Studie: Industriespionage 2012 - Aktuelle Risiken für die deutsche Wirtschaft durch Cyberwar

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Studie: Industriespionage 2012 - Aktuelle Risiken für die deutsche Wirtschaft durch Cyberwar
Studie: Industriespionage 2012
Aktuelle Risiken für die deutsche Wirtschaft durch Cyberwar

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Studie: Industriespionage 2012 - Aktuelle Risiken für die deutsche Wirtschaft durch Cyberwar
Inhalt

Vorwort
        5

Ergebnisse in Kürze		                      8

Methodik der Studie		                      10

Betroffene Unternehmen		                   13

Schäden durch Spionage		                   19

Die Täter		                                27

Aufklärung der Vorfälle		                  29

Sicherheitsvorkehrungen im Unternehmen		   31

            31
  Allgemein

  IT		                                     34

  Personal		                               38

  Objektsicherheit		                       41

  Sichere Prozesse		                       42

                                43
  Sicherheit bei Auslandsreisen

  Sicherheit von Steuerungsanlagen		44

Einschätzung der künftigen Risiken		       49

Schlussfolgerungen
                   55

Prävention
           56

Ausblick
         64

Glossar
        68

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Studie: Industriespionage 2012 - Aktuelle Risiken für die deutsche Wirtschaft durch Cyberwar
Eine Investition in Wissen bringt
noch immer die besten Zinsen.
                   Benjamin Franklin

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Vorwort

                                                        Christian Schaaf
                                                        Geschäftsführer
                                                        Corporate Trust

                                                        Hackerangriffe auf Sony, Google, RSA, die                     Der Abfluss von sensiblem Know-how stellt
                                                        NATO oder den IWF machen deutlich,                            für jedes Unternehmen eine ernst zu
Die Industriespionage hat                               dass der Cyberwar1 längst zur Realität                        nehmende Bedrohung dar. Der Wettbe-
                                                        geworden ist. Der Computerwurm „Stux-                         werbsvorteil schwindet und konkurrierende
sich in den letzten Jahren                              net“ wurde vermutlich speziell entwickelt,                    Unternehmen können eigene Produkte
dramatisch entwickelt.                                  um die Steuerungsanlagen Simatic S7, mit
                                                        denen Frequenzumrichter von Motoren
                                                                                                                      günstiger am Markt positionieren, weil
                                                                                                                      sie Entwicklungskosten einsparen. Da es
                                                        des iranischen Atomprogramms gesteu-                          in Deutschland jedoch keine konkreten
                                                        ert wurden, zu sabotieren. Die genauen                        Zahlen, Daten oder Fakten zur aktuellen
                                                        Ziele der Auftraggeber sind zwar nicht be-                    Bedrohung durch Industriespionage gibt,
                                                        kannt, die Komplexität des Angriffs zeigt                     war die vorliegende Studie nötig, um ein
                                                        jedoch, dass wir uns von einem Zeitalter                      klares Bild der tatsächlichen Vorfälle zu
                                                        der Skript-Kiddies und Cracker hin zu einer                   erhalten und wieder einmal realistisch
                                                        neuen Dimension der Gefährdung ent-                           das Risiko für die Wirtschaft einschätzen
                                                        wickelt haben. Die sogenannten Advanced                       zu können.
                                                        Persistant Threats (APTs), also Angriffe
                                                        durch eine fortgeschrittene und andau-                        Unter Industriespionage versteht man die
                                                        ernde Bedrohung, veranschaulichen, dass                       Zusammenfassung aller Spionagetätig-
                                                        die Cyber-Kriminellen2 ihre Ziele und Tak-                    keiten zum Nachteil eines Unternehmens.
                                                        tiken verändert haben und heute we-                           Dazu gehören sowohl die Wirtschafts-
                                                        sentlich aggressiver vorgehen als früher.                     spionage durch ausländische Nachrichten-
                                                        Die veränderte Bedrohungslage wird ein                        dienste als auch die Konkurrenzausspähung
                                                        grundlegendes Umdenken in Bezug auf                           durch Mitbewerber und Spionage durch or-
                                                        IT-Sicherheit, Informationsschutz und die                     ganisierte Verbrecherbanden oder illoyale
                                                        Grundregeln für den Wissensaustausch                          Mitarbeiter. Die Informationszugriffe kön-
                                                        erforderlich machen.                                          nen dabei sehr unterschiedlich erfolgen.

1)Cyberwar:           Darunter versteht man die kriegerische Auseinandersetzung im und um den virtuellen Raum, den sog. Cyberspace, mit Mitteln vorwiegend aus dem
                      Bereich der Informationstechnik. Cyberwar bezeichnet auch die Aktivitäten staatlicher Spezialeinheiten, um Gegner oder sonstige Ziele online
                      auszukundschaften bzw. sie im Ernstfall zu sabotieren.
2)Cyber-Kriminelle:   Täter, die für ihre Straftaten überwiegend Computer bzw. das Internet als Tatwaffe einsetzen.

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Staatliche Stellen mit ihren vielfältigen                     greifer rüsten auf – dieser Bedrohung                         In diesem Sinne hat Corporate Trust zu-
technischen Mitteln und häufig einer Viel-                    muss man sich stellen.                                        sammen mit der Brainloop AG und der
zahl von menschlichen Ressourcen setzen                                                                                     TÜV SÜD AG versucht, mit dieser Studie
zunehmend auf die Möglichkeiten der Spio-                     Wenn es um den Schutz des eigenen                             die aktuelle Bedrohung für die deutsche
nage über das Internet. Ob dies schon ein                     Know-how geht, ist es zwar wichtig, ein                       Wirtschaft realistisch zu erfassen. Durch
Krieg ist, sei dahingestellt; es steht jedoch                 vernünftiges Bewusstsein für die Risiken                      die Dokumentation aller tatsächlichen
fest, dass sich auch deutsche Unternehmen                     zu haben, es ist jedoch ebenso wichtig, ein                   Vorfälle, Schäden, bestehenden Sicher-
gegen die neuen Bedrohungen wappnen                           gesundes Vertrauen in die eigenen Sicher-                     heitsvorkehrungen und der Erwartun-
sollten, um weiterhin ihre starke wirt-                       heitsvorkehrungen und die Zuverlässigkeit                     gen für die Zukunft können zielgerichtete
schaftliche Position am Weltmarkt be-                         seiner Mitarbeiter zu setzen. Zu wenig Si-                    Empfehlungen gegeben sowie ein Best
halten zu können.                                             cherheit ist fahrlässig, zu viel Sicherheit                   Practice-Ansatz abgeleitet werden.
                                                              ist unwirtschaftlich. In diesem Spannungs-
Obwohl nach der aktuell vom Bundeskrimi-                      feld sollte man mit dem richtigen Augenmaß
nalamt (BKA) herausgegebenen Polizei-                         nur bedarfsgerechte Maßnahmen im ei-                          Ihr
lichen Kriminalstatistik 20103 (PKS) die                      genen Unternehmen implementieren, um                          Christian Schaaf
Zahl aller erfassten Straftaten um zwei                       nicht zu verschrecken. Sicherheit sollte nie-
Prozent zurückgegangen ist, stiegen im                        mals als Hemmschuh empfunden werden
gleichen Zeitraum die Fälle von „Aus-                         oder Selbstzweck sein. Sicherheit, auch
spähen, Abfangen von Daten“ um 32,2 Pro-                      die zum Schutz vor Industriespionage,
zent an. Nach dem ebenfalls vom BKA                           sollte helfen, die wirtschaftlichen Ziele
herausgegebenen Bundeslagebild Wirt-                          des Unternehmens zu erreichen. Sicherheit
schaftskriminalität 20104 ist die Anzahl                      sollte ermöglichen und nicht verhindern.
der Fälle, bei denen das Internet als Tat-                    Daher ist es wichtig, die aktuellen Risiken
mittel genutzt wurde, um 190 Prozent an-                      zu kennen, um nur dort in Sicherheit zu
gestiegen, dies betrifft also mehr als 25                     investieren, wo es tatsächlich nötig ist.
Prozent aller registrierten Fälle. Die An-

3)Polizeiliche Kriminal-   Zusammenstellung aller der Polizei bekannt gewordenen strafrechtlichen Sachverhalte unter Beschränkung auf ihre erfassbaren wesentlichen Inhalte.
statistik (PKS):           Die PKS soll im Interesse einer wirksamen Kriminalitätsbekämpfung zu einem überschaubaren und möglichst verzerrungsfreien Bild der angezeigten
                           Kriminalität führen. (http://www.bka.de/DE/Publikationen/PolizeilicheKriminalstatistik/pks_ _node.html)
4)Bundeslagebild           http://www.bka.de/nn_193360/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Wirtschaftskriminalitaet/wirtschaftskriminalitaet_ _node.html?_ _nnn=true
Wirtschaftskriminalität
2010:

