"Unser Spielraum wird zunehmend eingeschränkt" - Adrian ...

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"Unser Spielraum wird zunehmend eingeschränkt" - Adrian ...
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INTERVIEW

                                                                                                                                                   Bild: Roland Bernath
            Für die Baugenossenschaft Halde Zürich haben Adrian Streich Architekten zusammen mit Schmid Landschaftsarchitekten die Ersatzneubau­
            siedlung Im Stückler entworfen. Die erste Etappe ist fertig, die zweite wird es 2019. Insgesamt entstehen rund 270 Wohnungen.

                                   Architekt Adrian Streich über die Herausforderungen im genossenschaftlichen Neubau

                    «Unser Spielraum wird
                 ­zunehmend eingeschränkt»
                         Kaum ein anderes Architekturbüro baut so oft für gemeinnützige Bauträger
                         wie Adrian Streich Architekten. Die grosse Herausforderung besteht dabei
                       weniger in der Kostendisziplin oder den energetischen Vorgaben. Vielmehr sind
                        es die zunehmende Verdichtung ohne zusätzliche baurechtliche Spielräume
                            und die Fülle von Vorschriften, die den Architekten einschränken. Für
                        Bau­genossenschaften arbeitet Adrian Streich gerne, denn mit dem genossen-
                               schaftlichen Wohnen verbindet er wichtige Lebenserfahrungen.
                                                                    Interview: Richard Liechti
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Wohnen: Ihr Büro ist gerade im gemein­              Zuerst untersuchen wir den Ort. Wenn wir die

                                                                                                                                             INTERVIEW
nützigen Wohnungsbau höchst erfolgreich.            Gesamtsituation betrachten mit dem Quartier,
In den letzten Jahren haben Sie eine Reihe          der Strasse, den Wohnungen und ihren Nutzun-
von Architekturwettbewerben gewonnen                gen, dann steht der Ort hierarchisch zuoberst.
(siehe Box). Was machen Sie besser als die          Deshalb ist es wichtig,
anderen?                                            ihn auch physisch zu er-
Adrian Streich: Es ist nicht meine Art, mich hier   fahren. Oft ist es auch so,        «Ein gutes Projekt
hervorzuheben. Dass der Zürcher Wohnungs-           dass man auf Grundstü-
bau eine derartige Bedeutung erlangt hat, ist       cken plant, die nicht ide-
                                                                                   basiert auf einer starken
das Verdienst einer Gruppe von Architekten.         al sind. Es gibt Lärmim-               Grundidee.»
                                                    missionen, ungewohnte
Anders gefragt: Was zeichnet Ihre Entwürfe          Geometrien, städtebau-
aus?                                                lich heterogene Situationen. Wir versuchen
Was man sicher sagen kann: Unser Büro bietet        dann, auf diese Reibungen und Widersprüche
eine gewisse Konstanz. Wir nehmen jede Auf-         zu reagieren. Da geht es darum, Dinge mitein-
gabe ernst und arbeiten Entwürfe sorgfältig         ander in Beziehung zu setzen, zu vernetzen –
aus. Das Zentrale an einem guten Projekt ist        das ist ein Hauptthema beim Entwerfen. Des-
jedoch, dass es auf einer starken Grundidee ba-     halb ist auch die Erschliessung etwas Zentrales
siert. Dafür braucht es neben Engagement oder       oder der Aussenraum, bei dem wir stets mit
Wissen um die Architekturgeschichte einen ge-       Landschaftsarchitekten zusammenarbeiten.
wissen Instinkt.
                                                    Dies ist denn auch ein Merkmal der siegrei­
Wie entscheiden Sie, ob Sie an einem Wett­          chen Projekte: dass sie Strukturen schaffen,
bewerb teilnehmen? Schliesslich ist dies mit        die ein nachbarschaftliches Zusammenleben
Aufwand und Kosten verbunden.                       begünstigen. Ein gutes Beispiel dafür ist Ihr
Wir achten darauf, dass es ein seriöses Verfah-     Projekt in der Greencity mit den ringförmi­
ren mit einem erfahrenen Veranstalter ist. In       gen Terrassen im Innenhof, die ebenfalls als
der Jury sollten Architekten sein, die selbst re-   Durchgang dienen.
gelmässig an Wettbewerben teilnehmen. Und           Ob Genossenschaft oder etwa auch eine
schliesslich bevorzugen wir Projekte, wo die        ­Schule – uns fasziniert die Frage, wie man vom
Ausführung traditionell mit einem Bauleiter or-      öffentlichen in den privaten Raum kommt,
                                                     ­
ganisiert ist.                                       wie man das organisiert und vernetzt. Das hat
                                                     dann automatisch mit
Mir fällt auf, dass bei den Architekturwettbe­       dem Gemeinschaftlichen
werben im gemeinnützigen Bereich häufig              zu tun, mit der Frage, wel-        Zur Person
die gleichen Architekten gewinnen. Das ist           ches die Rolle des Einzel-

