Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen
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consensus report Wien Klin Wochenschr https://doi.org/10.1007/s00508-021-01896-x Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen Gemeinsame Leitlinie der Österreichischen Gesellschaft für Knochen und Mineralstoffwechsel (ÖGKM) und der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) Christian Muschitz · Ralf Harun Zwick · Judith Haschka · Hans Peter Dimai · Martina Rauner · Karin Amrein · Robert Wakolbinger · Peter Jaksch · Ernst Eber · Peter Pietschmann Angenommen: 19. Mai 2021 © Der/die Autor(en) 2021 Zusammenfassung Asthma und COPD sind die oder systemischen Glukokortikoiden (GC). Die inha- häufigsten obstruktiven Atemwegserkrankungen. Die lative GC Applikation bei Asthma ist oft schon im Kin- chronische Inflammation bedingt eine Induktion von des- und Jugendalter indiziert, aber auch interstitielle proinflammatorischen Zytokinkaskaden. Neben der Lungenerkrankungen wie die chronisch organisie- systemischen Inflammation tragen Hypoxämie, Hy- rende Pneumonie, die Sarkoidose oder rheumatische perkapnie, eine katabole Stoffwechsellage, eine gona- Erkrankungen mit Lungenbeteiligung werden mit in- dale oder eine Schilddrüsendysfunktion, eine musku- halativen oder oralen GC behandelt. Bei PatientInnen loskelettale Dysfunktion und Inaktivität sowie Vitamin mit zystischer Fibrose kommt es durch die Malab- D-Mangel zu einem erhöhten Knochenbruchrisiko sorption im Rahmen der Pankreasinsuffizienz, durch bei. Iatrogene Ursachen der Osteoporose sind die Hypogonadismus und chronische Inflammation mit zum Teil langjährigen Anwendungen von inhalativen erhöhter Knochenresorption zu einer Abnahme der C. Muschitz, M.D. () K. Amrein Medical University of Vienna (external lecturer), Waehringer Division of Endocrinology and Diabetology, Medical Guertel 18–20, 1090 Wien, Österreich University of Graz, Auenbruggerplatz 15, 8036 Graz, Medical Department II – VINFORCE, St. Vincent Hospital Österreich Vienna (Barmherzige Schwestern Krankenhaus Wien), R. Wakolbinger Stumpergasse 13, 1060 Wien, Österreich Department of Physical and Rehabilitation Medicine christian.muschitz@meduniwien.ac.at (PRM), Clinic Donaustadt, Academic Teaching R. H. Zwick Hospital of the Medical University of Vienna, Therme Wien Med, Kurbadstraße 14, 1100 Wien, Österreich Langobardenstraße 122, 1220 Wien, Österreich J. Haschka P. Jaksch 1st Medical Department at Hanusch Hospital, Ludwig Department of Thoracic Surgery, Medical University of Boltzmann Institute of Osteology, Hanusch Hospital of the Vienna, Waehringer Guertel 18–20, 1090 Wien, Österreich WGKK and AUVA Trauma Center, 1140 Wien, Österreich E. Eber Karl Landsteiner Institute for Rheumatology and Division of Paediatric Pulmonology and Allergology, Gastroenterology, Rheuma-Zentrum Wien-Oberlaa, Department of Paediatrics and Adolescent Medicine, 1100 Wien, Österreich Medical University of Graz, Auenbruggerplatz 34/2, 8036 Graz, Österreich H. P. Dimai Division of Endocrinology and Diabetology, Medical P. Pietschmann University of Graz, Auenbruggerplatz 15, 8036 Graz, Department of Pathophysiology and Allergy Research, Österreich Center of Pathophysiology, Infectiology and Immunology, Medical University of Vienna, Waehringer M. Rauner Guertel 18–20, 1090 Wien, Österreich Divisions of Endocrinology and Molecular Bone Biology, Department of Medicine III, Medical Center, Technical University Dresden, 01307 Dresden, Deutschland K Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen
consensus report Knochenstruktur. Nach Lungentransplantation ist die A bone mineral density measurement with a T-Score Immunsuppression mit GC ein Risikofaktor. < –2.5 is a threshold value for the diagnosis of os- Die pneumologischen Grunderkrankungen führen teoporosis; in contrast the vast majority of all osteo- zu einer Veränderung der trabekulären und korti- porotic fractures occur with a T-Score > –2.5. A history kalen Mikroarchitektur des Knochens und zu einer of low-trauma fracture indicates osteological therapy. Verminderung von osteologischen Formations- und All antiresorptive or anabolic drugs approved in Aus- Resorptionsmarkern. Hyperkapnie, Azidose und Vita- tria for the treatment of osteoporosis are also indi- min D-Mangel können diesen Prozess beschleunigen cated for pneumological patients with an increased und somit das individuelle Risiko für osteoporotische fragility fracture risk of bone fractures in accordance Fragilitätsfrakturen erhöhen. with the national reimbursement criteria. Eine Knochendichtemessung mit einem T-Score < –2,5 ist ein Schwellenwert zur Diagnose der Osteoporo- Keywords Osteoporosis · Pulmonary diseases · se, die überwiegende Mehrzahl aller osteoporotischen Guideline · Fracture risk · Diagnosis Frakturen tritt bei einem T-Score von > –2,5 auf. Eine niedrig-traumatische Fraktur in der Anamnese indi- Einleitung ziert eine osteologische Therapie. Neben der Optimierung des Vitamin D-Spiegels sind Basierend auf den Ergebnissen einer Consensus De- sämtliche in Österreich zur Behandlung der Os- velopment Conference im Jahr 1991 ist die Osteoporo- teoporose zugelassenen antiresorptiv oder anabol se gegenwärtig als eine Skelett-Erkrankung definiert, wirksamen Medikamente auch bei pneumologischen welche durch eine verminderte Knochenmasse sowie PatientInnen mit einem erhöhten Knochenbruchrisi- eine mikroarchitektonische Störung des Knochenge- ko entsprechend der nationalen Erstattungskriterien webes charakterisiert ist, mit der Folge eines erhöhten indiziert. Frakturrisikos (Fragilitätsfrakturen, niedrig-traumati- sche Frakturen). Diese Definition wurde im Jahr 1994 Schlüsselwörter Osteoporose · durch eine WHO-Arbeitsgruppe um eine operationa- Lungenerkrankungen · Leitlinie · Frakturrisiko · le Definition erweitert, welche zunächst nur für die Diagnostik postmenopausale Osteoporose, später aber auch für die Osteoporose des Mannes etabliert wurde [1]. Osteoporosis in pneumological diseases Diese operationale Definition basiert auf einer Mes- Joint guideline of the Austrian Society for Bone sung der Knochenmineraldichte (KMD) mittels Dual and Mineral Research (ÖGKM) and the Austrian Energy X-ray Absorptiometry (DXA), dessen Ergeb- Society for Pneumology (ÖGP) nis als T-Score ausgedrückt wird. Der T-Score ist die Standardabweichung eines individuell gemessenen Summary Chronic inflammation induces proinflam- Knochenmineraldichte-Wertes vom mittleren Norm- matory cytokine cascades. In addition to systemic wert knochengesunder, junger Erwachsener. Liegt der inflammation, hypoxemia, hypercapnia, a catabolic T-Score bei –2,5 oder darunter, liegt definitionsgemäß metabolism, gonadal or thyroid dysfunction, muscu- eine Osteoporose