwirklicht werden, ohne dabei die schwe-
      Freiheit und Sicherheit der Person              rer behinderten Menschen zu vernachlässi-
     Artikel 19                                      gen oder gar zu vergessen. Besorgte An-
      Unabhängige Lebensführung und Ein-              gehörige sollen sicher sein, dass die Le-
      beziehung in die Gemeinschaft.                  benshilfe nach wie vor für alle da sein wird,
Weitere Themen waren „Inklusive Bildung“,             die sie brauchen.
also die Möglichkeit zum Besuch der Regel-            Ein wichtiges Anliegen der Selbstvertreter
schulen durch behinderte Kinder, „Teilhabe            war ein selbstbestimmtes Leben, in der
an Arbeit und Freizeitangeboten“, also ar-            Vergangenheit haben viel zu oft andere
beiten, da wo andere arbeiten, und beson-             über sie bestimmt.
ders gefragt war der Workshop zum Thema               Mitarbeiter der Einrichtungen aller Träger
„Wohnen, wo und mit wem ich will“. Das                haben sich vorgenommen, sich in Zukunft
letztgenannte Thema ist offensichtlich ein            noch mehr am Bedarf und an der Nachfra-
Anspruch, der in der Lebenswirklichkeit               ge zu orientieren. Ein Ziel war auch, Ein-
behinderter Menschen in unserem Land                  schränkungen durch bestehende Struktu-
noch lange nicht verwirklicht ist.                    ren aufzuheben, das trifft vor allem auf
                                              AD      große Einrichtungen zu, deren Abläufe oft
                       Die Referate finden sich auf   wenig flexibel sind. Einig waren sich alle
    www.liga-bw.de/Kongress-UN-Konvention-ueber-      darüber, dass in Zukunft mehr Möglichkei-
       die-Rechte-von-Menschen-mit-Be.271.0.html      ten zur Mitsprache von Heimbeiräten und
                                                      Werkstatträten geschaffen werden müssen.
15. Weltkongress von                                  Dabei dürfen aber Menschen, die nicht für
INCLUSION INTERNATIONAL                               sich selbst sprechen können, nicht verges-
16. – 19.06.10 in Berlin                              sen werden, auch sie sollten sich in irgend-
                                                      einer Form beteiligen können,
An diesem Weltkongress, zu dem auch die
Bundesvereinigung der Lebenshilfe als Or-             Der behinderte Mensch mit all seinen Ei-
ganisator zählte, kamen mehr als 3000                 genheiten und Bedürfnissen muss als voll-
Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 80                 wertiges Mitglied unserer Gesellschaft im
Nationen. Es war der größte Kongress in               Mittelpunkt stehen und hat das Recht auf
der bisherigen Geschichte des Weltverban-             Teilhabe. Dies gilt auch für Menschen, die
des und zugleich der erste auf deutschem              sich sprachlich nicht äußern oder nicht al-
Boden. Mit diesem Kongress wurde                      leine fortbewegen können und mit hohem
zugleich der 50. Geburtstag von Inclusion             Unterstützungsbedarf.
International gefeiert. Seit dieser Zeit              Ein wichtiges Thema waren immer wieder
kämpft der Weltverband für die Umsetzung              integrative Wohnmodelle und alternative
der Rechte für Menschen mit geistiger Be-             Arbeitsplätze, außerhalb von Einrichtungen
hinderung. Unter anderem sollte dieser                oder Behindertenwerkstätten. Besteht der
Weltkongress auch ein starkes Signal zur              Wunsch nach einer eigenen Wohnung oder
Umsetzung der UN-Konvention sein, der                 nach einem Arbeitsplatz außerhalb einer
Titel lautete daher „Rechte werden Wirk-              WfbM, sollten alle Hilfen bei der Umsetzung
lichkeit“.                                            geboten werden. Hier muss die Zukunft
Zur Eröffnung des Kongresses sprach als               zeigen, was in der Praxis machbar ist.
Gastrednerin Bundessozialministerin Ursula            Beeindruckend in den Diskussionen war,
von der Leyen, unter anderem gehörte das              dass arme Länder in der Schaffung von
Bundesministerium für Arbeit und Soziales             Arbeitsmöglichkeiten für behinderte Men-
und das Familienministerium zu den Förde-             schen oft sehr viel kreativer scheinen.
rern des 15. Weltkongresses. In ihrer Rede            Immer wieder wurde auch die Notwendig-
lud sie im Auftrag der Bundesregierung alle           keit der Unterstützung von Familien er-
auf eine Reise mit dem Ziel Inklusion ein.            wähnt, in denen ein behindertes Kind auf-
Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel ver-

