Statusbericht 2017 - Kooperationsprojekt "Rotwildmanagement pro Waldumbau" (2016/2019)
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Kooperationsprojekt: „Populationsdichte, Populationsstruktur, Migrationsverhalten und Lebens- raumnutzung des Rotwildes im linkselbischen Elbsandstein- und Erzgebirge als Grundlage für ein wald-, wildtierökologisch und waldbaulich begründetes Rotwildmanagement" (2016/2019) Kurztitel: „Rotwildmanagement pro Waldumbau“ Zitiervorschlag: POLACZEK, K., MEIßNER-HYLANOVÁ, V., TRÖBER, U., STIER, N., THOMAE, M., LEWETZKY, P., PRÖLß, P., MÜLLER, V., BANDAU, F., BREITFELD, M., EIBENSTEIN, T., ROTH, M., EISENHAUER, D.-R. (2017): Rotwildmanagement pro Waldumbau. Statusbericht 2017. Bearbeiter/innen: Klaus Polaczek Klaus.Polaczek@smul.sachsen.de Vendula Meißner-Hylanová Vendula.Meissner-Hylanova@tu-dresden.de Ute Tröber Ute.Troeber@smul.sachsen.de Dr. Norman Stier Norman.Stier@forst.tu-dresden.de Marcel Thomae Marcel.Thomae@smul.sachsen.de Paul Lewetzky Paul.Lewetzky@tu-dresden.de Peter Prölß Peter.Proelss@tu-dresden.de Veit Müller Veit.Mueller@tu-dresden.de Dr. Franziska Bandau Franziska.Bandau@smul.sachsen.de Michael Breitfeld Michael.Breitfeld@smul.sachsen.de Tobias Eibenstein Tobias.Eibenstein@smul.sachsen.de Ursula Franke Ursula.Franke@smul.sachsen.de Mandy Friedrich Mandy.Friedrich2@smul.sachsen.de Prof. Dr. Mechthild Roth mroth@forst.tu-dresden.de Dr. Dirk-Roger Eisenhauer Dirk-Roger.Eisenhauer@smul.sachsen.de Professur für Forstzoologie Technische Universität Dresden, Institut für Forstbotanik und Forstzoologie Pienner Str. 7, D-01737 Tharandt Telefon: 035203-38-31371 http://tu-dresden.de/forst/zoologie Kompetenzzentrum für Wald und Forstwirtschaft (KWuF) Staatsbetrieb Sachsenforst, Geschäftsleitung Bonnewitzer Str. 34, D-01796 Pirna / OT Graupa Telefon: 03501-542-315 https://www.forsten.sachsen.de/wald/4146.htm In ausgewählten Bereichen erfolgt eine intensive Zusammenarbeit und Abstimmung mit Partnern in der angrenzenden privaten Jägerschaft, die sich vor allem aus deren individuellem Interesse begrün- det.
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ............................................................................................... 3 2 Populationsökologie (AP 1)..................................................................... 5 2.1 Lebensraumnutzung von Rotwild ........................................................................... 5 2.1.1 Besenderung ........................................................................................................................... 5 2.1.1.1 Vorbereitung der Besenderung (Ansitzstellen) .................................................................... 5 2.1.1.2 Besenderung mit GPS-Halsbandsendern ............................................................................. 7 2.1.1.3 Datenerhebung mit GPS-GSM-Halsbandsendern ................................................................ 9 2.1.2 Lebensraumnutzung adulter Tiere......................................................................................... 10 2.1.2.1 Besenderung von Rotwildkälbern mit VHF-Ohrmarkensendern........................................ 13 2.2 Ermittlung von Populationskennzahlen .......................................................... 14 2.2.1 Distance Sampling ................................................................................................................. 14 2.2.2 Fotofallenmonitoring ............................................................................................................ 18 2.2.3 Frischkotgenotypisierung an Rotwild .................................................................................... 22 2.2.3.1 Methodik ............................................................................................................................ 23 2.2.3.2 Ergebnisse .......................................................................................................................... 27 3 Analyse des Rotwildeinflusses auf die Waldvegetation (AP 2) ...............32 3.1 Schälschadenserhebung ................................................................................. 33 3.1.1 Vorbereitung der Schälschadenserhebung ............................................................................ 33 3.1.2 Ergebnisse der Schälschadenserhebungen 2016 und 2017 .................................................... 35 3.1.2.1 Altschäle ............................................................................................................................. 35 3.1.2.2 Neuschäle ........................................................................................................................... 36 3.2 Langzeiterfassung Leittriebverbiss.................................................................. 41 4 Analyse der Lebensraumstruktur (AP 3).................................................43 5 Populationsregulation und Raumplanung (AP 4) ...................................44 5.1 Wirkungskomplex Wild und Jagd ................................................................... 44 6 Öffentlichkeitsarbeit/Wissenstransfer (AP 5) ........................................45 6.1 Informationsveranstaltungen (01.07.2016 – 30.06.2017) ................................ 45 7 Zusammenfassung .................................................................................46 8 Literaturverzeichnis ...............................................................................49 9 Abbildungsverzeichnis ...........................................................................51 10 Tabellenverzeichnis ...............................................................................53 11 Anhang ..................................................................................................54