                                                                                                                                                                               Seite 5
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Vorwort

                         Eine Begleiterscheinung der Globalisie-      Mittelständische Firmen sind sich häufig
                         rung ist die Zunahme des Wettbewerbs         der Bedrohung durch illegalen Know-how-
Im Fokus der Spionage:   zwischen Unternehmen und Volkswirt-          Transfer nicht bewusst. Sie verfügen nur
                         schaften. „Made in Germany“ steht hierbei    selten über ein umfassendes und effek-
deutsche Unternehmen     für technologischen Fortschritt, höchste     tives Informationsschutzkonzept.
und ihr Know-how         Qualität und erfolgreichen internationalen
                         Wettbewerb.                                  Die Ergebnisse der vorliegenden Studie
                                                                      von „Corporate Trust“ belegen erneut:
                         Die Innovationskraft insbesondere mit-       Spionage ist Realität!
                         telständischer Unternehmen ist ein Mar-
                         kenzeichen der deutschen Wirtschaft und      Eine stetig zunehmende Herausforderung
                         ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor.          sind die elektronischen Angriffe auf Rech-
                                                                      ner und Computernetzwerke. Ergebnis
                         Die Wirtschaftskraft Deutschlands ist        der meist unentdeckt bleibenden Opera-
                         eine der Grundlagen für Wohlstand und        tionen sind ungewollter Informationsab-
                         Stabilität.                                  fluss, eine Fremdsteuerung oder auch
                                                                      Sabotage einzelner Rechner und ggf. auch
                                                                      von IT-Netzwerken.
                         Der internationale Wettbewerb um zu-
                         kunftsfähige Produkte und Anwendungen        Seit einigen Jahren sind Angriffe dieser
                         findet aber auch mit Mitteln und Methoden    Art auch auf Bundesministerien und andere
                         der Spionage statt. Konkurrierende Un-       öffentliche Stellen mit steigender Zahl fest-
                         ternehmen und fremde Nachrichtendienste      stellbar. Für den Bereich der Wirtschaft
                         versuchen, auf diesem Weg produktorien-      gibt es keine Vergleichszahlen, jedoch ist
                         tiertes sowie unternehmens- und markt-       hier von einem erheblichen Dunkelfeld
                         relevantes Know-how zu beschaffen.           auszugehen. Diese Entwicklung führte

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im vergangenen Jahr dazu, dass im Be-         Hierbei besteht nach Aussage der Studie       Das Angebot des BfV umfasst vielfältige
reich des Bundesministeriums des Innern       noch erheblicher Nachholbedarf.               „Security-Awareness“-Aktivitäten, so z.B.
das „Cyber-Abwehr-Zentrum“ errichtet                                                        bilaterale Sicherheitsgespräche, Sensibi-
wurde, um das Erkenntnisaufkommen             Die von „Corporate Trust“ vorgelegte Stu-     lisierungsvorträge in Unternehmen und bei
und die Analysefähigkeit sowie die Zu-        die zeigt einmal mehr die Vielfalt und die    Verbänden, diverse Publikationen, einen
sammenarbeit der zuständigen Behörden         Zunahme der Risiken für die Unternehmen       elektronischen Newsletter sowie ein um-
zu optimieren.                                und die Notwendigkeit, vor allem den prä-     fangreiches Internetangebot zum Wirt-
                                              ventiven Wirtschaftsschutz deutlich zu in-    schaftsschutz.
Eine nicht unbeträchtliche Bedrohung geht     tensivieren.
auch von „Innentätern“ aus, die in Anbe-                                                    Wirtschaftsschutz ist eine gemeinsame
tracht ihrer legalen Zugangsmöglichkeiten     Die vorliegende Studie bestätigt leider       Aufgabe von Staat und Wirtschaft: Wirt-
und ihres Insiderwissens über innerbe-        auch die Erfahrung der Verfassungsschutz-     schaftsschutz ist Teamwork!
triebliche Schwachstellen in der Lage sind,   behörden, dass Unternehmen sich bei
den Unternehmen mehr Schaden zuzufü-          Spionageverdacht noch zu selten an die
gen als externe Täter.                        Sicherheitsbehörden wenden.                   Dr. Alexander Eisvogel
                                                                                            Vizepräsident,
Die Sensibilisierung der Mitarbeiter in       Die Behörden für Verfassungsschutz sind       Bundesamt für Verfassungsschutz
Sicherheitsfragen und ihre Einbindung in      die „Dienstleister“ für Spionageabwehr in
das Sicherheitsmanagement ist daher un-       Deutschland.
abdingbare Voraussetzung für einen wirk-
samen Informationsschutz.                     Das Wirtschaftsschutzkonzept des Bundes-
                                              amtes für Verfassungsschutz „Prävention
Im Rahmen eines Sicherheitsmanage-            durch Information“ basiert auf jahrzehnte-
ments sollte vorrangig das Erfolgswissen      langer Erfahrung in der Aufklärung und Ab-
– die sogenannten „Kronjuwelen“ – ermit-      wehr von Wirtschaftsspionage sowie der ver-
telt und dessen Schutz priorisiert werden.    traulichen Kooperation mit den Betroffenen.

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Studie: Industriespionage 2012 - Aktuelle Risiken für die deutsche Wirtschaft durch Cyberwar
Ergebnisse in Kürze
    In Deutschland gab es bei den Fallzahlen von Industriespionage eine Steigerung um 2,5
    Prozent. Während bei der Studie 2007 nur 18,9 Prozent angaben, durch mindestens einen
    konkreten Fall von Spionage geschädigt worden zu sein, waren es 2012 insgesamt 21,4
    Prozent. Zusammen mit den Verdachtsfällen, die nicht konkretisiert bzw. eindeutig belegt
    werden konnten – 2012 bei 33,2 Prozent aller befragten Unternehmen – mussten sich damit
    54,6 Prozent der deutschen Wirtschaft mit Industriespionage beschäftigen.
    Der Mittelstand ist immer noch deutlich am häufigsten von Spionage betroffen. Bei der
    Auswertung aller Schäden, unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Be-
    teiligung an der Befragung und tatsächlichen Fallzahlen, verzeichnet der Mittelstand mit
    23,5 Prozent im Verhältnis die meisten Vorfälle. Es folgen die Konzerne mit einer Häufigkeit
    von 18,8 Prozent und die Kleinunternehmen mit 15,6 Prozent.
    Der deutschen Wirtschaft entsteht durch Industriespionage jährlich ein Gesamtschaden
    von ca. 4,2 Milliarden Euro. Im Vergleich zur Studie 2007 (2,8 Milliarden Euro) entspricht dies
    einem Anstieg um exakt 50,0 Prozent und belegt eindringlich, wie hoch das neue Bedrohungs-
    potenzial durch Cyberwar1 tatsächlich ist.
    Die Häufigkeit der finanziellen Schäden durch Industriespionage ist ebenfalls deutlich
    angestiegen. Während bei der Studie 2007 nur 64,4 Prozent der geschädigten Unternehmen
    angaben, einen finanziellen Schaden erlitten zu haben, waren es 2012 bereits 82,8 Prozent.
    Dies stellt einen Anstieg um 28,7 Prozent dar.
    Bei der Unterscheidung der Schäden nach Unternehmensgröße fiel auf, dass Kleinbetriebe
    nur Schäden bis maximal 100.000 Euro feststellten, die finanziellen Negativauswir-
    kungen im Mittelstand vor allem im Bereich 10.000 bis 100.000 Euro lagen (53,5 Prozent) und
    23,5 Prozent der geschädigten Konzerne auch im Bereich über einer Million Euro Schäden
    bezifferten.
    Die Spionage fand hauptsächlich in den GUS-Staaten (27,0 Prozent der Fälle), Europa (26,6
    Prozent), Deutschland (26,1 Prozent) und in Nordamerika (25,2 Prozent) statt. Industrie-
    spionage direkt vor Ort in Asien identifizierten die Unternehmen nur in 10,4 Prozent aller
    Vorkommnisse. Anscheinend gehen die Firmen konkreten Hinweisen sehr stark nach und
    können die Angriffsorte auch identifizieren. Nur 6,3 Prozent aller geschädigten Unter-
    nehmen war es völlig unklar, wo die Spionage bzw. der Informationsabfluss stattfand.
    Nach wie vor sind der Vertrieb mit 18,3 Prozent sowie Forschung & Entwicklung mit 16,0
    Prozent die am häufigsten ausspionierten Bereiche. Danach kommen die Bereiche Mergers
    & Acquisitions mit 14,2 Prozent, die IT-Administration bzw. IT-Services mit 12,7 Prozent,
    Fertigung/Produktion mit 8,4 Prozent, Personal mit 7,5 Prozent, Einkauf mit 5,7 Prozent und
    der Bereich Management/Geschäftsleitung mit 5,1 Prozent.
    Die häufigsten Schäden entstehen durch eigene Mitarbeiter, externe Geschäftspartner
    und Hackerangriffe2. Die bewusste Informationsweitergabe bzw. der Datendiebstahl durch
    eigene Mitarbeiter war bei 47,8 Prozent der konkreten Spionagehandlungen für den In-
    formationsabfluss verantwortlich. Zusammen mit den Fällen von Social Engineering3 (22,7
    Prozent), bei denen Mitarbeiter geschickt ausgefragt wurden, waren Mitarbeiter damit in
    70,5 Prozent aller Fälle an Industriespionage beteiligt.
    Rechtsstreitigkeiten und Imageschäden bei Kunden oder Lieferanten sind die häufigsten
    Folgen von Industriespionage. 65,4 Prozent der geschädigten Unternehmen beklagen hohe
    Kosten für Rechtsstreitigkeiten und 59,9 Prozent einen entsprechenden Imageschaden. Im-
    merhin noch rund ein Drittel aller Unternehmen (36,0 Prozent) verzeichnete auch Umsatz-
    einbußen durch den Verlust von Wettbewerbsvorteilen.
    Nur bei jedem fünften Vorfall – exakt bei 19,9 Prozent – wurden der Verfassungsschutz oder
    die Polizeibehörden hinzugezogen, bei 57,6 Prozent zumindest externe Sicherheitsfachleute
    wie Computer- oder Abhörschutzspezialisten bzw. forensische Ermittler.
    Bereits mehr als die Hälfte der Unternehmen hat den Informationsschutz zur Chefsache
    erklärt bzw. einen Chief Information Security Officer (CISO) etabliert. Auf die Frage, wer
    sich um die zentralen Belange des Informationsschutzes kümmert, gaben 31,2 Prozent an,
    dass dies zur Chefsache erkoren sei, und bei 20,4 Prozent der Firmen gibt es bereits einen
    CISO.
    Die Sicherheitsmaßnahmen hinken in der Regel der tatsächlichen Bedrohung hinterher.
    Fast die Hälfte aller Unternehmen (49,2 Prozent) hat immerhin eine vertragliche Vereinba-
    rung zur Geheimhaltung bzw. Vertraulichkeit mit externen Geschäftspartnern, 46,4 Prozent

