Strut Grafts und Femurteilersatz zur Versorgung periprothetischer Femurfrakturen

Die Seite wird erstellt Kuno Bruns
 
WEITER LESEN
385

Strut Grafts und Femurteilersatz zur Versorgung
periprothetischer Femurfrakturen
C. Aigner, R. Windhager

Die Behandlungsstrategie der periprothetischen           sein kann. Bei zementierten Systemen führen Anboh-
Fraktur verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele, die         ren und Schraubenbesetzung regelmäßig zum Bruch
knöcherne Konsolidierung der Fragmente zu ge-            des Zementmantels, verminderte Implantatstabilität
währleisten und ein langfristig stabiles Implantat zu    bis zur Auslockerung ist die Folge. Um diese techni-
erzielen. Die Herausforderung liegt in der fallgerech-   schen Probleme zu umgehen, wurden Plattensyste-
ten Auswahl eines Therapieverfahrens, das die            me entwickelt, die distale Schrauben mit Kabelcer-
Reposition so lange halten kann, bis die Knochen-        clagen bzw. Stahlbändern auf Schafthöhe kombinie-
heilung stattgefunden hat und dabei das Implantatla-     ren (Ogden und Rendall 1978, Radcliffe und Smith
ger nicht schädigt. Konventionelle Osteosynthese-        1996). Die konventionelle Plattenosteosynthese hat
verfahren können diese Ziele in relevanter Fallzahl      bei periprothetischer Fraktur eine konstante Versa-
nicht gewährleisten, sodass Bedarf für neue Verfah-      gensrate von 30 bis 50 %. Refraktur und Pseud-
ren gegeben ist. Kortikale Allografts hatten sich seit   arthrose sind die häufigsten Komplikationen, gefolgt
den 1980er Jahren bei der Revision von Hüftprothe-       von Fehlstellungen, Infekt und Schaftlockerungen
senschäften bewährt, sodass deren Einsatz zur            (Adolphson et al. 1987, Beals und Tower 1996, Blat-
Therapie der periprothetischen Femurfraktur nahe         ter et al. 1989, Mont und Maar 1994). Kommt es zur
lag. Sie wurden wegen ihrer stützenden Funktion als      Frakturheilung, führt die in situ belassene Platte zum
„Strut Grafts“ bezeichnet. Knöcherne Defekte des         Stress Shielding, woraus Knochenatrophie mit Spät-
Femurs müssen entweder biologisch rekonstruiert          komplikationen folgen kann (Mont und Maar 1994).
oder mit einem Kraftträger überbrückt werden. Wenn
diese Methoden nicht mehr möglich sind, sind             Aus biologischer Sicht ist die weitgehende oder voll-
Resektionsprothesen das Mittel der Wahl.                 ständige Unterbrechung der periostalen Durchblu-
                                                         tung unter dem Plattenlager entscheidend. Da auf
Ein im Rahmen einer periprothetischen Fraktur aus-       Höhe des Prothesenschaftes die endostale Durch-
gelockertes zementfreies oder zementiertes Implan-       blutung durch die Lagerpräparation, den Zement-
tat integriert ossär nicht wieder und sollte nach Mög-   mantel oder das press-fit Implantat geschädigt ist,
lichkeit gewechselt werden. Die notwendige primäre       erfolgt die Knochenversorgung fast ausschließlich
Verankerung muss außerhalb der Frakturzone ange-         über das Periost. Fällt dieses aus, kann lokale keine
strebt werden (Crockarell et al. 1999), wofür die        Knochenheilung erfolgen, Pseudarthrose und Re-
Kriterien der Schaftrevision gelten (Paprosky et al.     fraktur sind die Folge. Erste Versuche, die periostale
2001). Bei zementierten Schäften ist darauf zu ach-      Durchblutung auf Frakturniveau zu respektieren bzw.
ten, dass zwischen den Frakturlinien kein Zement         regenerieren zu lassen, erfolgten mit speziell
austritt, da in diesem Fall keine Knochenheilung         geschränkten Stahlplatten, die auf einer Strecke von
erfolgen kann.                                           5cm um 1 bis 2 cm von der Kortikalis abgehoben
                                                         sind (Blatter und Weber 1990). Diese „Wellenplatte“
                                                         hat sich in der klinischen Praxis gerade in Revisions-
Konventionelle Osteosynthese                             fällen bewährt und unterstreicht die Wertigkeit dieses
                                                         biologischen Ansatzes (Blatter et al. 1989).
Jedes Osteosyntheseverfahren hat in Bezug auf die
Anwendung bei der periprothetischen Fraktur allge-
meine und spezielle Limitierungen. So sind Cerclagen     Kortikale Allografts - Grundlagen
bei queren Brüchen, bei kurzen Schräg- und Biege-
frakturen systembedingt nicht anwendbar. Zerklagen       Kortikale Allografts wurden in den 1980er Jahren bei
haben bei Frakturen auf Höhe des Prothesenschaftes       der Revision von Hüftprothesenschäften in großer
Sanierungsraten von 95 bis 100 %, aber eine Versa-       Zahl zur Überbrückung von Defekten oder zur Schie-
gensrate von 45 %, wenn die Bruchlinie unterhalb         nung transfemoraler Zugänge verwendet. In zahlrei-
der Prothesenspitze liegt (Mont und Maar 1994).          chen Literaturberichten wurde von der regelmäßigen
Wesentliche technische Schwierigkeiten ergeben           Integration der Grafts und einer niedrigen Komplika-
sich bei der Plattenosteosynthese durch das intra-       tionsrate berichtet (Allan et al. 1991, Emerson et al.
medulläre Implantat, sodass auf Schafthöhe nur eine      1992, Head et al. 1993, Head et al. 1994, Pak et al.
monokortikale Schraubenlage möglich ist und bei          1993). Anhand der radiologischen Auswertung wur-
voluminösem Implantatquerschnitt sogar unmöglich         den typische Veränderungen der Allografts beschrie-
386                                                                                    C. Aigner, R. Windhager

