Statusbericht 2017 - Kooperationsprojekt "Rotwildmanagement pro Waldumbau" (2016/2019)

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Statusbericht 2017 - Kooperationsprojekt "Rotwildmanagement pro Waldumbau" (2016/2019)
Kooperationsprojekt „Rotwildmanagement pro
          Waldumbau" (2016/2019)

        Statusbericht 2017
Statusbericht 2017 - Kooperationsprojekt "Rotwildmanagement pro Waldumbau" (2016/2019)
Kooperationsprojekt: „Populationsdichte, Populationsstruktur, Migrationsverhalten und Lebens-
raumnutzung des Rotwildes im linkselbischen Elbsandstein- und Erzgebirge als Grundlage für ein
wald-, wildtierökologisch und waldbaulich begründetes Rotwildmanagement" (2016/2019)

Kurztitel: „Rotwildmanagement pro Waldumbau“

Zitiervorschlag:

POLACZEK, K., MEIßNER-HYLANOVÁ, V., TRÖBER, U., STIER, N., THOMAE, M., LEWETZKY, P., PRÖLß, P., MÜLLER, V.,
BANDAU, F., BREITFELD, M., EIBENSTEIN, T., ROTH, M., EISENHAUER, D.-R. (2017): Rotwildmanagement pro
Waldumbau. Statusbericht 2017.

Bearbeiter/innen:

Klaus Polaczek                           Klaus.Polaczek@smul.sachsen.de
Vendula Meißner-Hylanová                 Vendula.Meissner-Hylanova@tu-dresden.de
Ute Tröber                               Ute.Troeber@smul.sachsen.de
Dr. Norman Stier                         Norman.Stier@forst.tu-dresden.de
Marcel Thomae                            Marcel.Thomae@smul.sachsen.de
Paul Lewetzky                            Paul.Lewetzky@tu-dresden.de
Peter Prölß                              Peter.Proelss@tu-dresden.de
Veit Müller                              Veit.Mueller@tu-dresden.de
Dr. Franziska Bandau                     Franziska.Bandau@smul.sachsen.de
Michael Breitfeld                        Michael.Breitfeld@smul.sachsen.de
Tobias Eibenstein                        Tobias.Eibenstein@smul.sachsen.de
Ursula Franke                            Ursula.Franke@smul.sachsen.de
Mandy Friedrich                          Mandy.Friedrich2@smul.sachsen.de
Prof. Dr. Mechthild Roth                 mroth@forst.tu-dresden.de
Dr. Dirk-Roger Eisenhauer                Dirk-Roger.Eisenhauer@smul.sachsen.de

Professur für Forstzoologie
Technische Universität Dresden, Institut für Forstbotanik und Forstzoologie
Pienner Str. 7, D-01737 Tharandt
Telefon: 035203-38-31371
http://tu-dresden.de/forst/zoologie

Kompetenzzentrum für Wald und Forstwirtschaft (KWuF)
Staatsbetrieb Sachsenforst, Geschäftsleitung
Bonnewitzer Str. 34, D-01796 Pirna / OT Graupa
Telefon: 03501-542-315
https://www.forsten.sachsen.de/wald/4146.htm

In ausgewählten Bereichen erfolgt eine intensive Zusammenarbeit und Abstimmung mit Partnern in
der angrenzenden privaten Jägerschaft, die sich vor allem aus deren individuellem Interesse begrün-
det.
Statusbericht 2017 - Kooperationsprojekt "Rotwildmanagement pro Waldumbau" (2016/2019)
Inhaltsverzeichnis
1    Einleitung ............................................................................................... 3
2    Populationsökologie (AP 1)..................................................................... 5
     2.1 Lebensraumnutzung von Rotwild ........................................................................... 5
       2.1.1 Besenderung ........................................................................................................................... 5
         2.1.1.1 Vorbereitung der Besenderung (Ansitzstellen) .................................................................... 5
         2.1.1.2 Besenderung mit GPS-Halsbandsendern ............................................................................. 7
         2.1.1.3 Datenerhebung mit GPS-GSM-Halsbandsendern ................................................................ 9
       2.1.2 Lebensraumnutzung adulter Tiere......................................................................................... 10
         2.1.2.1 Besenderung von Rotwildkälbern mit VHF-Ohrmarkensendern........................................ 13
     2.2 Ermittlung von Populationskennzahlen .......................................................... 14
       2.2.1 Distance Sampling ................................................................................................................. 14
       2.2.2 Fotofallenmonitoring ............................................................................................................ 18
       2.2.3 Frischkotgenotypisierung an Rotwild .................................................................................... 22
         2.2.3.1 Methodik ............................................................................................................................ 23
         2.2.3.2 Ergebnisse .......................................................................................................................... 27

3    Analyse des Rotwildeinflusses auf die Waldvegetation (AP 2) ...............32
     3.1 Schälschadenserhebung ................................................................................. 33
       3.1.1 Vorbereitung der Schälschadenserhebung ............................................................................ 33
       3.1.2 Ergebnisse der Schälschadenserhebungen 2016 und 2017 .................................................... 35
         3.1.2.1 Altschäle ............................................................................................................................. 35
         3.1.2.2 Neuschäle ........................................................................................................................... 36
     3.2 Langzeiterfassung Leittriebverbiss.................................................................. 41

4    Analyse der Lebensraumstruktur (AP 3).................................................43
5    Populationsregulation und Raumplanung (AP 4) ...................................44
     5.1 Wirkungskomplex Wild und Jagd ................................................................... 44

6    Öffentlichkeitsarbeit/Wissenstransfer (AP 5) ........................................45
     6.1 Informationsveranstaltungen (01.07.2016 – 30.06.2017) ................................ 45

7    Zusammenfassung .................................................................................46
8    Literaturverzeichnis ...............................................................................49
9    Abbildungsverzeichnis ...........................................................................51
10   Tabellenverzeichnis ...............................................................................53
11   Anhang ..................................................................................................54
Statusbericht 2017 - Kooperationsprojekt "Rotwildmanagement pro Waldumbau" (2016/2019)
1        Einleitung
Während der Fokus des letztjährigen Zwischenberichtes (MEIßNER-HYLANOVA ET AL. 2016) auf der An-
laufphase des Projektes lag, in der es galt die nötigen technischen und organisatorischen Vorausset-
zungen zu schaffen und Prozesse „zum Laufen zu bringen“, beleuchtet dieser Statusbericht bereits
erste Zwischenergebnisse aus den Arbeitspaketen (AP) 1 und 2.

Somit ist nun, kurz vor der „Halbzeit“ des planmäßig zum 30.06.2019 abzuschließenden Vorhabens,
jener Punkt erreicht, ab dem die Analyse der kontinuierlich auflaufenden Daten in den Mittelpunkt
rückt. Entsprechend soll dieser Statusbericht neben eines Rückblicks auf das Erreichte auch Ausblicke
liefern, wie die gesammelten Informationen im weiteren Projektverlauf in Hinblick auf die zu Beginn
formulierten Arbeitshypothesen zu ordnen und auszuwerten sind. Die hinter dem Vorhaben stehen-
de Motivation und damit seine übergeordnete Zielstellung wird über dessen Kurztitel
„Rotwildmanagement pro Waldumbau“ ausgedrückt und ist im Einleitungsteil des letztjährigen Zwi-
schenberichtes ausführlich dargestellt.

Entsprechend dieser Zielstellung besteht das Untersuchungsgebiet (UG) im Kern aus arrondierten
Staatswaldkomplexen, deren Waldflächen sich zu weiten Teilen im Bereich von Waldumbauschwer-
punkten des sächsischen Mittelgebirges befinden und die in Summe rund 1/5 der gesamten Lan-
deswaldfläche des Freistaates Sachsen ausmachen1. Allein 2016 wurden in den Landeswaldrevieren
innerhalb des Gesamtuntersuchungsgebietes mehr als 350.000 Erntefestmeter (Efm) Holz einge-
schlagen und eine Kunstverjüngungsfläche von rund 440 Hektar (ha) realisiert2. Insbesondere die
letzte Zahl lässt erkennen, dass der Waldumbau historisch bedingt im sächsischen Erzgebirge eine
Aufgabe von herausragender Bedeutung darstellt, was auch im Rahmen der Waldstrategie 2050 der
sächsischen Staatsregierung (SMUL 2016) bestätigt wird. Zudem wurden im Jagdjahr 2016/17 in den
Verwaltungsjagdbezirken innerhalb des Gesamtuntersuchungsgebietes insgesamt 821 Stück Rotwild
(im Mittel 1,7 Stück/100 ha) gestreckt.

