STUDIEN DES DEUTSCHEN AKTIENINSTITUTS - MEHR AKTIONÄRE IN DEUTSCHLAND GLEICHGÜLTIGKEIT UND - DEUTSCHES AKTIENINSTITUT

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Studien des
Deutschen Aktieninstituts

               Mehr Aktionäre in
                 Deutschland
                  Gleichgültigkeit und
             Missverständnisse überwinden
2

    Herausgeber:               Deutsches Aktieninstitut e.V.
                               Senckenberganlage 28
                               60325 Frankfurt am Main
                               www.dai.de

    in Kooperation mit:        Börse Stuttgart
                               Börsenstraße 4
                               70174 Stuttgart
                               www.boerse-stuttgart.de

     . Auflage, Januar 2019
    1
    Alle Rechte vorbehalten
    ISBN 978-3-934579-89-7

    Zum Download siehe www.dai.de
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Mehr Aktionäre in Deutschland

Gleichgültigkeit und Missverständnisse überwinden

Studien des Deutschen Aktieninstituts
4

    Vermögen aufbauen,
    Altersvorsorge stärken,
    Innovationen ermöglichen
    Missverständnisse, ein schlechtes Bauchgefühl und auch eine gehörige Portion Gleich­
    gültigkeit – mit diesen Worten lässt sich das Verhältnis der Deutschen zu Aktien skizzieren.

    Lieber parken deutsche Sparer ihr Geld auf Girokonten oder schlecht verzinsten Sparkon-
    ten und verzichten damit auf Ertragschancen in Milliardenhöhe, als ihr Geld in Aktien oder
    Aktienfonds anzulegen. Gerade einmal knapp 10 Prozent des gesamten Geldvermögens,
    so die Bundesbank, investieren die Deutschen in Aktien. Dabei ist der private Vermögens-
    aufbau der Bevölkerung vor allem auch mit Blick auf die Rente wichtiger denn je. Denn die
    demographische Entwicklung wird ihre Spuren im gesetzlichen Umlageverfahren hinter-
    lassen. Die Rentenbeiträge werden steigen, die Rentenbezüge sinken. Wer den gewohnten
    Lebensstandard halten will, ist gut beraten, Aktien als Bestandteil des Vermögensaufbaus
    und der Altersvorsorge zu nutzen.

    Wer sein Geld in Aktien anlegt, kann an der langfristigen Wertschöpfung erfolgreicher Unter-
    nehmen teilhaben. Aus Sparern werden Miteigentümer, die den Unternehmen Kapital für
    Investitionen zur Verfügung stellen. Das Kapital fließt in Forschung und Wachstum und trägt
    so zur Sicherung und zum Aufbau von Arbeitsplätzen bei. Damit bleibt die Wettbewerbs­
    fähigkeit deutscher Unternehmen erhalten, was im gesamtgesellschaftlichen Interesse liegt.

    Obwohl die Vorteile von Aktien für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft, auf der
    Hand liegen, zeigen viele Untersuchungen: Die Deutschen investieren generell wenig in
    Wertpapiere und erst recht nicht in Aktien. Aber warum scheuen die Menschen die Aktie?
    Warum spielt die Aktie in Deutschland im Alltag keine Rolle? Welche gesellschaftlichen und
    politischen Akzente müssen gesetzt werden, um die Situation zu verbessern?

    Unsere Studie zeigt, dass der konkrete Kontakt mit der Aktienanlage – also persönliche
    Erfahrung – ein deutlich realistischeres Bild vermittelt und vorhandene Skepsis und tief
    verwurzelte Missverständnisse aufbrechen kann. Oft legen die Befragten aber auch eine
    gewisse Gleichgültigkeit in Gelddingen an den Tag: Sie setzen sich generell nicht mit Ver-
    mögensbildung und speziell nicht mit Aktien auseinander. Allein mit Überzeugungsarbeit
    oder dem Aufbau von Erfahrungswissen wird man, wie die Studie zeigt, daher den Status
    Quo nicht ändern.

    Die positive gesamtgesellschaftliche Wirkung der Aktienanlage sollte allen relevanten
    Akteuren am Herzen liegen. Dabei sind Unternehmen, Börsen, Banken und Sparkassen,
    aber letztlich auch Verbraucherschutzverbände und Gewerkschaften gefordert, konstruktiv
    zusammenzuarbeiten. Auch für die Politik sollte es eine Priorität werden, die Förderung der
    Wertpapier- und speziell der Aktienanlage in den Fokus der Gesetzgebung zu rücken.
5

Dabei sind aus gesetzgeberischer Sicht folgende Schritte nötig:

1.   Aktien müssen bei Reformen des staatlichen Altersvorsorgesystems dringend stärker
     Berücksichtigung finden. Hierin liegt der größte Hebel für eine höhere Aktienquote in
     Deutschland. Diese ist der Schlüssel zu einer besseren Absicherung der Bevölkerung im
     Alter. Schweden und andere Nationen zeigen, wie das gelingen kann.

2.   Die Stärkung der Aktie im System der Altersvorsorge heißt nicht, dass auf andere
     Maßnahmen verzichtet werden kann. Unterstützend kann zum Beispiel eine staatliche
     Förderung von Aktien gerade bei Gruppen wirken, die es aufgrund niedriger Einkom-
     men schwer haben, Geld für das Alter zurückzulegen. Auch eine beherztere Förderung
     der Mitarbeiterkapitalbeteiligung kann entsprechende Impulse setzen.

3.   Auch dürfen keine weiteren staatlichen Hürden in der Wertpapier- und Anlageberatung
     aufgebaut werden. Vielmehr ist es an der Zeit, bestehende Hürden abzubauen. Dies
     erleichtert es Banken und Sparkassen, ihre wichtige Rolle als Multiplikatoren für die
     Aktien- und Wertpapieranlage weiter auszufüllen.

4.   Steuerliche Maßnahmen, die sich negativ auf die Wertpapieranlage auswirken, soll-
     ten tunlichst unterlassen werden. Dies gilt insbesondere für Pläne, eine europaweite
     Steuer auf Finanztransaktionen einzuführen. Gleichermaßen muss die seit Jahrzehnten
     bestehende steuerliche Diskriminierung der Aktienanlage gegenüber festverzinslichen
     Anlagen endlich beseitigt werden.

5.   Flankierend gilt es schließlich, der ökonomischen Bildung einen festen Platz in den
     Schulen einzuräumen. Hier wurden bereits einzelne Fortschritte erzielt, aber sie reichen
     bei weitem noch nicht aus, um die Wissensdefizite abzubauen. Es gilt, den Menschen
     eine größere Sicherheit in Finanzfragen im Allgemeinen und im Umgang mit Aktien
     und Wertpapieren im Besonderen zu vermitteln.