ben und klassifiziert (Emerson et al. 1992). Resorpti-   len Kortex und gleichmäßigere Lastübertragung auf
onsphänomene traten immer auf und waren nach             die Konstruktion. Die Ogdenplatte zeigte am media-
durchschnittlich 8 Monaten zu beobachten. Das            len Kortex eine Belastungsspitze auf Höhe des Pro-
„Roundoff“ beschreibt die Abrundung der Enden des        thesenschaftes, während beim lateralen Strut die
Strut, als „Skalloping“ werden bogenförmigen Sub-        Druckbelastung gleichmäßig um die Frakturhöhe
stanzverluste an der den Weichteilen zugewandten         verteilt war.
Seite bezeichnet. „Bridging“ ist ein Appositionszei-
chen, das als Überbrückung zwischen Femur und            Erste biomechanische Tests untersuchten Axial-,
Graft imponiert, das nach 8 Monaten eine inkomplet-      Biege- und Torsionssteifigkeit mit dem Widerstand
te und nach 12 ein komplette Verbindung ergab. Die       gegen Fragmentverschiebung als Vergleichspara-
„Cancellization“ trat bei 22 % der Patienten nach        meter (Dennis et al. 2000). Stahlplatten mit proximal
einem Zeitintervall von 27 Monaten auf und umfasst       unikortikalen und distal bikortikalen Schrauben
ein trabekuläres Muster, eine Verminderung der           waren in allen drei Ebenen signifikant stabiler als
Strahlendichte und das völlige Verschwinden der          bikortikale Strut Grafts, Ogdenplatte und Stahlplatte
Grenzlinie zwischen Strut und Femur. Diese Verände-      mit Kabelcerclagen. Die bikortikalen Struts waren
rungen sind ein Indikator für eine komplette Inkorpo-    unter axialer Belastung signifikant stabiler als Stahl-
ration sowie ein Zeichen für die Revaskularisierung      platten mit Kabeln und Ogden-Platte (3010N/mm
des Graft. Insgesamt fand in 96,4 % eine ossäre          versus 1105 N/mm bzw. 923 N/mm), während das
Integration des Graft innerhalb der ersten 8 Monate      Ogden-System höhere Biegesteifigkeit (211 N/mm
statt, die resultierende Vergrößerung und Verbesse-      versus 150 N/mm) und eine signifikant höhere Torsi-
rung der Knochensubstanz wird als günstiger Faktor       onssteifigkeit (12,5 N7mm versus 9,1 N/mm) ergab.
angesehen.                                               Die Autoren ziehen den Schluss, das unter Berück-
                                                         sichtigung der Testlimitierungen Schrauben höhere
Bereits in den 1980er Jahren haben Studien am            Stabilität als Kabelcerclagen ergeben.
Kaninchen Grundlagen für die Verwendung kortikaler
Allografts in der Frakturbehandlung erbracht. Beim       In einer weiteren Studie wurde die interfragmentäre
Vergleich der Knochenheilung zwischen einer kon-         Bewegung als Parameter in Translation und Rotation
ventionellen Stahlplatte und einer Platte aus kortika-   herangezogen (Wilson et al. 2005). Verglichen wur-
lem Knochen wurden beide Systeme mit handelsüb-          den Ogden - System, bikortikale Strut Grafts (lateral
lichen Kortikalisschrauben aus Stahl über einer que-     und anterior) und die Kombination einer Ogden Plat-
ren Osteotomie fixiert (Malinin et al. 1984). Nach       te mit einem anterioren Strut Graft. Die geringste
12 Wochen war bei der Stahlplatte radiologisch kein      Translation wurde bei der Kombination von Platte
Kallus nachweisbar. Die biomechanische Belastbar-        und Strut Graft beobachtet, diese und das alleinige
keit der Konstruktion lag unter 50 % des Ausgangs-       Strut Graft waren signifikant stabiler als die Platteno-
wertes, während die kortikale Platte schon über          steosynthese nach dem Ogden Prinzip (p=0,028).
75 % Belastbarkeit verfügte und einen deutlichen         Die interfragmentäre Rotation war beim Ogden –
Kallus aufwies. Histologisch wurde bei kortikalen        Prinzip durchschnittlich 1,8° größer als bei den bei-
Platten regelmäßig eine Vaskularisation des Graft        den anderen Verfahren (p=0,027). Die Autoren kom-
gefunden, das in weiterer Folge in vitalen spongiösen    men zu dem Schluss, dass die Kombination einer
Knochen umgewandelt wurde (Emerson et al. 1992).         lateralen Platte mit einem anterioren Strut Graft die
                                                         stabilste Versorgungsvariante bei der induzierten
Ein weiterer Vorteil kortikaler Allografts ist ihre      Querfraktur ist. Da innerhalb der Verfahren keine
mechanische Schwächung, die nach 4 - 6 Monaten           Variationen in Translation und Rotation gefunden
das Maximum erreicht (Springfield 1987), da nun der      wurden, dürfte die Fragmentbeweglichkeit von der
Eigenknochen wieder volle Lastübertragung erfährt        Art der Fraktur und nicht von der Versorgungsform
und Stress Shielding vermieden wird.                     abhängen.

