Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt - Solon ...
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Index Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt EXECUTIVE SUMMARY____________________________________________________ 4 1. EINFÜHRUNG IN DIE THEMATIK __________________________________________ 7 2. GRUNDLAGEN EINSPEISEMARKT _______________________________________ 12 3. EINSPEISEMARKT ALS ZWEISEITIGER MARKT ____________________________ 29 4. WETTBEWERB DER TV-PLATTFORMEN __________________________________ 40 5. MARKTMACHT IM EINSPEISEMARKT_____________________________________ 51 6. KONSOLIDIERUNG UND DYNAMIK EINSPEISEMARKT ______________________ 64 ABKÜRZUNGEN ________________________________________________________ 74 Seite 3
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt EXECUTIVE SUMMARY Mit der Aufrüstung der Kabelnetze haben die Kabelnetzbetreiber den Breitbandwettbewerb in den vergangenen zwei Jahren maßgeblich verändert. Seit 2007 werden die Kabelnetzbetreiber als ernsthafte Infrastrukturwettbewerber wahrgenommen, bereits 2008 gewannen die drei großen Kabelnetzanbieter zusammen mehr Neukunden als jeder andere DSL-Herausforderer. Wesentliche Voraussetzung für diesen Erfolg sind neben dem hohen Aufrüstungsgrad vor allem attraktive Produkte und Preise und ein zunehmend direkter Zugriff auf die Endkunden – beides direkte Resultate der begonnenen Konsolidierung des deutschen Kabelmarkts. Mit ihren fortgesetzten Investitionen in die Aufrüstung ihrer Netze und den Roll-out von EuroDOCSIS 3.0 sind die Kabelnetzbetreiber eine wesentliche Stütze der Breitbandstrategie der Bundesregierung. Nur mit starken Kabelnetzbetreibern können deren ambitionierte Ausbauziele erreicht werden. Um die positiven Wirkungen des Infrastrukturwettbewerbs zwischen Festnetz- und Kabelnetzbetreibern im deutschen Markt langfristig zu sichern, bedarf es neben fortgesetzten Investitionen einer weiteren Konsolidierung des Kabelmarkts. Regionale Kabelnetzbetreiber mit teilweise geteilten Kundenbeziehungen werden es mittelfristig schwer haben, auf Augenhöhe mit den nationalen Festnetz-Anbietern zu agieren. International wird dementsprechend die Konsolidierung des Kabelmarkts bereits als ein probates Mittel zur Förderung des Infrastrukturwettbewerbs betrachtet. Nach verschiedensten erfolgreichen Fusionen sind die westeuropäischen Kabelmärkte weitgehend konsolidiert und die Kabelnetzbetreiber im Kommunikationswettbewerb gegenüber den Incumbents erheblich gestärkt. Auch im deutschen Markt findet die geänderte Faktenlage allmählich Beachtung, der positive Wettbewerbseffekt der Kabelnetzbetreiber im Breitbandmarkt wurde bereits in ersten Fusions- und Übernahme-Entscheidungen berücksichtigt. Gleichwohl ist der Weg zu einer weiteren Konsolidierung des Kabelmarkts noch lange nicht frei. Bei der kartellrechtlichen Prüfung aller bisherigen Transaktionen galt ein besonderes Augenmerk den Auswirkungen dieser Transaktionen auf den Einspeisemarkt. Der Einspeisemarkt betrifft zwar nur einen kleinen Anteil der Kostenbasis der TV-Sender, ist aber dennoch ein, wenn nicht das wesentliche Hemmnis bei der Durchsetzung einer weitergehenden Konsolidierung des deutschen Kabelmarkts. Bislang wird in der Spruchpraxis des Bundeskartellamts konsequent von einer marktbeherrschenden Position der Kabelnetzbetreiber im Einspeisemarkt ausgegangen. Nur eine Reichweitenausdehnung von weniger als 5% wurde in den bisherigen Beschlüssen als unkritisch betrachtet. Alle darüber hinaus gehenden Ausweitungen würden nach bisheriger Spruchpraxis nur schwer überwindlichen Bedenken begegnen. Dahinter steht eine Rezeption des Einspeisemarkts, die von den Verhältnissen bei der analogen Einspeisung geprägt ist. Hier wird bislang angenommen, dass weder die Inhalteanbieter den Kabelnetzbetreibern hinreichende Macht entgegensetzen können, noch dass ein maßgeblicher Plattform-Wettbewerb der Übertragungsinfrastrukturen existiert. Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass diese Marktwahrnehmung einer Revision unterzogen werden sollte. Das digitale, aber auch das analoge Free-TV zeichnen sich durch eine ausgeprägte Zweiseitigkeit aus. Weder kann der TV-Sender auf die Kabelreichweite verzichten, noch der Kabelnetzbetreiber auf ein breites Inhalteangebot. Für das analoge TV- Angebot kann gezeigt werden, dass die Kabelnetzbetreiber trotz Frequenzknappheit sowohl Seite 4
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt auf einen umfassenden Austausch in Richtung profitablerer TV-Sender als auch auf einseitige Abschmelzung weitgehend verzichten. Beim digitalen Anschluss wie auch bei den Basic Pay-TV-Angeboten der Kabelnetzbetreiber ist die Programmvielfalt ein entscheidender Wettbewerbsvorteil gegenüber alternativen TV-Plattformen und gleichzeitig ein wesentliches Zugpferd für die angestrebte Digitalisierung. Im Premium-Pay-TV konnte Sky schließlich über Jahre seine Marktposition erhalten. Auch die Annahme vollständiger Komplementarität zwischen den TV-Plattformen löst sich sukzessive auf. Vor allem DVB-T und IPTV etablieren aktuell einen TV-Wettbewerb im Haus des Kunden. In den Ballungsräumen entsteht zusätzlicher Wettbewerbsdruck durch die zunehmend verfügbaren Glasfasernetze der Stadtnetzbetreiber, die das volle „Triple Play“ anbieten: Schnelles Internet (100MBit/s und mehr), Telefonie und ein umfangreiches TV- Angebot. Letzteres umfasst neben eine Vielzahl digitaler TV-Kanäle typischerweise ein reichhaltiges analoges Programmbouquet mit 40-55 Programmen. In Verbindung mit den Over-the-Top-Angeboten im Internet stehen den Endkunden damit bereits heute bis zu vier unterschiedliche TV-Zugangswege gleichzeitig zur Verfügung. Gestützt wird der zunehmende Wettbewerb durch die Verschiebung des Video-Konsums, weg vom der linearen hin zu einer zeitversetzten Nutzung. Die veränderte Wettbewerbslage reflektiert sich auch im Verhalten der Kabelnetzbetreiber und Inhalteanbieter. Während die Kabelnetzbetreiber entlang keiner der vom Kartellamt adressierten Verhaltensparameter ihre Marktmacht ausnutzen konnten, setzen die Inhalteanbieter ihre Marktmacht vor allem beim digitalen TV-Angebot (Simulcast, HDTV, EPG) ein, um für sie vorteilhafte Ergebnisse zu erzielen. Auch die steigenden Preisforderungen der Urheberrechtsgesellschaften sind Indizien für die steigende Marktmacht der Inhalteanbieter. Europaweit kam es in den vergangenen drei Jahren zu einer umfassenden Konsolidierungswelle. In vielen Ländern bestehen heute nur noch ein oder maximal zwei bedeutende Kabelnetzbetreiber. Aus Perspektive des deutschen Kartellrechts sind vor allem vier Zusammenschlüsse aus Schweden, den Niederlanden und Belgien von Interesse. Alle diese Länder sind durch einen hohen TV-Marktanteil