Dr. Christine Bortenlänger              Dr. Michael Völter

Geschäftsführender Vorstand             Vorsitzender des Vorstands
Deutsches Aktieninstitut e.V.           der Vereinigung Baden-Württembergische
                                        Wertpapierbörse e.V.
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    Zusammenfassung
    Trotz der langen Niedrigzinsphase und Rekordständen an den Börsen hat sich die Zahl
    der Aktionäre in den letzten Jahren nicht signifikant erhöht. Die vorliegende Studie der
    Börse Stuttgart und des Deutschen Aktieninstituts, die an eine Vorgängerstudie aus dem
    Jahr 2015 anknüpft1, untersucht auf Basis einer repräsentativen Umfrage die Einstellung
    der Menschen zur Aktienanlage. Sie liefert Ansatzpunkte, wie die Aktie einen größeren
    Stellenwert bei Vermögensbildung, Altersvorsorge und Unternehmensfinanzierung erlan-
    gen und so ihre positive gesamtgesellschaftliche Wirkung besser entfalten kann.

    Im Fokus der Studie stehen vor allem diejenigen, die aktuell keine Aktien besitzen (Nicht-
    Aktienbesitzer). Missverständnisse und Emotionen halten diese offensichtlich von der
    Aktienanlage ab – und zwar über alle Bildungs- und Einkommensschichten hinweg. An
    diesem Befund hat sich auch im Vergleich zur Vorgängerstudie in den letzten drei Jahren
    nicht viel geändert.

    Hinzu kommt, dass sich viele Menschen aus eigenem Antrieb nur ungern mit Geld­dingen
    und erst recht nicht mit der Aktienanlage auseinandersetzen. Positiv zu vermerken ist
    jedoch, dass der persönliche Kontakt mit der Aktienanlage – also erworbenes Erfahrungs-
    wissen – diese Einstellungen aufbricht.

    Konkret liefert die Studie folgende empirische Erkenntnisse:

    1.      Neun von zehn Personen, die aktuell keine Aktien besitzen, haben in den letzten
            Jahren die Aktienanlage nicht aktiv in Betracht gezogen. Niedrige Zinsen sind dafür
            keine ausreichende Motivation. Nur 14 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer geben an,
            dass sich ihr Interesse an Aktien oder Aktienfonds in der aktuellen Niedrigzinsphase
            erhöht hat.

    2.      Immerhin rund 39 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer würden, wenn ihnen 10.000 Euro
            langfristig frei zur Verfügung stünden, einen Teil davon in Aktien investieren; 57 Pro-
            zent hingegen nicht.

    3.      Deutlich wird, dass die Wirksamkeit der Aufklärungskampagnen der letzten Jahre
            begrenzt ist. Ein Großteil der Nicht-Aktienbesitzer scheint nicht bereit zu sein,
            unzutreffende Vorstellungen über Aktien zu korrigieren. Nur 29 Prozent der Nicht-
            Aktienbesitzer wissen um den Renditevorteil der langfristigen Aktienanlage. Ledig-
            lich 19 Prozent ist klar, dass eine Aktienanlage auch bei kleineren Anlagebeträgen
            sinnvoll ist. Und 61 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer gehen zu Unrecht davon aus,
            dass Aktien unsicher und riskant sind.

    4.      Die Erfahrung mit Aktien verändert die Einschätzung zu Aktien dagegen signifikant:
            So wissen 71 Prozent der Aktionäre, dass Aktien oder Aktienfonds langfristig mehr
            Rendite als andere Anlageformen einbringen. Auch erkennen knapp zwei Drittel der
            Aktionäre (63 Prozent), dass eine Geldanlage in Aktien oder Aktienfonds auch für klei-
            nere Anlagebeträge sinnvoll ist. Zudem ist auch die Einschätzung des Aktienrisikos
            bei den Aktionären deutlich realistischer.

    1
        S iehe Deutsches Aktieninstitut/Börse Stuttgart, Aktienanlage ist Kopfsache – Die Einstellung der Deutschen zur Aktie, Mai
         2015, abrufbar unter: www.dai.de/das-bieten-wir/studien-und-statistiken/studien.html.
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5.   Angesichts der zahlreichen Missverständnisse überrascht es nicht, dass die Nicht-
     Aktienbesitzer nur zu knapp 34 Prozent Aktien und Aktienfonds als geeignete
     Instrumente zur Vermögensbildung und nur zu 20 Prozent als geeignete Instrumente
     der Altersvorsorge ansehen. Bei den Aktienbesitzern liegen die Werte dagegen bei
     75 beziehungsweise 55 Prozent.

Die Gründe, warum Nicht-Aktienbesitzer auf die Aktienanlage verzichten, sind folgende:

1.   Die falsche Vorstellung, ein Finanzprofi sein zu müssen, um in Aktien investieren zu
     können, hält sich hartnäckig. 64 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer nennen mangeln-
     des Wissen als Hauptgrund dafür, dass sie nicht in Aktien investieren. Der Hinweis,
     dass sich Aktienrisiken durch einfache Regeln beherrschen lassen, überzeugt die
     Menschen offenbar nicht. 65 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer sehen Aktien für sich
     als zu riskant an.

2.   61 Prozent der Befragten geben an, derzeit kein Geld für die Aktienanlage zu haben.
     Es fällt jedoch häufig schwer, dies mit der objektiven Sparfähigkeit in Einklang zu
     bringen, denn auch bei den Beziehern überdurchschnittlicher Einkommen ist diese
     Aussage zu finden. Zudem hält fast jeder zweite Nicht-Aktienbesitzer (48 Prozent) die
     Aktienanlage für umständlich. Dabei ist es zum Beispiel weder in technischer noch
     in zeitlicher Hinsicht aufwendig, einen Fondsparplan einzurichten und damit regel-
     mäßig zu sparen. Beides lässt den Schluss zu, dass das Engagement am Aktienmarkt
     häufig auch eine Frage des Wollens ist.

3.   Externe Anreize können helfen, die Menschen zu mobilisieren, sind aber kein Allheil-
     mittel. Immerhin fast jeder dritte Nicht-Aktienbesitzer gibt jedoch an, dass eine bes-
     sere staatliche Förderung sein Interesse an der Aktienanlage wecken könnte.

Die Studie erlaubt auch einen Einblick in das Verhalten der aktuellen Aktionäre und zeigt,
wie Menschen zu Aktionären werden.

1.   Impulse, sich erstmals mit dem Thema Aktien zu beschäftigen, kommen aus verschie-
     denen Richtungen. Fragt man Aktionäre nach ihren persönlichen Erfahrungen, werden
     Ansprachen durch einen Bankberater, die Berichterstattung in den Medien, Empfeh-
     lungen von Freunden, Bekannten und Kollegen sowie staatliche Fördermaßnahmen
     (zum Beispiel vermögenswirksame Leistungen) jeweils von rund 30 Prozent der
     Aktionäre als wichtige Impulsgeber genannt.

2.   Der erste Kauf einer Aktie erfolgt dabei über einen Bankberater (54 Prozent), was
     die nach wie vor wichtige Rolle der Banken und Sparkassen bei der Anlageberatung
     unterstreicht.