vor. Zu berücksichtigen ist, dass loskeletal dysfunction and inactivity as well as vitamin dieser ursprünglich rein zur Diagnosestellung eta- D deficiency contribute to an increased risk of fragility blierte Schwellenwert sehr häufig auch als Therapie- fractures. Iatrogenic causes of osteoporosis are long- Schwellenwert eingesetzt wird, obwohl die überwie- term use of inhaled or systemic glucocorticoids (GC). gende Mehrzahl aller osteoporotischen Frakturen bei Inhalative GC application in asthma is often indi- einem T-Score von > –2,5 auftritt [2]. cated in childhood and adolescence, but interstitial Der Verlust an KMD ist mit zunehmendem Le- lung diseases such as chronic organizing pneumonia, bensalter eine unausweichliche Konsequenz. In der COPD, sarcoid or rheumatic diseases with lung in- weiblichen Population beginnt dieser kurz vor Beginn volvement are also treated with inhalative or oral GC. der Menopause, ist perimenopausal beschleunigt und In patients with cystic fibrosis, malabsorption in the setzt sich in weiterer Folge fort. Letzteres gilt auch context of pancreatic insufficiency, hypogonadism mit einer zeitlichen Verzögerung für die männliche and chronic inflammation with increased bone re- Population [3]. sorption lead to a decrease in bone structure. After Die sekundären Ursachen der Osteoporose umfas- lung transplantation, immunosuppression with GC is sen eine heterogene Vielfalt an Erkrankungen, Medi- a risk factor. kamenten oder exogenen Noxen. Es ist wichtig, in der The underlying pneumological diseases lead to a klinischen Routine derartige Risikofaktoren frühzeitig change in the trabecular and cortical bone microar- zu erkennen und das individuelle Knochenbruchrisi- chitecture and to a reduction in osteological forma- ko zu bestimmen. Klinische Risikofaktoren tragen zu- tion and resorption markers. Hypercapnia, acidosis sätzlich zu einer erhöhten Knochenfragilität und ei- and vitamin D deficiency can accelerate this process ner verminderten Knochenqualität bei, sie sind häufig and thus increase the individual risk of osteoporotic stärker als der altersabhängige Verlust einzustufen. Bei fragility fractures. entsprechender Risikostratifizierung und frühzeitiger Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen K
consensus report spezifischer osteologischer Behandlung sind derartige ma unterschiedliche Phänotypen, wie zum Beispiel Veränderungen in der Regel reversibel [4]. allergisches und nicht allergisches Asthma oder das Im Kontext von Lungenerkrankungen ist die chro- Adipositas assoziierte Asthma bronchiale, wo Adipo- nisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ein klas- kine und andere Zytokinkaskaden eine ähnliche Rolle sisches Beispiel mit erhöhten proinflammatorischen wie bei Diabetes spielen dürften. Zytokinen (vorrangig Tumor Nekrose Faktor alpha, In der Differenzialdiagnose beider Erkrankungen TNF-α) als Trigger Faktor für die Entstehung von spielt das Ansprechen der Atemwegsobstruktion auf Osteoporose, kardiovaskulären Erkrankungen oder Kortikosteroide eine entscheidende Rolle, bei Asthma Diabetes. Neben Inflammation und/oder systemi- ist dies regelhaft vorhanden, bei COPD nicht (Tab. 1). schen Glukokortikoiden tragen ein Vitamin D-Man- gel, eine verminderte Muskelmasse und Muskelkraft, COPD Immobilisierung, Rauchen, Veränderungen des Body Bei COPD liegt laut einem rezenten Reviews die Präva- Mass Index (BMI), Hypogonadismus oder vermin- lenz einer Osteoporose global bei 38 % (95 % CI, 34–43) derte Spiegel von insulin-like growth factor-1 (IGF- [10]. Das Vorliegen der COPD erhöht die Wahrschein- 1) zur Erhöhung des individuellen Knochenbruch- lichkeit auf Osteoporose erheblich (OR, 2,83). Neben risikos (sekundäre Osteoporose) bei [5, 6]. Durch der systemischen Inflammation fördert eine multifak- den langjährigen katabolen Knochenstoffwechsel mit torielle Kaskade durch Hypoxämie, Hyperkapnie, ka- progredientem Verlust der skelettalen Integrität in tabole Stoffwechsellage, muskuloskelettale Dysfunkti- Abhängigkeit vom Schweregrad der Grunderkrankung on und Inaktivität die Osteoporose maßgeblich. Bei stellen vertebrale Frakturen in dieser PatientInnen älteren PatientInnen mit COPD liegt zudem eine go- Population ein häufiges und nachhaltiges Problem nadale- oder Schilddrüsendysfunktion vor, weiters be- dar. PatientInnen mit Wirbelkörperfrakturen zeigen steht häufig ein Vitamin D3-Mangel häufig anzutref- zudem eine herabgesetzte Lungenfunktion mit re- fen. Laut der Meta-Analyse von Chen et al. sind ein duziertem forciertem exspiratorischen Volumen und BMI < 18,5 (OR, 4,26) und das Vorliegen einer Sarko- reduzierter Vitalkapazität [7, 8]. penie (OR, 3,65) die wichtigsten Risikofaktoren [10]. Pneumologische Erkrankungen und Osteoporose COPD Therapie: GOLD Leitlinien 2021 Inhalati- ve Kortikosteroide (ICS) spielen in der Therapie Obstruktive Lungenerkrankungen der COPD eine untergeordnete Rolle (siehe www. goldcopd.org). Im Vordergrund stehen Bronchodilata- Asthma und COPD sind die häufigsten obstruktiven toren in Form von Anticholinergika und β2-Sympatho- Lungenerkrankungen; es finden sich Unterschiede in mimetika, die Gabe von ICS ist nur bei Eosinophilie Pathogenese und Klinik, aber auch Gemeinsamkei- (> 300/μl), Asthmaanamnese oder gehäuften Exazer- ten in Hinblick auf die Entstehung einer Osteoporose bationen innerhalb der letzten 12 Monate indiziert (Tab. 1). (Abb. 1). Die langfristige Gabe von oralen Kortikoste- Bei beiden Erkrankungen liegt eine chronische In- roiden (OCS) wird grundsätzlich nicht empfohlen, da flammation vor, aber es spielen viele weitere Faktoren die Nebenwirkungen den Benefit überwiegen (Evi- eine relevante Rolle (vgl. Kapitel Pathophysiologie der denz A). Osteoporose bei COPD). Während die Genese bei der COPD durch die Raucheranamnese häufig rasch be- antwortet werden kann, unterscheiden wir beim Asth- Tab. 1 Differenzialdiagnose COPD vs. Asthma. Adaptiert nach der S2k – Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patient- Innen mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD) [9] Merkmal COPD Asthma Alter bei Erstdiagnose Meist nicht vor der 6. Lebensdekade Häufig: Kindheit, Jugend Tabakrauchen Direkter Kausalzusammenhang Kein direkter Kausalzusammenhang; Verschlechterung durch Tabakrau- chen möglich Hauptbeschwerden Atemnot bei Belastung Anfallsartig auftretende Atemnot Verlauf Meist progredient Variabel, episodisch Allergie Kein direkter Kausalzusammenhang Häufig Obstruktion Immer nachweisbar Variabel, reversibel, oft aktuell nicht vorhanden Diffusionskapazität Oft erniedrigt Meist normal FeNO Normal bis niedrig Oft erhöht Bluteosinophile Meist normal Häufig erhöht Reversibilität der Obstruktion Nie voll reversibel Diagnostisches Kriterium, wenn voll reversibel Überempfindlichkeit der Atemwege Selten Meist vorhanden Ansprechen der Obstruktion auf Kortikosteroide Selten Regelhaft vorhanden K Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen
consensus report Abb. 1 Inhalative Kortiko- steroide bei COPD Starke Unterstützung Verwendung erwägen Gebrauch vermeiden Hospitalisation(en) wegen Wiederkehrende Pneumonien Exazerbation trotz angemessener langwirksamer bronchodilatatorischer Dauertherapie ≥2 moderate 1 moderate Exazerbation/Jahr Exazerbationen/Jahr trotz trotz angemessener angemessener langwirksamer langwirksamer bronchodilatatorischer bronchodilatatorischer Dauertherapie Dauertherapie Bluteosinophile > 300 Bluteosinophile 100-300 Bluteosinophile < 100 Zellen/μl Zellen/μl Zellen/μl Asthmaanamnese oder Status post mykobakterieller gleichzeitig Asthma Infektion ASTHMA führt, dass die langfristige Einnahme von hochdosier- ICS gelten als Basistherapie, werden bereits in der ten ICS zu einem erhöhten Osteoporoserisiko führt. Kindheit eingesetzt und somit oft über Jahrzehnte in- Asthmatiker mit einer Einnahme von niedrig dosier- haliert. Zu betonen ist, dass ICS die effektivste antiin- tem oralen Kortikosteroid (< 7,5 mg Prednisolonäqui- flammatorische Therapie darstellen und somit unver- valent) sollten über die Nebenwirkungen aufgeklärt zichtbar sind, da sie auch zu einer Reduktion von Ex- werden und auf das Vorliegen einer Osteoporose ge- azerbationen und somit der Einnahme von OCS bei- screent werden. Bei einer hochdosierten systemischen tragen. Therapie mit > 7,5 mg Prednisolonäquivalent > 3 Mo- Die Rolle der ICS in Bezug auf eine Osteoporose nate wird eine antiresorptive Therapie empfohlen. wird bei Asthma seit langer Zeit kontrovers disku- tiert [11]. Eine rezente Publikation aus einer eng- Interstitielle Lungenerkrankungen lischen Datenbank mit > 650.000 PatientInnen, in der 138.000 Asthmatiker mit 520.000 Nicht-Asthma- Bei interstitiellen Lungenerkrankungen wie der chro- tikern verglichen wurden, zeigte ein höheres Osteo- nisch organisierenden Pneumonie, Sarkoidose oder poroserisiko (adjusted Hazard Ratio-aHR 1,18, 95 % rheumatischen Erkrankungen mit Lungenbeteiligung CI 1,13–1,23) und Frakturrisiko (aHR 1,12, 95 % CI werden häufig ICS oder OCS über mehrere Monate 1,07–1,16) in der Asthmakohorte. Dabei war eine Do- verordnet. sis/Wirkungsbeziehung zwischen der Einnahme von In der Therapie der Lungenfibrose spielt die The- OCS und Osteoporose zu sehen [12]. rapie mit ICS oder OCS keine Rolle, dennoch ist aufgrund der systemischen Inflammation von einer Asthmatherapie: GINA Leitlinien 2020 Die interna- hohen Osteoporosewahrscheinlichkeit auszugehen. tionalen Asthmaleitlinien wurden im Dezember 2020 Die rezenten deutsch/österreichischen Leitlinien zur neu überarbeitet; die Rolle der ICS bleibt unverändert, Diagnostik der Lungenfibrose und auch die letzten die Einnahme von OCS ist erst in der Stufe 5 vorgese- ATS/ERS Leitlinien gehen jedoch nicht darauf ein [14, hen [13]. Hier haben sich in den letzten Jahren potente 15]. Medikamente wie Anti IGE, Anti IL5/5R oder Anti IL4R Antagonisten durchgesetzt. OCS bleiben in niedriger Zystische Fibrose Dosierung unter Berücksichtigung der Nebenwirkun- gen eine Alternative als ultima ratio. In den neuen Glo- Bei PatientInnen mit zystischer Fibrose beginnt die bal Initiative for Asthma (GINA) Guidelines wird ange- Entwicklung einer Osteoporose häufig schon in der Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen K
consensus report Adoleszenz, mit Untergewicht und schlechter Lungen- funktion als starken Prädiktoren. Es kommt durch die Malabsorption im Rahmen der exokrinen Pankreas- insuffizienz, durch Hypogonadismus und chronische Inflammation mit erhöhter Knochenresorption zu ei- ner Abnahme der Knochenstruktur [16]. Das Ausmaß des erhöhten Frakturrisikos ist altersäbhängig und hängt zu einem großen Teil von anderen prävalenten Risikofaktoren, wie vorangegangene niedrig-trauma- tische Fraktur, oder Vorbereitung zur oder Zustand nach Lungentransplantation ab [17]. Pathophysiologie der Osteoporose bei COPD Obwohl in der Literatur ein sehr klarer Zusammen- Abb. 2 Osteoporose bei COPD hang zwischen COPD und Osteoporose beschrieben wird, sind die dieser Assoziation zugrundeliegen- den pathophysiologischen Mechanismen nur unzu- Effekte von Glukokortikoiden auf den reichend erforscht [10]. Analysen der Knochenmi- Knochenstoffwechsel krostruktur bei Patientinnen mit COPD haben eine Verminderung der Trabekelzahl, der Trabekeldicke Die systemische Verabreichung von Glukokortikoi- und eine Verminderung der trabekulären Konnektivi- den führt unumstritten dauer- und dosisabhängig tät ergeben; im Bereich der Kortikalis fand sich eine zur einer verminderten Knochenmineraldichte sowie Verminderung der Dicke und eine erhöhte kortikale zu einem erhöhten Frakturrisiko [28]. Dies wurde in Porosität [18]. In dieser Studie wurde mit Hilfe der zahlreichen Studien mit chronisch-entzündlichen Er- dynamischen Histomorphometrie gezeigt, dass die krankungen dokumentiert, darunter auch Studien, die COPD-Patientinnen eine Verminderung der Knochen- explizit Patientenkollektive mit COPD untersucht ha- formation aufweisen. Diese Ergebnisse stehen mit ei- ben. Eine Meta-Analyse von 5 Studien mit insgesamt ner Studie, welche Knochenumbau-Marker bei COPD knapp 1800 PatientInnen zeigte, dass PatientInnen bestimmt und eine Verminderung von Formations- mit COPD, die länger als 4 Monate OCS einnahmen, und Resorptionsmarkern gefunden hat, im Einklang ein 2,3-fach erhöhtes Risiko für vertebrale Frakturen [19]. Tsukamoto et al. haben ein vielversprechendes aufweisen [29]. Das erhöhte Frakturrisiko ist dabei Maus-Modell für die COPD beschrieben; hier finden zumindest teilweise unabhängig von der KMD, da sich Veränderungen der trabekulären Mikrostruktur, PatientInnen, die Glukokortikoide einnehmen trotz Hinweise auf eine verminderte Knochenformation gleicher KMD gemessen mit DXA ein erhöhtes Frak- und eine Atrophie der Typ 1-Muskelfasern [20]. turrisiko haben, als PatientInnen die keine Glukokor- In der Pathophysiologie der COPD spielen Ent- tikoide einnehmen [30]. Die Abnahme der KMD sowie zündungsprozesse eine zentrale Rolle; viele proin- das erhöhte Frakturrisiko entwickeln sich rasch, be- flammatorische Zytokine greifen auch in den Kno- reits nach 3–6 Monaten Glukokortikoidtherapie, und chenstoffwechsel ein [21–23]. Bon et al. analysier- normalisieren sich wieder nach Absetzen der Thera- ten bei PatientInnen mit COPD den Zusammenhang pie. Auf zellulärer Ebene unterdrücken Glukokortiko- zwischen Entzündungsparametern und dem Kno- ide potent die Osteoblastendifferenzierung und ihre chenumbau und fanden beispielsweise eine positive Funktion, welches zu einer starken Hemmung der Korrelation zwischen TNF-α und den sogenannten Knochenformation führt (Abb. 3;[31–33]). Osteoklas- Crosslaps (CTX, Knochenabbaumarker) und dem ten werden hingegen stimuliert, obwohl die Datenlage Prokollagen-Typ I-N-Propeptid (PINP, Knochenan- hier teilweise kontrovers diskutiert wird [34]. Darü- baumarker) [24]. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, ber hinaus führen Glukokortikoide zur vermehrten dass hohe Entzündungsaktivität bei COPD den Kno- Apoptose von Osteozyten sowie zu einer Abnahme chenstoffwechsel negativ beeinflussen. Eine wichtige der Knochenvaskularisierung und Knochenhydration, Rolle in der Pathogenese der Osteoporose bei COPD welches mit eingeschränkten Knochenmatrixeigen- spielt auch die anti-inflammatorische Therapie mit schaften einhergeht (Abb. 2; [31, 35]). Glukokortikoiden. Während die Datenlage bei den systemisch verab- Weitere pathogenetische Mechanismen könnten reichten Glukokortikoiden recht klar ist, werden die die Hyperkapnie, die Azidose und der Vitamin D-Man- Effekte von ICS auf den Knochen bei PatientInnen mit gel darstellen (Abb. 2; [25–27]). Letztlich muss auch pneumologischen Erkrankungen noch kontrovers dis- aus klinischer Sicht bedacht werden, dass die oben kutiert. beschriebenen krankheitsspezifischen Mechanismen Zwei systematische Meta-Analysen zur COPD wur- sich zu den allgemeinen Osteoporose-Risikofaktoren den veröffentlicht, die beide keinen signifikanten Ein- (wie Alter, Geschlecht) addieren. fluss von ICS auf das Frakturrisiko gezeigt haben [36, K Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen
consensus report höhten Frakturrisiko verbunden. Weitere prospektive, kontrollierte Studien wären hilfreich, um den Einfluss von ICS auf den Knochen abschließend zu klären. Trotz der inkonsistenten Datenlage zu Frakturen bei Erwachsenen mit Asthma und COPD besitzen Glu- kokortikoide viele negative Effekte auf den Knochen- stoffwechsel. Aufgrund der klaren Evidenz aus klini- schen Studien die zeigen, dass OCS das Frakturrisi- ko erhöhen, zählen Glukokortikoide (orale und ho- he Dosen von inhalativen Glukokortikoiden) zu den Risikofaktoren, die in der Osteoporose-Leitlinie des Dachverbands Osteologie sowie der Frakturrisikobe- rechnung mit FRAX berücksichtig werden. Auch das Abb. 3 Effekte der Glukokortikoide auf die Knochenmi- American College of Rheumatology hat eine Empfeh- kroumgebung. Legende: Die stärksten und langanhaltendsten lung zur Prävention und Therapie der Glukokortiko- Effekte üben Glukokortikoide auf Osteoblasten aus. Auch id-induzierten Osteoporose herausgebracht, die Ärzte Osteozyten werden in ihrer Funktion gestört. Zudem indu- bei der Behandlung ihrer PatientInnen behilflich sein zieren Glukokortikoide vermehrt Apoptose in Osteoblasten kann [45]. und Osteozyten. Osteoklasten werden durch Glukokortikoide stimuliert. Die Knochenvaskularisierung wird durch Glukokor- tikoide gehemmt. Insgesamt führen diese zellulären Effekte Frakturrisiko basierend auf COPD und zu einer verminderten Knochendichte sowie einer verminder- Nikotinabusus ten Knochenqualität, welches in Summe zu einem erhöhten Frakturrisiko führt Rauchen ist bei Frauen und Männern ein unabhän- giger mäßiger Risikofaktor für Wirbelkörperfrakturen, 37]. Differenziert man jedoch genauer nach Therapie- Hüftfrakturen und periphere Frakturen [46, 47]. In dauer und Dosis, zeigen weitere Studien bzw. Meta- einer Metaanalyse von 10 prospektiven Kohortenstu- Analysen kleine, aber signifikante Anstiege im Fraktur- dien mit > 350.000 eingeschlossenen Teilnehmerinnen risiko. So fanden Loke et al. ein erhöhtes Frakturrisiko mit einem Alter von 20 bis 93 Jahren zeigt sich eine bei PatientInnen mit COPD, welches dosisabhängig statistisch signifikante Assoziation mit Hüftfraktur für je 500 µg Beclomethason oder Äquivalent um 9 % an- derzeitige Raucherinnen gegenüber Nicht-Rauche- steigt [38]. Die „Lung Health Study Research Group“ rinnen (relatives Risiko, RR 1,30). Mehr als 15 Ziga- sowie Scanlon et al. fanden darüber hinaus, dass hohe retten/Tag erhöhen signifikant das Frakturrisiko (RR ICS Dosen mit einem signifikanten Verlust von KMD 1,26). In drei Studien, die das RR für Frakturen bei einhergehen, jedoch erst nach ca. 3 Jahren [39, 40]. Frauen, die derzeit rauchen gegenüber Nichtrauche- Das erhöhte Frakturrisiko, wie auch in der Studie von rinnen untersuchte, zeigt sich bei den derzeitigen Goncalves et al. beschrieben, scheint, wie bei OCS, Raucherinnen ein signifikant höheres Risiko für eine auch unabhängig von der KMD zu sein [41]. Hüftfraktur (RR 1,54). Es zeigt sich allerdings kein Eine ähnliche Datenlage wie zur COPD findet sich statistisch signifikant erhöhtes Risiko für ehemalige auch bei Erwachsenen mit Asthma. Auch hier scheint Raucherinnen gegenüber Nicht-Raucherinnen (RR die Dauer der Therapie sowie die Dosis eine wichti- 1,02) und ehemaligen Raucherinnen gegenüber der- ge Rolle zu spielen. Bei höheren Konzentrationen und zeitigen Raucherinnen bis 9 Jahre, ab dem 10. Jahr langanhaltender Therapie sind auch PatientInnen mit wird das Risiko geringer (Rauchen aufgehört < 5 Jahre Asthma unter ICS einem erhöhten Frakturrisiko aus- RR 1,01; Ende seit 5–9 Jahren RR 1,10; und Rauchen gesetzt [42]. Die Dosis- und Zeitabhängigkeit zeigt sich beendet für 10 Jahre RR 0,70) [48, 49]. auch in den Studien, in denen PatientInnen mit COPD Die COPD ist bei Frauen und Männern ebenfalls und Asthma gemeinsam untersucht wurden. ein mäßiger Risikofaktor für osteoporotische Fraktu- Bei Kindern mit Asthma führt die Einnahme von ren und Hüftfrakturen (RR 1,3–1,6 für Frauen, 1,1–1,4 ICS zu einem langsameren Wachstum. Diese Daten für Männer) [50, 51]. Daten aus einer schwedischen sind relativ konsistent und zeigen, dass dieser Effekt Studie zeigen, dass die COPD bei Männern ein mä- vor allem bei Kindern unter 6 Jahren ausgeprägt ist, ßiger bis starker Risikofaktor für vertebrale Frakturen wohingegen er später (zwischen 6 und 12 Jahren) ist (RR 1,67–4,4).[52] Als besonderer Risikofaktor ver- nicht mehr so ausgeprägt ist, und dass die Hemmung tebraler Frakturen erscheinen ein niedriger BMI (me- des Wachstums vor allem innerhalb des ersten Jahres dian 21 kg/m2) und COPD (OR 11,0) zu sein [53]. In der Behandlung stattfindet [42–44]. einer Meta-Analyse von 13 fallkontrollierten Studien Insgesamt bleibt festzuhalten, dass systemisch ver- war das Risiko für eine weitere Schenkelhalsfraktur abreichte Glukokortikoide mit einem erhöhten Frak- nach stattgehabter Schenkelhalsfraktur höher bei be- turrisiko einhergehen. ICS hingegen sind im Erwach- stehender Lungenerkrankung (OR 2,58) [54]. senenalter jedoch nur in hohen Dosen und über einen längeren Zeitraum verabreicht mit einem leicht er- Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen K