Finite-Elemente -Berechnungen und biomechani-
sche Tests am Leichenknochen wurden für kurze            Operationstechnik
Schrägfrakturen unterhalb der Prothesenspitze
(Mont Typ 4) mit stabilem Hüftschaft (Vancouver B1)      Das allogene kortikale Graft dient als externe biologi-
durchgeführt. In einer zweidimensionalen Finite-Ele-     sche Platte und wird als Strut (engl. = Stütze, Strebe)
mente-Berechnung wurden Ogdenplatte, unilaterales        bezeichnet. In der publizierten Operationstechnik wer-
Strut Graft und eine frakturüberbrückende Lang-          den zwei unterschiedliche Methoden für die reine Dia-
schaftprothese miteinander verglichen (Mihalko et al.    physenfraktur bzw. die suprakondyläre Femurfraktur
1992). Strut grafts hatten im Vergleich zur Ogden-       beschrieben (Chandler und Peneberg 1989, Penen-
platte bessere Kraftübertragung auf den Schaft pro-      berg et al. 1989) und die postoperative Mobilisation
ximal der Fraktur, geringere Zugbelastung am latera-     mit Teilbelastung bis zu 60 Pfund (27 kg) angeregt.
Strut Grafts und Femurteilersatz zur Versorgung periprothetischer Femurfrakturen                                    387