In der Konsequenz muss die Projektarbeit in einen intensiven forstlichen und jagdlichen Regelbetrieb
integriert werden, denn in diesem Umfeld sollen die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse spä-
ter auch zum Tragen kommen. Ein Großschutzgebiet ist, im Gegensatz zu zahlreichen anderen the-
matisch verwandten Forschungsvorhaben (HEURICH ET AL. 2015, EHRHART ET AL. 2016, HOHMANN ET AL.
2016), somit bewusst nicht Bestandteil der Gebietskulisse.

Die angestrebte Beteiligung der an die Verwaltungsjagdflächen angrenzenden, offenlanddominierten
privaten Jagdbezirke in den UG war erwartungsgemäß bisher nicht überall in der gewünschten Form
umsetzbar und dürfte im Wesentlichen aus der bestehenden Konfliktsituation (SCHNEIDER 2016) hin-
sichtlich eines zielgerichteten Umgangs mit Wald und (Rot-)wild insbesondere in Teilen des Erzgebir-
ges (westliche Projektgebiete Eibenstock und Neudorf) resultieren. Entsprechend ist diese Unterstüt-
zung im Projektansatz auch stets als fakultativ betrachtet worden. Erfreulicherweise ist es gerade im
UG Bärenfels (Osterzgebirge), welches im Vergleich die stärkste Verzahnung mit Offenlandflächen
und Wäldern anderer Eigentumsarten aufweist, gelungen, eine partnerschaftliche Zusammenarbeit
mit der dort agierenden Hegegemeinschaft Osterzgebirge zu realisieren. Somit können die entspre-
chenden, eher vom Offenland dominierten Randbereiche v.a. im Rahmen der Distance-Sampling-

1
    Fläche des UG der verdichteten Schälschadenserhebung: 48.000 ha
2
    SIV Naturalvollzug 2016 des SBS: 359.568 Efm und 440 ha AB+VA in den Revieren des UG
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Befahrungen nahezu vollständig einbezogen werden3. Das westliche Vergleichspaar Eiben-
stock/Neudorf umfasst benachbarte Staatswaldkomplexe mit einer Fläche von über 30.000 ha. Damit
ist auch hier ohne die Kooperationsbereitschaft angrenzender Jagdbezirke eine Gebietsgröße er-
reicht, welche bereits die Ausdehnung kleinerer Rotwildgebiete in Deutschland deutlich überschrei-
tet (COPPES ET AL. 2017).

Trotzdem resultieren aus den genannten Rahmenbedingungen insbesondere für die Feldarbeit (u.a.
Besenderungsaufwand, Transektdesign Distance-Sampling) Herausforderungen, die mitunter zu
Mehraufwand und stellenweise auch Abstrichen gegenüber einer „optimalen“ Versuchsumgebung
führen. Gleichzeitig ist die Unterstützung durch die vor Ort agierenden Akteure der Forstbezirke,
welche diese im Wesentlichen neben ihren Kernaufgaben leisten, für den Projekterfolg unabdingbar.
Somit baut das Vorhaben auf die Kompromissbereitschaft aller Beteiligten.

Die bisherige Entwicklung des Projektes und die erzielten Zwischenergebnisse sprechen aus unserer
Sicht dafür, dass diese Bereitschaft in hohem Maße vorhanden ist. Damit kann es am Ende gelingen,
konkrete Hinweise für eine zielorientierte Regulation der Rotwildbestände und die aktive Entwick-
lung des im Fokus der Untersuchung stehenden Waldlebensraumes des Rotwildes abzuleiten. Ent-
sprechend wähnen wir uns auf einem guten Weg, der in seinem bisherigen Verlauf im Rahmen dieses
Statusberichtes dargestellt wird.

3
    http://jagd-osterzgebirge.de/aktuelles-in-der-hg.html
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2       Populationsökologie (AP 1)
2.1     Lebensraumnutzung von Rotwild
Die Lebensraumnutzung des Rotwildes in den vier UG ist Kernelement im AP 1 „Populationsökolo-
gie“.

Folgende Arbeitshypothesen wurden aufgestellt:

        Die Dichte des Rotwildes im Erzgebirge unterliegt als dynamische populationsökologische
         Größe einer ausgeprägten Variabilität in der räumlichen und zeitlichen Nutzung des Waldle-
         bensraumes. Diese ist auf Konzentrations- oder Verdrängungseffekte zurückzuführen. Beide
         Effekte sind i. e. S. überwiegend durch anthropogene Störfaktoren determiniert. Dabei
         kommt der Jagd eine wichtige Rolle zu.
        Der Erzgebirgskamm und die höheren Berglagen bilden grenzübergreifend das Vorkommens-
         gebiet der Rotwildpopulation des Erzgebirges. Eine ausgeprägte, großräumige Migration ist -
         aufgrund der großen räumlichen Stabilität von Sommer-, Brunft- und Winteraktionsräumen
         etablierter Individuen (NITZE 2012) - nicht zu erwarten, obwohl kaum Migrationsbarrieren
         vorhanden sind. Davon unbenommen ist eine Immigration und Emigration von Tieren, die
         auf soziale Verhaltensmuster innerhalb der Population zurückzuführen ist.
        Die Populationsstruktur weist eine signifikante Verschiebung des Geschlechterverhältnisses
         zu Gunsten des weiblichen Wildes und des Jungwildes (Altersklassen 0-II) auf.
        Die räumliche und zeitliche Nutzung des Lebensraumes wird massiv durch die Art der Beja-
         gung und weitere anthropogene Nutzungen des Rotwildlebensraumes beeinflusst. Es entste-
         hen Störungsbereiche, die in Verbindung mit dem Äsungszyklus den Wechsel zwischen De-
         ckungs- und Nahrungshabitaten signifikant einschränken. Dieser negative Einfluss ist umso
         stärker, je mehr die Struktur des Waldlebensraumes dem schlagweisen Hochwald entspricht
         und je weniger ein kleingliedriger Übergang zwischen Deckungs- und Nahrungshabitaten ge-
         geben ist.

2.1.1    Besenderung

2.1.1.1 Vorbereitung der Besenderung (Ansitzstellen)

Das bestehende Netz an Ansitzhütten wurde im Vergleich zum Vorjahr ausgebaut und hinsichtlich
der Überwachung durch zusätzliche Fotofallen unterstützt. Um repräsentative Aussagen zur Raum-
nutzung von Rotwild in allen UG zu gewährleisten, wurden die Narkoseansitzstellen möglichst weit-
räumig verteilt. Darüber hinaus wurden einige Ansitzstellen nach erfolgreicher Besenderung inner-
halb beziehungsweise zwischen den UG umgesetzt. Gleiches galt für Ansitzstellen, die nicht vom
Rotwild angenommen wurden.

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Statusbericht 2017 - Kooperationsprojekt "Rotwildmanagement pro Waldumbau" (2016/2019)
Die Frequentierung der Ansitzstellen durch Rotwild wurde im Rahmen von zwei Bachelorarbeiten
(Studiengang Forstwissenschaften; TU Dresden) analysiert:

       Schubert, L. (2017): „Fotofallengestützte Analyse des Raum-Zeit-Verhaltens und Individu-
        alanalyse des Rotwildes (Cervus elaphus L.) an Fütterungen (Narkoseansitzstellen) in den Un-
        tersuchungsgebieten Bärenfels und Neudorf des Staatsbetriebes Sachsenforst im Freistaat
        Sachsen“
       Seehafer, J. (2017): „Fotofallengestützte Analyse der Rotwildaktivität (Cervus elaphus L.) an
        Fütterungen im sächsischen Erzgebirge“.

Aufgabe der Arbeiten war es, die Aktivitätsmuster des Rotwildes an Fütterungen zu untersuchen. Die
Rotwildrudel auf Fotofallenbildern sollten hinsichtlich der Geschlechter und der Altersklassenvertei-
lung charakterisiert werden. Ziel war es auch, Möglichkeiten zu finden, weibliches Rotwild individuell
zu identifizieren, um diesen dann „bekannten“ Anteil der Population bei einer Mindestbestandser-
mittlung mithilfe von Fotofallen zu berücksichtigen. Das Ansprechen des Rotwildes anhand der Foto-
fallenbilder war zu großen Teilen gut möglich. Schwierigkeiten traten allerdings bei der Geschlech-
terunterscheidung der Kälber und der Altersklassendifferenzierung der weiblichen Tiere auf. An man-
chen Fütterungen wurde das Ansprechen durch technische und standörtliche Begebenheiten er-
schwert, an anderen Standorten durch die große Anzahl des auftretenden Rotwildes. Das Identifizie-
ren und Interpretieren von Faktoren, welche das Potential aufweisen, das Verhalten des Rotwildes zu
beeinflussen oder gar zu lenken, war mithilfe der Kameras ebenfalls möglich. So konnte bspw. die
Anwesenheit von anderen, auf das Rotwild störend wirkenden Wildarten (insbesondere von
Schwarzwild) festgehalten werden.

