Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau-Taunus-Kreis - Kreisausschuss des Rheingau-Taunus-Kreises

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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau-Taunus-Kreis - Kreisausschuss des Rheingau-Taunus-Kreises
Kreisausschuss des Rheingau-Taunus-Kreises

 Strategie zur Schaffung preisgünstigen
 Wohnraums im Rheingau-Taunus-Kreis
Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau-Taunus-Kreis - Kreisausschuss des Rheingau-Taunus-Kreises
Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Inhaltsverzeichnis

    1. Vorgehensweise                                                                 3

    2. Situationsanalyse                                                              3

    3. Defizite                                                                       11

    4. Leitbild                                                                       12

    5. Handlungsfelder                                                                12

         5.1      Wissenstransfer in die Kommunen und Vernetzung der Kommunen          12
         5.2      Dialog mit den (privaten) Akteuren auf dem Wohnungsmarkt             14
         5.3      Weitere Organisations­ und Prozessoptimierung in der Kreisverwaltung 15

    6. Flankierende Maßnahmen                                                         16

         6.1      Information politischer Entscheidungsträger                         16
         6.2      Einfluss auf die Planungen der Landesebene geltend machen           17

Bearbeitung
Diese Strategie wurde von der Stabsstelle Kreisentwicklung erstellt.

    Ansprechpartnerin:

    Yvonne Grein
    Heimbacher Straße 7
    65307 Bad Schwalbach
    Fon: 06124­510 308
    Fax: 06124­510 18 308
    Yvonne.Grein@rheingau­taunus.de

Quelle der Abbildung auf dem Deckblatt: fotolia.de

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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau-Taunus-Kreis - Kreisausschuss des Rheingau-Taunus-Kreises
Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

    1. Vorgehensweise

Voraussetzung für die Entwicklung von Strategien für den Wohnungsmarkt des
Rheingau­Taunus­Kreises ist eine gemeindescharfe Bestandsaufnahme und Situa­
tionsanalyse. Um die Situation quantitativ zu erfassen, wurde der statistische Da­
tenbestand (z.B. Bevölkerungsstatistik, Immobilienmarktbericht 2017, vorhan­
dene Studien zum Wohnungsmarkt in Hessen) ausgewertet und in den Bereichen,
in denen keine belastbaren oder vergleichbaren Daten vorlagen, um eigene Re­
cherchen ergänzt.

Um qualitative Aussagen zum Wohnungsmarkt zu erhalten, wurden Gespräche

        mit allen Bauamtsleitern und in vielen Fällen auch den Bürgermeistern der
        Städte und Gemeinden im Rheingau­Taunus­Kreis im Zeitraum vom No­
        vember 2017 bis Februar 2018 (Die Gespräche fanden anhand eines von
        der Stabsstelle Kreisentwicklung erarbeiteten Gesprächsleitfadens statt,
        Anlage a),
        mit den Fachdiensten des Rheingau­Taunus­Kreises, die mit Themen der
        Wohnungsversorgung beschäftigt sind
        sowie Herrn Joest, Geschäftsführer der Kommunalen Wohnungsbau GmbH
        Rheingau­Taunus (kwb)

geführt.

Neben der Situationsanalyse dienten die Gespräche mit den genannten Akteuren
auch dazu, Handlungsfelder für den Rheingau­Taunus­Kreis zu identifizieren.

    2. Situationsanalyse

Der Wohnungsmarkt ist in vielen Kommunen im Rheingau­Taunus­Kreis ange­
spannt. Zu nennen ist hier vor allem die Rheingauachse an der B 42 und der Regi­
onalbahnlinie 10 nach Wiesbaden (weiter nach Frankfurt) von Walluf bis nach Rü­
desheim und die direkt an Wiesbaden grenzende Stadt Taunusstein.

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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau-Taunus-Kreis - Kreisausschuss des Rheingau-Taunus-Kreises
Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Darüber hinaus besteht ein großer Druck auf der Achse an der A 3 und Regional­
bahn­ bzw. S­Bahnverbindung nach Frankfurt. Dazu gehören Idstein, Niedernhau­
sen und Hünstetten östlich der B 417.