                                                                                                                                Bild: zVg.
eine relativ kleine Gruppe, zu der auch Sie          nen in einer Gemeinschaft
zählen, die oft zur Teilnahme eingeladen             ist.
wird. Gleichzeitig sitzen Vertreter dieser Bü­
ros in Wettbewerbsjurys. Ich will der Archi­        Aber bei den Genossen­
tektenzunft bestimmt nichts unterstellen –          schaftssiedlungen ist es
aber da besteht Erklärungsbedarf.                   besonders ausgeprägt.
Es ist richtig, dass man sich gegenseitig kennt     Ich halte den genossen-
und auch in Jurys einsitzt. Dass man sich bei       schaftlichen Wohnungs-
der Jurierung gegenseitig begünstigen würde,        bau grundsätzlich für sehr
habe ich in meiner eigenen Jurytätigkeit nie er-    wertvoll. Man betrachte
lebt. Es geht vielmehr darum, die verschiede-       nur die Stadt Zürich, wo
nen Interessen und Ansichten der Sach- und          die Baugenossenschaften
Fachpreisrichter auszudiskutieren und das           praktisch als reine Selbst-
beste Projekt für die gestellte Aufgabe zu fin-     hilfeorganisationen funk-
den. Für jeden Architekten ist klar, dass das       tionieren. Und für uns Ar-
Wettbewerbswesen ein wichtiger Wert ist und         chitekten ist es grossartig,   Adrian Streich (52) hat an der ETH Zürich Ar-
es dort absolut fair zugehen muss. Dass man-        dass es beim genossen-         chitektur studiert. 1997 gründete er ein eige-
che Büros häufiger gewinnen, hat mit deren          schaftlichen Wohnungs-         nes Architekturbüro, das 2001 den offenen
Talent und dem angesammelten Wissen zu tun.         bau nicht nur um die ein-      Wettbewerb um die städtische Siedlung Werd-
Im Übrigen werden auch immer wieder New-            zelne Wohnung und deren        wies in Zürich gewann. Heute beschäftigt die
comer eingeladen. Die müssen sich allerdings        Vermietung geht, sondern       Adrian Streich Architekten AG mit Sitz in Zü-
                                                                                                                                             WOHNEN 11 NOVEMBER 2018

zuerst in offenen Verfahren engagieren – das        auch um das Gemein-            rich rund dreissig Personen. Die Werkliste um-
war bei mir nicht anders.                           schaftliche. Das Zusam-        fasst eine ganze Reihe gemeinnütziger Wohn-
                                                    menleben in einer Genos-       siedlungen (siehe Separatbox). Während vieler
Angenommen, Sie stehen vor der Aufgabe,             senschaft ist gerade für       Jahre lebte Adrian Streich mit seiner Familie
ein Ersatzprojekt für eine typische Genos­          junge Familien etwas Tol-      bei den Baugenossenschaften Selbsthilfe und
senschaftssiedlung aus den 1940er-Jahren zu         les. Das durfte ich selbst     Oberstrass in Zürich.
entwerfen. Wie gehen Sie vor?                       erfahren. 
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                                                                               Im Gegensatz zu den meis­           Haben Sie als Genossenschaftsbewohner Er­
INTERVIEW