1 Einleitung Während der Fokus des letztjährigen Zwischenberichtes (MEIßNER-HYLANOVA ET AL. 2016) auf der An- laufphase des Projektes lag, in der es galt die nötigen technischen und organisatorischen Vorausset- zungen zu schaffen und Prozesse „zum Laufen zu bringen“, beleuchtet dieser Statusbericht bereits erste Zwischenergebnisse aus den Arbeitspaketen (AP) 1 und 2. Somit ist nun, kurz vor der „Halbzeit“ des planmäßig zum 30.06.2019 abzuschließenden Vorhabens, jener Punkt erreicht, ab dem die Analyse der kontinuierlich auflaufenden Daten in den Mittelpunkt rückt. Entsprechend soll dieser Statusbericht neben eines Rückblicks auf das Erreichte auch Ausblicke liefern, wie die gesammelten Informationen im weiteren Projektverlauf in Hinblick auf die zu Beginn formulierten Arbeitshypothesen zu ordnen und auszuwerten sind. Die hinter dem Vorhaben stehen- de Motivation und damit seine übergeordnete Zielstellung wird über dessen Kurztitel „Rotwildmanagement pro Waldumbau“ ausgedrückt und ist im Einleitungsteil des letztjährigen Zwi- schenberichtes ausführlich dargestellt. Entsprechend dieser Zielstellung besteht das Untersuchungsgebiet (UG) im Kern aus arrondierten Staatswaldkomplexen, deren Waldflächen sich zu weiten Teilen im Bereich von Waldumbauschwer- punkten des sächsischen Mittelgebirges befinden und die in Summe rund 1/5 der gesamten Lan- deswaldfläche des Freistaates Sachsen ausmachen1. Allein 2016 wurden in den Landeswaldrevieren innerhalb des Gesamtuntersuchungsgebietes mehr als 350.000 Erntefestmeter (Efm) Holz einge- schlagen und eine Kunstverjüngungsfläche von rund 440 Hektar (ha) realisiert2. Insbesondere die letzte Zahl lässt erkennen, dass der Waldumbau historisch bedingt im sächsischen Erzgebirge eine Aufgabe von herausragender Bedeutung darstellt, was auch im Rahmen der Waldstrategie 2050 der sächsischen Staatsregierung (SMUL 2016) bestätigt wird. Zudem wurden im Jagdjahr 2016/17 in den Verwaltungsjagdbezirken innerhalb des Gesamtuntersuchungsgebietes insgesamt 821 Stück Rotwild (im Mittel 1,7 Stück/100 ha) gestreckt. In der Konsequenz muss die Projektarbeit in einen intensiven forstlichen und jagdlichen Regelbetrieb integriert werden, denn in diesem Umfeld sollen die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse spä- ter auch zum Tragen kommen. Ein Großschutzgebiet ist, im Gegensatz zu zahlreichen anderen the- matisch verwandten Forschungsvorhaben (HEURICH ET AL. 2015, EHRHART ET AL. 2016, HOHMANN ET AL. 2016), somit bewusst nicht Bestandteil der Gebietskulisse. Die angestrebte Beteiligung der an die Verwaltungsjagdflächen angrenzenden, offenlanddominierten privaten Jagdbezirke in den UG war erwartungsgemäß bisher nicht überall in der gewünschten Form umsetzbar und dürfte im Wesentlichen aus der bestehenden Konfliktsituation (SCHNEIDER 2016) hin- sichtlich eines zielgerichteten Umgangs mit Wald und (Rot-)wild insbesondere in Teilen des Erzgebir- ges (westliche Projektgebiete Eibenstock und Neudorf) resultieren. Entsprechend ist diese Unterstüt- zung im Projektansatz auch stets als fakultativ betrachtet worden. Erfreulicherweise ist es gerade im UG Bärenfels (Osterzgebirge), welches im Vergleich die stärkste Verzahnung mit Offenlandflächen und Wäldern anderer Eigentumsarten aufweist, gelungen, eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der dort agierenden Hegegemeinschaft Osterzgebirge zu realisieren. Somit können die entspre- chenden, eher vom Offenland dominierten Randbereiche v.a. im Rahmen der Distance-Sampling- 1 Fläche des UG der verdichteten Schälschadenserhebung: 48.000 ha 2 SIV Naturalvollzug 2016 des SBS: 359.568 Efm und 440 ha AB+VA in den Revieren des UG 3
Befahrungen nahezu vollständig einbezogen werden3. Das westliche Vergleichspaar Eiben- stock/Neudorf umfasst benachbarte Staatswaldkomplexe mit einer Fläche von über 30.000 ha. Damit ist auch hier ohne die Kooperationsbereitschaft angrenzender Jagdbezirke eine Gebietsgröße er- reicht, welche bereits die Ausdehnung kleinerer Rotwildgebiete in Deutschland deutlich überschrei- tet (COPPES ET AL. 2017). Trotzdem resultieren aus den genannten Rahmenbedingungen insbesondere für die Feldarbeit (u.a. Besenderungsaufwand, Transektdesign Distance-Sampling) Herausforderungen, die mitunter zu Mehraufwand und stellenweise auch Abstrichen gegenüber einer „optimalen“ Versuchsumgebung führen. Gleichzeitig ist die Unterstützung durch die vor Ort agierenden Akteure der Forstbezirke, welche diese im Wesentlichen neben ihren Kernaufgaben leisten, für den Projekterfolg unabdingbar. Somit baut das Vorhaben auf die Kompromissbereitschaft aller Beteiligten. Die bisherige Entwicklung des Projektes und die erzielten Zwischenergebnisse sprechen aus unserer Sicht dafür, dass diese Bereitschaft in hohem Maße vorhanden ist. Damit kann es am Ende gelingen, konkrete Hinweise für eine zielorientierte Regulation der Rotwildbestände und die aktive Entwick- lung des im Fokus der Untersuchung stehenden Waldlebensraumes des Rotwildes abzuleiten. Ent- sprechend wähnen wir uns auf einem guten Weg, der in seinem bisherigen Verlauf im Rahmen dieses Statusberichtes dargestellt wird. 3 http://jagd-osterzgebirge.de/aktuelles-in-der-hg.html 4
2 Populationsökologie (AP 1) 2.1 Lebensraumnutzung von Rotwild Die Lebensraumnutzung des Rotwildes in den vier UG ist Kernelement im AP 1 „Populationsökolo- gie“. Folgende Arbeitshypothesen wurden aufgestellt: Die Dichte des Rotwildes im Erzgebirge unterliegt als dynamische populationsökologische Größe einer ausgeprägten Variabilität in der räumlichen und zeitlichen Nutzung des Waldle- bensraumes. Diese ist auf Konzentrations- oder Verdrängungseffekte zurückzuführen. Beide Effekte sind i. e. S. überwiegend durch anthropogene Störfaktoren determiniert. Dabei kommt der Jagd eine wichtige Rolle zu. Der Erzgebirgskamm und die höheren Berglagen bilden grenzübergreifend das Vorkommens- gebiet der Rotwildpopulation des Erzgebirges. Eine ausgeprägte, großräumige Migration ist - aufgrund der großen räumlichen Stabilität von Sommer-, Brunft- und Winteraktionsräumen etablierter Individuen (NITZE 2012) - nicht zu erwarten, obwohl kaum Migrationsbarrieren vorhanden sind. Davon unbenommen ist eine Immigration und Emigration von Tieren, die auf soziale Verhaltensmuster innerhalb der Population zurückzuführen ist. Die Populationsstruktur weist eine signifikante Verschiebung des Geschlechterverhältnisses zu Gunsten des weiblichen Wildes und des Jungwildes (Altersklassen 0-II) auf. Die räumliche und zeitliche Nutzung des Lebensraumes wird massiv durch die Art der Beja- gung und weitere anthropogene Nutzungen des Rotwildlebensraumes beeinflusst. Es entste- hen Störungsbereiche, die in Verbindung mit dem Äsungszyklus den Wechsel zwischen De- ckungs- und Nahrungshabitaten signifikant einschränken. Dieser negative Einfluss ist umso stärker, je mehr die Struktur des Waldlebensraumes dem schlagweisen Hochwald entspricht und je weniger ein kleingliedriger Übergang zwischen Deckungs- und Nahrungshabitaten ge- geben ist. 2.1.1 Besenderung 2.1.1.1 Vorbereitung der Besenderung (Ansitzstellen) Das bestehende Netz an Ansitzhütten wurde im Vergleich zum Vorjahr ausgebaut und hinsichtlich der Überwachung durch zusätzliche Fotofallen unterstützt. Um repräsentative Aussagen zur Raum- nutzung von Rotwild in allen UG zu gewährleisten, wurden die Narkoseansitzstellen möglichst weit- räumig verteilt. Darüber hinaus wurden einige Ansitzstellen nach erfolgreicher Besenderung inner- halb beziehungsweise zwischen den UG umgesetzt. Gleiches galt für Ansitzstellen, die nicht vom Rotwild angenommen wurden. 5