consensus report Frakturrisiko bei Lungentransplantation Diese Daten unterstreichen jedoch, dass jeder Lun- gentransplantations-Kandidat, der auf die Warteliste Die Funktionsverschlechterung lebenswichtiger Orga- kommt, bei entsprechend reduzierter KMD und er- ne führt im Rahmen des Krankheitsverlaufes zu Kno- höhtem Frakturrisiko mit einer spezifischen Osteopo- chenabbau mit erhöhtem Frakturrisiko [55]. Eine Or- rosetherapie behandelt werden sollte und darüber hi- gantransplantation verbessert signifikant die Lebens- naus ein regelmäßiges Monitoring des Therapieerfol- erwartung und die Lebensqualität des PatientInnen, ges indiziert ist [66]. (Vgl. Kapitel Therapieoptionen die Knochenqualität bleibt allerdings reduziert oder der Osteoporose). nimmt, vor allem im ersten Jahr nach Transplantati- on, noch weiter ab und es kommt dadurch zur Stei- Anamnese und Erhebung von Risikofaktoren bei gerung des Frakturrisikos. Am Beispiel von lungen- chronischen pneumologischen Erkrankungen transplantierten Frauen und Männern fand sich in der 12-monatigen Phase vor Transplantation bereits Die Anamnese und Erhebung von klinischen Risiko- eine Prävalenz für Wirbelkörperfrakturen von 18 %. In faktoren stellt einen wichtigen Pfeiler in der Identi- der 6–18 monatigen Nachbeobachtungsphase erhöhte fikation von PatientInnen mit erhöhtem Frakturrisi- sich diese Prävalenz auf über 50 % [56]. Mehr als 60 % ko dar. Neben allgemeinen Risikofaktoren, Familien- der PatientInnen mit end-stage Lungenerkrankungen anamnese (insbesondere Hüftfraktur der Eltern), Le- haben eine herabgesetzte Knochendichte [57, 58]. Ri- bensstilfaktoren wie Nikotin- und Alkoholkonsum, Er- sikofaktoren für einen Knochenverlust vor der Trans- nährungs- und Medikamentenanamnese, körperliche plantation sind Alter, die Diagnose COPD, intermittie- Aktivität und Sturzneigung stellen Untergewicht und rende oder kontinuierliche Steroidtherapie, Nikotin- Sarkopenie ein erhöhtes Risiko dar. abusus, sowie Verlust an Körpergewicht und Muskel- Die Diagnose einer chronischen pneumologischen masse (pulmonale Kachexie) durch zunehmende kör- Erkrankung wie Asthma und COPD stellt gemäß ös- perliche Dekonditionierung [59]. terreichischer Leitlinie und DVO Leitlinie einen un- Aufgrund dieser hohen Inzidenz einer Osteoporose abhängigen Risikofaktor für Osteoporose dar. Das ist im Rahmen der Evaluation zur Lungentransplan- Vorliegen vertebraler Frakturen, niedriger Knochen- tation auch eine Erhebung der Knochendichte und dichte, Osteoporose und Vitamin D-Mangel wurden des Knochenstoffwechsels erforderlich und bei erhöh- in zahlreichen Studien als Risikofaktoren für ver- tem Frakturrisiko sollte eine entsprechende medika- mehrte Hospitalisierungen bei COPD PatientInnen mentöse und physikalische Therapie eingeleitet wer- identifiziert [67–69]. Darüber hinaus sind vertebrale den [59]. Eine hochgradige Osteoporose mit oder ohne Frakturen bei COPD PatientInnen mit einer erhöh- Wirbelkörperfrakturen stellt eine relative Kontraindi- ten 2-Jahres-Mortalität assoziiert und jede vertebrale kation für eine Transplantation dar. Die Inzidenz sol- Fraktur reduziert die forcierte Vitalkapazität um 9 % cher Frakturen liegt bei > 30 % aller PatientInnen auf [69, 70]. der Transplant-Warteliste [60]. Darüber hinaus kommt PatientInnen mit chronischen pneumologischen es innerhalb von 6–12 Monaten nach Lungentrans- Erkrankungen, insbesondere COPD, leiden häufig an plantation zu einer signifikanten Abnahme der Kno- einem Verlust von Muskelmasse, wodurch das Risiko chendichte (> 5 %) trotz Vitamin D und Kalzium Sub- für Stürze und einen Verlust an Knochenmasse steigt. stitution. Dadurch ist die Inzidenz osteoporotischer Sarkopenie wird mit einer Prävalenz von 15–25 % bei Frakturen deutlich erhöht (zwischen 15–37 %) [61, 62]. COPD PatientInnen in der Literatur angegeben und Zwei randomisierte kontrollierte Studien zeigten stellt damit eine häufige extrapulmonale Manifestati- eine positive Auswirkung von Krafttraining nach Lun- on dar [71]. Darüber hinaus besteht ein Zusammen- gentransplantation auf die Knochendichte bereits hang zwischen Untergewicht bei COPD PatientInnen nach 6 Monaten, und eine Kombination mit einer und einer herabgesetzten Überlebenswahrscheinlich- Alendronat-Therapie führte zu einer zusätzlichen keit [72]. Eine Unterstützung der COPD PatientInnen Verbesserung [63, 64]. Weitere Studien konnten einen bei der Optimierung der Ernährung und eine damit positiven Effekt auf die KMD unter antiresorptiver verbundene Gewichtszunahme wirkt sich nachweis- Therapie oder Hormonersatztherapie zeigen [65]. Bis- lich positiv auf die Prognose aus, jedoch ohne nach- lang gibt es noch keine Studien über den Effekt von weisbarer Zunahme der Lungenfunktion [73]. Daher Denosumab, Teriparatid oder selektiven Östrogenre- ist eine ausreichende alimentäre Proteinzufuhr eben- zeptormodulatoren auf den Knochenstoffwechsel bei so entscheidend wie ein muskuläres Aufbautraining. PatientInnen nach Lungentransplantation. Der Ein- Als weiterer Risikofaktor ist speziell bei PatientInnen satz von Denosumab bei PatientInnen nach Leber-, mit chronischen pulmologischen Erkrankungen ei- Pankreas- und Nierentransplantation zeigte eine sig- ne systemische aber auch hochdosierte inhalative nifikante Verbesserung der Knochenmineraldichte Glukokortikoidtherapie zu berücksichtigen, da das und adäquate Hemmung der erhöhten Knochenstoff- Risiko für Osteoporose und Frakturen erhöht ist. (Vgl. wechselparameter, ohne Hinweis auf eine mögliche Kapitel Effekte von Glukokortikoide auf den Knochen- Erhöhung der Inzidenz von Atemwegsinfekten unter stoffwechsel) [74–76]. Therapie [66]. K Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen
consensus report Niedrig-traumatische Frakturen einen entsprechenden einheitlosen Wert. Ein TBS > 1,350 spricht für einen Normalbefund. Je niedriger Sind bereits niedrig-traumatische Frakturen, insbe- der TBS, desto ausgeprägter das trabekuläre Struktur- sondere Wirbelkörper-, Hüft-, Oberarm- und Radius- defizit. Die Analyse erfolgt bei vorhandener Software frakturen, aufgetreten stellt dies einen entscheiden- unmittelbar während einer Knochendichtemessung, den Risikofaktor dar. Das klinische Bild der manifes- kann jedoch auch bestehende Messungen retrospek- ten Osteoporose mit Frakturen und deren assoziierten tiv auswerten. Dadurch ergibt sich keine zusätzliche Folgen (Schmerz, Deformierung und Funktionsein- Strahlenbelastung für die PatientInnen und degene- schränkung) führt zu einer deutlichen Einschränkung rative osteoproliferative Veränderungen beeinflussen der Lebensqualität. Die typische, niedrig-traumati- die TBS Auswertung nicht [78]. In mehreren prospekti- sche Fragilitätsfraktur der Osteoporose ist durch ein ven Studien konnte ein erniedrigter TBS unabhängig