Östrogenfreie Pille: Blutungsverhalten und Therapie von Zusatzblutungen

 
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FORTBILDUNG + KONGRESS
                         HORMONELLE KONTRAZEPTION

                         Östrogenfreie Pille: Blutungsverhalten
                         und Therapie von Zusatzblutungen
                         Hans-Joachim Ahrendt, Daniela Kose                                                Migräne“ (1) die östrogenfreie Pille
                                                                                                           mit 75 µg Desogestrel über sechs Mo-
                         Östrogenfreie Pillen haben für viele Patientinnen Vorteile, doch                  nate (6 Blister, 168 Tage) einnahmen.
                         können Zusatzblutungen die Akzeptanz erheblich vermindern.
                         Eine Beobachtungsstudie macht deutlich, welches Blutungs-                         Die Blutungen der Probandinnen
                         verhalten zu erwarten ist; die Therapieempfehlungen der                           wurden nach folgenden Gesichts-
                         AG Hormone des BVF sollen helfen, das für die individuelle                        punkten bewertet:
                         Patientin günstigste Vorgehen zu wählen.                                           Blutungen je Referenzperiode,
                                                                                                            Blutungen pro Monat,
                         Die überwiegende Mehrzahl der hor-       zeptive Sicherheit analog den Kom-        individuelle Blutungsmuster über
                         monalen Kontrazeptiva sind Kombi-        binationspräparaten gegeben.               den Zeitverlauf von 168 Tagen.
                         nationspräparate, die Ethinylestra-
                         diol (EE) in unterschiedlicher Dosie-    Östrogenfreie Pillen haben den Vor-      Entsprechend der Empfehlung der WHO
                         rung sowie Gestagene mit unter-          teil, nicht nur zyklusabhängige Be-      erfolgte die Beurteilung der Blutungs-
                         schiedlicher sekretorischer Potenz       schwerden wie menstruelle Migräne,       muster bei Gestagen-only-Systemen,
                         und Partialwirkung enthalten. Die        Dysmenorrhoe und prämenstruelles         bei denen in der Regel „28-Tage-Zy-
                         Dosierung der Gestagene entspricht       Syndrom zu vermeiden, sondern auch       klen“ nicht erkennbar sind, in Refe-
                         meist der anderthalb- bis zweifachen     östrogenbedingte Nebenwirkungen          renzperioden von jeweils 90 Tagen (3,
                         ovulationshemmenden Wirkung. Um          in Form von Ödemen, Mastodynie           4). Da im ersten Monat der Anwendung
                         östrogenbedingte Nebenwirkungen          u.a. zu bessern. Dies geht aber zu       oraler Kontrazeptiva wegen des Be-
                         zu vermeiden, wird die Östrogendo-       Lasten eines regelmäßigen Blu-           ginns mit der Medikation am ersten
                         sis zunehmend reduziert (von 50 µg       tungsgeschehens, da die Anwendung        Blutungstag verstärkt Zusatzblutun-
                         EE auf 20 µg EE und weniger).            aller östrogenfreien Systeme konti-      gen auftreten, wurde zusätzlich eine
                                                                  nuierlich ohne Pause erfolgt. Das in-    „verschobene Referenzperiode“ (Tag
                         Östrogenfreie Pillen                     dividuelle Blutungsverhalten und in-     29 bis Tag 118) eingeführt (s. Abb. 1
                         und ihre Charakteristika                 dividuelle Blutungsmuster sind bei       auf S. 135). Diese verschobene Refe-
                                                                  den Gestagen-only-Systemen nicht         renzperiode vernachlässigt also die
                         Darüber hinaus kommen östrogen-          vorhersehbar.                            ersten 28 Tage, die häufiger mit zu-
                         freie Systeme unterschiedlicher Ap-                                               sätzlichen Blutungen belastet sind. Da
                         plikationsart (oral, subdermal, intra-   Für die in der Praxis tätigen Gynäko-    sich die vorliegende Studie über 168
                         uterin, intramuskulär) zur Anwen-        loginnen und Gynäkologen ist es          Tage erstreckte, konnten sowohl die
                         dung. Bei den reinen Gestagen-Pil-       wichtig zu wissen, wie im Einzelfall     erste Referenzperiode und als auch die
                         len (Progestin-only-Pills = POP) muss    derartige irreguläre Blutungen ver-      verschobene Referenzperiode analy-
                         die „typische Minipille“ mit 30 µg Le-   laufen und vor allem, wie sie behan-     siert werden. Alle statistischen Aus-
                         vonorgestrel pro Tablette ohne Ovu-      delt werden können. Evidenzbasierte      wertungen erfolgten anhand nichtpa-
                         lationshemmung von der östrogen-         Studien liegen hierzu allerdings nicht   rametrischer Verfahren, da für die Da-
                         freien Pille mit 75 µg Desogestrel       vor, sodass hierbei Erfahrungswerte      ten keine Normalverteilung angenom-
                         und voller Ovulationshemmung un-         und Meinungen von Expertengruppen        men werden konnte.
                         terschieden werden.                      von Bedeutung sind. Dem soll auch
                                                                  die im Folgenden vorgestellte Beob-      Ergebnisse
                         Da die östrogenfreie Pille mit 75 µg     achtungsstudie dienen.
                         Desogestrel nicht nur die peripheren                                               Blutungsereignisse in der
                         Parameter wie Zervixschleim, Endo-       Material und Methode                     ersten Referenzperiode und der
                         metrium und Tube beeinflusst, son-                                                verschobenen Referenzperiode
                         dern über eine zentrale Inhibition       In dieser Studie wurden die individu-    In der ersten Referenzperiode war
                         der Achse Hypothalamus-Hypophyse-        ellen Blutungsmuster von 31 Proban-      eine Patientin (3,2%) amenorrho-
                         Ovar auch eine Hemmung der Ovula-        dinnen analysiert, die innerhalb einer   isch, 12,9% hatten ein bis zwei und
                         tion bewirkt, ist eine hohe kontra-      Präventionsstudie zur „Menstruellen      45,2% drei bis fünf Blutungsereig-