1)Cyberwar:             Darunter versteht man die kriegerische Auseinandersetzung im und um den virtuellen Raum, den sog. Cyberspace, mit Mitteln vorwiegend aus dem
                        Bereich der Informationstechnik. Cyberwar bezeichnet auch die Aktivitäten staatlicher Spezialeinheiten, um Gegner oder sonstige Ziele online
                        auszukundschaften bzw. sie im Ernstfall zu sabotieren.
2)Hackerangriff:        Unerlaubtes Eindringen in fremde Computer- oder Netzwerksysteme, meist durch das Überwinden von Sicherheitsmechanismen.
3)Social Engineering:   Ausspionieren über das persönliche Umfeld, durch zwischenmenschliche Beeinflussung bzw. durch geschickte Fragestellung, meist unter Verschleierung der
                        eigenen Identität (Verwenden einer Legende). Social Engineering hat das Ziel, unberechtigt an Daten, geheime Informationen, Dienstleistungen oder
                        Gegenstände zu gelangen.
4)Sicherheits-Policy:   (auch Sicherheitsrichtlinie oder Sicherheitsleitlinie) Beschreibt den erstrebten Sicherheitsanspruch eines Unternehmens und konzeptionell die Maßnahmen, um
                        dorthin zu kommen.
5)Sensibilisierung:     Unterweisung bzw. Schulung der Mitarbeiter zu einer bestimmten Gefahrenlage mit Bezugnahme auf eine aktuelle Bedrohung.

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Studie: Industriespionage 2012 - Aktuelle Risiken für die deutsche Wirtschaft durch Cyberwar
haben eine Sicherheits-Policy4 mit klaren Regeln für den Informationsschutz. Jedoch bezie-
                                                           hen nur 7,5 Prozent externe Partner über eine technische Möglichkeit, z.B. eine sog. Docu-
                                                           ment Compliance Management Lösung, in die Sicherheits-Policy mit ein.
                                                           In den meisten Fällen ist den Führungsverantwortlichen und Mitarbeitern gar nicht deut-
                                                           lich bewusst, welches Know-how schützenswert ist. Eine Schutzbedarfsanalyse sollte für
                                                           alle unmissverständlich regeln, welche Daten/Informationen geheim, vertraulich oder of-
                                                           fen zugänglich sind. Nur 20,4 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, eine solche
                                                           Schutzbedarfsanalyse bereits erstellt und allen Mitarbeitern bekannt gegeben zu haben.
                                                           Die IT-Sicherheitsvorkehrungen sind noch nicht ausreichend, um sich effektiv gegen Cy-
                                                           berwar1 zu schützen. Zwar verfügen annähernd 90 Prozent der Unternehmen über einen
                                                           Passwortschutz auf allen Geräten und eine entsprechende Absicherung des Firmennetz-
                                                           werks gegen Angriffe von außen, jedoch nur 18,9 Prozent setzen auf verschlüsselten E-
                                                           Mail-Verkehr und nur 18,6 Prozent verbieten es, USB-Sticks und portable Festplatten oder
                                                           CD-Brenner an den PC anzuschließen.
                                                           Auf die Gefahren von Social Engineering3 ist lediglich ein Viertel aller Mitarbeiter vorbereitet.
                                                           73,9 Prozent der Unternehmen führen keine regelmäßigen Schulungen zur Sensibilisierung5
                                                           durch.
                                                           Unternehmen verlassen sich zumeist auf Geheimhaltungsverpflichtungen in den Arbeitsver-
                                                           trägen, die Integrität von neuen Bewerbern wird dagegen nur selten geprüft. Während es bei
                                                           79,1 Prozent aller befragten Firmen bereits einen entsprechenden Passus in den Arbeitsver-
                                                           trägen gibt, prüfen nur 5,9 Prozent vor der Einstellung die Integrität des Bewerbers.
                                                           Obwohl bei Industriespionage die häufigsten Schäden durch Mitarbeiter entstehen, machen
                                                           sich zu wenige Unternehmen Gedanken über die Loyalität ihrer Angestellten. Nur bei 34,8
                                                           Prozent der Firmen wird eine regelmäßige Mitarbeiterbefragung zur Erfassung der Loyalität
                                                           durchgeführt. Dieser Loyalitäts-Index6 kann einen klaren Aufschluss darüber geben, wie es
                                                           um das Betriebsklima bestellt ist und woran es im Unternehmen mangelt.
                                                           Während 81,4 Prozent bauliche Sicherheitsvorkehrungen gegen unberechtigte Zutritte
                                                           treffen, findet nur bei etwas mehr als einem Drittel (exakt 38,5 Prozent) eine Überwachung
                                                           von besonders sensiblen Bereichen durch Video- oder Zugangskontrollen statt. Abhörsi-
                                                           chere Besprechungsräume gibt es sogar nur bei 2,2 Prozent aller Unternehmen. Einen
                                                           Sweep7, bei dem solche Bereiche nach Wanzen abgesucht werden, lassen nur 2,2 Prozent
                                                           regelmäßig durchführen.
                                                           Die meisten Unternehmen gehen bei Geschäftsreisen ins Ausland viel zu sorglos mit ihren
                                                           Informationen um. 55,6 Prozent gaben an, keinerlei Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.
                                                           Nur ca. jedes sechste Unternehmen rüstet seine Angestellten mit verschlüsselter Hard-
                                                           und/oder Software für eine geschützte Kommunikation (16,4 Prozent) oder speziell vorbe-
                                                           reiteten Reise-Laptops mit Minimalkonfiguration und nur geringem Datenbestand (14,1
                                                           Prozent) aus bzw. sensibilisiert seine Mitarbeiter durch eine Schulung für das erhöhte
                                                           Risiko von Industriespionage (12,1 Prozent).
                                                           Zwar haben nur 18,8 Prozent aller Unternehmen, die Steuerungsanlagen einsetzen, einen
                                                           konkreten Angriff festgestellt, jedoch gaben 63,6 Prozent dieser Unternehmen an, dass
                                                           Schäden deutliche finanzielle Auswirkungen für das Unternehmen haben könnten. 36,4
                                                           Prozent gaben sogar an, dass ein Angriff zu einem Ausfall oder einer Fehlsteuerung führen
                                                           könnte, welche die Umwelt wesentlich gefährden könnten. Immerhin noch 13,0 Prozent
                                                           gehen sogar davon aus, dass ein Ausfall oder eine Fehlsteuerung die Versorgungslage in
                                                           Teilen der Bevölkerung gefährden könnten.
                                                           Über drei Viertel aller befragten Firmen gehen davon aus, dass die zukünftige Bedrohung
                                                           durch Industriespionage zunimmt. Jedoch glaubt nur noch die Hälfte, dass dies auch für
                                                           ihr eigenes Unternehmen zutrifft. Zum Vergleich: 2007 gaben noch 66,3 Prozent der Un-
                                                           ternehmen an, dass ihr eigenes Risiko für Industriespionage gleich bleiben würde. Bei der
                                                           aktuellen Studie sehen dies nur noch 47,7 Prozent so optimistisch.
                                                           Als häufigstes Risiko betrachten die Unternehmen die zunehmende Verwendung mobiler
                                                           Geräte wie Tablets und Smartphones (63,7 Prozent), gefolgt von der sinkenden Sensibilität
                                                           der eigenen Mitarbeiter im Umgang mit vertraulichen Daten (54,3 Prozent). Auch das zu-
                                                           nehmende Outsourcing8 von Dienstleistungen (52,4 Prozent) und der zunehmende Einsatz
                                                           von Cloud-Services9 (47,7 Prozent) werden als Bedrohungen der Zukunft eingeschätzt. Die
                                                           vermehrten Aktivitäten staatlich gelenkter Hackergruppen sehen 44,1 Prozent der Firmen als
                                                           zunehmendes Risiko für ihr Know-how.