Trauma gekennzeichnet, das üblicherweise nicht für von der Knochenmineraldichte zur Vorhersage des eine Fraktur eines gesunden Knochens ausreicht, wie Frakturrisikos beitragen (DVO A) und multiple lineare z. B. ein Sturz aus dem Stand oder geringer Höhe oder und logistische Regressionsmodelle zeigten unter an- ohne größere Krafteinwirkung [49, 77]. Eine Auflistung deren eine Assoziation eines herabgesetzten TBS mit allgemeiner, klinischer und medikamentöser Risiko- den Risikofaktoren systemische Glukokortikoidthera- faktoren, die in die Beurteilung des Frakturrisikos mit pie, prävalente Osteoporose-assoziierte Fraktur und einfließen sind in der österreichischen Leitlinie zu- COPD [79]. Die Frakturrisikoberechnung mittels FRAX sammengefasst [77]. Darüber hinaus findet sich bei bietet die Möglichkeit einer TBS-Korrektur, was insbe- einer Vielzahl an chronischen oder malignen Erkran- sondere von Vorteil ist, wenn die Knochendichte nicht kungen eine relative Risikoerhöhung [77]. allzu sehr reduziert ist, jedoch ein trabekuläres Struk- turdefizit vorliegt. (Vgl. Kapitel Therapieentscheidung Bildgebende Verfahren und -ziele). Eine Beurteilung des Frakturrisikos unter ausschließli- Knochenmikroarchitektur bei COPD PatientInnen cher Verwendung der DXA-basierten KMD würde mit einer hohen Spezifität, jedoch niedriger Sensitivität Bei COPD PatientInnen mit Wirbelkörperfrakturen einher gehen und den additiven Effekt der klinischen konnten TBS und KMD als unabhängige Risikofak- Risikofaktoren verpassen [77]. Daher ist eine Kombi- toren identifiziert werden. Darüber hinaus besteht nation aus klinischen Risikofaktoren und KMD-Mes- ein Zusammenhang von systemischer Inflammation sung empfohlen, um das Frakturrisiko abzuschätzen. und einer Reduktion der trabekulären Struktur ge- messen mittels TBS, während ein Verlust von KMD DXA Knochendichtemessung mit Gewichtsverlust assoziiert ist [80]. Die hochauflösende periphere quantitative Com- Die Bestimmung der KMD mittels DXA (Dual-Ener- putertomographie (HR-pQCT) erlaubt eine in-vivo gy X-Ray Absorptiometry, deutsch: 2-Spektren Rönt- Diagnostik der Knochenmikroarchitektur mit einer gen-Absorptiometrie) stellt den Goldstandard in der Auflösung von 82 µm, welche bei Geräten der jüngsten bildgebenden Diagnostik in der klinischen Routine Generation sogar noch unterschritten wird. Darüber dar. Die empfohlenen Messorte sind Lendenwirbel- hinaus ist über Finite-Element-Analysen eine Beur- säule, Femurhals und Gesamtfemur. Eine erniedrigte teilung der Festigkeit des Knochens möglich. Diese KMD am proximalen Femur und/oder Lendenwirbel- Methode stellt keine Routinediagnostik dar, liefert säule geht mit einem gesteigerten Risiko für Osteopo- jedoch interessante Informationen über Mikroarchi- rose-assoziierte Frakturen bei Frauen und Männern tekturstörungen bei unterschiedlichen Erkrankungen. einher (DVO A). Eine Basisdiagnostik inkl. DXA wird So fand sich bei männlichen Patienten mit Osteopo- bei Fragilitätsfrakturen ab einem Alter von 50 Jahren, rose eine rarefizierte Knochenstruktur und Festigkeit nach 3 Monaten systemischer Glukokortikoidthera- unabhängig von der Diagnose einer COPD, während pie ≥ 7,5 mg/d Prednisolonäquivalent oder bei beste- bei Patienten mit normaler KMD die Diagnose ei- hendem Risikoprofil für osteoporotische Frakturen bei ner COPD mit einer herabgesetzten kortikalen Dicke Frauen ab 50 Jahren und Männern ab 60 Jahren emp- einherging [81]. Die akkurateste Beurteilung der Kno- fohlen. chenstruktur und Knochenqualität kann über eine transiliakale Knochenbiopsie erzielt werden. In einer Trabecular Bone Score (TBS) Studie wurden postmenopausale Frauen mit COPD, herabgesetzter KMD, jedoch ohne den Risikofaktor TBS ist ein Texturparameter, welcher ergänzende In- einer systemischen Glukokortikoidtherapie biopsiert formationen über die Knochenmikroarchitektur aus und es fand sich neben einem erniedrigten trabekulä- einer bereits existierenden DXA Untersuchung der ren Knochenvolumen und einer rarefizierten trabeku- Lendenwirbelsäule liefert. Die Software analysiert die lären Struktur auch kortikale Strukturdefekte. Darüber unterschiedlichen Grau-Werte der zugrundeliegen- hinaus konnte eine Korrelation der Knochenmikroar- den Pixel innerhalb der Wirbelkörper und berechnet Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen K
consensus report chitekturstörung mit der Dauer und Intensität des Therapieentscheidung und -ziele Nikotinkonsums nachgewiesen werden [18]. Die Häufigkeit der Osteoporose nimmt mit dem Al- Radiologische Diagnostik ter zu. Pneumologische Erkrankungen stellen einen klinischen Risikofaktor für Fragilitätsfrakturen dar. Ei- Im Rahmen der Abklärung empfiehlt sich aus os- ne medikamentöse Therapie sollte dann in Betracht teologischer Sicht eine Bildgebung der Wirbelsäule gezogen werden, wenn in der Zusammenschau ein bei Verdacht bzw. zum Ausschluss von Wirbelkörper- Behandlungsvorteil zu erwarten ist. Die Entscheidung frakturen. Neben akuten oder chronischen Rücken- für eine knochenspezifische Therapie basiert auf der schmerzen können vertebrale Frakturen aber auch Klinik und dem individuellen Risiko [83]. klinisch nicht evident sein. Daher ist insbesondere Im zertifizierten Web-basierten FRAX-Risikorech- bei hohem Lebensalter, signifikantem Größenverlust ner werden für Patientinnen und Patienten im Alter oder Abnahme des Rippen-Becken-Abstands, einer zwischen 40 und 90 Jahren entsprechend den hinter- herabgesetzten KMD oder vorangegangenen nicht- legten österreichischen Frakturdaten dichotomisiert vertebralen Frakturen eine konventionelle Röntgen- elf Fragen erhoben. Die zwölfte Frage zur KMD des diagnostik von Brust- und Lendenwirbelsäule anzu- Schenkelhalses ist fakultativ. Ein 10-Jahres-Fraktur- streben. Darüber hinaus ist eine Mitbeurteilung der risiko für alle major osteoporotic fractures (MOF) Wirbelkörper von bereits vorliegenden Thorax-Seit- und für eine Hüftfraktur wird individuell berechnet aufnahmen oder CT-Untersuchungen sinnvoll [82]. (Abb. 4; [84]). Zu den MOF zählen Fragilitätsfrakturen im Erwach- Labordiagnostik senenalter: spontan oder als Folge eines (leichten) Traumas auf- Mit Hilfe eines Basislabors können mögliche sekun- getreten däre Osteoporose-Ursachen ebenso wie Kontraindi- bei einem gesunden Menschen hätte das Ereignis kationen für potenzielle medikamentöse Therapien nicht zu einer Fraktur geführt identifiziert werden. Hierbei empfiehlt sich die Be- Anatomische Lokalisation: Hüfte, Wirbelkörper, stimmung von Nierenfunktions- und Leberfunktions- Humerus, Handgelenk (Radius, Ulna), Becken, (mul- parameter, C-reaktives Protein und Blutsenkungsge- tiple) Rippen schwindigkeit, Blutbild sowie Schilddrüsenparameter. Zur detaillierteren Beurteilung des Knochens ist Ein 