Die Frequentierung der Ansitzstellen durch Rotwild wurde im Rahmen von zwei Bachelorarbeiten (Studiengang Forstwissenschaften; TU Dresden) analysiert: Schubert, L. (2017): „Fotofallengestützte Analyse des Raum-Zeit-Verhaltens und Individu- alanalyse des Rotwildes (Cervus elaphus L.) an Fütterungen (Narkoseansitzstellen) in den Un- tersuchungsgebieten Bärenfels und Neudorf des Staatsbetriebes Sachsenforst im Freistaat Sachsen“ Seehafer, J. (2017): „Fotofallengestützte Analyse der Rotwildaktivität (Cervus elaphus L.) an Fütterungen im sächsischen Erzgebirge“. Aufgabe der Arbeiten war es, die Aktivitätsmuster des Rotwildes an Fütterungen zu untersuchen. Die Rotwildrudel auf Fotofallenbildern sollten hinsichtlich der Geschlechter und der Altersklassenvertei- lung charakterisiert werden. Ziel war es auch, Möglichkeiten zu finden, weibliches Rotwild individuell zu identifizieren, um diesen dann „bekannten“ Anteil der Population bei einer Mindestbestandser- mittlung mithilfe von Fotofallen zu berücksichtigen. Das Ansprechen des Rotwildes anhand der Foto- fallenbilder war zu großen Teilen gut möglich. Schwierigkeiten traten allerdings bei der Geschlech- terunterscheidung der Kälber und der Altersklassendifferenzierung der weiblichen Tiere auf. An man- chen Fütterungen wurde das Ansprechen durch technische und standörtliche Begebenheiten er- schwert, an anderen Standorten durch die große Anzahl des auftretenden Rotwildes. Das Identifizie- ren und Interpretieren von Faktoren, welche das Potential aufweisen, das Verhalten des Rotwildes zu beeinflussen oder gar zu lenken, war mithilfe der Kameras ebenfalls möglich. So konnte bspw. die Anwesenheit von anderen, auf das Rotwild störend wirkenden Wildarten (insbesondere von Schwarzwild) festgehalten werden. Eine Individualerkennung weiblichen Rotwildes war nur vereinzelt möglich. Nur wenn markante Merkmale an Haupt oder Decke aufzufinden waren, konnten diese Stücke in die Stückzahlermittlung einfließen. Grund für die mühsame Ansprache und Individualisierung sind die wenigen verfügbaren unterscheidbaren Merkmale an den Individuen. Zudem war deren Erkennbarkeit durch die gegebe- nen technischen Voraussetzungen häufig eingeschränkt. Mit diesem Ansatz konnten nur Mindestin- dividuenzahlen an den untersuchten Standorten ermittelt werden. Dieser Ansatz eignet sich demzu- folge nicht für eine realitätsnahe Abschätzung des weiblichen Rotwildbestandes mittels fotofallenba- siertem Fang-Wiederfang-Verfahren und wird im Projekt nicht weiterverfolgt. Ebenso war es mög- lich, die Aktivitätszeiträume des Rotwildes in Bezug auf die Besenderungsstellen zu dokumentieren und zu interpretieren. Zwischen den untersuchten Standorten wurden ähnliche Aktivitätsmuster beobachtet. Jahreszeitlich schwankende Tageslängen, Temperatur und Niederschlag hatten z. T. ei- nen erkennbaren Einfluss auf die Rotwildaktivität an den Fütterungen. Die Schwarzwildpräsenz an den Ansitzstellen sollte während der Phase der Besenderung 2016/2017 durch das Anbieten von Futter auf Tischen minimiert werden. In den UG Neustadt und Bärenfels wurde ausschließlich mit Futtertischen gearbeitet. Durch die Verwendung von Futtertischen könnten Störungen der Ansitzstellen durch Schwarzwild reduziert, aber dennoch nicht vollständig vermieden werden (Abb. 1). 6
Abb. 1: Schwarzwild an den Ansitzstellen (Fotos: H. Endler (links), J. Irmscher (rechts)). 2.1.1.2 Besenderung mit GPS-Halsbandsendern Mit den Narkoseansitzen wurde im Berichtszeitraum, dem 2. Projektjahr, wieder im August begon- nen. Die Besenderung der meisten Individuen gelang aber erst während der folgenden Wintermona- te. Bis zur Erstellung dieses Statusberichts wurden insgesamt 18 weitere Stücke adultes Rotwild (9 ♀, 9 ♂) mit GPS-GSM-Halsbändern ausgestattet (Tab. 1 und Tab. 2). Insgesamt erhielten somit bisher 29 adulte Stücken Rotwild (17 ♀, 12 ♂) einen Telemetriesender. Dazu waren 135 Narkoseansitze not- wendig. Tab. 1: Bis zum 30.06.2017 besendertes weibliches Rotwild sowie Informationen zur Besenderungsstelle, zum geschätzten Alter der Stücke, zur bisherigen Laufzeit der Halsbänder und der Anzahl der mit GSM übertragenen Lokalisationen. übermittelte Tier-ID UG Ansitzstelle im Revier Alter Beobachtungszeitraum Lokalisationen T1 Nes Ottomühle 2-4 20.02.2016 - aktiv 20.988 T2 Ned Tellerhäuser 2-4 26.02.2016 - aktiv 21.741 T3 Bär Rehefeld 4-6 07.03.2016 - aktiv 23.666 4.998 T4 Eib Carlsfeld 3-5 17.03.2016 - 05.06.2016 (40 VHF-Peilungen) T5* Eib Schönheide 5-7 03.03.2016 - 29.01.2017 16.178 T6 Bär Rehefeld 3-5 07.03.2016 - aktiv 21.718 T7 Bär Rehefeld 10 - 12 24.03.2016 - aktiv 20.557 T8* Eib Schönheide 3-5 22.03.2016 - aktiv 24.070 T9 Ned Rabenberg 4-6 06.02.2017 - aktiv 6.560 T10 Eib Grünheide 3-5 06.02.2017 - aktiv 5.820 T11 Bär Hirschsprung 8 - 10 16.01.2017 - aktiv 7.788 T12 Eib Carlsfeld 1 17.02.2017 - aktiv 7.834 T13 Ned Oberwiesenthal 4-6 09.02.2017 - aktiv 7.748 T14 Bär Rehefeld 5-7 19.04.2017 - aktiv 3.517 T15 Eib Johanngeorgenstadt 5-7 15.03.2017 - aktiv 4.780 T16 Ned Raschau 4-6 02.03.2017 - aktiv 5.150 T17 Eib Wildenthal 4-6 20.04.2017 - aktiv 3.705 * T5 ist entsprechend genetischer Analysen die Mutter von T8 7
Tab. 2: Bis zum 30.06.2017 besendertes männliches Rotwild sowie Informationen zur Besenderungsstelle, zum geschätzten Alter der Stücke, zur bisherigen Laufzeit der Halsbänder und der Anzahl der übermittelten Lokalisationen. übermittelte Tier-ID UG Ansitzstelle im Revier Alter Beobachtungszeitraum Lokalisationen H21 Eib Wildenthal 3–4 24.02.2016 -aktiv 18.754 H22 Ned Raschau 4–6 06.04.2016 - aktiv 17.453 H23 Eib Carlsfeld 2 05.03.2016 - aktiv 18.283 H24 Ned Rabenberg 2 04.08.2016 - aktiv 12.885 H25 Bär Rehefeld 3–4 21.01.2017 - aktiv 6.469 H26 Bär Oberfrauendorf 6–8 10.01.2017 - aktiv 7.000 H27 Ned Oberwiesenthal 1 19.01.2017 - aktiv 6.505 H28 Ned Raschau 6–8 07.02.2017 - aktiv 5.797 H29 Ned Tellerhäuser 2 24.01.2017 - aktiv 6.321 H31 Eib Grünheide 3–4 15.02.2017 - aktiv 5.608 H33 Bär Bärenfels 6–8 01.03.2017 - aktiv 4.480 H34 Nes Ottomühle 1 06.03.2017 - aktiv 4.568 2.1.1.2.1 Besenderungen im Untersuchungsgebiet Neustadt Insgesamt waren im UG Neustadt vier Ansitzhütten an sechs unterschiedlichen Stellen (Revier Otto- mühle (3), Reinhardtsdorf (1), Cunnersdorf (1), Rosenthal (1)) im Einsatz. Die Bejagung an und in der Nähe der Ansitzstellen wurde hier nicht wie in anderen UG oder nur kurzfristig im Herbst eingestellt. Die Besenderung startete somit erst ab 01.02.2017. Im Berichtszeitraum wurden elf Ansitze durchge- führt. Dabei gelang es, einen Schmalspießer (H34) zu besendern. Das Verhältnis von Aufwand zu Er- folg lag in diesem UG bisher bei 10,5 Ansitzen pro Stück. 