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Jahresbericht 2010

wächst. In Zukunft muss es für die Ange-       Fachtagung
hörigen mehr Entlastung im Alltag geben.       „Mit denken – nicht ausgrenzen!“
Die verschiedenen Veranstaltungen waren        Kinder und Jugendliche mit
sehr umfassend und manchmal auch etwas         Behinderung und ihre Familien
verwirrend. Es gab vier verschiedene Arten
von Angeboten                                  23.06.10 in Hohenwart
   Vollversammlungen (Übersetzung in          Veranstalter des Fachtags waren
    vier Sprachen)                             die Kommunalverbände KVJS, Städtetag,
   Fokussitzungen ( sechs Sitzungen fan-      Landkreistag und die LIGA der Freien
    den gleichzeitig statt)                    Wohlfahrtsverbände Baden-Württembergs
   Workshops (12 Workshops/ Arbeits-          Seit einigen Jahren führen die Kommunal-
    gruppen fanden gleichzeitig statt)         verbände und die Liga der freien Wohl-
   Sonderveranstaltungen                      fahrtspflege gemeinsame Fachtagungen
Durch die internationale Zusammenset-          durch, welche sich an Vertreter der Leis-
zung der Teilnehmer waren sehr viele Ü-        tungserbringer und der Leistungsträger der
bersetzungen notwendig. Zahlreiche Dol-        Behindertenhilfe in den Stadt- und Land-
metscher übersetzten die Reden in sechs        kreisen     Baden-Württembergs      richten.
Sprachen, darunter auch die Gebärden-          Stand bei den bisherigen Tagungen die
sprache. Neu an diesem Weltkongress war,       Gestaltung der Eingliederung von Erwach-
dass rund ein Drittel der Besucher zu den      senen mit Behinderung im Vordergrund,
„Selbstvertretern“ zählten, Menschen mit       wurden diesmal Fragen von Kindern und
geistiger Behinderung, denen man durch         Jugendlichen mit Behinderung sowie ihren
Beiträge in einfacher und verständlicher       Familien näher beleuchtet. Dabei spielte
Sprache Zugang zu den einzelnen Inhalten       unter anderem die Klärung der Schnittstel-
und     Workshops verschaffen wollte. Für      le von Jugendhilfe und Eingliederungshilfe
diese Personengruppe und ihre Begleiter        eine Rolle, aber auch die durch die im letz-
stellte der riesige Kongress eine besonders    ten Jahr ratifizierte UN-Konvention über die
große Herausforderung dar, am dritten Tag      Rechte von Menschen mit Behinderung
schienen alle Beteiligten ziemlich erschöpft   aufgegebene Zielsetzung der Inklusion,
und freuten sich darauf, bald wieder den       welche sich nicht zuletzt auf den Bereich
Weg nach Hause antreten zu können.             der vorschulischen und schulischen Bildung