10-Jahres-Frakturrisiko von ≥20 % für MOF und eine Erhebung von Kalzium, Phosphat, Parathormon ≥ 5 % für Femurfrakturen wird in Österreich als sinn- und 25(OH)-Vitamin D3 essentiell, um Störungen volle Therapieschwelle betrachtet. Daher sollte bei des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels zu identifizieren einem individuellen Risiko über einem dieser beiden und einen Mangel an Vitamin D mit sekundärem Schwellenwerte bereits vor der ersten osteoporoti- Hyperparathyreoidismus zu identifizieren. schen Fraktur im Sinne einer Prävention eine Os- Eine spezifische osteologische Diagnostik stellt die teoporose-spezifische Therapie initiiert werden. Eine Bestimmung von Knochenformations- bzw. -resorpti- niedrig-traumatische Fraktur indiziert in jedem Fall onsmarker dar wie z. B. CTX (Resorption), Alkalische eine osteologische Behandlung. Phosphatase (AP, Formation) und Osteocalcin (OC; Eine rein KMD-basierte Entscheidung kann auf Formation) dar. Als zuverlässiger Routinemarker der Grundlage des DVO Modells erfolgen: Die Therapie- Knochenformation hat sich PINP erwiesen. Knochen- schwelle wird fakultativ entsprechend den einbezo- stoffwechselparameter sind für eine detailliertere Eva- genen klinischen Risikofaktoren, soweit diese vor- luierung hilfreich und sowohl vor Etablierung einer liegen, angehoben. Entscheidungsgrundlage ist der Osteoporosetherapie als auch als Verlaufsparameter niedrigste Wert der drei Messorte Lendenwirbelsäule sinnvoll einzusetzen. Eine Erhöhung der AP sollte (Mittelwert der verwertbaren T-Scores von L1 bis L4), immer unter Berücksichtigung weiterer Leberfunk- Schenkelhals und gesamter Femur (Tab. 2; [49, 77]). tionsparameter ebenso wie Calcium, Phosphat und Die Anhebung der Therapiegrenze sollte für alle ge- Vitamin D erfolgen. Eine Erhöhung kann neben einer nannten Risiken allein oder in Kombination nur bis zu Osteomalazie auch für seltene Knochenerkrankun- einem maximalen T-Score von –2,0 erfolgen. In der gen wie z. B. M. Paget oder sekundär-blastomatö- Regel sollten nicht mehr als zwei Risikofaktoren addi- se Absiedlungen im Knochen sprechen. Mit Hilfe tiv bei der Anhebung der Therapiegrenze berücksich- der Serumelektrophorese können Paraproteinämien tigt werden. von Monoklonaler Gammopathie unklarer Signifi- Anpassung um +1,0 bei pneumologischen Erkran- kant (MGUS) bis Plasmozytom, aber auch chronisch kungen: systemische Inflammation nachgewiesen werden. OCS ≥ 2,5 mg und < 7,5 mg Prednisolonäquivalent täglich für mehr als drei Monate Drei und mehr niedrigtraumatische Frakturen in den letzten 10 Jahren (Ausnahme: Finger-, Zehen-, Schädel- und Knöchelfrakturen) K Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen
consensus report Abb. 4 Bestimmung des Frakturrisikos mittels FRAX Tab. 2 Indikation für eine spezifische medikamentöse Erhöhung des hochsensitiven C-reaktiven Proteins Therapie in Abhängigkeit von Geschlecht, Lebensalter, (hsCRP) DXA-Knochendichtemessung und weiteren Risikofaktoren Lebensalter in Jahren T-Score (Nur anwendbar auf DXA-Werte. Die Wirk- samkeit einer medikamentösen Therapie ist für Bei niedrigtraumatischen Osteoporose-typischen Frak- nichtvertebrale Frakturen bei einem T-Score > –2,0 turen in der Anamnese ist immer eine spezifische nicht sicher belegt.) Osteoporosetherapie über Vitamin D/Kalzium hinaus Frau Mann –2,0 bis –2,5 bis –3,0 bis –3,5 bis < –4,0 indiziert. Die Therapie kann in diesen Fällen auch –2,5 –3,0 –3,5 –4,0 ohne Messung der Knochenmineraldichte begonnen 50–60 60–70 Nein Nein Nein Nein Ja werden. In Abb. 5 ist ein Algorithmus zur Bestimmung 60–65 70–75 Nein Nein Nein Ja Ja des Frakturrisikos und der Interventionsschwelle bei 65–70 75–80 Nein Nein Ja Ja Ja PatientInnen mit chronischen pulmologischen Er- 70–75 80–85 Nein Ja Ja Ja Ja krankungen zusammengefasst. > 75 > 85 Ja Ja Ja Ja Ja Vitamin D bei Lungenerkrankungen Anpassung um +0,5 bei pneumologischen Erkrankun- Ein Vitamin D-Mangel ist sowohl in der Allgemein- gen: bevölkerung als auch bei Menschen mit chronischen Singuläre Wirbelkörperfraktur 1. Grades; Nicht- Erkrankungen häufig [85]. Dieser ist meist definiert als vertebrale Frakturen > 50. Lebensjahr (Ausnahme: 25OHD im Serum < 20 ng/ml oder ein schwerer Man- Finger-, Zehen-, Schädel- und Knöchelfrakturen) gel als < 12 ng/ml (bzw. 50/30 nmol/l – Umrechnungs- Proximale Femurfraktur bei Vater oder Mutter faktor zu nmol/l: 2,5). Gerade bei Menschen mit chro- Multiple intrinsische Stürze nischen Lungenerkrankungen scheint eine Vitamin D Immobilität Gabe ineffizienter zu sein als bei Kontrollen, hinwei- Rauchen, COPD, und/oder hohe Dosen ICS send auf die Sinnhaftigkeit von Spiegelbestimmungen Protonenpumpeninhibitoren bei chronischer Ein- [86]. Vitamin D ist wichtig für das muskuloskelettale nahme System, aber auch das Immunsystem [87]. Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen K
consensus report Abb. 5 Bestimmung von Frakturrisiko und Therapieindikati- und DVO/österreichischer Leitlinie: ausgehend vom niedrigs- on bei chronischen pneumologischen Erkrankungen. Legen- ten T-Score wird die Therapieschwelle bestimmt, abhängig de: Behandlungsindikation gemäß FRAX: bei einer 10-Jah- von den vorliegenden Risikofaktoren kann die Interventions- res-Wahrscheinlichkeit für eine Osteoporose-assoziierte Frak- schwelle entsprechend angehoben werden, vgl. Arznei & Ver- tur (major osteoporotic fracture) ≥ 20 % oder Hüftfraktur ≥ 5 % nunft 2017. CRFs clinical risk factors, DXA Dual-Energy X-Ray liegt gemäß der nationaler Interventionsschwelle eine The- Absorptiometry, TBS Trabecular Bone Score, FRAX Fracture rapieindikation vor; Behandlungsindikation gemäß T-Score Risk Assessment Tool, DVO Dachverband Osteologie Die Einleitung einer osteoprotektiven antiresorpti- te Endpunkte für Lungenkranke mit oder ohne Osteo- ven Therapie bei Calcium-/Vitamin D-Mangel kann porose. zu gefährlichen Komplikationen führen und muss da- Rezent gibt es auch im Zusammenhang von her vermieden werden. Eine kombinierte Calcium-/ COVID-19 und Vitamin D interessante neue Daten. Vitamin D Gabe bzw. alleinige Vitamin D Gabe bei Niedrigere Vitamin D-Spiegel waren mit höheren ausreichender nutritiver Calciumzufuhr ist daher be- Raten von Serokonversion bei Menschen aus Ge- reits vor Therapieeinleitung sinnvoll. sundheitsberufen assoziiert [92] und hospitalisierte Interventionsstudien belegen, dass Vitamin D COVID-19 PatientInnen hatten eine höhere Prävalenz Atemwegsinfekte reduzieren kann – vor allem bei täg- einer Vitamin D Defizienz, wobei kein Zusammen- licher oder wöchentlicher Einnahme (im Gegensatz hang mit dem Schweregrad der Erkrankung gefunden zu selteneren Intervallen) und bei schwerem Mangel wurde [93]. Kleine Interventionsstudien (n < 250) mit [88, 89]. Dies kann auch für COVID-19 relevant