                                                                               ten Architekten haben Sie           fahrungen gemacht, von denen Sie als Archi­
                                                                               selbst in Genossenschaften          tekt profitieren?
                                                                               gelebt.                             Sicherlich fliesst jede persönliche Erfahrung,
                                                                               Als unser erster Sohn auf die       die ein Architekt macht, in seine Arbeit ein. In
                                                                               Welt kam, zogen wir in eine         den zwanzig Jahren Baugenossenschaft habe
                                                                               Genossenschaftswohnung –            ich erlebt, wie eine Genossenschaft funktio-
                                                                               das bedeutete nicht nur, dass       niert, wie ihre Kommissionen arbeiten, wie sie
                                                                               wir eine bezahlbare Wohnung         zu Entscheidungen kommt.
                                                                               fanden, sondern eben auch,
                                                                               dass die Kinder in einer Um-        Zurück zum Bauen: Gerade Ersatzneubauten
                                                                               gebung mit zwei Wohnhöfen           bergen oft riesige Ausnützungsreserven.
                           Modell der Siedlung Im Stückler,                    aufwuchsen, wo man leicht           Städte wie Zürich streben inskünftig eine
                           Baugenossenschaft Halde Zürich     Kontakte knüpfte. Und die Wohnung im                 noch stärkere Verdichtung an. Wie weit be­
                           (siehe auch Eröffnungsbild).
                                                              Hochparterre besass sogar einen direkten
                                                              ­                                                    stimmt dies die Entwurfsarbeit?
                                                              ­Hofzugang – ein Beispiel, wie die Vernetzung        Die Dichte ist schon heute ein wichtiges Thema.
                                                               schon im genossenschaftlichen Wohnungsbau           Grössere Genossenschaftsprojekte profitieren
                                                               der 1920er-Jahre funktionierte. Das war eine        dann auch noch vom Arealbonus. Dies hat in der
                                                               schöne Zeit – nachdem unsere Kinder erwach-         Kombination mit den Mehrlängen- und Mehr-
                                                               sen wurden, zogen wir jedoch aus und gaben          höhenzuschlägen den Effekt, dass der Spiel-
                                                               die Wohnung für eine junge Familie frei. Die        raum tatsächlich klein ist und wir Architekten
                                                               Belegungsvorschriften, wie sie viele Baugenos-      sehr viel Arbeit darauf verwenden, schon nur
                                                               senschaften praktizieren, halte ich für eine gute   das Volumen unterzubringen. Die Suche nach
                                                               Sache.                                              einer Idee rückt dann sogar in den Hintergrund.
            Bilder: zVg.

                           Modell und Visualisierung der Neubausiedlung
                           Hohl-/Freihofstrasse der Gemeinnützigen Bau­
                           genossenschaft Röntgenhof Zürich. Die rund 170
                           Wohnungen werden 2021 fertig.

                           Ebenfalls aus einem Architekturwettbewerb
                           hervorgegangen ist das Projekt Am Rain für die
                           Graphis Bau- und Wohngenossenschaft. In Brugg
                           entstehen bis 2020 gut vierzig Wohnungen.
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Was sind die Folgen?                                  tig ist, dass man das Geld richtig einsetzt, etwa

