Landwirtschaft Aktiv 2019 - Landwirtschaft Aargau - Kanton Aargau
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Inhalt Vorwort Regierungsrat Markus Dieth Unser Aargau – miteinander mittendrin 3 Editorial Abteilungsleiter Matthias Müller Argumente statt Emotionen 4 LWAG Aarau 5 Landwirtschaft im Aargau 5 Direktzahlungen und Beiträge 2018 6 Kostbare Nährstoffe – Kreisläufe und Sackgassen 9 Stand und Wirkung der Vernetzungsprojekte im Programm Labiola 11 Landwirtschaft im Spannungsfeld von Raumentwicklung und Infrastruktursystemen 13 Drainagen für die Zukunft 14 AP22+: Boden- und Pachtrecht im Wandel 15 Am Puls des landwirtschaftlichen Bodenmarkts 2018 17 LWAG Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg 18 Kompetenz 4.0 18 Mit Theorie und Praxis an die SwissSkills 19 Zuoberst auf der Leiter sieht man weiter 20 Tiefer Milchpreis versus Wirtschaftlichkeit 21 Neue Entwicklungen beeinflussen die Agrarpolitik 22 Regionalprodukte steigern die Wertschöpfung 23 Top informiert in die Saison 24 Ertragswerte richtig schätzen 25 Gepflegte Bäume braucht das Land! 26 Aargauer Landwirtschaft wird digital 28 Ein aussergewöhnlicher Jahrgang 29 Wasser – ein unentbehrlicher Produktionsfaktor 30 Aargauer Bauer 2018 32 Landwirtschaft Aktiv 2019 Herausgeber Redaktionelle Verantwortung Departement Finanzen und Ressourcen Thomas Diriwächter Landwirtschaft Aargau Gestaltung /Produktion Matthias Müller, Abteilungsleiter wbf.n, Baden/Würenlingen Tellistrasse 67, 5001 Aarau landwirtschaft.aargau@ag.ch Copyright www.ag.ch / landwirtschaft © 2019 Kanton Aargau
Unser Aargau – miteinander mittendrin Aktuell stellt der Bund die Weichen für die Zukunft der Land- und Ernährungswirtschaft in der Schweiz. Die nachhaltig produ- zierenden Landwirtinnen und Landwirte liegen mir am Herzen. Darum legten wir in unserer Vernehmlassungsantwort zur AP22+ den Fokus auf eine umsetzbare, vollzugstaugliche und einfach administrierbare Agrarpolitik. Tue Gutes und sprich davon Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig und wird in Zukunft noch wichtiger werden. Als Landwirtschaftsdirektor und Regierungsrat ist es mir ein Anliegen, dass die Aargauer Land- und Ernährungswirtschaft für die Öffentlichkeit sichtbar ist. Gerade im aktuellen politischen Kontext Landstatthalter Dr. Markus Dieth sollen die Aargauerinnen und Aargauer mitbekommen, welche An- Vorsteher Departement Finanzen strengungen die Landwirtinnen und Landwirte unternehmen, um hier und Ressourcen im Aargau gesunde und schmackhafte Lebensmittel zu produzieren. AP22+: Aargauer Meinung Die Debatte um die Agrarpolitik des Bundes ab 2022 (AP22+) ist in vollem Gange. Mir liegt die Weiterentwicklung der Agrarpolitik sehr am Herzen, weil mir das Wohl der Aargauer Bäuerinnen und Bauern wichtig ist. Anfang März nahm der Kanton Aargau Stellung zur AP22+. In unserer Vernehmlassungsantwort legten wir den Fokus auf eine umsetzbare, vollzugstaugliche und einfach administrierbare Agrar politik. Der Staat soll sich auf die Schaffung von guten Rahmenbe dingungen konzentrieren. Vision für die Land- und Ernährungswirtschaft im Aargau Die Land- und Ernährungswirtschaft des Kantons Aargau hat Zukunft. Dabei ist mir die konsequente Ausrichtung auf die Qualitätsstragie wichtig. Auch wünsche ich mir, dass die Regionalität und Vielfältigkeit des Kantons Aargau in den Aargauer Produkten noch besser zur Geltung kommen. Meine Vision für die Landwirtschaft im Aargau basiert auf drei Pfeilern: Unternehmerische Entfaltung der Betriebe, Erfolg auf den Märkten, Nutzen und Schützen der natürlichen Ressourcen. Unser Aargau – miteinander mittendrin Diese Vision können wir nur gemeinsam umsetzen. Ich werde mich mit meiner Abteilung Landwirtschaft Aargau und dem dazugehörigen Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg weiterhin tatkräftig für die Aargauer Landwirtschaft einsetzen. Helfen Sie mit, die Zukunft der Land- und Ernährungswirtschaft mitzugestalten und weiterzuent- wickeln. Es ist unser Aargau und wir sind miteinander mittendrin. Landwirtschaft Aktiv 2019 3
Argumente statt Emotionen Die Landwirtschaft bewegt die Gesellschaft. Nach der letztjährigen Sommersaison der Extreme ist politisch das Seilziehen um die Land- und Ernährungswirtschaft in vollem Gange. Das Landwirtschaftsjahr 2018 war geprägt von einer ausserordentlichen Trockenheit – eine Sommersaison der Extreme. Die Gemütslage der Aargauer Landwirtinnen und Landwirte ist im Rückblick äusserst unter- schiedlich. Im Obst- und Weinbau waren die Erträge deutlich besser wie im vergangenen Jahr. Anders sieht es im Feldbau aus. Die Kulturen litten aufgrund der Trockenheit früh unter einer schlechten Wasserversorgung. Die Dürre wird vor allem auch in der Tierhaltung noch einige Zeit Spuren hinterlassen. Weil das frische Futter knapp war und wenig Heu und Emd Matthias Müller Leiter Landwirtschaft Aargau geerntet werden konnte, mussten Tierhaltungsbetriebe Futter zu- oder (LWAG) Tiere verkaufen. Verhalten positiv, wenn auch immer noch auf viel zu tiefem Niveau, dürfen die Preise auf dem Milchmarkt und der etwas stärkere Eurokurs beurteilt werden. Die Summe der ausbezahlten Direkt- zahlungen und Beiträge befindet sich mit rund 143 Millionen Franken auf dem Vorjahresniveau. Landwirtschaft interessiert Nicht nur die Schlagzeilen rund um die neue Agrarpolitik des Bundes ab 2022 (AP22+) verdeutlichen, dass sich die Gesellschaft stark für die Land- und Ernährungswirtschaft in der Schweiz interessiert. Letztes Jahr befassten sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit insgesamt drei Agrarinitiativen. In Kürze folgen mindestens zwei weitere. Das ist eine grosse Chance. Nutzen wir sie! Klären Sie Ihr Umfeld auf, wie Sie auf Ihrem Bauernhof nachhaltig Lebensmittel von hoher Qualität und eine tolle Landschaft produzieren. Argumente statt Emotionen • Die Wertschöpfung der Aargauer Land- und Ernährungswirtschaft be- trägt jährlich mehr als eine Milliarde Franken. • Die Biodiversitätsfläche liegt, gemessen an der landwirtschaftlichen Nutzfläche, aktuell bei 16,7 % oder 10’055 Hektaren. Davon weisen 11,4 % respektive 6’878 Hektaren eine hohe Qualität aus. • Die Anzahl der direktzahlungsberechtigten Biobetriebe nahm seit Anfang 2017 um ganze 13,8 % auf heute 272 zu. • 80 % aller Tierhalterinnen und Tierhalter halten ihre Nutztiere nach den Richtlinien der Tierwohlprogramme BTS (Besonders Tierfreundliche Stallhaltung) oder RAUS (Regelmässiger Auslauf im Freien). Ich motiviere Sie, auf Ihrem Betrieb vorab mit solchen Argumenten zu informieren und zu trumpfen. Die Konsumentinnen und Konsumenten sind dafür offen und dankbar. Landwirtschaft Aktiv 2019 4