1) Für Diaphysenfrakturen distal eines stabilen Hüft-        wechsel. Die Infektrate von 1 % wird auch unter
   schaftes wird die bikortikale Applikation empfoh-         Verwendung kortikaler Allografts zur Defektrekon-
   len. Hiezu wird eine ganze ipsilaterale Femurdia-         struktion bei Schaftrevisionen berichtet (Gross et al.
   physe halbiert, die freien Ränder werden mit einer        1995, Head et al. 1993). Die regelmäßig beobachtete
   Hochgeschwindigkeitsfräse abgeflacht und das              radiologische Integration der Grafts kann als Hinweis
   Strut so abgelängt, dass es zumindest 10 cm               auf lokal suffiziente Durchblutung interpretiert wer-
   über die Bruchlinie hinaus reicht. Mindestens vier        den. Humane histologische Präparate, die diese
   Cerclagen im Abstand von 4 bis 5 cm sollen                Annahme bestätigen, fehlen bisher.
   angebracht werden, wobei die Autoren 2,0 mm
   dicken Kabeln den Vorzug gegeben und eine                 Im Vergleich von konventioneller Plattenosteosynthe-
   autologe Spongiosaplastik vom Beckenkamm an               se und Strut Grafts bei Vancouver B1 Frakturen
   die Fraktur empfehlen.                                    waren bei 12 Plattenosteosynthesen zwei Refraktu-
                                                             ren und ein distaler Plattenausriss aufgetreten, bei
2) Für distale Femurfrakturen wird die Kombination           den 7 Strut Grafts konsolidierten alle Frakturen. Die
   einer von lateral oder medial angebrachten kon-           Anzahl der Folgeoperationen war bei Plattenosteo-
   ventionellen Stahlplatte vorgeschlagen, deren             synthese signifikant größer, und es bestand eine
   Schrauben bis in das kontralateral applizierte            Tendenz zu geringerem Blutverlust und besseren
   Allograft reichen.                                        mittelfristigen Ergebnissen in der Gruppe der Strut
                                                             Grafts (Aigner et al. 2002).

Literaturergebnisse
                                                             Eigene Ergebnisse
Bisher wurden in Fallgruppen und Kasuistiken insge-
samt 141 ausgewertete Fälle publiziert (Aigner et al.        In unserem eigenen Patientengut wurden zwischen
2002, Barden et al. 2003a, Barden et al. 2003b,              1996 und 1999 21 periprothetische Frakturen mit
Chandler 1998, Haddad und Duncan 2003, Haddad                Strut Grafts versorgt. Die Frakturen waren zwischen
et al. 2002, Logel et al. 1999, Wang und Wang 2000,          einem Monat und 10 Jahren (Mittelwert 3,5 Jahre)
Wong und Gross 1999). Bei sehr inhomogenem Pati-             nach der Implantation aufgetreten, in 8 Fällen war
entengut wurden sowohl unilaterale als auch bi-              bereits eine Revision des Hüftschaftes vorausgegan-
kortikale Applikationen durchgeführt, lockere Hüft-          gen. Ein adäquates Trauma wurde in 13 Fällen erho-
schäfte wurden außer in begründeten Fällen simultan          ben.
gewechselt. In diesem Kollektiv traten insgesamt
1 Refraktur, 7 Pseudarthrosen, 5 Deformitäten unter          Die Frakturen wurden in 18 Fällen als Vancouver B
10° und ein tiefer Infekt auf, letale Ausgänge wurden        klassifiziert, davon waren 8 Hüftschäfte stabil
nicht beobachtet. Die Sanierungsrate des Gesamt-             (Abb. 1), 7 ausgelockert (Abb. 2) und in 3 Fällen
kollektivs liegt bei 96 %, die der Einzelgruppen             waren Trümmerfrakturen oder Knochendefekte des
zwischen 90 und 100 % (Tab. 1). Die Ergebnisse sind          Femur vorhanden (Abb. 3). Vancouver B1 Frakturen
für die Therapie von Primär- und Refrakturen gleich          wurden mit einem lateralen Strut Graft stabilisiert, in
und unabhängig von einem durchgeführten Schaft-              allen B2 Fällen wurde auf eine Langschaftprothese

Tab. 1 Ergebnisse periprothetischer Frakturversorgung mit Strut Graft.
       Typ = Frakturtyp nach Vancouver Klassifikation

Autor                   Jahr           Typ            N        Saniert          Versagen

Logel                   1999                         10           9             1Pseudarthrose

Wong                    1999                         52           50            2 Pseudarthrosen

Haddad                  2002                         40           39            4 Pseudarthrosen
                                                                                1 Infekt

Aigner                  2002            B1            7           7

Barden                  2002            B2           13           12            1 Nachsinken (fibröse Stabilität)

Barden                  2003            B3           19           18            1 Refraktur

Gesamt                                              141          135            10 (8%)
                                                   (96%)
388                                                                                    C. Aigner, R. Windhager

Abb. 1 Mehrfragmentfraktur des rechten Femurs mit
gelocktem Hüftschaft und normaler Knochensubstanz
(Vancouver B2).