Alles in allem belegt die Untersuchung, dass man einen großen Teil der Nicht-Aktien­
besitzer allein mit Aufklärungsarbeit und Anreizen zum freiwilligen Sparen nicht zum
Aktienkauf motivieren kann. Zu tief sitzen die Missverständnisse und Ängste, zu wenig
sind die Menschen bereit, sich mit den Chancen und Risiken der Aktienanlage auseinan-
derzusetzen.
8

    Der Stellenwert der Aktienanlage in Deutschland muss jedoch dringend verbessert wer-
    den. Dafür gibt es viele gute Gründe, etwa die Stärkung des Vermögensaufbaus in breiten
    Bevölkerungsschichten, die bessere Absicherung im Alter oder die Stärkung der Unter-
    nehmensfinanzierung über die Ausgabe von Aktien. Den größten Erfolg verspricht dabei
    eine stärkere Berücksichtigung von Aktien in der Altersvorsorge. Das zeigt sich in Län-
    dern wie Schweden, die eine deutlich höhere Aktienquote in der Altersvorsorge haben als
    Deutschland. Dort führt die hohe Aktienquote nicht nur zu einer besseren Absicherung im
    Alter. Es wird auch mehr Kapital für Innovation und Wachstum zur Verfügung gestellt, was
    sich unter anderem in der hohen Anzahl von Börsengängen in Schweden widerspiegelt.2

           Methodik

           Die Basis der Studie bildet eine repräsentative telefonische Umfrage im 3. Quartal
           2018 unter 2.003 Personen im Alter ab 18 Jahren. Die Untersuchung wurde im
           Auftrag der Börse Stuttgart und des Deutschen Aktieninstituts von TNS Kantar
           durchgeführt.

           Unter den Befragten waren 283 Aktionäre (14 Prozent) und 1.720 Nicht-Aktien­
           besitzer (86 Prozent). Die Gruppe der Aktionäre umfasst Personen, die einzelne Aktien,
           aber auch Aktienfonds wie beispielsweise ETFs oder aktiv verwaltete Publikumsfonds
           halten. Der Anteil der Aktionäre in der Befragung entspricht in etwa dem Anteil der
           Aktionäre, die das Deutsche Aktieninstitut im Jahresdurchschnitt 2017 (16 Prozent)
           in Deutschland ermittelt hat. Aus methodischen Gründen sind die Zahlen aber nicht
           ganz vergleichbar.

           Die Befragten wurde in einem strukturierten Telefoninterview gebeten, einen
           geschlossenen Fragebogen mit vorgegebenen Antwortoptionen zu beantworten.
           Sie hatten zudem die Möglichkeit, keine Angaben zu machen oder die Frage nicht
           zu beantworten, falls sie sich keine Einschätzung zutrauten. Die Antwortoption
           „keine Angabe/weiß nicht“ wurde bei der Zusammenstellung der Ergebnisse in der
           Regel nicht herausgerechnet. Die Prozentangaben beziehen sich daher auf die Zahl
           aller Personen, denen die jeweilige Frage gestellt wurde. Die Prozentangaben sind
           auf ganze Zahlen gerundet; es kann deshalb zu Abweichungen von 100 Prozent in
           der Gesamtsumme kommen. In den Abbildungen ist die Anzahl der Befragten, auf
           die sich die jeweilige Auswertung bezieht, vermerkt.

    2
        Siehe Börsengänge in Schweden für die Jahre 2015-2017, https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-11-05/
         nasdaq-expects-flurry-of-nordic-listings-in-final-months-of-year.
9

Teil 1: Bereitschaft zum
Aktieninvestment in der
Bevölkerung
Seit Ende 2008 ist der Deutsche Aktienindex DAX von 4.810 auf 10.866 Punkte3 gestiegen;
das entspricht einer jährlichen Wertenwicklung von rund 8,5 Prozent. Gleichzeitig verharren
die Zinsen für Spareinlagen auf historischen Tiefständen. Wer also vor 10 Jahren 10.000 Euro
in Aktien angelegt hätte, könnte sich heute über rund 22.600 Euro auf dem Konto freuen.
Das Sparbuch hätte bei einer unterstellten Durchschnittsverzinsung von 2 Prozent im sel-
ben Zeitraum nur zu einem Vermögen von 12.200 Euro geführt. Unter Berücksichtigung von
Inflation ergibt sich für viele Sparer sogar ein Verlust.

Aber hat die beschriebene Entwicklung etwas an der Neigung der Deutschen zur Aktien­
anlage geändert? Die Studienergebnisse machen klar: Das Interesse der Deutschen an der
Aktie bleibt bedauernswert gering. So hat nur rund jeder achte Nicht-Aktienbesitzer eine
Anlage in Aktien bzw. Aktienfonds in Betracht gezogen (12 Prozent, siehe Abbildung 1).
Auch die Aktionärszahlen des Deutschen Aktieninstituts bestätigen das nach wie vor
geringe Aktieninteresse. Zwar lässt sich seit Mitte der Finanzkrise ein leichtes Plus von circa
einer Million Aktionäre verzeichnen, aber ein Großteil der Menschen interessiert sich weiter-
hin nicht für die Aktienanlage.4

     Nur jeder achte Nicht-Aktienbesitzer
     zieht Aktien in Betracht
                                                                    Haben Sie in den letzten Jahren eine
                                                                    Anlage in Aktien bzw.
                                                                    Aktienfonds in Betracht gezogen?

                                               12 %

                                  88 %

     n = 1.712 (ohne k.A.)                                      n Ja   n Nein

Abb. 1: Interesse der Nicht-Aktienbesitzer an der Aktienanlage

3
    S tand des DAX am 14.12.2018.
4
     Siehe dazu im Detail Deutsches Aktieninstitut, Aktionärszahlen 2017, abrufbar unter: www.dai.de.
10

     Auch die seit Jahren niedrigen Zinsen wirken offensichtlich nicht motivierend. Nur circa
     14 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer geben an, dass sich ihr Interesse an Aktien beziehungs-
     weise Aktienfonds aufgrund der niedrigen Zinsen (etwas) erhöht hat. Auf die Gruppe der
     Aktionäre scheint die derzeitige Niedrigzinsphase dagegen keinen eindeutigen Einfluss zu
     haben. Bei 42 Prozent der befragten Aktionäre hat sich ihr Interesse an der Aktienanlage
     in der Niedrigzinsphase verstärkt. Demgegenüber geben 58 Prozent der befragten Aktio-
     näre an, dass die derzeitige Zinssituation keinen Effekt auf die eigene Anlagestrategie hat.
     Letzteres spricht dafür, dass die Mehrheit der Aktienanleger einen langfristigen Anlageplan
     verfolgt und daher Marktlagen oder Bauchentscheidungen nur einen geringen Einfluss auf
     ihre Strategie haben.