2.1.1.2.2 Besenderungen im Untersuchungsgebiet Bärenfels Im UG Bärenfels waren insgesamt fünf Ansitzhütten an sechs Stellen im Einsatz (Revier Rehefeld (1), Bärenfels (1), Oberfrauendorf (3), Hirschsprung (1)). Insgesamt wurden 29 Ansitze durchgeführt und dabei zwei Alttiere (T11, T14) sowie drei Hirsche (H25, H26, H33) besendert. Von den 29 Ansitzen wurden 10 Ansitze der Umbesenderung von T93 (Kalb von T3) gewidmet, allerdings ohne Erfolg. Das Verhältnis von Aufwand zu Erfolg lag in diesem UG bei 4,5 Ansitzen pro Stück (ohne die Umbesende- rungsversuche von T93). Beim Halsband von T7 ist mittlerweile die GSM-Einheit defekt und übermit- telt keine Daten mehr. Die Ortungen erfolgen aber weiterhin und sind im Halsband gespeichert. Die Daten wurden und werden mit Hilfe eines Handheld-Terminals per UHF-Kommunikation herunterge- laden. 2.1.1.2.3 Besenderungen im Untersuchungsgebiet Neudorf Insgesamt waren sechs Ansitzhütten im UG Neudorf an zehn Stellen im Einsatz. Weiterhin wurde ein vorhandener Hochsitz für den Narkoseansitz vorbereitet. Die Ansitzstellen waren wie folgt verteilt: 8
Revier Oberwiesenthal (1), Tellerhäuser (4), Rabenberg (2) und Raschau (4). Insgesamt waren 34 An- sitze zur Besenderung von drei Alttieren (T9, T13, T16) und 4 Hirschen (H24, H27, H28, H29) notwen- dig (Aufwand:Erfolg: 5,1 Ansitze pro Stück). 2.1.1.2.4 Besenderungen im Untersuchungsgebiet Eibenstock Im UG Eibenstock wurden sieben Ansitzhütten an zwölf Stellen eingesetzt (Revier Carlsfeld (1), Wild- enthal (3), Johanngeorgenstadt (5) und Grünheide (3)). Es erfolgten elf Ansitze, wobei es gelang vier Alttiere (T10, T12, T15, T17) und einen Hirsch (H31) zu besendern (Aufwand:Erfolg: 2,2 Ansitze pro Stück). 2.1.1.3 Datenerhebung mit GPS-GSM-Halsbandsendern Nach Angaben des Herstellers der Halsbandsender (Vectronic Aerospace GmbH) sind bei der Kapazi- tät der Batterien mindestens 20.800 und höchstens 52.200 Ortungen zu erwarten. Die Anzahl der bisher über GPS empfangenen Lokalisationen sind in Tab. 1 und Tab. 2 aufgeführt. In Abhängigkeit von der Verfügbarkeit des Mobilfunknetzes wurde ein unterschiedlich großer Anteil der im Sender gespeicherten Lokalisationen über GSM übertragen. Die Sender müssen am Ende ihrer Laufzeit mit- tels gesteuerter Ablösung (Drop-Off-Signal, Abb. 2) vom Tier entfernt und geborgen werden. Nur so stehen alle im Sender gespeicherten Lokalisationen und weitere nicht per GSM übermittelte Daten zur Analyse der Raumnutzung zur Verfügung. Abb. 2: Drop-Off Mechanismus beim Halsband von T4 (Foto: V. Meißner-Hylanová). 9
Die Taktung der GPS-Sender ist grundsätzlich auf stündliche Peilungen eingestellt. Zusätzlich erfolgt über ein Jahr bei allen besenderten Individuen zweimal pro Monat für jeweils 24 Stunden (12 Uhr – 12 Uhr) eine Peilung aller 5 Minuten, um spezifische Laufstrecken der Tiere in Abhängigkeit von der Jahreszeit und dem Geschlecht zu ermitteln. Diese Daten liefern u.a. wichtige Informationen für eine Korrektur der mit Fotofallen ermittelten Geschlechterverhältnisse des Rotwildes in den UG. Darüber hinaus ermöglichen sie eine Bestimmung der Schalenwildpopulationsdichten nach der Methode von ROWCLIFFE ET AL. (2008) (vgl. Kapitel 0). Dieses Verfahren soll im Laufe des 3. Projektjahres ebenfalls auf einer kleineren Fläche angewandt werden. Im Berichtszeitraum traten vereinzelt technische Störungen der VHF-Module der Halsbänder auf. Durch einen Fehler in der Software waren bereits nach kurzer Zeit bei einigen Halsbändern die sepa- raten Batterien für die VHF-Signale entleert. Die VHF-Kommunikation ist für das Wiederfinden der Halsbänder unerlässlich. Somit wurde vom Hersteller Vectronic Aerospace versucht, über das Mobil- funknetz ein Softwareupdate an die Halsbänder zu senden. Jedes Tier musste hierbei mehrmals vor Ort lokalisiert werden, um den Erfolg der Softwareaktualisierung zu überprüfen. Bisher ist es noch nicht gelungen, bei allen Halsbändern die VHF-Kommunikation wiederherzustellen. 2.1.2 Lebensraumnutzung adulter Tiere Zum Zeitpunkt der Besenderung ist die künftige Raumnutzung der Tiere unbekannt. Abgesehen von Neustadt (Abb. 3) konnte eine flächige Abdeckung der UG hinsichtlich der Raumnutzung des markier- ten Rotwildes bisher weitestgehend erreicht werden. In Bärenfels, Neudorf und Eibenstock verteilen sich die Peilungen über weite Bereiche der UG (Abb. 3 - Abb. 6). Bei der Auswahl der zu narkotisie- renden Individuen wurde auf ähnliche Anteile und eine ausgeglichene Verteilung der Altersklassen und Geschlechter (Tab. 1 und Tab. 2) im jeweiligen UG geachtet. Abb. 3: Räumliche Verteilung der GPS-Lokalisationen aller besenderten Stücke (N=2) im Kern-UG Neustadt (rote Linie) bis 30.06.2017. 10
Abb. 4: Räumliche Verteilung der GPS-Lokalisationen aller besenderten Stücke (N=8) im Kern-UG Bärenfels (rote Linie) bis 30.06.2017. Abb. 5: Räumliche Verteilung der GPS-Lokalisationen aller besenderten Stücke (N=9) im Kern-UG Neudorf (rote Linie) bis 30.06.2017. 11
Abb. 6: Räumliche Verteilung der GPS-Lokalisationen aller besenderten Stücke (N=10) im Kern-UG Eibenstock (rote Linie) bis 30.06.2017. In allen vier UG war die Raumnutzung des besenderten Rotwildes von mehr oder weniger ausgepräg- ten saisonalen Verschiebungen der Einstandsgebiete geprägt. Die längsten Wanderungen, vor allem die in die Sommereinstände in den höheren Berglagen (in Bärenfels, Neudorf und Eibenstock), er- streckten sich über bis zu 17 km Luftlinie. Außerdem hielten sich 17 von 28 Sendertieren zeitweise, zum Teil auch über lange Zeiträume, in der Tschechischen Republik auf. Die bisherigen Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass großräumige Migrationsbewegungen trotz weitestgehend fehlen- der Migrationsbarrieren nicht zu erwarten sind. Im Sommer 2016 wurden einige Fotofallen im Kernlebensraum der Sendertiere ausgebracht, um Informationen über die Struktur der Rudel/Familienverbände zu sammeln (Abb. 7). Dies wurde im Sommer 2017 wiederholt. Abb. 7: Aufnahme von T8 mit H92 und weiteren Rudelmitgliedern im UG Eibenstock (Foto: V. Meißner-Hylanová). 12