Landwirtschaft im Aargau Ausgewählte Daten 2000, 2010, 2015 und 2017 Trend 2000 2010 2015 2017 seit 2000 Landwirtschaftsbetriebe (Anzahl) (1) 4’265 3’738 3’407 3’256 l davon direktzahlungsberechtigt 3’325 2’880 2’673 2’554 l davon direktzahlungsberechtigte Bio-Betriebe 186 214 239 265 j Beschäftigte total (Personen) (2) 12’758 10’771 9’971 9’988 l davon Vollzeitbeschäftigte 5’722 4’334 3’971 4’027 l Landwirtschaftliche Nutzfläche (Hektaren) (3) 62’636 61’945 60’913 59’741 l Offenes Ackerland (Hektaren) 27’800 26’615 26’667 26’310 l Getreide 17’900 15’033 14’414 13’935 l Silo- und Grünmais 4’829 4’999 5’040 5’321 j Kartoffeln, Zucker- und Futterrüben 2’100 1’926 2’004 1’949 j Ölsaaten und Eiweisserbsen 1’400 2’671 2’833 2’645 j Gemüse 1’100 1’587 1’766 1’852 j Grünland (Hektaren) 33’300 33’630 32’421 31’619 l Ökologische Ausgleichsflächen (Hektaren) (4) 7’452 7’567 9’477 9’921 j Obstanlagen (Hektaren) 380 398 391 376 l Reben (Hektaren) (5) 380 345 390 391 k Hochstammobstbäume (Anzahl) 227’600 185’286 179’037 170’098 l Tierbestände (Anzahl) Rindvieh 93’000 88’543 87’192 85’005 l davon Kühe 37’700 35’198 33’988 32’758 l Pferde 3’900 5’073 4’849 4’793 j Schafe 19’300 23’076 18’799 17’885 j Ziegen 900 2’078 1’781 1’999 j Schweine 87’700 102’725 98’825 93’980 j Mastpoulets 231’700 452’552 481’251 506’915 j Lege- und Zuchthennen 215’800 302’691 377’305 391’815 j Quellen: Bundesamt für Statistik (BFS) und Landwirtschaft Aargau (LWAG) (1) efinition Landwirtschaftsbetrieb: Betreibt Pflanzenbau oder Nutztierhaltung ganzjährig; mind. 1 Produktionsstätte; rechtlich, wirtschaftlich, D organisatorisch und finanziell selbstständig und unabhängig von anderen Betrieben; eigenes Betriebsergebnis; während ganzem Jahr bewirtschaftet; mind. 1 Bedingung erfüllt: 1 ha landwirtschaftl. Nutzfläche oder 30 a Spezialkulturen oder 10 a in geschütztem Anbau oder 8 Mutterschweine oder 80 Mastschweine oder 300 Stück Geflügel (2) Personen, die dem Betrieb ungeachtet ihrer Leistungsfähigkeit für die Verrichtung von Arbeit zur Verfügung stehen (3) Flächen in Hektaren, ab 2011 nach Parzellenstandort (4) Inklusive Hochstamm-Feldobstbäume (1 Are pro Baum) (5) Direktzahlungsberechtigte Rebflächen (Jahre 2000, 2010), Rebflächen total (Jahre 2015, 2017) Landwirtschaft Aktiv 2019 5
Direktzahlungen und Beiträge 2018 Im Beitragsjahr 2018 wurden 142,99 Millionen Blick auf einzelne Beitragsarten Franken Direktzahlungen und Beiträge an die Kulturlandschafts- und Versorgungssicherheits Aargauer Landwirtinnen und Landwirte ausbe- beiträge zahlt. Die Summe liegt 0,17 Millionen Franken 48 % der gesamten Direktzahlungen entfallen auf die oder 0,1 % tiefer als im Vorjahr. Kulturlandschafts- und Versorgungssicherheitsbei träge. Da bei Betriebsaufgaben die frei werdenden Flächen mehrheitlich durch andere beitragsberech tigte Betriebe weiterbewirtschaftet werden, blieben die flächenbezogenen Kulturlandschafts- und Versor- gungssicherheitsbeiträge praktisch konstant. Auf- grund der Zunahme der Fläche um 190 Hektaren ist der Beitrag für offene Ackerflächen und Dauerkulturen um Fr. 76’000.– oder 0,7 % gestiegen. Biodiversitätsbeiträge Das Total der ausbezahlten Biodiversitätsbeiträge der Qualitätsstufen l und ll nahm im Berichtsjahr um 0,35 Millionen auf nun 20,86 Millionen Franken ab. Die Abnahme um 1,6 % ist namentlich darauf zurückzu führen, dass die Beitragsansätze der Qualitätsstufe l zugunsten der Qualitätsstufe ll gesenkt wurden. Vernetzungsbeiträge 1’424 Betriebe erhielten Vernetzungsbeiträge in der Höhe von 5,51 Millionen Franken. Die erneute Stei gerung beträgt 32 Betriebe und 0,28 Millionen Franken (+5,4 %). Seit 2014 nahm die Beteiligung bei der Ver- netzung um 33 % zu. Neuer Ressourceneffizienzbeitrag ab 2018 für Reduktion von Landschaftsqualitätsbeiträge Pflanzenschutzmitteln im Zuckerrübenanbau. Es beteiligten sich 1’551 Betriebe an den Landschafts- Im Beitragsjahr 2018 wurden an 2’533 Landwirtschafts- qualitätsprojekten. Infolge der vom Bund plafonierten betriebe Direktzahlungen ausgerichtet. Dies entspricht Beiträge auf 8,15 Millionen Franken blieb die Beitrags- einer Abnahme von 21 Betrieben oder 0,8 % gegenüber summe trotz Mehrbeteiligung praktisch konstant. Die 2017. Im Durchschnitt der drei Vorjahre betrug die plafonierungsbedingte Kürzung der LQ-Beiträge be- Abnahme 1,5 %. Die Gesamtsumme der Direktzahlun trug 14,7 % (Vorjahr 13,5 %). gen und Beiträge betrug 142,99 Millionen Franken. Im Durchschnitt erhielt somit jeder beitragsberechtigte Beiträge für biologische Landwirtschaft Betrieb Fr. 56’500.– oder Fr. 600.– mehr als im Vorjahr. 272 Betriebe (Vorjahr 265) wirtschafteten biologisch und erhielten dafür Beiträge in der Höhe von 3,47 Mil- Trotz der Stabilisierung der Beiträge in den letzten drei lionen Franken (+ 10 %). Die Anzahl der direktzahlungs- Jahren muss erwähnt werden, dass die Gesamtsumme berechtigten Biobetriebe nahm seit Anfang 2017 um 2018 um 7,8 Millionen Franken oder 5,2 % tiefer liegt als ganze 13,8 % zu. Die «Biofläche» steigerte sich um vor Einführung der AP14-17 im Jahre 2014. weitere 389 auf nun 6’083 Hektaren. Landwirtschaft Aktiv 2019 6