der Kabelnetze gekennzeichnet. Bei dreien dieser durch die nationalen und europäischen Kartellbehörden genehmigten Zusammenschlüsse entstanden Anbieter, deren TV-Marktanteil bei 40% bis über 50% lag. Der Einspeisemarkt wurde in allen Verfahren analysiert, teilweise sogar Marktmacht festgestellt. Gleichwohl wurde keine der Fusionen untersagt. Nur im belgischen Fall Brutele / Tecteo wurden begrenzte Auflagen ausgesprochen – die jedoch vor allem mit der Integration eines Pay-TV Angebots zusammenhängen. Eine wesentliche Rolle bei der Freigabe der Zusammenschlüsse spielten der zunehmende Wettbewerb der TV-Plattformen und die Zweiseitigkeit des Marktes vor allem beim digitalen TV. Als kritischer Verhaltensparameter wurde primär die Gefahr einer Reduktion des Kanal-Angebots betrachtet, aber je nach Fall, entweder verworfen oder durch Auflagen abgesichert. Die Einspeisepreise spielten nur im niederländischen Fall eine Rolle. Eine Betrachtung aus Endkundensicht führte hier jedoch zu einer anderen Bewertung: So könne eine Erhöhung der Einspeiseentgelte Spielraum für Preissenkungen schaffen und damit die Konsumentenwohlfahrt erhöhen. Keine Rolle in den Verfahren spielten schließlich der Netzausbau und die technische Plattform. Seite 5
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Diese Überlegungen sollten auch in die Bewertung künftiger Zusammenschlüsse im deutschen Kabelmarkt mit einfließen. Selbst bei einem Zusammenschluss aller größeren Kabelnetzbetreiber, sprich der drei Regionalgesellschaften, der Orion-Gruppe und Pepcom, würden nicht mehr 43% aller TV-Haushalte direkt versorgt werden. Nur ein solcher Anbieter würde damit einen TV-Marktanteil erreichen, der einem der drei internationalen Beispiele (Schweden, 43%) entspricht. Sowohl die niederländische Ziggo (49%) als auch die belgische Telenet (53%) verfügen über größere TV-Marktanteile. Von umfassenden negativen Wirkungen einer Konsolidierung ist aufgrund der zuvor ausgeführten Veränderungen in der Marktdynamik nicht auszugehen: ■ Der Netzausbau und die Digitalisierung würden durch die Konsolidierung eher beschleunigt werden und damit Raum für mehr und innovative TV-Inhalte schaffen. ■ Eine Verschiebung des Geschäftsmodells ist angesichts der wachsenden Marktmacht der Inhalteanbieter und des zunehmenden Wettbewerbs der TV-Infrastrukturen nur noch schwer möglich. Auch ihre Digitalisierungsstrategie können die Kabelnetzbetreiber angesichts eines sich intensivierenden Wettbewerbs nicht vom Free- in Richtung Pay-TV verschieben. Eine Umwidmung von Free-TV ist schon lizenzrechtlich nicht möglich. Zudem steht mit den Must Carry-Regelungen ein umfassendes Instrument zur Sicherung der Vielfalt auch im digitalen Bereich zur Verfügung. ■ Kabelnetzbetreiber haben in der Vergangenheit trotz stabiler Marktposition ihre Einspeisepreise nicht nennenswert erhöht. Die Umsatzsteigerungen der vergangen Jahren lagen weit unterhalb des Kapazitätsausbaus. Der Preis pro erreichtem Haushalt liegt deutlich unter dem der analogen Satellitenübertragung und insbesondere von DVB-T. ■ Die Kopplung von Einspeisung und technischer Plattform ist kein Ausdruck von Marktmacht der Kabelnetzbetreiber sondern vielmehr notwendiger Bestandteil einer komplexen Diensteplattform. Insgesamt ist angesichts der Dynamik im Einspeisemarkt nicht von beträchtlicher Marktmacht der Kabelnetzbetreiber auszugehen. Die Zweiseitigkeit des Einspeisemarkts und der zunehmend intensive Substitutionswettbewerb reduzieren auch den Handlungsspielraum eines konsolidierten Kabelnetzbetreibers erheblich. Eine weitergehende Konsolidierung des Markts, wie in vielen europäischen Kabelmärkten bereits realisiert, kann daher positiv bewertet werden. Seite 6
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt 1. EINFÜHRUNG IN DIE THEMATIK 1. 1 Hintergrund: Entwicklung der Breitbandmärkte Die deutsche Kabelindustrie befindet sich in einem bisher nie gesehenen Umbruch. Noch vor Kabel: Vom TV- wenigen Jahren boten Kabelnetzbetreiber nur TV-Anschlüsse an, der deutsche Kabelmarkt Versorger zum war in Dutzende größere und tausende kleinerer Teilnetze zersplittert. Heute sind die Breitband- Kabelnetzbetreiber mit ihren attraktiven Breitbandinternet- und Telefonieangeboten einer, herausforderer wenn nicht der wichtigste Herausforderer der Deutschen Telekom AG (DTAG). Die deutschen Kabelnetzbetreiber haben in den vergangenen vier Jahren mehr als €2,5 Mrd in den Ausbau ihrer Netze investiert. Wesentliche Teile dieser Investitionen wurden dazu eingesetzt, die ehemals uni-direktionalen Verteilnetze so aufzurüsten, dass über die Kabelnetze nun auch breitbandige Internetanschlüsse und Telefonie angeboten werden können. Heute sind bereits gut 15 Mio deutsche Haushalte an internetfähige Kabelnetze angeschlossen, weitere fast 8 Mio Haushalte liegen zumindest in der Reichweite aufgerüsteter Kabelnetze und können mit begrenztem Zusatzaufwand angeschlossen werden. Mit der Aufrüstung der Kabelnetze haben die Kabelnetzbetreiber den Breitbandwettbewerb Erst Kabel schafft in den vergangenen zwei Jahren nachhaltig verändert. Noch bis Ende 2006 fand im nachhaltigen Breitbandmarkt vor allem Dienstewettbewerb auf den Netzen der Deutschen Telekom statt. Infrastruktur- Resale-, später auch TAL-basierte Anbieter prägten neben der DTAG den Markt. Erst seit wettbewerb 2007 konnten sich die Kabelnetzbetreiber als nachhaltige Infrastrukturwettbewerber etablieren. Bereits ein Jahr später, 2008, gewannen die drei großen Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland (KDG), Unitymedia und Kabel BW zusammen mehr Neukunden als jeder andere DSL-Herausforderer. Wesentliche Voraussetzung für diesen Erfolg sind neben dem hohen Aufrüstungsgrad vor allem zunehmend starke, überregionale Marken und ein erheblich verbesserter Zugriff auf die Endkunden – beides direkte Resultate der begonnenen Konsolidierung des deutschen Kabelmarkts. Wachsender Infrastrukturwettbewerb durch Kabelnetzbetreiber Wachstum Q1/08-Q1/09 10,0 11,0 Mio.** +15% 5,0 3,5 3,500 3,2 Mio. +22% 3,0 2,8 Mio. +4% 3,000 2,5 2,500 2,0 2,000 1,8 Mio. +77% 1,5 1* 1,500 2* 3 1,0 1,000 0,5 500 0,00 Q1 Q4 Q4 Q4 Q4 Q4 Q1 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Wettbewerbs- Zugangs- phasen 1 Resale 2 TAL 3 wettbewerb * Exemplarisch für Wettbewerbsphase ** DTAG ohne Resale, ***United Internet Q3-Q3 Quelle: Unternehmensinformationen, Broker Reports, Bundesnetzagentur, Solon Seite 7