     Dennoch ist die Offenheit der Nicht-Aktienbesitzer gegenüber der Aktienanlage wohl
     insgesamt etwas höher als die Antworten auf die ersten beiden Fragen vermuten lassen.
     So würden 39 Prozent von ihnen zumindest teilweise langfristig in Aktien und Aktien-
     fonds anlegen, wenn ihnen 10.000 Euro frei zur Verfügung stünden. Mehr als jeder Zweite
     (57 Prozent) würde allerdings selbst dann keinen Cent langfristig in Aktien anlegen. Haus-
     halte mit einem Nettoeinkommen bis 2.000 Euro verschließen sich dabei häufiger einem
     Investment (57 Prozent) in Aktien als solche mit einem Einkommen von über 2.000 Euro
     (46 Prozent). Im Vergleich zur Vorgängerstudie aus dem Jahr 2015 hat sich dabei nichts
     Wesentliches verändert: Damals gaben 58 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer an, keinen Cent
     in Aktien oder Aktienfonds investieren zu wollen.

       Nicht-Aktienbesitzer zeigen bei fiktiven Anlageentscheidungen
       durchaus Interesse
                                         Wie viel von 10.000 Euro würden Sie langfristig
                                         in Aktien bzw. Aktienfonds investieren?

       in Prozent der Befragten          0     10    20      30        40   50     60      70     80        90        100

                  Nicht-Aktienbesitzer   3 5          23          8                      57                           4

                            Aktionäre          21                 29                     36             3        10   1

                                     n Den gesamten Betrag                       n Mehr als die Hälfte des Betrages
                                     n Zwischen 10 und 50 Prozent des Betrages   n Unter 10 Prozent des Betrages
       n=2.003                       n Nichts davon                              n Weiß nicht, keine Angabe

     Abb. 2: Anlageentscheidung über einen fiktiven Betrag von 10.000 Euro

     Aktionäre wissen hingegen um den Vorteil einer langfristigen Aktienanlage. Neun von zehn
     Personen würden mindestens einen Teil von 10.000 Euro erneut langfristig in Aktien anle-
     gen, jeder Zweite würde sogar mehr als die Hälfte des Betrags investieren. Die Erfahrung
     bestärkt die Aktionäre also in der Aktienanlage. Allerdings gilt es, große Hürden zu über-
     winden, um die Menschen an Aktien heranzuführen. Ein Großteil der Nicht-Aktienbesitzer
     hat kein Interesse, sich mit der Aktien­anlage überhaupt auseinanderzusetzen, beziehungs-
     weise in Aktien zu investieren.
11

Teil 2: Erfahrung mit Aktien
verändert Einstellungen zur
Aktienanlage
Der folgende Teil der Untersuchung geht der zögerlichen Haltung der Deutschen zur
Aktienanlage auf den Grund. Die Ergebnisse zeigen eine Reihe von Fehleinschätzungen, die
besonders bei den Nicht-Aktienbesitzern fest verankert sind.

  Zutreffende Einschätzungen zur Aktienanlage sind
  bei Nicht-Aktienbesitzern rar
                                                                 Ich stimme den genannten Aussagen
                                                                 „voll und ganz“ oder „eher“ zu ...

  in Prozent der Befragten                                       0   10    20        30    40     50    60         70    80     90 100

               Eine Geldanlage in Aktien bzw. Aktienfonds ist             19
                     auch für kleinere Anlagebeträge sinnvoll                                            63

                       Mit Aktien bzw. Aktienfonds kann man                     29
                            in kurzer Zeit viel Geld verdienen                            40

         Eine Geldanlage in Aktien bzw. Aktienfonds bringt                      29
         langzeitig mehr Rendite als andere Anlageformen                                                       71

                                                                                                49
              Aktien bzw. Aktienfonds sind leicht zu erwerben                                                            83

                  Eine Geldanlage in Aktien bzw. Aktienfonds                                           61
                                      ist unsicher und riskant                             43

                  Eine Geldanlage in Aktien bzw. Aktienfonds                                                        76
                     erfordert gute wirtschaftliche Kenntnisse                                                69

  n = 2.003                                                                                     n Nicht-Aktienbesitzer        n Aktionär

Abb. 3: Einschätzungen zur Aktienanlage

Fehleinschätzungen bei der Aktienanlage
Eine Reihe von Fehleinschätzungen der Nicht-Aktienbesitzer (rote Balkengruppe in Abbildung 3)
betrifft die grundlegenden Eigenschaften der Aktienanlage. So gehen 61 Prozent der
Nicht-Aktienbesitzer fälschlicherweise davon aus, dass Aktien unsicher und riskant sind. Nur
29 Prozent ist bekannt, dass die Aktienanlage langfristig mehr Rendite erbringt als andere
Anlageformen. Dass jedoch bei einem breit gestreuten und diversifizierten Portfolio und
einem langfristen Engagement das Verlustrisiko äußert gering ist, wissen hingegen nur
wenige der Umfrageteilnehmer. Dabei belegen dies viele wissenschaftliche Studien sowie das
Rendite-Dreieck des Deutschen Aktieninstituts. Auch, dass 29 Prozent der Nicht-Aktienbesit-
zer zu Unrecht davon ausgehen, dass Aktien dazu geeignet sind, kurzfristig viel Geld zu verdie-
nen, weist in die gleiche Richtung. Aktien spielen ihre überlegene Rendite vor allem langfristig
aus; kurzfristig sind zwar hohe Kursgewinne möglich, aber ebenso hohe Verluste.
12

     Missverständnisse existieren aber auch dahingehend, welche Voraussetzungen man
     mitbringen muss, um Geld in Aktien anzulegen. Obwohl beispielsweise keine guten
     wirtschaftlichen Kenntnisse für die Aktienanlage notwendig sind, gehen 76 Prozent der
     Nicht-Aktienbesitzer davon aus. Dabei müssen sich Sparerinnen und Sparer nur dafür ent-
     scheiden, einen Teil ihres Geldes breit gestreut und langfristig in Aktien zu sparen, um an dem
     langfristigen Renditevorteil, den die Aktienanlage zum Beispiel gegenüber dem klassischen
     Sparbuch hat, teilzuhaben. Wer breit gestreut spart, muss sich um die Analyse einzelner
     Unternehmen, wirtschaftlicher Entwicklungen oder Markttrends nicht kümmern.

     Ebenso hält es nur jeder fünfte Nicht-Aktienbesitzer (19 Prozent) für sinnvoll, mit kleinen
     Anlagebeträgen in den Aktienmarkt zu investieren. Dabei lässt sich bereits mit einem
     monatlichen Sparbetrag von 25 Euro, wie es bei vielen Sparplänen auf Aktienfonds oder
     ETFs möglich ist, langfristig ein beachtliches Sparguthaben aufbauen. Dies macht folgende
     Beispielrechnung deutlich: Wer in den letzten 20 Jahren monatlich 25 Euro (insgesamt 6.000
     Euro) in Aktien des Deutschen Aktienindex DAX (z.B. über einen ETF oder Fonds) angelegt
     hätte, besäße heute 13.000 Euro.5

     Immerhin scheint der Aktienerwerb als solcher kein großes Hindernis für die Aktienanlage
     darzustellen. Fast 50 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer stimmen der Aussage voll oder über-
     wiegend zu, dass sich Aktien leicht erwerben lassen. Der Anleger benötigt nur ein Wert­
     papierdepot, um einen entsprechenden Kaufauftrag an die Börse zu leiten. Das kann er
     online erledigen, durch einen telefonischen Auftrag an die Bank oder bei einem Besuch in
     der Bankfiliale.

