Städte in Bewegung Zahlen, Daten, Fakten zur Mobilität in 35 deutschen Städten - Agora Verkehrswende
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Impressum Vorwort Städte in Bewegung Liebe Leserinnen und Leser, Zahlen, Daten, Fakten zur Mobilität in 35 deutschen Städten die Arbeit an dieser Publikation war eigentlich schon Auch wenn in vielen Städten positive Trends für die Ver- Anfang März so gut wie abgeschlossen. Dann kam kehrswende erkennbar sind, das Tempo ist bisher zu lang- Covid-19 und auf einmal erschien das Titelmotiv, Städte sam. Es bewegt sich etwas, aber der Erfolg ist noch lange in Bewegung, in einem neuen Licht. Ein warmer Sommer- nicht in Sicht. Durch Corona ist die Herausforderung sogar tag mit vielen Menschen auf den Straßen, ohne Sicher- noch größer geworden. Die Auswirkungen der Pandemie ERSTELLT IM AUFTRAG VON heitsabstand und Mund-Nasen-Schutz, das wirkt wenige haben die beginnende Verkehrswende in den Städten Monate später fast wie eine utopische Vorstellung. durcheinandergewirbelt. Der Anteil des Radverkehrs ist Agora Verkehrswende drastisch gestiegen, der des ÖPNV hingegen drastisch Anna-Louisa-Karsch-Str. 2 | 10178 Berlin Die Erfahrung des Stillstands hat uns vor Augen geführt, gesunken. Eine dauerhafte Verlagerung auf private Pkw ist T +49 (0)30 700 14 35-000 wie schnell sich Dinge ändern können, die wir für selbst- zu befürchten. Bestehende Konfliktlinien und Herausfor- F +49 (0)30 700 14 35-129 verständlich und kaum veränderbar halten. Umso mehr derungen werden wie unter einem Brennglas sichtbar. www.agora-verkehrswende.de stellt sich die Frage, was uns immer wieder aufhält, info@agora-verkehrswende.de welche Veränderung wir anstreben, wo wir im Moment Damit die Verkehrswende in den Städten weiter voran- stehen und wie wir den Wandel gestalten wollen. geht, brauchen wir eine bessere und gerechtere Vertei- lung des öffentlichen Raums und eine bessere Qualität PROJEKTLEITUNG Für die Mobilität in der Stadt gibt die Verkehrswende des ÖPNV. Gerade im öffentlichen Verkehr wird es großer ein Leitbild vor: eine Stadt, die allen mobilen Menschen Anstrengungen bedürfen, das Vertrauen der Fahrgäste Anne Klein-Hitpaß gerecht wird – nicht nur Menschen in Automobilen –, mit zurückzugewinnen, den Status vor Corona zu erreichen anne.klein-hitpass@agora-verkehrswende.de hoher Lebensqualität, ohne Klima, Umwelt und Gesund- und den Anteil darüber hinaus weiter auszubauen. Dies heit zu belasten. Unsere Publikation liefert Zahlen, Daten ist nur durch eine langfristig tragfähige Finanzierung und Fakten, wie weit wir bei der Verkehrswende in den zu gewährleisten. Immerhin: Die Krise hat auch gezeigt, DURCHFÜHRUNG Städten gekommen sind – und wie viel noch zu tun ist. dass Stadtregierungen und -verwaltungen vorangehen können, zum Beispiel bei der Einrichtung sogenannter Auftragnehmer Grundlage für unsere Standortbestimmung ist die Studie Pop-up-Radwege. Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) „Mobilität in Deutschland“, kurz: MiD, deren Daten 2017, Institut für Verkehrsforschung | Personenverkehr also vor Corona erhoben wurden. Die MiD ist Deutsch- Für Fortschritte braucht es das Mitwirken aller Akteure. Rudower Chaussee 7 | 12489 Berlin lands größte Mobilitätsbefragung. Sie stellt repräsenta- Deshalb sind wir im engen Dialog mit unserem Agora www.dlr.de/vf tive Daten über die Alltagsmobilität der deutschen Bevöl- Städtenetzwerk Urbane Verkehrswende und weiteren Unter diesem QR-Code steht diese kerung bereit. Mit Hilfe der MiD haben wir 35 Städte kommunalen Akteuren. Gemeinsam diskutieren wir die Autoren Publikation als PDF zum Download ausgewählt, für die belastbare Daten in allen für uns Lage und tauschen Erfahrungen aus, mit dem Ziel, Emp- Deutsches Institut für Luft- und Raumfahrt: zur Verfügung. relevanten Kategorien vorliegen, und Profile erarbeitet, fehlungen zu erarbeiten, wie wir gemeinsam den Weg Dr. Claudia Nobis, Denise Obersteller die eine schnelle Übersicht über vielfältige Mobilitäts- aus der Krise finden und die Verkehrswende in den Städ- Agora Verkehrswende: kennziffern der ausgewählten Kommunen ermöglichen ten auf Kurs bringen können. Die Empfehlungen werden Anne Klein-Hitpaß, Fritz R. Viertel und einen Vergleich zwischen ihnen zulassen. wir im Laufe des Jahres vorstellen. Die hier erarbeiteten Städteprofile bieten dafür eine Grundlage. Vertreterinnen und Vertreter der Städte betonen gerne, Lektorat: Petra Schäfter, textetage ihre eigene Stadt oder Gemeinde sei so einzigartig, dass Wir hoffen, dass unsere Publikation für alle von Nutzen Satz/Grafik: Juliane Franz und Marica Gehlfuß, sie nicht mit anderen verglichen werden könne. Unsere ist, die sich an diesem Dialog beteiligen möchten, sei Agora Verkehrswende Daten bestätigen, dass jede Stadt anders ist. Gleichzeitig es im Austausch mit uns oder vor Ort in der eigenen Titelbild: iStock/Maxiphoto zeigen sich bei Städten ähnlicher Größe ähnliche Muster. Kommune. Und wir wünschen uns allen, dass wir Städte Manche Muster gelten sogar übergreifend für alle Stadt- bald auch wieder so in Bewegung erleben können, wie es typen. Und jenseits aller Unterschiede gilt: Ohne Städte unser Titelmotiv zeigt. Bitte zitieren als: und Gemeinden ist die Verkehrswende nicht zu machen. Version: 1.1 Agora Verkehrswende (2020): Städte in Bewegung. Sie können diese Rolle bewusst als Vorreiter überneh- Veröffentlichung: Mai 2020 Zahlen, Daten, Fakten zur Mobilität in 35 deutschen men, indem sie Mobilität gestalten, anstatt den Verkehr Anne Klein-Hitpaß und Christian Hochfeld 40-2020-DE Städten nur zu verwalten. für das Team von Agora Verkehrswende 3
Agora Verkehrswende | Fazit: Wie Städte die urbane Verkehrswende gestalten können Fazit: Wie Städte die urbane Verkehrswende gestalten können Verkehr gestalten statt verwalten Städten die ÖPNV-Kapazitäten zu erweitern. In kleinen Ladeinfrastruktur ausbauen und Erste Ansätze zur Verkehrswende sind in vielen Städten Städten ist die Nachfrage weniger gebündelt und deshalb kommunale Flotten elektrifizieren erkennbar. Dabei sind die Unterschiede zwischen den schwerer zu bedienen. Hier braucht es ergänzend zum einzelnen Städten groß – und nicht zufällig, sondern das etablierten ÖPNV neue Mobilitätsdienstleistungen wie In einer menschengerechten Stadt kommen die meisten Ergebnis kommunaler Verkehrspolitik der vergangenen Carsharing und Ridepooling. Haushalte ohne eigenes Auto aus – und die verbleiben- Jahrzehnte. Was überall gleich ist: Das Tempo der Umset- den Autos fahren elektrisch. Doch bislang kommt die zung ist zu langsam. Jede Kommune hat es selbst in der Elektrifizierung des Autoverkehrs nur langsam voran. Hand, die Verkehrswende zu gestalten und auf die eigene … und mit neuen Dienstleistungen zum Das gilt für die Zahl der Fahrzeuge genauso wie für die Situation zuzuschneiden. Dabei zeigen die Ergebnisse, Mobilitätsverbund weiterentwickeln Zahl der Ladepunkte. In allen