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Kabelnetzbetrei- Heute sind je nach Netzbetreiber zwischen 80 und 100% der Netze aufgerüstet. Der nächste ber wesentlich für Entwicklungsschub ist jedoch bereits greifbar: Der Roll-out von EuroDOCSIS 3.0 wird die Erfolg der natio- Übertragungsgeschwindigkeit der Kabelbreitbandnetze von derzeit üblichen 32 MBit/s auf nalen Breitband- 100 MBit/s und mittelfristig sogar bis zu 400 MBit/s bringen. Erste Netze sind bereits strategie ausgebaut, ein Roll-out dieser Technologie ist für 2010, vor allem in den hart umkämpften Ballungsgebieten zu erwarten. Mit ihren Aufrüstungs- und Vermarktungsaktivitäten tragen die Kabelnetzbetreiber maßgeblich dazu bei, die ehrgeizige Breitbandstrategie der Bundesregierung umzusetzen: „Bis Ende 2010 sollen flächendeckend leistungsfähige Breitbandanschlüsse verfügbar sein. Bis 2014 sollen bereits 75% der Haushalte Anschlüsse mit Übertragungsgeschwin- digkeiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung stehen mit dem Ziel, solche hochleistungsfähigen Breitbandanschlüsse möglichst bald flächen- deckend verfügbar zu haben.“1 So könnten bereits Ende 2010 bei einer Ausrüstung von 80% der rückkanalfähigen Haushalte mit EuroDOCSIS 3.0 knapp 50% aller deutschen Haushalte zumindest grundsätzlich in Reichweite von Kabelnetzen mit 100 MBit/s und mehr liegen. Die Wettbewerbswirkung der Investitionen in die Kabelnetze ist nachhaltig. Der internatio- nale Vergleich zeigt: Dort, wo Kabelnetzbetreiber Infrastrukturwettbewerb zu DSL etablieren, werden signifikant höhere Breitbandpenetrationen und Bandbreiten erreicht. Breitbandpenetration in Vergleich: Infrastruktur- vs. Dienstewettbewerb Breitbandpenetration in % der Haushalte, 2008 Breitbandmarktanteil Kabelnetzbetreiber > 20% Breitbandmarktanteil Kabelnetzbetreiber < 20% Ø 59% Ø 46% 74% 74% 71% 62% 66% 60% 61% 57% 55% 54% 55% 45% 43% 39% 33% 31% 22% DK NL SE UK BE MT AT ES PT FI LU FR DE IE CY IT GR Quelle: Eurostat, Screen Digest, Solon 1 Breitbandstrategie der Bundesregierung (2009). Seite 8
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Es sind jedoch nicht nur die Kabelnetzbetreiber, die in Ländern mit Infrastrukturwettbewerb mehr investieren, auch die Festnetzanbieter investieren mehr und zeitiger, um ihre Position im Wettbewerb der Infrastrukturen zu sichern.2 Um die positiven Wirkungen des Infrastrukturwettbewerbs zwischen Festnetz- und Kabelnetzbetreibern im deutschen Markt langfristig zu sichern, bedarf es neben fortgesetzten Investitionen einer weiteren Konsolidierung des Kabelmarkts. Noch immer zeichnet sich der deutsche Kabelmarkt durch eine international kaum bekannte Fragmentierung aus. Regionale Kabelnetzbetreiber mit teilweise geteilten Kundenbeziehungen werden es mittelfristig schwer haben, auf Augenhöhe mit den nationalen Festnetzanbietern zu agieren. Die angelaufene Konsolidierung im deutschen Kabelmarkt hat bereits heute zu einer erheblichen Stärkung des Wettbewerbs und der Konsumentenwohlfahrt im deutschen Breitbandmarkt geführt. Dieser Pfad sollte weiter verfolgt werden, um langfristig Auswahlmöglichkeiten, Innovation und niedrige Preise zu sichern. So bieten Kabelnetzbetreiber typischerweise erheblich schnellere Internetanschlüsse zum Marktpreis (aktuell ca. € 30) oder sogar darunter an. Monatliche Anschlusskosten von Breitband-Telefonie Flatrates €/Monat, MBit/s, Juli 2009 DSL Kabel 49,95 € 35,00 € 32 29,98 € 29,99 € 29,95 € 29,90 € 29,90 € 29,90 € 27,40 € 25,00 € 22,90 € 25 20 16 16 16 16 16 18 16 16 Quelle: Tel.Tarif Übersicht Juli 2009, Solon International wird die Konsolidierung des Kabelmarkts inzwischen als ein probates Mittel zur Positive Förderung des Infrastrukturwettbewerbs betrachtet. Nach verschiedensten erfolgreichen Wirkungen der Fusionen sind die westeuropäischen Kabelmärkte weitgehend konsolidiert und die Konsolidierung Kabelnetzbetreiber im Kommunikationswettbewerb gegenüber den Incumbents erheblich international gestärkt. Das jüngste Beispiel ist Belgien: Hier schlägt der Regulierer IBPT in einer Anfang anerkannt 2009 veröffentlichten Studie explizit die Konsolidierung des bislang fragmentierten wallonischen Kabelmarkts als Maßnahme zur Förderung des Infrastrukturwettbewerbs vor.3 2 Vergleiche auch Friederiszick / Grajek / Röller (2008): Analyzing the relationship between regulation and investment in the telecom sector. 3 Belgian Institute for Postal Services and Telecommunications (4/2009): Consultation at the request of the minister on the strategic options to promote the development of the broadband market. Seite 9
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Auch im deutschen Markt findet die wachsende Bedeutung starker Kabelnetzbetreiber für den Infrastrukturwettbewerb allmählich Beachtung. So wurde der positive Wettbewerbseffekt der Kabelnetzbetreiber im Breitbandmarkt bereits in den Entscheidungen zu Zusammenschlüssen von Anbietern der bislang vielfach getrennten Netzebene 3 und 4 (NE 3, NE 4) berücksichtigt. Einspeisemarkt Gleichwohl ist der Weg zu einer weiteren Konsolidierung des Kabelmarkts noch lange nicht weiterhin frei. Bei der kartellrechtlichen Prüfung aller bisherigen Transaktionen wird bislang weiterhin kritischer Faktor vor allem auf deren Auswirkungen auf den Einspeisemarkt, d.h. den Markt für die Einspeisung von TV-Signalen der Programmveranstalter in den Übertragungsweg Breitbandkabel, geschaut. Das Bundeskartellamt stellte dabei regelmäßig eine marktbeherrschende Stellung der großen NE 3-Betreiber und eine Verstärkung dieser Position durch den angemeldeten Zusammenschluss fest. Je nach Größenordnung des Zusammenschlusses und seiner positiven Auswirkungen auf den Wettbewerb, insbesondere bei der Vermarktung von Breitbandangeboten, wurde die Fusion oder Übernahme dennoch genehmigt. Digitalisierung und zunehmender Wettbewerb der TV-Infrastrukturen verändern die relative Marktposition von Kabelnetzbetreibern und Inhalteanbietern nachhaltig. Mit wachsendem Wettbewerb der TV-Infrastrukturen wird für die Kabelnetzbetreiber ein breites Inhalteangebot immer wichtiger. Die Marktmacht verschiebt sich damit zunehmend von den Kabelnetzbetreibern hin zu den Inhalteanbietern. Dies gilt für alle Segmente des TV-Markts: Kernfrage: analoges und digitales Free-TV wie auch Pay-TV. Haben Kabel- netzbetreiber im Im Rahmen dieser Studie soll daher untersucht werden, inwieweit überhaupt von einer Einspeisemarkt einseitigen Marktmacht der Netzbetreiber ausgegangen werden kann und inwiefern eine überhaupt fortschreitende Konsolidierung des Kabelmarkts in der Lage ist, diese Machtverhältnisse Marktmacht? zwischen Kabelnetzbetreibern und Inhalteanbietern zu verschieben. 