Eine Individualerkennung weiblichen Rotwildes war nur vereinzelt möglich. Nur wenn markante
Merkmale an Haupt oder Decke aufzufinden waren, konnten diese Stücke in die Stückzahlermittlung
einfließen. Grund für die mühsame Ansprache und Individualisierung sind die wenigen verfügbaren
unterscheidbaren Merkmale an den Individuen. Zudem war deren Erkennbarkeit durch die gegebe-
nen technischen Voraussetzungen häufig eingeschränkt. Mit diesem Ansatz konnten nur Mindestin-
dividuenzahlen an den untersuchten Standorten ermittelt werden. Dieser Ansatz eignet sich demzu-
folge nicht für eine realitätsnahe Abschätzung des weiblichen Rotwildbestandes mittels fotofallenba-
siertem Fang-Wiederfang-Verfahren und wird im Projekt nicht weiterverfolgt. Ebenso war es mög-
lich, die Aktivitätszeiträume des Rotwildes in Bezug auf die Besenderungsstellen zu dokumentieren
und zu interpretieren. Zwischen den untersuchten Standorten wurden ähnliche Aktivitätsmuster
beobachtet. Jahreszeitlich schwankende Tageslängen, Temperatur und Niederschlag hatten z. T. ei-
nen erkennbaren Einfluss auf die Rotwildaktivität an den Fütterungen.

Die Schwarzwildpräsenz an den Ansitzstellen sollte während der Phase der Besenderung 2016/2017
durch das Anbieten von Futter auf Tischen minimiert werden. In den UG Neustadt und Bärenfels
wurde ausschließlich mit Futtertischen gearbeitet. Durch die Verwendung von Futtertischen könnten
Störungen der Ansitzstellen durch Schwarzwild reduziert, aber dennoch nicht vollständig vermieden
werden (Abb. 1).

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Statusbericht 2017 - Kooperationsprojekt "Rotwildmanagement pro Waldumbau" (2016/2019)
Abb. 1: Schwarzwild an den Ansitzstellen (Fotos: H. Endler (links), J. Irmscher (rechts)).

2.1.1.2 Besenderung mit GPS-Halsbandsendern

Mit den Narkoseansitzen wurde im Berichtszeitraum, dem 2. Projektjahr, wieder im August begon-
nen. Die Besenderung der meisten Individuen gelang aber erst während der folgenden Wintermona-
te. Bis zur Erstellung dieses Statusberichts wurden insgesamt 18 weitere Stücke adultes Rotwild (9 ♀,
9 ♂) mit GPS-GSM-Halsbändern ausgestattet (Tab. 1 und Tab. 2). Insgesamt erhielten somit bisher 29
adulte Stücken Rotwild (17 ♀, 12 ♂) einen Telemetriesender. Dazu waren 135 Narkoseansitze not-
wendig.

Tab. 1: Bis zum 30.06.2017 besendertes weibliches Rotwild sowie Informationen zur Besenderungsstelle, zum geschätzten
Alter der Stücke, zur bisherigen Laufzeit der Halsbänder und der Anzahl der mit GSM übertragenen Lokalisationen.

                                                                                             übermittelte
Tier-ID     UG      Ansitzstelle im Revier           Alter       Beobachtungszeitraum
                                                                                             Lokalisationen
T1          Nes     Ottomühle                        2-4         20.02.2016 - aktiv          20.988
T2          Ned Tellerhäuser                         2-4         26.02.2016 - aktiv          21.741
T3          Bär     Rehefeld                         4-6         07.03.2016 - aktiv          23.666
                                                                                             4.998
T4          Eib     Carlsfeld                        3-5         17.03.2016 - 05.06.2016
                                                                                             (40 VHF-Peilungen)
T5*         Eib     Schönheide                       5-7         03.03.2016 - 29.01.2017     16.178
T6          Bär     Rehefeld                         3-5         07.03.2016 - aktiv          21.718
T7          Bär     Rehefeld                         10 - 12     24.03.2016 - aktiv          20.557
T8*         Eib     Schönheide                       3-5         22.03.2016 - aktiv          24.070
T9          Ned Rabenberg                            4-6         06.02.2017 - aktiv          6.560
T10         Eib     Grünheide                        3-5         06.02.2017 - aktiv          5.820
T11         Bär     Hirschsprung                     8 - 10      16.01.2017 - aktiv          7.788
T12         Eib     Carlsfeld                        1           17.02.2017 - aktiv          7.834
T13         Ned Oberwiesenthal                       4-6         09.02.2017 - aktiv          7.748
T14         Bär     Rehefeld                         5-7         19.04.2017 - aktiv          3.517
T15         Eib     Johanngeorgenstadt               5-7         15.03.2017 - aktiv          4.780
T16         Ned Raschau                              4-6         02.03.2017 - aktiv          5.150
T17         Eib     Wildenthal                       4-6         20.04.2017 - aktiv          3.705
* T5 ist entsprechend genetischer Analysen die Mutter von T8

                                                               7
Statusbericht 2017 - Kooperationsprojekt "Rotwildmanagement pro Waldumbau" (2016/2019)
Tab. 2: Bis zum 30.06.2017 besendertes männliches Rotwild sowie Informationen zur Besenderungsstelle, zum geschätzten
Alter der Stücke, zur bisherigen Laufzeit der Halsbänder und der Anzahl der übermittelten Lokalisationen.

                                                                                           übermittelte
Tier-ID    UG      Ansitzstelle im Revier       Alter        Beobachtungszeitraum
                                                                                           Lokalisationen
H21        Eib     Wildenthal                   3–4          24.02.2016 -aktiv             18.754
H22        Ned     Raschau                      4–6          06.04.2016 - aktiv            17.453
H23        Eib     Carlsfeld                    2            05.03.2016 - aktiv            18.283
H24        Ned     Rabenberg                    2            04.08.2016 - aktiv            12.885
H25        Bär     Rehefeld                     3–4          21.01.2017 - aktiv            6.469
H26        Bär     Oberfrauendorf               6–8          10.01.2017 - aktiv            7.000
H27        Ned     Oberwiesenthal               1            19.01.2017 - aktiv            6.505
H28        Ned     Raschau                      6–8          07.02.2017 - aktiv            5.797
H29        Ned     Tellerhäuser                 2            24.01.2017 - aktiv            6.321
H31        Eib     Grünheide                    3–4          15.02.2017 - aktiv            5.608
H33        Bär     Bärenfels                    6–8          01.03.2017 - aktiv            4.480
H34        Nes     Ottomühle                    1            06.03.2017 - aktiv            4.568

2.1.1.2.1 Besenderungen im Untersuchungsgebiet Neustadt

Insgesamt waren im UG Neustadt vier Ansitzhütten an sechs unterschiedlichen Stellen (Revier Otto-
mühle (3), Reinhardtsdorf (1), Cunnersdorf (1), Rosenthal (1)) im Einsatz. Die Bejagung an und in der
Nähe der Ansitzstellen wurde hier nicht wie in anderen UG oder nur kurzfristig im Herbst eingestellt.
Die Besenderung startete somit erst ab 01.02.2017. Im Berichtszeitraum wurden elf Ansitze durchge-
führt. Dabei gelang es, einen Schmalspießer (H34) zu besendern. Das Verhältnis von Aufwand zu Er-
folg lag in diesem UG bisher bei 10,5 Ansitzen pro Stück.

2.1.1.2.2 Besenderungen im Untersuchungsgebiet Bärenfels

Im UG Bärenfels waren insgesamt fünf Ansitzhütten an sechs Stellen im Einsatz (Revier Rehefeld (1),
Bärenfels (1), Oberfrauendorf (3), Hirschsprung (1)). Insgesamt wurden 29 Ansitze durchgeführt und
dabei zwei Alttiere (T11, T14) sowie drei Hirsche (H25, H26, H33) besendert. Von den 29 Ansitzen
wurden 10 Ansitze der Umbesenderung von T93 (Kalb von T3) gewidmet, allerdings ohne Erfolg. Das
Verhältnis von Aufwand zu Erfolg lag in diesem UG bei 4,5 Ansitzen pro Stück (ohne die Umbesende-
rungsversuche von T93). Beim Halsband von T7 ist mittlerweile die GSM-Einheit defekt und übermit-
telt keine Daten mehr. Die Ortungen erfolgen aber weiterhin und sind im Halsband gespeichert. Die
Daten wurden und werden mit Hilfe eines Handheld-Terminals per UHF-Kommunikation herunterge-
laden.