untersuchten Kommunen dass bloße Verwaltung und das Umsetzen von Einzel- ist eine Ladeinfrastruktur vorhanden, oft ist sie aber maßnahmen für eine Verkehrswende nicht reichen. Die Neue Mobilitätsdienstleistungen wie das Sharing von nur rudimentär ausgebaut. Auch hier sollten Städte und Kommunen müssen strategisch vorgehen und durch den Autos, Fahrrädern, Scootern und Tretrollern ermöglichen Gemeinden ihre Gestaltungsaufgabe wahrnehmen. Sie gezielten Einsatz ihrer verkehrs- und stadtplanerischen individuelle Alltagsmobilität ohne eigenes Auto – in allen können die Elektrifizierung schneller voranbringen, Instrumente ihren Handlungs- und Gestaltungsspiel- Stadttypen. Die Ergebnisse zeigen: In 32 der 35 unter- indem sie den Ausbau der Ladeinfrastruktur koordinie- raum voll ausschöpfen. suchten Städte gibt es bereits ein Carsharing-Angebot. ren und attraktive Orte für Lade-Hubs ausweisen. Und Und wo die Angebote attraktiv sind, werden diese auch sie können eine Vorbildfunktion übernehmen, indem sie nachgefragt. Kommunen sollten das örtliche ÖPNV- ihre eigenen Flotten inklusive der Busse im ÖPNV auf Tempo machen und Maßnahmen mutig Angebot nicht nur um Mobilitätsdienstleistungen erwei- Stromantrieb umstellen. umsetzen tern, sondern beide eng miteinander verzahnen. Denn nur im Zusammenspiel entwickelt sich ein attraktiver Der Wunsch der Bevölkerung nach grünen, lebenswerten Mobilitätsverbund, der die aktuellen Verkehrsprobleme Menschen beteiligen, informieren und Städten ist so groß wie nie. Weltweit zeigen Stadtregie- bewältigen kann. motivieren rungen, dass sie mit nachhaltiger Verkehrspolitik Wahlen gewinnen können, auch in Deutschland. Gleichzeitig gibt Verkehrswende bedeutet Veränderung und Veränderung es in Deutschland so viele Autos wie noch nie – knapp Mehr Raum für Fuß- und Radverkehr fällt vielen Menschen meist schwer. Kommunen können 48 Millionen. Allein durch die Förderung umweltfreund- schaffen den Menschen die Veränderung ihrer Mobilitätsroutinen licher Angebote wird die urbane Verkehrswende daher erleichtern – durch attraktive Angebote, Beteiligung an nicht gelingen. Kommunen sollten die Wechselstim- „Aktive Mobilität“, also Zufußgehen und Radfahren, Entscheidungsprozessen und professionelle Kommuni- mung nutzen und die Verkehrswende endlich auch mit kostet die Kommunen im Vergleich zum Pkw-Verkehr kation. Dafür müssten die Kommunen mehr in Partizipa- anspruchsvollen Push-Maßnahmen voranbringen, wie kaum etwas, schont die Umwelt, stärkt die Gesundheit tion und Kommunikation investieren. Doch diese Inves- zum Beispiel: flächendeckendes Parkraummanagement und steigert die Lebensqualität in einer Stadt. Während titionen lohnen sich, denn die urbane Verkehrswende inklusive Sanktionierung von Verstößen, Umweltzonen, die Bedeutung des Zufußgehens meist noch unterschätzt bringt mehr Lebensqualität für alle und letztendlich mehr Geschwindigkeitsbeschränkungen, Bepreisung umwelt- wird – obwohl ein Viertel bis ein Drittel aller Wege in den Identifikation der Menschen mit ihrer Stadt. schädlicher Verkehre. Städten zu Fuß zurückgelegt wird – ist das Radfahren bereits zum Gewinnerthema geworden. Kein anderes Verkehrsmittel ist so beliebt, über alle Altersgruppen Mehr Handlungsspielraum vom Bund ÖPNV als Rückgrat der Verkehrswende hinweg. Wie viel Rad in den Städten tatsächlich gefah- einfordern stärken … ren wird, ist sehr unterschiedlich und hängt von vielen Faktoren ab. Als ein Haupthindernis wird in Umfragen Kommunen können die urbane Verkehrswende gestal- Der Anteil des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) die schlechte Fahrradinfrastruktur genannt. Hier können ten – aber nur soweit, wie es der Bund zulässt. Der Bund an den zurückgelegten Wegen variiert stark – von 5 Pro- Kommunen gezielt gegensteuern: durch den Ausbau sollte den Handlungsspielraum für Kommunen erweitern, zent in Ansbach bis zu 26 Prozent in Berlin. Generell gilt: sicherer Fuß- und Radwege. Dabei helfen wiederum insbesondere im Straßenrecht und im Straßenverkehrs- Je kleiner die Stadt, desto schlechter das Angebot. Für Push-Maßnahmen, die den motorisierten Individualver- recht. Dabei kommt es vor allem darauf an, den Pkw nicht einen starken ÖPNV in den Städten braucht es bessere kehr einschränken und den Raum in der Stadt gerechter länger besserzustellen, sondern die Bedürfnisse aller Angebote und neue Modelle einer dauerhaft gesicherten verteilen. Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer zu Finanzierung durch Dritte (wie zum Beispiel das Bürger- berücksichtigen – Bedürfnisse etwa nach Gesundheit, ticket, bei dem alle Einwohnerinnen und Einwohner den Sicherheit, Komfort, Bezahlbarkeit und auch nach Schutz ÖPNV mittragen). Dafür sind insbesondere in den großen vor den Folgen des Klimawandels. 4 5
Städte in Bewegung. Zahlen, Daten, Fakten zur Mobilität in 35 deutschen Städten. Inhalt Vorwort3 Fazit: Wie Städte die urbane Verkehrswende gestalten können 4 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen 11 2 | Methodische Erläuterungen zu den Kurzprofilen der Städte 25 3 | Städteprofile 26 Aachen26 Kassel62 Ansbach28 Koblenz64 Aschaffenburg30 Köln66 Berlin32 Lübeck68 Bonn34 Ludwigsburg70 Bremen36 Mannheim72 Brühl38 München74 Darmstadt40 Neuwied76 Erlangen42 Nürnberg78 Frankfurt am Main 44 Offenbach am Main 80 Freiburg im Breisgau 46 Pforzheim82 Fulda48 Schwerin84 Fürstenfeldbruck50 Stuttgart86 Fürth52 Ulm88 Hamburg54 Wiesbaden90 Hannover56 Wuppertal92 Heidelberg58 Würzburg94 Karlsruhe60 4 | Quellenverzeichnis 97 6 7
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abbildung 1: Der Flächenanteil der Stadtgruppen variiert erheblich 12 ADFC Allgemeiner Deutscher Fahrradclub Abbildung 2: Die Gründe für Mobilität gleich sind immer gleich 13 BHF Bahnhof Abbildung 3: Der MIV-Trichter: Je kleiner die Stadt, BMVI Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur desto höher der Anteil an Pkw-Fahrten 14 CO₂ Kohlenstoffdioxid Abbildung 4: Der mobilitätsbedingte Meilenstiefel variiert nach Größe der Städte 15 CS Carsharing Abbildung 5: Je größer die Stadt, desto länger sind die Menschen unterwegs 15 EW Einwohner Abbildung 6: Berlin hat die meisten autofreien Haushalte, aber auch Freiburg, HH Haushalte Bremen und Frankfurt am Main sind ganz vorne mit dabei 17 HST Haltestelle Abbildung 7: Bei Metropolen und Großstädten hat die Stadtgröße KM Kilometer, beim ÖPNV als Angabe der Linienlänge im Gesamtnetz keinen Einfluss auf die Rad-Nutzung 18 MiD Studie „Mobilität in Deutschland“ Abbildung 8: Je größer die Stadt, umso höher der ÖV-Anteil 20 MIN Minuten Abbildung 9: Frankfurt am Main ist nicht nur Bankhauptstadt, sondern auch MIO Millionen Fußgängerhauptstadt Deutschlands 21 MIV Motorisierter Individualverkehr Abbildung 10: Karlsruhe ist Deutschlands Carsharing-Hauptstadt 23 ÖPFV Öffentlicher Personenfernverkehr ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr Tabelle 1: Analysierte Städte nach Stadtgröße 16 ÖV Öffentlicher Verkehr Pers. Personen PKW Personenkraftwagen 8 9