6)Loyalitäts-Index:   Beurteilung von Unternehmen und Organisationen im Hinblick auf kriminelle und fahrlässige Handlungen von Mitarbeitern. Der Loyalitäts-Index liefert durch
                      eine Mitarbeiterbefragung mit einer psychologisch fundierten Vorgehensweise Parameter, welche auf potenzielle Risiken hinweisen.
7)Sweep:              Absuche nach Wanzen mit technischen Geräten durch Hochfrequenz-Spezialisten. Dient in der Regel der Lauschabwehr.
8)Outsourcing:        Damit wird in der Ökonomie die Abgabe von Unternehmensaufgaben und -strukturen an Drittunternehmen bezeichnet. Es ist eine spezielle Form des Fremd-
                      bezugs von bisher intern erbrachter Leistung, wobei in der Regel Verträge die Dauer und den Umfang der Leistung festschreiben.
9)Cloud-Service:      (auch Cloud-Computing) Umschreibt den Ansatz, abstrahierte IT-Infrastrukturen (z.B. Rechenkapazitäten, Datenspeicher, Netzwerk-Kapazitäten oder auch <
                      fertige Software) dynamisch an den Bedarf angepasst über ein Netzwerk zur Verfügung zu stellen. Angebot und Nutzung dieser Dienstleistungen erfolgen
                      dabei ausschließlich über definierte technische Schnittstellen und Protokolle. Die Spannbreite der im Rahmen von Cloud-Computing angebotenen
                      Dienstleistungen umfasst das komplette Spektrum der Informationstechnik und beinhaltet unter anderem Infrastruktur (z.B. Rechenleistung, Speicherplatz),
                      Plattformen und Software.

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Studie: Industriespionage 2012 - Aktuelle Risiken für die deutsche Wirtschaft durch Cyberwar
Methodik der studie
Die vorliegende Studie „Industriespionage        wurde ihnen die Möglichkeit geboten,         Corporate Trust möchte sich auf diesem
2012 – Aktuelle Risiken für die deutsche         auf einer eigens dafür erstellten Web-       Wege ganz herzlich bei der Brainloop AG
Wirtschaft durch Cyberwar“ wurde in Zu-          seite online den Fragebogen zu beant-        und der TÜV SÜD AG für ihre partner-
sammenarbeit mit der Brainloop AG und            worten. Dafür wurden im Anschreiben          schaftliche Begleitung der Studie sowie
der TÜV SÜD AG auf der Grundlage einer           die für alle Teilnehmer einheitlichen        bei allen Teilnehmern für ihren wesentli-
Befragung von 6.924 deutschen Unter-             Benutzerdaten angegeben. So wurde ge-        chen Beitrag zum Gelingen der Studie be-
nehmen erstellt. Für die Studie wurde ein        währleistet, dass nur angeschriebene         danken.
repräsentativer Querschnitt aus ca.              Unternehmen an der Onlinebefragung
65.000 Unternehmen nach dem Zufalls-             teilnehmen konnten. Zusätzlich wurden
prinzip ausgewählt und befragt.                  30 Unternehmen in telefonischen Inter-
                                                 views direkt zu ihren Erfahrungen mit In-
Um ein möglichst umfassendes Bild der            dustriespionage befragt.
aktuellen Bedrohung zu erhalten, wurde
großer Wert darauf gelegt, die Befragung         Die Beteiligung fiel, ähnlich der Vorgän-
branchenübergreifend durchzuführen und           gerstudie aus dem Jahr 2007, in den
sämtliche Unternehmensgrößen zu be-              verschiedenen Branchen sehr unter-
rücksichtigen, vom Kleinunternehmen bis          schiedlich aus. Dies kann zum einen
zum Konzern, jeweils gemessen an Um-             darauf zurückzuführen sein, dass in
satzvolumen und Anzahl der Mitarbei-             einzelnen Bereichen eine differenzierte
ter. Es wurden allerdings nur Unterneh-          Wahrnehmung der Risiken vorherrscht
men mit mindestens zehn Mitarbeitern             oder zum anderen, dass in manchen
bzw. einem Umsatz über einer Million Euro        Branchen immer noch eine geringere Be-
berücksichtigt. Aus den vorangegangenen          reitschaft besteht, über die Probleme zu
Studien der letzten Jahre wurde deutlich,        sprechen.
dass sich viele Unternehmen trotz ihres
hohen Umsatzes und der Vielzahl ihrer            Im ersten Bereich der Befragung wur-
Mitarbeiter noch zum Mittelstand zählen.         den Informationen zum Unternehmen
Daher wurde vor allem berücksichtigt, zu         selbst erhoben, danach zu den Vorfällen
welcher Kategorie sich die Unternehmen           und Risiken, den aktuellen Sicherheits-
selbst zugehörig fühlten.                        vorkehrungen im Unternehmen (speziell
                                                 zur Sicherheit in Steuerungsanlagen), zur
Die Befragung wurde im Januar und Fe-            Einschätzung der künftigen Risiken und
bruar 2012 durchgeführt und richtete sich        zur weiteren Prävention. Die Befragung
überwiegend an die Mitglieder des Vor-           war dabei so angelegt, dass die vorgege-
stands bzw. der Geschäftsführung (48,9           benen Antwortoptionen erfahrungsgemäß
Prozent aller Antworten), jedoch auch an         80 Prozent der denkbaren Antworten ab-
die Leiter Unternehmenssicherheit (7,5 Pro-      deckten. Für die restlichen 20 Prozent gab
zent), Leiter IT (6,9 Prozent), Leiter Interne   es überwiegend die Möglichkeit, zusätzli-
Revision (6,9 Prozent), Compliance Offi-         che Antworten in Form eines Freitextes
cer (6,7 Prozent), Chief Information Se-         zu geben. Bei den meisten Fragen waren
curity Officer/CISO (6,4 Prozent), Leiter        Mehrfachantworten zugelassen.
Risikomanagement (4,7 Prozent), Leiter
Finanzen, Controlling oder Rechnungs-            Am Ende der Befragung wurde den Teil-
wesen (2,3 Prozent), Leiter Personal (0,3        nehmern die Gelegenheit geboten, ihre
Prozent) und Leiter Recht (0,2 Prozent).         Kontaktdaten anzugeben. Als kleines
Darüber hinaus gaben 9,2 Prozent der             Dankeschön erhielten sie für ihre Beteili-
Befragten an, zu einem sonstigen Bereich         gung eine kostenlose Erstberatung. Es
im Unternehmen zu gehören.                       war jedoch allen Teilnehmern freigestellt,
                                                 auch anonym zu antworten. Die meisten
Erstaunlicherweise wurde der Fragebo-            Unternehmen wollten keine Angaben zur
gen nur in 6,4 Prozent aller Fälle vom Chief     Firma machen. Dies war insbesondere
Information Security Officer (CISO) eines        in solchen Fällen festzustellen, wo gra-
Unternehmens ausgefüllt, also von genau          vierende Spionagevorfälle erwähnt wur-
der Stelle, die sich hauptverantwortlich         den und auch entsprechende Schäden
um den Informationsschutz kümmern                aufgetreten waren.
sollte. Die Ergebnisse zeigen, dass es
bisher vermutlich in den wenigsten Un-           Von den 6.924 angeschriebenen Firmen
ternehmen eine solche Position gibt bzw.         antworteten genau 597 Teilnehmer, dies
dass der Informationsschutz heute tat-           entspricht 8,6 Prozent aller befragten Un-
sächlich in den meisten Unternehmen zur          ternehmen. Die Antwortbereitschaft lag
„Chefsache“ erklärt wurde.                       damit im normalen Durchschnitt vergleich-
                                                 barer Studien, jedoch unter dem Durch-
Für die Befragung wurde ein standar-             schnitt der Studie Industriespionage aus
disierter Fragebogen postalisch an die           dem Jahr 2007 (9,9 Prozent).
Unternehmen versandt. Darüber hinaus

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Teilnahme an der Studie

                         Automobil- / Luftfahrzeug- / Schiffs- / Maschinenbau                                                                        14,2 %

                                           Chemie / Pharma / Biotechnologie                                                                        13,9 %

                           Eisen und Stahl / Metallverarbeitung / Grundstoffe                                                                  13,1%

                                   Elektro / Elektronik / Feinmechanik / Optik                                                       11,4 %

                           Banken / Finanzdienstleistungen / Versicherungen                                                        10,9 %

                                                          Computer / Software                                              8,5 %

                                                             Logistik / Verkehr                                    6,0 %

                                            Immobilien / Wohnungswirtschaft                                  5,4 %

                                      Textil / Bekleidung / Leder / Holz / Glas                             5,2 %

            Steuerberatung / Unternehmens- / Personal- / Wirtschaftsprüfung                                4,7 %

                                                    Sonstige Dienstleistungen                      3,5 %

                                                Telekommunikation / Internet               2,2 %

                                                        Handel / E-Commerce        0,2 %

                                   Touristik / Hotels und Gaststätten / Freizeit   0,2 %

                                                Bauwirtschaft / Bauzulieferer      0,2 %

                                                         Versorgung / Energie      0%

                                                 Nahrungs- und Genussmittel        0%

                                                            Medien / Werbung       0%

                                                           Gesundheit / Pflege     0%

                                                                     Sonstiges     0,2 %

GRAFIK 1                                                                                                                                    Quelle: Corporate Trust 2012

Welche Position nehmen Sie im Unternehmen ein?