Die Nachfrage übersteigt in diesen Orten nach Auskunft der vor Ort Befragten das
Angebot deutlich. Abzulesen ist diese Entwicklung an den hohen Preisen für Woh­
nungen und Wohngebäude. Der Wohnungsmarktbericht 2017 (Auszug für den
Rheingau­Taunus­Kreis ist als Anlage b beigefügt) und eigene Recherchen bei Im­
mobilienscout24.de1 im November 2017 weisen nach, dass die Preise im Rhein­
gau­Taunus­Kreis in den o.g. Kommunen in den letzten drei Jahren für Eigentums­
wohnungen und Einfamilienhäuser deutlich gestiegen sind, besonders stark im
Rheingau in Eltville, Geisenheim, Kiedrich und Oestrich­Winkel (Daten der Ge­
meinde Walluf sind aufgrund weniger Fälle nicht belastbar).

                   Jahresvergleich der Quadratmeterpreise in
                 Euro einer Bestandsimmobilie zum Kauf (Haus)
    4.500,00
    4.000,00
    3.500,00
    3.000,00
    2.500,00
    2.000,00
    1.500,00
    1.000,00
      500,00
        0,00

                   2015        € je qm    2016     € je qm     2017      € je qm

Eigene Darstellung Kreisentwicklung
Quelle: Immobilienscout24.de, November 2017

1
 Die auf Immobilienscout24.de verfügbaren Daten sind nicht repräsentativ und zeigen nur einen
Marktausschnitt. Sie lassen jedoch Rückschlüsse auf die Marktentwicklung zu und sind damit zur
Abschätzung von Wohnungsmarkttendenzen geeignet.

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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

                Jahresvergleich der Quadratmeterpreise in Euro
                 einer Bestandsimmobilie zum Kauf (Wohnung)
                       Für Hohenstein, Geisenheim, Lorch und Walluf lagen im Nov. 2017 keine
                                            Vergleichsberechnungen vor
 3.000,00
 2.500,00
 2.000,00
 1.500,00
 1.000,00
   500,00
     0,00

                         2015       € je qm      2016          € je qm    2017       € je qm

Beide Abbildungen: eigene Darstellungen Kreisentwicklung
Quellen: Immobilienscout24.de, November 2017

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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Spitzenreiter bei den Ein­ und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen
ist Eltville, wo ein freistehendes Einfamilienhaus im Schnitt der letzten drei Jahre
462.000 € kostete (Immobilienmarktbericht 2017, Anlage b). Für Eigentumswoh­
nungen aus dem Bestand werden in Eltville im Schnitt 2.766 €/m² auf dem freien
Markt verlangt (Immobilienscout24.de, November 2017).
Quelle: Immobilienmarktbericht des Amtes für Bodenmanagement Limburg, 2017, S. 42, Anlage b

 Freistehende Eigenheime

     Doppelhaushälften
                                               196
                                               k.A.                                                    283
         Reihenhäuser                                                               295                k.A.
                                               k.A.                                 262
         in tausend €                                                                                  k.A.
                                                                                    k.A.   347
                                                                                           331
                                                                                           283
                                                                256
                                                                k.A.
                               216                              k.A.
                                                                                                 416
                               k.A.
                                                                                  360            379
                               k.A.                                               306            288
                                                                                  273
                                        265
                                                         379
                                        247
                                                         k.A.
                                        k.A.
                                                         k.A.

                                                                           412
  126                                                                      k.A.
                                                  k.A.          462
  k.A.
                                                  k.A.          k.A.       k.A.
  k.A.                   454
                                                  286           387
                         355          356
                         264          k.A.
               314
                                      329
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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Die angespannte Situation in vielen Kommunen und die damit verbundenen ho­
hen Preise für Immobilien schlagen sich auch in den Mietpreisen nieder. Während
Mietwohnungen in Hohenstein, Heidenrod und Aarbergen mit durchschnittlichen
Quadratmeterpreisen von 5,60 €/m² bis 6,30 €/m² noch für viele Haushalte er­
schwinglich sind, sind in anderen Orten wie Eltville, Oestrich­Winkel, Walluf und
Kiedrich Preise von mehr als 9 €/m² üblich (Immobilienscout24.de, November
2017, Lage, Größe und Ausstattung der Wohnungen nicht differenzierbar).