Beitrag für die extensive Produktion Kürzungen der Direktzahlungen und Einzelkultur- Die Beiträge beziehungsweise Flächen mit extensiver beiträge Produktion bei Ackerkulturen, vorallem Getreide und Die Kürzungen aufgrund von Mängeln lagen bei 0,376 Raps, nahmen um 3,6 % zu und lagen bei 3,11 Millio- Millionen Franken (Vorjahr 0,276). Die Hauptgründe für nen Franken respektive 7’765 Hektaren. Kürzungen waren: Tierschutz (166’900 Franken), RAUS/BTS (31’100 Franken), ÖLN (20’000 Franken), Tierwohlbeiträge BTS und RAUS Biodiversität/Vernetzung (32’100 Franken), Land- Während die RAUS-Beiträge auf dem Vorjahresniveau schaftsqualität (28’900 Franken), Extenso (12’300 stagnieren, nahmen die Beiträge für die besonders Franken), GMF (43’300 Franken), Bio (700 Franken), tierfreundliche Stallhaltung um 2,3 % zu und liegen Ressourceneffizienzbeiträge (1’900 Franken) Gewäs- nun bei knapp 6 Millionen Franken. serschutz 15’000 Franken, Allgemeines und Struktur- daten (21’000 Franken). Ressourceneffizienzbeiträge Die Gesamtsumme aller fünf Arten von Ressourcenef- Übrige Beitragsarten fizienzbeiträgen nahm um 0,38 Millionen Franken oder Die bisherigen, separaten Beiträge für Ackerbegleit 17,9 % auf 2,53 Millionen zu. Die massive Steigerung flora wurden 2018 in die Landschaftsqualitätsbeiträge ist namentlich auch auf die im 2018 neu eingeführten integriert. Beiträge für die stickstoffreduzierte Phasenfütterung bei Schweinen (Beteiligung von 87 Betrieben mit 4’758 2017 war das Startjahr des Ressourcenprojekts für eine Grossvieheinheiten (GVE) und Reduktion von Pflanzen- bienenfreundliche Landwirtschaft im Aargau. Es wur- schutzmitteln im Obst- und Rebbau und Zuckerrüben- den hohe «Initialbeiträge» wie zum Beispiel für Sand anbau (Beteiligung von 42 Betrieben mit 196 Hektaren) haufen ausgerichtet. 2018 sanken die Beiträge in diesem zurückzuführen. Ressourcenprojekt von 0,71 auf 0,62 Millionen Franken. Übergangsbeitrag Die Höhe des Übergangsbeitrags wird vom Bund jähr- lich mittels eines Faktors und aufgrund des Restkredits für Direktzahlungen festgelegt. Je mehr Betriebe sich an Direktzahlungsprogrammen beteiligen, desto kleiner wird der Übergangsbeitrag. Im 2018 betrug der Faktor Ueli Frey 0,1918 (2017: 0,2116). Der Ende Jahr ausbezahlte Über- Direktzahlungen gangsbeitrag an 2’293 Betriebe betrug noch 6,69 Mil- lionen Franken. Gegenüber dem Vorjahr reduzierte er sich um 0,77 Millionen Franken oder 10,3 %. Einzelkulturbeiträge An 1’153 Betriebe (Vorjahr 1’132 Betriebe) wurden Einzelkulturbeiträge in der Höhe von 4,38 Millionen Franken ausgerichtet. Dies entspricht einer Steige- rung um 2 %. Während die Fläche der «klassischen» Ölfrüchte wie Raps um 244 Hektaren auf 2’590 Hek- taren zunahm, sank die Fläche der Eiweissfrüchte (zum Beispiel Eiweisserbsen) und Zuckerrüben um 57 Hektaren. Landwirtschaft Aktiv 2019 7
Direktzahlungen und Beiträge 2018 Betrag 2017 Betrag 2018 Veränderung Veränderung in Fr. in Fr. zum Vorjahr (Fr.) zum Vorjahr (%) Kulturlandschaftsbeiträge 7’984’038 7’924’890 –59’148 –0,7 Offenhaltungsbeitrag 1’953’467 1’954’196 +729 +0,0 Hangbeitrag 4’830’184 4’775’789 –54’395 –1,1 Steillagenbeitrag 5’432 5’159 –274 –5,0 Hangbeitrag für Rebflächen 246’630 244’110 –2’520 –1,0 Alpungsbeitrag 948’324 945’636 –2’688 –0,3 Versorgungssicherheitsbeiträge 60’916’068 60’880’882 –35’186 –0,1 Basisbeitrag 46’226’295 46’120’545 –105’750 –0,2 Produktionserschwernisbeitrag 4’198’553 4’193’037 –5’516 –0,1 Beitrag für offene Ackerfläche und für Dauerkulturen 10’491’220 10’567’300 +76’080 +0,7 Biodiversitätsbeiträge inklusive Labiola und Naturschutz 21’203’885 20’855’384 –348’501 –1,6 Vernetzungsbeiträge 5’228’500 5’512’775 +284’275 +5,4 Landschaftsqualitätsbeiträge 8’098’405 8’157’915 +59’510 +0,7 Produktionssystembeiträge 24’803’623 25’387’713 +584’090 +2,4 Beitrag für biologische Landwirtschaft 3’157’880 3’472’512 +314’632 +10,0 Beitrag für extensive Produktion 2’999’344 3’106’140 +106’796 +3,6 Beitrag für graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion 3’463’329 3’495’095 +31’766 +0,9 Beitrag für besonders tierfreundliche Stallhaltung (BTS) 5’851’633 5’986’303 +134’669 +2,3 Beitrag für regelmässigen Auslauf im Freien (RAUS) 9’331’437 9’327’663 –3’774 +0,0 Ressourceneffizienbeiträge 2’145’676 2’529’990 +384’315 +17,9 Beitrag für emissionsmindernde Ausbringverfahren 1’025’284 1’055’672 +30’389 +3,0 Beitrag für schonende Bodenbearbeitung 1’054’496 1’139’164 +84’668 +8,0 Beitrag für den Einsatz von präzisen Applikationstechniken 65’897 108’188 +42’292 +64,2 Beitrag für sticktstoffreduzierte Phasenfütterung bei Schweinen 0 166’540 +166’540 +100,0 Beitrag für Reduktion von Pflanzenschutzmitteln 0 60’426 +60’426 +100,0 Sömmerungsbeiträge 83’693 79’932 –3’761 –4,5 Übergangsbeiträge 7’457’080 6’691’495 –765’585 –10,3 Einzelkulturbeiträge 4’292’151 4’376’141 +83’990 +2,0 Raps, Sonnenblumen, Ölkürbisse, Öllein, Mohn und Saflor 1’642’361 1’812’944 +170’583 +10,4 Saatgut von Kartoffeln, Mais, Futtergräsern und -leguminosen 37’644 36’363 –1’281 –3,4 Soja 89’560 89’350 –210 –0,2 Ackerbohnen, Eiweisserbsen und Lupinen zu Futterzwecken 261’300 237’740 –23’560 –9,0 Zuckerrüben zur Zuckerherstellung 2’261’286 2’199’744 –61’542 –2,7 Zwischentotal Direktzahlungen und Einzelkulturbeiträge 142’213’118 142’397’116 +183’998 +0,1 Kürzungen, Nachzahlungen, Rückforderungen Vorjahre –378’114 –621’976 –243’862 +64,5 Kürzungen Direktzahlungen und Einzelkulturbeiträge –358’414 –375’578 +100’074 +36,3 Nachzahlungen für Vorjahre 171’239 49’863 +121’376 –70,9 Rückforderungen von Vorjahren –99’232 –47’960 –51’272 –51,7 Abzug EU-Direktzahlungen 632 –646 +14 +2,2 Kürzung SAK-Begrenzung –91’075 –114’493 +23’417 +25,7 Kürzung Altersbeschränkung –82’911 –133’162 +50’252 +60,6 Total Direktzahlungen und Beiträge 141’835’004 141’775’141 –59’864 +0,0 Kantonale Naturschutzbeiträge 424’562 455’459 +30’897 +7,3 Beiträge Nitrat- und Phosphatprojekte 146’350 140’393 –5’957 –4,1 Beiträge Ackerbegleitflora 46’626 0 –46’626 –100,0 Beiträge Ressourcenprojekt Bienen 709’005 620’642 –88’362 –12,5 Total ausbezahlte Direktzahlungen und Beiträge 142’736’985 142’991’635 –169’912 –0,1 Landwirtschaft Aktiv 2019 8