2.1.1.2.3 Besenderungen im Untersuchungsgebiet Neudorf

Insgesamt waren sechs Ansitzhütten im UG Neudorf an zehn Stellen im Einsatz. Weiterhin wurde ein
vorhandener Hochsitz für den Narkoseansitz vorbereitet. Die Ansitzstellen waren wie folgt verteilt:
                                                         8
Statusbericht 2017 - Kooperationsprojekt "Rotwildmanagement pro Waldumbau" (2016/2019)
Revier Oberwiesenthal (1), Tellerhäuser (4), Rabenberg (2) und Raschau (4). Insgesamt waren 34 An-
sitze zur Besenderung von drei Alttieren (T9, T13, T16) und 4 Hirschen (H24, H27, H28, H29) notwen-
dig (Aufwand:Erfolg: 5,1 Ansitze pro Stück).

2.1.1.2.4 Besenderungen im Untersuchungsgebiet Eibenstock

Im UG Eibenstock wurden sieben Ansitzhütten an zwölf Stellen eingesetzt (Revier Carlsfeld (1), Wild-
enthal (3), Johanngeorgenstadt (5) und Grünheide (3)). Es erfolgten elf Ansitze, wobei es gelang vier
Alttiere (T10, T12, T15, T17) und einen Hirsch (H31) zu besendern (Aufwand:Erfolg: 2,2 Ansitze pro
Stück).

2.1.1.3 Datenerhebung mit GPS-GSM-Halsbandsendern

Nach Angaben des Herstellers der Halsbandsender (Vectronic Aerospace GmbH) sind bei der Kapazi-
tät der Batterien mindestens 20.800 und höchstens 52.200 Ortungen zu erwarten. Die Anzahl der
bisher über GPS empfangenen Lokalisationen sind in Tab. 1 und Tab. 2 aufgeführt. In Abhängigkeit
von der Verfügbarkeit des Mobilfunknetzes wurde ein unterschiedlich großer Anteil der im Sender
gespeicherten Lokalisationen über GSM übertragen. Die Sender müssen am Ende ihrer Laufzeit mit-
tels gesteuerter Ablösung (Drop-Off-Signal, Abb. 2) vom Tier entfernt und geborgen werden. Nur so
stehen alle im Sender gespeicherten Lokalisationen und weitere nicht per GSM übermittelte Daten
zur Analyse der Raumnutzung zur Verfügung.

Abb. 2: Drop-Off Mechanismus beim Halsband von T4 (Foto: V. Meißner-Hylanová).
                                                         9
Die Taktung der GPS-Sender ist grundsätzlich auf stündliche Peilungen eingestellt. Zusätzlich erfolgt
über ein Jahr bei allen besenderten Individuen zweimal pro Monat für jeweils 24 Stunden (12 Uhr –
12 Uhr) eine Peilung aller 5 Minuten, um spezifische Laufstrecken der Tiere in Abhängigkeit von der
Jahreszeit und dem Geschlecht zu ermitteln. Diese Daten liefern u.a. wichtige Informationen für eine
Korrektur der mit Fotofallen ermittelten Geschlechterverhältnisse des Rotwildes in den UG. Darüber
hinaus ermöglichen sie eine Bestimmung der Schalenwildpopulationsdichten nach der Methode von
ROWCLIFFE ET AL. (2008) (vgl. Kapitel 0). Dieses Verfahren soll im Laufe des 3. Projektjahres ebenfalls
auf einer kleineren Fläche angewandt werden.

Im Berichtszeitraum traten vereinzelt technische Störungen der VHF-Module der Halsbänder auf.
Durch einen Fehler in der Software waren bereits nach kurzer Zeit bei einigen Halsbändern die sepa-
raten Batterien für die VHF-Signale entleert. Die VHF-Kommunikation ist für das Wiederfinden der
Halsbänder unerlässlich. Somit wurde vom Hersteller Vectronic Aerospace versucht, über das Mobil-
funknetz ein Softwareupdate an die Halsbänder zu senden. Jedes Tier musste hierbei mehrmals vor
Ort lokalisiert werden, um den Erfolg der Softwareaktualisierung zu überprüfen. Bisher ist es noch
nicht gelungen, bei allen Halsbändern die VHF-Kommunikation wiederherzustellen.

2.1.2     Lebensraumnutzung adulter Tiere

Zum Zeitpunkt der Besenderung ist die künftige Raumnutzung der Tiere unbekannt. Abgesehen von
Neustadt (Abb. 3) konnte eine flächige Abdeckung der UG hinsichtlich der Raumnutzung des markier-
ten Rotwildes bisher weitestgehend erreicht werden. In Bärenfels, Neudorf und Eibenstock verteilen
sich die Peilungen über weite Bereiche der UG (Abb. 3 - Abb. 6). Bei der Auswahl der zu narkotisie-
renden Individuen wurde auf ähnliche Anteile und eine ausgeglichene Verteilung der Altersklassen
und Geschlechter (Tab. 1 und Tab. 2) im jeweiligen UG geachtet.

Abb. 3: Räumliche Verteilung der GPS-Lokalisationen aller besenderten Stücke (N=2) im Kern-UG Neustadt (rote Linie) bis
30.06.2017.

                                                          10
Abb. 4: Räumliche Verteilung der GPS-Lokalisationen aller besenderten Stücke (N=8) im Kern-UG Bärenfels (rote Linie) bis
30.06.2017.

Abb. 5: Räumliche Verteilung der GPS-Lokalisationen aller besenderten Stücke (N=9) im Kern-UG Neudorf (rote Linie) bis
30.06.2017.

                                                          11
Abb. 6: Räumliche Verteilung der GPS-Lokalisationen aller besenderten Stücke (N=10) im Kern-UG Eibenstock (rote Linie)
bis 30.06.2017.

In allen vier UG war die Raumnutzung des besenderten Rotwildes von mehr oder weniger ausgepräg-
ten saisonalen Verschiebungen der Einstandsgebiete geprägt. Die längsten Wanderungen, vor allem
die in die Sommereinstände in den höheren Berglagen (in Bärenfels, Neudorf und Eibenstock), er-
streckten sich über bis zu 17 km Luftlinie. Außerdem hielten sich 17 von 28 Sendertieren zeitweise,
zum Teil auch über lange Zeiträume, in der Tschechischen Republik auf. Die bisherigen Ergebnisse
unterstützen die Hypothese, dass großräumige Migrationsbewegungen trotz weitestgehend fehlen-
der Migrationsbarrieren nicht zu erwarten sind.

Im Sommer 2016 wurden einige Fotofallen im Kernlebensraum der Sendertiere ausgebracht, um
Informationen über die Struktur der Rudel/Familienverbände zu sammeln (Abb. 7). Dies wurde im
Sommer 2017 wiederholt.

Abb. 7: Aufnahme von T8 mit H92 und weiteren Rudelmitgliedern im UG Eibenstock (Foto: V. Meißner-Hylanová).

                                                         12
2.1.2.1 Besenderung von Rotwildkälbern mit VHF-Ohrmarkensendern

Ob die in der Arbeitshypothese postulierte Raumtreue auch auf die folgenden Generationen übertra-
gen wird, soll durch die Besenderung von Kälbern telemetrierter Alttiere erforscht werden. Im ersten
Projektjahr (2016) konnten drei frisch gesetzte Kälber von besenderten Alttieren mit einem VHF-
Miniaturohrmarkensender ausgestattet werden. Im Mai/Juni 2017 wurden weitere vier Kälber mar-
kiert (Tab. 3).

Tab. 3: Bis zum 30.06.2017 markiertes juveniles Rotwild sowie Informationen zur Besenderungsstelle, zur Mutter, zur bishe-
rigen Laufzeit der Sender und der Anzahl der Lokalisationen.

Tier-ID     UG       Fangort (Revier)         Mutter        Beobachtungszeitraum              Lokalisationen

H91         Eib      Wildenthal               T4            21.05.2016 – 26.01.2017           94
H92         Eib      Grünheide                T8            23.05.2016 - aktiv                136
T93         Bär      Rehefeld                 T3            22.05.2016 - aktiv                62
T95         Eib      Carlsfeld                T12           23.05.2017 - aktiv                73
H96         Eib      Grünheide                T8            21.05.2017 - aktiv                78
T97         Ned      Rabenberg                -             27.05.2017 - aktiv                1
H98         Ned      Oberwiesenthal           T13           04.06.2017 - aktiv                43

Im Mai/Juni 2017 lieferten die Telemetrie-Daten fast aller Alttiere präzise Informationen zu deren
Raumnutzung und somit auch zum Setzzeitpunkt. Die Mütter wurden nach der Besenderung der Käl-
ber bis Ende Juli in Abständen von 20 Minuten geortet (GPS-Peilung). Parallel wurden von jedem Kalb
bis Ende Juli mindestens zwei Peilungen pro Tag (VHF) erhoben. Damit werden erstmals mit dieser
Methode detaillierte und systematische Aussagen zur Raumnutzung von Alttier und Kalb möglich
sein. Ab August erfolgte die Lokalisierung der Jungtiere nur noch einmal pro Woche, da die Kälber
meist schon mit den Muttertieren mitlaufen, deren GPS-Positionen dann wieder im 1-Stunden-
Abstand vorlagen. Eine Umbesenderung der weiblichen Kälber mit einem GPS-Halsband ist für das
kommende Winterende geplant. Zu diesem Zeitpunkt sind die Träger der Kälber soweit entwickelt,
dass die Ausstattung der Tiere mit einem GPS-Halsband möglich ist. Die Umbesenderung der Hirsch-
kälber soll aufgrund des Trägerwachstums frühestens nach anderthalb Jahren erfolgen. Von allen
bisher markierten Kälbern wurden Proben für genetische Analysen genommen.