                                               bezieht. Kinder und Jugendliche mit Behin-
Auch nichtbehinderte Teilnehmer waren
                                               derung und ihre Familien sollen nicht aus-
durch die zahlreichen, oft parallel angebo-
                                               gegrenzt, sondern bei der Gestaltung von
tenen Veranstaltungen manchmal etwas
                                               Angeboten für alle Familien, Kinder und
überfordert. Bei besonders interessanten
                                               Jugendliche mitgedacht und berücksichtigt
Themen waren die Räume oft überfüllt und
                                               werden.
die Sicht auf PowerPoint-Präsentationen
verstellt, durch die Simultanübersetzungen     Nach der Begrüßung durch Franz Schmel-
war es manchmal recht unruhig und man          ler, Leiter des Dezernats Soziales des
konnte sich nur schwer auf die Themen          KVJS, und Diözesancaritasdirektor Johan-
konzentrieren.                                 nes Böker, Vorsitzender der LIGA, folgten
                                               zwei Referate.
Der Bundesvorsitzende der Lebenshilfe,
Robert Antretter, meinte in seinem             Sabine Penka, Referentin für Jugendhilfe
Schlusswort, dass dieser Kongress ein Sig-     im Deutschen Caritasverband:
nal zur raschen Umsetzung der Behinder-        „Wir gehören dazu! Die Bedeutung der UN-
tenrechtskonvention gegeben hat. Er lobte      Behindertenrechtskonvention und der UN-
auch den Versuch der einfachen Sprache,        Kinderrechtskonvention für junge Men-
sie helfe nicht nur geistig behinderten        schen mit Behinderungen.“
Menschen, sich leichter zu orientieren.
                                               Frau Penka erläuterte zunächst, was unter
Im Anschluss an den Weltkongress wurde         Teilhabe zu verstehen sei:
Klaus Lachwitz, Bundesgeschäftsführer und
                                                  Nicht nur dabei sein sondern dazu ge-
Justitiar der Bundesvereinigung Lebenshil-
                                                   hören
fe, zum neuen Präsidenten von Inclusion
International gewählt. Mit ihm steht erst-        Zugang zu materiellen, sozialen und
mals ein Deutscher an der Spitze dieser            kulturellen Ressourcen
Organisation.                                     Als Einzelner und als Familie in einer
                                        BH         Gesellschaft menschenwürdig und in
                                                   sozialen Bezügen leben zu können

