Stadthygiene und Abwasserreinigung nach der Hamburger Cholera-Epidemie Umweltforschung vor 100 Jahrs im Spiegel der Bibliothek der Sielklär ...

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Stadthygiene und Abwasserreinigung nach der Hamburger Cholera-Epidemie Umweltforschung vor 100 Jahrs im Spiegel der Bibliothek der Sielklär ...
Stadthygiene und Abwasserreinigung nach der
        Hamburger Cholera-Epidemie

        Umweltforschung vor 100 Jahrs
           im Spiegel der Bibliothek
          der Sielklär Versuchsstation
             1-Iarnburg-Eppendorf

           Hrsg. von Thomas Hapke

                     Verlag

            Traugott Bautz l-Ierzberg
Stadthygiene und Abwasserreinigung
nach der Hamburger Cholera-Epidemie
— M7L

                                                                           A
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Abb. 1: Memorandum gegen Verschmutzung eines englischen Flusses
aus dem Jahr 1868
(In: Signatur: B IV a 4)
Stadthygiene und Abwasserreinigung nach der
        Hamburger Cholera-Epidemie

        Umweltforschung vor 100 Jahren
           im Spiegel der Bibliothek
          der Sielklär-Versuchsstation
             Hamburg-Eppendorf

           Hrsg. von Thomas Hapke

                    Verlag
           Traugott Bautz Herzberg
                     1993
Ausstellung in der Universitätsbibliothek
der Technischen Universität Hamburg-Harburg
Denickestr. 22, 21073 Hamburg
19. Juli 1993 bis 25. September 1993
0ffnungsz eiten:
Montag bis Donnerstag 9 19 Uhr
                          -

Freitag 9 18 Uhr
            -

Die Deutsche Bibliothek   —   CIP Einheitsaufnahme
Stadthygiene und Abwasserreinigung nach der Hamburger
Cholera-Epidemie Umweltforschung vor 100 Jahren im
Spiegel der Bibliothek der Sielklär-Versuchsstation Hamburg
Eppendorf; [Ausstellung in der Universitätsbibliothek der
Technischen Universität Hamburg-Harburg, 19. Juli bis 25.
September 1993] / hrsg. von Thomas Hapke. Herzberg:
                                              -

Bautz, 1993
   ISBN 3-88309-041-7
NE: Hapke, Thomas IHrsg.1; Universitätsbibliothek 

Verlag Traugott Bautz, Herzberg 1993
ISBN 3-88309-41-7
Inhalt

Geleitwort                                      7

Einleitung                                      9

Von der Katastrophe zur ‘Gesundung‘
-Stadthygiene, Städtebau und Sanierung
nach der Cholera 1892 in Hamburg                11

Geschichte der Sielklär-Versuchsstatjon
Hamburg-Eppendorf                               41

Anforderungen an die Reinigung
von kommunalen Abwässern                        57

Die Bibliothek der Sielklär-Versucl-,sstafion   63
Hamburg-Eppendorf
Katalog der Bibliothek                          69

                                                     5
Autoren:

Dr. Dirk Schubert,
Arbeitsbereich Städebau III der TUHH,
z.Zt Gesamthochschule Kassel
Dipl.-Ing. Martin Oldenburg,
Arbeitsbereich Gewässerreinigungstecl-inik der TUHH
Thomas Hapke,
Universitätsbibliothek der TUHH