Abb. 8: T93 im Mai 2017 als Schmaltier (links; Foto: V. Meißner-Hylanová). Hirschkalb H96 mit Ohrmarkensender, am
21.05.2017 markiert (rechts, Foto: N. Stier).
                                                           13
Die Raumnutzung der besenderten Kälber in den UG Neudorf und Eibenstock wird 2017 im Rahmen
einer Masterarbeit analysiert (Bearbeiter: Phil Seifert).

Bei den Alttieren T8, T12 und T13 gelangen Fang und Markierung der zugehörigen Kälber bereits
nach einmaliger Suche. Bei T8 gelang nach der Besenderung des Vorjahreskalbes (H92) auch die Mar-
kierung des diesjährigen Kalbes H96. Dessen Raumnutzungsdaten können mit denen des im Vorjahr
gesetzten Hirschkalbes verglichen werden. Sichtkontakte bestätigten bei allen drei markierten Käl-
bern die Zugehörigkeit zu den besenderten Alttieren. Gleichzeitig stehen Gewebeproben aller besen-
derten Tiere zur Analyse der Verwandtschaftsbeziehungen zur Verfügung (vgl. Kapitel 2.2.3.1.2 und
Kapital 2.2.3.2.3). Sichtkontakte bestätigten, dass das am 27.05.2017 besenderte Kalb T97 nicht - wie
ursprünglich angenommen - zum Alttier T9 gehört. Dieses Kalb war im Juni nicht ortbar. Seit Anfang
Juli ist dessen aktuelle Position wieder bekannt. Trotz des unbekannten Muttertiers werden die
Raumnutzungsdaten weiter erhoben.

2.2     Ermittlung von Populationskennzahlen
2.2.1   Distance Sampling

Basierend auf der zur Verfügung stehenden Forstwegeinfrastruktur wurde bereits im letzten Jahr ein
randomisiertes Transektdesign entwickelt, das die methodischen Voraussetzungen für eine repräsen-
tative Erfassung der Schalenwildarten, insbesondere von Rotwild und Rehwild, erfüllt. Da das gesam-
te Messnetz aufgrund der reinen Größe nicht in einer Nacht befahren werden kann, wurden Segrega-
te gebildet. Hintergrundinformationen zur Methodik sind im Zwischenbericht 2016 zusammenge-
fasst.

Im ersten Projektjahr fand eine Pilotphase zur Erprobung des Distance-Sampling-Verfahrens in den
einzelnen UG statt. Diese konnte mittlerweile erfolgreich abgeschlossen werden. Sie diente dazu, die
Anwendbarkeit der Methode zu prüfen, die Qualität der Ergebnisse zu evaluieren und ggf. Vorschläge
zur Verfahrensoptimierung abzuleiten. Folgenden Parametern wurde in der Erprobungsphase beson-
deres Augenmerk geschenkt: Jahreszeit der Beprobung, Befahrbarkeit und Einsehbarkeit des Gebiets,
Beprobung von Offenlandbereichen, Repräsentativität des Transektnetzes, räumliche Verteilung der
Rudel, Variation der Rudelgrößen, Stichprobengröße.

In jedem UG, in dessen Flächenumriss sich schwerpunktmäßig Verwaltungsjagdbezirke (VJB), aber
auch mit unterschiedlichen Anteilen private Jagdbezirke befinden, fanden mindestens zwei Durchläu-
fe der Befahrungen der Transekte statt. In Neustadt und Bärenfels erfolgten diese im Herbst 2016
und im Frühjahr 2017. In Neudorf und Eibenstock konnten jeweils drei Befahrungen durchgeführt
werden (Sommer 2016, Herbst 2016, Frühjahr 2017). Witterungsbedingt war es nicht möglich, eine
Befahrung des Transektnetzes zur Winterzeit zu realisieren (u.a. Ausweisung von Skilanglaufloipen).

Die nächtlichen Messfahrten verliefen weitestgehend planmäßig und unter guten Bedingungen. Es
gab keine Messfahrt, die wetterbedingt oder aus anderen Gründen abgebrochen oder ausgesetzt
werden musste. Waren Wege kurzfristig (z.B. durch Holzeinschlag oder Wegebau) nicht befahrbar,
wurde das Transektnetz durch die Aufnahme neuer Routen ergänzt, um den methodischen Rahmen-
bedingungen Rechnung zu tragen.

                                                 14
Da es bis zum Beginn der Datenerfassung nicht gelang, die schriftliche Genehmigung zur Nutzung der
Wege in allen, an die VJB angrenzenden privaten Jagdbezirke einzuholen, konnte die Beprobung aller
für das Distance-Sampling-Verfahren geeigneten Flächen nicht vollständig umgesetzt werden. Dies
betraf vor allem die UG Neustadt und Neudorf, zum Teil aber auch Eibenstock. Nur in Bärenfels war
eine vollständige Datenaufnahme innerhalb der Grenzen des gewählten Flächendesigns möglich
(Tab. 4). Die Darstellungen des Transektdesigns (letztmalige Erfassung) für alle vier UG ist in Anhang I
zu finden.

Tab. 4: Umsetzung des Distance Sampling in den UG (× = Teile des UGs beprobt;  = Teile des UGs mit Einwilligung des
Jagdpächters beprobt;  = UG vollständig beprobt).

UG                      Beprobungszeitraum            Beprobungsgebiet

                        Herbst 2016 – P1              × nur VJB
Neustadt
                        Frühjahr 2017 – P2             nur VJB + GJB Reinhardtsdorf + Schöna
                        Herbst 2016 – P1               vollständiges UG
Bärenfels
                        Frühjahr 2017 – P2             vollständiges UG
                        Sommer 2016 – P1              × nur VJB
Neudorf                 Herbst 2016 – P2              × nur VJB
                        Frühjahr 2017 – P3             nur VJB + GJB Crottendorf
                        Sommer 2016 – P1              × nur VJB
Eibenstock              Herbst 2016 – P2              × nur VJB
                        Frühjahr 2017 – P3            × nur VJB

Die im Zuge der Einfach-Beprobungen in den UG erfolgten Wilddetektionen, sind in den Tab. 5 -Tab.
8 dargestellt. Abb. 9 verdeutlicht beispielhaft die Erfassung von Rotwild in unterschiedlichen UG.

Tab. 5: Anzahl der Detektionen und erfasster Individuen im Rahmen des Distance Sampling im UG Neustadt.

UG                                Neustadt

Beprobung                         P1 - Herbst 2016                       P2 - Frühjahr 2017
Datum                             13.09. - 15.09.2016                    07.03. – 09.03.2017
Detektionen gesamt                65                                     82
Detektionen Rotwild               16                                     4
Detektionen Rehwild               40                                     60
Detektionen Schwarzwild           9                                      18
Anzahl gesamt                     122                                    212
Anzahl Rotwild (Stk.)             33                                     15
Anzahl Rehwild (Stk.)             68                                     116
Anzahl Schwarzwild (Stk.)         21                                     81
Transektnetz (km/1000 ha) 20,2                                           20,1
DS Fläche (ha)                    6665                                   6978
Tab. 6: Anzahl der Detektionen und erfasster Individuen im Rahmen des Distance Sampling im UG Bärenfels.

                                                          15
UG                                Bärenfels

Beprobung                         P1 - Herbst 2016                        P2 - Frühjahr 2017
Datum                             26.09. - 29.09.2016                     27.03. - 30.03.2017
Detektionen gesamt                163                                     150
Detektionen Rotwild               39                                      30
Detektionen Rehwild               114                                     107
Detektionen Schwarzwild           10                                      13
Anzahl gesamt                     376                                     414
Anzahl Rotwild (Stk.)             92                                      164
Anzahl Rehwild (Stk.)             208                                     185
Anzahl Schwarzwild (Stk.)         76                                      65
Transektnetz (km/1000 ha) 24,5                                            24,5
DS Fläche (ha)                    9368                                    9368

Tab. 7: Anzahl der Detektionen und erfasster Individuen im Rahmen des Distance Sampling im UG Neudorf.