GRAFIK 2                                                                                                                                    Quelle: Corporate Trust 2012

                                                                                                                                                                    Seite 11
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Betroffene Unternehmen
                                         Das Risiko durch Industriespionage stellt        Dies zeigt, dass sich in der Gesamtheit
                                         in Deutschland eine ernst zu nehmende            (konkrete Spionagefälle und Verdachts-
Über 20 Prozent aller                    Bedrohung dar. Während bei der Studie            fälle) 54,6 Prozent der deutschen Wirt-
                                         im Jahr 2007 18,9 Prozent der Teilnehmer         schaft mit Industriespionage ausein-
Unternehmen hatten in                    angaben, in mindestens einem konkreten           andersetzen mussten. Gerade die hohe
den letzten drei Jahren                  Fall ausspioniert worden zu sein, hatten
                                         bei der aktuellen Befragung bereits 21,4
                                                                                          Zahl der Verdachtsfälle, die nicht eindeu-
                                                                                          tig belegt werden konnten – immerhin
einen konkreten Spio-                    Prozent aller befragten Unternehmen in           jedes dritte Unternehmen war hiervon
                                         den letzten drei Jahren konkrete Spio-           betroffen – dürfte ein Beweis dafür sein,
nagevorfall.                             nagevorfälle bzw. einen Informationsab-          dass es für deutsche Firmen immer noch
                                         fluss zu verzeichnen. Dies entspricht einer      schwierig ist, Spionage umfassend auf-
                                         Steigerung von 2,5 Prozent und bedeutet,         zuklären. Hier fehlen oftmals nicht nur die
                                         dass in den letzten drei Jahren immerhin         entsprechenden internen Ressourcen oder
                                         jedes fünfte Unternehmen von Spionage            das Know-how für Forensik und die sehr
                                         betroffen war.                                   speziellen Ermittlungen, sondern auch die
                                                                                          Bereitschaft, sich bei einem solchen Vor-
                                         Bei den Verdachtsfällen verhielt es sich         fall an die Behörden zu wenden oder an die
                                         ähnlich. Im Jahr 2007 gaben 35,1 Prozent         Öffentlichkeit zu gehen. Zu stark ist immer
                                         der Vorstände, Geschäftsführer oder Si-          noch die Angst, dass durch ein bekannt ge-
                                         cherheitsverantwortlichen an, einen Ver-         wordenes „Leck“ ein Reputationsschaden
                                         dacht auf Spionage bzw. Informations-            entstehen könnte.
                                         abfluss verzeichnet zu haben, der nicht
                                         näher belegt werden konnte. Im Jahr 2012
                                         reduzierten sich die Verdachtsfälle gering-
                                         fügig auf 33,2 Prozent aller befragten Un-
                                         ternehmen.

Gab es in Ihrem Unternehmen in den letzten drei Jahren
konkrete Spionage-Vorfälle bzw. einen Informationsabfluss?
                                                                            Stand: 2007

                                                                                                        Quelle: Studie Industriespionage 2007
GRAFIK 3                                     Quelle: Corporate Trust 2012

Gab es in Ihrem Unternehmen einen Verdacht auf Spionage
bzw. Informationsabfluss, der nicht konkretisiert bzw. eindeutig
belegt werden konnte?
                                                                            Stand: 2007

                                                                                                        Quelle: Studie Industriespionage 2007
 GRAFIK 4                                    Quelle: Corporate Trust 2012

                                                                                                                                       Seite 13
Betroffene Unternehmen
                                                  Von den befragten Unternehmen waren                           (21,4 Prozent der Teilnehmer) waren 10,9
                                                  66,2 Prozent dem Mittelstand zuzurech-                        Prozent Kleinunternehmen, 16,4 Prozent
Der Mittelstand ist noch                          nen (dies entspricht laut einer Richtlinie                    Konzerne und 72,7 Prozent mittelstän-
                                                  der EU-Kommission einem Unternehmen                           dische Firmen. Gemessen am Verhältnis
immer am stärksten ge-                            mit 50 bis 250 Mitarbeitern oder 50 bis                       zu ihrer Beteiligung an der Befragung
fährdet.                                          500 Millionen Euro Umsatz oder alterna-
                                                  tiv denjenigen, die sich in der Befragung
                                                                                                                waren damit 15,6 Prozent der Kleinunter-
                                                                                                                nehmen, 18,8 Prozent der Konzerne und
                                                  selbst als Mittelstand bezeichneten), 18,8                    23,5 Prozent der Mittelständler betroffen.
                                                  Prozent waren Konzerne (mehr als 250
                                                  Mitarbeiter oder mehr als 500 Millionen                       Dies zeigt, dass gerade der Mittelstand
                                                  Euro Umsatz) und 15,1 Prozent Kleinun-                        mit seiner hohen Innovationsfähigkeit und
                                                  ternehmen (10 bis 50 Mitarbeiter oder                         Produktqualität stark im Fokus von Indus-
                                                  10 bis 50 Millionen Euro Umsatz). Jedes                       triespionage steht. Mittelständische Firmen
                                                  Unternehmen ist heute gefährdet, Opfer                        sind zwar das Rückgrat der deutschen
                                                  eines Hackerangriffs1 oder Informations-                      Wirtschaft, haben jedoch vermutlich im-
                                                  abflusses zu werden. In den letzten drei                      mer noch nicht genügend Sicherheits-
                                                  Jahren waren jedoch die mittelständischen                     vorkehrungen getroffen, um dem Ab-
                                                  Unternehmen am häufigsten von Spionage                        fluss von Know-how wirkungsvoll entge-
                                                  betroffen und unterliegen daher anschei-                      genzutreten. Deutsche Konzerne sind hier
                                                  nend dem höchsten Risiko.                                     mit ihren Corporate Security-Abteilungen
                                                                                                                offenbar besser gerüstet.
                                                  Von den insgesamt durch einen Informa-
                                                  tionsangriff geschädigten Unternehmen

                                                     Teilnahme an der Studie

                                                                Mittelstand                                                                           66,2 %

                                                                  Konzern
                                                                                                     18,8 %

                                                         Kleinunternehmen                        15,1 %

                                                     GRAFIK 5                                                                           Quelle: Corporate Trust 2012

                                                     Schäden im Verhältnis zur Teilnahme an der Studie

                                                                Mittelstand                                                                        23,5 %

                                                                  Konzern                                                          18,8 %

                                                         Kleinunternehmen                                               15,6 %

                                                     GRAFIK 6                                                                           Quelle: Corporate Trust 2012

1)Hackerangriff:   Unerlaubtes Eindringen in fremde Computer- oder Netzwerksysteme, meist durch das Überwinden von Sicherheitsmechanismen.

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Die Bewertung, welches individuelle Risiko        einmal eine Steigerung um 2,9 Prozent im Ver-
                           für ein Unternehmen besteht, kann sich auch       gleich zur Studie von 2007 dar; damals war der
Am häufigsten sind die     an der Häufigkeit orientieren, wie oft Angriffe   Maschinenbau mit 26,9 Prozent ebenfalls am
                           auf Unternehmen der gleichen Branche, mit         stärksten betroffen. In der aktuellen Erhebung
Finanzwirtschaft und der   vergleichbarem Know-how oder ähnlichen            folgt allerdings mit 21,5 Prozent die Finanz-
Maschinenbau betroffen.    Produkten stattfinden. Daher war es in der
                           Befragung wichtig, zu erfahren, welche
                                                                             dienstleistungsbranche. Interessanterweise
                                                                             beteiligte sich das Segment „Banken / Finanz-
                           Branchen besonders vielen Fällen von In-          dienstleistungen / Versicherungen“ im Jahr
                           dustriespionage ausgesetzt sind. Viele der        2007 nicht an der Studie; somit konnte auch
                           teilnehmenden Unternehmen gaben bei der           keine Erfassung der Schadenszahlen erfolgen.
                           Frage nach konkreten Spionagehandlungen
                           mehrere Vorfälle an, sodass dies auch in die      Die Ergebnisse aus diesen Antworten sollten
                           Gefährdung je Branche mit einfloss.               allerdings nicht dazu verleiten, weniger ge-
                                                                             schädigte Branchen automatisch als geringer
                           Die Unternehmen wurden daher neben ihrer          gefährdet einzustufen – niedrigere Schadens-
                           Umsatzgröße und Mitarbeiterzahl auch nach         zahlen können sich ebenso aus einer gerin-
                           ihrer Branchenzugehörigkeit gefragt. Bei den      geren Studienbeteiligung in einem bestimmten
                           tatsächlichen Spionagefällen ergaben sich da-     Segment ergeben. Außerdem herrscht in
                           bei vor allem für zwei Branchen deutlich er-      einzelnen Branchen erfahrungsgemäß eine
                           höhte Risiken: So kam es bei der wesentlich       geringere Sensibilität für die Wahrnehmung
                           zum Rückgrat der deutschen Wirtschaft ge-         von Spionage bzw. es existieren weniger Si-
                           hörenden Automobil- / Luftfahrzeug- / Schiffs-    cherheitsvorkehrungen, sodass es oftmals
                           und Maschinenbaubranche mit 29,8 Prozent          schwerer fällt, Informationsabfluss überhaupt
                           am häufigsten zu Schäden. Dies stellt noch        zu bemerken.