     Die Erfahrung mit Aktien verändert die Fähigkeit, Risiken und Chancen der Aktienanlage
     richtig einzuschätzen, oft signifikant. Dies machen die Antworten der Aktionäre in der
     Umfrage deutlich (blaue Balkengruppe in Abbildung 3). So wissen 71 Prozent der Aktionäre,
     dass Aktien oder Aktienfonds langfristig mehr Rendite als andere Anlageformen erbringen.
     Zudem erkennen knapp zwei Drittel der Aktionäre (63 Prozent), dass eine Geldanlage in
     Aktien oder Aktienfonds auch mit kleineren Anlagebeträgen sinnvoll ist. Auch bei anderen
     Einschätzungen zur Aktienanlage sind die Aktionäre meistens deutlich besser informiert –
     etwa bei der Einschätzung zum Risiko und bei der Frage, ob sich Aktien leicht erwerben
     lassen.

     Bei anderen Aussagen der Aktionäre ist hingegen weniger eindeutig, ob Erfahrung
     hilft, Missverständnisse zu beseitigen. So gibt auch eine Vielzahl der Aktionäre an, dass
     man für die Aktienanlage gute wirtschaftliche Kenntnisse benötigt, und auch das Urteil,
     dass man mit Aktien kurzfristig viel Geld verdienen kann, ist recht oft anzutreffen. Eine
     Erklärung für diese Einschätzungen liefert die Studie jedoch nicht.

     Allen Aufklärungskampagnen und aller Überzeugungsarbeit zum Trotz bleiben die Grund-
     einstellungen der Deutschen zur Aktie über die Zeit sehr stabil. Das bestätigt der Vergleich
     mit der Vorgängerstudie von 2015. Diese hatte zum Beispiel ebenfalls gezeigt, dass die
     Nicht-Aktienbesitzer das Rendite-Risiko-Profil einer Aktienanlage meist nicht richtig ein-
     schätzen können.

     5
          enditeangaben aus Rendite-Dreieck für die monatliche Geldanlage entnommen. Stand: 31.12.2017. In der Zeit von Ende
         R
         1997 bis Ende 2017 haben DAX-Fondssparpläne danach eine Rendite von 7,2 Prozent pro Jahr erbracht. Dies liegt unter-
         halb des Durchschnitts aller 20jährigen Fondssparpläne, der bei 9,0 Prozent lag.
13

Aktionäre erkennen die Eignung der Aktienanlage
für Vermögensbildung und Altersvorsorge
Insgesamt wird deutlich, dass Erfahrung im Umgang mit Aktien zu einer zutreffenderen
Einschätzung der Chancen und Risiken der Aktienanlage führt. Aktionäre machen offenbar
positive Rendite-Erfahrungen und haben gelernt, dass sich ein Aktienengage­ment bereits mit
kleinen Anlagebeträgen lohnt.

Es wundert daher nicht, dass die Aktionäre über die langfristigen Vorteile eines Aktien­
engagements Bescheid wissen. 75 Prozent der Sparerinnen und Sparer sehen in Aktien ein
Instrument, das sich gut für die Vermögensbildung eignet. Für 55 Prozent sind Aktien auch ein
gutes Instrument der Altersvorsorge. Nicht-Aktienbesitzer sehen dies – fälschlicherweise –
grundlegend anders: Nur knapp 34 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer sehen Aktien und Akti-
enfonds als geeignete Instrumente zur Vermögensbildung an und und nur 20 Prozent als
Instrumente der Altersvorsorge.

  Aktionäre erkennen Eignung für Vermögensbildung
  und Altersvorsorge
                                     Ich stimme den folgenden Aussagen
                                     „voll und ganz“ oder „eher“ zu ...

  in Prozent der Befragten           0      10      20        30     40     50    60   70    80   90   100

  Aktien bzw. Aktienfonds eignen                  20
       sich gut zur Altersvorsorge
                                                                             55

  Aktien bzw. Aktienfonds eignen
                                                              34
      sich gut zur Geldanlage und
               Vermögensbildung                                                         75

  n=2.003                            n Nicht-Aktienbesitzer   n Aktionäre

Abb. 4: Einschätzung zur Eignung der Aktienanlage für Vermögensbildung und Altersvorsorge
14

     Teil 3: Missverständnisse
     und Gleichgültigkeit halten
     von der Aktienanlage ab
     Die ermittelten Einstellungen spiegeln sich auch bei den konkreten Gründen wider, die
     Nicht-Aktienbesitzer dazu bewegen, auf eine Investition in Aktien oder Aktienfonds zu
     verzichten.

       Missverständnisse halten Nicht-Aktienbesitzer von der
       Aktienanlage ab
                                             Was hat Sie bisher davon abgehalten, in Aktien
                                             zu investieren? (Ich stimme den folgenden Aussagen
                                             „voll und ganz“ oder „eher“ zu ...)

       in Prozent der                        0    10    20    30     40        50        60   70   80   90   100
       Nicht-Aktienbesitzer

        Anlagen in Aktien oder Aktien-
                                                                          48
        fonds sind mir zu umständlich

          Ich habe derzeit generell kein
                                                                                    61
       Geld für Aktien oder Aktienfonds

         Ich weiß zu wenig über Aktien
                                                                                     64
                      oder Aktienfonds

                 Aktien oder Aktienfonds
                                                                                         65
                       sind mir zu riskant

       n=1.720

     Abb. 5: Persönliche Gründe für Aktienverzicht
15

Falsche Vorstellungen über das Aktienrisiko und
vermeintliche Wissensdefizite
65 Prozent der befragten Nicht-Aktienbesitzer geben an, dass ihnen Aktien persönlich zu ris-
kant sind. Einer objektiven Überprüfung hält dieses „Bauchgefühl“ jedoch nicht stand. Offen-
bar lenken die täglichen Kursschwankungen an den Börsen die Menschen davon ab, dass Akti-
enmärkte langfristig einen Aufwärtstrend aufweisen, der für eine hohe Rendite sorgt. So kam
es zwar – gemessen am DAX – in den letzten 50 Jahren statistisch gesehen in jedem vierten
Jahr zu einem Kursrückgang an der Börse. Da es jedoch langfristig „bergauf“ ging, wurden
diese Verluste über die Jahre mehr als ausgeglichen. Bei längeren Anlagehorizonten fiel das
Verlustrisiko dadurch nach und nach, um bei einem Zeithorizont von circa 13 Jahren ganz
zu verschwinden.6

        Aktienanlage – die vier Grundregeln des Deutschen Aktieninstituts

        1. 	Breit gestreut in Aktien unterschiedlicher Branchen zu investieren, verringert
             spürbar das Risiko eines Totalverlustes, der bei einem Investment in eine einzelne
             Aktie nie ausgeschlossen werden kann. Eine solche Streuung bieten zum Bei-
             spiel Aktienfonds und ETFs.