                                                                                                                                   INTERVIEW
Eine Stadt sollte eine gewisse Vielfalt haben.        indem man eine dauerhafte zweischalige Fas-
Diese nimmt aber tendenziell ab, weil wir keine       sade wählt. Beim Ausbau dagegen gibt es auch
dreigeschossigen Häuser oder Reihenhausty-            günstige Materialien, die viel Ausstrahlung be-
pen mehr bauen können und dadurch auch die            sitzen.
Vielfalt der Wohnungstypen abnimmt. Die Ver-
dichtung verstärkt die Tendenz zum Automatis-         Um Kostensicherheit zu erhalten, ziehen
mus – etwa indem man meist auf den wirtschaft-        manche Baugenossenschaften einen Total­
lichen Vierspänner setzt. Dies führt zusammen         unternehmer (TU) bei, der die Ausführung
mit den vielen weiteren Vorschriften im energe-       zu einem Fixpreis garantiert. Tatsächlich re­
tischen Bereich oder beim Lärmschutz zu einer         sultieren bisweilen erstaunlich
Normierung, die ich sehr bedauerlich finde.           günstige Mietzinse.
Diese Tendenz ist generell festzustellen, wobei       Wir Architekten verstehen uns als
die Vorschriften durchwegs schleichend stren-         Generalisten, die auch die Ge-         «Wichtig ist, dass man das
ger werden. Vieles ist natürlich sinnvoll, aber       samtleitung innehaben sollten.            Geld richtig einsetzt.»
insgesamt schmälert dieser Prozess den Hand-          Daher bevorzugen wir das kon-
lungsspielraum nicht nur beim Bauen, sondern          ventionelle Verfahren. Auch in
unserer ganzen Gesellschaft.                          Projekten mit Totalunternehmern
                                                      werden nicht weniger Wände, Dächer, Bäder
Was mir auch auffällt: Gerade in den Genos­           oder Küchen verbaut. Falls diese Projekte wirk-
senschaftshochburgen, die früher recht                lich günstiger gebaut werden, zahlt jemand den
­einheitlich bebaut waren, entsteht durch den         Preis dafür – die Handwerker mit ihren Tief-
 Ersatzneubau ein Nebeneinander von mar­              preisen.
 kanten Grossbauten. Wie weit teilen Sie diese
 Kritik?                                              Ein ganz anderes Thema: Bei den Grundris­
 Man spricht in diesen Fällen von «Inselurbanis-      sen neuer Genossenschaftswohnungen be­
 mus». Hier gilt es zu unterscheiden: In hetero-      obachte ich eine erstaunliche Vielfalt. Nut­
 genen Quartieren mit einer Mischung aus Alt          zungsneutrale Räume entstehen anstelle des
 und Neu, Gross und Klein ist dies ganz normal.       früheren Familienwohnzimmers. Verkehrs­
 Dort besteht bereits ein Grossteil der Bauten        flächen werden minimiert – oder man trifft
 aus solchen Inseln. Es geht dann vor allem           gerade auf grosszügige Entrées. Die Küche ist
 ­darum, wie sie mit der Nachbarschaft vernetzt       gänzlich offen – oder ein eigener abgetrenn­
  werden. Anders sieht es in homogeneren Quar-        ter Wohnraum.
  tieren aus. Dabei handelt es sich beim genos-       Das halte ich für einen der ganz grossen Werte,
  senschaftlichen Wohnbau meist um die Gar-           die beim genossenschaftlichen Wohnungsbau
  tenstädte aus der ersten Hälfte des letzten Jahr-   in letzter Zeit entstanden sind. Sei es über die
  hunderts.                                           Wohnformen, von der Kleinwohnung bis zum
                                                      Cluster, sei es, wie man Küche oder Balkon in-
Beispielsweise Schwamendingen, das nach               terpretiert, sei es über Raumfragen oder die Er-
dem Plan von Stadtbaumeister A. H. Steiner            schliessung – es ist eine faszinierende Vielfalt
gebaut wurde.                                         geschaffen worden. Das ist wichtig, denn damit
In Schwamendingen haben wir tatsächlich eine          decken die neuen Siedlungen die unterschied-
Chance verpasst. Man hat einfach versucht,            lichsten Bedürfnisse ab. Und es ist spannend
mehr Volumen in die Gartenstadt zu bringen.           für uns Architekten: Beim Grundriss kann man
Stattdessen hätte man sich eingestehen müs-           immer wieder etwas Neues entdecken. Es fin-
sen, dass der Steinerplan künftig massiv verän-       det auch ein Austausch der Ideen zwischen den
dert wird. Man hätte sich überlegen müssen,           Büros statt, so dass gute Ideen multipliziert
wie ein neues Schwamendingen aussehen                 werden.
kann und die grosse Qualität des Steinerplans,
nämlich seine Durchlässigkeit, erhalten bleibt.
                                                       Projekte für gemeinnützige Bauträger
Der Knackpunkt bei Genossenschaftsbauten               – Stadt Zürich: Werdwies (152 Wohnungen, 2007)
sind stets die Baukosten, denn schliesslich            – Baugenossenschaft Zurlinden, Zürich: Lienihof (31 Wohnungen, 2007)
will man Wohnraum schaffen, der für ein                – Bau- und Wohngenossenschaft Kraftwerk1, Zürich: Heizenholz, Zürich
breites Publikum bezahlbar ist. Gleichzeitig              (26 Wohnungen, 2011)
wünscht man eine hohe Bauqualität. Ver­                – Baugenossenschaft Schönheim, Zürich: Eyhof, Zürich (90 Wohnungen, 2017)
schiedene Architekten beklagen sich denn               – Genossenschaft Hofgarten, Zürich: Greencity, Baufeld B3S, Zürich
                                                                                                                                   WOHNEN 11 NOVEMBER 2018

auch, die Genossenschaften würden zu sehr                 (44 Wohnungen, 2017)
auf die Kostenbremse treten.                           – Baugenossenschaft Halde Zürich: Im Stückler (ca. 270 Wohnungen, 2019)
Für mich ist klar, dass Genossenschaftswoh-            – Graphis Bau- und Wohngenossenschaft, Bern: Am Rain, Brugg
nungen preiswert sein sollen. In Zürich gelten            (ca. 43 Wohnungen, 2020)
bezüglich Baukosten meist die Richtlinien für          – Gemeinnützige Baugenossenschaft Röntgenhof Zürich (GBRZ):
subventionierte Wohnungen – diese zu errei-               Hohl-/Freihofstrasse, Zürich (ca. 170 Wohungen, 2021)
chen, ist zwar nicht ohne, aber machbar. Wich-
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            Ein Kriterium bei Architekturwettbewerben             1948 – und das ist gut so, auch wenn die Indivi-
INTERVIEW