Städte in Bewegung. Zahlen, Daten, Fakten zur Mobilität in 35 deutschen Städten. 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Zwei Drittel der Deutschen leben in Städten oder im Jede Stadt ist anders, ebenso wie das Umland von Städten, Tendenz steigend. Vor allem die städtische Verkehrsgeschehen Metropolregionen verzeichnen seit Beginn des neuen Jahrtausends einen deutlichen Bevölkerungsanstieg. Als Städte unterscheiden sich unter anderem nach Größe, Wohn- und Arbeitsstandorte bieten Städte vielfältige Topografie, Dichte, Bevölkerungsentwicklung, Angebot Angebote an Arbeitsplätzen, Nahversorgungs-, Gesund- an Arbeitsplätzen, wirtschaftlicher Lage und Bedeutung heits-, Kultur- und Bildungseinrichtungen. Sie verfü- für ihre Umlandgemeinden. Je nach Einwohnerzahl wird gen zumeist über eine gut ausgebaute Infrastruktur des zwischen Kleinstädten (5.000 bis 20.000), Mittelstädten öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und stellen (20.000 bis 100.000), Großstädten (100.000 bis 500.000) Echtzeitinformationen zum Verkehrsgeschehen bereit. und Metropolen (mehr als 500.000) differenziert. Allein Hinzu kommt eine wachsende Anzahl von Sharing- in den „big seven“ – Berlin, Hamburg, München, Köln, Konzepten und unterschiedliche Arten von Mobilitäts- Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf – lebten im Apps. Aufgrund dieser Vielfalt und Dichte ermöglichen Jahr 2018 gut 10 Millionen Einwohnerinnen und Einwoh- Städte kurze Alltagswege und bieten ein großes Potenzial, ner, das entspricht einem Achtel der deutschen Bevöl- die Mobilitätswende voranzubringen, also den Umstieg kerung. Inklusive des räumlichen Verflechtungsgebietes der Bewohnerinnen und Bewohner vom eigenen Auto mit ihrem Umland kommen die „big seven“ sogar auf eine auf den öffentlichen Verkehr, die gemeinschaftliche Nut- Einwohnerschaft von rund 23 Millionen Menschen, das ist zung von Fahrzeugen sowie das häufigere Zurücklegen mehr als ein Viertel der Bevölkerung Deutschlands. von Wegen zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu unterstützen. Ende 2017 gab es in Deutschland mehr als 4.600 Klein- In den Städten sind die verkehrsbedingten Probleme städte, rund 800 Mittelstädte und 79 Großstädte und allerdings auch am drängendsten: Vielerorts wachsende Metropolen. Das heißt: Die meisten deutschen Städte Pendler- und Wirtschaftsverkehre, Staus, schlechte sind klein. Allerdings werden sie größer: Im Jahr 1970 Luftqualität und der hohe Flächenverbrauch für den flie- hatten 65 deutsche Städte eine Einwohnerzahl von ßenden und ruhenden motorisierten Individualverkehr 100.000 und mehr, aktuell sind es 81. Allein zwischen (MIV) mindern die Aufenthaltsqualität im öffentlichen 2017 und 2019 haben zwei Städte die 100.000-Schwelle Raum. Im übertragenen und wörtlichen Sinn: Es wird überschritten. Die zunehmende Verstädterung, also das eng in Deutschlands Städten! Während die Bevölkerung, Wachstum und die Ausdehnung von Städten, ist mithin das Verkehrsaufkommen und die Anzahl der Fahr- nicht nur ein Phänomen der großen Metropolen. zeuge beständig wachsen, bleibt die städtische Fläche gleich. Neue Siedlungsflächen und Nachverdichtungen Zwar verteilt sich die Bevölkerung mit jeweils rund im Stadtgebiet können den Bedarf an Wohnungen und 30 Prozent gleichmäßig auf die drei Stadtgruppen Büros zumeist kaum decken. Der zusätzlich entstehende Metropolen/Großstädte, Mittelstädte und Kleinstädte, die Verkehr kann von dem bereits überlasteten Verkehrs- Unterschiede in der Fläche könnten aber kaum größer system kaum aufgenommen werden. Dadurch steigt der sein: Die Metropolen und Großstädte mit insgesamt rund Handlungsdruck, der aber auch zu kreativen Lösungen 26 Millionen Menschen nehmen gerade einmal 3 Prozent führen kann. der Fläche Deutschlands ein. Die in Kleinstädten leben- den 24 Millionen Menschen verteilen sich dagegen auf Ob die Verkehrswende gelingt, wird daher zu weiten 45 Prozent der Fläche. Teilen in den Städten und in ihrem Umland entschieden. Für die Umsetzung folgt daraus: Städte und Gemeinden Während sämtliche Großstädte eine zentrale Funktion sollten den Besitz und die Nutzung des privaten Pkws für das Umland haben, hängt dies bei kleineren Städ- weniger attraktiv gestalten und die Alternativen zum ten stark von der räumlichen Lage ab. Stadt-Umland- eigenen Pkw gezielt fördern. Nur so können Pkw- Verflechtungen sind dann besonders ausgeprägt, wenn Fahrten umfassend auf die Fortbewegungsmittel des es in der Stadt ein großes Angebot an Arbeitsplätzen gibt, Umweltverbundes (Fahrrad, zu Fuß gehen und öffentli- gleichzeitig der Wohnraum aber knapp und teuer ist. Je cher Verkehr) verlagert werden. weiter entfernt andere Mittel- und Oberzentren sind, desto intensiver fallen die Wechselbeziehungen zwi- 10 11
Städte in Bewegung | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Agora Verkehrswende | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen schen Stadt und Umland aus. Konzentrieren sich mehrere Schienennetz, das weit ins Umland reicht, zeichnen sich knappes Drittel entfällt auf Einkaufswege und Wege für Dabei hat sich das Bild des Trichters in den letzten Jahren Großstädte in einer Region, entstehen Ballungszentren, durch einen hohen Anteil des öffentlichen Verkehrs am private Erledigungen und etwas weniger als ein Drittel verändert: Ein Blick auf den Modal Split zeigt, dass die sich ebenfalls durch ein hohes Maß an Verflech- Verkehrsaufkommen aus. In Städten mit einer lockeren sind Freizeitwege. Bei 8 Prozent der Wege handelt es sich der Anteil der Wege, den eine Person am Steuer eines tung auszeichnen. Diese unterschiedliche Ausgangslage Baustruktur und breiten Straßen steht mehr Fläche für den um Begleitwege, das heißt Personen begleiten andere Pkw (MIV [Fahrer]) zurücklegt, in den Metropolen seit bedeutet: Die Verkehrswende muss maßgeschneidert Ausbau einer guten Fahrradinfrastruktur zur Verfügung Personen auf deren Wegen. der Jahrtausendwende leicht abgenommen hat, in den sein und angepasste Lösungen für unterschiedliche als beispielsweise in einer mittelalterlichen denkmalge- Großstädten und Mittelstädten ist er mehr oder weniger Stadtgrößen und Verflechtungssituationen bereitstellen. schützten Stadt. Und nicht zuletzt ist das Verkehrsgesche- Auch wenn die Gründe für Mobilität letztlich gleich hen abhängig von der Verkehrspolitik und der Mobilitäts- sind, gibt es erhebliche Unterschiede bei der Frage, wie Der Modal Split zeigt, welchen prozen- Das Verkehrsgeschehen in einer Stadt hängt von vielen kultur vor Ort (s. dazu S. 24). Doch allen Eigenheiten zum die Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner ihre Wege tualen Anteil die Verkehrsmittel an den verschiedenen Faktoren ab und hat immer eine eigene, Trotz: Zwischen Stadtgröße und Verkehrsnachfrage gibt es zurücklegen. Ein Blick auf