Kostbare Nährstoffe – Kreisläufe und Sackgassen Der Einsatz von Hof- und Recyclingdüngern hat vergorenen Produkten weisen flüssige Vergärungspro- zum Ziel, die Nährstoffe in der Gülle, im Mist und dukte wie Gärgut oder Gärgülle veränderte Eigen- in den Recyclingdüngern so effizient wie möglich schaften auf. Insbesondere der erhöhte Anteil an zu nutzen. Geschlossene Nährstoffkreisläufe schnell pflanzenverfügbarem Stickstoff ist bei der werden in Zukunft noch wichtiger, denn Nähr- Düngung unbedingt zu berücksichtigen. stoffe sind endliche Ressourcen. Phosphor-Reserven sind endlich Einer der drei Hauptnährstoffe für das Pflanzenwachs- tum ist Phosphor. Schätzungen zu Folge ist mit einer Erschöpfung der Reserven aus dem Abbau von Roh- phosphat noch in diesem Jahrhundert zu rechnen. Über Hof- und Recyclingdünger wird der Phosphor zu einem grossen Teil wieder ins System zurückgeführt. Weiter wird intensiv am Phosphor-Recycling aus Ab- wasser, Klärschlamm oder Asche für einen minerali- schen Recyclingdünger gearbeitet. Ab 2026 soll der Phosphor zurückgewonnen und stofflich verwertet werden können. Somit wird aus dieser Sackgasse wie- der ein Kreislauf werden. Emissionsminderndes Ausbringen von Gülle mit dem Schleppschlauch- verfahren in einem Düngungsversuch von Weizen in Bünzen. Nährstoffflüsse Auf vielen Aargauer Landwirtschaftsbetrieben deckt In einer Handvoll Boden befinden sich mehr Lebewe- der Nährstoffanfall über die betriebseigenen Hofdün- sen als es Menschen auf der Erde gibt. Pflanzen ko- ger, wie in der Abbildung dargestellt, einen wesentli- operieren mit Mikroorganismen. Diese schliessen für chen Teil des Nährstoffbedarfs der Kulturen. Daneben die Pflanzen Nährstoffe auf. Bei einer intakten Boden haben aber auch 585 Betriebe im Jahr 2018 rund 401 t struktur erreichen die Wurzeln der Pflanzen unter Phosphor in Hofdüngern abgegeben. Davon gingen irdisch ungeahnte Ausmasse. Daraus lässt sich fol- 98 t an ausserkantonale Abnehmer. Weiter sind im Kan- gern, dass wir nicht die Pflanzen, sondern den Boden ton Aargau 29 gewerblich-industrielle Kompostier- und düngen. Der Boden ernährt dann die Pflanzen. Vergäranlagen in Betrieb. Diese verarbeiten kompos- tier- und vergärbare Abfälle von 130 Gemeinden sowie Hof- und Recyclingdünger vs. mineralische Dünger organische Abfälle aus öffentlichen Anlagen, Garten- Der Einsatz von Hof- und Recyclingdüngern hat zum bau und Gewerbe. Von den jährlich anfallenden rund Ziel, die Nährstoffe in der Gülle, im Mist und in den 275 t Phosphor aus Kompost, festem und flüssigem Recyclingdüngern so effizient wie möglich zu nutzen. Gärgut wurden 31 t an ausserkantonale Abnehmer ab- Die eingesetzten Mengen richten sich nach dem Nähr- gegeben und 4 t als Dünger ausserhalb der Landwirt- stoffbedarf der Kulturen und der Aufnahmefähigkeit schaft verwertet. Die fünf landwirtschaftlichen Anla- der Böden. Im Gegensatz zu mineralischen Düngern gen vergären neben den auf dem Betrieb anfallenden sind die Nährstoffe in den Hof- und Recyclingdüngern Hofdüngern bis maximal 50 % Material nicht-landwirt- zu einem grossen Teil organisch gebunden. Das be- schaftlicher Herkunft. Insgesamt flossen so rund 51 t deutet, dass die Nährstoffe den Pflanzen nur teilweise Phosphor zurück in die Landwirtschaft. unmittelbar zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund, und weil der Einsatz von Hof- und Recyclingdüngern Auf der Importseite sind im Jahr 2018 total 264 t Hof- in wachsende Kulturen schwieriger ist als mit minera- und Recyclingdünger aus den umliegenden Kantonen, lischen Düngern, muss das Ausbringen von Hof- und davon 167 t (63 %) aus dem Kanton Luzern, auf Aargau- Recyclingdüngern gut geplant werden. Gegenüber un- er Betriebe abgegeben worden. Landwirtschaft Aktiv 2019 9
Ausserkantonale Zufuhr 264 8% Recyclingdünger Tierhaltung Bedarf 240 7% düngbare Fläche 2546 75 % 3403 0 500 1’000 1’500 2’000 2’500 3’000 3’500 Phosphor (in t) Phosphorbilanz Aargau 2018: Der mittlere Phosphorbedarf der rund 52’500 ha düngbaren Fläche beläuft sich auf 3’403 t. Dieser kann zu 90 % aus der eigenen Tierhaltung, den Recyclingdüngern und der ausserkantonalen Zufuhr von Hof- und Recyclingdüngern gedeckt werden. Alle Hofdüngerflüsse in der Schweiz müssen in HODU im Talgebiet jedoch zu einem grösseren Umsatz der FLU erfasst werden. Mit der Einführung dieser Appli- Nährstoffmenge führen, und folglich kann der Tierbe- kation im Jahre 2014 wurde die damals seit 25 Jahren satz höher liegen als in der AP22+ vorgeschlagen. erfolgreich geführte Aargauer Düngerbuchhaltung ab- Wichtig ist hierbei zu beachten, dass Gülle, Mist, Ver- gelöst. Die schweizweit einheitliche Verwaltung der gärungsprodukte und Kompost ein unterschiedliches Nährstoffflüsse aus Hof- und Recyclingdüngern ist für Umweltgefährdungspotenzial aufweisen. Unbestritten eine nachhaltig produzierende Landwirtschaft unab- bleibt die überproportionale Zunahme der Umwelt dingbar. belastung mit steigendem Hof- und Recyclingdünger anfall pro Fläche. Mit guter täglicher Arbeit kann jede Ausblick Landwirtin und jeder Landwirt eigenverantwortlich zu Gemäss Bericht zur Vernehmlassung der Agrarpolitik einem positiven Eindruck der Landwirtschaft im ab 2022 (AP22+) sind die Umweltziele Landwirtschaft Aargau beitragen. in vielen Bereichen noch nicht erreicht. Daneben wer- den die Trinkwasser-Initiative und Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide voraussichtlich im Jahr 2020 zur Abstimmung kommen. Obwohl die Aargauer Landwirtschaft bezüglich baulichem und stofflichem Gewässerschutz ihre Hausaufgaben weit- gehend gemacht hat, gibt es doch noch Verbesse- Stefan Gebert rungspotenzial. In der AP22+ ist ein Massnahmenpa- Ressourcenschutz ket im Bereich Umwelt und natürliche Ressourcen vorgesehen. So soll beispielsweise der maximale Hof- düngereinsatz pro Fläche gesenkt werden. Eine dem Standort angepasste Bewirtschaftungsintensität kann Landwirtschaft Aktiv 2019 10
Stand und Wirkung der Vernetzungsprojekte im Programm Labiola Die Hälfte der Aargauer Landwirtinnen und (vgl. Abbildung). Bei letzteren ist die Fortführung des Landwirte beteiligen sich an einem Vernetzungs- Vernetzungsprojekts nach Ablauf der laufenden Peri- projekt. Die Beteiligung der landwirtschaftlichen ode nicht sichergestellt. Betriebe variiert allerdings sehr stark. Die 2018 lancierte Labiola-Erfolgskontrolle weist darauf Lancierung der Labiola-Erfolgskontrolle hin, dass die Artenvielfalt mit dem Vernetzungs- Wie ist die Wirkung der Vernetzungsprojekte auf die grad zunimmt. Biodiversität? Diese Frage ist angesichts der namhaften Finanzmittel des Kantons und der grossen Arbeitsleis- 8 10 tungen der Landwirtinnen und Landwirte berechtigt. Während der 25-jährigen Programmlaufzeit wurde zwar punktuell untersucht, wie sich einzelne Fördermassnah- men auf die lokale Artenvielfalt auswirken. Eine Aus sage zur Wirkung der Vernetzungsprojekte in gross räumigen Landschaften lässt sich damit allerdings 72 nicht