Eigene Darstellung Kreisentwicklung

Das bedeutet am Beispiel von Eltville, dass für eine 80 m² große Wohnung eine
durchschnittliche monatliche Nettokaltmiete von 776 € aufzubringen ist. Werden
die kalten Nebenkosten (alle Nebenkosten außer Heizung und Warmwasser) hin­
zugerechnet, entspricht das einer Bruttokaltmiete von ca. 830 €. Inklusive aller
Betriebskosten fallen ca. 960 € Miete an. Ein Drittel der Haushalte in Eltville ver­
fügt über ein Nettoeinkommen von weniger als 2.600 € monatlich.

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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Für diese Haushalte liegt der Anteil der für die Miete aufzubringenden Kosten bei
einer 80 m² großen Wohnung deutlich über 30 % des verfügbaren Haushaltsnet­
toeinkommens.

Der Wert von 30 % des Haushaltsnettoeinkommens für die Bruttokaltmiete (Miete
ohne Heizkosten und Warmwasser) sollte nach herrschender Meinung in der Fach­
welt durch die Wohnkosten nicht überschritten werden, damit den Haushalten
ausreichend Mittel für die Erfüllung ihrer anderen Grundbedürfnisse zur Verfü­
gung stehen.

                       Haushaltseinkommen Eltville
                           (netto/monatlich)

                                                                   Haushaltseinkommen bis unter
                                                                   1.100 € in %
                                                                   Haushaltseinkommen 1.100 € bis
                           8% 5% 6%                                unter 1.500 € in %
                                                                   Haushaltseinkommen 1.500 € bis
                                        10%                        unter 2.000 € in %
                                                                   Haushaltseinkommen 2.000 € bis
                 33%
                                          12%                      unter 2.600 € in %
                                                                   Haushaltseinkommen 2.600 € bis
                                                                   unter 4.000 € in %
                                 26%                               Haushaltseinkommen 4.000 € bis
                                                                   unter 7.500 € in %
                                                                   Haushaltseinkommen 7.500 €
                                                                   und mehr € in %

Eigene Darstellung Kreisentwicklung, Quelle: GFKGeomarketing, Datenbasis 2015 Haushalte/2016 Einkommen

Besonders kritisch ist die Situation für Haushalte mit größerem Wohnflächenbe­
darf wie Familien mit mehreren Kindern einzuschätzen. Ein Vier­Personen­Haus­
halt auf Wohnungssuche mit ca. 100 m² Wohnflächenbedarf müsste in allen Orten
mit durchschnittlichen Nettokaltmieten größer als 8,20 €/m² mehr als 1.000 €
Warmmiete zahlen. Das betrifft acht von 17 Städten und Gemeinden im Rheingau­
Taunus­Kreis (Immobilienscout24.de, November 2017).

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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Wird der gesamte Rheingau­Taunus­Kreis betrachtet, dann haben 34 % der Haus­
halte ein Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 2.600 €, ein weiteres Viertel
verdient zwischen 2.600 € und 4.000 € monatlich. Aus diesen Zahlen ist abzulesen,
dass selbst Familien mit mittlerem Einkommen Probleme haben, in vielen Orten
des Rheingau­Taunus­Kreises auf dem freien Wohnungsmarkt eine bezahlbare
Wohnung zu finden.

                Haushaltseinkommen im Rheingau­
                  Taunus­Kreis (netto/monatlich)
                                                                   Haushaltseinkommen bis unter
                                                                   1.100 € in %
                                                                   Haushaltseinkommen 1.100 € bis
                          10%    6%                                unter 1.500 € in %
                                      7%
                                                                   Haushaltseinkommen 1.500 € bis
                                           10%                     unter 2.000 € in %
                                                                   Haushaltseinkommen 2.000 € bis
                 31%                                               unter 2.600 € in %
                                           11%
                                                                   Haushaltseinkommen 2.600 € bis
                                                                   unter 4.000 € in %
                                25%                                Haushaltseinkommen 4.000 € bis
                                                                   unter 7.500 € in %
                                                                   Haushaltseinkommen 7.500 €
                                                                   und mehr € in %

Eigene Darstellung Kreisentwicklung, Quelle: GFKGeomarketing, Datenbasis 2015 Haushalte/2016 Einkommen