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                                                                                                           dungsmonat waren 5,4 Tage mit Spot-
 Definitionen                                                                                              tings zu beobachten und im sechsten
                                                                                                           Einnahmemonat 3,3 Tage.
 Einteilung der Blutungsereignisse nach Referenzperioden
  Referenzperiode        Einnahmedauer
                                                                                                           Im gleichen Zeitraum nahm die
                                                                                                           durchschnittliche Zahl der Tage mit
           1             1–90                                                                              regelstarken Blutungen von 3,3 Ta-
                         28–118 (verschobene Referenzperiode)
           2             91–180                                                                            gen auf 1,2 Tage ab (s. Abb. 3 auf
           3             181–270                                                                           S. 136). Der Anteil der Spottings an
           4             271–360                                                                           der Gesamtzahl der Blutungen blieb
 Bewertung der Blutungsereignisse                                                                          dabei mit drei Vierteln fast konstant.
 Amenorrhoe             keine Blutung                                                                      Die mittlere Blutungsintensität, in
 seltene B/S            1 oder 2 B/S-Episoden                                                              die sowohl Anzahl als auch Stärke der
 weniger häufige B/S    3 bis 5 B/S-Episoden                                                               Blutungen eingingen, reduzierte sich
 häufige B/S            6 oder mehr B/S-Episoden                                                           somit unter der östrogenfreien Pille
 verlängerte B/S        B/S-Episoden >14 Tage                                                              signifikant (p=0,008), was durch die
                                                                             B/S = Blutung/Spotting
                                                                                                           hochsignifikante Reduktion der Blu-
Abb. 1: Grundlagen für die Analyse der individuellen Blutungsmuster.
                                                                                                           tungsmaxima (p
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                                                                                                                         Endometrium zu supprimieren (2, 18,
                          Durchschnittliche Blutungsdauer in Tagen je Monat                                              19).