machen. Darum wurde 2018 die Labiola-Erfolgs- kontrolle lanciert. Sie baut auf das kantonale Biodiver- 86 sitäts-Monitoring (LANAG) auf, wobei Synergien opti- mal genutzt werden. Mit rund 70 Untersuchungsflächen 2 à 1 km soll die Entwicklung der Artenvielfalt im stark vernetzten gegenüber dem schwach vernetzten Kultur- land in einem 5-Jahresrhythmus nachgewiesen wer- den. Als «stark vernetzt» werden Gebiete mit einem sehr gut (> 25 %) gut (10–25 %) sehr hohen Vertragsflächenanteil von mindestens 25 % ausreichend (5–10 %) ungenügend (< 5 %) der LN verstanden. Als «schwach vernetzt» gelten sol- Vernetzungsgrad der Gemeinden im Vernetzungsperimeter: Als sehr che mit einem sehr geringen Vertragsflächenanteil von gut vernetzt gelten Gemeinden mit mehr als 25 % Vertragsfläche auf der LN, als gut vernetzt 10–25 %, als ausreichend 5–10 % und als max. 5 %. Die Artenvielfalt wird in Anlehnung an das ungenügend vernetzt weniger als 5 % Vertragsfläche. Biodiversitäts-Monitoring Schweiz (BDM) mit Hilfe des Tagfalter- und Brutvogelvorkommens bestimmt. Damit Mehr als 50 % der Vernetzungsprojekte mit guter wird der sogenannte Labiola-Indikator berechnet, der bis sehr guter Vernetzung einerseits den Unterschied zwischen stark und schwach 80 % der Gemeinden befinden sich komplett oder teil- vernetzten Gebieten und andererseits die Veränderung weise im Vernetzungsperimeter, das heisst dort können über die Zeit aufzeigen soll. Als Referenzwert von 100 Gesamtbetriebsverträge Biodiversität abgeschlossen Indexpunkten wurde das Artenvorkommen im Jahr werden. Rund die Hälfte der Aargauer Landwirtschafts- 2017 der stark vernetzten Gebiete definiert. betriebe beteiligen sich an einem Vernetzungsprojekt. Insgesamt werden auf 6’400 Hektaren Biodiversitäts- Labiola-Indikator in stark vernetzten Gebieten förderflächen spezifische Massnahmen (zum Beispiel höher als in schwach vernetzten Anlage von Ast- und Steinhaufen) umgesetzt, welche Aus den bereits beurteilten 32 Untersuchungsflächen auf die ökologischen Zielsetzungen der Vernetzungs- wurde ein erster provisorischer Labiola-Indikator berech- projekte abgestimmt sind. Die Beteiligung der Land net. 2018 liegt dieser mit 104 Indexpunkten in den stark wirtinnen und Landwirte variiert allerdings sehr stark. vernetzten Gebieten erfreulicherweise deutlich höher als Der Vertragsflächenanteil auf der Landwirtschaftlichen in den schwach vernetzten Gebieten mit 89 Indexpunk- Nutzfläche (LN) reicht von 2 % bis 35 %. In 55 % der ten (vgl. Abbildung nächste Seite). Dieses Zwischen Gemeinden im Vernetzungsperimeter besteht eine ergebnis weist darauf hin, dass sich die Vernetzungs gute oder sehr gute Vernetzung, in 40 % eine ausrei- anstrengungen im Programm Labiola positiv auf die chende und in 5 % eine unzureichende Vernetzung Erhaltung beziehungsweise Förderung der Artenvielfalt Landwirtschaft Aktiv 2019 11
100 90 80 70 60 50 stark vernetzt schwach vernetzt Labiola-Indikator. Indexwerte für stark vernetzte Gebiete (= 25 % Vertragsfläche auf LN) und für schwach vernetzte Gebiete (= 5 % Vertragsfläche). im Kulturland auswirken. Eine gesicherte Aussage ist allerdings erst 2022 möglich, wenn die Ersterhebung auf allen Untersuchungsflächen abgeschlossen ist. Neuntöter (© Nicolas Martinez). Mehr Tagfalter in stark vernetzten Gebieten Auf den 1 km2 grossen Untersuchungsflächen wurden Bei den Vögeln wirkte sich hingegen der Vernetzungs- zwischen 17 und 50 verschiedene Tagfalterarten er grad nicht auf die Artenzahl aus. Obwohl die Artenzahl hoben. Die artenreichste Untersuchungsfläche liegt in zwischen den Untersuchungsflächen zwischen 29 und Zeihen und erreichte einen schweizweit rekordver 49 Arten stark variierte, wurde zwischen stark und dächtigen Wert. Sie beherbergt auch seltene, gefähr- schwach vernetzten Gebieten mit jeweils durch- dete Arten wie den Roten Scheckenfalter (siehe Bild schnittlich rund 40 Arten kein Unterschied festgestellt. unten). Mit durchschnittlich 41 Arten waren die stark Allerdings wurden in einzelnen Untersuchungsflächen vernetzten Flächen deutlich artenreicher als die mit starker Vernetzung seltenere Arten (zum Beispiel schwach vernetzten Flächen mit 28 Arten. Die ersten Neuntöter, siehe Bild oben) oder grösseres Vorkom- Resultate deuten damit darauf hin, dass das Tagfalter- men von Arten (zum Beispiel Goldammer) festgestellt. vorkommen durch eine gute Vernetzung gefördert wird. Diese Arten stellen höhere Ansprüche an die Ausge- staltung ihres Lebensraums. Dies weist darauf hin, dass sich mit einer guten Vernetzung zwar nicht die Artenzahl der Vögel steigern lässt, dafür aber seltene- re Arten gefördert werden. Sollten sich diese Hinwei- se in den weiterführenden Analysen erhärten, wäre dies als Erfolg der Vernetzungsanstrengungen im Pro- gramm Labiola zu werten. Markus Peter Labiola und GIS Roter Scheckenfalter (© Matthias Plattner). Landwirtschaft Aktiv 2019 12
Landwirtschaft im Spannungsfeld von Raumentwicklung und Infrastruktursystemen Landwirtschaft Aargau prüft bei Raumplanungs- mischer Sicht die Grundstückform, Grösse, Boden geschäften und Bauprojekten von Kanton und qualität, Lage sowie Erschliessung des vom Vorhaben Bund die Auswirkungen des Vorhabens auf die betroffenen Grundstücks. Ziel ist es, möglichst grosse, Landwirtschaft. Dabei stehen die Erhaltung zusammenhängend zu bewirtschaftende Flächen zu von möglichst grossen und fruchtbaren Kultur- erhalten und für die Produktion in Pflanzenbau und landflächen und die Abstimmung von Schutz Tierhaltung und somit für die Ernährung zu sichern. anliegen auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft Ferner zählen die Abstimmung von Schutzanliegen auf im Zentrum. die Bedürfnisse der Landwirtschaft, die Sicherung von Betriebsstandorten sowie die Ausscheidung von Spe- ziallandwirtschaftszonen für die bodenunabhängige Produktion nach Massgabe der Zuständigkeit ebenfalls zu den Prüfbelangen von Landwirtschaft Aargau. Lösungen finden und Entwicklung mitgestalten Die Sicherung des wertvollen Kulturlands für die Aargauer Landwirtschaft als Grundlage für die Nahrungsmittelproduktion zählt zu unseren zentralen Aufgaben. Gleichzeitig gilt es die Ansprüche der Gesellschaft nach den Vorgaben des Raumplanungs- rechts bei