1.2 Gang der Studie Die Analyse der Marktmachtverhältnisse im Einspeisemarkt und die Auswirkung einer fortgesetzten Konsolidierung des Kabelmarkts werden in fünf Schritten untersucht. Kapitel 2: Im Einführungskapitel wird zunächst ein Überblick über den Einspeisemarkt und seine Überblick Abgrenzung gegeben. Die Einspeisekosten für das Kabelnetz werden dabei auch den Einspeisemarkt Übertragungskosten von Satellit, DVB-T und IPTV gegenübergestellt, da nur so eine und bisherige adäquate Bewertung der ökonomischen Bedeutung des Einspeisemarkts möglich ist. Ein Rezeption weiterer Abschnitt gibt einen Überblick über die bisherige Rezeption des Einspeisemarkts durch das Bundeskartellamt (BKartA) und ihm folgend durch die Bundesnetzagentur (BNetzA). Anhand der fünf wichtigsten Konsolidierungsvorhaben der vergangenen Jahre werden die Marktabgrenzung, die Annahmen zur Marktbeherrschung und den unkontrollierbaren Verhaltensparametern sowie die angenommenen Wirkungen der Zusammenschlüsse beleuchtet. Kapitel 3: Der Einspeisemarkt ist das klassische Beispiel eines „Zweiseitigen Markts“, in dem beide Einspeisemarkt Seiten von den Netzwerken des Marktpartners profitieren. Das Kapitel Einspeisemarkt als als zweiseitiger zweiseitiger Markt führt in das ökonomische Konstrukt ein und analysiert darauf basierend Markt die Wirkungen der Zweiseitigkeit im analogen und digitalen Einspeisemarkt, vor allem auf die Handlungsspielräume der Kabelnetzbetreiber. Seite 10
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Eine weitere Entwicklung, die zur Verschiebung der Marktverhältnisse im Kabelmarkt führt, Kapitel 4: ist der zunehmende Wettbewerb der TV-Plattformen, der im Zentrum des vierten Abschnitts Dynamik im steht. Dabei kommt der Betrachtung des wachsenden Wettbewerbs in den Haushalten Wettbewerb der (DVB-T, IPTV) und künftig sogar auf den Breitbandnetzen (Over-the-top) eine besondere TV-Plattformen Bedeutung zu. Darüber hinaus wird die Verschiebung der TV-Nutzung diskutiert: Weg vom linearen, hin zum nicht-linearen, zeitversetzten Video-Konsum. Vor dem Hintergrund der Zweiseitigkeit des Einspeisemarkts und des zunehmenden Kapitel 5: Wettbewerbs der TV-Infrastrukturen wird im nächsten Schritt analysiert, inwieweit die Relative Markt- jeweiligen Marktseiten, die Netz- oder die Inhalteanbieter, überhaupt Marktmacht im positionen im Einspeisemarkt ausüben können. Anhand der Verhaltensparameter Netzausbaustrategie, Einspeisemarkt Geschäftsmodell und Digitalisierungsstrategie, Einspeisepreise sowie digitale Plattform wird gezeigt, wie sich die Machtverhältnisse auf dem Einspeisemarkt darstellen. Der letzte Schritt führt dann zur Analyse der Wirkungen einer weiteren Konsolidierung auf Kapitel 6: die zuvor beschriebene Dynamik im Einspeisemarkt. Die Konsolidierung der Kabelmärkte Wirkung Kabel- wurde in vielen europäischen Märkten bereits vollzogen. Aus deutscher Sicht sind vor allem markt Konsoli- Märkte mit einem hohen Kabelmarktanteil von Interesse. Die wettbewerbsrechtliche dierung auf Beurteilung der jüngsten Zusammenschlüsse in Schweden, den Niederlanden und Belgien Einspeisemarkt gibt gute Hinweise zur Neubewertung der Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt vor dem Hintergrund von Digitalisierung und zunehmendem Wettbewerb der TV-Plattformen. Unter Zusammenfassung dieser Bewertungen wie auch der Analysen zur aktuellen Marktdynamik werden abschließend die Verhaltensspielräume eines konsolidierten Kabelnetzbetreibers beleuchtet. Über diese Studie Die Erstellung dieser Studie erfolgte im Auftrag von Kabel Deutschland GmbH. Sie wurde von Solon Management Consulting in der Zeit vom Mai bis Juli 2009 verfasst. Die Inhalte basieren auf umfangreichen Recherchen externer Quellen und Interviews sowohl zu den deutschen und ausgewählten internationalen Einspeisemärkten als auch zu den Entwicklungen im TV- und Breitbandmarkt. Seite 11
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt 2. GRUNDLAGEN EINSPEISEMARKT Definition Auf dem „Einspeisemarkt“ oder genauer, dem von BKartA und BNetzA in Fortschreibung des Einspeisemarkt Pay-TV Durchleitungsurteils des BGH aus dem Jahr 1996 so genannten „Markt für die analoge und digitale Einspeisung von Rundfunksignalen in die Kabelnetze“4 fragen Programmveranstalter die analoge und / oder digitale Einspeisung ihrer Inhalte in die Netze der Netzbetreiber nach, um den Endkunden zu erreichen, und zahlen den Netzbetreibern dafür ein Einspeiseentgelt. Die Netzbetreiber übermitteln die Rundfunksignale dann direkt an die Endkunden oder an eigenständige Betreiber der Netzebene 4. Architektur und Marktteilnehmer deutscher Kabelnetze Radio/Analoges TV Coax- Digitales TV Verstärker D Uplink C D D Digitales Backbone Lokale GF-Verbindungen TV-Studio Zentrales Netzknoten/ Coax-Teil des Haus- Headend Lokale Headends HFC Netzes übergabe- punkt Netzebene 1 Netzebene 2 Netzebene 3 Netzebene 4 Inhaltebereitstellung, Satellitenempfang, regionale Satelliten-Uplink Headends, Backbone Lokale Glasfaser und Coax-Verteilnetze Hausverteilung End- TV Einspeise- "Netzebene 3"-Betreiber kunden- Sender markt Signallieferungs- NE 4- markt markt Betreiber Quelle: Solon Diese Praxis ist das Resultat eines seit den 1980er Jahren historisch gewachsenen Geschäftsmodells im deutschen Kabel. Die politischen Ziele beim Aufbau der Kabelnetze in Deutschland waren ein schneller Ausbau, eine hohe Anschlussdichte und niedrige Kosten für den Endkunden. Um diese Ziele zu erreichen, entschied man sich für das sogenannte Transportmodell, bei dem der Kabelnetzbetreiber als reine Transportplattform auftritt (im Gegensatz zum beispielsweise in den USA etablierten Vermarktungsmodell, bei dem die Kabelnetzbetreiber an den Werbeerlösen der TV Sender beteiligt werden oder alternativ Zusatzentgelte vom Endkunden verlangt werden). "Kennzeichnend für das im öffentlichen Monopol aufgebaute Kabel ist das Einheitsangebot zum Einheitspreis, ohne Aufgliederung in Pakete. Größter Kunde der Kabelgesellschaften ist die Wohnungswirtschaft […]. Vorteil dieses Modells waren die niedrigen Kosten des Kabelanschlusses und der hohe Anschlussgrad"5 Finanziert wird dieses Modell aus zwei Quellen: dem Endkunden und den Inhalteanbietern, die am Transport ihrer Signale ein Interesse haben. Ähnlich wie in Deutschland existiert 4 Vgl. BKartA, Beschl. v. 3.4.2008 – B7-200/07 - KDG Orion. 5 Hege, Dr. Hans (2007): Herausforderungen der Digitalisierung an die Regulierer, Vortrag beim internationalen Symposium „Datenschutz im digitalen Fernsehen“ am 3. September 2007. Seite 12