                                                          Blutungsdauer der Patientinnen                                 Da die östrogenfreien Pillen konti-
                          Zeitraum              maximal 6 Tage     bis 14 Tage       länger als 14 Tage                  nuierlich ohne Einnahmepause ein-
                          Monat 1                     17                      8                          6               genommen werden, ist nicht vorher-
                          Monat 2                     12                     16                          3               sehbar, welche Blutungsmuster auf-
                          Monat 3                     18                     10                          3               treten werden. Zusatzblutungen stel-
                          Monat 4                     22                      6                          3               len mit 25% den Hauptgrund für das
                          Monat 5                     25                      4                          2               Absetzen der östrogenfreien Pille dar
                          Monat 6                     20                      9                          2               (12).

                         Tab. 1: Mit zunehmender Einnahmedauer reduzierten sich die Blutungstage signifikant.            Für die in der Praxis tätigen Gynäko-
                                                                                                                         logen ist es bei der Ordination der ös-
                                                                                                                         trogenfreien Pille mit 75 µg Desoges-
                          Blutungsstärke je Monat                                                                        trel wichtig zu wissen, welche Blu-
                                                                                                                         tungsmuster individuell zu erwarten
                              10
                                                                                                                         und wie mögliche Zusatzblutungen
                                                                               Mittlere Anzahl der Tage mit
                                  8
                                                                                Blutungsereignissen insgesamt, davon:   behandelbar sind.
                                                                                  Spottings
                                                                                  regelstarke Blutungen
                                  6                                                                                      In der vorliegenden Arbeit wurden
                           Tage

                                                                                                                         die Blutungsmuster von 31 Patien-
                                  4
                                                                                                                         tinnen ausgewertet, die die östro-
                                  2                                                                                      genfreie Pille mit 75 µg Desogestrel
                                                                                                                         mit der Indikation „Menstruelle Mi-
                                  0
                                      Monat 1      Monat 2     Monat 3      Monat 4       Monat 5        Monat 6         gräne“ im Rahmen einer Beobach-
                                                                Medikationszeitraum                                      tungsstudie über sechs Monate (168
                                                                                                                         Tage) eingenommen haben (1).
                         Abb. 3: Die überwiegende Mehrzahl der Zusatzblutungen waren Spottings, nur wenige regel-
                         starke Zusatzblutungen.                                                                         Zuerst erfolgte eine Beurteilung nach
                                                                                                                         90-Tage-Referenzperioden. In der
                         Blutungsmuster auf, von denen in                Rauchen und dem Körpergewicht (8,               ersten Referenzperiode traten bei
                         Abbildung 4 (S. 138) einige darge-              16, 17).                                        61,3% der Patientinnen bis zu fünf
                         stellt sind.                                                                                    Blutungsereignisse auf, bei 38,7%
                                                                         Insbesondere aber ist die Häufigkeit            sechs und mehr oder gar Dauerblu-
                         Therapiebedürftige                              des Auftretens von Zusatzblutungen              tungen. In der verschobenen Refe-
                         Blutungen                                       abhängig von der Höhe der Östro-                renzperiode, in der die ersten 28 Ta-
                         Bei 10 (32,25%) der 31 Patientinnen             gendosis in den Kombinationsprä-                ge nicht mit berücksichtigt werden,
                         traten irreguläre und Dauerblutungen            paraten (8, 16). Je niedriger die Ös-           waren bei 74,2% bis zu fünf Blu-
                         in einer Häufigkeit und Stärke auf,             trogendosis ist, desto größer ist die           tungsereignisse zu verzeichnen. Da-
                         die der therapeutischen Intervention            Zahl der Zusatzblutungen besonders              von hatten 16,1% eine Amenorrhoe.
                         bedurften. Vier solcher Blutungs-               in den ersten drei Einnahmemona-                Dauerblutungen von 14 und mehr Ta-
                         muster sind in Abbildung 5 (S. 138)             ten. Sie reicht im ersten Anwen-                gen hatten noch 25,8% der Patien-
                         dargestellt.                                    dungsmonat von 24% bei Pillen mit               tinnen.
                                                                         30 µg Ethinylestradiol (EE) (15)
                         Diskussion der Ergebnisse                       über 27% bei 20 µg EE (5, 13) bis               Die Darstellung der Blutungsereig-
                                                                         zu 35% bei 15 µg EE (7).                        nisse nach Referenzperioden ist für
                         Zusatzblutungen unter oralen Kon-                                                               den Gynäkologen in der Praxis bei der
                         trazeptiva (OC) stellen für die meis-           Bei östrogenfreien Präparaten sind              Beratung der Patientin aber wenig
                         ten Patientinnen eine starke Belas-             ähnlich hohe Raten an Zusatzblu-                hilfreich. Es ist hierbei nicht erkenn-
                         tung dar und sind compliancemin-                tungen in den ersten Anwendungs-                bar, ob ein solches Blutungsereignis
                         dernd. Sie sind abhängig von der                monaten zu erwarten (6, 16). Hier               nur einen Tag oder aber mehrere Ta-
                         Östrogendosis, dem synthetischen                gibt es einen unmittelbaren Zusam-              ge dauert, und gerade das ist ja wich-
                         Gestagen, aber auch von externen                menhang zwischen der Art des syn-               tig für die Anwenderin. Deshalb ist
                         Faktoren wie Stress, der zusätzlichen           thetischen Gestagens und seiner Do-             eine Einteilung in Blutungstage pro
                         Einnahme von Medikamenten, dem                  sierung bezüglich seiner Potenz, das            Monat aussagekräftiger.