Mai 2011                                                                                    9
Jahresbericht 2010

    Handlungsspielräume und Wahlmög-          ihre Familien“ erörtert. Leider kann man
     lichkeiten haben                          nicht an acht Stellen zugleich sein.
    Recht zur Nicht-Teilhabe                                                            KHWW
Nach einer kurzen Einführung in die UN-                Alle Referate, auch die zu den Workshops,
Behindertenrechtskonvention      (UN-BRK)                                          finden sich auf
                                                                        www.liga-bw.de/Fachtag-
zeigte sie den Zusammenhang zwischen               MIT-DENKEN-NICHT-AUSGRENZEN.277.0.html
Art. 7 UN-BRK „Kinder mit Behinderung“
und der UN-Kinderrechtskonvention auf.         Fachtag
Beide Konventionen seien Fortschreibun-        “Konversion von
gen der „Allgemeinen Erklärung der Men-
schenrechte“ (1949). Auch die UN-
                                               Komplexeinrichtungen“
Kinderrechtskonvention betont ein Recht        26.10.10 in Stuttgart
auf Teilhabe, insbesondere im Art. 23 „För-    Veranstalter des Fachtags war das Diakoni-
derung behinderter Kinder“.                    sche Werk Württemberg
Frau Penka kritisierte, dass Teilhabepla-      Vorträge
nung weitgehend ohne Teilnahme der Be-
troffenen stattfindet.                         Prof. Everts „Umwelt und Gestaltung“/
                                               FH Nürtingen
Erich Stutzer, Familienforschung Baden-
Württemberg im Statistischen Landesamt:        (Konversionsberater): Ein Teilort muss mind.
                                               1000-1500 tägl. Nutzer/ Bewohner aufweisen,
„Familien im Wandel. Entwicklung der Situ-
ation von Kindern, Jugendlichen und ihren      sonst ist er nicht nachhaltig zu bewirtschaften.
Familien.“                                     Bei Lage einer Einrichtung im Ort ist eine Er-
Herr Stutzer gab einen umfassenden sta-        neuerung möglich. Bei Ortsrandlagen ist an
tistischen Überblick mit folgenden Kapiteln:   eine Erweiterung zu denken. Außerort-Lagen
                                               müssen eine völlige Neukonzeption prüfen.
1. Demographische Trends
                                               Grundsätzlich müssen 10-15% der Bewohner
2. Familienleben
                                               einer Gemeinde unter 30 Jahren sein, zumin-
3. Bildungs- und Erwerbsstrukturen             dest aber mehr unter 30 als über 60-Jährige,
4. Einkommen und Armut                         sonst wird die Siedlung instabil. Wenn also
5. Vereinbarkeit Beruf und Familie –           eine Einrichtung ihre mobileren Behinderten
   Kinderbetreuung                             abgibt, werden neue, mobile Zuzügler benö-
                                               tigt.
6. Familien mit behinderten Angehörigen
                                               Vision: Senioren üben ihre (sozialen) Tätigkei-
Zu diesem Kapitel machte er folgende An-
                                               ten weiter aus – junge Menschen erbringen
gaben:
                                               notwendige ergänzende Dienstleistungen (In-
    Etwa 3 % aller Personen in Familien       tegrationsbetriebe sind denkbar).
     mit Kindern
                                               Ramsperger/ Blue Estate
    Etwa 2 % aller ledigen Kinder in Fami-
     lien                                      (Projektentwicklung - Bau - Management):
                                               Jede Investition muss sich rentieren. Zunächst
    Sehr unterschiedliche Lebenssituatio-     wird am OG eine Realisierungsstudie angelegt
     nen
                                               (mit Treppe, Lift, 2. Fluchtweg), wobei Gestal-
    Sehr unterschiedlicher Umgang mit der     tung und Wirtschaftlichkeit geprüft werden.
     Situation
                                               Behinderte Menschen und Angehörige werden
    Pluralisierung der Familienformen         jeweils über Workshops einbezogen.
    Etwas höhere Kinderzahlen                 Prof. Schick/ Steuerrecht
    Geringere Erwerbsbeteiligung des Part-    Gemeinnützige Unternehmen müssen ihre
     ners                                      Mittel zeitnah verbrauchen (binnen 1-2 Jah-
    Höheres Risiko für Niedrigeinkommen       ren). Ggf. sind für Projekte Rückstellungen/
    Hohe zusätzliche Belastungen              zweckgebundene Rücklagen (5-7Jahre) mög-
                                               lich. Verluste sind zu vermeiden, weil sie die
Die Fachtagung war für „Leistungserbringer
                                               Gemeinnützigkeit gefährden. Vermietung nur
und Leistungsträger der Eingliederungshil-
                                               für soziale Zwecke, sonst Wirtschaftsbetrieb
fe, weitere interessierte Fachkräfte und
Eltern“ ausgerichtet. In acht Workshops        und voll besteuert. Bei Gebäudeverkauf muss
wurden einzelne Aspekte des Themas „Kin-       Verwendung der Mittel z.B. für Neubau zeitnah
der und Jugendliche mit Behinderung und        erfolgen - evtl. Projektrücklage. Keine eigene