2.1.2.1 Besenderung von Rotwildkälbern mit VHF-Ohrmarkensendern Ob die in der Arbeitshypothese postulierte Raumtreue auch auf die folgenden Generationen übertra- gen wird, soll durch die Besenderung von Kälbern telemetrierter Alttiere erforscht werden. Im ersten Projektjahr (2016) konnten drei frisch gesetzte Kälber von besenderten Alttieren mit einem VHF- Miniaturohrmarkensender ausgestattet werden. Im Mai/Juni 2017 wurden weitere vier Kälber mar- kiert (Tab. 3). Tab. 3: Bis zum 30.06.2017 markiertes juveniles Rotwild sowie Informationen zur Besenderungsstelle, zur Mutter, zur bishe- rigen Laufzeit der Sender und der Anzahl der Lokalisationen. Tier-ID UG Fangort (Revier) Mutter Beobachtungszeitraum Lokalisationen H91 Eib Wildenthal T4 21.05.2016 – 26.01.2017 94 H92 Eib Grünheide T8 23.05.2016 - aktiv 136 T93 Bär Rehefeld T3 22.05.2016 - aktiv 62 T95 Eib Carlsfeld T12 23.05.2017 - aktiv 73 H96 Eib Grünheide T8 21.05.2017 - aktiv 78 T97 Ned Rabenberg - 27.05.2017 - aktiv 1 H98 Ned Oberwiesenthal T13 04.06.2017 - aktiv 43 Im Mai/Juni 2017 lieferten die Telemetrie-Daten fast aller Alttiere präzise Informationen zu deren Raumnutzung und somit auch zum Setzzeitpunkt. Die Mütter wurden nach der Besenderung der Käl- ber bis Ende Juli in Abständen von 20 Minuten geortet (GPS-Peilung). Parallel wurden von jedem Kalb bis Ende Juli mindestens zwei Peilungen pro Tag (VHF) erhoben. Damit werden erstmals mit dieser Methode detaillierte und systematische Aussagen zur Raumnutzung von Alttier und Kalb möglich sein. Ab August erfolgte die Lokalisierung der Jungtiere nur noch einmal pro Woche, da die Kälber meist schon mit den Muttertieren mitlaufen, deren GPS-Positionen dann wieder im 1-Stunden- Abstand vorlagen. Eine Umbesenderung der weiblichen Kälber mit einem GPS-Halsband ist für das kommende Winterende geplant. Zu diesem Zeitpunkt sind die Träger der Kälber soweit entwickelt, dass die Ausstattung der Tiere mit einem GPS-Halsband möglich ist. Die Umbesenderung der Hirsch- kälber soll aufgrund des Trägerwachstums frühestens nach anderthalb Jahren erfolgen. Von allen bisher markierten Kälbern wurden Proben für genetische Analysen genommen. Abb. 8: T93 im Mai 2017 als Schmaltier (links; Foto: V. Meißner-Hylanová). Hirschkalb H96 mit Ohrmarkensender, am 21.05.2017 markiert (rechts, Foto: N. Stier). 13
Die Raumnutzung der besenderten Kälber in den UG Neudorf und Eibenstock wird 2017 im Rahmen einer Masterarbeit analysiert (Bearbeiter: Phil Seifert). Bei den Alttieren T8, T12 und T13 gelangen Fang und Markierung der zugehörigen Kälber bereits nach einmaliger Suche. Bei T8 gelang nach der Besenderung des Vorjahreskalbes (H92) auch die Mar- kierung des diesjährigen Kalbes H96. Dessen Raumnutzungsdaten können mit denen des im Vorjahr gesetzten Hirschkalbes verglichen werden. Sichtkontakte bestätigten bei allen drei markierten Käl- bern die Zugehörigkeit zu den besenderten Alttieren. Gleichzeitig stehen Gewebeproben aller besen- derten Tiere zur Analyse der Verwandtschaftsbeziehungen zur Verfügung (vgl. Kapitel 2.2.3.1.2 und Kapital 2.2.3.2.3). Sichtkontakte bestätigten, dass das am 27.05.2017 besenderte Kalb T97 nicht - wie ursprünglich angenommen - zum Alttier T9 gehört. Dieses Kalb war im Juni nicht ortbar. Seit Anfang Juli ist dessen aktuelle Position wieder bekannt. Trotz des unbekannten Muttertiers werden die Raumnutzungsdaten weiter erhoben. 2.2 Ermittlung von Populationskennzahlen 2.2.1 Distance Sampling Basierend auf der zur Verfügung stehenden Forstwegeinfrastruktur wurde bereits im letzten Jahr ein randomisiertes Transektdesign entwickelt, das die methodischen Voraussetzungen für eine repräsen- tative Erfassung der Schalenwildarten, insbesondere von Rotwild und Rehwild, erfüllt. Da das gesam- te Messnetz aufgrund der reinen Größe nicht in einer Nacht befahren werden kann, wurden Segrega- te gebildet. Hintergrundinformationen zur Methodik sind im Zwischenbericht 2016 zusammenge- fasst. Im ersten Projektjahr fand eine Pilotphase zur Erprobung des Distance-Sampling-Verfahrens in den einzelnen UG statt. Diese konnte mittlerweile erfolgreich abgeschlossen werden. Sie diente dazu, die Anwendbarkeit der Methode zu prüfen, die Qualität der Ergebnisse zu evaluieren und ggf. Vorschläge zur Verfahrensoptimierung abzuleiten. Folgenden Parametern wurde in der Erprobungsphase beson- deres Augenmerk geschenkt: Jahreszeit der Beprobung, Befahrbarkeit und Einsehbarkeit des Gebiets, Beprobung von Offenlandbereichen, Repräsentativität des Transektnetzes, räumliche Verteilung der Rudel, Variation der Rudelgrößen, Stichprobengröße. In jedem UG, in dessen Flächenumriss sich schwerpunktmäßig Verwaltungsjagdbezirke (VJB), aber auch mit unterschiedlichen Anteilen private Jagdbezirke befinden, fanden mindestens zwei Durchläu- fe der Befahrungen der Transekte statt. In Neustadt und Bärenfels erfolgten diese im Herbst 2016 und im Frühjahr 2017. In Neudorf und Eibenstock konnten jeweils drei Befahrungen durchgeführt werden (Sommer 2016, Herbst 2016, Frühjahr 2017). Witterungsbedingt war es nicht möglich, eine Befahrung des Transektnetzes zur Winterzeit zu realisieren (u.a. Ausweisung von Skilanglaufloipen). Die nächtlichen Messfahrten verliefen weitestgehend planmäßig und unter guten Bedingungen. Es gab keine Messfahrt, die wetterbedingt oder aus anderen Gründen abgebrochen oder ausgesetzt werden musste. Waren Wege kurzfristig (z.B. durch Holzeinschlag oder Wegebau) nicht befahrbar, wurde das Transektnetz durch die Aufnahme neuer Routen ergänzt, um den methodischen Rahmen- bedingungen Rechnung zu tragen. 14
Da es bis zum Beginn der Datenerfassung nicht gelang, die schriftliche Genehmigung zur Nutzung der Wege in allen, an die VJB angrenzenden privaten Jagdbezirke einzuholen, konnte die Beprobung aller für das Distance-Sampling-Verfahren geeigneten Flächen nicht vollständig umgesetzt werden. Dies betraf vor allem die UG Neustadt und Neudorf, zum Teil aber auch Eibenstock. Nur in Bärenfels war eine vollständige Datenaufnahme innerhalb der Grenzen des gewählten Flächendesigns möglich (Tab. 4). Die Darstellungen des Transektdesigns (letztmalige Erfassung) für alle vier UG ist in Anhang I zu finden. Tab. 4: Umsetzung des Distance Sampling in den UG (× = Teile des UGs beprobt; = Teile des UGs mit Einwilligung des Jagdpächters beprobt; = UG vollständig beprobt). UG Beprobungszeitraum Beprobungsgebiet Herbst 2016 – P1 × nur VJB Neustadt Frühjahr 2017 – P2 nur VJB + GJB Reinhardtsdorf + Schöna Herbst 2016 – P1 vollständiges UG Bärenfels Frühjahr 2017 – P2 vollständiges UG Sommer 2016 – P1 × nur VJB Neudorf Herbst 2016 – P2 × nur VJB Frühjahr 2017 – P3 nur VJB + GJB Crottendorf Sommer 2016 – P1 × nur VJB Eibenstock Herbst 2016 – P2 × nur VJB Frühjahr 2017 – P3 × nur VJB Die im Zuge der Einfach-Beprobungen in den UG erfolgten Wilddetektionen, sind in den Tab. 5 -Tab. 8 dargestellt. Abb. 9 verdeutlicht beispielhaft die Erfassung von Rotwild in unterschiedlichen UG. Tab. 5: Anzahl der Detektionen und erfasster Individuen im Rahmen des Distance Sampling im UG Neustadt. UG Neustadt Beprobung P1 - Herbst 2016 P2 - Frühjahr 2017 Datum 13.09. - 15.09.2016 07.03. – 09.03.2017 Detektionen gesamt 65 82 Detektionen Rotwild 16 4 Detektionen Rehwild 40 60 Detektionen Schwarzwild 9 18 Anzahl gesamt 122 212 Anzahl Rotwild (Stk.) 33 15 Anzahl Rehwild (Stk.) 68 116 Anzahl Schwarzwild (Stk.) 21 81 Transektnetz (km/1000 ha) 20,2 20,1 DS Fläche (ha) 6665 6978 Tab. 6: Anzahl der Detektionen und erfasster Individuen im Rahmen des Distance Sampling im UG Bärenfels. 15