136                      FRAUENARZT  49 (2008)  Nr. 2
FORTBILDUNG + KONGRESS
                          Beispiele für nicht behandlungsbedürftige Blutungsmuster

                           Patientin 4: 6 Blutungstage (entspricht 1 Tag/Zyklus)                  Patientin 15: 30 Blutungstage (entspricht 5 Tage/Zyklus)

                             0         28        56         84          112       140     168       0         28        56         84          112    140       168
                                                  Medikationszeit in Tagen                                               Medikationszeit in Tagen

                           Patientin 21: 19 Blutungstage (entspricht 3 Tage/Zyklus)               Patientin 38: 23 Blutungstage (entspricht 4 Tage/Zyklus)

                             0         28        56         84          112       140     168       0         28        56         84          112    140       168
                                                  Medikationszeit in Tagen                                               Medikationszeit in Tagen

                           Patientin 43: 27 Blutungstage (entspricht 4 Tage/Zyklus)               Patientin 46: 18 Blutungstage (entspricht 3 Tage/Zyklus)

                             0         28        56         84          112       140     168       0         28        56         84          112    140       168
                                                  Medikationszeit in Tagen                                               Medikationszeit in Tagen

                           Tag mit regelstarker Blutung  Tag mit Spottings

                         Abb. 4: Die Mehrzahl der Patientinnen hatte nur zu Medikationsbeginn Blutungen, später kam es in vielen Fällen zur Amenorrhoe.

                          Beispiele für therapiebedürftige Blutungsmuster

                           Patientin 3: 67 Blutungstage (entspricht 11 Tage/Zyklus)               Patientin 9: 64 Blutungstage (entspricht 10,5 Tage/Zyklus)

                             0         28        56         84          112       140     168       0         28        56         84          112    140       168
                                                  Medikationszeit in Tagen                                               Medikationszeit in Tagen

                           Patientin 14: 140 Blutungstage (entspricht 23 Tage/Zyklus)             Patientin 76: 97 Blutungstage (entspricht 16 Tage/Zyklus)

                             0         28        56         84          112       140     168       0         28        56         84          112    140       168
                                                  Medikationszeit in Tagen                                               Medikationszeit in Tagen

                           Tag mit regelstarker Blutung  Tag mit Spottings

                         Abb. 5: Bei dem für die Patientinnen nicht tolerablen Blutungsmustern reichte das Spektrum von häufigen und starken Blutungen bis zu Dauer-
                         blutungen.