der Lösungsfindung zu berücksichtigen. Landwirtschaft Aargau wirkt zurzeit an mehreren Landwirtschaft im Spannungsfeld von Raumentwicklung und spannenden Planungen und Projekten von Kanton Infrastruktursystemen. und Bund mit Zeithorizont 2030, 2040 oder noch später mit. Konzepte zu Mobilität, Erholung/Freizeit, Nur aufeinander abgestimmte Massnahmen sorgen in Landschaft oder Versorgung und Entsorgungen zeigen der Raumplanung zum gewünschten Erfolg. Die Ziele die Auswirkungen auf das Kulturland auf. Die Land- sind vielschichtig: Gemäss Raumplanungsrecht sor- wirtschaft steht im Spannungsfeld der zukünftigen gen Bund, Kantone und Gemeinden dafür, dass der Raumentwicklung und der dafür notwendigen Infra- Boden haushälterisch genutzt und das Baugebiet von struktursysteme. Landwirtschaft Aargau bringt die Nichtbaugebiet getrennt wird. Sie schaffen mit ihren landwirtschaftlichen Themen in diese Prozesse ein Massnahmen aber auch räumliche Voraussetzungen und wirkt bei der Lösungsfindung aktiv mit. für die Wirtschaft und fördern das soziale, wirtschaft- liche und kulturelle Leben in allen Landesteilen. Schliesslich sollen die natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden, Luft, Wasser, Wald und Landschaft ge- schützt und die Versorgungsbasis des Landes und die Landesverteidigung gesichert werden. Max Stucki Rolle von Landwirtschaft Aargau Baugesuche und Raumplanung Landwirtschaft Aargau wirkt im Rahmen der kantons internen Vernehmlassung bei Vorlagen der kommuna- len und kantonalen Nutzungsplanung, des kantonalen Richtplans sowie bei Bauprojekten von Kanton und Bund mit. Von grosser Bedeutung sind die Auswirkun- gen des Vorhabens auf das Landwirtschaftsgebiet und die Fruchtfolgeflächen. Massgebend sind aus agrono- Landwirtschaft Aktiv 2019 13
Drainagen für die Zukunft Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und in der Altersstruktur der Drainagen im Kanton Aargau Zeit der Weltkriege wurden schweizweit grosse 3’500 Gebiete von ursprünglichem Sumpfland mittels 3’000 Drainagen in Landwirtschafts- und Siedlungsland Drainierte Fläche (ha) 2’500 verwandelt. Sowohl durch die damit verbundene Zunahme der landwirtschaftlichen Produktion 2’000 als auch durch den Bau neuer Verkehrswege auf 1’500 diesen Böden wurde die Bevölkerungsentwick- 1’000 lung der vergangenen 100 Jahre erst möglich. 500 0 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 Altersstruktur (Jahre) kontinuierlich ins kantonale Geoportal überführt. Oft wurden Drainagen im kleineren Rahmen auch von privater Hand erstellt. Hier sind meist keine Aufzeich- nungen verfügbar. Wie ist der Zustand der Drainagen? Die meisten Drainagen im Kanton Aargau haben ein gewisses Alter erreicht (vgl. Diagramm). Damit wird Einbau von Drainagerohren unter Landwirtschaftliche Nutzfläche (LN). deren Erneuerung zum Thema. Erstaunlich ist, dass die teilweise über hundertjährigen Drainagen immer noch Neben den ursprünglichen Sumpfgebieten wurden voll funktionsfähig sind. Dort wo oberirdisch vermehrt Drainagen überall dort eingesetzt, wo Staunässe auf- Vernässungen auftreten, wird klar, dass die Drainagen trat. Es ist nachgewiesen, dass Drainagen die land- ihre Funktion nicht mehr erfüllen können. Oft weiss wirtschaftliche Produktivität substanziell erhöhen man aber gar nicht so genau, wie gut im Schuss die und das Erosionsrisiko vermindern. Durch den verän- Drainagen noch sind. Deshalb soll zeitnah punktuell im derten Wasserkreislauf haben Drainagen aber auch Rahmen von Unterhaltsmassnahmen an den Sammel- einen Einfluss auf den Transport von Nährstoffen und rohren auch ein Blick auf die sogenannten Sauger ge- Pflanzenschutzmitteln. Sie beeinflussen die physika- worfen werden. Dies sind die feinen Rohre unter den lischen und chemischen Eigenschaften aller Böden. Grundstücken. Damit lässt sich die Dringlichkeit einer Die Effekte auf organische Böden sind jedoch stärker, Sanierung abschätzen. Von den Fruchtfolgeflächen da das organische Material unter drainierten Bedin- (FFF), unseren wertvollsten Böden für die Nahrungsmit- gungen abgebaut wird und die Böden sich langsam telproduktion, ist im Aargau rund ein Viertel drainiert. in Richtung mineralischer Böden verändern und stark Die FFF haben Priorität bezüglich Sanierung der Drai- an Volumen verlieren. nagen zur langfristigen Erhaltung des Werts dieser Bö- den für die landwirtschaftliche Produktion. Fehlende Unterlagen erschweren Inventar Heute lässt sich der Bau von Drainagen früherer Jahre aufgrund der Datenlage oft nur abschätzen und viel- fach nicht mehr genau quantifizieren. Einzig dort, wo im Rahmen einer Melioration Drainagen erstellt wur- den, bestehen Pläne in alten Meliorationsunterlagen. Für den Kanton Aargau wurden diese Pläne in den Thomas Herren letzten Jahren digital aufgearbeitet und werden nun Strukturverbesserungen Landwirtschaft Aktiv 2019 14
AP22+: Boden- und Pachtrecht im Wandel Das bäuerliche Bodenrecht und das landwirt- Keine landwirtschaftlichen Betriebe für Vereine schaftliche Pachtrecht sollen im Rahmen der und Stiftungen Agrarpolitik nach 2022 (AP22+) diverse Änderun- Der Regierungsrat unterstützt den Vorschlag, dass Ge- gen erfahren. Der Bundesrat hat die Vorschläge sellschaften (Aktiengesellschaften/GmbH) landwirt- dazu in die Vernehmlassung geschickt. Anfangs schaftliche Liegenschaften als Selbstbewirtschafter März 2019 hat sich der Regierungsrat des Kantons kaufen können, wenn die überwiegende Trägerschaft Aargau in einer Stellungnahme dazu geäussert. dahinter ausgewiesene Bewirtschafter sind. Damit soll die langjährige Rechtsprechung des Bundesgerichts ins Rechtliche Erlasse unterliegen dem Wandel der Zeit. Gesetz übertragen werden. Mit der Ausdehnung auf Bei Teilrevisionen stellt sich die Frage, wie weit Vereine und Stiftungen wird dieser Rahmen hingegen Modernisierungen gehen sollen ohne die Grundpfeiler gesprengt. Daher ist der Regierungsrat des Kantons eines Erlasses zu verändern. Aargau der Meinung, dass diese beiden Rechtsformen weiterhin ausgeschlossen bleiben sollten. Die Familienhoheit soll gewahrt bleiben Mit der AP22+ soll Quereinsteigern mehr Möglichkei- ten beim Kauf eines Landwirtschaftsbetriebs eröffnet werden. In diesem Zusammenhang sollen deshalb