UG Bärenfels Beprobung P1 - Herbst 2016 P2 - Frühjahr 2017 Datum 26.09. - 29.09.2016 27.03. - 30.03.2017 Detektionen gesamt 163 150 Detektionen Rotwild 39 30 Detektionen Rehwild 114 107 Detektionen Schwarzwild 10 13 Anzahl gesamt 376 414 Anzahl Rotwild (Stk.) 92 164 Anzahl Rehwild (Stk.) 208 185 Anzahl Schwarzwild (Stk.) 76 65 Transektnetz (km/1000 ha) 24,5 24,5 DS Fläche (ha) 9368 9368 Tab. 7: Anzahl der Detektionen und erfasster Individuen im Rahmen des Distance Sampling im UG Neudorf. UG Neudorf Beprobung P1 - Sommer 2016 P1 - Herbst 2016 P2 - Frühjahr 2017 Datum 18.07. - 22.07.2016 05.12. - 10.12.2016 24.04. - 29.04.2017 Detektionen gesamt 176 117 128 Detektionen Rotwild 121 69 50 Detektionen Rehwild 52 40 59 Detektionen Schwarzwild 3 8 19 Anzahl gesamt 300 285 345 Anzahl Rotwild (Stk.) 225 168 141 Anzahl Rehwild (Stk.) 65 68 82 Anzahl Schwarzwild (Stk.) 10 49 122 Transektnetz (km/1000 ha) 22,1 22,1 22,0 DS Fläche (ha) 8904 8904 9145 16
Tab. 8: Anzahl der Detektionen und erfasster Individuen im Rahmen des Distance Sampling im UG Eibenstock. UG Eibenstock Beprobung P1 - Sommer 2016 P1 - Herbst 2016 P2 - Frühjahr 2017 Datum 11.07. - 15.07.2016 06.11. - 10.11.2016 08.05 - 11.05.2017 Detektionen gesamt 35 28 33 Detektionen Rotwild 23 15 8 Detektionen Rehwild 12 11 23 Detektionen Schwarzwild 0 2 2 Anzahl gesamt 52 63 61 Anzahl Rotwild (Stk.) 37 31 19 Anzahl Rehwild (Stk.) 15 23 32 Anzahl Schwarzwild (Stk.) 0 9 10 Transektnetz (km/1000 ha) 22,7 22,7 22,7 DS Fläche (ha) 6138 6138 6138 Abb. 9: Wärmebildaufnahme eines Kahlwildrudels und Schwarzwild im UG Neudorf (links). Wärmebildaufnahme eines Rotwildrudels im UG Bärenfels (rechts). (Fotos: V. Müller). Die während der Pilotphase gesammelten Daten und Erfahrungen liefern wichtige Erkenntnisse zur Anwendbarkeit des Verfahrens unter den in den UG vorherrschenden Bedingungen. Um im Zuge der Datenauswertung für Wege an den Außengrenzen des UG oder an Waldkanten die exakten Erfassungsgrenzen für die Ermittlung der Populationsdichte von Schalenwild nach dem Dis- tance-Sampling-Verfahren festzulegen, wurden die telemetrischen Lokalisationen (Stichtag 01.06.2017) herangezogen. An ausgesuchten, gleichmäßig und gerade verlaufenden Grenzlinien zwi- schen Wald und größeren Offenlandflächen wurden zur Ermittlung einer optimalen Pufferweite die Distanzen der Peilpunkte auf den landwirtschaftlichen Flächen zum Waldrand ausgewertet, um damit Detektionen innerhalb und außerhalb des Beprobungsgebietes klar abgrenzen zu können. Mehrere Pufferweiten befinden sich zurzeit in der Erprobung, mit dem Ziel die Detektionsanzahl im Verhältnis zur Flächenerweiterung anzuheben, um somit die Erfassungsqualität der Messfahrten zu steigern. 17
Die fehlenden Genehmigungen zur Wegenutzung außerhalb der VJB erwiesen sich als eine bedeu- tende Einschränkung des DS-Verfahrens. Aufgrund der fehlenden Genehmigung erfolgten die Mess- fahrten überwiegend in Wäldern, während das Offenland weitgehend unberücksichtigt bleiben musste. Da die bisherigen Daten der besenderten Tiere aber eine starke nächtliche Aufenthaltspräfe- renz im Offenland andeuten, kann von einer regional differenzierten Unterschätzung der ermittelten Rotwilddichten im Bezug zum Waldlebensraum ausgegangen werden. Um den geringen Anteil an Genehmigungen zum DS in privaten Jagdbezirken und die damit verbundene geringe Abdeckung des Offenlandes in den künftigen Erhebungen zu erhöhen, erwies sich das an die Jagdausübungsberech- tigen gerichtete Angebot, an den Fahrten zur Datenerfassung teilzunehmen, als hilfreich. Die Pilotphase des DS gab ebenfalls Hinweise darauf, dass geringe Detektionszahlen von einfachen Beprobungen zu hohen Variationskoeffizienten (> 20%) bei der Dichteberechnung führten. Aus der Erhöhung der Stichprobengröße durch die Mehrfachbeprobung im jeweiligen Bezugszeitraum wird eine Absenkung der Variationskoeffizienten erwartet. Dabei sind vorerst folgende Wiederholungen angedacht: Eibenstock, 3-fach-Befahrung, Juli 2017 Neudorf, 2-fach-Befahrung, November 2017 Bärenfels, 2-fach-Befahrung, Dezember 2017 Neustadt, 3-fach-Befahrung, Frühjahr 2018. Im weiteren Projektverlauf werden die Ergebnisse des Distance Sampling mit den Ergebnissen weite- rer Populationsgrößenschätzverfahren (Fang-Markierung-Wiederfang mittels Fotofallen und Frisch- kotgenotypisierung) abgeglichen, um etwaige verfahrensbedingte Schätzfehler des Distance- Sampling-Verfahrens zu korrigieren. 2.2.2 Fotofallenmonitoring Zahlreiche auf der Analyse von Fotofallenbildern basierende Verfahren zur Ermittlung populati- onsökologischer Charakteristika setzen zufallsverteilte Stichproben voraus. Auch in diesem Projekt wurde hiervon ausgegangen. Auf Basis eines standardisierten Rasters von 1 x 1 km Segmentlänge wurden deshalb in den UG bereits im letzten Berichtsjahr Standorte für Fotofallen festgelegt. Abhän- gig von der Größe der UG resultierte dies in je 50 Standorten in den UG Neustadt und Bärenfels, 59 Standorten in Neudorf und 41 Standorten in Eibenstock. Auf der Grundlage des 1 x 1 km Rasternetzes wurden, in Absprache mit den zuständigen Revierleitern und entsprechend der lokalen Gegebenhei- ten, die Standorte für die Fotofallen bestimmt. War die Aufstellung der Fotofallen (Cuddeback C2) nicht direkt auf den Rasterpunkten möglich, wurden Stellen in unmittelbarer Nähe gewählt. Dabei wurden Schalenwildwechsel bewusst aufgesucht. Die Wahl der Anbringungshöhe und des Neigungs- winkels der Kameras richtete sich nach den jeweiligen Standortbedingungen und war für die Zielart Rotwild optimiert (Abb. 10). 18
Abb. 10: Installation einer Cuddeback-Fotofalle (links; Foto: M. Thomae). Aufnahme aus dem Fotofallenmonitoring - Schmalspießer im Winter (rechts; Foto: P.Prölß). Je eine acht Gigabyte Speicherkarte und acht Akkumulatoren stellten den Betrieb sicher. Während des Erfassungsintervalls werden die Akkumulatoren und Speicherkarten monatlich gewechselt, um die Kontinuität der Datenerfassung zu sichern und eventuelle Ausfälle zeitlich weitestgehend zu mi- nimieren. Zur Energieversorgung eigneten sich EneloopPro® Ni-MH-Akkumulatoren (min. 2.450 mAh). Die anfänglich eingesetzten AmazonBasics® Ni-MH-Akkumulatoren (min. 2.400 mAh) wiesen, bei vergleichbaren Leistungsdaten, gegenüber Ersteren oftmals kürzere Laufzeiten auf. Ebenso diffe- renziert hinsichtlich der Energienutzung ist das Fotofallenmodell Cuddeback C123 zu betrachten. Verkürzte Laufzeiten bei geladenen Akkus und wenig Auslösungen traten auf. Eine gewisse Störanfäl- ligkeit des Blitzmoduls war gegeben, ließ sich jedoch eigenständig beheben. Von den eingesetzten Fotofallen fielen fünf ohne erkennbaren Grund komplett aus, drei wurden durch Diebstahl entwen- det. Ausgefallene Fotofallen wurden zeitnah ersetzt. Das Fotofallenmonitoring zielt darauf ab, in allen UG die Rotwildpopulation über den gesamten Jah- resverlauf abzubilden. Aufgrund einer begrenzten Anzahl zur Verfügung stehender Kameras, wurden die Fotofallen in der Regel nach dreimonatiger Datenerfassung zwischen den UG umgesetzt (Tab. 9). Die verlängerte Standzeit in den Wintermonaten erklärt sich aus den hohen Schneelagen im Erzge- birge, die den Zugang zu den Standorten erheblich erschweren oder unmöglich machen. Trotz dieser Abweichung von der üblichen Verfahrensweise werden die Projektziele erfüllt, bis Ende April 2018 aus allen UG für alle Monate Fotofallenbilder vorliegen zu haben (unechte Zeitreihe). 19