UG                                Neudorf

Beprobung                         P1 - Sommer 2016            P1 - Herbst 2016              P2 - Frühjahr 2017
Datum                             18.07. - 22.07.2016         05.12. - 10.12.2016           24.04. - 29.04.2017
Detektionen gesamt                176                         117                           128
Detektionen Rotwild               121                         69                            50
Detektionen Rehwild               52                          40                            59
Detektionen Schwarzwild           3                           8                             19
Anzahl gesamt                     300                         285                           345
Anzahl Rotwild (Stk.)             225                         168                           141
Anzahl Rehwild (Stk.)             65                          68                            82
Anzahl Schwarzwild (Stk.)         10                          49                            122
Transektnetz (km/1000 ha) 22,1                                22,1                          22,0
DS Fläche (ha)                    8904                        8904                          9145

                                                         16
Tab. 8: Anzahl der Detektionen und erfasster Individuen im Rahmen des Distance Sampling im UG Eibenstock.

UG                                Eibenstock

Beprobung                         P1 - Sommer 2016             P1 - Herbst 2016             P2 - Frühjahr 2017
Datum                             11.07. - 15.07.2016          06.11. - 10.11.2016          08.05 - 11.05.2017
Detektionen gesamt                35                           28                           33
Detektionen Rotwild               23                           15                           8
Detektionen Rehwild               12                           11                           23
Detektionen Schwarzwild           0                            2                            2
Anzahl gesamt                     52                           63                           61
Anzahl Rotwild (Stk.)             37                           31                           19
Anzahl Rehwild (Stk.)             15                           23                           32
Anzahl Schwarzwild (Stk.)         0                            9                            10
Transektnetz (km/1000 ha) 22,7                                 22,7                         22,7
DS Fläche (ha)                    6138                         6138                         6138

Abb. 9: Wärmebildaufnahme eines Kahlwildrudels und Schwarzwild im UG Neudorf (links). Wärmebildaufnahme eines
Rotwildrudels im UG Bärenfels (rechts). (Fotos: V. Müller).

Die während der Pilotphase gesammelten Daten und Erfahrungen liefern wichtige Erkenntnisse zur
Anwendbarkeit des Verfahrens unter den in den UG vorherrschenden Bedingungen.

Um im Zuge der Datenauswertung für Wege an den Außengrenzen des UG oder an Waldkanten die
exakten Erfassungsgrenzen für die Ermittlung der Populationsdichte von Schalenwild nach dem Dis-
tance-Sampling-Verfahren festzulegen, wurden die telemetrischen Lokalisationen (Stichtag
01.06.2017) herangezogen. An ausgesuchten, gleichmäßig und gerade verlaufenden Grenzlinien zwi-
schen Wald und größeren Offenlandflächen wurden zur Ermittlung einer optimalen Pufferweite die
Distanzen der Peilpunkte auf den landwirtschaftlichen Flächen zum Waldrand ausgewertet, um damit
Detektionen innerhalb und außerhalb des Beprobungsgebietes klar abgrenzen zu können. Mehrere
Pufferweiten befinden sich zurzeit in der Erprobung, mit dem Ziel die Detektionsanzahl im Verhältnis
zur Flächenerweiterung anzuheben, um somit die Erfassungsqualität der Messfahrten zu steigern.
                                                         17
Die fehlenden Genehmigungen zur Wegenutzung außerhalb der VJB erwiesen sich als eine bedeu-
tende Einschränkung des DS-Verfahrens. Aufgrund der fehlenden Genehmigung erfolgten die Mess-
fahrten überwiegend in Wäldern, während das Offenland weitgehend unberücksichtigt bleiben
musste. Da die bisherigen Daten der besenderten Tiere aber eine starke nächtliche Aufenthaltspräfe-
renz im Offenland andeuten, kann von einer regional differenzierten Unterschätzung der ermittelten
Rotwilddichten im Bezug zum Waldlebensraum ausgegangen werden. Um den geringen Anteil an
Genehmigungen zum DS in privaten Jagdbezirken und die damit verbundene geringe Abdeckung des
Offenlandes in den künftigen Erhebungen zu erhöhen, erwies sich das an die Jagdausübungsberech-
tigen gerichtete Angebot, an den Fahrten zur Datenerfassung teilzunehmen, als hilfreich.

Die Pilotphase des DS gab ebenfalls Hinweise darauf, dass geringe Detektionszahlen von einfachen
Beprobungen zu hohen Variationskoeffizienten (> 20%) bei der Dichteberechnung führten. Aus der
Erhöhung der Stichprobengröße durch die Mehrfachbeprobung im jeweiligen Bezugszeitraum wird
eine Absenkung der Variationskoeffizienten erwartet. Dabei sind vorerst folgende Wiederholungen
angedacht:

       Eibenstock, 3-fach-Befahrung, Juli 2017
       Neudorf, 2-fach-Befahrung, November 2017
       Bärenfels, 2-fach-Befahrung, Dezember 2017
       Neustadt, 3-fach-Befahrung, Frühjahr 2018.

Im weiteren Projektverlauf werden die Ergebnisse des Distance Sampling mit den Ergebnissen weite-
rer Populationsgrößenschätzverfahren (Fang-Markierung-Wiederfang mittels Fotofallen und Frisch-
kotgenotypisierung) abgeglichen, um etwaige verfahrensbedingte Schätzfehler des Distance-
Sampling-Verfahrens zu korrigieren.

2.2.2   Fotofallenmonitoring

Zahlreiche auf der Analyse von Fotofallenbildern basierende Verfahren zur Ermittlung populati-
onsökologischer Charakteristika setzen zufallsverteilte Stichproben voraus. Auch in diesem Projekt
wurde hiervon ausgegangen. Auf Basis eines standardisierten Rasters von 1 x 1 km Segmentlänge
wurden deshalb in den UG bereits im letzten Berichtsjahr Standorte für Fotofallen festgelegt. Abhän-
gig von der Größe der UG resultierte dies in je 50 Standorten in den UG Neustadt und Bärenfels, 59
Standorten in Neudorf und 41 Standorten in Eibenstock. Auf der Grundlage des 1 x 1 km Rasternetzes
wurden, in Absprache mit den zuständigen Revierleitern und entsprechend der lokalen Gegebenhei-
ten, die Standorte für die Fotofallen bestimmt. War die Aufstellung der Fotofallen (Cuddeback C2)
nicht direkt auf den Rasterpunkten möglich, wurden Stellen in unmittelbarer Nähe gewählt. Dabei
wurden Schalenwildwechsel bewusst aufgesucht. Die Wahl der Anbringungshöhe und des Neigungs-
winkels der Kameras richtete sich nach den jeweiligen Standortbedingungen und war für die Zielart
Rotwild optimiert (Abb. 10).

                                                18
Abb. 10: Installation einer Cuddeback-Fotofalle (links; Foto: M. Thomae). Aufnahme aus dem Fotofallenmonitoring -
Schmalspießer im Winter (rechts; Foto: P.Prölß).

Je eine acht Gigabyte Speicherkarte und acht Akkumulatoren stellten den Betrieb sicher. Während
des Erfassungsintervalls werden die Akkumulatoren und Speicherkarten monatlich gewechselt, um
die Kontinuität der Datenerfassung zu sichern und eventuelle Ausfälle zeitlich weitestgehend zu mi-
nimieren. Zur Energieversorgung eigneten sich EneloopPro® Ni-MH-Akkumulatoren (min. 2.450
mAh). Die anfänglich eingesetzten AmazonBasics® Ni-MH-Akkumulatoren (min. 2.400 mAh) wiesen,
bei vergleichbaren Leistungsdaten, gegenüber Ersteren oftmals kürzere Laufzeiten auf. Ebenso diffe-
renziert hinsichtlich der Energienutzung ist das Fotofallenmodell Cuddeback C123 zu betrachten.
Verkürzte Laufzeiten bei geladenen Akkus und wenig Auslösungen traten auf. Eine gewisse Störanfäl-
ligkeit des Blitzmoduls war gegeben, ließ sich jedoch eigenständig beheben. Von den eingesetzten
Fotofallen fielen fünf ohne erkennbaren Grund komplett aus, drei wurden durch Diebstahl entwen-
det. Ausgefallene Fotofallen wurden zeitnah ersetzt.