        2. 	Je länger der Anlagehorizont, desto geringer die Gefahr, mit Aktien Verluste zu
               erleiden. Langfristig orientierte Anleger müssen bei kurz- und mittelfristigen
               Kursschwankungen nicht nervös werden.

        3. 	Regelmäßiges Sparen wie beispielsweise mit einem Sparplan auf Aktienfonds
             erlaubt dem Anleger, auch mit kleinen monatlichen Beträgen langfristig ein
             substantielles Aktienvermögen aufzubauen.

        4. 	Anleger sollten nicht nur in Aktien sparen, sondern stets über genügend liquide
              Mittel aus anderen Anlageformen verfügen. So können sie ein mögliches
              Börsen­tief aussitzen und sind nicht gezwungen, zur Unzeit ihre Aktien- oder
              Aktienfondsanlage zu verkaufen.

Knapp zwei Drittel (64 Prozent) der Nicht-Aktienbesitzer sind der Ansicht, dass sie zu wenig
über Aktien und Aktienfonds wissen, um in diese zu investieren. Wie bereits dargelegt, muss
man für die Wertpapieranlage aber kein Finanzprofi sein. Sowohl online als auch offline ist es
heute leichter denn je möglich, eine breite Diversifizierung im Gesamtportfolio aus Aktien,
festverzinslichen Anlagen und weiteren Anlageklassen zu erreichen – auch ohne Finanz-
wissen. Geringeres Wissen in anderen Bereichen des Lebens ist kein Hinderungsgrund: Ein
Großteil der befragten Nicht-Aktienbesitzer wird beispielsweise ohne Bedenken ein Auto
kaufen, obwohl die wenigsten Mechatroniker sein werden.

6
    Berechnungen basieren auf dem DAX-Rendite-Dreieck des Deutschen Aktieninstituts für die Einmalanlage; Stand 31.12.2017.
16

     Fehlender eigener Antrieb
     Hinzu kommt, dass sich Teile der Befragten offenbar nur ungern mit Geldfragen und schon
     gar nicht mit der Aktienanlage auseinandersetzen wollen.

          Geldmangel gilt auch bei guten Einkommen als Grund für die
          fehlende Aktienanlage
                                                Ich habe derzeit generell kein Geld
                                                für Aktien oder Aktienfonds

          in Prozent der jeweiligen             0     10     20        30        40   50        60        70        80        90   100
          Einkommensklasse
                                   3500 E +                       50                       9                       39              2

                    3.000 E bis unter 3.500 E                     48                       14                       37                 1

                    2.500 E bis unter 3.000 E                          58                            15                  26            1

                    2.000 E bis unter 2.500 E                               70                                 9             18    2

                    1.500 E bis unter 2.000 E                          60                            11                 24         5

                    1.000 E bis unter 1.500 E                                76                                     7        12    5

                                     Gesamt                            61                            10                 24         5

                                     n „Stimme voll und ganz zu“ oder „Stimme eher zu“         n Weder noch
          n=1.720                    n „Stimme eher nicht zu“ oder „Stimme überhaupt nicht zu“ n Weiß nicht, keine Angabe

     Abb. 6: Geldmangel als genannter Grund gegen die Aktienanlage (nach Einkommensklassen)

     So geben insgesamt 61 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer an, derzeit kein Geld für die
     Aktienanlage zu haben. Da die Sparfähigkeit stark vom monatlichen Nettoeinkommen der
     Befragten abhängt, gibt es Menschen, denen eine Aktienanlage objektiv schwer fällt.

     Die Studie zeigt aber, dass auch Nicht-Aktienbesitzer aus höheren Einkommensklassen der
     Ansicht sind, keine Mittel für die Aktienanlage zu haben. 48 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer
     mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 bis 3.500 Euro und sogar 50 Prozent
     derjenigen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von über 3.500 Euro haben dies
     jedenfalls geantwortet. Es ist schwer vorstellbar, dass diese Antworten mit der objektiven
     Sparfähigkeit der Menschen in Einklang stehen. Zu vermuten ist eher, dass sich die Men-
     schen mit der Aktienanlage nicht auseinandersetzen wollen.

     Daten des Statistischen Bundesamtes bestätigen, dass die Deutschen wie die Weltmeister –
     nur nicht mit Aktien – sparen. So legen sie im Durchschnitt zehn Prozent ihres Einkommens
     auf die hohe Kante. Von 100 Euro verfügbarem Einkommen werden also zehn Euro gespart.7

     7
         Statistisches Bundesamt, VGR – Private Konsumausgaben, 3. Vj. 2018, Seite 11.
17

Andere Untersuchungen zeigen, dass in der Einkommensgruppe zwischen 1.000 und
3.000 Euro drei von vier Personen monatlich Geld zur Seite legen. Ab einem Einkommen von
3.000 Euro sind es sogar 95 Prozent.8 Entsprechend dürfte bei vielen der Befragten finanzi-
eller Spielraum für eine Aktienanlage vorhanden sein – und sei es nur, durch eine Änderung
des Sparverhaltens bei gegebener Sparquote.

Auch die Aussage fast jedes zweiten Nicht-Aktienbesitzers (48 Prozent), dass die Aktienan-
lage als umständlich empfunden wird, lässt sich schwer nachvollziehen. Weder in techni-
scher noch zeitlicher Hinsicht ist es beispielsweise aufwendig, einen Fondsparplan einzu-
richten und damit regelmäßig zu sparen. Das geht gut zu Hause am eigenen Computer oder
mobil mit einer Banking App. Doch offensichtlich interessieren sich nur wenige dafür, wie sie
ihr Geld in Aktien anlegen können. Gerade bei den Befragten zwischen 18 bis 39-Jährigen ist
dieses Desinteresse mit 59 Prozent sogar überdurchschnittlich stark ausgeprägt.

Insgesamt zeigt sich auch in diesem Kapitel eine ganze Reihe von Missverständnissen, die
einem stärkeren Aktienengagement der Menschen entgegenstehen. Sieht man von den
Befragten ab, die aufgrund ihrer persönlichen Situation nicht sparen können, stehen oftmals
Gefühle wie Unsicherheit und Angst einer objektiven Bewertung der Aktienanlage im Weg.
Vorurteile, negative Gefühle und Missverständnisse gepaart mit einer fehlenden Motivation,
sich mit Geldfragen zu beschäftigen, führen letztlich dazu, dass viele nicht in Aktien und
Aktienfonds investieren und damit nicht an den Erfolgen der Unternehmen teilhaben.

Externe Anreize können helfen, sind aber kein All-
heilmittel
Vor diesem Hintergrund entfalten externe Anreize wie eine bessere staatliche Förderung
zwar Wirkung, ihr Einfluss sollte aber auch nicht überschätzt werden.