                         Innerhalb der sechs Einnahmemo-                      In unserer Klientel bluteten im ers-         und dies sowohl im ersten als auch
                         nate reduzierte sich die Zahl der                    ten Monat 17 Patientinnen (54,8%)            im sechsten Einnahmemonat.
                         Blutungstage um durchschnittlich                     bis nur maximal sechs Tage (eine Pa-
                         etwa die Hälfte, von 8,7 auf 4,6 Ta-                 tientin: Amenorrhoe), im Monat 5             Die mittlere Blutungsintensität, in
                         ge. Mit zunehmender Einnahmedau-                     und 6 sogar 25 (80,6%) bzw. 20 Pa-           die sowohl Anzahl als auch Stärke der
                         er ist mit einer Atrophie des Endo-                  tientinnen (64,5%), wobei bei zwölf          Blutungen eingehen, reduzierte sich
                         metriums und damit auch mit Ame-                     beziehungsweise 13 Frauen Amenor-            unter der östrogenfreien Pille signi-
                         norrhoen zu rechnen (16). Aller-                     rhoen auftraten. Nur noch zwei Frau-         fikant (p=0,008). Das heißt, es ist
                         dings ist die endometriale Response                  en (6,5%) hatten Dauerblutungen              mit zunehmender Einnahmedauer nur
                         bei Gestagenpillen schwer vorher-                    von 14 Tagen und länger. Drei Vier-          mit wenigen und leichten Spottings
                         sehbar (12).                                         tel dieser waren leichte Spottings,          oder gar Amenorrhoen zu rechnen.