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Jahresbericht 2010

Projektentwicklung oder Immobilienbewirt-          Haupt- und Nebenklassen werden zwischen
schaftung, da sonst Einstufung als Wirt-           vom Leistungsträger zum Kostenträger als
schaftsbetrieb erfolgt!                            Abrechnungsgrundlage gemeldet.
Pfeiffer/ Angehörige                               DRG werden seit Mitte der 80er Jahre in
                                                   verschiedenen Ländern zur Finanzierung
Konversion nur wenn sie den geistig behinder-
                                                   oder zur Abrechnung von Krankenhausbe-
ten Menschen nützt! Größere Einheiten können       handlungen verwendet. Während in den
wirtschaftlicher Therapien, Arbeit und Freizeit-   meisten Ländern die DRGs krankenhausbe-
gestaltung anbieten. Verlust der gewohnten         zogen zur Verteilung staatlicher oder versi-
Umgebung und der Freunde vermeiden! Infra-         cherungsbezogener Budgets verwendet
struktur/ Verkehrsanbindung, örtliche Integra-     werden, wurde in Deutschland das 2003
tion in Vereine usw. muss gut vorbereitet wer-     eingeführte DRG-System zu einem Fallpau-
den. Akzeptanz von behinderten Menschen ist        schalensystem umgestaltet und seither zur
in der Gesellschaft nicht ausgeprägt vorhan-       Abrechnung von Preisen für die einzelnen
den. Wo nur wenige behinderte Menschen             Behandlungstypen der einzelnen Behand-
leben, können sie später als störend hinausge-     lungsfälle verwendet.
drängt werden (wie z.B. Bauernhöfe aus dem         Die Bemessung der Pauschalen erfolgt
Dorf).                                             ebenfalls auf der Grundlage der Verteilung
Schlagwort im Workshop: Inklusion in beide         des verfügbaren Gesamtbudgets. Diese
Richtungen betreiben! (Menschen ohne Behin-        Fallgruppen werden nach dem für die Be-
derung ins Umfeld der Einrichtung / Menschen       handlung im Vorjahr ermittelten durch-
mit Behinderung in die Gemeinde), um jeweils       schnittlichen betrieblichen Aufwand bewer-
eine gesunde Mischung zu erreichen!                tet und abgerechnet. Die auf DRG redu-
                                                   zierten Pauschalen sind ein konsensbasier-
Fazit: Die Beteiligung der Angehörigenvertre-      tes Umlagemodell. Sie dienen nicht der
ter an einem solchen Fachtag zur Weiterent-        Kostenerfassung und nicht der Preisbildung
wicklung der diakonischen Einrichtungen der        nach den tatsächlichen betriebswirtschaftli-
Behindertenhilfe eröffnete die Möglichkeit zu      chen Kosten der Behandlung.
einem Austausch zwischen leitenden Mitarbei-
                                                   Prof.Dr. Anke Simon/ DH BW Stuttgart
tern und Vertretern der von den Neuerungen
betroffenen behinderten Menschen auf Augen-        Krankenhausqualitäten
höhe.                                              Wichtige Informationen für Patienten.
                                            MB     Schwierig von Laien zu bewerten (www.g-
                                                   ba.de oder z.B. www.krankenhaus.de).
Fachtag                                            Bornes/ BAG P
“Patientinnen und Patienten                        Patientenmitsprache
im Mittelpunkt“                                    Gremien beraten Politik jeden Mittwoch
27.10.10 in Stuttgart                              Mitte des Monats in Berlin. Tags zuvor fin-
Veranstalter                               waren   det jeweils das Treffen der Patientenvertre-
Forum Gesunde        Stadt    Stuttgart.    e.V.   ter statt.
/ Gesundheitsamt                                                                           MB
Vorträge
                                                   „Jetzt erst recht: Nichts über uns –
Dr. Braun/ Bremen Patienten als Störfaktor         ohne uns!“ – Das SGB IX im Lichte
Diskussion des DRG-Systems                         der UN-Konvention über die Rechte
Diagnosis Related Groups (kurz DRG,                von Menschen mit Behinderung
deutsch Diagnosebezogene Fallgruppen)
                                                   18.11.10 in Stuttgart
bezeichnen ein ökonomisch-medizinisches
Klassifikationssystem, mit dem Leistungen          Veranstalter waren die LAG Selbsthilfe Ba-
an Patienten anhand der Haupt- und Ne-             Württemberg; der LV Körper- und Mehr-
bendiagnosen für den einzelnen Behand-             fachbehinderte Baden-Württemberg und
lungsfall und der fallbezogen durchgeführ-         die Deutsche Rentenversicherung Baden-
ten Behandlungen in Fallgruppen klassifi-          Württemberg
ziert werden. Jede Neuaufnahme eines               Im Rahmen seiner Begrüßung stellte Hu-
Patienten in Krankenhaus, Rehabilitation           bert Seiter, Erster Direktor der Deutschen
und Pflege definiert jeweils einen neuen           Rentenversicherung     Baden-Württemberg
Fall, der die weitere Behandlung kenn-             einen Film vor, bei dem er selbst und eine
zeichnet. Die festgestellten DRG mit

Mai 2011                                                                                    11
Jahresbericht 2010