gewechselt und ein laterales Strut oder bikortikale
Struts appliziert. Bei den B3 Frakturen wurde einmal
eine Girdlestonesituation angelegt und die Fraktur
mit einer lateralen Platte und einem anterioren Strut
versorgt, zweimal wurde auf ein distal zementiertes
Langschaftsystem mit bilateralem Strut Graft
gewechselt. Die distalen Femurfrakturen (Vancouver
C) wurden zweimal mit lateraler Kondylenplatte und      Abb. 2 Ein Jahr nach Versorgung mit Langschaftprothese
medialem Strut (Abb. 4) versorgt, einmal war eine       und bikortikalen Strut Grafts ist die Fraktur konsolidiert,
                                                        sind die Grafts inkorporiert und der Hüftschaft ist ossär
Langschaftprothese mit bilateralem Strut möglich.
                                                        integriert.

Im Verlauf waren zwei Hüftschäfte um 5 bzw. 10mm
nachgesunken (Abb. 1), blieben dann aber stabil. Bei
Strut Grafts und Femurteilersatz zur Versorgung periprothetischer Femurfrakturen                              389

                                                           Abb. 4 Versorgung einer distalen Femurfraktur mit einer
                                                           lateralen Kondylenplatte, deren Schrauben in ein medial
                                                           appliziertes Strut Graft reichen.

Abb. 3 2 Jahre nach Schaftwechsel und bikortikalen Strut
Grafts ist das mediale Graft weitgehend resorbiert, das
laterale Graft ist hingegen inkorporiert. Die Enden sind
abgerundet und wellenförmige Resorptionen an der Seite
zur Muskulatur aufgetreten. Einige Kabelcerclagen sind
deutlich gelockert.
390                                                                                    C. Aigner, R. Windhager