Auch auf dem Markt der preisgebundenen Mietwohnungen (Sozialwohnungen) ist
ein deutlicher Nachfrageüberschuss feststellbar, der mittelfristig nicht abgebaut
werden kann. So stehen 1.115 Haushalten, die im Rheingau­Taunus­Kreis eine So­
zialwohnung nachfragen (Erhebung der Bauaufsicht, Stand 1. November 2016),
nach Auskunft der WI Bank 135 neu errichtete geförderte Sozialwohnungen in den
letzten zehn Jahren gegenüber (Auskunft der WI Bank vom 24.11.2017).

Die Indikatoren für den Wohnungsmarkt signalisieren eine weitere Anspannung.
Die Städte Mainz, Wiesbaden und Frankfurt weisen eine dynamische wirtschaftli­
che Entwicklung auf.

                                                        9
Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Die Bevölkerung in der Metropolregion wächst stark, allein Frankfurt soll zwischen
2015 und 2030 10,2 % mehr Einwohner gewinnen.

Auch die Bevölkerungsprognose für den Rheingau­Taunus Kreis ist bis 2020 positiv
(+2,8 %) und dann bis 2030 mit ­0,6 % nur leicht sinkend (Daten der Gemeindesta­
tistik der Hessen Agentur 2016). Dabei sind die größten Zuwächse in den Städten
und Gemeinden zu verzeichnen, in denen die Situation von den lokalen Akteuren
bisher schon als angespannt bezeichnet wird.

                            Bevölkerungsprognose 2015­2030
            Für Heidenrod und Kiedrich wird eine stabile Bevölkerungszahl prognostiziert (Wachstum=0)

  12

  10

   8

   6

   4

   2

   0

  ­2

  ­4

  ­6

  ­8

 ­10

Eigene Darstellung Kreisentwicklung
Quelle: Daten der Gemeindestatistik der Hessen Agentur 2016

Mit der zunehmenden Bevölkerungszahl nimmt auch die Zahl der Haushalte, die
eine Wohnung nachfragen, von 2014 bis 2030 um ca. 8.500 Haushalte zu (IWU
Wohnungsbedarfsprognose für die hessischen Landkreise vom April 2017, S. 29,
erarbeitet im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Land­
wirtschaft und Verbraucherschutz, Anlage c). Bis 2040 werden laut der Wohnungs­
bedarfsprognose des Instituts für Wohnen und Umwelt im Rheingau­

                                                         10
Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Taunus­Kreis ca. 11.232 zusätzliche Wohnungen (Ersatzbedarf und Neubedarf) be­
nötigt, davon 8.819 Wohnungen als Neubedarf (IWU Wohnungsbedarfsprognose
für die hessischen Landkreise vom April 2017, S. 33 f., Anlage c). Der prognosti­
zierte Neubedarf entspricht für den Rheingau­Taunus­Kreis dem Wohnungsbedarf
einer Stadt mit ca. 16.000 Einwohnern und ist damit in etwa so groß wie die Stadt
Eltville oder die Gemeinde Niedernhausen.

Nur etwas mehr als ein Viertel der bis 2020 benötigten Wohnungen wird nach Be­
rechnungen des Instituts für Wohnen und Umwelt im Rheingau­Taunus­Kreis tat­
sächlich gebaut, wenn die Fertigstellungszahlen aus den Jahren 2013 und 2014 zu­
grunde gelegt werden (IWU Wohnungsbedarfsprognose für die hessischen Land­
kreise vom April 2017, S. 39, Anlage c).

    3. Defizite

Die Situationsanalyse zeigt, dass Defizite bei der Versorgung mit Wohnungen vor
allem bei Haushalten mit niedrigem und größeren Haushalten mit mittlerem Ein­
kommen bestehen und dass mittelfristig nicht mit einer Entspannung des Woh­
nungsmarktes zu rechnen ist.