die Verteilung des Verkehrs- insgesamt zurückgelegten Wegen oder an stadtspezifische Ausprägung. Städte mit hohen Ein- vielfach klare lineare Zusammenhänge. aufkommens auf die verschiedenen Verkehrsmittel, der den insgesamt zurückgelegten Personen- pendlerzahlen haben zu den Stoßzeiten morgens und sogenannte Modal Split, zeigt: Je größer die Städte sind, kilometern haben. abends enorme Verkehrsmengen zu bewältigen. Städte mit desto höher fallen die Wegeanteile des Umweltver- einem historisch gewachsenen, gut ausgebauten ÖPNV- Alle tun das Gleiche, bundes aus und umso niedriger die des MIV. Bewältigen aber irgendwie anders die Menschen aus Metropolen knapp zwei Drittel ihrer Wege zu Fuß, mit dem ÖV oder dem Rad und ein gutes Der öffentliche Verkehr (ÖV) setzt sich Das Verkehrsaufkommen ist ein zentraler Unabhängig davon, ob sie in großen, mittleren oder Drittel mit dem Auto, ist es bei Menschen aus Klein- aus zwei Teilbereichen zusammen: dem Kennwert zur Beschreibung von Verkehrs- kleinen Städten wohnen – Menschen verlassen aus städten genau umgekehrt. Bereits die Großstädter legen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mengen. Beim Verkehrsaufkommen handelt den gleichen Gründen das Haus: Sie gehen zur Arbeit die Hälfte der Wege mit dem Pkw zurück. Auch durchaus und dem öffentlichen Personenfernverkehr es sich um die Summe aller in einem Zeit- oder in die Schule, erledigen ihre Einkäufe, besuchen günstige Bedingungen können gegen die Dominanz des (ÖPFV). Während der ÖPNV alle öffentli- raum – zumeist einem Tag – zurückgelegten Freunde oder machen Sport im Verein. Insgesamt besteht Autos nur wenig ausrichten und nicht verhindern, dass chen Angebote im Nahbereich umfasst Wege. ein gutes Drittel des Verkehrsaufkommens in Städten sich jenseits der Metropolen rasch der „MIV-Trichter“ (zum Beispiel Straßenbahn, S- und U-Bahn, aus Wegen zu Berufs- und Ausbildungszwecken, ein öffnet: Je kleiner die Stadt, desto wichtiger ist der Pkw Stadtbusse, Taxen), handelt es sich beim für die alltägliche Mobilität. ÖPFV um Angebote für das Zurücklegen weiter Distanzen (zum Beispiel Fernzüge, Fernbusse, Flugzeug). Der Flächenanteil der Stadtgruppen variiert erheblich Abbildung 1 50 45 45 Die Gründe für Mobilität sind immer gleich Abbildung 2 40 35 35 8% 29 29 7% 30 28 % [%] 25 20 17 11 % 16 14 15 10 10 5 2 14 % 1 16 % 0 Landgemeinden Kleinstädte Mittelstädte Großstädte Metropolen unter 5.000 EW 5.000 bis
Städte in Bewegung | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Agora Verkehrswende | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Der MIV-Trichter: Je kleiner die Stadt, desto höher der Anteil an Pkw-Fahrten Abbildung 3 Der mobilitätsbedingte Meilenstiefel variiert nach Größe der Städte Abbildung 4 100 8 7 13 90 21 15 15 13 Kleinstädte Mittelstädte Großstädte Metropolen 80 (42 km) (37 km) (36 km) (37 km) 10 70 50 60 40 25 37 21 17 15 27 44 51 50 30 [%] [km] 20 7 40 7 9 8 6 15 4 14 10 30 3 3 5 6 12 2 3 2 2 9 0 20 27 24 10 22 19 zu Fuß* Fahrrad* ÖPFV ÖPNV MIV (Mitfahrer) MIV (Fahrer) 0 Metropolen Großstädte Mittelstädte Kleinstädte ÖV MIV (Mitfahrer) MIV (Fahrer) Fahrrad zu Fuß * fehlende Werte = 1 km Agora Verkehrswende (2020) auf Basis MiD 2017 Agora Verkehrswende (2020) auf Basis MiD 2017 gleich geblieben. In den Kleinstädten wird dagegen mehr ähnlich sind, variiert der mobilitätsbedingte Meilen- Auto gefahren; dort ist der Anteil der Pkw-Fahrten um stiefel erheblich. In den Metropolen entfallen nur 15 der 6 Prozentpunkte gestiegen. Die Schere zwischen großen insgesamt 37 Kilometer langen Tagesstrecke auf Wege, Je größer die Stadt, desto länger sind die Menschen unterwegs Abbildung 5 und kleinen Städten geht damit weiter auf. In den kleinen die eine Person am Steuer eines Pkw zurücklegt, in den Städten wird der Weg zur Verkehrswende länger. Mittelstädten sind es 21 Kilometer. Problematisch für die Umweltbilanz: Dieser absolute Wert ist in den vergange- Kleine Städte weisen nicht nur einen hohen MIV-Anteil nen Jahren in allen Stadtgruppen gestiegen. Auch in den auf, gerade hier sind auch die Wege besonders weit. Metropolen war die zu verzeichnende leichte Abnahme Legen die Menschen aus Metropolen, Großstädten und des Anteils der Pkw-Fahrten an den Wegen nicht mit Mittelstädten mit rund 37 Kilometer pro Tag ähnliche einer Abnahme der Tagesstrecke verbunden. Wegen der Gesamtdistanzen zurück, sind es in den Kleinstädten wachsenden Distanzen im Alltagsverkehr kommen die Metropolen 91 min* Großstädte fünf Kilometer mehr. Entsprechend viele Kilometer ent- durchaus vorhandenen positiven Entwicklungen dem- 82 min* fallen dort auf den MIV. nach kaum zum Tragen. Mittelstädte 78 min* Kleinstädte 77 min* Im Rahmen der MiD-Städteanalysen wurden sogenannte Die bisher dargestellten Kennwerte zeigen, dass die „Meilenstiefel“ berechnet. Angelehnt an den CO2-Fußab- Alltagsmobilität in Metropolen einfacher umweltfreund- druck, der die Summe der Kohlendioxid-Emissionen für lich zu organisieren ist als andernorts, weil vielfältige * Tägliche Unterwegszeit [min] Aktivitäten wie Wohnen, Konsum und Mobilität wieder- Alternativen zum eigenen Pkw zur Verfügung stehen. Ein Agora Verkehrswende (2020) auf Basis MiD 2017 gibt, zeigt der Meilenstiefel einer Stadt, welche Strecke Nachteil sticht dennoch heraus: Der Zeitaufwand für das Bewohnerinnen und Bewohner täglich durchschnitt- Zurücklegen von Wegen ist in den Metropolen besonders lich zurücklegen und wie sie sich auf die verschiede- hoch. Dort sind die Menschen pro Tag durchschnittlich nen Verkehrsmittel verteilt. Dabei zeigt sich: Obwohl eine Viertelstunde länger unterwegs als Menschen in die Tagesdistanzen in großen und mittleren Städten kleinen Städten. 14 15
Städte in Bewegung | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Agora Verkehrswende | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Jede Stadt ist anders: deutliche Unter- Vergleich der Daten über die Zeit und damit auch eine Mittelstädten mit einer Einwohnerzahl von weniger den Mittelstädten Neuwied und Ansbach. Obwohl deut- schiede zwischen den Städten Darstellung der Entwicklung nicht möglich. als 100.000 fallen die Werte ab, oft auf deutlich unter lich kleiner als Berlin liegt Heidelberg mit 311 Pkw auf 20 Prozent. Es gibt jedoch klare Ausreißer von diesem 1.000 Einwohner fast gleichauf mit der Hauptstadt. Auch Um der Frage nachzugehen, welche Städte Vorreiter auf Es gibt nicht nur deutliche Unterschiede zwischen, linearen Verlauf. In der Gruppe der Metropolen stechen Frankfurt am Main (321) und Freiburg (332) überschreiten dem Weg zur Verkehrswende sind, werden im Folgen- sondern auch innerhalb der Stadtgruppen. In vielen Fällen Bremen und Frankfurt am Main mit einem besonders die 300er-Marke beim Pkw-Bestand nicht wesentlich. den die Kennwerte einzelner Städte verglichen. Maß- weisen die Mobilitätskennwerte für Städte gleicher Größe hohen Anteil autofreier Haushalte hervor, in