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt dieses Modell in einigen weiteren Ländern, in denen die politische Ausgangslage vergleichbar war, beispielweise in den Niederlanden oder in Belgien.6 Auch dort wurde durch das Transportmodell in relativ kurzer Zeit eine hohe Haushaltsdurchdringung bei zugleich niedrigen Endkundenpreisen erzielt. Durchschnittliche TV-Umsätze pro Kabelhaushalte vs. TV-Kabelpenetration € / Monat, % Kabelhaushalte an TV-Haushalten, 2008 TV-Umsatz pro Kabelkunde Kabel-TV-Penetration 27,8 28,2 85,2% 87,0% 26,0 82,5% 24,4 24,4 24,6 20,4 64,1% 56,3% 57,2% 17,9 51,5% 17,0 15,0 47,6% 12,1 38,2% 39,3% 39,9% 11,8 10,5 9,7 15,7% 14,1% 9,7% DE BE SE FI NL CH AT FR NO DK UK PT ES IE Quelle: Screen Digest, Solon 2.1 Einspeiseentgelt und Kabelweitersendung Direkt mit der Einspeisung der Signale ist die Akquisition der Kabelweitersendungsrechte Urheberrechts- verbunden (§ 20b UrhG). Ohne die urheberrechtliche Gestattung der Sendung bzw. gebühren Weitersendung dürfen grundsätzlich keine Inhalte übermittelt werden (§ 87 UrhG). Die etablieren Gestattung kann auf zwei unterschiedliche Weisen realisiert werden: gegengerichteten Finanzierungs- ■ Die urheberrechtliche Gestattung wird teilweise gemeinsam mit dem entgeltlichen strom Transportauftrag vergeben. ■ Alternativ existieren Verträge, in denen der Programmveranstalter selbst keinerlei Transportauftrag erteilt, sondern dem Netzbetreiber lediglich das Recht (aber nicht die Pflicht) gibt, das Programm weiterzuleiten. Bei dieser Form bezahlt der Kabelnetzbetreiber den Sender für das Recht, dessen Programm oder sonstige Inhalte über sein Kabelnetz an Dritte weiterzuleiten. In der Vertragspraxis finden sich überwiegend Mischformen, bei denen einerseits ein entgeltlicher Transportauftrag erteilt wird, andererseits aber – jedenfalls gegenüber den Urheberrechteinhabern – ein gesonderter Vertrag über dessen Abgeltung geschlossen wird. In einer Gesamtsicht auf das Verhältnis zwischen Programmveranstaltern und 6 Vgl. Schrape/Hürst (2000): Kabelfernsehmarkt Deutschland im Umbruch. Neue Geschäftsmodelle für Breitbandkabelnetze. Seite 13
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Kabelnetzbetreibern stehen damit den Einspeiseentgelten, die der Sender dem Kabelnetzbetreiber zahlt, die Urheberechtsgebühren für die Kabelweitersendung gegenüber, die der Netzbetreiber über entsprechende Verwertungsgesellschaften dem Sender zahlt.7 Einheitliche Grundsätzlich ist es möglich, beide Leistungen im Rahmen einer Verhandlung gleichzeitig Verhandlung festzusetzen. In diesem Fall ergibt sich netto ein Finanzierungsstrom, der je nach Höhe der über Gebühren- jeweiligen Entgelte entweder von den Sendern zu den Netzbetreibern oder umgekehrt sätze üblich verläuft.8 In Deutschland finden die Verhandlungen in aller Regel noch wie im herkömmlichen Modell in einer einheitlichen Verhandlung statt, wobei den Sendeunternehmen allerdings ungeachtet dieses Vertrages vorbehalten bleibt, zusammen mit den Verwertungsgesellschaften an der globalen Vergütung der Kabelweitersenderechte teilzuhaben. Verhandlungsbeziehungen zwischen Kabelnetzbetreibern, Sendern und Verwertungsgesellschaften Kabelnetzbetreiber verhandeln mit einer Vielzahl von Anbietern: Verwertungsgesellschaften, Nationale und internationale TV Sender Rahmenverträge zwischen Kabelverbänden und den verschiedenen Verwertungsgesellschaften Verwertungs- TV Sender Kabelnetzbetreiber gesellschaften Öffentlich Rechtl.: GEMA ANGA ARD, ZDF, DLF Incl. VG Wort, VG Bild und Kunst, GVL, Sonstige private Sender GdW: AGICOA, VFF, VGF, (außerhalb VG Media) Wohnungswirtschaft GUFA VG Media (Tochter von Private Sender: RTL FRK RTL, P7S1) Gruppe, P7S1, andere Internationale Sender Verträge über Einspeisung Rahmenvertrag über Kabelweitersendung Quelle: In Anlehnung an Solon (2006): Economic Impact of Copyright for Cable Operators in Europe, S. 40 Im Ergebnis ergibt sich ein komplexes Gefüge von Verhandlungen zwischen den verschiedenen Beteiligten (siehe Abbildung): ■ Die Einspeiseentgelte werden von den Kabelnetzbetreibern auf Basis definierter Preislisten mit den verschiedenen Sendern und Sender-Gruppen verhandelt. 7 Dies kann teilweise sogar innerhalb ein und derselben Leistungs- und Geschäftsbeziehung zwischen denselben Unternehmen und über den identischen Vorgang der Fall sein. 8 Auf die enge Verknüpfung von Einspeiseentgelten und Urheberrechtsgebühren für die Kabelweiterleitung geht COMP/M.4338 Cinven/Warburg-Pincus/Casema/Multikabel explizit in Zif. 20 ein. Seite 14
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt ■ Die Urheberrechtsgebühren für die Kabelweitersendung verhandeln die Verbände der Kabelnetzbetreiber oder auch die Einzelunternehmen mit den verschiedenen Verwertungsgesellschaften. Die wichtigsten Verhandlungspartner auf dieser Seite sind die GEMA, die neben den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auch eine Vielzahl kleinerer Verwertungsgesellschaften gegenüber den Netzbetreibern vertritt, und die VG Media, die zu jeweils 50% ProSiebenSat.1 und der RTL-Gruppe gehört. Fallweise können auch weitere, neue Verwertungsgesellschaften ihre Rechte geltend machen.9 Auch wenn die Verhandlung von Einspeiseentgelten und Urheberrechtsgebühren über Zusammenhang unterschiedliche Verhandlungspartner geführt wird – die Höhe der Urheberrechtsgebühren der Zahlungs- und möglicher Rabatte wird von beiden Marktteilnehmern durchaus in einem wirtschaftlichen ströme von Zusammenhang gesehen.10 So verweist der Kabelweitersendungs-Tarif der GEMA unter Marktteilnehmern Ziffer 4 explizit auf die Einspeiseentgelte der Netzbetreiber: anerkannt „Wenn der Nutzer für die Kabelweitersendung der in der Anlage genannten Hörfunk- und Fernsehprogramme nachweislich keine Einspeiseentgelte verlangt, reduziert sich die Vergütung nach Ziffer 1 (Anmerk.: Basisvergütung von 6%) auf 5,52%.“11 Eine immer größere Bedeutung hat schließlich das Rechteerwerbsmodell, bei dem die Kabelunternehmen von Programmveranstaltern oder anderen Programmlieferanten bestimmte Rechte erwerben und in aller Regel auch abgelten, ohne dass sie eine Transportpflicht übernehmen. Dieses Modell hat sich bei der Vermarktung von Pay-TV einschließlich der Fremdsprachenpakete etabliert. 2.2 Ansätze der Marktabgrenzung Die Abgrenzung des Einspeisemarkts wurde vor allem in den Entscheidungen zur Konsolidierung des Kabelmarkts europaweit entlang von vier Dimensionen untersucht: ■ Dem Übertragungsmodus: Analoge vs. digitale Einspeisung Abgrenzung Einspeisemarkt ■ Dem zugrundeliegenden Geschäftsmodell: Free-TV und Pay-TV über vier ■ Der Übertragungstechnologie: Kabel, Satellit, Terrestrik und IPTV / DSL Parameter ■ Der regionalen Ausbreitung Diese Unterscheidungen im Analyserahmen zur Marktabgrenzung werden – allerdings mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen – europaweit verwendet. Anders als in Deutschland BNetzA und BKartA ist allerdings die EU Kommission weit offener für eine infrastrukturübergreifende Sicht auf den Markt der Rundfunkübertragungsdienste.12 9 Zur Diskussion dieser Problematik siehe Solon (2006): Economic Impact of Copyright for Cable Operators in Europe, S. 39ff. 10 Diese Tarife werden einseitig von den Verwertungsgesellschaften festgesetzt. Sie entstehen nicht in einem wechselseitigen Verhandlungsprozess. 11 GEMA: Gemeinsamer Tarif für die Weitersendung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen in Kabelnetzen(Kabelweitersendung) vom 1.1.2007. 12 Beispiele aus dem EU Kartellrecht sind: COMP/M.4217 Providence/Carlyle/UPC Sweden (Schweden), COMP/M.4338 Cinven/Warburg-Pincus/Casema/Multikabel (Niederlande) Seite 15