Reproduktionen:
Zentrales Fotolabor der TUHH
Geleitwort

 Eine moderne technische Bibliothek, wie die Universitätsbiblio—
 thek der Technischen Universität Hamburg-Harburg, bietet sel
 ten Raum für einen Blick in die Vergangenheit. Als Zentralem-
 richtung der TU und als technische Zentralbibliothek der Ham
burger Region dient sie in der Regel der aktuellen Forschung und
 Lehre. Trotzdem kamen auch eine Reihe älterer Buchbestände in
die Universitätsbibliothek, so bei der Ubernahme von Beständen
größerer Firmenbibliotheken oder durch den Erwerb kleinerer
Privatbibliotheken besonders von Architekten. Die Übergabe der
Bibliothek der Sielklär-Versuchsstatjon an die Universitätsbiblio
thek der TUHH gehört ebenfalls zu diesen seltenen Gelegenhei
ten, bei denen es gelingt, die Dinge zu bewahren, bevor sie ver
schüttet werden. Ich wünsche der Ausstellung viel Erfolg und
reges Interesse und danke allen an der Realisierung der Ausstel
lung Beteiligten.
                                                    Horst Schild

                                                               7
Einleitung
Die “Bibliothek der Sielklär-Versuchsstation Hamburg-Eppen
dorf‘, eine ca. 450 Bände umfassende Spezialbibliothek zur Was
ser- und Abwasserforschung um die Jahrhundertwende, ist
durch eine Schenkung 1984 an die Universitätsbibliothek der
Technischen Universität Hamburg-Harburg gekommen. Im Be
stand dieser Bibliothek und damit auch in dieser Ausstellung
spiegelt sich die Umwelt- und Abwasserforschung Ende des 19.
Jahrhunderts wider. Bibliotheks- und buchgeschichtlich interes
sant ist dabei nicht, daß dieser Bestand besonders wertvolle Bän
de enthält, dies ist wahrscheinlich nur in Einzelbänden der Fall.
Bemerkenswert ist jedoch, daß mit dieser Bibliothek eine wirkli
che Arbeits- und Gebrauchsbibliothek mit Büchern aus Deutsch
land, England, Frankreich und den USA, Sonderdrucken, einzel
nen Zeitschriftenbänden sowie viel grauer Literatur (Behörden
schriften, Gutachten u.ä.) erhalten worden ist.
 Die Sielklär-Versuchsarilage ist 1894 als Teil des Hygienischen
 Instituts nach der Cholera-Epidemie 1892 in Hamburg gebaut
worden. Bevor auf die Geschichte der Versuchsstation eingegan
gen wird, berichtet der erste Aufsatz dieses Kataloges über Aus
wirkungen der Cholera-Epidemie auf Stadthygiene und Sariie
rungsmaßnahmen in Hamburg. Abgerundet wird dieser Katalog
durch einen Blick auf aktuelle Anforderungen an die kommunale
Abwasserreiriigung. Nicht nur durch diesen Beitrag wird deut
lich, daß bei jeder Beschäftigung mit der Vergangenheit der Um
weltforschung Bezüge zur Gegenwart unvermeidlich scheinen.
Katalog und Ausstellung dokumentieren den historischen Ent
wicklungsstand eines Teilbereiches der Umweltforschung Ende
des letzten Jahrhunderts und sollen Anregung, Ansatzpunkt und
Fundgrube darstellen für weitere Untersuchungen zur Geschich
te von Umweltverschmutzung und Umweltschutz.
Die Ausstellung kann auch als Ergänzung zum Projekt “Wasser“
gesehen werden, das von der Hamburger Volkshochschule und
dem Museumspädagogischen Dienst anläßlich des 100. Jahresta