Geschädigte Branchen

GRAFIK 7                                                                                             Quelle: Corporate Trust 2012

      Stand: 2007

                                                                                    Quelle: Studie Industriespionage 2007

                                                                                                                             Seite 15
Betroffene Unternehmen
                            Von allen befragten Firmen gaben ledig-                         Bei der Betrachtung, welche Unternehmen
                            lich 7,0 Prozent an, keine Geschäftsbe-                         Schäden durch Industriespionage ange-
Die Geschäftstätigkeit im   ziehungen ins Ausland zu unterhalten.                           ben und gleichzeitig Geschäftsbeziehun-
                            Die meisten Unternehmen (46,6 Prozent)                          gen im Ausland unterhalten, wird das
Ausland erhöht das Risiko   verfügen zumindest über Kunden im Aus-                          Risiko deutlich: Bei exakt 96,0 Prozent
deutlich.                   land, 44,2 Prozent betreiben eigene Nie-
                            derlassungen bzw. Tochterunternehmen,
                                                                                            aller Firmen gibt es ein Auslandsengage-
                                                                                            ment, nur 4,0 Prozent der Unternehmen
                            30,2 Prozent haben Handelsvertretungen,                         mit einem Spionagevorfall haben keine ge-
                            Vertriebs- oder Servicepartner und 28,0                         schäftlichen Beziehungen ins Ausland.
                            Prozent sogar ein Joint Venture.
                                                                                            Aufgrund der geringen Zahl von 7,0 Pro-
                            Bei den Regionen, in die Geschäftsbezie-                        zent der Unternehmen, die keinerlei Aus-
                            hungen unterhalten werden, war Europa                           landsbeziehungen unterhalten, ist die
                            mit 86,1 Prozent am häufigsten vertreten,                       hohe Zahl an geschädigten Unternehmen
                            gefolgt von Asien (55,8 Prozent), Nord-                         mit Auslandsengagement (96,0 Prozent)
                            amerika (53,4 Prozent) und den GUS-Staaten                      allerdings nicht verwunderlich. Dies zeigt
                            (45,2 Prozent).                                                 vermutlich auch, dass sich überwiegend
                                                                                            Firmen an der Studie beteiligten, die im
                            Ein Großteil der deutschen Wirtschaft ist                       Ausland präsent sind und daher offenbar
                            damit global unterwegs und deshalb auch                         stärker für die Risiken von Industriespio-
                            unterschiedlichsten Risiken ausgesetzt.                         nage sensibilisiert sind.

                              Haben Sie Geschäftsbeziehungen im Ausland?
                              (Mehrfachnennungen möglich)

                                                                          Nur Kunden                                           46,6 %

                                         Eigene Niederlassungen / Tochterunternehmen                                          44,2 %

                                                       Vertriebs- oder Servicepartner /
                                                                  Handelsvertretungen                             30,2 %

                                                                          Joint Venture                          28 %

                                                                             Sonstiges        6,9 %

                                                                                  Nein        7%
                              GRAFIK 8                                                                                  Quelle: Corporate Trust 2012

                              In welche Regionen haben Sie diese Geschäftsbeziehungen?
                              (Mehrfachnennungen möglich)

                                                                Europa                                                            86,1 %

                                                                 Asien                                       55,8 %

                                                          Nordamerika                                        53,4 %

                                                          GUS-Staaten                                   45,2 %

                                              Mittlerer und Naher Osten                             38,2 %

                                                 Mittel- und Südamerika                            37,2 %

                                                                 Afrika                   23,1 %

                                                              Sonstiges       4,7 %

                                                                                 9,2 %
                                                         Keine Angaben

                              GRAFIK 9                                                                                  Quelle: Corporate Trust 2012

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Während bei der Studie 2007 noch 76,9                            vorbereitet. Zum anderen ist es jedoch
                                                         Prozent der geschädigten Unternehmen                             auch möglich, dass gerade die gehäuften
Spionage findet (neben                                   angaben, dass die Spionage oder zumindest                        Hackerangriffe aus dem Reich der Mitte
                                                         der Verdacht auf einen solchen Vorfall in                        zwar als solche erkannt, jedoch aufgrund
Deutschland) vor allem in                                Deutschland stattfand, sind es aktuell nur                       des Angriffs auf ein Unternehmenssystem
den GUS-Staaten, Europa                                  noch 26,1 Prozent. Das Bewusstsein der
                                                         Unternehmen für kriminelle Angriffe im
                                                                                                                          in Deutschland als Angriffe „in Deutsch-
                                                                                                                          land“ gewertet wurden. Erstaunlich schei-
und Nordamerika statt.                                   Ausland dürfte damit deutlich gestiegen                          nen außerdem die Zahlen von Spionagevor-
                                                         sein. Nur noch 6,3 Prozent der Firmen                            fällen in Europa (26,6 Prozent) und Nord-
                                                         sind sich völlig im Unklaren darüber, wo                         amerika (25,2 Prozent). Offenbar werden
                                                         die Spionage bzw. der Datenabfluss statt-                        die Bedingungen im internationalen Ge-
                                                         fand. Die meisten Vorfälle ereigneten sich                       schäftsfeld härter und es wird von Konkur-
                                                         in den GUS-Staaten (27,0 Prozent), gefolgt                       renten zunehmend mit verbotenen Mitteln
                                                         von Europa (26,6 Prozent), Deutschland                           gearbeitet.
                                                         (26,1 Prozent), Nordamerika (25,2 Prozent)
                                                         und Asien (10,4 Prozent).                                        Das Ergebnis zeigt, dass nach wie vor von
                                                                                                                          einer hohen Spionagetätigkeit durch die
                                                         Die geringen Schadenszahlen für Asien                            Nachrichtendienste Chinas und der GUS-
                                                         könnten zum einen darauf zurückzuführen                          Staaten auszugehen ist – also der klas-
                                                         sein, dass sich mittlerweile die Mehrzahl                        sischen Wirtschaftsspionage1 – , Unterneh-
                                                         der Unternehmen des Risikos bewusst                              men jedoch ebenso bei ihrer Geschäfts-
                                                         sind, bei Geschäften in China einen Informa-                     tätigkeit in Europa oder Nordamerika von
                                                         tionsabfluss zu erleiden. Folglich wurden                        Industriespionage betroffen sein können.
                                                         sicherlich oftmals verstärkte Schutzmaß-                         Dies erfordert vermutlich ein Umdenken bei
                                                         nahmen implementiert und die Mitarbeiter                         der Sensibilisierung von Mitarbeitern und
                                                         entsprechend auf ihre Reisen nach Asien                          der Planung von Geschäftsprozessen.

                                                            Können Sie konkretisieren, wo die Spionage zum Nachteil Ihres Unternehmens
                                                            stattfand? (Mehrfachnennungen möglich)

                                                                                                 GUS-Staaten                                                    27 %

                                                                         Europa (ausgenommen Deutschland)                                                    26,6 %

                                                                                                  Deutschland                                               26,1 %

                                                                                                 Nordamerika                                               25,2 %

                                                                                                         Asien                    10,4 %

                                                                                                        Afrika            5,4 %

                                                                                    Mittlerer und Naher Osten     0,5 %

                                                                                       Mittel- und Südamerika     0%

                                                                                                                  0%
                                                                                                     Sonstiges

                                                                            Völlig unklar, wo die Spionage bzw.           6,3 %
                                                                                     der Datenabfluss stattfand

                                                            GRAFIK 10                                                                            Quelle: Corporate Trust 2012

1)Wirtschaftsspionage:   Staatlich gelenkte oder gestützte, von fremden Nachrichtendiensten ausgehende Ausforschung von Wirtschaftsunternehmen und Betrieben.