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt 2.2.a Abgrenzung nach Übertragungsmodus: Analog vs. Digital Die analoge und digitale Einspeisung unterscheiden sich vor allem in der Verhandlungsposition der Marktpartner: Grad der Kapazi- ■ Das analoge Spektrum zeichnet sich durch eine Begrenzung der Übertragungskapazität tätsknappheit aus. In den deutschen Kabelnetzen werden typischerweise 30 bis 40 analoge TV-Kanäle grenzt analoge übertragen. Trotz der traditionellen Knappheit bestehen auch dort wechselseitige und digitale Abhängigkeiten, insbesondere bei Sendern mit einem nennenswerten Marktanteil, die die Einspeisung ab Ausübung von Marktmacht effektiv verhindern können, wie weiter unten diskutiert wird. Ein striktes, durch die regionalen Medienanstalten umgesetztes Belegungsregime („Must Carry“, siehe Kapitel 3.2 „Engpassfaktor analoge Einspeisung“) schränkt das Machtpotential darüber hinaus unabhängig von der Größe des Kabelnetzbetreibers ein. ■ Im digitalen Spektrum liegt dagegen keine inhärente Knappheit vor. Mit den heutigen Kompressionstechnologien lassen sich über jeden analog genutzten 8 MHz Kanal 12 bis 15 digitale TV-Streams übertragen. Im Wettbewerb mit den digitalen Alternativen Satellit, DVB-T und IPTV besteht die Herausforderung der Kabelnetzbetreiber vielmehr darin, ein möglichst umfangreiches Angebot bieten zu können.13 2.2.b Abgrenzung nach Geschäftsmodell: Free-TV vs. Pay-TV Eine weitere Marktabgrenzung im Einspeisemarkt berücksichtigt das Geschäftsmodell der einzuspeisenden TV-Sender: Finanzierungform ■ Vor allem die kommerziellen, in begrenztem Umfang aber auch die öffentlich-rechtlichen der Content- Free-TV-Sender sind zur Finanzierung ihrer Angebote auf Werbeeinnahmen angewiesen. anbieter als Um diese zu maximieren sind sie bestrebt, eine möglichst große Reichweite zu erzielen. Kriterium Diese ist auch Voraussetzung für die Erfüllung des Grundversorgungsauftrags der öffentlich-rechtlichen Sender. In vielen Ländern zahlen die Free-TV-Sender, insbesondere die Must Carry Kanäle, Entgelte für die Einspeisung (z.B. Niederlande, Belgien und Schweiz). ■ Die Pay-TV-Anbieter hingegen finanzieren sich primär aus Abonnementgebühren. Werbefinanzierung spielt in Deutschland (abweichend von anderen Märkten) nur eine geringe Rolle. Dementsprechend erhalten die Pay-TV-Sender typischerweise einen Anteil der von den Netzbetreibern mit ihrem Programm erzielten Umsätze. 2.2.c Abgrenzung nach Übertragungstechnologien: Kabel, Satellit, Terrestrik, IPTV Übertragungs- Eine weitere Marktabgrenzung erfolgt regelmäßig auf Basis der Übertragungstechnologien. technologien Abgeleitet wird diese Abgrenzung sowohl aus dem Geschäftsmodell der privaten Free-TV- konstituieren Sender als auch der Versorgungsverpflichtung der öffentlich-rechtlichen Sender. jeweils eigene Dabei wird angenommen, dass sich jeder Haushalt nur für eine TV-Zugangstechnologie Märkte entscheidet, was zur Folge hat, dass die Free-TV-Sender nicht nur über jedes Kabelnetz, sondern auch über jede andere mögliche TV-Infrastruktur übertragen werden müssten. Gängige Annahme ist, dass nur mit der gleichzeitigen Übertragung über Kabelnetze, Satellit und Terrestrik alle Haushalte erreicht werden können. Es entsprach daher der bisherigen Praxis der Kommission sowie der des BKartA und der BNetzA, die verschiedenen 13 Vgl. COMP/M.4217 Providence/Carlyle/UPC Sweden; Zif. 17 Seite 16
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Zugangstechnologien jeweils eigenen, komplementären Märkten zuzuordnen. Eine direkte Wettbewerbssituation zwischen diesen Technologien und damit die Bearbeitung eines gemeinsamen Markts wurde damit weitgehend negiert.14 Diese Auffassung wird jedoch in Ländern mit einem stark wachsenden IPTV-Marktanteil bereits aufgebrochen. 2.2.d Regionale Abgrenzung In der deutschen Regulierungspraxis spielt die regionale Abgrenzung regelmäßig keine Rolle, da aufgrund der Komplementaritätsthese schon bei der sachlichen Marktabgrenzung ein unternehmens- bzw. netzbezogener Markt abgegrenzt wird. Jedes Kabelnetz einer Regionalgesellschaft bildet damit einen eigenen Markt.15 2.3 Größe des deutschen Einspeisemarkts Die Einnahmen der deutschen Kabelnetzbetreiber aus der Einspeisung von TV-Kanälen setzen sich aus zwei Komponenten zusammen: ■ Die Entgelte für die Einspeisung der im analogen und digitalen Kabelanschluss enthaltenen Free-TV-Angebote sowie ■ Die Transportentgelte, die Sky für die Einspeisung seiner Programme bezahlt. Der Gesamtumsatz mit Einspeiseentgelten betrug 2008 rund € 210 Mio, das sind 6,3% der Einspeisemarkt: Gesamtumsätze der deutschen Kabelnetzbetreiber.16 Aus Sicht der TV-Sender ist die Umsatz 2008 bei relative Bedeutung der Einspeiseentgelte hingegen gering: Hier machen die € 210 Mio Einspeiseentgelte nur rund 1,6% der auf ca. € 12,9 Mrd geschätzten Gesamtumsätze aus. Die Gesamtumsätze berücksichtigen die TV-Nettowerbeumsätze, Sky-Abonnementgebühren und Teilnehmergebühren der öffentlich-rechtlichen Sender.17 Der Einspeisemarkt ist über den Betrachtungszeitraum sukzessive gewachsen. Das Wachstum ging einher mit einer erheblichen Ausweitung des Programmangebots, auch durch Nutzung bereits vorhandener Kapazitätsreserven. So hat sich die Anzahl der Free-TV- Programme die z.B. von Kabel Deutschland übertragen werden, zwischen 2005 und 2008 mehr als verdreifacht. Auch wurden mit Transaktions-Programmen und Shopping-Kanälen zusätzliche Einnahmequellen erschlossen. 14 Vgl. BKartA, Beschluss vom 3. Apr. 2008, KDG/Orion, B7-200/07, COMP/M.4217 Providence / Carlyle / UPC Sweden; Zif. 33, Veränderte Sichtweise im Urteil der niederländischen NMa zur Fusion Casema / Essent – hier wird dem Wettbewerb der Zugangstechnologien, v.a. IPTV eine wachsende Bedeutung zugemessen. 15 Vgl. u.a. BKartA, Beschluss vom 3. Apr. 2008, KDG/Orion, B7-200/07. 16 Diese und alle folgenden Zahlen basieren auf Angaben zu Einspeiseentgelten von Unitymedia und KabelDeutschland sowie Kostenangaben von Sky. Die Hochrechnung auf den Gesamtmarkt (d.h. inklusive Kabel BW, TeleColumbus / Primacom und sonstigen Kabelnetzbetreibern) erfolgte unter Nutzung des Solon Kabelmarktmodells für Deutschland. 17 Dabei wird der TV-Markt sogar leicht verkürzt dargestellt, da die Umsatzbeteiligungen der in den Pay-TV- Paketen der Kabelnetzbetreiber enthaltenen TV-Sender aufgrund fehlender Marktdaten nicht berücksichtigt werden. Seite 17