Stuttgart Bei den Mittelstädten weist Schwerin mit 395 Pkw pro geblich für die Auswahl der hier und in den detaillierten eine hohe Varianz auf. Wenn es um eine gute Ausgangs- besitzen dagegen vergleichsweise viele Haushalte einen 1.000 Einwohner einen sehr niedrigen Wert auf. Kurzprofilen im Anhang dargestellten Städte war die lage für das Gelingen einer umfassenden Verkehrswende Pkw. Bei den Großstädten weisen vor allem Freiburg, Datenlage der MiD-Studie. Insgesamt wurden 35 Städte geht, sind es nicht immer die großen Städte, die die vor- aber auch Heidelberg und in abgeschwächter Form in die Analyse einbezogen. Berücksichtigt wurden dersten Ränge belegen. Und es gibt kaum eine Stadt, die in Karlsruhe einen überproportional hohen Anteil auto- Wer ein Auto besitzt, nutzt es auch nur Städte mit einer hinreichend großen Stichprobe allen betrachteten Bereichen gut abschneidet. freier Haushalte auf. In Pforzheim und Wiesbaden fällt (mindestens 500 Haushalte) und einer ausreichenden die Pkw-Ausstattung dagegen hoch aus. Bei den Mittel- Die Pkw-Ausstattung der Haushalte hat Folgen für die Qualität beim Gewichtungsverfahren (vgl. Methodische städten hebt sich Schwerin mit einem hohen Anteil an Mobilität: In allen Städten mit hohem Pkw-Besitz wird Erläuterungen Seite 25). Wegen dieser Mindestanfor- Der Pkw-Besitz ist von mehr abhängig Haushalten ohne Pkw deutlich von den anderen Städten auch viel gefahren – allerdings auch in manchen jener derungen stehen vor allem die großen Städte im Fokus: als nur von der Stadtgröße ab, in Neuwied ist der Anteil hingegen besonders niedrig. Städte, in denen vergleichsweise wenige Haushalte Fast zwei Drittel aller Metropolen und ein gutes Viertel über einen Pkw verfügen. In der Gruppe der Metropolen aller Großstädte in Deutschland sind in der Liste ent- Der Pkw-Besitz hat einen hohen Einfluss auf das Mobili- Beim Kennwert Pkw pro 1.000 Einwohner zeigt sich ein fällt der Anteil des MIV (Fahrer) vor allem in Stuttgart halten. Von den vielen Mittelstädten werden hingegen tätsverhalten von Personen. In großen Städten gibt es im ähnliches Bild: Er reicht von 292 Pkw pro 1.000 Einwoh- (30 Prozent) und Nürnberg (32 Prozent) hoch aus, in nur einige wenige betrachtet. Die Kurzprofile der Städte Durchschnitt mehr Haushalte ohne Pkw als in kleinen. ner in Berlin bis zu über 500 Pkw pro 1.000 Einwohner in Frankfurt am Main liegt er mit 20 Prozent dagegen sogar wurden um viele weitere Kennwerte aus Quellen wie Berlin – mit 3,6 Millionen Menschen die mit Abstand beispielsweise der Pendlerstatistik der Bundesagen- größte Stadt Deutschlands – ist die Hochburg: Hier tur für Arbeit oder Daten des Kraftfahrtbundesamtes kommt rund die Hälfte (51 Prozent) der Haushalte ohne Berlin hat die meisten autofreien Haushalte, aber auch Freiburg, ergänzt. Da eine Analyse auf Städteebene erst seit der Auto aus. In Hamburg – mit 1,8 Millionen Menschen Bremen und Frankfurt am Main sind ganz vorne mit dabei Abbildung 6 letzten MiD-Erhebung von 2017 erfolgen kann, ist ein deutlich kleiner – liegt der Anteil bei 43 Prozent. In den 4 60 50 Analysierte Städte nach Stadtgröße Tabelle 1 Anteil Haushalte ohne Pkw [%] 3 40 Einwohnerzahl [Mio.] Stadtgruppen nach Einwohnerzahl 2 30 20 1 Metropolen große Großstädte kleine Großstädte große Mittelstädte kleine Mittelstädte 10 500.000 und mehr 200.000 bis
Städte in Bewegung | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Agora Verkehrswende | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen unter dem Wert von Berlin (22 Prozent). Gemessen am in Karlsruhe. Der Fahrradanteil am Modal Split in den folgen Bremen (86 Prozent) sowie Freiburg und Karlsruhe Nicht nur Studierende fahren Fahrrad Anteil der Wege, die mit dem Auto zurückgelegt wer- Großstädten mit einer Einwohnerzahl von 100.000 bis (je 85 Prozent). In Wuppertal nennt dagegen nur jeder den, stehen bei den Großstädten Pforzheim (46 Prozent), 200.000 bewegt sich zwischen 3 Prozent in Pforzheim bis zweite Haushalt ein Fahrrad sein Eigen. Auch in den Starke Reliefunterschiede können zwar extrem niedrige Koblenz (40 Prozent) und Wuppertal (38 Prozent) an der zu 28 Prozent in Erlangen und 27 Prozent in Heidelberg. Städten Pforzheim und Offenbach am Main besteht nur Wegeanteile des Fahrrads in manchen Städten erklären, Spitze. Auf deutlich niedrigere Werte kommen Frei- bei 58 Prozent der Haushalte die Möglichkeit, Alltags- die Städte-Topografie allein gibt aber keinen Aufschluss burg (23 Prozent) und Erlangen (25 Prozent). In Schwerin Ob das Fahrrad als Verkehrsmittel genutzt wird, hängt wege mit dem eigenen Fahrrad zurückzulegen. darüber, warum die Spannweite der jeweiligen Fahrrad (36 Prozent) und Brühl (35 Prozent) wird weniger häufig ganz wesentlich von der Topografie des Wohnortes ab. Der anteile an der Gesamtmobilität so breit ist. Auch der Hin- mit dem Pkw gefahren als in anderen Mittelstädten. geringe Stellenwert des Fahrrads für die Alltagsmobili- weis, dass es sich bei Städten mit hohem Fahrradanteil um tät der Einwohnerinnen und Einwohner von Städten wie Wie es den Radfahrern geht, hängt auch Universitätsstädte handelt, ist nur zu Teilen eine Antwort. Wuppertal oder Stuttgart lässt sich deshalb recht einfach davon ab, wieviel Rad gefahren wird Von den hier betrachteten Städten weisen beispielsweise Fahrräder werden ganz unterschiedlich damit erklären, dass es dort recht hügelig ist. Im norddeut- Würzburg und Darmstadt mit 29 Prozent und 28 Prozent genutzt schen Flachland mit seiner ebenen Topografie fallen die Für die Bewertung der Fahrradinfrastruktur gibt es keine die höchsten Studierendenanteile an der Bevölkerung auf, Anteilswerte des Fahrrads dagegen oft recht hoch aus. objektive Bemessungsgrundlage. Wichtige Hinweise haben aber trotzdem keinen auffallend hohen Radanteil. Bei keinem Verkehrsmittel variieren die Wegeanteile können aber die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima- Das Gleiche gilt für Aachen. In Freiburg und Karlsruhe so stark wie beim Fahrrad – und zwar quer durch alle Zwischen der Fahrradnutzung und der Fahrradaus- Tests 2018 liefern. Bei diesem Test bewerten Fahrrad- hingegen ist der Studierendenanteil mit 14 Prozent eher Stadtgruppen. Bei den Metropolen reichen die Werte von stattung der Haushalte besteht ein enger Zusammen- fahrende die Radverkehrssituation in ihrer jeweiligen gering; die mit 23 bzw. 24 Prozent dort dennoch recht 7 Prozent in Stuttgart bis zu 24 Prozent in Bremen. Bei hang: In Städten, in denen viel Fahrrad gefahren wird, Stadt aus ihrer subjektiven Sicht. Ermittelt wird, wie hohen Fahrradanteile kommen auch durch die Fahrrad- den Großstädten, die eine Einwohnerzahl von 200.000 verfügen mehr Haushalte über Fahrräder als in Städten die Befragten die Fahrradinfrastruktur, aber auch die nutzung anderer Bevölkerungsgruppen zustande. überschreiten, liegen die Werte zwischen 2 Prozent in mit geringer Fahrradnutzung. Erlangen