Von den befragten Akteuren wurden die Defizite vor allem in folgenden Woh­
nungsmarktsegmenten benannt:

        preisgünstige Mietwohnungen für (ältere) Alleinstehende und größere Fa­
        milien
        günstiges Eigentum für junge Familien

Daher sollen in der Umsetzung der Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohn­
raums beide Aspekte, günstige Mietwohnungen und günstiges Eigentum berück­
sichtigt werden. Dabei muss die Beurteilung, ob der Wohnraum günstig ist, im Fall
der einzelnen Kommune an der ortsüblichen Miete bzw. den ortsüblichen Ver­
kaufspreisen für Wohneigentum und an der Einkommensstruktur in der Kommune
festgemacht werden.

                                                   11
Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

    4. Leitbild

Die Leitformel für eine Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums muss
folgende sein:

 Kein Bewohner des Rheingau-Taunus-Kreises soll seinen Heimatort
 verlassen müssen, weil er sich dort keine Wohnung mehr leisten kann.

    5. Handlungsfelder

Drei Handlungsfelder können für den Rheingau­Taunus­Kreis identifiziert werden:

            Wissenstransfer in die Kommunen und Vernetzung der Kommunen
            Dialog mit den (privaten) Akteuren auf dem Wohnungsmarkt
            weitere Organisations­ und Prozessoptimierung in der Kreisverwaltung

Darüber hinaus gibt es flankierende Maßnahmen, die vom Kreis zur Entspannung
des Wohnungsmarktes ergriffen werden können.

            Information der politischen Entscheidungsträger
            Einflussnahme auf die Planungen des Landes

Die Handlungsfelder und die flankierenden Maßnahmen werden im Folgenden be­
schrieben.

        5.1 Wissenstransfer in die Kommunen und Vernet­
            zung der Kommunen

Die Einflussmöglichkeiten der Kommunen auf dem Wohnungsmarkt sind in der

        kommunalen Planungshoheit
        im Flächenmanagement und in der
        Anwendung aller Instrumente, die das BauGB zur Verfügung stellt, zu ver­
        orten.

                                                   12
Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Viele Bauamtsleiter stehen vor den gleichen Herausforderungen und Fragen bei
der Entwicklung von Wohnbaupotentialen und der Schaffung von Wohnraum. In­
strumente der Wohnungsbauförderung wie beispielsweise städtebauliche Ent­
wicklungsmaßnahmen, Ankaufsmodelle oder die Teilnahme an der Bauland­Of­
fensive des Landes Hessen werden von einigen Kommunen bereits angewandt. Es
fehlt aber gerade in kleinen Kommunen oft die Personalausstattung, um sich ein
breites Wissen über alle vorhandenen Instrumente anzueignen. Die Bauämter un­
tereinander sind bisher wenig vernetzt, ein Austausch ist aber vor allem von den
Bauamtsleitern im Untertaunus gewünscht.

Ziel
Die Bauamtsleiter verfügen am Ende des Projektes über einen methodischen
Werkzeugkasten, mit dem sie Einfluss auf den angespannten Wohnungsmarkt in
ihrer Kommune nehmen können.

Methode
Werkstattgespräche mit Bauamtsleitern und interessierten Bürgermeistern, in
denen die kommunalen Handlungsoptionen vorgestellt und diskutiert werden. Die
Werkstattgespräche können z.B. zu folgenden Themen stattfinden:

        Stadt­ und Gemeindeentwicklungskonzepte im Hinblick auf die Wohn­
        raumversorgung
        Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme­Instrument auch für kleine Kom­
        munen?
        Grundstücksvergabe, Vertragsgestaltung und Vergaberichtlinien für kom­
        munale Grundstücke
        Städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB – wozu können die Eigentümer
        verpflichtet werden?
        Förderprogramme des Landes Hessen zur Förderung des Wohnungsbaus
        (z.B. Bauland­Offensive, Städtebauförderung, Sozialer Mietwohnungsbau).

Es handelt sich hierbei zunächst um Themenvorschläge, die je nach aktuell anste­
hender Aufgabenstellung in den Kommunen bearbeitet oder ergänzt werden kön­
nen. Der Input in den Gesprächen soll nicht nur vom Kreis kommen, sondern auch

                                                   13
Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

von den Kommunen, die bereits Erfahrungen mit den Werkzeugen gesammelt ha­
ben. Am Ende jedes Gespräches wird eine kurze schriftliche Zusammenfassung er­
stellt.