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ges der Hamburger Cholera-Epidemie mit vielen Veranstaltun
gen bis in das Jahr 1993 hinein initiiert wurde.
Vom 19. bis 23.7.1993 findet die 15. Biennial JATUL-Conference
(International Association of Technological University Libraries)
an der Technischen Universität Hamburg-Harburg statt. Die
Ausstellung soll die Teilnehmer des Kongresses mit einem Mei
nen Stück Hamburger Bibliotheks- und Technikgeschichte be
kannt machen.
Für wertvolle Hinweise zur Geschichte von Bibliothek und Siel
klär-Versuchsstation ist Herrn Prof. Sekoulov vom Arbeitsbe
reich Gewässerreinignngstechnik der TUHH, Herrn Ewert und
Prof. Sickert vom Amt für Stadtentwässerung der Umweltbehör
de Hamburg, Herrn Dr. Kunze, ehemaliger Haupt-Abteilungs
leiter der Stadtentwässerung, sowie dem Staatsarchiv Hamburg,
insbesondere Frau Rabe, zu danken. Prof. Sekoulov, Gewässer
reinigungstechnik, und Prof. Harms, Städtebau III der TUHH,
gebührt Dank für die Bereitstellung von Ausstellungsstücken
aus der Forschung ihrer Arbeitsbereiche, Martin Oldenburg und
Dirk Schubert für die Mitarbeit an diesem Katalog. Ich danke
dem Direktor der Universitätsbibliothek, Herrn Schild, für die
Möglichkeit, diese Ausstellung realisieren zu dürfen.
                                                 Thomas Hapke
Von der Katastrophe zur ‘Gesundung‘
      Stadthygiene, Städtebau und Sanierung
        nach der Cholera 1892 in Hamburg
                          Dirk Schubert
 Die Einrichtung der Sielklär-Versuchsstation in Hamburg-Ep
pendorf 1895, wie die Einrichtung des Hygienischen Insituts
 1892, sind nur zwei Maßnahmen, die als Folgen der Choleraepi
demie 1892 zu werten sind. Sie sind in einen breiten Kontext von
Modernisierungen und Reformen einzuordnen, die unter dem
Druck der Folgen der Cholera vor dem 1. Weltkrieg in Hamburg
initiiert wurden. In diesem Beitrag soll es um die städtebaulichen
und wohnungspolitischen Maßnahmen, vor allem um die Sanie
rungen gehen, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts eingeleitet
wurden. Im Bereich des Städtebaus spiegelt die Durchführung
der umfangreichen Sanierungsmaßnahmen in Hamburg exem
plarisch das damalige Verhältijis von ‘ungesunden Wohnver
hältnissen‘, hygienischen Problemen und den daraus abgeleite
ten Maßnahmen der ‘Gesundung‘, die in der Regel im Abriß der
alten Bausubstanz und anschließender Neubebauung bestanden.
 Die Sielklär-Versuchsaniage war dabei ein für damalige Verhält
 nisse durchaus typischer Versuch mit einem Experiment zu einer
 Einschätzung zu gelangen, um daraus gesamtstädtische Ziele
 und Strategien ableiten zu können. Aus den Beständen der Bi
bliothek wird außerdem eine erstaunliche international-verglei
chende und interdisziplinäre Arbeitsweise der Akteure deutlich.
Nicht nur aus anderen deutschen Städten, auch aus Frankreich,
Amerika und England wurden einschlägige Publikationen her
angezogen. Nicht nur international relevante Fachzeitschriften,
auch ‘graue‘ Literatur mit kommunalen Erfahrungsberichten
und Untersuchungen von Fachkommissionen war vorhanden.
Die Bestände der Bibliothek spiegeln dabei exemplarisch die
Vorgehensweise der Betreiber: Aus allen international verfügba
ren Informationen versuchte man eine ‘Problemevaluierung‘ zu
betreiben, sich ein Bild von erfolgreichen, weniger erfolgreichen