zahlreiche Regelungen bei der Übernahme in der Familie (Vorkaufsrechte der Geschwister sowie Nich- ten und Neffen) eingeschränkt werden. Dies in der Hoffnung, dass auf diesem Weg mehr Höfe auf den Markt kommen. Dieser Eingriff in die Familienhoheit geht dem Aargauer Regierungsrat zu weit und wird deshalb abgelehnt. Es ist auch unwahrscheinlich, auf diesem Weg das eingangs erwähnte Ziel zu erreichen. Der Verkauf von landwirtschaftlichen Betrieben ausserhalb der Familie wird wohl auch in Zukunft eine Auch in Zukunft spielt der Familienbetrieb eine zentrale Rolle in der Exklusivität bleiben. Agrarpolitik. Aktuelle Regelung über Kreditvergabe beibehalten Vorgeschlagene Änderungen im bäuerlichen Für landwirtschaftliche Liegenschaften ist eine gesetz- Bodenrecht liche Beschränkung bei der Errichtung von Hypothe- Das bäuerliche Bodenrecht regelt das Eigentum an ken zu beachten. Mit der AP22+ sollen Finanzierungen landwirtschaftlichen Liegenschaften. Auch beim bäu- einfacher abgewickelt werden können. Aus diesem erlichen Bodenrecht ist unbestritten, dass dieser Er- Grund wird vorgeschlagen, dass die Landwirtin oder lass mit der Zeit Schritt halten muss. So müssen Lö- der Landwirt und die Geldgebenden alleine über eine sungen für komplexere Betriebsstrukturen bereit- Kreditvergabe befinden können, wenn die Belastungs- gestellt werden. Zudem werden auch die Finanzierun- grenze überschritten wird. Dadurch wird das langjäh- gen immer anspruchsvoller. Nach wie vor bilden je- rige, bewährte und akzeptierte System faktisch auf doch bäuerliche Familienbetriebe das Fundament der gegeben. Bereits heute sind Überschreitungen der Landwirtschaft in der Schweiz. An diesem Grundpfei- Belastungsgrenze zusammen in Absprache mit Land- ler soll nicht gerüttelt werden. Auch die Schutzmecha- wirtschaft Aargau möglich, wenn die Tragbarkeit nismen bezüglich Preis und Spekulation sollen auch in gegeben ist und die Rückzahlung innerhalb von 25 der AP22+ unbedingt beibehalten werden. Jahren erfolgt. Eine solche Änderung bringt keine Vor- Landwirtschaft Aktiv 2019 15
Das bäuerliche Bodenrecht und das landwirtschaftliche Pachtrecht sind für landwirtschaftliche Betriebe massgebend. teile für die Landwirtschaft. Es ist zu befürchten, dass wirtschaftliche Gewerbe abgeschlossen werden, weil dadurch Mehraufwände und höhere Kosten entste- die Eigentümer so besser in der Lage sind, neben einer hen. Deshalb soll das bestehende System unverändert Verzinsung auch Geld in den Liegenschaftsunterhalt weitergeführt werden. zu investieren. Vorgeschlagene Änderungen im Fazit landwirtschaftlichen Pachtrecht Viele der vorgeschlagenen Änderungen werden zu Im landwirtschaftlichen Pachtrecht soll die Pachter- einer Vereinfachung der Umsetzung der Bestimmun- streckung einheitlich drei Jahre betragen. Damit wird gen im Bereich des bäuerlichen Boden- und landwirt- ein zweckmässiger Spielraum für die Richterinnen und schaftlichen Pachtrechts führen. Da die Regelungen Richter (drei bis sechs Jahre) sowie der Pächterschutz des Eigentums an landwirtschaftlichen Liegenschaften aufgegeben. Dies betrifft insbesondere ganze Betriebe ein zentraler Pfeiler der gesamten Agrarpolitik bilden, oder grosse Flächen. In den letzten Jahrzehnten hat müssen der Zweckgedanke und die bewährten Schutz- sich das Marktumfeld für Pachtzinsen weitgehend ver- mechanismen weiterhin zugunsten einer nachhaltigen selbstständigt und in vielen Gebieten den zulässigen und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft beibehalten Rahmen zum Teil deutlich überschritten. Die Forde- werden. rung der Pachtzinsreduktion für Einzelgrundstücke um bis zu 30 % verkennt daher die Realität. Mit der zusätz- lich vorgeschlagenen Aufgabe des noch verbliebenen Kontrollmechanismus lässt sich dieser Vorschlag nicht umsetzen. Eine Anpassung des Pachtzinses bei den landwirtschaftlichen Gewerben, welche für den Wohn- raum eine marktübliche Miete vorsieht, führt sicher Felix Peter dazu, dass wieder vermehrt Pachtverträge über land- Bodenrecht / Pachtrecht Landwirtschaft Aktiv 2019 16
Am Puls des landwirtschaftlichen Bodenmarkts 2018 Landwirtschaft Aargau hat als kantonale Bewilli- kommende Pachtjahr von beiden Parteien verlangt gungsbehörde im letzten Jahr 1’279 Boden- und werden. Mit der Übergangsregelung darf der neue 145 Pachtrechtsgesuche bearbeitet. Pachtzins jedoch nur um 20 % pro Jahr gegenüber dem bisherigen Pachtzins angehoben werden. Der Im Jahr 2018 wurden rund 340 ha landwirtschaftliche neue Pachtzins unterliegt der Bewilligungspflicht. Bei Flächen und zehn landwirtschaftliche Gewerbe ausser- Grundstückpachtzinsen sieht die neue Rechtsgrund- halb der Verwandtschaft veräussert. lage eine Erhöhung von durchschnittlich Fr. 1.–/Are vor. Da aber die Pachtzinse vielerorts auch diesen Be- Neue Anleitung für die Schätzung des trag überschreiten, ist nur dort eine Anpassung mög- landwirtschaftlichen Ertragswerts lich, wo gesetzeskonforme Pachtzinse vereinbart sind. Seit dem 1. April 2018 ist die neue Schätzungsan leitung für die Bemessung des landwirtschaftlichen Zahlen aus dem Jahr 2018 Ertragswerts in Kraft. Die bestehenden Ertragswert- In der nachstehenden Tabelle sind die verschiedenen schätzungen von den Hofübergaben werden laufend Gesuche und Bewilligungsverfahren in den Bereichen aktualisiert und mit der neuen Schätzungsanleitung des bäuerlichen Boden- und des landwirtschaftlichen berechnet. Dies führt in der Regel zu höheren Ertrags Pachtrechts zusammengestellt. werten, aber auch zu höheren Belastungsgrenzen. Die Landwirtinnen und Landwirte profitieren von den erhöhten Werten im Bereich von Finanzierungen für Bauprojekte und Aufstockungen von Hypotheken. Ebenfalls wurde das Pachtzinsreglement neu ausge- staltet. Besonders im Bereich landwirtschaftliches Daniela Meier Gewerbe können höhere Pachtzinsen jeweils auf das Bodenrecht/Pachtrecht Bodenrecht 2017 2018 Anzahl LN ha Preis* Anzahl LN ha Preis* Geschäfte 1’331 1’279 Erworbene Grundstücke (landwirtschaftliche Grundstücke inklusive Gebäude) 210 318,81 37,18 270 340 35,58 Erworbene Gewerbe 11 166,56 23,08 10 173 14,91 Entlassungen aus BGBB 79 79 Zerstückelungen 112 112 Pfandverträge genehmigt 245 249 Belastungsgrenzen festgelegt 37 83 Beschwerden 0 0 *in Millionen Franken Pachtrecht 2017 2018 Anzahl Anzahl Geschäfte 125 145 Bewilligte verkürzte Pachtdauer 76 107 Genehmigte Pachtzinse (landwirtschaftliche Gewerbe) 11 6 Bewilligte parzellenweise V erpachtung 11 12 Beschwerden 0 0 Statistik Landwirtschaft Aargau: Auswertung Jahre 2017 und 2018 Landwirtschaft Aktiv 2019 17