     Eine bessere staatliche Förderung kann mobilisieren, ist aber kein
     Allheilmittel
                                           Was hat Sie bisher davon abgehalten,
                                           in Aktien zu investieren?

     in Prozent der                        0        10   20    30        40   50      60     70        80   90       100
     Nicht-Aktienbesitzer

       Mir fehlt eine bessere staatliche
      Förderung, um mein Interesse zu              16     12        15        15                  34             9
                                wecken

          Ich hätte einen Impuls von
         meiner Bank oder Sparkasse            6    7    13         18                       49                   6
                           gebraucht

                                           n Stimme voll und ganz zu               n Stimme eher zu
                                           n Weder noch                            n Stimme eher nicht zu
                                           n Stimme überhaupt nicht zu             n Weiß nicht, keine Angabe
     n=1.720

Abb. 7: Staatliche Förderung und Impulse von Banken aus Sicht der Nicht-Aktienbesitzer

8
     undesverband der Volks- und Raiffeisenbanken BVR (2018): Volkswirtschaft Kompakt. Wirtschaftspolitik, Finanzmärkte,
    B
    Konjunktur, 2. Oktober 2018, abrufbar unter: www.bvr.de.
18

     So gibt immerhin fast jeder dritte Nicht-Aktienbesitzer (28 Prozent) an, dass eine bessere
     staat­liche Förderung sein Interesse für die Aktienanlage wecken könnte (siehe Abbildung 7).
     Rechnet man dies auf die Zahl der Nicht-Aktienbesitzer in Deutschland hoch, könnten
     dadurch im Idealfall also knapp 15 Millionen Nicht-Aktienbesitzer mit zusätzlichen Förder-
     maßnahmen für die Aktie gewonnen oder für diese interessiert werden. Die Anzahl der
     Aktionäre würde sich dadurch mehr als verdoppeln.9 Da mangelnde staatliche Förderung
     jedoch nicht als der vorrangige Hinderungsgrund gesehen wird, sollte man sie auch nicht
     als Allheilmittel verstehen.

     Über mangelnde Impulse von Banken und Sparkassen beklagt sich dagegen kaum ein
     Nicht-Aktienbesitzer. Nur 13 Prozent geben an, dass ihr Interesse an der Aktienanlage
     größer wäre, wenn Banken und Sparkassen noch stärker als Impulsgeber fungierten (siehe
     dazu auch das nächste Kapitel).

     9
         L aut den Aktionärszahlen des Deutschen Aktieninstituts gab es 2017 rund 54 Millionen Nicht-Aktienbesitzer im Alter ab
          14 Jahre. 28 Prozent davon sind rund 15 Millionen.
19

Teil 4: Wie werden Menschen
zu Aktienbesitzern?
Erster Kontakt mit Aktien: Banken, Sparkassen und
Medien sind Multiplikatoren
Doch wie lassen sich die Sparerinnen und Sparer von den Vorteilen der Aktie überzeugen?
Gibt es eine Pauschallösung, die dazu führt, dass Aktien in der Geldanlage in Deutschland
stärker genutzt werden? Einige Rückschlüsse dazu liefern die Aussagen der Aktionäre, wie
sie mit der Aktienanlage (siehe Abbildung 8) in Kontakt gekommen sind, die im letzten Teil
der Studie untersucht werden.

Es zeigt sich, dass Banken und Sparkassen noch immer wichtige Multiplikatoren für das
Aktien- und Wertpapiersparen sind. Im aktuellen regulatorischen Umfeld haben die
Finanzinstitute jedoch immer mehr Mühe, die Kundenberatung mit vertretbarem Aufwand
durchzuführen.

  Banken und Sparkassen sind wichtige Impulsgeber
  für das Wertpapiersparen
  Was hat dazu geführt, dass Sie sich tiefergehend mit dem Thema Aktien/Aktienfonds beschäftigt
  haben? (Ich stimme den folgenden Aussagen „voll und ganz“ oder „eher“ zu ...)

  in Prozent der Aktionäre                                         0       10        20         30   40   50

                         Bevor ich Aktien/Aktienfonds besaß,               12
             habe ich mich nicht mit der Thematik beschäftigt

                      In der Schule war Geldanlage ein Thema           9

                      Mein Arbeitgeber hat mir Belegschafts-
                          bzw. Mitarbeiteraktien angeboten                      19

                  Ich habe eine Bank oder Sparkasse auf das
            Thema Geldanlage im Allgemeinen angesprochen                                  27

 Ich habe von staatlichen Fördermaßnahmen wie z.B. vermögens-                             27
        wirksame Leistungen oder Riester-Fondsparplan erfahren

  Empfehlungen von Freunden/Kollegen/Familienmitgliedern                                   28

                            Eine Bank oder Sparkasse hat mich
                   gezielt auf die Aktienanlage angesprochen                                    33

                Das Thema Aktien war in den Medien präsent,                                     33
                z.B. TV, Zeitschriften, Internet, Soziale Medien

  n = 283, Mehrfachantworten waren möglich

Abb. 8: Impulse für das Aktiensparen

Ein Drittel der befragten Aktionäre gibt an, dass Bank- oder Sparkassenberater sie erstmals
auf das Thema Aktie/Aktienfonds aufmerksam gemacht haben. Auch wenn Sparer von sich
aus die Initiative ergreifen, ist die eigene Hausbank eine wichtige Anlaufstelle. 27 Prozent
der Wertpapiersparer sind auf ihre Bank zugegangen, um mehr über die Geldanlage zu
erfahren.
20

     Ein wichtiger Impulsgeber für die Aktienanlage sind auch die Medien. Jeder dritte Aktionär
     hat sich angeregt durch die Berichterstattung im Fernsehen, Zeitung, soziale Medien oder
     das Internet mit dem Thema Aktien-/Aktienfondsanlage erstmalig auseinandergesetzt.

     Erfahrungen mit der Aktienanlage führen, wie bereits gesagt, zu einer realistischeren Ein-
     schätzung ihrer Chancen und Risiken. Offenbar wird dieses Erfahrungswissen auch geteilt
     und wirkt insofern selbstverstärkend. So stammen Impulsgeber häufig auch aus dem eigenen
     sozialen Umfeld: Empfehlungen von Freunden, Familienmitgliedern oder Kollegen haben
     für 28 Prozent der befragten Aktionäre den Ausschlag gegeben, sich näher mit dem Thema
     zu beschäftigen.

     Interessant ist schließlich, dass die Aktionäre äußern, dass externe Anreize ihr Interesse
     an der Aktienanlage geweckt haben. 27 Prozent geben an, dass Impulse von staatlichen
     Fördermaßnahmen wie den vermögenswirksamen Leistungen oder der Riester-Förderung
     ausgegangen sind.

     19 Prozent der Befragten erhielten ihre erste Aktie im Rahmen eines Belegschafts- oder
     Mitarbeiteraktienprogrammes von ihrem Arbeitgeber. Dies zeigt, dass auch von den Unter-
     nehmen Impulse ausgehen können.