                                                                                                                                                                         Seite 17
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Schäden durch Spionage
                                                   Der deutschen Wirtschaft entsteht durch                   Am deutlichsten fällt der Anstieg bei der
                                                   Industriespionage jährlich ein Gesamt-                    Schadenshöhe im Bereich zwischen
Die finanziellen Schäden                           schaden von ca. 4,2 Milliarden Euro. Im Ver-              10.000 und 100.000 Euro aus: Hier ver-
                                                   gleich zur Studie 2007 (2,8 Milliarden Euro)              dreifachten sich die Schäden von 14,3 Pro-
durch Industriespionage                            entspricht dies einem Anstieg um 50,0                     zent (2007) auf 45,3 Prozent (2012). Auch
sind deutlich angestiegen.                         Prozent und belegt eindringlich, wie hoch
                                                   das neue Bedrohungspotenzial durch Cy-
                                                                                                             die Schäden über einer Million Euro stie-
                                                                                                             gen von 7,2 Prozent (Studie 2007) auf 9,1
                                                   berwar tatsächlich ist.                                   Prozent (Studie 2012) an. Lediglich die
                                                                                                             Schäden bis 10.000 Euro sanken von 21,7
                                                   In Deutschland gibt es ca. 3,1 Millionen                  Prozent (2007) auf 10,4 Prozent (2012).
                                                   umsatzsteuerpflichtige Unternehmen. Etwa
                                                   zwei Drittel davon sind Einzelunternehmen.                Interessant war auch, dass bei der Diffe-
                                                   Für die Befragung wurden lediglich Unter-                 renzierung der Schäden nach Unterneh-
                                                   nehmen mit mindestens 10 Mitarbeitern                     mensgröße die Kleinbetriebe nur Schäden
                                                   bzw. einem Umsatz über einer Million Euro                 bis maximal 100.000 Euro feststellten,
                                                   ausgewählt. Somit wurde (analog zur Stu-                  die finanziellen Negativauswirkungen im
                                                   die 2007) von einer Referenzgröße von ca.                 Mittelstand vor allem im Bereich von 10.000
                                                   65.000 zu berücksichtigenden deutschen                    bis 100.000 Euro lagen (53,5 Prozent) und
                                                   Unternehmen ausgegangen. Bei den Scha-                    23,5 Prozent der geschädigten Konzerne
                                                   denssummen wurde jeweils nur ein Mit-                     auch im Bereich über einer Million Euro
                                                   telwert angenommen, also z.B. 55.000                      Schäden bezifferten.
                                                   Euro bei der Kategorie von 10.000 bis
                                                   100.000 Euro.                                             Die starke Veränderung bei den finanziel-
                                                                                                             len Schäden der Unternehmen ist zum Teil
                                                   Für die Hochrechnung des Gesamtscha-                      auf das veränderte Bedrohungsspektrum
                                                   dens auf die zu referenzierenden 65.000                   – Stichwort „Cyberwar“ – zurückzuführen,
                                                   Unternehmen wurde der Gesamtschaden                       vermutlich jedoch auch auf eine veränderte
                                                   von ca. 8,4 Milliarden Euro noch einmal                   Wahrnehmung von Industriespionage. Ein
                                                   um 50 Prozent bereinigt, weil davon aus-                  gesteigertes Bewusstsein für Risiken und
                                                   zugehen ist, dass sich vor allem Unter-                   die Notwendigkeit von Informationsschutz
                                                   nehmen mit einer erhöhten Sensibilität                    führt zwangsläufig zu einer stärkeren Sen-
                                                   für Industriespionage an der Studie be-                   sibilisierung für die Auswirkungen.
                                                   teiligten. Unter Bezugnahme auf die erho-
                                                   benen Schadensfälle und die prozentuale                   Heute existieren in vielen Unternehmen
                                                   Verteilung der finanziellen Schäden je Un-                mehr Sicherheitsvorkehrungen in der IT
                                                   ternehmensgröße ist daher – sehr konser-                  sowie bei der Qualitätssicherung mit Kun-
                                                   vativ gerechnet – der deutschen Wirtschaft                den und Lieferanten. Hackerattacken, un-
                                                   ein Gesamtschaden von mindestens 4,2                      berechtigte Datenzugriffe oder neue Kon-
                                                   Milliarden Euro entstanden.                               kurrenten mit identischen Produkten
                                                                                                             werden daher schneller als Spionage
                                                   Insgesamt hatten 82,9 Prozent der geschä-                 identifiziert und die Schäden erkannt.
                                                   digten Unternehmen einen finanziellen
                                                   Schaden zu verzeichnen. Dies stellt einen
                                                   Anstieg um 28,7 Prozent dar (Studie 2007:
                                                   64,4 Prozent).

 Schäden nach Unternehmensgröße
                                                                                                                                            Konzerne
                                                                         53,5 %
                                                                                                        48,7 %                               Mittelstand

                                                                38,8 %                                                                       Kleinunternehmen

                                                                                  28,2 %
                                     25,5 %
             23,5 %                                                                                                                    23,1 %
                                              18,1 %                                                                            20 %

                                                                                                                       10,2 %
                                                                                                5,8 %
                      2,6 %                                                                2%
                              0%                   0%

             über 1 Mio. Euro      100.000 bis 1 Mio. Euro    10.000 bis 100.000 Euro      bis 10.000 Euro               Kein finanzieller Schaden
                                                                                                                         nachweisbar / feststellbar

 GRAFIK 11                                                                                                                             Quelle: Corporate Trust 2012

                                                                                                                                                               Seite 19
Schäden durch Spionage

 Kann der Schaden durch Spionage finanziell beziffert werden?

 GRAFIK 12                                                                        Quelle: Corporate Trust 2012

           Stand: 2007

                                                                Quelle: Studie Industriespionage 2007

Seite 20
Bei der aktuellen Befragung wurde der                     Alle Angaben im Freitext zu „Sonstiges“
                           Vertrieb mit 18,3 Prozent von den betrof-                 (3,3 Prozent) bezogen sich fast aus-
Industriespionage ge-      fenen Unternehmen abermals am häufig-                     schließlich auf Kunden- oder Lieferanten-
                           sten als Angriffsziel für Industriespionage               daten. Hier scheint es so, dass diese Infor-
schieht am häufigsten      genannt; bereits 2007 war dies der am                     mationen von den Unternehmen nicht ein-
im Vertrieb, gefolgt von   stärksten betroffene Bereich. Wie nicht
                           anders erwartet, ist Forschung & Ent-
                                                                                     deutig dem Bereich Vertrieb oder Einkauf
                                                                                     zugeordnet werden konnten. Wahrschein-
Forschung & Entwick-       wicklung mit 16,0 Prozent der zweitge-                    lich handelt es sich hier bei den Schadens-
                           fährdetste Bereich, gefolgt von Mergers &                 fällen überwiegend um Vorkommnisse,
lung sowie Mergers &       Acquisitions mit 14,2 Prozent aller Angriffe              bei denen Mitarbeiter das Unternehmen
                           sowie IT-Administration und IT-Service                    verließen und Kunden- oder Lieferanten-
Acquisitions               mit 12,7 Prozent.                                         daten mitnahmen.

                           Forschung & Entwicklung war 2007 mit                      Interessant ist auch, dass nur noch 8,6
                           16,1 Prozent ebenfalls der am zweithäufig-                Prozent der geschädigten Unternehmen
                           sten betroffene Bereich, jedoch war damals                keine Angaben darüber machen konnten
                           Mergers & Acquisitions mit 3,7 Prozent der                oder wollten, in welchem Bereich spioniert
                           Bereich, in dem am wenigsten spioniert                    wurde; bei der Befragung 2007 waren es
                           wurde. Dies hat sich offenbar stark verän-                immerhin noch 20,8 Prozent. Dies ist ver-
                           dert und belegt, dass die strategischen                   mutlich ein Beleg dafür, dass Unterneh-
                           Pläne eines Unternehmens (vor allem im                    men bereits mehr und bessere Sicherheits-
                           Hinblick auf Expansionsziele und poten-                   vorkehrungen implementiert haben, die es
                           zielle Übernahmekandidaten) zu den in-                    ihnen ermöglichen, einen Informationsab-
                           teressantesten Informationen für Spionage                 fluss zu erkennen.
                           gehören.

                             In welchem Bereich wurde spioniert bzw. fand der Informationsabfluss statt?
                             (Mehrfachnennungen möglich)

                                                               Vertrieb                                                      18,3 %

                                           Forschung und Entwicklung                                                 16 %

                                                Mergers & Acquisitions                                         14,2 %

                                           IT-Administration, IT-Service                              12,7 %

                                                 Fertigung / Produktion                       8,4 %

                                                              Personal                     7,6 %

                                                                Einkauf            5,7 %

                                         Management / Geschäftsleitung         5,1 %

                                                                           3,3 %
                                                              Sonstiges

                                                        Keine Angaben                        8,6 %

                             GRAFIK 13                                                                         Quelle: Corporate Trust 2012

                                                                                                                                       Seite 21
Schäden durch Spionage
                                                              Weiterhin stellen die eigenen Mitarbeiter                             Bei der Frage nach den konkreten Hand-
                                                              eines der größten Risiken für Unternehmen                             lungen waren Mehrfachnennungen erlaubt.
Schäden entstehen vor                                         dar. Bei der Befragung zu den konkreten                               Dadurch war es für die Unternehmen mög-
                                                              Handlungen wurde unterschieden zwischen                               lich, sowohl die Handlungen mehrerer ein-
allem durch eigene Mit-                                       bewusster Informationsweitergabe bzw.                                 zelner Industriespionage-Vorfälle zu be-
arbeiter sowie externe                                        dem Datendiebstahl für eigene Zwecke
                                                              und dem fahrlässigen Informationsabfluss,
                                                                                                                                    nennen als auch verschiedene Handlungen
                                                                                                                                    bei nur einem Angriff anzugeben. Von dieser
Geschäftspartner und                                          z.B. bei der Handhabung von Daten, im                                 Option machten viele der geschädigten
                                                              Umgang mit Geräten oder durch Social                                  Unternehmen Gebrauch.
Hackerangriffe.                                               Engineering1.
                                                                                                                                    Die Angriffsqualität bei Industriespionage
                                                              Dabei stellte sich heraus, dass 47,8 Pro-                             verändert sich; sogenannte APT (Advan-
                                                              zent der konkret festgestellten Spionage-                             ced Persistant Threats), also Angriffe durch
                                                              fälle auf die bewusste Informations- oder                             eine fortgeschrittene und andauernde Be-
                                                              Datenweitergabe bzw. den Datendiebstahl                               drohung, nehmen deutlich zu. Dadurch stel-
                                                              durch eigene Mitarbeiter zurückzuführen                               len die Unternehmen heute oftmals kom-
                                                              sind. Nicht wesentlich geringer war die                               binierte Schadenshandlungen fest. Bei ei-
                                                              Häufigkeit beim Abfluss von Daten durch                               nem Hackerangriff ist es umso leichter, in
                                                              externe Dritte wie Zulieferer, Dienstleister                          die Systeme einzudringen, je mehr inter-
                                                              oder Berater: 46,8 Prozent der geschä-                                nes Wissen über das Unternehmen be-
                                                              digten Unternehmen gaben an, hierdurch                                kannt ist. Daher gibt es in Verbindung mit
                                                              ausspioniert worden zu sein. Hackeran-                                einem solchen Hackerangriff2 häufig auch
                                                              griffe erreichen mit 42,4 Prozent ebenfalls                           erkannte Social Engineering-Anrufe bzw.
                                                              noch eine sehr hohe Schadensquote.                                    detektierte Versuche, auf die E-Mail-Kom-
                                                                                                                                    munikation zuzugreifen oder Telefone zu
                                                                                                                                    manipulieren.