einer suprakondylären Fraktur kam es zur Pseudar-       thesen auch im mittelfristigen Verlauf ausgezeichnete
throse und Refraktur, die wegen einer 5 cm langen       klinische und radiologische Ergebnisse erbracht. Im
zirkulären Defektzone mit einem totalen Femurersatz     Vergleich zur Plattenosteosynthese waren Patienten
saniert werden musste. Bei einer Patientin wurde        mit proximalem Femurersatz um 8 Wochen früher
nach 5 Jahren wegen eines chronischen Prothesen-        schmerzfrei und hatten weniger Komplikationen bei
infektes eine Girdlestonehüfte angelegt.                einer Luxationsrate von 8 %. (Dorotka et al. 2000).
                                                        Die Verwendung von Systemen, die eine sichere
Die Kabelcerclagen mussten in einem Fall wegen          Refixation der Glutealmuskulatur erlauben, hat diese
schmerzhafter muskulärer Irritation entfernt werden.    Reduktion der Luxationshäufigkeit von 20 - 30%
20 von 21 Frakturen (95 %) konnten saniert werden,      ermöglicht.
in der Klassifikation nach Mont ergaben sich 17 sehr
gute und 2 gute Ergebnisse, zwei Fälle (Refraktur und
Spätinfekt) wurden als Versagen gewertet. Die Sanie-    Diskussion
rungsrate liegt in diesem Kollektiv bei 90,5 %.
                                                        Die Erwartungen an Strut Grafts bei der Therapie der
                                                        periprothetischen Femurfraktur konnten im mittelfri-
Resektionsprothesen                                     stigen klinischen Verlauf mit Sanierungsraten von
                                                        90% und darüber bestätigt werden. Die biomechani-
Bei unzureichender Knochenqualität ist die primäre      schen Tests haben sowohl für bi- als für monokorti-
Rekonstruktion unter Umständen nicht mehr mög-          kale Strut Grafts ausreichende axiale Steifigkeit und
lich. Zirkuläre Knochendefekte, Trümmerzonen oder       Rotationsstabilität ergeben. Strut Grafts waren alter-
hochgradige Knochenatrophie erfordern eine Verla-       nativen Plattensystemen mit proximaler oder voll-
gerung der Verankerung in distale Zonen des Femurs,     ständiger Cerclagenfixierung überlegen. Da schrau-
eventuell auch in die Tibia. Avitales Knochenmaterial   benbesetzte Platten die höchste Stabilität erzielten,
sollte grundsätzlich entfernt werden, wodurch           ist die Verbindung einer lateralen Platte mit einem
Defektzonen entstehen, die rekonstruiert oder über-     anterioren Strut Graft eine viel versprechende Variante.
brückt werden müssen. Therapieversuche mit
zementierten oder zementfreien Langschaftprothe-        Die im Tiermodell beschriebenen histologischen Ver-
sen in dieser Situation sind keine empfohlene Thera-    änderungen können derzeit nur radiologisch doku-
piestrategie, aber eine häufige Versagensursache. In    mentiert werden, da humane Präparate bisher nicht
diesen Fällen sind modulare Resektionsprothesen,        publiziert wurden.
Composite Allografts oder die Resektionsarthropla-
stik vorzusehen.                                        Die ideale Länge des Strut Graft ist weder für die
                                                        laterale noch für die anteriore oder bikortikale Tech-
Moderne modulare Resektionsprothesen erlauben           nik bekannt, eine Frage, die sich aber nur für kurze
den schrittweisen Ersatz des Femurs bis zum totalen     Bruchlinien stellt. Bei langen Frakturlinien sollte distal
Femur inklusive Kniegelenk und der proximalen           möglichst weit über das Bruchende gegangen wer-
Tibia. Die Verankerungen sind zementfrei oder           den, während auf Schafthöhe kaum über das Tuber-
zementiert möglich. Teile des Knochens können           kulum illuminatum hinausgegangen werden kann.
belassen werden, bei schlanken Prothesendesigns
kann der gesamte Femur als Doppelschale belassen        Die Verfügbarkeit geeigneter Kortikaler Allografts ist
werden. Als Nachteile werden die Bildung eines          limitiert. Häuser mit eigener Knochenbank können
Stress riser an der Resektionsgrenze und der Verlust    ihren Bedarf selber decken, andere müssen bei kom-
physiologischer Knochen- und Weichteilverankerung       merziellen Institutionen zukaufen und mit Kosten von
angeführt. Sogenannte Tumorprothesen haben Ver-         € 340.- für eine 250 mm lange halbe Femurdiaphy-
ankerungen für die Abduktoren und die Psoassehne        se rechnen.
vorgesehen, dadurch konnte die Anzahl der Prothe-
senluxationen und der Trendelenburg Zeichen ent-        Wie andere Verfahren haben auch Strut Grafts allge-
scheidend reduziert werden (Dorotka et al. 2000).       meine und spezielle Limitierungen. Für die exakte
                                                        Applikation ist es notwendig, die Fraktur manipulati-
Am proximalen Femur stehen modulare Resektions-         onsstabil reponieren zu können. Gelingt das nicht,
prothesen in Konkurrenz zum composite Allograft         erweist sich der Aufbau der Konstruktion als unmög-
(Clarke et al. 1998), dessen Nachteile die fehlende     lich. Eine nach Reposition bestehende Fehlstellung
Modularität und der größere operative Aufwand sind      kann nicht mehr korrigiert werden, da im Gegensatz
(Gross et al. 1995). Bei längeren Resektionsstrecken    zur Plattenosteosynthese beim Fixieren der Kabel die
überwiegen die Vorteile der Resektionsprothese bzw.     Korrekturrichtung nicht vorherbestimmt werden
ist diese ohne Alternative beim totalen Femurersatz.    kann. Zirkuläre Defekt- oder Trümmerzonen unter-
In dieser Indikation haben modulare Resektionspro-      halb der Prothesenspitze sind Grenzfälle, die im Ein-
Strut Grafts und Femurteilersatz zur Versorgung periprothetischer Femurfrakturen                             391