Mit der detaillierten Vorstellung der Ergebnisse der vom November 2017 bis Feb­
ruar 2018 durchgeführten Befragung aller Bauamts­ bzw. Fachbereichsleiter
Bauen durch die Stabsstelle Kreisentwicklung kann der Startpunkt für die Werk­
stattgespräche gesetzt werden.

Als Nebenprodukt der Werkstattgespräche kann ein Netzwerk aller Bauamtsleiter
entstehen, das auch nach Auslaufen des Projektes weiter genutzt werden kann.
Die Mitarbeit der Bauamtsleiter und interessierten Bürgermeister kann die Akzep­
tanz der Maßnahmen zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums erhöhen.

Ergänzend können den Kommunen Strategiegespräche als Einstiegsgespräche
von der Stabsstelle Kreisentwicklung angeboten werden.

        5.2 Dialog mit den (privaten) Akteuren auf dem
            Wohnungsmarkt

Die kwb ist eines der wenigen Unternehmen, die im Landkreis derzeit nennens­
wert Mietwohnungen baut (212 in den letzten zehn Jahren). Die in der jüngsten
Zeit von der kwb realisierten Wohnungen weisen in Taunusstein oder Idstein ein
Mietniveau von mehr als 9,50 €/m² netto kalt auf. Um eine Förderung auf dem
ersten Förderweg zu erreichen, wird hierbei das Instrument der mittelbaren Bele­
gung gewählt. D.h. andere preisgünstige Wohnungen aus den Beständen der kwb
werden mit einer Belegungsbindung versehen. Nur im Ausnahmefall wie in der
neuen Ortsmitte von Taunusstein­Hahn gelingt es der kwb, preisgünstige Woh­
nungen neu zu planen.

Im Ergebnis bedeutet das, dass die kwb derzeit in Bereichen mit hohem Druck auf
dem Wohnungsmarkt nur in minimalem Umfang günstige Wohnungen neu baut
und aufgrund der bestehenden Kostenstruktur (Kosten der Grundstücke, Baukos­
ten, Förderkulisse etc.) neu bauen kann.

                                                   14
Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsbaugenossenschaften, die nicht nur
ihre Bestände halten, sondern auch neu bauen, gibt es nur in Ausnahmefällen. Es
ist einen Artikel in der FAZ wert, wenn die Geisenheimer Baugenossenschaft 24
Wohnungen neu baut. Auch hier beträgt die anhand der Baukosten ermittelte Kos­
tenmiete 11 €/m², den Genossenschaftsmitgliedern sollen die Wohnungen für 10
€/m² vermietet werden (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 08.11.2017, Anlage
d).

Der weit überwiegende Anteil der Wohnungen, die von privaten Akteuren errich­
tet werden, wird an Selbstnutzer und Kapitalanleger oft zu sehr hohen Preisen ver­
äußert und steht damit nicht im Marktsegment günstiges Wohnen zur Verfügung.

Ziel
Die konkreten Stellschrauben, die den Mietwohnungsneubau im Kreis beeinflus­
sen, müssen definiert werden. Vor allem die Kostenstruktur muss im Hinblick auf
Einsparmöglichkeiten untersucht werden.

Methode
Dazu sind intensive Einzelgespräche mit den einzelnen Akteuren (u.a. kwb, Nas­
sauische Heimstätte, Geisenheimer Baugenossenschaft, Centra­Bau oder Dietmar
Bücher­Schlüsselfertiges Bauen) erforderlich, in dem Investitionshemmnisse und
Einsparpotentiale herausgearbeitet werden.

        5.3 Weitere Organisations­ und Prozessoptimierung
            in der Kreisverwaltung

Im Rahmen der leitfadengestützten Gespräche mit den Bauamtsleitern wurden
Optimierungspotentiale im Bereich der kommunalen Zusammenarbeit gesehen.

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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Ziel
Alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Genehmigungsfristen zu verkürzen und zu­
sätzliche Beratungen anzubieten, um damit den Wohnungsbau zu erleichtern

Methode
Zur Verbesserung der interkommunalen Zusammenarbeit wird vorgeschlagen,
dass sich aus den kommunalen Bauämtern heraus eine Bauamtsleiterrunde unter
Zusammenarbeit mit der Unteren Bauaufsicht etabliert. Hier können Informatio­
nen ausgetauscht und Probleme besprochen und auf kurzem Wege zu einer Lö­
sung geführt werden.