führt das Feld Sicherheit beim Fahrradfahren, den Stellenwert des Rad- Wuppertal und 23 Prozent in Freiburg sowie 24 Prozent mit einer 88-prozentigen Haushaltsausstattung an. Es verkehrs und die „Kultur des Fahrradfahrens“ in der eige- nen Stadt einschätzen. Die Stichprobe des Tests ist zwar Je größer die Stadt, desto höher nicht repräsentativ. Dennoch bieten die Werte einen die ÖPNV-Nutzung Anhaltspunkt dafür, wie ortskundige Personen die lokale Bei Metropolen und Großstädten hat die Stadtgröße keinen Einfluss Radverkehrssituation bewerten. Auch hier ergibt sich ein Im Vergleich zu den stark variierenden Werten der auf die Rad-Nutzung Abbildung 7 klares Bild: Wo viel Fahrrad gefahren wird, fällt die nach Fahrradnutzung weist der ÖPNV-Nutzungsanteil einen 4 30 Schulnoten bemessene Bewertung besser aus. Die besten klaren Zusammenhang mit der Stadtgröße auf. Allgemein Noten erreichen die Städte Karlsruhe (3,1), Freiburg und kann man festhalten: Je größer die Stadt, desto höher der Erlangen (jeweils 3,4) sowie Bremen (3,5). Die Ergebnisse Anteil des öffentlichen Verkehrs am Verkehrsaufkommen. Anteil Rad am Verkehrsaufkommen [%] 25 3 zeigen aber auch: Selbst in den Fahrradstädten Deutsch- Berlin erreicht mit 26 Prozent den höchsten Anteils- 20 lands wird die Situation nur als befriedigend mit Tendenz wert. Bei den Mittelstädten sinkt der Anteil vielfach auf Einwohnerzahl [Mio.] zu ausreichend benotet. Im Vergleich zum ADFC-Fahr- niedrige einstellige Werte. Lediglich Ludwigsburg bildet 2 15 radklima-Test aus dem Jahr 2016 hat sich die Situation in mit 14 Prozent noch einen Ausreißer nach oben. Für ihre den Städten zudem leicht verschlechtert. jeweilige Stadtgruppengröße verzeichnen auch Kassel (19 10 Prozent), Freiburg und Wiesbaden (jeweils 17 Prozent), 1 Die MiD-Studie zeigt: In Deutschland wird gerne Fahrrad Stuttgart (23 Prozent) und Frankfurt am Main (24 Prozent) 5 gefahren. 60 Prozent der Personen ab 14 Jahren sind sehr höhere Anteilswerte als der Durchschnitt. Die tatsächliche gerne oder gerne mit dem Fahrrad unterwegs. Besonders Verkehrsmittelnutzung zeigt, dass der ÖPNV dem oft pro- 0 0 beliebt ist das Fahrradfahren bei jungen Personen unter pagierten Anspruch, das Rückgrat eines umweltfreundli- Bonn Karlsruhe Mannheim Stuttgart Bremen Hannover Nürnberg Wuppertal Wiesbaden Aachen Freiburg im Breisgau Lübeck Kassel Darmstadt Fürth Würzburg Pforzheim Ulm Koblenz Erlangen Fürstenfeldbruck Schwerin Ludwigsburg Aschaffenburg Fulda Neuwied Brühl Ansbach Frankfurt am Main Heidelberg Offenbach am Main Berlin Hamburg München Köln 19 Jahren und bei Personen, bei denen das Fahrrad eine chen Verkehrs zu sein, leider nicht gerecht wird. Je kleiner hohe Bedeutung für die Alltagsmobilität hat. 95 Pro- die Stadt, desto größer die Diskrepanz zwischen Anspruch zent derjenigen, die mehr oder weniger täglich Fahrrad und Wirklichkeit. Für eine Mobilitätswende in den Städ- fahren, tun dies eigenen Angaben zufolge gerne. Beim ten besteht hier fast flächendeckender Nachholbedarf. große kleine Blick auf die einzelnen Städte zeichnet sich ebenfalls ein Metropolen große Großstädte kleine Großstädte Mittelstädte Mittelstädte klares Bild ab: Wo viel gefahren wird, wird auch gerne Je größer die Stadt, umso mehr Personen sind im Besitz Einwohnerzahl [Mio.] Anteil Rad am Verkehrsaufkommen [%] Fahrrad gefahren. In allen genannten Fahrradstädten fällt einer Zeitkarte für den ÖPNV und gehören damit zu den die Zustimmungsrate von 75 Prozent in Bremen bis zu Stammkunden. In Berlin und Hamburg besitzen 38 Pro- Agora Verkehrswende (2020) auf Basis MiD 2017 und Deutscher Städtetag 2020 83 Prozent in Erlangen überproportional hoch aus. zent bzw. 40 Prozent der Menschen ab 14 Jahren eine Dauerkarte. In Städten mit einer Einwohnerzahl von 18 19
Städte in Bewegung | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Agora Verkehrswende | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Je größer die Stadt, umso höher der ÖV-Anteil Abbildung 8 Frankfurt am Main ist nicht nur Bankhauptstadt, sondern auch Fußgängerhauptstadt Deutschlands Abbildung 9 4 30 4 35 Anteil des Fußverkehrs am Verkehrsaufkommen [%] Anteil ÖV am Verkehrsaufkommen [%] 25 30 3 3 20 25 Einwohnerzahl [Mio.] Einwohnerzahl [Mio.] 20 2 15 2 15 10 1 10 1 5 5 0 0 0 0 Stuttgart Hannover Nürnberg Wuppertal Bonn Karlsruhe Mannheim Bremen Wiesbaden Aachen Freiburg im Breisgau Lübeck Kassel Darmstadt Fürth Würzburg Heidelberg Offenbach am Main Pforzheim Ulm Koblenz Erlangen Schwerin Ludwigsburg Aschaffenburg Fulda Neuwied Brühl Ansbach Fürstenfeldbruck Hamburg Frankfurt am Main Berlin München Köln Stuttgart Bremen Hannover Nürnberg Wuppertal Bonn Karlsruhe Mannheim Wiesbaden Aachen Freiburg im Breisgau Lübeck Kassel Darmstadt Pforzheim Ulm Koblenz Erlangen Brühl Ansbach Fürstenfeldbruck Heidelberg Offenbach am Main Fürth Würzburg Schwerin Ludwigsburg Aschaffenburg Fulda Neuwied Hamburg Frankfurt am Main Berlin München Köln große kleine große kleine Metropolen große Großstädte kleine Großstädte Mittelstädte Mittelstädte Metropolen große Großstädte kleine Großstädte Mittelstädte Mittelstädte Einwohnerzahl [Mio.] Anteil ÖV am Verkehrsaufkommen [%] Einwohnerzahl [Mio.] Anteil des Fußverkehrs am Verkehrsaufkommen [%] Agora Verkehrswende (2020) auf Basis MiD 2017 und Deutscher Städtetag 2020 Agora Verkehrswende (2020) auf Basis MiD 2017 und Deutscher Städtetag 2020 unter 100.000 liegen die Anteilswerte oft nur noch im und Kassel (58 Prozent) hoch aus. Es gibt jedoch auch Neue Mobilität: Die M etropolen sind Innerhalb der Stadtgruppen sind die größten Städte mit- einstelligen Bereich. Städte wie Brühl (25 Prozent), Lud- Städte mit Zustimmungsraten unter 40 Prozent. So Vorreiter aber nicht nur sie nichten die „Anführer“ in Sachen Carsharing. Von den wigsburg (20 Prozent) und Fürstenfeldbruck (19 Prozent) nutzen nur 39 Prozent der Bevölkerung in Lübeck und Metropolen weist Köln den höchsten Anteil an Haushal- belegen jedoch, dass es auch in kleinen Städten gelingen Koblenz sehr gerne oder gerne den ÖPNV. Bei den Mittel- Alternativen Mobilitätsangeboten kommt eine hohe ten mit einer Carsharing-Mitgliedschaft auf (23 Pro- kann, viele ÖPNV-Stammkunden zu gewinnen. städten fallen Schwerin (54 Prozent) und Ludwigsburg Bedeutung beim Aufbau nachhaltigen Mobilitätsverhal- zent), gefolgt von München (22 Prozent) und Hamburg (51 Prozent) mit hohen Beliebtheitswerten auf. tens zu. Insbesondere Carsharing bietet die Chance, Mobi- sowie Stuttgart mit jeweils 20 Prozent aller Haushalte. Generell hat der ÖPNV jedoch einen schweren Stand. lität ohne eigenes Auto zu gestalten. Studien zeigen, dass Zusammen mit Frankfurt am Main liegt Berlin erst an Der ÖPNV ist das am wenigsten beliebte Verkehrsmittel. Carsharing-Nutzende ihren Alltag zu weiten Teilen mit vierter Stelle mit einem Anteilswert von 16 Prozent. Bei Lediglich 7 Prozent aller Deutschen ab 14 Jahren fahren Zu Fuß gehen ist eine