Anzahl von Menschen mit Behinderungen          Mit einem Impulsreferat berichtet ein
auf einer großen Radtour zu sehen waren.       Rollstuhlfahrer aus seinem Alltag. Er hat
Dieser Film sollte „gelebte UN-BRK“ zeigen,    die Pflegestufe 3 und lebt selbstständig in
durch                                          einer 1½-Zimmer-Wohnung. Die Pflege-
a) Inklusion in allen Lebenslagen,             kasse bezahlt die Kosten der Pflegestufe 3,
b) Bestätigung der Menschenrechte Selbst-      den Rest übernimmt die Eingliederungshil-
bestimmung und Teilhabe                        fe. Er ist zufrieden.
c) keine Sonderrechte, die für Menschen        Am Nachmittag wurden drei Workshops
mit Behinderung erforderlich waren.            angeboten zu den Artikeln 19 – Unabhän-
Das Grußwort sprach Dieter Hillebrand,         gige Lebensführung und Einbeziehung in
MdL und Staatssekretär im Ministerium für      die Gemeinschaft; Artikel 25 – Gesundheit,
Arbeit und Sozialordnung, Familie und Se-      sowie Artikel 26 + 27 – Rehabilitation /
nioren Baden-Württemberg, sowie Behin-         Arbeit und Beschäftigung.
dertenbeauftragter der Landesregierung         Beim Workshop Artikel 19 – Gesundheit,
Baden-Württemberg. Er betonte das be-          wurde eine dringend notwendige Schulung
sondere Anliegen der Landesregierung, die      von Ärzten und Pflegepersonal im Umgang
Selbstbestimmung und gleichberechtigte         mit Menschen mit Behinderung gefordert.
Teilhabe behinderter Menschen am Leben         Ein weiterer Punkt war das völlig unver-
in der Gesellschaft mit aller Kraft voranzu-   ständlich bürokratisch festgelegte Verfah-
bringen. Im Kern aller Bemühungen um           ren über die Genehmigung erforderlicher
Inklusion ginge es darum, alle Menschen        Inkontinenzartikel.
von vornherein mit ihren Stärken und
Schwächen als individuelle Persönlichkeiten    Eine Forderung war, die Assistenz für alle
zu akzeptieren. „Behinderung muss ganz         Menschen mit Behinderungen im Kranken-
selbstverständlich als Vielfalt menschlichen   haus, im Rahmen des Arbeitgebermodells
Lebens wahrgenommen und verstanden             entsprechend einzuführen.
werden“, sagte Dieter Hillebrand.              Abschließend hat die Moderatorin, Frau
Dr. Karin Grüber, vom Institut Mensch,         Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Lan-
Ethik und Wissenschaft (IMEW), Berlin, gab     desverbandes Körper- und Mehrfachbehin-
eine Einführung vom SGB IX in die UN-          derte Baden-Württemberg, vier Kernfragen
BRK, wobei sie bestätigend feststellte,        in den Raum gestellt, die sich hauptsäch-
dass es keiner Sonderrechte für Menschen       lich mit den bestehenden Gesetzen, Ver-
mit Behinderungen bedarf. Allerdings sei       waltungsvorschriften und den Ausfüh-
das Problem der Finanzierung von Gemein-       rungsverordnungen beschäftigten und wel-
denähe behinderter Menschen und deren          che Schwierigkeiten sich dabei mit den
flächendeckender Gesundheitsversorgung         Ämtern ergeben.
bei weitem nicht überall gelöst.               Ihr Schluss lautete: „Fragen Sie (nicht nur)
Im Vorgriff auf das nachfolgende Referat       ihren Arzt und Apotheker (sondern auch
von Herrn Fischels wurde die Frage disku-      ihren Rechtsanwalt).
tiert, ob Baden-Württemberg einen Lan-                                                 AD
desaktionsplan erstellen sollte, so wie der
Nationale Aktionsplan der Bundesregierung
erstellt wird.
Richard Fischels vom Bundesministerium
für Arbeit und Soziales, Berlin, stellte den
Nationalen Aktionsplan der Bundesre-
gierung und seinen aktuellen Stand vor.
Erforderlich sei, so wurde erläutert, eine
Verbesserung der Datenlage, denn es soll
eine langfristige Gesamtstrategie für die
Jahre 2011 – 2021 erstellt werden.
Herr Fischels bestätigt, dass der Nationale
Aktionsplan durch Aktionspläne der Länder
und Kommunen ergänzt werden soll.
Ein Maßnahmenkongress des BMA zum
Nationalen Aktionsplan hat Anfang Novem-
ber 2010 stattgefunden; Ergebnisse waren
noch nicht vorgelegen.