Tab. 9: Zeitliches Regime des Fotofallenmonitorings in den UG Eibenstock (Eib), Neudorf (Ned), Bärenfels (Bär) und Neu- stadt (Nes). UG Jan Feb März Apr Mai Juni Juli Aug Sept Okt Nov Dez 2016 Eib Ned Bär Nes 2017 Eib Ned Bär Nes 2018 Eib Ned Bär Nes Die bisher erzielte Stichprobengröße und der Anteil der aktiven Laufzeit an der Gesamtlaufzeit vari- iert zwischen den UG zum Teil erheblich. Dies ist unter anderem den unterschiedlichen Laufzeiten innerhalb der UG sowie dem Einfluss von Witterung und Technik geschuldet (Tab. 10). Die Auswer- tung der Fotofallenbilder erfolgt mit dem Programm FFM 2.0. Tab. 10: Gesamtbildzahlen und Laufzeittage der Fotofallen in den UG zwischen Mai 2016 und April 2017. Neustadt Bärenfels Neudorf Eibenstock Anzahl der Bilder 29.269 28.161 84.497 28.209 Fallentage (Soll) 9.200 26.353 Fallentage (Ist) 8.872 24.001 Prozentsatz aktiv 96% 91% Ebenfalls aus Tab. 10 ersichtlich sind die Nutzungsprozente der Kameras, die aus dem Vergleich des Soll- und Ist-Wertes der Fallentage resultieren. Die geringeren Nutzungsprozente in Neu- dorf/Eibenstock gegenüber Bärenfels/Neustadt resultieren aus der Datenerfassung im Winterzeit- raum. Während dieser Jahreszeit konnte aufgrund der Witterungsverhältnisse das monatliche Wech- selintervall nicht konstant eingehalten werden. Dies führte zu Spannungsverlust, schneebedeckten Linsen, Einschränkungen des Sichtfeldes durch einhängende Äste und Datenverlust durch volle Spei- cherkarten. Positiv zu vermerken ist sicherlich die Tatsache, dass durch die Vermeidung von Fußspu- ren im frischen Schnee, die zu den Kamerastandorten führen, die Diebstahlwahrscheinlichkeit verrin- gert wurde. 20
In Abb. 11 sind die relativen Stückzahlen des fotografierten Schalenwildes dargestellt. Durch den Bezug auf 24 Stunden und auf je eine Fotofalle sind die Werte zwischen den UG trotz deutlicher Un- terschiede in der Standzeit vergleichbar. Zu beachten sind hierbei jedoch die Unterschiede, die durch die bisher noch fehlende Ausgewogenheit der berücksichtigten Jahreszeiten entstanden sind. In Neudorf und Eibenstock umfasst die Stichprobe die Datenerfassung zwischen Mai und Juli 2016 und während des Winterzeitraums (November 2016 – April 2017), wohingegen für Bärenfels und Neu- stadt bislang nur drei Monate (August – Oktober 2016) ausgewertet werden konnten. Erkennbar ist, dass in Neudorf deutlich mehr Rotwild aufgenommen werden konnte als in den anderen UG. 0.50 0.45 0.39 Neustadt 0.35 0.40 Bärenfels 0.35 Stück / 24h und Fotofalle 0.30 Neudorf 0.25 Eibenstock 0.18 0.17 0.16 0.20 0.11 0.11 0.10 0.15 0.09 0.07 0.10 0.04 0.03 0.01 0.05 0.00 0.00 0.00 0.00 Rotwild Rehwild Schwarzwild Muffelwild Abb. 11: Relative Stückzahlen fotografierten Schalenwildes pro 24 Stunden und Kamerastandort in den UG ab Mai 2016. Die in Tab. 11 dargestellten Geschlechterverhältnisse des Rotwildes in den UG sind nur als vorläufige Ergebnisse zu betrachten. In den Gebieten Bärenfels und Neustadt ist der Brunftzeitraum in der Stichprobe enthalten, weswegen vor allem in Bärenfels der Anteil von weiblichem Wild wahrschein- lich unterrepräsentiert ist. Auffallend ist das stark zugunsten des weiblichen Wildes verschobene Geschlechterverhältnis während der Winterbeprobung in Neudorf. Hier muss ein Abgleich mit den über Telemetriedaten ermittelten, geschlechtsspezifischen und jahreszeitlich differenzierten Tages- laufstrecken vorgenommen werden, um valide Aussagen zum Geschlechterverhältnis zu ermögli- chen. 21
Tab. 11: Geschlechterverhältnisse des Rotwildes (♂:♀) in den UG, differenziert nach Erfassungszeiträumen. Beprobungszeitraum UG Mai – Juli 2016 August – Oktober 2016 November 2016 - April 2017 Neustadt - 1:1,05 - Bärenfels - 1:0,81 - Neudorf 1:1,76 - 1:4,21 Eibenstock 1:0,91 - 1:1,1 Erste Modellrechnungen mit dem R-Auswertungsmodul „SECR“ (Spatially Explicit Capture– Recapture) und den Daten aus der Individualerkennung von Rothirschen wurden bereits ausgeführt. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass in den UG Neustadt und Eibenstock nur eine geringe Anzahl von Wiederfängen vorhanden ist und damit die Ergebnisse aus den SECR-Modellen sehr hohe Abwei- chungen voneinander zeigen. Bis Ende April 2018 soll das standardisierte Fotofallenmonitoring abge- schlossen werden, um anschließend schwerpunktmäßig einzelne Gebiete zu beproben. Dies soll der Erhöhung der Datenqualität der Fang-Wiederfang-Berechnungen und der SECR-Modellrechnungen dienen. Die Auswertung der Fotofallenbilder und die Individualerkennung von Rothirschen werden kontinuierlich fortgesetzt. 2.2.3 Frischkotgenotypisierung an Rotwild Die Frischkotgenotypisierung dient im Projekt als ein Referenzsystem zur Schätzung der Populations- größe und wird in Zuständigkeit des Referates Forstgenetik am Kompetenzzentrum für Wald und Forstwirtschaft bei Sachsenforst bearbeitet. Sie ergänzt die weiteren Verfahren zur Schätzung der Populationsgröße mittels Distance Sampling (transektgebundene Erfassung mittels Wärmebildtech- nik) sowie Fang-Markierung-Wiederfang Verfahren mittels Fotofallen. Die Genotypisierung der fri- schen Losungsproben wird mit hochvariablen Mikrosatelliten-Markern sowie einem geschlechtsspe- zifischen Marker durchgeführt. Die Untersuchungen im Rahmen des Rotwild-Projektes waren ab Frühjahr 2017 geplant. Das Jahr 2016 wurde aber im Rahmen der zur Verfügung stehenden Kapazitä- ten genutzt, um die Verfahren der Sammlung und der Analyse zu etablieren. Neben einer sorgfältigen Literaturrecherche basieren unsere Ansätze maßgeblich auf den Erfahrun- gen der Arbeitsgruppe um Dr. Ulf Hohmann (Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz (FAWF) in Trippstadt) und Dr. Cornelia Ebert (FAWF und SEQ-IT Kaiserslautern), die uns durch eine ausführliche Konsultation den Einstieg in die Thematik wesentlich erleichtert haben (FICKEL & HOMANN 2005, BRINKMAN ET AL. 2010, EBERT 2011). Darüber hinaus lieferte ein Treffen mit Dr. Diana Krajmerová (Labor für Forstpflanzen- und Wildtiergenetik der TU Zvolen) wichtige Hinweise zur Sammlung, Lagerung, Extraktion und Analyse von Gewebe- und Kotproben. 22