unterschätze Verkehrsmitteln des Umweltverbundes bestreiten. Selbst den Großstädten sind Karlsruhe und Freiburg mit jeweils sehr gerne und nur 27 Prozent gerne mit dem ÖPNV. Form der Mobilität Carsharer mit Pkw im Haushalt verhalten sich zu einem 17 Prozent die unbestrittenen „Hauptstädte des Carsha- Allerdings sind diese bundesweiten Durchschnittswerte weit höheren Anteil multimodal, nutzen also verschiedene rings“. Städte wie Ulm (12 Prozent) zeigen jedoch: Auch in vor allem auf die niedrige Zustimmung der Bevölkerung Die eigenen Füße sind dasjenige „Verkehrsmittel“, das so Verkehrsmittel je nach persönlicher Situation, und sie kleineren Städten kann Carsharing eine beachtliche Rolle im ländlichen Raum zurückzuführen; die Werte in den gut wie allen Menschen zur Verfügung steht. Der Anteil legen weniger Kilometer im Pkw zurück als Nicht-Nutzer. bei den Mobilitätsangeboten spielen. betrachteten Städten fallen mit einer Ausnahme grund- der Wege, die zu Fuß zurückgelegt werden, ist in fast sätzlich höher aus. Am beliebtesten ist der ÖPNV bei den allen Städten ähnlich hoch und liegt in den Metropolen Carsharing gibt es seit rund 30 Jahren. Während in sämt- In Karlsruhe ist die Dichte an Carsharing-Fahrzeu- Einwohnerinnen und Einwohnern von Stuttgart: Hier und Großstädten seit Jahren zwischen 24 Prozent und lichen großen Städten entsprechende Angebote verfüg- gen mit Abstand am höchsten: Mit 3,2 Fahrzeugen auf nutzen mehr als zwei Drittel der Befragten den ÖPNV 30 Prozent. Lediglich Frankfurt am Main erreicht mit bar sind, gibt es in Mittel- und Kleinstädten noch deut- 1.000 Einwohner liegt Karlsruhe weit vor der zweit- sehr gerne oder gerne. Die meisten der betrachteten 33 Prozent einen höheren Wert und ist damit Deutsch- liche Lücken. Mit Ausnahme von Fürstenfeldbruck und platzierten Stadt München mit 2,1 Fahrzeugen. Auch in Metropolen erzielen Werte über 60 Prozent. Unter den lands Hochburg des Zufußgehens, gefolgt von Aachen Neuwied verfügen alle in den Kurzprofilen porträtierten Hamburg (1,7) sowie in Berlin und Freiburg (1,6) stehen Großstädten fallen die Werte in Darmstadt (59 Prozent) und Ulm mit einem Anteil von jeweils 30 Prozent. Städte über ein Carsharing-Angebot. vergleichsweise viele Carsharing-Fahrzeuge bereit. 20 21
Städte in Bewegung | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Agora Verkehrswende | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen Große Städte sind prinzipiell besser mit Carsharing- den kleineren Städten hebt sich Schwerin deutlich von Fahrzeugen ausgestattet als kleine. Die Spannweite den anderen Städten ab. Eine niedrige Ausstattung mit Karlsruhe ist Deutschlands Carsharing-Hauptstadt Abbildung 10 ist allerdings auch hier groß: In den Metropolen Pkw korreliert grundsätzlich mit einem hohen Anteil des reicht sie von 21 bis zu 209 Carsharing-Fahrzeu- 4 3,5 Umweltverbundes, scheint jedoch nicht die einzige Vor- gen auf 100.000 Einwohner, in den Großstädten über aussetzung zu sein, denn auch andere Städte weisen eben- 3,0 200.000 Einwohner sind es 16 bis 323 Carsharing-Fahr- falls einen hohen Anteil von ÖPNV, Rad- und Fußverkehr CS-Fahrzeuge auf 100.000 EW [%] 3 zeuge pro 100.000 Einwohner. In einigen großen deut- auf – trotz guter Ausstattung mit Pkw. Damit ist ein zent- 2,5 Einwohnerzahl [Mio.] schen Städten besteht damit deutlicher Entwicklungs- rales Ergebnis der Auswertung angesprochen: Oft sind die 2,0 bedarf, um Carsharing zu einer attraktiven Alternative Städte nur in einem der fünf analysierten Bereiche gut, die 2 zu einem eigenen Pkw zu machen. Das Gleiche gilt für anderen Kennwerte lassen noch zu wünschen übrig. Oder 1,5 kleine Städte, in denen die gesamte Carsharing-Flotte anders ausgedrückt: Auf dem Weg zur Verkehrswende ist mitunter aus lediglich drei bis fünf Fahrzeugen besteht. vielfach nur die erste Stufe genommen – und dies weniger 1 1,0 aufgrund einer umfassenden nachhaltigen Verkehrspolitik 0,5 Im Vergleich zu Carsharing verfügt das Bikesharing als vielmehr aufgrund von historischen und geografischen über eine weniger lange Geschichte. Im Kontext nach- Gegebenheiten, Aktivitäten in Einzelbereichen oder der 0 0 haltiger Mobilität hat es als Teil eines multimodalen Eigendynamik von Bevölkerungsgruppen. Bonn Mannheim Stuttgart Bremen Hannover Nürnberg Wuppertal Karlsruhe Wiesbaden Aachen Brühl Fürstenfeldbruck Freiburg im Breisgau Lübeck Kassel Darmstadt Fürth Würzburg Pforzheim Ulm Koblenz Erlangen Heidelberg Offenbach am Main Schwerin Ludwigsburg Aschaffenburg Fulda Neuwied Ansbach Hamburg Frankfurt am Main Berlin München Köln Angebots jedoch einen wichtigen Stellenwert. Bislang ist Bikesharing im Wesentlichen auf die Metropolen und Festzuhalten ist auch: Die Bemühungen, die viele Städte die „großen“ Großstädte beschränkt. Unterhalb einer in den vergangenen vier Jahren unternommen haben, Einwohnerzahl von 100.000 verfügen nur noch wenige werden in den Daten nicht abgebildet, da die Befragung große kleine Städte über ein solches Angebot. Bikesharing ist dabei in den Jahren 2016/2017 stattfand. Viele lobenswerte Metropolen große Großstädte kleine Großstädte Mittelstädte Mittelstädte nicht in denjenigen Städten besonders verbreitet, in Bemühungen Richtung Verkehrswende werden zudem denen das Fahrrad für die Mobilität der Stadtbevölkerung von der Summe der Pendlerverkehre konterkariert, die Einwohnerzahl [Mio.] CS-Fahrzeuge auf 100.000 EW [%] von hoher Bedeutung ist. Die Metropolen mit der höchs- die Verkehrssysteme, insbesondere der Metropolen, oft ten Bikesharing-Dichte sind aktuell Köln, München und an ihre Belastungsgrenzen bringen. Aus diesem Grund 4 25 Frankfurt am Main. Von den Großstädten verfügen Bonn, sind die Ergebnisse und die nachfolgenden Städteprofile Heidelberg, Darmstadt und Offenbach am Main über eine erste Bestandsaufnahme, die Vergleiche zulassen und 20 Haushalte mit CS-Mitgliedschaft [%] größere Bikesharing-Angebote. Unter diesen Städten zugleich Ansporn für die Städte sein soll. Darüber hinaus 3 weist lediglich Heidelberg einen vergleichsweise hohen greift es zu kurz, den Stand der Verkehrswende allein am Einwohnerzahl [Mio.] Fahrradanteil am Modal Split auf. Modal Split ablesen zu wollen. Er ist zwar ein durchaus 15 hilfreiches Instrument, um den Status quo festzustellen. 2 Die Anteile von Verkehrsmitteln am Gesamtverkehr sind 10 Welche Städte sind heute schon auf jedoch vielfach von äußeren Rahmenbedingungen geprägt und ändern sich deshalb nur langsam. Eine ungünstige 1 einem guten Weg zur Verkehrswende? 