Die darüber hinaus unter Punkt 5.1 genannten Werkstattgespräche mit den Bau­
amtsleitern sollen anhand einzelner Themenfelder der Erarbeitung eines metho­
dischen Werkzeugkastens zur Entspannung des Wohnungsmarktes dienen.

Eine personelle Verstärkung der Unteren Bauaufsichtsbehörde durch einen Tech­
nischen Sachbearbeiter/in soll

        die Genehmigungsverfahren beschleunigen und
        eine/n Ansprechpartner/in für die besonderen Fragen des preisgünstigen
        Wohnungsbaus bieten.

    6. Flankierende Maßnahmen

        6.1 Information politischer Entscheidungsträger

Viele Instrumente zur Entspannung des Wohnungsmarktes sind rechtlich komplex
(städtebauliche Verträge) und/oder belasten den Gemeindehaushalt (Flächener­
werb). Aber nur durch die Anwendung verschiedener Instrumente kann Einfluss
auf den angespannten Wohnungsmarkt genommen werden. Wesentliche Voraus­
setzung für die Umsetzung von Maßnahmen zur Entlastung des Wohnungsmark­
tes ist die breite Zustimmung in den Stadtverordnetenversammlungen und in den
Gemeindevertretungen.

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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Ziel
Politische Entscheidungsträger für die angespannte Situation sensibilisieren und
Instrumente, die den Wohnungsmarkt entlasten können, vorstellen.

Methode

        Informationsveranstaltung für politische Entscheidungsträger
        Informationen für die politischen Gremien zur Verfügung stellen. Das
        könnte zunächst eine Situationsanalyse sein, die Defizite aufzeigt und im
        zweiten Schritt Informationen zu Werkzeugen aus dem Werkzeugkasten.

        6.2 Einfluss auf die Planungen auf Landesebene gel­
            tend machen

Die Regionalplanung enthält Restriktionen, die u.a. einigen Kommunen eine Bo­
denbevorratung erschwert. Siedlungsflächen dürfen nur in Vorranggebieten
„Siedlung, Bestand und Planung“ oder sofern keine Vorranggebiete „Siedlung, Be­
stand und Planung“ ausgewiesen und die Flächen kleiner als 5 ha sind, in Vorbe­
haltsflächen für die Landwirtschaft neu entstehen. Ein Flächentausch oder eine
Flächenausweitung ist zwar unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich
möglich, gestaltet sich nach Angabe einiger vor Ort befragter Akteure in der Praxis
aber als schwierig.

Das schränkt vor allem Kommunen ein, die das Ziel verfolgen, Ankaufsmodelle bei
der Baulandausweisung zu verwirklichen. Sind die Eigentümer der ursprünglich
vorgesehenen Fläche für die Siedlungserweiterung nicht bereit, ihre Flächen an
die Gemeinde zu verkaufen, muss die Gemeinde Alternativflächen haben, um ihr
Ziel zu erreichen.

Ziel
Der Rheingau­Taunus­Kreis macht seinen Einfluss auf die Regionalplanung gel­
tend.

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Strategie zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Rheingau­Taunus­Kreis

Methode
Der Rheingau­Taunus­Kreis benennt als Träger öffentlicher Belange seine Ziele in
Stellungnahmen zur Regionalplanung vor allem im Verfahren zur Neuaufstellung
des Regionalplans. Die Vertreter des Landkreises nehmen in der Planungsver­
sammlung Südhessen Einfluss auf die Ziele der Regionalplanung.

Anlagen
   a. Gesprächsleitfaden für die Gespräche mit Bauamtsleitern und Bürgermeis­
      tern
   b. Auszug aus dem Immobilienmarktbericht 2017 des Amtes für Bodenma­
      nagement Limburg
   c. Institut für Wohnen und Umwelt GmbH (IWU), Wohnungsbedarfsprognose
      für die hessischen Landkreise und kreisfreien Städte, April 2017
   d. Nach 25 Jahren wieder ein Neubau, Artikel in der Frankfurter Allgemeinen
      Zeitung am 08.11.2017

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