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Jahresbericht 2010

                             Fazit und Ausblick
Das Jahr 2010 war ein Jahr der Rückbesinnung auf die ersten 10 Jahre der LAG. Es wurde
aufgezeigt, was für große Veränderungen und Anforderungen auf die behinderten Menschen
durch veränderte Zuständigkeiten auf Verwaltungsseite (vom LWV zu den Stadt- und Land-
kreisen mit KVJS-Unterstützung), veränderte rechtliche Stellung von Angehörigen- und Be-
treuerbeiräten im Landesheimgesetz, veränderte wirtschaftliche Bewertung sozialer Einrich-
tungen (von großen Komplexeinrichtungen zur Verteilung auf die Fläche) sowie die veränderte
Sichtweise der Selbstständigkeit behinderter Menschen (und entsprechender Eigenverantwor-
tung?) zukommen. Sie stehen - gemeinsam mit ihren Angehörigen und rechtlichen Betreuern
- einerseits vor einer weltoffenen Lebensplanung für Schule, Beruf, Wohnen und Freizeit und
unterliegen andererseits ständiger Einschränkung durch gesellschaftliche Friktionen, weil die
Mitbürger noch nicht so weit mitzugehen bereit sind, wie die UN BRK das erwartet und weil
bei stets knappen Mitteln wenig für zukünftige Herausforderungen oder gar eine echte Wei-
terentwicklung des Sozialstaats übrig zu bleiben scheint.
Alle Veränderungsansätze bieten auch die Chance für neue, positive Entwicklungen. Dazu
muss aber sichergestellt werden, dass der gesellschaftliche Erfahrungsschatz, das Know-how
in der Förderung und Assistenz sowie der Pflege geistig behinderter Menschen und die organi-
sierten Kontroll- und Schutzorgane, die die Angehörigenvertretungen darstellen, erhalten
werden. Die LAG AVMB BW wird sich dafür sowohl bei den zuständigen Verwaltungen als auch
bei den politisch Verantwortlichen einsetzen.
                                                                                         MB

Mai 2011                                                                                  13
LAG AVMB Baden-Württemberg e.V.
                               Brunnenwiesen 27
                                70619 Stuttgart
                               Tel.: 0711-473778
                               Fax: 0711-4790375

                                    Vorstand

                               ANTON DIETENMEIER
                                  (VORSITZENDER)
                    BRUNNENWIESEN 27, 70619 STUTTGART
                    TEL.: 0711 / 473778, FAX : / 4790375
                         E MAIL : ANTON @ DIETENMEIER . DE

                                DR. MICHAEL BUß
                            (STV. VORSITZENDER)
                  GRÖTZINGER STR. 10, 72649 WOLFSCHLUGEN
                     TEL.: 07022 / 52289, FAX : / 1089
                        E MAIL : MAIL @ MICHAEL - BUSS . DE

                                  BARBARA HUMMEL
                   LEINENWEBERSTR. 61 E, 70567 STUTTGART
                             TEL.: 0711 / 713904
                        E MAIL : GUEHUMMEL @ T - ONLINE .DE

                                    UTE KRÖGLER
                   AUF   DERSCHANZ 68, 71640 LUDWIGSBURG
                           TEL., FAX: 07141 / 879723
                            E MAIL : UTE @ KROEGLER. DE

Die LAG AVMB Baden-Württemberg e.V. ist ein gemeinnütziger Verband.
Sie ist wegen Förderung der Hilfe für Behinderte nach dem Freistellungsbescheid des
            Finanzamts Stuttgart, Aktenzeichen 99059/26779 SG: IV/42,
          von der Körperschaftssteuer und von der Gewerbesteuer befreit.
                         Unser Spendenkonto lautet:
 Konto 12958201, BLZ 600 908 00 (Sparda-Bank Baden-Württemberg)
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