5 Topografie kann beispielsweise zu Werten führen, die Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Es gibt Städte, eine durchaus existente, im Sinne der Verkehrswende 0 0 die anderen Städten auf dem Weg zur Verkehrswende engagierte Verkehrspolitik unsichtbar machen. Sofern Bonn Mannheim Stuttgart Bremen Hannover Nürnberg Wuppertal Karlsruhe Wiesbaden Aachen Freiburg im Breisgau Lübeck Kassel Darmstadt Fürth Würzburg Pforzheim Ulm Koblenz Erlangen Heidelberg Offenbach am Main Schwerin Ludwigsburg Aschaffenburg Fulda Neuwied Brühl Ansbach Fürstenfeldbruck Hamburg Frankfurt am Main Berlin München Köln einen großen Schritt voraus sind. Am deutlichsten sticht nicht – wie im Falle der MiD – mit einem einheitlichen Freiburg aus der Vielzahl der analysierten Städte heraus: Instrumentarium gemessen wird, sind die Vergleiche Freiburg ist eine der wenigen Städte, die bei allen Ver- zwischen Städten oder auch nur der Vergleich bestimmter kehrsmitteln des Umweltverbundes auf den vordersten Parameter in ein und derselben Stadt, aber zu verschiede- Plätzen rangiert und auch beim Carsharing im oberen nen Zeitpunkten zudem nur bedingt aussagekräftig. große kleine Metropolen große Großstädte kleine Großstädte Mittelstädte Mittelstädte Mittelfeld mitspielt. Grundsteine dieses Erfolgs sind das frühzeitige Angehen einer fahrradfreundlichen Politik sowie der Erhalt und Ausbau des Straßenbahnnetzes. Einwohnerzahl [Mio.] Haushalte mit CS-Mitgliedschaften [%] Ebenfalls weit vorangeschritten sind die Städte Bremen, Agora Verkehrswende (2020) auf Basis MiD 2017 und Deutscher Städtetag 2020 Karlsruhe, Heidelberg und Frankfurt am Main. Unter 22 23
Städte in Bewegung | 1 | Ergebnisse der Städteauswertungen 2|M ethodische Erläuterungen zu den Kurzprofilen der Städte Ein großes Ganzes entsteht aus vielen Die konkrete Situation in einer Stadt ergibt sich aus dem Die nachfolgenden Kurzprofile von insgesamt 35 Städten Städte stehen nicht explizit im Fokus der MiD. Aufgrund Kleinen Zusammenspiel aller drei Dimensionen und erklärt die enthalten Angaben zur Bevölkerung, dem Durchschnitts- der großen Stichprobengröße und der Bereitstellung hohe Spannbreite an Mobilitätskennwerten trotz der einkommen, der Kaufkraft, der Anzahl an Ein- und der Kreiskennziffer im regionalen Datensatzpaket der Das ganzheitliche Konzept der Mobilitätskultur kann auf den ersten Blick oft ähnlichen Rahmenbedingun- Auspendlern, dem Streckennetz öffentlicher Verkehrs- MiD ist es jedoch erstmals möglich, Auswertungen auf helfen, die zum Teil großen Unterschiede zwischen den gen. Für die Praxis bedeutet dies: Die Verkehrspolitik mittel, den Kosten für Einzelfahrscheine und Zeitkarten, Städteebene durchzuführen. Nicht alle Städte, die Teil der Städtekennwerten zu verstehen, da es bewusst nicht einer Stadt ist vor allem dann erfolgreich, wenn sie alle dem Pkw- und E-Pkw-Bestand und dem Angebot von MiD-Stichproben sind, konnten in die Analyse einbezo- nur die harten messbaren, sondern auch weiche Fakto- drei Dimensionen miteinbezieht. Und auch Städten Carsharing, Bikesharing und öffentlichen Ladesäulen. gen werden. Berücksichtigt wurden nur Städte, die zwei ren berücksichtigt, die Einfluss auf städtische Mobilität mit Rahmenbedingungen, die sich nicht von heute auf Diese Daten wurden im Rahmen von Internetrecher- Mindestkriterien erfüllten: haben. Zu diesen weichen Faktoren zählen beispielsweise morgen ändern lassen, wie etwa ungünstige bauliche chen ermittelt; die Quellen sind im Anhang angegeben. die Einstellungen der Stadtbevölkerung zu verkehrsbe- Voraussetzungen oder eine hohe Pkw-Ausstattung und Darüber hinaus werden für jede Stadt Informationen zum 1. Die Fallzahl betrug mindestens 500 Haushalte und zogenen Themen oder die Art und Weise, wie solche The- Pkw-Nutzung, bieten die anderen Ebenen kurz- und Modal Split, der durchschnittlichen Tagesstrecke und 2. im Rahmen des Gewichtungsprozesses wurden die men in der öffentlichen Diskussion aufgegriffen werden. mittelfristig genügend Ansatzpunkte und Handlungs- Unterwegszeit, der Ausstattung der Haushalte mit Pkw Merkmale der spezifischen Stadt ausreichend be- Jede Stadt entwickelt so ein ganz spezifisches Milieu, das spielraum, um die Verkehrswende voranzutreiben. und Fahrrädern, den genutzten Fahrkartenarten sowie rücksichtigt. mal mehr, mal weniger offen für Innovationen und den dem Anteil der Personen mit Carsharing-Mitgliedschaft erforderlichen Wandel ist. bereitgestellt. Basis für die Berechnung dieser Werte Diese Mindestkriterien lagen bei 35 Städten vor. Viele waren die Daten der Studie „Mobilität in Deutschland“ der Städte konnten aufgrund der erwähnten regionalen Es sind im Wesentlichen drei Dimensionen, die die (MiD) 2017. Die Studie war maßgebend für die Auswahl Aufstockung in die Auswertung aufgenommen werden. Mobilitätskultur einer Stadt bestimmen: der Städte, für die Kurzprofile erstellt wurden. Die räumliche Verteilung der in den Kurzprofilen abge- bildeten Städte hängt daher eng mit der Verteilung der 1. die Raumstruktur und das Verkehrsangebot, Die MiD ist eine große bundesweite Studie mit dem Ziel, Aufstockungsregionen zusammen. 2. die Politik und planerische Umsetzung sowie repräsentative Daten über die Alltagsmobilität der deut- 3. Wahrnehmungen und Lebensstilorientierungen. schen Wohnbevölkerung zu erheben. Im Jahr 2017 wurde die Studie zum dritten Mal durchgeführt. Im Gegensatz Die erste Dimension umfasst die historisch gewachsene zu den MiD-Erhebungen aus den Jahren 2002 und 2008 Stadtstruktur mit Gebäuden, Freiflächen und Naturräu- umfasst der Datensatz der aktuellsten Erhebung nicht men sowie die Verkehrsinfrastruktur in Form von Stra- nur die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale ßen, Schienen sowie Rad- und Fußwegen. Hinzu kommen Infrastruktur (BMVI) in Auftrag gegebene Bundes- die Qualität sowohl des öffentlichen Verkehrs als auch stichprobe, sondern auch die Stichproben von über 60 von neuen Mobilitätsangeboten sowie die Situation im regionalen Auftraggebern, die sich der Bundeserhebung Straßenverkehr wie beispielsweise Staus oder die Höhe angeschlossen haben (sogenannte Aufstocker). Dadurch von Parkgebühren. Die zweite Dimension bezieht sich auf ist ein Datensatz von einzigartigem Umfang entstanden: alle Akteure aus Politik und Planung, von Interessens- An der MiD-Erhebung 2017 haben über 300.000 Per- verbänden und lokalen Medien bis hin zu Anbietern von sonen aus über 150.000 Haushalten teilgenommen und Mobilitätsdienstleistungen. Sie alle haben Einfluss auf knapp eine Million Wege berichtet. Mobilitätsleitbilder und den für jede Stadt spezifischen offiziellen und inoffiziellen Mobilitätdiskurs. Eine zent- rale Frage dabei ist, wie umfassend die Bürgerinnen und Bürger informiert, einbezogen und aktiv beteiligt werden und welchen Tenor zum Beispiel die lokale Berichterstat- tung aufweist. Die dritte Dimension stellt schließlich die Menschen und ihre Mobilitätsgewohnheiten in den Mittelpunkt. Hierbei werden neben soziodemografischen und sozioökonomischen Faktoren bewusst auch Ein- stellungen und Normen, die subjektive Wahrnehmung von objektiven Gegebenheiten sowie Verhaltensroutinen berücksichtigt, die ein ähnliches Beharrungsvermögen aufweisen können wie feste bauliche Strukturen. 24 25
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