zelfall entschieden werden müssen. Die eigene             konsolidierung gewährleistet. Die regelmäßige
Erfahrung hat gezeigt, dass Defektzonen auf Schaft-       Integration des Graft überbrückt Defektzonen und
niveau regelmäßig saniert werden können, während
distal der Prothesenspitze nur mit bilateralen            der anschließende Steifigkeitsverlust verhindert
langstreckigen Allografts die Sanierung zu erzielen       das Stress Shielding. Die Erfolgsrate der Strut
ist. Sehr lange Spiralbrüche lassen sich nicht voll-      Grafts liegt bei diesen Indikationen über 90 % mit
ständig mit Struts überbrücken. Inwieweit nach Jah-       signifikant weniger Folgeoperationen im Vergleich
ren auftretende Komplikationen dem Verfahren als          zur konventionellen Plattenosteosynthese. Limi-
Spätkomplikation zuzurechnen sind, ist nicht ausdis-      tierende Indikationen für die Verwendung von
kutiert.                                                  Strut Grafts sind längere zirkuläre Knochende-
                                                          fekte, die nicht intramedullär überbrückt werden,
Neue innovative Plattensysteme erlauben eine win-         sowie suprakondyläre Frakturen bei reduzierter Kno-
kelstabile Fragmentabstückung und vermindern die          chenqualität und sehr lange Frakturlinien, die mit
periostale Durchblutungsstörung, da sie dem Periost       dem Graft nicht mehr abgedeckt werden können.
nicht mehr aufliegen müssen. Für suprakondyläre
Frakturen ist die LISS - Technik („Less Invasiv Stabi-    Moderne modulare Resektionsprothesen erlauben
lisation System“) eine Option, die in zwei eigenen        eine sparsame Resektion bei einer niedrigen Kom-
Fällen erfolgversprechende Ergebnisse erbrachte           plikationsrate. Ihre Stärken kommen dem Patien-
und in der Literatur nach einer Knietotalendoprothe-      ten gerade dann zugute, wenn die Indikation früh-
se beschrieben ist (Althausen et al. 2003, Tharani et     zeitig gestellt wird, bevor andere Systeme versa-
al. 2005). Auch für winkelstabile Plattensysteme          gen und somit Reoperationen vermieden werden.
(„Locking and Compression Plate“) auf Schafthöhe
liegen bisher keine publizierten Ergebnisse vor. Die
technischen Probleme der Schraubenpositionierung
sind damit jedoch nicht gelöst, eher verschärft wor-     Literatur
den, da der Verriegelungsmechanismus nur eine
bestimmte Richtung zulässt.                              Adolphson P. Fractures of the ipsilateral femur after
                                                         total hip arthroplasty. Arch Orthop Trauma Surg
Der modulare Ersatz des proximalen Femurs ist mit        1987; 106: 353-7
modernen Systemen mit minimaler Resektionshöhe
und sicherer Verankerung der zum Luxationsschutz         Aigner C. Kortikale Allografts, eine Alternative zur
notwendigen Muskulatur möglich. Hervorzuheben            Plattenosteosynthese bei periprothetischer Fem-
sind die Luxationsrate unter 10 %, die geringe allge-    rufraktur. Z Orthop Ihre Grenzgeb 2002; 140: 328-33
meine Komplikationsrate und die wesentlich frühere
Schmerzfreiheit im Vergleich zur Plattenosteosynthe-     Allan DG. Proximal femoral allografts in revision hip
se. Die Indikation zum Femurersatz steht nach            arthroplasty. J Bone Joint Surg [Br] 1991; 73: 235-40
gescheiterter konventioneller Versorgung zumeist
außer Frage. Der wirkliche Vorteil ist aber dann gege-   Althausen PL. Operative stabilization of supracondy-
ben, wenn der Femurteilersatz rechtzeitig indiziert      lar femur fractures above total knee arthroplasty: a
wird und damit Folgeoperationen für den Patienten        comparison of four treatment methods. J Arthropla-
vermieden werden können. Diese diffizile Entschei-       sty 2003; 18: 834-9
dung kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung
der patientenbezogenen Situation und der Literatur-      Barden B. Strut allografts for failed treatment of peri-
ergebnisse fallen.                                       prosthetic femoral fractures: good outcome in 13
                                                         patients. Acta Orthop Scand 2003a; 74: 146-53

                                                         Barden B. Periprosthetic fractures with extensive
 Zusammenfassung                                         bone loss treated with onlay strut allografts. Int
                                                         Orthop 2003b; 27: 164-7
 Kortikale Allografts sind eine Behandlungsalterna-
 tive zur konventionellen Osteosynthese bei peri-
                                                         Beals RK. Periprosthetic fractures of the femur. An
 prothetischen Femurfrakturen im Spitzenbereich
                                                         analysis of 93 fractures. Clin Orthop 1996; 327: 238-46
 der Prothese oder knapp darunter (Vancouver B1)
                                                         Blatter G. [Peri-prosthesis fractures in total hip endo-
 bzw. bei allen Frakturformen mit Knochendefekten
                                                         prostheses]. Orthopade 1989; 18: 545-51
 (Vancouver B3). Die bikortikale Applikation ergibt
 eine ausreichend steife Konstruktion, die Teilbela-
                                                         Blatter G. Wave plate osteosynthesis as a salvage
 stung ermöglicht und durch Bewahrung der loka-
                                                         procedure. Arch Orthop Trauma Surg 1990; 109:
 len periostalen Durchblutung eine sichere Fraktur-
                                                         330-3
392                                                                                     C. Aigner, R. Windhager