Kompetenz 4.0 Für die Landwirtschaft haben die drei zurück tigungen und Exkursionen auf zukunftsträchtigen liegenden Entwicklungszeitalter der Mecha Betrieben bestens. nisierung, der Elektrifizierung und der Auto matisierung starke Veränderungen gebracht. Agil Genau das Gleiche ist vom Zeitalter der digi Bestandteil der Kompetenz 4.0 ist auch eine proaktive talen Vernetzung zu erwarten. und initiative Mitgestaltung neuer Themen im Bereich der Land- und Hauswirtschaft. Aktivitäten im Bereich der Wertschöpfung, der Hofübergabe ausserhalb der Familie und der neuen Ertragswertschätzung sind Beispiele dafür. Aber auch bei der Botrytis- und der Erdmandelgrasbekämpfung sowie beim Projekt Pflanzenschutzoptimierung mit Precision-Farming PFLOPF geben sich unsere Fachspezialistinnen und Fachspezialisten sehr agil in neue Themen ein. Die gute Liebegger Positionierung bei verschiedenen neuen Themen hat sogar für Beachtung in Nachbar- ländern gesorgt, was wiederum die Effizienz im Netz- werk steigert und schliesslich den Bauernfamilien vor Ort einen Mehrwert bringt. Mobil Trotz Digitalisierung stehen an der Liebegg die Menschen im Zentrum. Immer mehr entwickeln sich die Bedürfnisse im Arbeitsalltag Richtung anwenderfreundlicher Soft- Nebst den vielen politischen und gesellschaftlichen ware, anstelle von umfassenden Dokumentationen in Diskussionen rund um Pflanzenschutzmittel und Kuh- Papierform. Diese Software ist dank mobilen Geräten hörner waren sicher die Jahrhunderttrockenheit und heute praktisch überall und jederzeit verfügbar. Als das 60-jährige Bestehen der Liebegg prägende Er Beispiel für diese Entwicklung kann der neue E-Kata- eignisse im Jahr 2018. Die Auslastung der Liebegg ster und Traubenpass im Weinbau genannt werden. erreichte Höchstwerte, und die Aufgaben im Ver netzungszeitalter 4.0 werden zunehmend flexibel, agil Das Vernetzungszeitalter 4.0 hat begonnen und for- und mobil. dert entsprechende flexible, agile und mobile Kom- petenzen. Im Zentrum dieser Kompetenzen steht aber Flexibel nach wie vor der Mensch. Die Liebegger Mitarbeiten- Viel Flexibilität forderte der Hitzesommer nicht nur den setzen alles daran, den neuen Ansprüchen mit von den Bauernfamilien, sondern auch von den Lie- viel Menschenverstand und gesundem Augenmass begger Fachspezialisten. Sie hatten zahlreiche kurz- zu begegnen. Wir freuen uns darauf, auch im 61. Be- fristige Anfragen und Beratungen zu Bewässerungs-, stehensjahr mit viel Elan für die Aargauer Bauern Fütterungs- und Marktfragen zu bearbeiten. Mit den familien da zu sein! neuen Kommunikationsmitteln wird die erwartete Re- aktionszeit immer kürzer. Das ist aus Sicht der Rat suchenden absolut nachvollziehbar, die Ansprüche an die Erreichbarkeit der Fachspezialisten werden laufend erhöht. Flexibilität ist auch ein Thema in der Unterrichtsgestaltung. Die statischen Lernziele sollen Hansruedi Häfliger laufend mit aktuellen Praxisbeispielen veranschau- Direktor Landwirtschaftliches licht werden. Dafür eignen sich Übungen, Besich Zentrum Liebegg Landwirtschaft Aktiv 2019 18
Mit Theorie und Praxis an die SwissSkills Die Landwirtschaft kürte an den Schweizer baut ist. Neben der Anatomie werden der Melkvorgang Berufsmeisterschaften SwissSkills in Bern die und die verschiedenen Melksysteme an der Berufsfach- besten Lehrabgänger. Bei verschiedenen Auf schule unterrichtet. Auch die Milchqualität und die Ge- gaben zeigten die Kandidatinnen und Kandidaten halte werden diskutiert. Häufig werden Daten von Be- ihr Können. Es wurde klar, dass die volle Punkt- trieben in der Schule analysiert und besprochen. zahl nur erreicht werden konnte, wenn sowohl die theoretischen Grundlagen verstanden als auch üK – Vermittlung von praktischen Fertigkeiten die praktischen Arbeiten sauber ausgeführt waren. Die überbetrieblichen Kurse (üK) dienen zur ersten prak- tischen Vertiefung des Gelernten aus der Berufsfach- schule. Am üK werden die Teile der Melkmaschine ge- kennzeichnet und ihre Funktionen beim Melken und Reinigen der Melkanlage besprochen. Der Melkvor- gang mit der Saug- und Entlastungsphase ist ein zent- rales Element am üK. Die Hygiene rund ums Melken und die Sauberkeit der Kuh werden thematisiert und konkrete Umsetzungsvorschläge auf den Betrieben dis- kutiert. Dieses Wissen vertiefen die Lernenden unter Anleitung der Berufsbildner auf den Lehrbetrieben. Die besten Lernenden erarbeiten sich damit die Vorausset- zungen für die Teilnahme an den SwissSkills. Meine Meinung «Eine nationale Berufsmeis- terschaft kann nur mit guter Kandidat David Hauri beim Melken an den SwissSkills 2018. schulischer Bildung und guten praktischen Fertigkei- Fremde Kühe vor einem grossen Publikum zu melken ten erfolgreich absolviert war für die Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger eine werden. Die drei Lernorte, Herausforderung. Sie mussten trotz ihrer Nervosität ru- Berufsfachschule, überbe- Reto Spoerri hig mit den Tieren umgehen und einen korrekten Melk Leiter Grundbildung trieblicher Kurs und Lehrbe- ablauf zeigen. Während des Melkvorgangs mussten die Landwirtschaft trieb bieten dafür beste liches Zentrum Kandidaten Fragen zum Melken beantworten. Die zitt- Liebegg Voraussetzungen.» rigen Hände durften beim Schalmtest nach dem Mel- ken nicht dazu führen, dass die Milch aus der Schalm- test-Schale lief. Nach dem Waschen des Melkaggregats war für den Kandidaten die Aufgabe beendet. Die Ex- pertinnen und Experten kontrollierten die Milchqualität und bewerteten die Kandidaten. Schulische Grundlagen Rebekka Flury Bereits im ersten Lehrjahr setzen sich die jungen Land- Tierhaltung wirtinnen und Landwirte mit der Anatomie des Euters und der Milchbildung auseinander. Als Grundlage für das korrekte Melken und das Interpretieren des Schalm- tests ist es wichtig zu verstehen, wie ein Euter aufge- Landwirtschaft Aktiv 2019 19
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