                                                               11
Versuchen und Maßnahmen zu machen, um erfolgversprechen
de Maßnahmen dann experimentell umzusetzen, um so zu be
legbaren und begründeten Vorschlägen zu gelangen, die in der
Realität eingesetzt werden konnten.
Die Verbesserung der stadthygienischen Einrichtungen gehörte
zu den größten technischen und sozialen Leistungen des 19. Jahr
hunderts. Verantwortlich für diese Leistung zeichneten bis ins
letzte Viertel des 19. Jahrhunderts hinein vor allem die Berufs
gruppen der Arzte und Ingenieure. Die Parole ‘Stadtluft macht
krank‘ prägte entscheidend die Auseinandersetzung um Vorzü
ge und Nachteile der im 19. Jahrhundert entstehenden Großstäd
te. Da es dabei um die Frage Leben und Überleben ging, ist es
verständlich, daß der mit dem spunghaften Wachstum der Groß
städte verbundene qualitativ neue Aufgabenbereich vordring
lich geklärt und gelöst werden mußte, bevor man sich ‘weniger
dringlichen‘ Aufgabenbereichen zuwandte‘. Erst nachdem zu
mindest auf dem Papier und in der Theorie die Stadtgesundheit
entscheidend verbessert worden war, gewannen die ‘sozialen
Frage‘ und ‘Wohnungsfrage‘ sowie später auch Gestaltungsfra
gen an Bedeutung.
Die Hamburger hygienischen Zustände und Einrichtungen wer
den dabei vorwiegend unter dem Eindruck der Versäumnisse,
die zum Ausbruch der Choleraepidemie 1892 führten, diskutiert.
Gravierende Mängel und Versäumnise hatten zum Ausbruch der
Epidemie geführt und ein erschreckendes Licht auf die Hambur
ger Zustände überhaupt geworfen. Sicher hatte es Unterlassun
gen und Verzögerungen gegeben, wie z.B. den Bau einer Sand
filtrationsanlage, ohne die die Verbreitung der Cholera wohl
sicher nicht derartige Ausmaße hätte annehmen können. Aber
bei einem Vergleich mit anderen deutschen Großstädten relati

1   Vgl. Rodenstein, Marianne, ‘Mehr Licht • mehr Luft‘. Gesundheitskonzepte im
    Städtebau seit 1750, Frankfurt-New York 1988
viert sich das verbreitete Bild des ‘rückständigen Hamburgs‘
    durchaus.
In Hamburg war die ‘Gunst‘ des großen Brandes 1842 nicht nur
zu einer großzügigen städtebaulichen Neuordnung des Brand-
gebietes genutzt worden, gleichzeitig war unter der Federfüh
rung des Engländers William Lindley die damals wohl modern
ste Kanalisation in Deutschland entstanden. Lindley konnte da
bei unmittelbar auf die neuesten hygienischen und sanitären
Erfahrungen aus England zurückgreifen, die sich dort zum Teil
noch im Erprobungsstadium befanden. Auch eine zentrale
Trinkwasserversorgung hatte Hamburg schon 1849 eingerichtet.
Die hygienischen und städtebaulichen Verbesserungen nach
dem Brand waren dabei weniger das Ergebnis von geplanten
und gezielten Reformen, vielmehr war nur die Gelegenheit des
Brandes genutzt worden, ohnehin längst überfällige Verbesse
rungen einzuleiten.
Neben diesen partiellen Verbesserungen im Gesundheitswesen
gab es aber zweifellos auch gravierende Mißstände, daß im Au
gust 1892 eine der schwersten Choleraepidemien des 19. Jahr
hunderts in Deutschland ausbrechen konnte, bei der über 8.600
Menschen starben 2• Nie zuvor wurde eine Epidemie derart ein
gehend studiert und analysiert, wie die Hamburger Choleraepi
demie 1892~. Unmittelbar nach der Epidemie war eine Senats-
und Bürgerschaftskommission für die Prüfung der Gesundheits
verhältnisse Hamburgs eingesetzt worden, die mehrere Gutach
ten über Verlauf und Ursachen der Epidemie erstellen ließ. Dabei
stellte sich heraus, daß die ärmeren Bevölkerungsklassen von der
Krankheit weitaus stärker ergriffen worden waren als besser ge
stellte Schichten. Damit war auch die Frage der Cholera als

2     hierzu vor allem Evans, Richard, Tod in Hamburg. Stadt, Gesellschaft und Politik
      in den Cholera-Jahren 1830-1910, Reinbek 1990
3     Vgl. Winkle, St.: Chronologie und Konsequenzen der Cholera von 1892. In: Ham
      burger Arzteblatt 1983,5. 421 f. und 1984,5. 16ff.

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