2.2.3.1 Methodik 2.2.3.1.1 Voruntersuchungen an Gewebe Um Erfahrungen mit den Primern und der auftretenden Variation an den untersuchten Markern zu sammeln, wurden zunächst Gewebeproben (Muskelfleisch, Leber, Ohrknorpel, Haare) von im Winter 2015/2016 erlegten Stücken aus dem Forstbezirk Bärenfels und dem Nationalpark Sächsische Schweiz angefordert. Zur Entnahme der Proben wurden mit Alkohol gefüllte Röhrchen und eine Sammelanleitung verschickt. Insgesamt gingen Proben von 33 Individuen (Abb. 12) ein, wobei von einigen Stücken Proben verschiedener Gewebearten zur Verfügung standen. 6 5 Anzahl Proben 4 3 Bärenfels 2 Nationalpark 1 0 AK 0 AK 1 AK 2+ AK 0 AK 1 AK 2+ männlich Weiblich Abb. 12: Verteilung der untersuchten Testproben nach Forstbezirk, Geschlecht und Altersklasse. Außerdem wurden eine Probe Muffelwild (Ovis gmelini musimon, Pallas, 1811) und neun Proben Rehwild (Capreolus capreolus, Linnaeus, 1758) untersucht, um festzustellen, ob die verwendeten Marker eine sichere Abgrenzung zwischen Rotwild und diesen beiden Arten ermöglichen. Der siche- re, frühzeitige Ausschluss anderer Wildarten aus der Analyse hilft, die Analysekapazitäten zielgerich- tet zu nutzen. 2.2.3.1.2 Haarproben besenderter Stücke Im Rahmen des Arbeitsschwerpunktes Telemetrie wurden durch die AG Wildtierforschung der TU Dresden Haarproben von allen besenderten Tieren (außer T1) gewonnen und an das Labor des Refe- rates Forstgenetik geliefert. Es handelt sich bisher um 35 Individuen (16 weibliche und 12 männliche erwachsene Tiere sowie 7 Kälber). Die Proben wurden trocken in Papiertüten bzw. Briefumschlägen transportiert und gelagert. Nicht in jedem Fall konnten komplette Haare mit Wurzeln gewonnen werden. 23
2.2.3.1.3 Kotproben Die Etablierung der Methode der Kot-Genotypisierung erfolgte an Proben, die im Frühjahr und Som- mer 2016 durch Mitarbeiter des Kompetenzzentrums Wald und Forstwirtschaft gesammelt worden waren. Diese Sammlungen wurden gleichzeitig genutzt, um verschiedene Transport- und Lagerungs- varianten zu testen. Im November 2016 wurde eine Testsammlung von Kotproben durchgeführt, um methodische Fragen zu klären, erste Erfahrungen mit dem Verfahren zu sammeln und potentielle Sammler zu schulen. Dabei wurde am ersten Tag eine Informationsveranstaltung kombiniert mit einer gemeinsamen Be- gehung im Wildgehege Tharandt durchgeführt. Bei einem anschließenden gemeinsamen Testdurch- lauf im Tharandter Wald wurden Fragen zum Gebrauch der GPS-Geräte, zur Einschätzung der Pro- ben, zur Art der Sammlung und zur Dokumentation geklärt (Abb. 13). In den folgenden zwei Tagen waren die Werkvertrag-Nehmer eigenständig im Revier Rehefeld unterwegs, um eine praxisnahe Sammlung auf den vorgegebenen Transekten zu absolvieren (Abb. 14). Abb. 13: Sammlung und Dokumentation von Kotproben (Fotos: U. Tröber). Die Probesammlung ergab 467 Proben mit dokumentierten Koordinaten, einer Einschätzung der Probenfrische in drei Stufen und des Deckungsgrades im Umkreis einer Baumlänge. Ziel war die Etab- lierung eines Verfahrens, das zuverlässig und praktikabel die Sammlung und Analyse einer ausrei- chend großen Probenzahl ermöglicht und zu einer hohen Ausbeute an sicher reproduzierbar be- stimmten Genotypen führt. 24
Abb. 14: Transekte im 500m - Abstand sowie Fundstellen frischer Losung im Testdurchlauf im Herbst 2016 im Revier Rehe- feld (Forstbezirk Bärenfels). Basierend auf den Erfahrungen der Voruntersuchungen im Jahr 2016 wurde die eigentliche Proben- sammlung im März und April 2017 geplant und durchgeführt. Da von einem immensen Analyse- und Auswertungsaufwand bei zunächst unklarer statistischer Absicherung ausgegangen werden musste, wurde zunächst nur das Teil-UG Bärenfels bearbeitet. Die Ergebnisse sollen im besten Fall als Refe- renzmaß für die weiteren, parallel durchgeführten Methoden zur Bestandsschätzung angewendet werden. Das vollständige Losverzeichnis mit Informationen zur Transektlänge etc. ist in Anhang II zu finden. Die Lage der Transekte in beiden Losen ist in Abb. 15 ersichtlich. Der erste Durchgang im März 2017 lieferte ca. 1.600 Proben, der zweite im April knapp 700. Die ins- gesamt 2.300 Proben wurden dokumentiert und in Gefrierschränken bei -20°C eingelagert. 25
Abb. 15: Lage der beiden Lose im UG Bärenfels zur Losungssammlung im Frühjahr 2017. 26
2.2.3.1.4 Etablierung der Labormethodik Die Extraktion der DNA aus den verschiedenen Materialarten wurde zunächst mit manuellen Kits der Firma Analytik Jena getestet. Inzwischen wird sie standardmäßig mit dem Extraktionsgerät InnuPure C16® (Analytik Jena) durchgeführt, das die teilweise Automatisierung der Arbeiten ermöglicht. Dabei kommen die Kits innuPREP DNA Kit-IPC16® für Gewebe (und Haare), innuPREP Stool DNA Kit-IPC16® für Kot und innuPREP Forensic DNA Kit-IPC16® für schwierige Haar- und sonstige Proben zum Einsatz. Die Auswahl der Mikrosatelliten-Marker und der Primerkombination zur Geschlechtsbestimmung (Tab. 12) orientierte sich vorrangig an der Arbeit von EBERT (2011), wurde aber um einige weitere Marker ergänzt. Im Anschluss wurden PCR-Reaktionen der Marker (Bestellung bei biomers.net) zum Teil einzeln, zum Teil kombiniert als Multiplex von bis zu vier Markern, durchgeführt. Tab. 12: Übersicht der getesteten Genmarker. Marker Label Quelle Haut14 Cy5 KUEHN ET AL. 2003, EBERT 2011 BCM1009 Cy5 VALIÈRE ET AL. 2006, EBERT 2011 TGLA53 DY-751 VALIÈRE ET AL. 2006, EBERT 2011 CSSM16 DY-751 KUEHN ET AL. 2003, EBERT 2011 CSSM19 DY-751 KUEHN ET AL. 2003, EBERT 2011 BM203 BMN-6 VALIÈRE ET AL. 2006, EBERT 2011 IDVGA55 BMN-6 VALIÈRE ET AL. 2006, EBERT 2011 ILSTS06 Cy5 KUEHN ET AL. 2003 CSRM60 Cy5 KUEHN ET AL. 2003 CSSM66 BMN-6 KUEHN ET AL. 2003 AMELXY Cy5 GURGUL ET AL. 2010 Die PCR-Produkte werden mit dem genetischen Analyse-System GeXP® (Beckman-Coulter) zur Be- stimmung der Fragmentlängen untersucht. Die Methode zur populationsökologischen Auswertung der genetischen Daten zur Schätzung der Populationsgröße steht noch nicht fest. Mehrere Program- me (MARK, CAPWIRE, R) werden derzeit evaluiert und nach Vorliegen erster vollständiger Datensätze getestet. 2.2.3.2 Ergebnisse 2.2.3.2.1 Laborverfahren Die Extraktion und Analyse der DNA aus den Gewebeproben gestaltet sich bisher relativ unproblema- tisch. Erwartungsgemäß schwieriger ist die Untersuchung der Kotproben. In einer Testreihe wurden verschiedene Varianten für Transport und Lagerung der Kotproben verglichen (Ethanol, Extraktions- puffer, Silicagel, Frost). Direkt nach der Überführung ins Labor wurden Teile der Proben einer DNA- 27
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