     Neun Prozent der Aktionäre geben an, dass sie in der Schule mit dem Thema Aktienanlage
     in Berührung gekommen sind. Häufiger ist dies bei höheren Bildungsabschlüssen der Fall.
     Bemerkenswert ist, dass 16 Prozent der jüngeren Aktionäre (18 bis 39 Jahre) angeben, dass
     der Schulunterricht ein Grund war, warum sie sich mit Aktien beschäftigt haben. Das lässt
     hoffen, dass der Schulunterricht mit Blick auf die ökonomische Bildung in den letzten Jahren
     besser geworden ist. Trotzdem spiegeln die mageren neun Prozent der Gesamtheit der
     Aktionäre deutlich wider, dass das Thema Finanzbildung in der Schule bisher keine große
     Rolle gespielt hat.
21

Die erste Aktie im Depot: Banken und Sparkassen
bleiben wichtigster Kanal
Banken oder Sparkassen übernehmen nicht nur eine Informationsfunktion, sondern sind
für viele auch Begleiter beim ersten Engagement auf dem Kapitalmarkt. Über die Hälfte
der Sparer (54 Prozent) gibt an, dass sie ihre ersten Anlageentscheidungen nicht ohne
Beratung durch eine Bank getroffen haben. Dies gilt für die Generationen ab 40 Jahren
(53 Prozent) genauso wie auch für die jüngeren Jahrgänge (58 Prozent). Deswegen ist es
wichtig, die Bankberatung nicht durch weitere bürokratische Regulierung zu behindern.
Nur so können die Banken weiterhin als Anlaufstelle in Aktienfragen erhalten bleiben.

  Banken und Sparkassen bleiben wichtige Begleiter
  auf dem Weg zur Aktie
                                                                Wie haben Sie rein praktisch Ihre erste Aktie /
                                                                Ihren ersten Aktienfonds gekauft?

  in Prozent der Aktionäre nach Alter                           0       10         20    30   40      50      60      70      80

                               Ich habe den Kauf über einen         1
                   sogenannten Robo Advisor durchgeführt            0

                        Aktien bzw. Aktienfonds wurden mir              10
                      vererbt, geschenkt oder überschrieben         6

               Ich habe Belegschafts- bzw. Mitarbeiteraktien        4
                              meines Arbeitgebers erhalten                        18

            Ich habe den Kauf alleine bzw. mit Unterstützung
                                                                                        27
                    durch Familienmitglieder oder Bekannte
                                                                             15
                         durchgeführt, z.B. über das Internet

                                 Ich habe den Kauf über den                                                 58
                 Berater meiner Bank/ Sparkasse ausgeführt                                             53

  n = 283                                                                                          n 18 - 39 Jahre   n 40+ Jahre

Abb. 9: Der Kauf der ersten Aktie
22

     Fazit
     Die von der Börse Stuttgart und dem Deutschen Aktieninstitut durchgeführte Befragung
     zeigt, dass bei großen Teilen der deutschen Bevölkerung in Bezug auf die Aktienanlage
     weiterhin Missverständnisse, ein negatives Bauchgefühl und auch Gleichgültigkeit vorherr-
     schen. Die Einstellung zur Aktienanlage hat sich damit trotz der seit Jahren extrem niedrigen
     Zinsen nicht geändert.

     Das große Potenzial der Aktie für die Vermögensbildung, die Altersvorsorge und letztlich
     auch die Finanzierung der Unternehmen bleibt damit ungenutzt. Dabei liegt es im Interesse
     des Einzelnen, aber auch im gesamtwirtschaftlichen Interesse, dieses Potenzial zu nutzen.

     Zwar verfügen die Aktionäre über positives Erfahrungswissen. Wegen der weit verbreiteten
     Missverständnisse und Vorbehalte besteht aber wenig Hoffnung, dass sich aus der Weiter-
     gabe dieser Erfahrungen ein sich selbst verstärkender Prozess ergibt. Jedenfalls ist nicht zu
     erwarten, dass sich über einen solchen Prozess die Aktienquote in Deutschland in abseh-
     barer Zeit signifikant erhöht. Die Politik ist deshalb gefordert, sich stärker mit dem Thema
     Aktien zu beschäftigen. Ansatzpunkte dafür gibt es genug. Sie reichen vom Abbau der steu-
     erlichen Diskriminierung der Aktienanlage über die Stärkung der Mitarbeiterkapitalbeteili-
     gung und den Abbau von Hürden in der Anlageberatung bis hin zur besseren Förderung
     des Vermögensaufbaus mit Wertpapier- und Aktienanlagen sowie der Verbesserung der
     ökonomischen Allgemeinbildung.

     Besonderes Augenmerk verdient in diesem Zusammenhang die Altersvorsorge. Die gesetz-
     liche Rente wird für viele im Alter nicht ausreichen, um den aktuellen Lebensstandard zu
     halten. Da die Renditevorteile von Aktien vor allem langfristig zum Tragen kommen, soll-
     ten sie in der Altersvorsorge eine deutlich größere Rolle spielen als bisher. Beim System
     der Altersvorsorge anzusetzen, bietet damit den stärksten Hebel, um mehr Deutsche zu
     Aktionären zu machen.

     Dass ein höherer Anteil von Aktien in der Altersvorsorge möglich ist und damit noch wei-
     tere positive Effekte verbunden sein können, lässt sich an einer Vielzahl von Ländern nach-
     vollziehen. So liegt die Zahl der Börsengänge etwa in Schweden, das 1998 einen Teil seiner
     Altersvorsorge auf Kapitaldeckung umgestellt hat, seit Jahren deutlich über dem Niveau in
     Deutschland.

     Ob die Politik sich in Zukunft entschlossener für die Aktienanlage einsetzen wird, ist nicht
     ausgemacht. Umso wichtiger ist es, dass sich weiterhin alle gesellschaftlich relevanten Kräfte
     einbringen – also Unternehmen, Börsen, Banken und Sparkassen, aber auch Verbraucher­
     schutzverbände und Gewerkschaften. Sie können durch eigene Initiativen ein zutreffendes
     Bild von den Chancen und Risiken der Aktienanlage vermitteln und Impulse pro Aktie setzen.
     Werden solche Initiativen durch vernünftige politische Rahmenbedingungen gestärkt, wird
     es gelingen, die Aktie als Anlageform in Deutschland populär zu machen.
Deutsches Aktieninstitut e.V.

Dr. Gerrit Fey                    Donato Di Dio
Leiter Kapitalmarktpolitik        Junior-Referent Kapitalmarkt-
Tel. +49 69 92915-41              politik und Digitalisierung
fey@dai.de                        Tel. +49 69 92915-34
                                  didio@dai.de

                Maximilian Lück, LL.M.
                Leiter Europarecht
                Tel. +32 2 7894102
                lueck@dai.de

                                          Börse Stuttgart

                                          Dr. Martin Wagener
                                          Head of Regulatory Affairs
                                          Baden-Württembergische Wertpapierbörse GmbH
                                          Tel. +49 711 222985-745
                                          martin.wagener@boerse-stuttgart.de
ISBN 978-3-934579-89-7   www.dai.de
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