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Einspeisemarkt Deutschland 2005-2008 in Mio €, % Einspeiseentgelte am Gesamtumsatz Kabelmarkt / deutsche TV-Sender Jährl. Wachstum 2005-08 211 9,2% 169 175 Einspeiseentgelte 162 57 16,3% Sky 41 36 45 Einspeiseentgelte Free TV 6,8% 6,4% 6,3% 5,7% % vom Umsatz der 154 7,0% TV-Sender* 126 123 134 % vom Umsatz der 1,6% 1,3% 1,3% 1,4% Kabelnetzbetreiber 2005 2006 2007 2008 * Unter Abschätzung der deutschen Umsätze von RTL-Gruppe und ProSiebenSat1 Quelle: Hochrechnung auf Basis von Geschäftsberichten und Solon Marktmodell, KEF 16. Bericht Grundlage für die Ausweitung des Programmangebots waren nicht zuletzt erhebliche Erweiterungsinvestitionen der Netzbetreiber (z.B. in die Digitalisierung, Netzausbau oder die Umstellung der Modulationsverfahren). 2.3.a Einspeiseentgelte Free-TV Den Großteil der Knapp drei-viertel der Einspeiseentgelte werden von den Free-TV-Sendern bezahlt, die im Entgelte erwirt- analogen bzw. digitalen Anschluss enthalten sind. Das analoge Angebot besteht je nach schaften Free- Netzbetreiber aus 30-40 TV-Sendern. Diese verteilen sich in der Regel auf 32 Kanäle, wobei TV-Sender, die sich teilweise zwei Sender einen Kanal teilen (sogenannte Patagierung). Neben den 60-70% der öffentlich-rechtlichen Sendern und den Sendern von ProSiebenSat.1 und der RTL-Gruppe Netzkapazität enthält das analoge Bouquet regelmäßig auch einzelne Spartenkanäle sowie typischerweise belegen mindestens zwei Home-Shopping Sender. Eine wichtige Kategorie bilden darüber hinaus die jeweils unterschiedlichen lokalen bzw. regionalen Programme sowie die Offenen Kanäle. Die Anzahl der tatsächlich durch die Kabelnetzbetreiber übertragenen analogen Kanäle steigt durch Patagierung und regional unterschiedliche Belegungen damit auf erheblich höhere Zahlen als die verfügbaren Programmplätze induzieren. So überträgt allein Kabel Deutschland in seinen Netzen 196 verschiedene analoge TV-Programme.18 Das digitale Free-TV-Anbgebot ist seit der Simulcast-Entscheidung der privaten Sendergruppen Anfang 2006 sukzessive gewachsen und enthält aktuell bis zu 104 TV- 18Von diesen 196 Kanälen werden 68 im Simulcast auch Digital übertragen, u.a. 17 bayrische Lokalprogramme, 128 Programme wurden nur analog verbreitet, davon 70 in der kleinsten Entgeltstufe (d.h. unter 50.000 WE Reichweite, voraussichtlich am 1.1.2010 unter 10.000 WE) sowie 50 entgeltfreie Offene Kanäle. Quelle: Kabel Deutschland. Seite 18
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Sender. Neben Sender, die auch im analogen Anschluss enthalten sind, treten hier vermehrt Spartenkanäle und internationale Programme. Insgesamt belegen die Free-TV-Sender damit je nach Kabelnetzbetreiber zwischen 40 und 45 TV-Kanäle i.d.R. à 8 MHz. Dies entspricht bei einer Netzkapazität von 614 MHz einem Anteil von 60-70% der verfügbaren Kapazität. Nach einer Stagnation in 2006 sind die Free-TV-Einspeiseentgelte in den vergangenen beiden Jahren trotz Beibehaltung der Preisliste gestiegen. Gründe sind: ■ Die stark wachsende Anzahl digitaler Free-TV-Kanäle und die Reduktion der Umsatzwachs- Einführungsrabatte für die digitale Einspeisung bei einzelnen Kabelnetzbetreibern, die tum durch erstmals in 2007 den digitalen Sendern Einspeiseentgelte in Rechnung stellten. Angebotsaus- weitung ■ Die Neuabschlüsse mit den öffentlich-rechtlichen Sendern und deren zunehmende Gleichbehandlung mit den kommerziellen Free-TV-Sendern. ■ Einer Preiserhöhung für die Einspeisung einzelner Kanäle wie beispielsweise von Unitymedia realisiert.19 Einspeiseentgelte aus dem Free-TV-Angebot in Mio €, % Einspeiseentgelte am Gesamtumsatz Kabelanschluss / Free-TV-Sender Jährl. Wachstum 2005-08 1.936 1.991 5,8% 1.773 1.679 Umsatz Kabelanschluss* Einspeiseentgelt Free TV % vom Umsatz Kabelanschluss* 7,5% 7,7% 7,0% 6,9% % Umsatz der 126 123 134 154 7,0% Free TV-Sender 1,1% 1,0% 1,1% 1,3% 2005 2006 2007 2008 * Relevante Kabelanschlussumsätze, d.h. exklusive der Umsätze, die NE 4-Betreiber aus Anschlüssen erzielen, deren Signale von den NE 3-Betreibern eingespeist werden. Quelle: Hochrechnung auf Basis von Geschäftberichten und Solon Marktmodell, KEF 16. Bericht Mit 7,7% liegt der Anteil der Einspeiseumsätze am Kabel Anschluss-Umsatz der Kabelnetzbetreiber nur wenig über dem Anteil von 2005, in den dazwischen liegenden Jahren haben die Kabelnetzbetreiber sogar relativ betrachtet weniger Umsatz mit Einspeiseentgelten erzielt. Im Vergleich zum Umsatz der öffentlich-rechtlichen und privaten Free-TV-Sender ist der Umsatzanteil der Einspeiseentgelte mit 1,3% weiterhin vergleichsweise klein geblieben. 19 Siehe u.a. Geschäftsbericht 2008 Unitymedia. Seite 19
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Entwicklung der Programme / Programmplätze eines Kabel Deutschland-Anschlusses 100 102 104 Digitale Programme 76 34 35 34 33 32 32 Analoge Programmplätze* 34 28 2003 2004 2005 2006 2007 2008 * technisch verfügbare Programmplätze. Tatsächlich können die meisten Haushalte bis zu 40 verschiedene analoge Programme empfangen. Quelle: Kabel Deutschland 2.3.b Einspeiseentgelte Sky Sky zahlt Bei der Bereitstellung von Premium-Pay-TV-Diensten geht Deutschland einen Sonderweg. typischerweise Üblicherweise erfolgt die Verbreitung von Pay-TV-Plattformen nicht gegen Transportentgelt, Einspeisegebühr, sondern im Vermarktungsmodell. Dabei übernehmen die Netzbetreiber die Übertragung der keine Umsatz- Kanäle oder Pakete und vertreiben diese i.d.R. im Rahmen eines Wiederverkäufermodells beteiligung auf eigene Rechnung und in eigenem Namen an den Endkunden. Die Pay-TV-Anbieter erhalten dann einen Anteil des Umsatzes, den der Kabelnetzbetreiber mit diesem Angebot beim Endkunden generiert. Sky hat diesen Ansatz umgekehrt. Schon zu Zeiten, als das deutsche Kabelnetz noch der Telekom gehörte, sicherte sich die damalige Premiere die Einspeisung ihres Premium-Pay- TV-Angebots auf der Basis des Einspeisemodells. Sky hält die Endkundenbeziehung, d.h. sowohl die Akquisition als auch das Management der Endkunden liegt in der Hand von Sky. Im Vergleich mit dem Free-TV hat Sky scheinbar erheblich höhere Kostensteigerungen zu verkraften gehabt. Der überwiegende Teil der Einspeisekostenerhöhung (80-90%) resultiert jedoch aus neuen Einspeiseverträgen, die Sky 2008 u.a. mit Unity abgeschlossen hatte.20 Erhöhte Einspeiseentgelte ergeben sich hier nicht zuletzt durch die Kapazitätsausweitung (Einspeisung zusätzlicher Streams) sowie die Inanspruchnahme zusätzlicher Plattformleistungen. Besonders stark gestiegen sind die Einnahmen aus Transportdienstleistungen, die Unity mit Sky erzielt. Laut Unitymedia-Geschäftsbericht erhöhten sich diese von 2007 auf 2008 um € 12,7 Mio. Die Kostenerhöhung bei den übrigen Kabelnetzbetreibern beträgt damit nur rund € 3 Mio. Aufgrund dieses Größenunterschiedes 20 Vgl. Geschäftsbericht Sky / Premiere 2008, S. 32, Geschäftsbericht Unitymedia 2008, S. 15. Seite 20