Das Fotofallenmonitoring zielt darauf ab, in allen UG die Rotwildpopulation über den gesamten Jah-
resverlauf abzubilden. Aufgrund einer begrenzten Anzahl zur Verfügung stehender Kameras, wurden
die Fotofallen in der Regel nach dreimonatiger Datenerfassung zwischen den UG umgesetzt (Tab. 9).
Die verlängerte Standzeit in den Wintermonaten erklärt sich aus den hohen Schneelagen im Erzge-
birge, die den Zugang zu den Standorten erheblich erschweren oder unmöglich machen. Trotz dieser
Abweichung von der üblichen Verfahrensweise werden die Projektziele erfüllt, bis Ende April 2018
aus allen UG für alle Monate Fotofallenbilder vorliegen zu haben (unechte Zeitreihe).

                                                       19
Tab. 9: Zeitliches Regime des Fotofallenmonitorings in den UG Eibenstock (Eib), Neudorf (Ned), Bärenfels (Bär) und Neu-
stadt (Nes).

UG           Jan      Feb      März Apr          Mai      Juni      Juli    Aug      Sept     Okt       Nov    Dez
2016
Eib
Ned
Bär
Nes
2017
Eib
Ned
Bär
Nes
2018
Eib
Ned
Bär
Nes

Die bisher erzielte Stichprobengröße und der Anteil der aktiven Laufzeit an der Gesamtlaufzeit vari-
iert zwischen den UG zum Teil erheblich. Dies ist unter anderem den unterschiedlichen Laufzeiten
innerhalb der UG sowie dem Einfluss von Witterung und Technik geschuldet (Tab. 10). Die Auswer-
tung der Fotofallenbilder erfolgt mit dem Programm FFM 2.0.

Tab. 10: Gesamtbildzahlen und Laufzeittage der Fotofallen in den UG zwischen Mai 2016 und April 2017.

                                 Neustadt               Bärenfels               Neudorf                 Eibenstock

Anzahl der Bilder                  29.269                28.161                   84.497                 28.209
Fallentage (Soll)                              9.200                                        26.353
Fallentage (Ist)                               8.872                                        24.001
Prozentsatz aktiv                               96%                                           91%

Ebenfalls aus Tab. 10 ersichtlich sind die Nutzungsprozente der Kameras, die aus dem Vergleich des
Soll- und Ist-Wertes der Fallentage resultieren. Die geringeren Nutzungsprozente in Neu-
dorf/Eibenstock gegenüber Bärenfels/Neustadt resultieren aus der Datenerfassung im Winterzeit-
raum. Während dieser Jahreszeit konnte aufgrund der Witterungsverhältnisse das monatliche Wech-
selintervall nicht konstant eingehalten werden. Dies führte zu Spannungsverlust, schneebedeckten
Linsen, Einschränkungen des Sichtfeldes durch einhängende Äste und Datenverlust durch volle Spei-
cherkarten. Positiv zu vermerken ist sicherlich die Tatsache, dass durch die Vermeidung von Fußspu-
ren im frischen Schnee, die zu den Kamerastandorten führen, die Diebstahlwahrscheinlichkeit verrin-
gert wurde.

                                                          20
In Abb. 11 sind die relativen Stückzahlen des fotografierten Schalenwildes dargestellt. Durch den
Bezug auf 24 Stunden und auf je eine Fotofalle sind die Werte zwischen den UG trotz deutlicher Un-
terschiede in der Standzeit vergleichbar. Zu beachten sind hierbei jedoch die Unterschiede, die durch
die bisher noch fehlende Ausgewogenheit der berücksichtigten Jahreszeiten entstanden sind. In
Neudorf und Eibenstock umfasst die Stichprobe die Datenerfassung zwischen Mai und Juli 2016 und
während des Winterzeitraums (November 2016 – April 2017), wohingegen für Bärenfels und Neu-
stadt bislang nur drei Monate (August – Oktober 2016) ausgewertet werden konnten. Erkennbar ist,
dass in Neudorf deutlich mehr Rotwild aufgenommen werden konnte als in den anderen UG.

                                0.50

                                0.45

                                                                                               0.39
                                                                                                                              Neustadt
                                                     0.35

                                0.40
                                                                                                                              Bärenfels
                                0.35
    Stück / 24h und Fotofalle

                                0.30                                                                                          Neudorf
                                0.25                                                                                          Eibenstock
                                              0.18

                                                                                                      0.17
                                                                   0.16

                                0.20
                                                                          0.11
                                       0.11

                                                                                                             0.10
                                0.15
                                                            0.09

                                                                                 0.07

                                0.10
                                                                                        0.04

                                                                                                                    0.03

                                                                                                                           0.01
                                0.05

                                                                                                                                  0.00
                                                                                                                                         0.00
                                                                                                                                                0.00
                                0.00
                                              Rotwild                     Rehwild               Schwarzwild                  Muffelwild

Abb. 11: Relative Stückzahlen fotografierten Schalenwildes pro 24 Stunden und Kamerastandort in den UG ab Mai 2016.

Die in Tab. 11 dargestellten Geschlechterverhältnisse des Rotwildes in den UG sind nur als vorläufige
Ergebnisse zu betrachten. In den Gebieten Bärenfels und Neustadt ist der Brunftzeitraum in der
Stichprobe enthalten, weswegen vor allem in Bärenfels der Anteil von weiblichem Wild wahrschein-
lich unterrepräsentiert ist. Auffallend ist das stark zugunsten des weiblichen Wildes verschobene
Geschlechterverhältnis während der Winterbeprobung in Neudorf. Hier muss ein Abgleich mit den
über Telemetriedaten ermittelten, geschlechtsspezifischen und jahreszeitlich differenzierten Tages-
laufstrecken vorgenommen werden, um valide Aussagen zum Geschlechterverhältnis zu ermögli-
chen.

                                                                                    21
Tab. 11: Geschlechterverhältnisse des Rotwildes (♂:♀) in den UG, differenziert nach Erfassungszeiträumen.

                                                       Beprobungszeitraum
UG
                         Mai – Juli 2016            August – Oktober 2016             November 2016 - April 2017
Neustadt                        -                             1:1,05                              -
Bärenfels                       -                             1:0,81                              -
Neudorf                      1:1,76                              -                             1:4,21
Eibenstock                   1:0,91                              -                              1:1,1

Erste Modellrechnungen mit dem R-Auswertungsmodul „SECR“ (Spatially Explicit Capture–
Recapture) und den Daten aus der Individualerkennung von Rothirschen wurden bereits ausgeführt.
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass in den UG Neustadt und Eibenstock nur eine geringe Anzahl von
Wiederfängen vorhanden ist und damit die Ergebnisse aus den SECR-Modellen sehr hohe Abwei-
chungen voneinander zeigen. Bis Ende April 2018 soll das standardisierte Fotofallenmonitoring abge-
schlossen werden, um anschließend schwerpunktmäßig einzelne Gebiete zu beproben. Dies soll der
Erhöhung der Datenqualität der Fang-Wiederfang-Berechnungen und der SECR-Modellrechnungen
dienen. Die Auswertung der Fotofallenbilder und die Individualerkennung von Rothirschen werden
kontinuierlich fortgesetzt.

2.2.3     Frischkotgenotypisierung an Rotwild

Die Frischkotgenotypisierung dient im Projekt als ein Referenzsystem zur Schätzung der Populations-
größe und wird in Zuständigkeit des Referates Forstgenetik am Kompetenzzentrum für Wald und
Forstwirtschaft bei Sachsenforst bearbeitet. Sie ergänzt die weiteren Verfahren zur Schätzung der
Populationsgröße mittels Distance Sampling (transektgebundene Erfassung mittels Wärmebildtech-
nik) sowie Fang-Markierung-Wiederfang Verfahren mittels Fotofallen. Die Genotypisierung der fri-
schen Losungsproben wird mit hochvariablen Mikrosatelliten-Markern sowie einem geschlechtsspe-
zifischen Marker durchgeführt. Die Untersuchungen im Rahmen des Rotwild-Projektes waren ab
Frühjahr 2017 geplant. Das Jahr 2016 wurde aber im Rahmen der zur Verfügung stehenden Kapazitä-
ten genutzt, um die Verfahren der Sammlung und der Analyse zu etablieren.

Neben einer sorgfältigen Literaturrecherche basieren unsere Ansätze maßgeblich auf den Erfahrun-
gen der Arbeitsgruppe um Dr. Ulf Hohmann (Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft
Rheinland-Pfalz (FAWF) in Trippstadt) und Dr. Cornelia Ebert (FAWF und SEQ-IT Kaiserslautern), die
uns durch eine ausführliche Konsultation den Einstieg in die Thematik wesentlich erleichtert haben
(FICKEL & HOMANN 2005, BRINKMAN ET AL. 2010, EBERT 2011). Darüber hinaus lieferte ein Treffen mit
Dr. Diana Krajmerová (Labor für Forstpflanzen- und Wildtiergenetik der TU Zvolen) wichtige Hinweise
zur Sammlung, Lagerung, Extraktion und Analyse von Gewebe- und Kotproben.