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FORTBILDUNG + KONGRESS
Für die Praxis bedeutet dies, nicht zu    Optionen für die Behandlung von Zusatzblutungen
früh die Behandlung wegen zusätzli-       unter der östrogenfreien Pille
cher Blutungen abzubrechen, son-          (Erarbeitet von der AG Hormone des BVF* unter Leitung von Prof. Dr. H.-J. Ahrendt)
dern über den dritten Einnahmemo-
nat hinaus zu warten. Sollten sich         irreguläre Blutungen innerhalb der ersten drei Monate
dann immer noch Zusatzblutungen             bei niedrigem Endometrium (≤6 mm)
darstellen, ist es ratsam, mit einer        Option 1 1 Tabl. Ethinylestradiol 25 µg über 21 Tage zusätzlich
gezielten Behandlung zu beginnen.                      oder
                                                       50 µg E2-Pflaster über 4–7 Tage zusätzlich
Zu diesem Entschluss kommt man              Option 2 desogestrelhaltiges Kombinationspräparat über 21 Tage an Stelle
insbesondere dann, wenn man die in-                    der östrogenfreien Pille
dividuellen Blutungsmuster der ein-         Option 3 Tranexamsäure (Cyklokapron, Deutschland, Österreich)
zelnen Anwenderinnen analysiert.                       3 mal 1 Tabl. zusätzlich über 5 Tage
Dabei ist zu erkennen, dass sich die                   oder
Blutungsmuster über den Zeitverlauf                    Mefenaminsäure 500 mg (Ponstan, Schweiz) 2 mal 1 Tabl.
von sechs Monaten (168 Tage) bei je-                   über 5 Tage zusätzlich
der einzelnen Patientin grundsätzlich
unterscheiden. Keines dieser Bilder          bei hohem Endometrium (>6 mm)
gleicht dem anderen. Eine Systema-           Option 1 1 Tabl. Norethisteronacetat 2,5–5 mg über 10 Tage zusätzlich
tisierung der Blutungsverläufe ist           Option 2 Absetzen der östrogenfreien Pille für 4 Tage
kaum möglich. Dabei waren in unse-
rer Studie die Blutungsmuster von 21       irreguläre Blutungen nach mehr als dreimonatiger Einnahmezeit
Patientinnen (67,75%) unauffällig           bei niedrigem Endometrium (≤ 6 mm)
und nicht behandlungsbedürftig. Es          Option 1 1 Tabl. Ethinylestradiol 25 µg über 21 Tage zusätzlich
handelte sich meist nur um anfäng-                     oder
lich auftretende Blutungen und spä-                    50 mg E2-Pflaster über 4 Tage zusätzlich
ter Amenorrhoen. Andere wiesen im-          Option 2 desogestrelhaltiges Kombinationspräparat an Stelle der
mer wiederkehrende leichte Spot-                       östrogenfreien Pille
                                            Option 3 Doxycyclin 100 mg über 10 Tage
tings auf. 10 der 31 Patientinnen
                                            Option 4 Tranexamsäure (Cyklokapron, Deutschland, Österreich)
(32,25%) hatten dagegen nicht to-
                                                       3 mal 1 Tabl. zusätzlich über 5 Tage
lerable, behandlungsbedürftige Blu-                    oder
tungen, die von häufigen und star-                     Mefenaminsäure 500 mg (Ponstan, Schweiz)
ken Blutungen bis zu Dauerblutun-                      2 mal 1 Tab. über 5 Tage zusätzlich
gen reichten.
                                             bei hohem Endometrium (>6 mm)
Es ist also wichtig, solche individu-        Option 1 1 Tab. Norethisteronacetat 2,5–5 mg über 10 Tage
ellen Blutungsmuster zu kennen, um           Option 2 1 Tab. Cerazette über 28 Tage zusätzlich
daraus einerseits Schlüsse für das ei-       Option 3 Absetzen der östrogenfreien Pille für 4 Tage
gene ärztliche Verhalten und ande-
rerseits therapeutische Optionen für      * Mitglieder der AG Hormone:                  unter weiterer Mitarbeit von:
die „Behandlung“ von irregulären,         – Prof. Dr. med. Hans-Joachim Ahrendt,        – Prof. Dr. med. Johannes Bitzer, Basel
die Anwenderin belastenden Blutun-          Magdeburg                                   – Prof. Dr. med. Christian Ergarten, Wien
gen abzuleiten.                           – Dr. med. Christian Albring, Hannover        – Dr. med. Hans-Uwe Feldmann, Essen
                                          – Prof. Dr. med. Cosima Brucker, Nürnberg     – Dr. med. Silke Jensen-El Tobgui,
                                          – PD Dr. med. Dolores Foth, Köln                Frankfurt/Main
 Therapeutisches Vorgehen                – Prof. Dr. med. Gunther Göretzlehner,        – Dr. med. Claudia Linemayr-Wagner, Wien
Für das therapeutische Vorgehen lie-        Rostock                                     – Dr. med. Rolf Maek, Essen
                                          – Prof. Dr. med. Peyman Hadji, Marburg        – Dr. med. Gabriele Merki, Zürich
gen keine validierten Daten vor. Es       – Dr. med. Werner Harlfinger, Mainz           – Dr. med. Klaus Peters, Hamburg
muss deshalb auf klinische Erfahrun-      – Prof. Dr. med. Ulrich Karck, Stuttgart      – Prof. Dr. Dr. med. Thomas Rabe,
gen und Beobachtungsstudien zu-           – Dr. med. Klaus König, Steinbach               Heidelberg
                                          – Dr. med. Armin Malter, Merzig               – Dr. med. Katrin Schaudig, Hamburg
rückgegriffen werden. Dabei sollte        – Prof. Dr. med. Alfred O. Mueck, Tübingen    – Prof. Dr. med. Karl-Werner Schweppe,
zunächst gefragt werden:                  – Prof. Dr. med. Alexander Teichmann,           Westerstede
– Treten die Zusatzblutungen in den         Aschaffenburg
                                          – Prof. Dr. med. Hans-Peter Zahradnick,
  ersten drei Anwendungsmonaten             Freiburg i. Br.
  oder später auf?
– Stellt sich ein hoch aufgebautes
  Endometrium (mehr als 6 mm),           Tab. 2: Zusammenstellung der Therapieoptionen bei irregulären Blutungen.