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt ist anzunehmen, dass die Transportleistungen von Unitymedia weit mehr als die reine Einspeisung umfassen. Übertragungskosten Sky in Mio € Jährl. Wachstum 2005-08 125 11,2% 96 91 89 68 7,4 % Einspeiseentgelt 50 55 48 Sonstige Übertragungskosten, inkl. Uplink 57 16,3% 45 41 36 2005 2006 2007 2008 Quelle: Hochrechnung auf Basis von Geschäftberichten und Solon Marktmodell Die neuen Verträge gelten (wie auch schon in der Vergangenheit) für mehrere Jahre und geben Sky damit eine erhebliche Planungssicherheit.21 2.4 Kosten der Übertragung im Vergleich der Infrastrukturen Die TV-Sender müssen den technischen Transport ihrer Signale zum Endkunden nicht nur Übertragungs- im Kabel, sondern auch bei den anderen TV-Plattformen bezahlen. Die anfallenden Kosten Kosten entstehen unterscheiden sich dabei erheblich, nicht nur in absoluter Höhe, sondern auch in den in allen Übertragungskosten pro Sender und Haushalt (siehe Abbildung). Infrastrukturen Die Kabelübertragung ist, gemessen an der Reichweite, der mit Abstand kostengünstigste Übertragungsweg. Die grundsätzliche Berechnung der Einspeiseentgelte auf Basis der erreichbaren Haushalte macht diese Kosten zudem skalierbar. Dies ist ein Vorteil, den sowohl die Satellitenübertragung als auch DVB-T, bei denen für jeden Stream unabhängig von der tatsächlichen Reichweite gezahlt wird, nicht aufweisen. Mit Abstand am höchsten sind die Übertragungskosten bei der terrestrischen Übertragung, Kabel die selbst im besten Fall gut 20mal so teuer sind wie bei der Übertragung über Kabel. Grund günstigster, hierfür ist die vergleichsweise geringe Marktpenetration, die in den Ost-Bundesländern DVB-T teuerster teilweise nicht einmal 4% erreicht. Übertragungs- weg 21 Vgl. Geschäftsbericht Unitymedia 2008, S. 15. Seite 21
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Übertragungskosten der verschiedenen TV-Plattformen Kabel Satellit Terrestrik DSL/Glasfaser Reichweite 2008 52,5% 42,0% 11.1% 0,3% % der Haushalte Davon Digital 21% 66% 100% 100% Verteilkosten € / HH / Jahr Analog ~ €0,23 - 0,27 p.a. ~ €1,10 p.a. n.a. n/a Digital IPTV Betreiber zahlen ~ €0,04 - 0,06 p.a. ~ €0,05 - 0,06 p.a. €1,00 - €20,00+* p.a. teilw. für Einspeisung Gegen- Ja: Nein Nein Ja: finanzierung? Kabelweitersendung Kabelweitersendung Regionale Plattform Nationale Plattform Nationale Plattform Nationale Plattform Günstigste Kosten auf Bezahlung per Schlechte Verhand- Plattform, insb. Transponderbasis – Multiplexer – damit lungsposition der durch Einnahme aus damit pro Haushalt hohe pro Haushalts- neuen Plattform Kommentare Kabelweitersendung stark steigende kosten im ländlichen resultiert in Wegfall Simulcast mit ana- Kosten für Analog Raum von Einspeisekosten logem Einspeise- entgelt abgegolten * DVB-T Verbreitungskosten hängen von der Zuschauerdichte in der jeweiligen Region ab Quelle: Solon, Digitalisierungsbericht 2008 Die Netto-Kosten der Übertragung über Kabel sind tatsächlich erheblich geringer als bei den „Verteilkosten“ angegeben. Hintergrund ist der gegenläufige Einnahmenstrom der Sender aus den Urheberrechtsabgaben für die Kabelweitersendung, der de facto mit den Einspeiseentgelten verrechnet wird. Wie bereits im Kapitel 2.1 erläutert, sind die Urheberrechtsgebühren explizit mit den Einspeiseentgelten gekoppelt. Diese „Gegen- finanzierung“ der Verteilkosten erzielen die Sender jedoch nur bei Kabel und DSL. Bei der Übertragung über Satellit und DVB-T steht den Senden dagegen keine Möglichkeit der Gegenfinanzierung zur Verfügung, so dass die hier angegebenen Verteilkosten den Nettokosten entsprechen. Die disproportionale Kostenwirkung der verschiedenen Übertragungsplattformen zeigt sich besonders plastisch bei den im KEF-Bericht ausgewiesenen Kosten der öffentlich- rechtlichen Sender für die verschiedenen Übertragungsplattformen.22 ARD und ZDF stellen im Fernsehen in allen Plattformen ein weitgehend vergleichbares Angebot bereit – was die Vergleichbarkeit der Kostenblöcke unterstützt. Der Umstand, dass selbst das DVB-T Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender gegenüber dem digitalen Satelliten- und Kabelangebot quantitativ zurückfällt, verzerrt das Bild noch mehr. 22 Vgl. KEF 16. Bericht, Tz 524ff. Seite 22
Wettbewerbsdynamik im Einspeisemarkt Betrachtet man nur die Kosten, die 2008 für Satellitenausstrahlung, DVB-T und Kabel: 50% der Kabelverbreitung gezahlt wurden, so ergibt sich ein verschobenes Bild: Reichweite, 20% der Kosten ■ Auf die Kabelverbreitung entfallen nur 20% der Kosten – mit denen mehr als 50% der Terrestrik: 5% deutschen TV-Haushalte erreicht werden Nettoreichweite, ■ Umgekehrt bei der Terrestrik: Um netto 5% der TV-Nutzer mit DVB-T-Signalen zu 30% der Kosten versorgen, geben die öffentlich-rechtlichen Sender mehr als 30% ihres Verbreitungskosten-Budgets aus. Die übrigen 6% der Haushalte nutzen DVB-T parallel zu einem weiteren, primären Verbreitungsweg (Satellit oder Kabel). DVB-T dient hier zusätzlich als „mobiler“ Verbreitungsweg oder wird für Zweitgeräte eingesetzt. Verbreitungskosten der öffentlich-rechtlichen Sender und Reichweite % der Kosten bzw. der TV-Haushalte, 2008 Kabel Satellit Terrestrik Kosten 20,1% 48,9% 31,0% € 195 Mio Reichweite 52,5% 42,0% 11,1% 39,4 Mio HH 100% der TV-HH Quelle: KEF – 16. Report (2008), Digitalisierungsbericht (2008), Solon Die alleinige Aufwandsbetrachtung der verschiedenen Verteilwege greift jedoch zu kurz. Um zu einer Nettokostenbetrachtung zu kommen, müssen darüber hinaus eventuelle Rückflüsse zu den Sendern betrachtet werden, allen voran die Urheberrechtsgebühren für die Kabelweitersendung. Nur die Kabelnetz- und IPTV-Betreiber müssen einen Teil ihrer Einnahmen in Form von Gebühren für die Kabelweitersendung an die TV-Sender zurückgeben, nicht aber die Betreiber von Satellitenplattformen oder DVB-T. 2.5 Einspeisemarkt – aus Sicht des Bundeskartellamts Der Einspeisemarkt ist neben dem Endkunden- und dem Signallieferungsmarkt einer von Einspeisemarkt den drei Märkten, die das Bundeskartellamt bei der Beurteilung der Marktwirkung von relevant für Konsolidierungsschritten im Kabelmarkt untersucht. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Kartellamts- Überblick über die wesentlichen Entscheidungen der vergangenen Jahre. entscheidungen In bisher allen seinen relevanten Entscheidungen hat das Bundeskartellamt grundsätzlich eine marktbeherrschende Stellung vor allem der NE 3-Betreiber auf dem Einspeisemarkt angenommen.23 Je nach Konsolidierungsrichtung kommt das Kartellamt jedoch zu 23 BKartA, Beschluss vom 22. Feb. 2002, Liberty / KDG, B7-168/01 Seite 23
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