sein. interessanten Ergebnissen wurden ebenfalls rezent Für COVID-19 selbst gibt es derzeit nur wenige und publiziert [94–96], wobei Bolusgaben ineffektiv zu kleine Interventionsstudien zum Wert einer Vitamin D sein scheinen [97]. Zu diesem Thema findet sich auf Supplementierung. der Website vdmeta.com ein aktualisierter Überblick. Für COPD und Asthma legen Daten aus randomi- siert kontrollierten Studien nahe, dass Vitamin D bei Therapieoptionen der Osteoporose Mangel Exazerbationen und Hospitalisationen redu- zieren kann, sowohl bei Kindern als auch bei Erwach- Basisprophylaxe mit Vitamin D und Kalzium senen [90, 91]. Auch für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Die Kalzium- und Vitamin D Substitution ist sowohl gibt es Hinweise, besonders klar ist die Datenlage zum eine eigenständige Therapiemöglichkeit der Osteopo- Benefit einer Vitamin D Supplementierung jedoch für rose, als auch die absolut notwendige Basis jeder spe- die Vermeidung von akuten Atemwegsinfekten und zifischen Osteoporosetherapie. die Allgemein- und Krebssterblichkeit, höchst relevan- K Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen
consensus report Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D ist Bisphosphonate eine wichtige Voraussetzung für die Knochengesund- Bisphosphonate (Alendronat, Risedronat, Ibandronat, heit. Eine Vitamin D3 Serumkonzentration < 20 ng/ml Zoledronat) sind potente Inhibitoren der Knochenre- (50 nmol/l) ist mit einem erhöhten Risiko für proxi- sorption. Sie werden an metabolisch aktiven Umbau- male Femurfrakturen und nichtvertebralen Frakturen einheiten im Knochen abgelagert und bewirken ei- verbunden. Wir empfehlen daher den Vitamin D-Spie- ne Apoptose von Osteoklasten. Die Resorptionsaktivi- gel bei Menschen mit akuten und chronischen Lun- tät wird im Gesamtskelett deutlich gedämpft und das generkrankungen zu messen und einen Zielspiegel Frakturrisiko reduziert. von > 20–30 ng/ml (nicht über 60 ng/ml) anzustreben. Oral werden Bisphosphonate nur in geringem Aus- Dies gelingt üblicherweise mit Tagesdosen von 800 maß (maximal 3 %) resorbiert; die Einnahme erfolgt bis 4000 IU, wöchentliche Gaben sind akzeptabel, län- stets nüchtern in ausreichendem Abstand zur Nah- ger sollte das Dosierungsintervall jedoch nicht sein. rungsaufnahme, mit ausreichend Wasser und in auf- Natives Vitamin D (Cholecalciferol, Vitamin D3; 1 μg rechter Körperhaltung, um Irritationen der Ösopha- Vitamin D3 entspricht 40 IE Vitamin D3) als Arznei- gusschleimhaut zu vermeiden. mittel ist primär zu empfehlen, da die zahlreichen Bei intravenöser Bisphosphonatgabe kann, über- verfügbaren Nahrungsergänzungsmittel keiner stren- wiegend bei erstmaliger Verabreichung, eine soge- gen Qualitätskontrolle unterliegen. Die Einnahme soll nannte „Akutphasereaktion“ – im Wesentlichen ein mit den Mahlzeiten erfolgen, da dies die Resorption grippeähnliches Zustandsbild mit Fieber und Mus- verbessert. Im Einzelfall kann bei Malabsorption ei- kelschmerzen – auftreten, die in der Regel innerhalb ne parenterale (intramuskuläre) Gabe von 100.000 IE von 36 h nach intravenöser Gabe beginnt und dann Cholecalciferol notwendig sein. Die Gabe der aktiven 24–48 h anhält. Form von Vitamin D – Calcitriol (1,25-Dihydroxycho- Bei allen Bisphosphonaten stellen die Hypokalz- lecalciferol) ist nur bei schwerer Niereninsuffizienz ämie, eine erhebliche Nierenfunktionseinschränkung indiziert. oder eine Gravidität eine Kontraindikation dar. Eine ausreichende Kalziumzufuhr ist primär über Bisphosphonate haben eine lange Verweildauer im die Nahrung sicherzustellen. Patientinnen und Patien- Knochen. Residuale Wirkungen auf den Knochen- ten mit Osteoporose (mit oder ohne spezifischer Os- stoffwechsel lassen sich auch nach Beendigung der teoporosetherapie) sollen daher täglich 1000 mg Kal- Bisphosphonattherapie nachweisen. Das Auftreten zium aufnehmen, vorzugsweise über die Nahrung. Ist von atypischen Femurfrakturen ist sehr selten, scheint dies nicht möglich, sind Kalziumsupplemente erfor- aber unter einer Langzeitgabe mit Bisphosphonaten derlich. Pro Einnahme wird eine Dosis von maximal zuzunehmen. Kiefernekrosen sind bei dieser für Os- 500 mg Kalziumsupplement empfohlen [77]. teoporose zugelassenen Therapie eine mutmaßlich seltene Nebenwirkung. Eine Kontrolle des Zahnstatus Spezifische Osteoporosetherapie bei ist allerdings vor Therapiebeginn empfehlenswert. pneumologischen Erkrankungen Es gibt keine durch Frakturdaten validierten indi- viduellen Entscheidungskriterien für die Wiederauf- Keine einzige randomisierte Studie hatte bisher als nahme einer Therapie nach einer Therapiepause oder Endpunkt die Wirksamkeit einer spezifischen Osteo- einen weiteren Therapieverzicht in Abhängigkeit von porosetherapie bei PatientInnen mit einer pneumo- Veränderungen der KMD, der Knochenumbaumarker logischen Erkrankung. Daher basieren die Empfeh- oder anderer messtechnischer oder klinischer Kriteri- lungen für das Management dieser PatientInnen mit en. Datenbankanalysen geben allerdings Hinweise auf einem erhöhten Frakturrisiko auf empirischen Da- einen Wiederanstieg des Knochenbruchrisikos nach ten und der klinischen Erfahrung. Die klinische Evi- Absetzen einer Bisphosphonattherapie [77]. denz in Bezug auf die Effizienz einer antiresorptiven oder anabolen Osteoporosetherapie bei gleichzeitiger Denosumab pneumologischer Erkrankung abseits der Onkologie Denosumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen beruht daher auf post hoc Analysen von Subgruppen RANKL, der die Reifung und Aktivierung der Osteo- in großen randomisierten Osteoporose-Studien und klasten hemmt. Es wird alle sechs Monate subkutan auch einer kleinen Anzahl von Observationsstudien verabreicht und wird nicht renal eliminiert. [98, 99]. Bei der Behandlung der postmenopausalen Os- Grundsätzlich sind sämtliche Medikamente zur Be- teoporose ist eine Reduktion von vertebralen und handlung der Osteoporose auch bei Patientinnen und nichtvertebralen Frakturen inklusive proximaler Fe- Patienten mit einer pneumologischen Erkrankung murfrakturen in Studien bis zu 10 Jahre nachgewie- möglich und zugelassen. Da sowohl die Grunder- sen. Die Wirkung ist unabhängig von einer even- krankung als auch die Osteoporose eine chronische tuellen Vorbehandlung mit Bisphosphonaten [100]. Erkrankung mit einem dauerhaft erhöhten Risiko für Die Behandlungsdauer ist unklar. Nach Absetzen sekundäre Komplikationen sind, ist bei einem er- von Denosumab scheint es, im Gegensatz zu den höhten Knochenbruchrisiko die Indikation für eine Bisphosphonaten, zu einem raschen Anstieg des Kno- langfristige Behandlung indiziert. chenumbaus und in weiterer Folge zu einer Abnahme Osteoporose bei pneumologischen Erkrankungen K
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