                                                                                                      FRAUENARZT  49 (2008)  Nr. 2   139
FORTBILDUNG + KONGRESS
                           ein niedriges oder gar atrophi-        Erkenntnisse berufen. Dementspre-                    during the normal cycle and under the
                                                                                                                       influence of contraceptive steroids. In:
                           sches Endometrium dar?                 chend vielfältig sind auch die thera-                d’Arancues C, Fraser IS, Newton JR et al
                                                                  peutischen Optionen, die in Tabelle                  (eds): Contraception and mechanisms of
                                                                                                                       endometrial bleeding. Cambridge: WHO.
                         In den ersten drei Anwendungs-           2 (S. 139) dargestellt sind.                         Cambridge University Press, 1990. p. 53–81.
                         monaten ist vor allem mit einer hor-                                                       11. Kaewrudee S et al.: The effect of mefena-
                         monellen Dysregulation zu rechnen.                                                            mic acid on controlling irregular uterine
                                                                  Literatur                                            bleeding secondary to Norplant use.
                         Die kontinuierliche östrogenfreie Me-     1. Ahrendt HJ et al.: Präventive Wirkung            Contraception 60 (1999) 25–30.
                         dikation bedingt eine Suppression            hormoneller Kontrazeptiva (75µg Deso-         12. Kovacs G: Progestogen-only pills and
                                                                                                                       bleeding disturbances. Hum Reprod 11
                         der Ovarien sowie eine fehlende Pro-         gestrel vs. 150µg Desogestrel plus 30µg
                                                                                                                       (1996) 20–23.
                                                                      Ethinylöstradiol im Langzyklus) bei
                         liferation und eine irreguläre Sekre-        menstrueller Migräne. Frauenarzt 48           13. Lammers P, Op ten Berg: Phase III clinical
                         tion (9). Hier scheint eine hormo-           (2007) 1186–1192.                                trial with a new oral contraceptive contai-
                                                                   2. Bachmann G, Korner P: Bleeding patterns          ning 150 µg desogestrel an 20 µg ethinyl-
                         nelle Therapie je nach Endometrium-          associated with oral contraceptive use: a        estradiol, Acta Obstet Gynecol Scand 79
                         dicke wohl die beste Option.                 review of the literature. Contraception 76       (1991) 497–500.
                                                                      (2007) 182–189.                               14. Olsson SV et al.: Clinical results with sub-
                                                                   3. Belsey EM et al.: The analysis of vaginal        cutaneous implants containing 3-keto De-
                         Später auftretende Blutungen sind            bleeding patterns included by fertility          sogestrel. Contraception 42 (1990) 1–11.
                         wahrscheinlich auf Störungen des vas-        regulation methods. Contraception 34          15. Rekers H: Multicenter trial of a monopha-
                                                                      (1986) 253–260.                                  sic oral contraceptive containing ethinyl-
                         kulären Kompartiments des Endome-         4. Collaborative Study Group on the Deso-           estradiol and desogestrel, Acta Obstet
                         triums zurückzuführen. Möglicherwei-         gestrel-containing Progestogen-only Pill:        Gynecol Scand 67 (1988) 171–174.
                                                                      A double-blind comparing the contracep-       16. Römer T: Blutungsstörungen unter Ovula-
                         se sind sie besonders bei atrophi-                                                            tionshemmern. Gynäkol Endokrinol 5
                                                                      tive efficacy, acceptability and syfety of
                         schem Endometrium durch eine An-             two progestogen-only pills containing            (2007) 66–70.
                         giogenese-Störung bedingt (16).              desogestrel 75 µg/day or levonorgestrel       17. Römer T (Hrsg.): Therapeutischer Einsatz
                                                                      30 µg/day. Eur J Contracept Reprod               hormonaler Kontrazeptiva, 1. Aufl. UNI-
                         Diskutiert werden u.a. eine Unterdrü-        Health Care 3 (1998) 169–178.                    MED-Verlag, Bremen, 2005.