            ist stets die Flexibilität der Wohnungen. In          dualisierung ihre Schattenseiten hat.
            Tat und Wahrheit werden später kaum je
            Wände verschoben.                                     Bedeutet dies, dass die Architekten beispiels­
            Die bauliche Flexibilität ist für mich auch weni-     weise einen Holzbau vorschlagen, weil Holz
            ger bedeutend. Wichtiger ist die Flexibilität         derzeit bei den Wettbewerbsjurys gut an­
            beim Gebrauch: dass die Bewohnerinnen und             kommt?
            Bewohner die Räume etwa dank besonderer               Wir haben den Anspruch, die Form stets aus
            Öffnungen oder Grössen unterschiedlich nut-           dem Kontext heraus zu schaffen, jede Aufgabe
            zen können. Eine tolle Sache sind auch zumiet-        separat zu betrachten. Das gilt für meine ganze
            bare Räume, die ganz neue Konstellationen             Architektengeneration. Man erkennt dort kaum
            möglich machen.                                       einen Architekten an seinem Entwurf, wie dies
                                                                  früher oft der Fall war. Unser Büro hat beispiels­
            Bei den Wohnungsgrössen ist eine Tendenz              weise Sichtbackstein beim Schulhausbau ver-
            zu kleineren Flächen festzustellen. Ist das ein       wendet, weil dies dort ein traditionelles Bau-
            effizientes Mittel, um die Kosten zu senken?          material ist. Bei der Überbauung Letzibach C –
            Ich denke, dass sich die Wohnungsgrössen              sie liegt direkt am Gleisfeld, Bauherrin sind die
            heute wieder auf einem vernünftigen Mass ein-         SBB Immobilien – wählten wir zusammen mit
            gependelt haben, das bei der genossenschaftli-        Loeliger Strub Architektur Juraklinker, da er die
            chen Viereinhalbzimmerwohnung bei 95 bis              Bahnbauten entlang der Hohlstrasse prägt.
            100 Quadratmetern liegt. Wenn eine Wohnung
            95 statt 105 Quadratmeter misst, spart das tat-       Baugenossenschaften sind Bauherren, bei
            sächlich Kosten, da die Geschossfläche dann           denen meist viele mitreden: von Vorstand
            auch um rund zehn Prozent abnimmt.                    und Baukommission bis zum Mitglied. Stellt
                                                                  das besondere Anforderungen an die Kom­
            Werfen wir noch einen Blick auf die Gebäu­            munikation?
            dehülle. Genossenschaftssiedlungen aus den            Die Organisation einer Baugenossenschaft er-
            1940er- oder 1960er-Jahren kommen sehr                lebe ich als erstaunlich schlank. Sicher muss
            uniform daher. Im 21. Jahrhundert dagegen             man das Projekt den Mitgliedern an der Gene-
            scheint alles möglich: Holz, Beton, Glas,             ralversammlung vorstellen. Doch danach ist es
            Sichtbackstein.                                       mit basisdemokratischem Entscheid geneh-
            Eine einheitliche Erscheinung wie beim dama-          migt. Im weiteren Prozess ist die Baukommissi-
            ligen Steinerplan ist heute kaum mehr zu reali-       on der Ansprechpartner, eine kleine Gruppe,
            sieren. Unsere Gesellschaft ist offener, vielfälti-   die für die meisten Entscheidungen genügend
            ger und individueller. Es fällt schwerer, sich von    Kompetenz besitzt. Wenn dies Laien sind, ist
            oben verordneten Ideen unterzuordnen. Dazu            das kein Problem. Denn es handelt sich durch-
            kommt, dass Architekturwettbewerbe die Dif-           wegs um Menschen, die sich mit grossem En-
            ferenz fördern. Man muss sich von den anderen         gagement für ein Anliegen einsetzen – und das
            Wettbewerbsbeiträgen unterscheiden, um ge-            deckt sich mit unserem Anliegen, gute Häuser
            winnen zu können. Wir leben 2018 und nicht            zu bauen. 
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