  Welche konkreten Handlungen fanden statt?
  (Mehrfachnennungen möglich)

          Bewusste Informations- oder Datenweitergabe / Datendiebstahl durch eigene Mitarbeiter,
                        um sich einen eigenen Vorteil zu verschaffen (z.B. finanziell bessere Stelle                                                                          47,8 %
                                                                    bei einem neuen Arbeitgeber)

                   Abfluss von Daten durch externe Dritte wie Zulieferer, Dienstleister oder Berater                                                                         46,8 %

                   Hackerangriffe auf EDV-Systeme und Geräte (Server, Laptop, Tablet, Smartphone)                                                                   42,4 %

                         Diebstahl von IT- und Telekommunikationsgeräten (PC, Laptop, Handy etc.)                                                  32,7 %

       Geschicktes Ausfragen von Mitarbeitern, sog. Social Engineering, z.B. am Telefon, in sozialen                                     22,7 %
       Netzwerken / Internetforen, im privaten Umfeld, auf Messen oder sonstigen Veranstaltungen

               Sonstiger Informationsabfluss außerhalb des Firmengeländes, z.B. durch unbedachte                                15,5 %
                        Kommunikation, schlecht gesicherte Heimarbeitsplätze oder Cloud Services

                                                                                                                       12,2 %
                             Abhören und Mitlesen von elektronischer Kommunikation, z.B. E-Mails

              Einbruch in Gebäude bzw. Diebstahl von Dokumenten, Unterlagen, Mustern, Maschinen                        11,2 %
                                                                              oder Bauteilen etc.

                                                                                                               6,5 %
                                  Abhören von Besprechungen, Telefonaten bzw. Mitlesen von Faxen

                                                                                          Sonstiges    0,4 %

  GRAFIK 14                                                                                                                                                 Quelle: Corporate Trust 2012

1)Social Engineering:      Ausspionieren über das persönliche Umfeld, durch zwischenmenschliche Beeinflussung bzw. durch geschickte Fragestellung, meist unter Verschleierung der
                           eigenen Identität (Verwenden einer Legende). Social Engineering hat das Ziel, unberechtigt an Daten, geheime Informationen, Dienstleistungen oder
                           Gegenstände zu gelangen.
2)Hackerangriff:           Unerlaubtes Eindringen in fremde Computer- oder Netzwerksysteme, meist durch das Überwinden von Sicherheitsmechanismen.

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Bei der Durchführung der aktuellen Be-         Vergleicht man die Ergebnisse mit der
                                                        fragung wurde Wert darauf gelegt, ver-         Studie 2007, so muss man auch dort die
Technische Angriffe sind                                gleichbare Aussagen zur Studie 2007 zu         beiden Formen „Belauschen von vertrau-
                                                        erhalten, um hierdurch die Entwicklung         lichen Besprechungen” (10,7 Prozent) und
noch immer ein gebräuch-                                von Industriespionage zu erkennen.             „Abhören von Telefonaten bzw. Mitlesen
liches Mittel, um an sen-                               Während 2007 nur bei 14,9 Prozent aller
                                                                                                       von Faxen oder E-Mails“ (5,3 Prozent)
                                                                                                       zusammenfassen. Hieraus ergibt sich eine
sible Informationen zu                                  Fälle ein Hackerangriff2 als konkrete Spio-    Gesamthäufigkeit von 16,0 Prozent. Im
                                                        nagehandlung zugrunde lag, waren es            Vergleich zur aktuellen Studie beläuft sich
gelangen.                                               2012 bereits 42,4 Prozent. Die Schäden         damit der Anstieg bei dieser technischen
                                                        durch Hackerangriffe haben sich damit          Form von Spionage auf 2,7 Prozent.
                                                        annähernd verdreifacht.

                                                        In Bezug auf das Abhören von Telefonaten,
                                                        bzw. das Mitlesen von Faxen oder E-Mails
                                                        ist die Entwicklung nicht ganz so drastisch.
                                                        Für die Auswertung wurden die konkreten
                                                        Handlungen „Abhören und Mitlesen von elek-
                                                        tronischer Kommunikation, z.B. E-Mails“
                                                        (12,2 Prozent) und „Abhören von Bespre-
                                                        chungen, Telefonaten bzw. das Mitlesen
                                                        von Faxen“ (6,5 Prozent) zusammenge-
                                                        fasst. Diese Vorkommnisse wurden damit
                                                        in insgesamt 18,7 Prozent aller Fälle fest-
                                                        gestellt, spielen also in fast jedem fünften
                                                        Fall von Industriespionage eine Rolle.

Schäden durch klassische Angriffsformen

                                                             Hackerangriff                                                                   42,4 %

      Abhören bzw. Mitlesen von elektronischer Kommunikation (z.B. E-Mails)                12,2 %

            Abhören von Besprechungen, Telefonaten bzw. Mitlesen von Faxen         6,5 %

GRAFIK 15                                                                                                                     Quelle: Corporate Trust 2012

       Stand: 2007

                                                                                                             Quelle: Studie Industriespionage 2007

                                                                                                                                                      Seite 23
Schäden durch Spionage
                            Die Folgen von Spionage können unter-                      Patentrechtsverletzungen (44,2 Prozent)
                            schiedliche Auswirkungen haben. Oft-                       und Umsatzeinbußen durch Verlust von
Rechtsstreitigkeiten und    mals ist ein Informationsabfluss feststell-                Wettbewerbsvorteilen (36,0 Prozent).
                            bar, ohne dass unmittelbar ein Zusam-
Imageschäden bei Kun-       menhang mit einem konkreten Schaden                        Auffallend ist dabei, dass zwar nur etwa
den oder Lieferanten sind   erkannt wird. Dieser kann sich zum einen
                            erst wesentlich später einstellen (z.B.
                                                                                       ein Drittel aller Unternehmen durch die
                                                                                       Industriespionage Umsatzeinbußen regis-
die häufigsten Folge von    wenn ein Mitbewerber mit dem gestohle-                     trierte, jedoch fast 60 Prozent Image-
                            nen Know-how plötzlich billigere Plagiate                  schäden bei Kunden oder Lieferanten ver-
Industriespionage.          anbietet), zum anderen können aber auch                    zeichneten. Die Angst der Firmen vor ei-
                            die sofort eingeleiteten rechtlichen Schritte              nem Reputationsschaden ist also berech-
                            verhindern, dass bei einem Konkurrenten                    tigt. Kunden oder Lieferanten reagieren
                            überhaupt ein Vorteil entsteht. Für ein Un-                negativ, wenn der Verdacht besteht, dass
                            ternehmen ist trotzdem ein Schaden ent-                    vertrauliche Daten abgeflossen sind.
                            standen, weil auch die Auseinandersetzung
                            mit dem Fall Kapazitäten bindet.                           Interessant war bei dieser Frage, dass nur
                                                                                       annähernd jedes fünfte Unternehmen ei-
                            Befragt nach der konkreten Schädigung                      nen Ausfall bzw. eine Schädigung von IT-
                            bei den Fällen von Spionage bzw. dem Ver-                  Geräten verzeichnete. Dies ist vermutlich
                            dacht, gaben 65,4 Prozent der Unterneh-                    darauf zurückzuführen, dass die Angriffe
                            men an, dass sie hohe Kosten für Rechts-                   bei Industriespionage in der Regel gegen
                            streitigkeiten hatten. An zweiter Stelle (59,9             die „Vertraulichkeit“ der Daten gerichtet
                            Prozent) wurden Imageschäden bei Kun-                      sind und weniger gegen die „Verfügbarkeit“
                            den oder Lieferanten genannt, gefolgt von                  von Informationen oder EDV-Systemen.

                              Gab es Hinweise auf eine konkrete Schädigung (materiell / immateriell)
                              für das Unternehmen?
                              (Mehrfachnennungen möglich)

                                     Hohe Kosten für Rechtsstreitigkeiten                                                    65,4 %

                               Imageschäden bei Kunden oder Lieferanten                                                 59,9 %

                                                 Patentrechtsverletzungen
                                           (auch schon vor der Anmeldung)                                 44,2 %

                                             Umsatzeinbußen durch Verlust
                                                von Wettbewerbsvorteilen                           36 %

                                          Negative Medienberichterstattung               21,9 %

                                     Erpressung mit „abgesaugten“ Daten                 20,5 %

                                   Ausfall bzw. Schädigung von IT-Geräten              18,8 %

                                              Höhere Mitarbeiterfluktuation    2,4 %

                                                                 Sonstiges    0%

                                                                      Nein    0,7 %

                              GRAFIK 16                                                                    Quelle: Corporate Trust 2012

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