                         ckung der Entwicklung der endome-         5. Düsterberg et al.: A three years clinical     18. Rice C et al.: Ovarian activity and vaginal
                                                                      investigation in to efficacy, cycle control      bleeding patterns with a desogestrel-only
                         trialen Spiralarterien durch Progeste-       and tolerability of a new low-dose mono-         preparation at three different doses. Hum
                         ron und eine dadurch veränderte Hä-          phasic oral contraceptive containing ge-         Reprod 11 (1996) 737–740.
                         mostase (10), eine verstärkte Venen-         stodene. Gynecol Endocrinol 10 (1996)         19. Rice C et al.: The effect of desogestrel
                                                                      33–39.                                           75µg and levonorgestrel 30µg on the en-
                         bildung und Venenerweiterung im           6. ESHRE Capri Workshop Group: Ovarian              dometrium and bleeding patterns over one
                         endometrialen Übergang (9, 12, 22)           and endometrial function during hormo-           year. Br J Obstet Gynaecol 105 (1998)
                                                                      nal contraception. Hum Reprod 16 (2001)          Suppl 17, 114.
                         sowie eine Veränderung der Leukozy-          1527–1535.                                    20. Song YV et al.: Effect of high-dose proge-
                         ten im Sinne eines entzündlichen Pro-     7. Gestoden Study Group: The effects of an          stogens on white cells and necrosis in hu-
                         zesses (20, 23). Dies führt zunehmend        oestrogen-free, deogestrel-containing oral       man endometrium. Hum Reprod 11 (1996)
                                                                      contraceptive in women with cyclical             1713–1718.
                         zu einer mikrovaskulären Brüchigkeit         symptoms: Results from two studies on         21. Sulak P et al.: Acceptance of altering the
                         und bedingt dadurch die irregulären          oestrogen-related symptoms and dysme-            standard 21 day/7 day oral contraceptive
                                                                      norrhoea. Eur J Contraception Reprod             regimen to delay menses and reduce hor-
                         Blutungen (9). In diesen Fällen von          Health Care 12 (2007) 354–361.                   mone withdrawal symptoms. Am J Obstet
                         meist atrophischem Endometrium hat        8. Göretzlehner G et al. (Hrsg.): Praktische        Gynecol 186 (2002) 1142–1149.
                         eine Behandlung mit den Fibrinolyse-         Hormontherapie in der Gynäkologie.            22. Taubert HD, Kuhl H (Hrsg.): Kontrazepti-
                                                                      4. Aufl. de Gruyter, Berlin, 2003.               on mit Hormonen. 2. Aufl. Thieme, Stutt-
                         hemmer Tranexamsäure (9) oder dem         9. Hickey M et al.: Vaginal bleeding distur-        gart, 1995.
                         Prostaglandin-Synthese-Inhibitor Me-         bances and implantable contraceptives.        23. Vincent AJ, Salamonsen LA: MMP, leuco-
                                                                      Contraception 65 (2002) 75–84.                   cytes and steroid-associated uterine blee-
                         fenaminsäure (11) in Studien sowie       10. Johannisson E: Endometrial morphology            ding. Hum Reprod 15 (2000) 135–144.
                         auch in der Praxis zu längeren blu-
                         tungsfreien Zeiträumen geführt. Bei-
                         de Substanzen können ein Anwachsen
                         der vaskulären Stabilität bewirken.

                         Da eine subklinische Endometritis         Autoren
                         (23) ebenso als Blutungsursache dis-
                         kutiert wird, kann auch eine Be-
                         handlung mit Doxycyclin zum Erfolg        Prof. Dr. med.                                    Dipl.-Stat. (FH)
                         führen. Da eine exakte Ursache für        Hans-Joachim Ahrendt                              Daniela Kose
                         eine irreguläre Blutung unter der         Frauenarztpraxis und Tagesklinik                  Institut für Biometrie und
                         Langzeiteinnahme einer östrogen-          Halberstädter Straße 122                          Medizinische Informatik
                         freien Pille meist nicht ausgemacht       39112 Magdeburg                                   Medizinische Fakultät der
                         werden kann, muss sich die indivi-                                                          Otto-von-Guericke-Universität
                         duelle Therapie auf diese durch ein-                                                        Leipziger Straße 44
                         zelne Studien und klinische Erfah-                                                          39120 Magdeburg
                         rungen gestützten Hypothesen und

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