Chandler HP. Structural bone grafting about the           Logel KJ. Cortical strut allografts for the treatment of
knee. Orthopedics 1998; 21: 1044-5                        femoral fractures and deficiencies in revision total hip
                                                          arthroplasty. J South Orthop Assoc 1999; 8: 163-72;
Chandler HP. Femoral reconstruction. Edited, 103-         discussion 172
164, Thorofare, NJ, Slack, 1989
                                                          Malinin T. Healing of fractures with freeze-dried cor-
Clarke HD. Salvage of failed femoral megaprosthe-         tical bone plates. Comparison with compression pla-
ses with allograft prosthesis composites. Clin Orthop     ting. Clin Orthop 1984; 190: 281-6
1998; 356: 222-9
                                                          Mihalko WM. Finite-element modelling of femoral
Crockarell JR, Jr. Nonunion after periprosthetic          shaft fracture fixation techniques post total hip
femoral fracture associated with total hip arthropla-     arthroplasty. J Biomech 1992; 25: 469-76
sty. J Bone Joint Surg Am 1999; 81: 1073-9
                                                          Mont MA. Fractures of the ipsilateral femur after hip
Dennis MG. Fixation of periprosthetic femoral shaft       arthroplasty. A statistical analysis of outcome based
fractures occurring at the tip of the stem: a biome-      on 487 patients. J Arthroplasty 1994; 9: 511-9
chanical study of 5 techniques. J Arthroplasty 2000;
15: 523-8                                                 Ogden W. Fractures beneath hip prosthesis: a speci-
                                                          al indication for parham bands and plating. Orthop
Dorotka R. Periprothetische Femurfrakturen bei Hüft-      Trans 1978; 2: 70
totalendoprothesene. Funktioneller und radiologi-
scher Vergleich zwischen Plattenosteosynthese und         Pak JH. Femoral strut allografts in cementless revision
proximalem Femruersatz. Z Orthop Ihre Grenzgeb            total hip arthroplasty. Clin Orthop 1993; 295: 172-8
2000; 138: 440-6
                                                          Paprosky WG. Component removal in revision total
Emerson RH, Jr. Cortical strut allografts in the recon-   hip arthroplasty Hip replacement: treatment of femo-
struction of the femur in revision total hip arthropla-   ral bone loss using distal bypass fixation. Clin Orthop
sty. A basic science and clinical study. Clin Orthop      Relat Res 2001; 49: 181-93
1992; 285: 35-44
                                                          Penenberg BL. Femoral fractures below hip implants:
Frankie L. [Locking compression plate fixation for        a new and safe technique of fixation. Orthop Trans
periprosthetic femoral fracture]. Zhongguo Xiu Fu         1989; 13: 496
Chong Jian Wai Ke Za Zhi 2002; 16: 123-5
                                                          Radcliffe SN. The Mennen plate in periprosthetic hip
Gross AE. Proximal femoral allografts for reconstruc-     fractures. Injury 1996; 27: 27-30
tion of bone stock in revision arthroplasty of the hip.
Clin Orthop 1995; 319: 151-8                              Springfield DS. Massive autogenous bone grafts.
                                                          Orthop Clin North Am 1987; 18: 249-56
Haddad FS. Cortical onlay allograft struts in the tre-
atment of periprosthetic femoral fractures. Instr         Tharani R. Periprosthetic fractures after total knee
Course Lect 2003; 52: 291-300                             arthroplasty. J Arthroplasty 2005; 20: 27-32

Haddad FS. Periprosthetic femoral fractures around        Wang JW. Periprosthetic fracture of the femur after hip
well-fixed implants: use of cortical onlay allografts     arthroplasty: The clinical outcome using cortical strut
with or without a plate. J Bone Joint Surg Am 2002;       allografts. J Orthop Surg (Hong Kong) 2000; 8: 27-31
84-A: 945-50
                                                          Wilson D. A biomechanical study comparing cortical
Head WC. Cortical strut allografts for femoral recon-     onlay allograft struts and plates in the treatment of
struction in revision hip arthroplasty. Semin Arthro-     periprosthetic femoral fractures. Clin Biomech (Bri-
plasty 1993; 4: 9-15                                      stol, Avon) 2005; 20: 70-6

Head WC. Revision total hip arthroplasty in the defi-     Wong P. The use of structural allografts for treating
cient femur with a proximal load-bearing prosthesis.      periprosthetic fractures about the hip and knee.
Clin Orthop 1994; 298: 119-26                             Orthop Clin North Am 1999; 30: 259-64
Sie können auch lesen