                                                           22
2.2.3.1 Methodik

2.2.3.1.1 Voruntersuchungen an Gewebe

Um Erfahrungen mit den Primern und der auftretenden Variation an den untersuchten Markern zu
sammeln, wurden zunächst Gewebeproben (Muskelfleisch, Leber, Ohrknorpel, Haare) von im Winter
2015/2016 erlegten Stücken aus dem Forstbezirk Bärenfels und dem Nationalpark Sächsische
Schweiz angefordert. Zur Entnahme der Proben wurden mit Alkohol gefüllte Röhrchen und eine
Sammelanleitung verschickt. Insgesamt gingen Proben von 33 Individuen (Abb. 12) ein, wobei von
einigen Stücken Proben verschiedener Gewebearten zur Verfügung standen.

                   6

                   5
   Anzahl Proben

                   4

                   3
                                                                                                 Bärenfels
                   2                                                                             Nationalpark

                   1

                   0
                       AK 0     AK 1        AK 2+          AK 0           AK 1          AK 2+
                              männlich                                  Weiblich

Abb. 12: Verteilung der untersuchten Testproben nach Forstbezirk, Geschlecht und Altersklasse.

Außerdem wurden eine Probe Muffelwild (Ovis gmelini musimon, Pallas, 1811) und neun Proben
Rehwild (Capreolus capreolus, Linnaeus, 1758) untersucht, um festzustellen, ob die verwendeten
Marker eine sichere Abgrenzung zwischen Rotwild und diesen beiden Arten ermöglichen. Der siche-
re, frühzeitige Ausschluss anderer Wildarten aus der Analyse hilft, die Analysekapazitäten zielgerich-
tet zu nutzen.

2.2.3.1.2 Haarproben besenderter Stücke

Im Rahmen des Arbeitsschwerpunktes Telemetrie wurden durch die AG Wildtierforschung der TU
Dresden Haarproben von allen besenderten Tieren (außer T1) gewonnen und an das Labor des Refe-
rates Forstgenetik geliefert. Es handelt sich bisher um 35 Individuen (16 weibliche und 12 männliche
erwachsene Tiere sowie 7 Kälber). Die Proben wurden trocken in Papiertüten bzw. Briefumschlägen
transportiert und gelagert. Nicht in jedem Fall konnten komplette Haare mit Wurzeln gewonnen
werden.

                                                           23
2.2.3.1.3 Kotproben

Die Etablierung der Methode der Kot-Genotypisierung erfolgte an Proben, die im Frühjahr und Som-
mer 2016 durch Mitarbeiter des Kompetenzzentrums Wald und Forstwirtschaft gesammelt worden
waren. Diese Sammlungen wurden gleichzeitig genutzt, um verschiedene Transport- und Lagerungs-
varianten zu testen.

Im November 2016 wurde eine Testsammlung von Kotproben durchgeführt, um methodische Fragen
zu klären, erste Erfahrungen mit dem Verfahren zu sammeln und potentielle Sammler zu schulen.
Dabei wurde am ersten Tag eine Informationsveranstaltung kombiniert mit einer gemeinsamen Be-
gehung im Wildgehege Tharandt durchgeführt. Bei einem anschließenden gemeinsamen Testdurch-
lauf im Tharandter Wald wurden Fragen zum Gebrauch der GPS-Geräte, zur Einschätzung der Pro-
ben, zur Art der Sammlung und zur Dokumentation geklärt (Abb. 13). In den folgenden zwei Tagen
waren die Werkvertrag-Nehmer eigenständig im Revier Rehefeld unterwegs, um eine praxisnahe
Sammlung auf den vorgegebenen Transekten zu absolvieren (Abb. 14).

Abb. 13: Sammlung und Dokumentation von Kotproben (Fotos: U. Tröber).

Die Probesammlung ergab 467 Proben mit dokumentierten Koordinaten, einer Einschätzung der
Probenfrische in drei Stufen und des Deckungsgrades im Umkreis einer Baumlänge. Ziel war die Etab-
lierung eines Verfahrens, das zuverlässig und praktikabel die Sammlung und Analyse einer ausrei-
chend großen Probenzahl ermöglicht und zu einer hohen Ausbeute an sicher reproduzierbar be-
stimmten Genotypen führt.

                                                       24
Abb. 14: Transekte im 500m - Abstand sowie Fundstellen frischer Losung im Testdurchlauf im Herbst 2016 im Revier Rehe-
feld (Forstbezirk Bärenfels).

Basierend auf den Erfahrungen der Voruntersuchungen im Jahr 2016 wurde die eigentliche Proben-
sammlung im März und April 2017 geplant und durchgeführt. Da von einem immensen Analyse- und
Auswertungsaufwand bei zunächst unklarer statistischer Absicherung ausgegangen werden musste,
wurde zunächst nur das Teil-UG Bärenfels bearbeitet. Die Ergebnisse sollen im besten Fall als Refe-
renzmaß für die weiteren, parallel durchgeführten Methoden zur Bestandsschätzung angewendet
werden. Das vollständige Losverzeichnis mit Informationen zur Transektlänge etc. ist in Anhang II zu
finden. Die Lage der Transekte in beiden Losen ist in Abb. 15 ersichtlich.

Der erste Durchgang im März 2017 lieferte ca. 1.600 Proben, der zweite im April knapp 700. Die ins-
gesamt 2.300 Proben wurden dokumentiert und in Gefrierschränken bei -20°C eingelagert.

                                                         25
Abb. 15: Lage der beiden Lose im UG Bärenfels zur Losungssammlung im Frühjahr 2017.
                                                         26
2.2.3.1.4 Etablierung der Labormethodik

Die Extraktion der DNA aus den verschiedenen Materialarten wurde zunächst mit manuellen Kits der
Firma Analytik Jena getestet. Inzwischen wird sie standardmäßig mit dem Extraktionsgerät InnuPure
C16® (Analytik Jena) durchgeführt, das die teilweise Automatisierung der Arbeiten ermöglicht. Dabei
kommen die Kits innuPREP DNA Kit-IPC16® für Gewebe (und Haare), innuPREP Stool DNA Kit-IPC16®
für Kot und innuPREP Forensic DNA Kit-IPC16® für schwierige Haar- und sonstige Proben zum Einsatz.

Die Auswahl der Mikrosatelliten-Marker und der Primerkombination zur Geschlechtsbestimmung
(Tab. 12) orientierte sich vorrangig an der Arbeit von EBERT (2011), wurde aber um einige weitere
Marker ergänzt. Im Anschluss wurden PCR-Reaktionen der Marker (Bestellung bei biomers.net) zum
Teil einzeln, zum Teil kombiniert als Multiplex von bis zu vier Markern, durchgeführt.

Tab. 12: Übersicht der getesteten Genmarker.

Marker               Label                 Quelle
Haut14               Cy5                   KUEHN ET AL. 2003, EBERT 2011
BCM1009              Cy5                   VALIÈRE ET AL. 2006, EBERT 2011
TGLA53               DY-751                VALIÈRE ET AL. 2006, EBERT 2011
CSSM16               DY-751                KUEHN ET AL. 2003, EBERT 2011
CSSM19               DY-751                KUEHN ET AL. 2003, EBERT 2011
BM203                BMN-6                 VALIÈRE ET AL. 2006, EBERT 2011
IDVGA55              BMN-6                 VALIÈRE ET AL. 2006, EBERT 2011
ILSTS06              Cy5                   KUEHN ET AL. 2003
CSRM60               Cy5                   KUEHN ET AL. 2003
CSSM66               BMN-6                 KUEHN ET AL. 2003
AMELXY               Cy5                   GURGUL ET AL. 2010

Die PCR-Produkte werden mit dem genetischen Analyse-System GeXP® (Beckman-Coulter) zur Be-
stimmung der Fragmentlängen untersucht. Die Methode zur populationsökologischen Auswertung
der genetischen Daten zur Schätzung der Populationsgröße steht noch nicht fest. Mehrere Program-
me (MARK, CAPWIRE, R) werden derzeit evaluiert und nach Vorliegen erster vollständiger Datensätze
getestet.

2.2.3.2 Ergebnisse

2.2.3.2.1 Laborverfahren

Die Extraktion und Analyse der DNA aus den Gewebeproben gestaltet sich bisher relativ unproblema-
tisch. Erwartungsgemäß schwieriger ist die Untersuchung der Kotproben. In einer Testreihe wurden
verschiedene Varianten für Transport und Lagerung der Kotproben verglichen (Ethanol, Extraktions-
puffer, Silicagel, Frost). Direkt nach der Überführung ins Labor wurden Teile der Proben einer DNA-

                                                       27
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